Beiträge von Polarfuchs im Thema „Stereotypen – ein Bauplan für Charaktere“

    Das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.

    Das sollte nur ein blödes Beispiel zur Verdeutlichung sein. Lassen wir die Fantasie mal spielen:

    Es könnte ja sein, dass der Protagonist den "Neider" als solchen wahrnimmt, weil er immer die dicksten Kartoffeln vom Feld des Protas klaut. Letztendlich macht der Neider das aber nur, weil er die für die Nachzucht einbehalten will, damit der Prota nächstes Jahr wieder eine fette Ernte einfahren kann. Ohne den vermeintlichen "Kartoffel-Neid" des Nachbarn hätte er sie sonst nämlich gierig und doof wie er ist alle verspeist und nächstes Jahr keine neuen einpflanzen können. Der Neider wusste von der Kartoffel-Schwäche des Protas und entpuppt sich durch das "Wegnehmen" der dicksten Kartoffeln letztendlich als Gönner, der weiter dachte.

    Ansonsten hat Voluptuous Mayday ganz hervorragend verdeutlicht, was ich damit sagen wollte.

    Ich schließe mich deiner Meinung übrigens an. Eine Figur braucht für authentisches Handeln natürlich auch nachvollziehbare Beweggründe, das wollte ich mit meiner Aussage nicht dementieren. Sie müssen nicht immer sofort vom Leser zu erkennen sein, aber letztendlich muss ein Handeln in der Gesamtheit der Figur stimmig sein. Da bringt Katharina mit Prinz Hans ein super Beispiel.

    Allerdings kann man sehr gut mit einem Stereotypen anfangen, und sich von dort vorarbeiten und den Charakter ausbauen und entwickeln. Das funktioniert erfahrungsgemäß sehr gut :D

    Wenn ich das Ganze einmal rückwärts wiederholen und ergänzen darf:

    Meiner Meinung nach kann man jeden noch so komplizierten Charakter auf einen Stereotyp herunterbrechen. Wenn man mal die Besonderheiten, Ticks und Eigenarten außer Acht lässt, lässt sich für jeden Charakter eine Schublade finden.

    Beispiel: Der strahlende Held; der missgönnende Neider; der nervige Rivale, etc.

    Was die Figuren interessant macht, ist, wenn diese anfänglichen Stereotypen durch etwas "besonderes" ergänzt werden.

    Beispiel: Der strahlende Held mit düsterer Vergangenheit; der missgönnende Neider, der eigentlich ein Gönner ist, aber nur falsch verstanden wird; der nervige Rivale, der sich plötzlich in den Helden verliebt, etc.

    Je mehr Details den Stereotyp ergänzen, desto einzigartiger wird die Figur, bis sie wirklich nur noch schwer zu einem einzigen Stereotyp abstrahiert werden kann.

    Ob wir es wollen oder nicht, wir alle stecken Menschen und Figuren in Schubladen, vielleicht wird nach dem ersten Eindruck nochmal etwas umsortiert, aber irgendwo ordnet man Leute ein. Interessant wird's wenn dieser jemand zur Überraschung der Leser plötzlich aus der Schublade springt und sich in eine gänzlich andere setzt.

    Bestes Beispiel: Severus Snape - Der absolute Stereotyp des "fiesen" Lehrers, bis man die tragische Geschichte und mit ihr die Wahrheit erfährt. Ein wunderbarer Charakter, trotz des stereotypischen Auftretens.