Ihr Lieben,
vielen Dank für eure Anmerkungen!
weil das Licht ja nicht durch die häufige Spiegelung intensiver wird, sondern dadurch, dass es gebündelt wird.
Ich dachte mir eigentlich, dass es zwar sicher gebündelt wird, aber auch in den anderen Spiegeln nochmal gespiegelt wird, was die Intensität noch mehr verstärkt (oder ist das falsch gedacht?)
dafür dass Cheneela sich scheinbar als Rebellin gegen den Tyrann sieht, geht sie m.M.n ziemlich ruppig mit ihrer Untergebenen um.
Du hast recht. Über den Charakter mache ich mir noch Gedanken und vielleicht ändere ich das auch nochmal um.
Okay, dann geht es jetzt mal weiter mit dem nächsten Kapitel.
Ich habe jetzt mal ziemlich weit ausgeholt, bin aber schon nicht mehr sicher, ob der Anfang so überhaupt spannend ist und ich diesen ganzen Teil nicht weglassen sollte. Aber hier ist er jetzt erstmal:
2. Überfall aus der Luft
Dichter Ascheregen rieselte vom Himmel und hüllte die Umgebung in nachtschwarzes Dunkel. Obwohl Raven mit seinem Magiestrahler einen breiten gelblichen Lichtkegel erzeugte, konnte er unter den zahllosen herumwirbelnden schwarzen Flocken kaum den Weg erkennen, den er reiten wollte.
Eine abrupt zunehmende Hitze alarmierte ihn. Er zügelte sein Pferd, drehte sich um und rief laut zu seiner Truppe:
„Stopp!“
Es war immer gefährlich, am äußeren Vulkanberg zu reiten, weil der Krater nie still war und jederzeit neu entstandene Lavaflüsse austreten konnten. Anfangs, solange die Lava noch rot glühte, übersah man sie nicht, aber sobald die oberste Magmaschicht zu schwärzlichem Gestein erstarrte, war sie kaum noch von der Umgebung zu unterscheiden. Wie eine Eisscholle auf einem Feuermeer konnte sie plötzlich abreißen und jeden ins Verderben ziehen, der gerade seinen Fuß darauf setzte.
Die glühende Hitze, die Raven an dieser Stelle überfiel, sprach dafür, dass er sich in der Nähe eines solchen schwarz verfärbten Magmaflusses befand. Er horchte auf die Signale seines Pferdes, das auf das Erkennen unterirdischer Ströme dressiert war. Es tänzelte unruhig und schnaubte.
„Das ist ja ekelhaft heute, ich sehe nicht die Hand vor Augen.“ Asmantjar schloss zu ihm auf, ein breitschultriger schwarzhaariger Skeff mit langen Fledermausflügeln. „Wir müssen doch bald die Westseite des Berges erreicht haben. Ich hoffe wirklich, dass die Sicht dort besser wird.“
Skeptisch spähte er durch den andauernden wirbelnden Ascheregen. „Warum halten wir?“
„Was glaubst du denn?“, knurrte Raven unwirsch. „Bodenfeuer voraus. Wie üblich.“
Raven hielt seinen Strahler in die Finsternis und spähte nach Zeichen, die ihm verraten könnten, wie breit der Lavafluss vor ihm war. Doch das einzige, was er erkannte, war das verräterische rötliche Glühen von Magmagestein weiter unten auf seiner rechten Seite, das an drei winzigen Stellen aufleuchtete. Der Weg voraus war pechschwarz und von hier aus nicht sicher zu beurteilen.
Am liebsten wäre er auf der Stelle losgeflogen, aber die Sicht war zu schlecht. Sie riskierten, auf Gestein zu stürzen.
Der Weg aus der Vulkanstadt heraus oder in die Stadt hinein war immer beschwerlich. Dem König gefiel es, dass er es nicht nötig hatte eine Stadtmauer zu bauen und auch keinerlei Wachtposten aufstellen musste, außer ein paar Gestalten vor dem Haupttor, die da aber nur so pro forma herumstanden. Niemand kam lebendig nach Kalamachai herein oder heraus, der sich nicht mit den Tücken der Lava auskannte. Zwar erschwerte dies auch den eigenen Leuten ihre Unternehmungen, aber diese hatten sich daran gewöhnt, stets entsprechend dressierte Pferde mitzunehmen, welche vor Gefahren warnten, und auch nicht ohne Leitmänner auszureiten, die ein Gespür für unterirdische Ströme hatten. Von seinen eigenen Leuten war Raven selbst derjenige, der das am besten konnte.
„Ich teste den Weg zu Fuß“, bestimmte er.
Entschlossen stieg er vom Pferd und gab Asmantjar die Zügel in die Hand. Ohne sein Reittier hatte er weniger Gewicht, was sein Risiko verringerte, in das trügerische schwarze Magmagestein vor ihm einzubrechen. Er war oft genug schon über solche Felsbrocken gegangen und wusste, wie es sich anfühlen musste.
Langsam und bedächtig ging er zu Fuß weiter. Er spürte die Hitze zunehmen, sie umwehte ihn, als näherte er sich einem Großfeuer. Dann fühlte er auch das leise Brodeln unter seinen Füßen. Entweder war er schon auf der erhärteten Magmadecke, unter der die Lava glühte, oder nur einen Schritt entfernt. Wieder tastete er sich einen Schritt vorwärts, bereit, schnell rückwärts zu springen. Doch kein Knacken war zu hören, der Boden schien stabil. Noch weiter ging er voran. Die Hitze nahm schon wieder ab.
Keine Gefahr, atmete er auf. Unter ihm schien nur ein kleines Rinnsal.
„Der Weg ist rein, aber es ist besser nicht zu reiten“, rief er laut. „Sundor soll mit den Pferden zurückkehren, ihr anderen steigt ab und kommt mir im Gänsemarsch und mit einer Schrittlänge Abstand hinterher!“
Er wartete ab, bis ihn die ersten Kameraden erreicht hatten und kämpfte sich dann durch die schwarzen Flocken immer weiter voran.
Eine plötzliche Windböe entlockte ihm ein Grinsen. Endlich! Er hatte seinen Startplatz erreicht, die Wegbiegung, die auf die Westseite führte, wo ein ständiger Wind die Asche schnell davonblies, weshalb die Sicht hier deutlich besser war als auf der Nordseite, von der sie kamen.
Tatsächlich trieben hier die schwarzen Flocken nicht so dicht vor seinen Augen und er konnte sogar ohne Strahler den Abgrund nahe des Weges erkennen. Hunderte Pferdelängen ging es hier in die Tiefe herunter. Die Abhänge darunter und die tieferen Wege hinten waren ebenfalls schemenhaft zu sehen. Der ideale Abflugplatz.
Die Kameraden versammelten sich um ihn herum. Während einige von ihnen schon unternehmungslustig ihre langen Flügel ausstreckten, bildeten sie einen Halbkreis.
„Geht´s los?“, rief Isert übermütig, dem die flockige Dauerberieselung solch eine Aschekruste über Wangen und Stirn geklebt hatte, dass Raven ihn nur an der Stimme erkannte.
„Erst mal ´ne Runde Krum“, brummte Bernador und Raven hörte, wie die Flüssigkeit in seinem Weinschlauch gluckerte. Gelächter antwortete dem Kameraden, dann kursierte ein Becher. Dieses Ritual gehörte zwingend zu jeder Tour, die sie unternahmen. Bernador ritt nie ohne ausreichende Vorräte los.
Der Kolchrum war stark, er brannte in der Kehle wie Feuer und mehr als einen Schluck nahm man besser nicht davon. Raven schätzte das Getränk, das das Blut in den Adern zum Brodeln brachte und ihn auch die magische Strahlung besser fühlen ließ.
„Auf uns“, bölkte Bernador.
„Schwert- und Flügelbruch!“, rief Isert.
„Fertigmachen zum Abflug“, kommandierte Raven. „Die Segler zu mir. Jeder bindet sich an einen Flieger.“
Da mehr als die Hälfte seiner Männer zum Volk der Skeff gehörten und deshalb von Natur aus über ausladende Flügel verfügten, hatten sie ihm schon mehrfach vorgeschlagen, einen Angriff aus der Luft zu planen. Aber er war dagegen gewesen. Er wollte als Anführer nicht auf ein Terrain gehen, das er nicht beherrschte. Diesmal bot es sich jedoch an. Einen Tempel während einer Zeremonie zu überfallen, das wäre auf dem Landweg schwer, weil das Gebäude sicherlich von einem großen Aufgebot Soldaten geschützt wurde. Mit einer Attacke aus der Luft rechneten sie dagegen sicher nicht.
Zu seinem nicht geringen Verdruss war Raven selber ohne Flügel geboren und hatte daher nicht die Gabe, sich in die Luft zu erheben. Dieses Handicap gedachte er mithilfe von Segelflügeln zu überwinden. Das waren lange ledrige Schwingen aus Hirschleder, die er sich mithilfe magischer Energie um Arme und Rücken gewunden hatte. Richtig fliegen konnte er damit nicht, sie eigneten sich nur zum Segeln. Damit er trotzdem ans Ziel käme, würde ihn einer der Kameraden ziehen müssen. Isert, Bernador und Traskan hatte er ebenfalls mit solchen Behelfsseglern ausgerüstet, denn sie waren seine besten Männer und er wollte sie deshalb bei dem Angriff dabeihaben. Außerdem begleiteten ihn 16 Geflügelte. Die restlichen 90 Mann seiner Truppe, die entweder flügellos waren oder die schon nicht mehr in die Luft kamen, da die Flügel leicht einrissen und Feinde immer als erstes die Schwingen ihrer Gegner zerstörten, diese waren bereits voraus geritten. Er hatte sie an strategisch wichtigen Stellen in der Stadt positioniert, von wo er sie abberufen konnte, wenn er erst am Ziel ankäme.
Raven trat an die Kante des Abgrundes, seine Segelhaut weit ausgebreitet. Mithilfe eines Seiles war er an seinen Kameraden Asmantjar gebunden, der gerade mit schnellen Flügelschlägen in die Luft aufstieg. Ein Ruck. Es zog ihn vorwärts, er fiel ins Leere. Kurz schaukelte er nach rechts, dann nach links, dann spannten sich die Lederhäute auf die richtige Weise und der Wind trug ihn. Wenig später flatterten schon die Kameraden um ihn herum, die Segler wie tote Blätter, die rasen müssen, wohin der Wind sie weht, während die Flieger wie Adler durch die Wolken jagten.
Raven konnte es nicht ausstehen, nicht selber an vorderster Front zu fliegen. Es ärgerte ihn schon gleich nach dem Start, dass er hier zum Statisten degradiert war. Das würde sich aber ändern, wenn sie erst landeten.
Wie oft hatte er schon davon geträumt, wie es wäre zu fliegen. Wenn er die Kameraden in der Luft herumkurven sah, konnte er sich lebhaft einbilden, um sie herumzujagen und bis zu den Wolken zu gelangen. Die Gurkerei mit seinen Ersatzschwingen, die er gerade trug, war leider von diesen Träumen so weit entfernt wie eine Schlange mit angenähten Beinen von einem Tiger gewesen wäre. Das einzige, was er steuern konnte, war die Höhe. Die Richtung und die Geschwindigkeit bestimmte der Kamerad, der ihm voransauste. Aber was ertrug er nicht alles, um diesen wichtigen Auftrag zu erledigen.
Es ging auf Mittag zu. Der Himmel blieb dunstig und trübe, daher flogen Raven und seine Krieger eng beieinander, damit keiner den Anschluss verlor. Der Wind begünstigte sie, er schob sie fast mit Sturmgeschwindigkeit nach Süden und ihrem Ziel entgegen, dem Tempel der Stadt Karghena.
Als in weiter Ferne schemenhaft die Stadtmauer auftauchte, tastete der junge Anführer mit dem Zeigefinger nach dem magischen Stab, den er sich um das Handgelenk gebunden hatte. Die Berührung ließ den Stab vibrieren. Er schwoll zu abnormer Größe an und schoss dann explosionsartig einen Schwall feinen dunklen Staub nach vorn, der sie in eine düstere Wolke einhüllte. Von unten musste es etwa aussehen wie der Aschestaub einer kleineren Vulkaneruption, dem niemand in der Stadt besondere Beachtung schenken dürfte, da sich solche alle paar Tage ereigneten. Zwar war auch ihre eigene Sicht nun wieder eingeschränkt, doch das spielte nun keine Rolle mehr, denn Raven konnte sich an der magischen Strahlung orientieren, welche der Tempel der Stadt aussendete, dazu war kein Tageslicht notwendig. Schon von weitem spürte er dessen raue Energie, die sich wie ein leichtes Kratzen auf der Hauf anfühlte.
Über den Kontaktring an seinem Zeigefinger, welchen ein Totenkopf zierte, stand er mit allen Kameraden in Verbindung. Er brauchte nur den Ring zu berühren, jeder hörte dann seine Kommandos: „Nach rechts“, „Ich hab rechts gesagt, Mann!“
In unvermindertem Tempo rasten sie weiter vorwärts und überflogen die Stadtmauer noch im Dunst der Staubwolke. Das Wenige, das trotz der schützenden Staubteilchen noch von ihnen zu erkennen war – ihre dunklen Uniformen mit den Flammen an den Seiten, ihre pechschwarzen Haare und die ledrigen Fledermausflügel – alles hatte fast denselben Farbton wie der Staub und dürfte deshalb fast gar nicht zu erkennen sein. Das Manöver schien gelungen. Niemand griff sie an oder stellte sich ihnen in den Weg.
Eine Abordnung seiner Bodentruppen, die er vorausgesandt hatte, sollte plangemäß bereits jetzt zum Marktplatz geritten sein und würde dort in den nächsten paar Augenblicken Häuser in Brand setzen. Gleichzeitig sollte auch ein Waschhaus in einem anderen Stadtviertel in Flammen aufgehen. Das würde die Karghenaer glauben lassen, dort sei eine Gefahr aufgetaucht. Tatsächlich war das nur ein Ablenkungsmanöver. Wenn er Glück hatte, würde der Fürst Soldaten abziehen und zu den Brandherden schicken – und Raven hätte freie Bahn.
Sie glitten hoch über den Häusern der Stadt dahin. Der fürstliche Palast lag fast genau in ihrer Mitte. Zum Tempel gelangte man von dort aus über die Hauptstraße, musste aber mehrere Straßenzüge durchqueren. Auf diesem Weg drängten sich unzählige Menschen, und der Tempelvorhof war geradezu überfüllt. Da der schützende Aschestaub der fliegenden Krieger sich langsam verflüchtigte, konnte Raven von oben immer hier und dort einen Bruchteil davon sehen, um sich ein Bild zu machen. Zahlreiche Schaulustige wurden von einer Hundertschaft Soldaten zurückgedrängt. Kutschen parkten dicht an dicht und an den Seiten standen angeschirrte Pferde. Rings um den Eingang in die heiligen Hallen spazierten die Gäste hinein, festlich gekleidete Herrschaften, und der etwas schrille, metallische Ton der Tempelmagie dröhnte über den Platz.
Die Hochzeit der Prinzessin Kira von Karghena hatte zahlreiche Gäste angelockt. Die Palastwache sowie Truppen des Fürsten umringten die Festgesellschaft wie ein gewaltiger lebendiger Schutzschild, was Raven aus der Luft feststellte: Zu Pferd wären er und seine Leute nicht ohne lebensgefährliche Kämpfe in den Tempel hineingekommen.
Die Idee mit dem Luftangriff war also doch vernünftig gewesen. Am liebsten würde er wie ein Adler herunterstürzen, die Braut packen und mit ihr durch die Luft davonjagen. Ganz so einfach würde es jedoch nicht gehen. Das Mädchen war nicht zu sehen, es befand sich wohl schon im Tempel. Doch damit hatte Raven gerechnet. Es würde ihr nichts nützen.