Beiträge von Thorsten im Thema „Schatten über Tarladan“

    Ich dachte bisher, bei dieser Art von Fantasygeschichten benötigt man keine große Einleitung und kommt sofort zur Sache und es genügt, wenn der Leser im Laufe der Geschichte sozusagen Häppchenweise mit Hintergrundwissen gefüttert wird.

    Das sind zwei verschiedene Ansaetze wie man eine Geschichte beginnen kann, beide haben ihre Staerken und ihre Schwaechen.

    Hier ist das 'Problem' nicht riesig - ich habe versucht durch 'mir persoenlich' anzudeuten dass ich hier etwas sehe was halt meinen Geschmack nicht trifft, was man aber schon so machen kann ohne die Geschichte schlechter zu machen.

    Wenn's da einen Hintergrundplot gibt der spaeter aufgeloest wird, dann ist das durchaus okay - es kann schon mal passieren dass bei einer Geschichte die Augenbrauen hochgehen - sich aber spaeter senken wenn alles Sinn macht.

    Okay, dann will ich mal anfangen ein paar Fragen rauszuarbeiten:


    Wie darf ich mir den Gang der Ereignisse vorstellen? Bujak ist also mit einem Trupp nach Ruland unterwegs. Sie machen Camp in der Naehe eines gottverlassenen Nests in dem es kein Gesetz gibt, und Bujak geht alleine dorthin - ohne Leibwache - gekleidet in reiche Gewaender und mit einem Beutel Goldmuenzen in der Tasche.

    Wieso tut er das - will er sich vor seiner Hochzeit noch schnell die Kehle durchschneiden lassen? Er hat ja eigentlich keinen Grund in die Siedlung zu gehen.

    Dass er von Kelen schon vorher gehoert hat und deshalb losgegangen ist waere eine Moeglichkeit, ist aber unwahrscheinlich denn irgendwie scheint niemand Kelen als Soeldner zu erkennen, praktisch alle in der Geschichte halten ihn bisher fuer was anderes.

    Die Begegnung mit Kelen ist als Zufallsbegegnung geschildert, macht aber in dem Setting keinen Sinn weil Bujak eigentlich keinen Grund hat zufaellig in der Siedlung zu sein, wenn er aber absichtlich da ist, vernachlaessigt er seine Sicherheit schon fast kriminell.


    In unserer Gilde werden nur Männer aufgenommen die Stolz und Ehre in sich tragen.

    Nun ja, wie sich das mit dem Berufsbild des Soeldners der ja fuer Geld statt fuer die gerechte Sache kaempft vereinbart bleibt sein Geheimnis...

    Hier ist sich jeder selbst der Nächste und von daher würde es mich nicht wundern, wenn man die beiden bis aufs Hemd ausplündert, sobald wir hier durch die Tür gehen.

    Das wiederum wirft die Frage auf - wieso sind vorher alle rausgerannt um nicht mit dem Geschehen in Verbindung gebracht zu werden - wenn es klar ist dass keine Wache kommen wird und statt dessen lukrative Beute auf dem Boden liegt?

    "Ist das unser neuer Küchenbursche?", fragte der hochaufgeschossene Bursche, was die beiden Kerle neben ihm dazu veranlasste sich vor lauter Lachen auf die Oberschenkel zu klopfen.

    "Seht euch doch nur einmal dieses Milchgesicht an", prustete einer von ihnen vor lauter Lachen."Der ist ja kaum älter als ein Säugling, dem wächst ja noch nicht einmal ein Bart."

    Dass Kelen unterschaetzt wird ist jetzt irgendwie schon der running gag - mir persoenlich ist's an der Stelle zu viel, es legt nahe dass Kelen wirklich sehr milchgesichtig aussieht, so dass ihm sowas staendig passieren muss, so dass er vermutlich - weil er auch keinen Bock hat jeden Tag in einen pissing contest verwickelt zu werden, irgendwann angefangen haben muesste sich aelter und gefaehrlicher aussehen zu lassen.

    Okay, erster Eindruck - Stimmung passt, da kommt man gut in die Situation rein und liest gerne weiter.

    Beim genauer Hinsehen stoeren mich widerspruechliche Kleinigkeiten und komische Plottwists ein wenig... (und beim noch genauer Hinsehen findet sich der eine oder andere Rechtschreibfehler, aber da ueberlasse ich anderen das Feld :) )

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    Fangen wir an:

    In der von flackerndem Kerzenlicht nur spärlich erleuchteten Weinschenke

    Es ist also dunkel, nur flackernde Kerzen erleuchten die Schenke.

    Es war offensichtlich das der Mann, den er des Falschspiels bezichtigt hatte, trotz der frühen Nachmittagsstunde schon angetrunken war.

    Es ist aber frueher Nachmittag - wieso ist es da dunkel? Kerzen kosten was (wenn man sie in Handarbeit herstellt nicht zu knapp), Fensterlaeden auf kostet nichts und bringt ein bisschen Frischluft.

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    Einem aufmerksameren Beobachter jedoch wäre der verkrüppelte linke Zeigefinger, die ausgezupften Augenbrauen und die silberne Schnalle des Waffengurts aufgefallen und hätten ihn vielleicht zum Nachdenken gebracht.

    Als Du ihn einfuehrst wird er mit einem Bauerntoelpel verglichen - hier lernen wir aber dass er einen Waffengurt hat, spaeter auch dass da ein Schwert drin ist. So ein Schwert ist ziemlich gross, das uebersieht man nicht 'mal eben' - da fuehle ich mich als Leser ein bisschen veralbert dass ich so von der Beschreibung an der Nase rumgefuehrt wurde.

    Der naechste Unterscheid zwischen 'Bauerntoelpel' und 'Soeldner' duerfte sie Selbstsicherheit sein - ist er aufgeregt, schaut er nervoes hin- und her weil er das erste Mal als Mutprobe in der Spelunke ist - oder ist er selbstssicher weil er sich oft in solchem Unfeld bewegt?

    Nach dem was wir spaeter von dem Typen erfahren kann ich mir nicht vorstellen dass ihn irgend jemand fuer einen Bauern halten wuerde, sorry.

    "Du verdammter Schweinebauer", keuchte der Spieler hasserfüllt, indess er um den Tisch herumkam.

    Dass ihn jemand nach einem filmreifen Stunt mit abrollen und dabei Schwert ziehen (hatte ich erwaehnt dass Schwerter gross und unhandlich sind und auch die schnell zu ziehen nicht so einfach ist?) - immer noch fuer einen Bauern haelt halte ich dann fuer krassen Realitaetsverlust.

    Man kann jetzt sagen der Typ ist rotzbesoffen - aber irgendwie passt das schon wieder nicht zum Charakter eines Falschspielers - der muss ja seine Sinne beieinander behalten um schnell mal Karten auszutauschen und so, normalerweise sind die ja eher dran interessiert dass der andere betrunken ist was den Job einfacher macht.

    Stühle und Tische wurden umgestoßen, Krüge und Becher zersplitterten und ein ohrenbetäubender Lärm aus brüllenden, fluchenden Männern und dem Stampfen von Stiefeln auf den ausgetretenen Fußbodendielen erfüllte den Raum bis in den hintersten Winkel.

    Das ist jetzt so eine Hollywoodszene wie aus z.B. 'Pirates of the Caribbean' - aber... warum?

    Warum sollten die jetzt alle zu bruellen und fluchen anfangen? Wer mit dem Geschehen nicht in Verbindung gebracht werden will verkruemelt sich unauffaellig, aber doch nicht mit einem riesigen Tumult der garantiert die Wache (oder wer auch immer bei Mord oder Gewalt ermittelt) anlockt. Und wieso sollten sie dann auch noch Kruege zerschmettern?! Das ist ein komplett sinnloses Verhalten in der Situation.

    Wie sich hier herausstellt hat die Schenke auch wirklich Fenster (die eingeschlagen wurden - wieso?) - anscheinend sogar aus Glas - wieso ist es dann so dunkel am Nachmittag?

    Verärgert sammelte er sein Geld auf, indessen sich auf dem Hemd des verletzten Falschspielers langsam ein immer größer werdender, dunkler Blutfleck abzeichnete.

    Hier hatte ich zum ersten Mal den Eindruck dass der Falschspieler tot ist, weil er quasi aus dem Geschehen raus ist. Er stoehnt nicht, kriecht nicht weg, ruft nicht um Hilfe - sondern blutet halt ruhig vor sich hin waehrend der andere das Geld einsackt.

    Unerklaerlich fuer mich als Leser, da ist eine Luecke in meinem Bild der Situation, ich wuerde gerne erfahren was da mit ihm los ist.

    Ich suche Männer, die wissen wie man kämpft und ich glaube, ich habe gerade eben wieder eine solchen gefunden

    Recap - der hat grade einen lallenden Typ der so besoffen war dass er ein Schwert nicht als Waffe die nicht zu einem Bauern passt erkannt hat in die Schulter getroffen. Ob man da jetzt so viel ueber seine Kampffaehigkeit sagen kann? ?(

    ***

    Du merkst, sogar eine scheinbar einfache Szene wie so eine Tavernenschlaegerei wirft schnell viele Fragen auf wenn Du anfaengst zu ueberlegen warum die einzelnen Protagonisten jetzt so reagieren wie sie es tun - warum sollte der Falschspieler sich besaufen? Warum ist er erst agressiv, dann komplett aus der Erzaehlung draussen und inaktiv? Warum zerschlagen die anderen Zecher Geschirr und Fenster?

    So eine Szene gehorcht einer inneren Dynamik - da wuerde ich als Leser gener erfahren - was ist die genau?