Hallo Rika
Auch der Hauptmann ist mehr als Karikatur angelegt, denn als ernsthafter Charakter. Das aufgeblasene Ego, seine bizarren Überzeugungen. Kaum ernst zu nehmen - zumindest wollte ich ihn so etablieren.
Also da bin ich jetzt echt überrascht Dass der Hauptmann eine Karikatur ist, wäre mir ehrlich gesagt nicht aufgefallen. Er scheint das alles ziemlich ernst zu meinen, die anderen nehmen es als gegeben hin und handeln danach. Die Erzählstimme bestätigt ihn ja auch. Ich erkenne da keine Doppelbödigkeit, die die Figur irgendwie ironisch färbt. Wenn das so zu verstehen war, kann ich nur sagen: Sorry, mir erschließt sich das nicht.
Da würde ich bald liefern wollen. Generell möchte ich im Verlauf des Stranges auch noch ein wenig mit der Erzählstimme (wie du sie nennst) spielen. Da gehört fürs Erste auch die Arroganz und Überheblichkeit des Hauptmannes dazu. Sicher stellt sich hier die Frage, ob ich das nicht ggf. gleich zu Beginn überstrapaziere. Wenn man zuvorderst den Unsympathen sieht, könnte das tatsächlich ein Problem werden. Was denkst du?
Ich denke grundsätzlich, dass man am Anfang die größten Pflöcke einschlägt. Nicht nur in dem, was man an Handlung erzählt, sondern vor allem darin, was der Leser über die Welt erfährt. Ich gehe als Leser mit einer gewissen Erwartungshaltung in einen Text, Dinge wie: Leute müssen essen, sonst verhungern sie. Tagsüber scheint die Sonne und nachts ist es dunkel. Ein schwacher König ist ein toter König. Auf sein Leben sollte man gut aufpassen, denn man hat nur eins. Etc. etc. Das ist die Summe aus all dessen, was ich persönlich erlebt und gelesen habe. Je nachdem, ob diese Informationen (nicht explizit, sondern einfach durch die Erzählung selbst) bestätigt oder abgeändert werden, zimmere ich mir ein geistiges Bild von der Welt im Text. Und in weiterer Folge erwarte ich mir, dass die Figuren sich in diesem Rahmen schlüssig verhalten.
Außerdem beginne ich ja auch der Erzählstimme zu vertrauen, denn sie gibt mir einen Großteil meiner Informationen und vor allem macht sie mir ja auch klar, wie erzählt wird und das Ganze zu verstehen ist. Wenn du z.B. in die Texte von Alopex Lagopus reinschaust, dann weißt du zwei Sätze nach Beginn: "Ok, ich fange schon mal besser vorsorglich an zu grinsen, denn gleich wird es lustig. Und ich werde mich hüten, diesem charmanten Plappermaul von Erzähler alles zu glauben. Wir befinden uns im ironischen Meer und es ist kein Land in Sicht."
Am Anfang falsche Fährten zu legen, kann ein ästhetisch sehr reizvolles Verfahren sein, aber es erfodert da wirklich allerhöchste Meisterschaft, den Leser nicht zu verprellen. Also: Sollte jetzt im weiteren Verlauf der feine Herr Hauptmann plötzlich meine Identifikations-Figur werden (und ich sollte ihn dann auch noch gern haben) bin ich sehr gespannt, wie du das anstellen willst Aktuell steht mein Sympathie-Barometer für ihn irgendwo im tiefroten Bereich. Wenn es aber eine andere neue Figur sein soll, dann sollte sie bald auftauchen, denn ich gewöhne mich mit jeder Zeile mehr an das, was ich schon über den Text zu wissen glaube.
Wann gebe ich dem Leser welche Info an die Hand, ohne ein Augenrollen zu ernten?
Die beste Variante ist wohl: Infos erschließen sich aus dem, was passiert und wie gehandelt wird. Für mich wäre es schon logisch, wenn sich jeman in diesem marschierenden Heer mal darüber unterhält, was ihnen vermutlich bevorsteht. Aktuell ist es ja irgendwie etwas seltsam: Die marschieren auf einen Kampf mit einer Bestie zu und anstatt darüber zu rätseln, was es für eine Bestie ist, warum sie die Prinzessin geraubt hat, wie die eigenen Chancen stehen, etc. Aktuell kritisert nur ein einzelner Soldat sozusagen die verfallenen Immobilienpreise, weil die Gegend so trostlos ist und dringend mal wieder eine Flurreinigungsaktion vertragen könnte Da bin ich wieder bei dem, was ich zu Anfang geschrieben habe: Es ist nicht das, was Leute, die auf eine Schlacht zusteuern, meiner Erwartung nach miteinander reden. Wenn sie überhaupt reden, dann nicht das.
Ich meine, die Prämisse der Geschichte ist ja schon sehr, sehr simpel gestrickt. Ein Fantasy-Epos ist hier so gar nicht mein Anspruch.
Ist mir natürlich auch klar, aber auch bei kurzen Geschichten finde ich es wichtig, dass es in sich stimmig ist. Ist manchmal sogar schwieriger als bei langen Sequenzen Aber mach dir jetzt nicht zu viele Gedanken, sondern schreib einfach mal das fertig, was du dir vorgestellt hast.