Ich finde es auch seltsam, wie die Nutzung von ChatGPT von manchen moralisch verurteilt wird, um sie dann hin und wieder recht gönnerhaft doch zu dulden, wo das doch eine frei zugängliche Technologie ist. Seltsam finde ich auch, wie manche sofort die Übernahme der Weltherrschaft durch die Maschinen kommen sehen, wobei diese dann wiederum schon zu viel einfacheren Aufgaben gar nicht in der Lage sein sollen. Diese Art der Argumentation ist in sich einfach nicht schlüssig.
Dann machen wir sie halt (einmal mehr) schluessig.
Der erste Teil ist Ethik - wie kann man eine Nutzung eines Werkzeugs verurteilen und die andere nicht? Das ist recht einfach, weil eine ethische Abwaegung normalerweise auch nach dem Zweck einer Handlung fragt. Ein Hammer ist ein Werkzeug - okay ist, Probleme mit einem Nagel der in Holz muss damit zu loesen, nicht okay ist es, Nachbarschaftsstreitigkeiten damit zu loesen - der Zweck spielt eine grosse Rolle.
Einem Laden das Lager auszuraeumen ist Stehlen und als Mittel nicht okay. Wenn der Zweck ist nebenan einen eigenen Landen aufzumachen in dem alles billiger ist - ganz sicher nicht okay. Aber wenn der Zweck ist eine Tausendschaft hungriger und frierender Fluechtlinge mit dem noetigsten auszustatten? Wird es okay.
ChatGPT und die KI-Konsorten stehlen Copyright von Autoren und Illustratoren - was - siehe oben - als Mittel ethisch nicht okay ist.
Wenn der Zweck der Uebung dann ist, die gleiche Dienstleistung viel billiger anzubieten - also den Illustrator erst zu bestehlen und dann mit Bildern in seinem Stil Geld zu verdienen und ihn vom Markt zu draengen - dann ist die Sache ethisch eindeutig - weder Mittel noch Zweck sind irgendwie edel.
Wenn der Zweck ist, was anderes zu machen - etwa einen Chat mit einem Bot zu fuehren, oder eine Art Suchmaschine zu haben - was was den Autoren und Illustratoren nicht direkt Konkurrenz macht - dann kann man fragen ob der Zweck einen so grossen Nuzten bringt dass es das unethische Mittel des Stehlen dadurch aufgewogen wird. Der Gesetzgeber macht es zum Beispiel moeglich, Copyright-geschuetztes Material fuer wissenschaftliche Analyse oder Parodie oder geringfuegigen Zweck der den Urheber nicht finanziell schaedigt zu verwenden - das ist ein Beispiel von Zwecken bei denen das Mittel der ungefragten Aneignung als akzeptabel gesehen wird.
Eine ethische Analyse bei der man nur das Mittel, ohne den Zweck zu betrachten entweder toll oder verwerflich findet greift in aller Regel zu kurz. Es ist normal dass man beim Nachdenken einige Anwendungen eines Mittels eher rechtfertigen kann als andere.
Dein spezifisches Problem Sci-Fi-Dave scheint mir zu sein:
Du moechtest etwa ein Mittel um schneller und besser Illustrationen zu erstellen - das wuerde Dein animated-gif/Comic Projekt deutlich foerdern. Ein professioneller Illustrator koennte das, aber Du wuerdest (hoffe ich mal) ihn nicht mit der Waffe bedrohen um die Illustrationen zu bekommen die Du willst.
Etwas was 'generative KI' heisst klingt aber harmlos genug weil 'generativ' bedeutet ja dass die KI die Illustrationen macht. Stimmt aber leider so nicht, die kann das halt nur weil ihre Datenbank vorher mit gestohlenem Material gefuellt wurde. 'kleptomanische KI' klingt aber nicht ganz so sexy, weswegen die Entwickler diese Diskussion gerne nicht in so einem Rahmen fuehren. Aber ohne Copyright-geschuetztes Material sind die Ergebnisse halt nicht ein viertel so interessant.
Also - es ist Stehlen von einem Illustrator und ihm direkt Konkurrenz machen was Du da unterstuetzen wuerdest wenn Du KI Illustrationen nehmen wuerdest - ethisch finde ich das leider nicht vertretbar.
Sich eine Plotidee geben zu lassen halte ich fuer ethisch vertretbar weil weit genug entfernt vom Geschaeft der Autoren und Illustratoren (allerdings ist KI als Mittel dazu - wie oben geschildert - gradezu laecherlich ueberdimensioniert und energiefressend) - ich sehe aber andere Gruende sowas nicht zu tun, aber nachdem wir hier ueber Ethik argumentieren...
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Teil 2 geht um die Faehigkeit der KI.
Die ist - wie erwaehnt - nicht so toll. Die wird aber besser je mehr und je schamloser sie Material stehlen kann. Das Problem 'von Null an' einen guten Text zu schreiben ist schwerer als einen guten Text zu nehmen und den so zu aendern dass der Copyright verliert. Das letztere Szenario finde ich besorgniserregender, denn das macht das Stehlen schlimmer und wirkt attraktiver auf den Nutzer - und wenn wir einen Diskussionsrahmen akzeptieren bei dem dieses Stehlen 'generativ' statt 'kleptomanisch' genannt wird, dann haben wir als Kreative leider keine Zukunft. Kein Laden kann existieren wenn jeder sich nach Gusto aus seinen Lagerbestaenden bedient.
'Manche' sehen die Uebernahme der Weltherrschaft kommen, das stimmt - nun bin ich aber nicht dafuer verantwortlich die Argumentation von jedem Kritiker zu verteidigen sondern meine Kritik zu begruenden, und die richtet sich weniger auf die Weltherrschaft sondern auf andere Punkte - Stehlen, Betrugs- und Faelschungsmoeglichkeiten, falsches Vertrauen in ein Tool das tut als waere es ein verstaendnisvoller Gespraechspartner,...
Dass Kritik von zwei oder mehr Personen wenn sie zusammengeworfen wird nicht notwendierweise eine schluessige Argumentation ergibt sollte eigentlich klar sein, und ist wieder... ein Strohmann (jetzt weisst Du ja was das ist).