Nach ein paar SäWarmes Morgenlicht lag über dem Klosterhof als Tanred mit den anderen Mönchen aus der Frühmesse kam, aber kleine Nester von Nachtfrost hingen noch in den schattigen Ecken und Winkeln. Er blieb stehen sobald er den anderen Mönchen nicht mehr im Weg stand, zog die Robe fester um sich und sog die Herbstluft tief in sich ein - in der Luft hing der Geruch von feuchtem Laub und der Rauch von Feldern die nach der Ernte abgebrannt wurden. Zu dieser Tageszeit waren nicht nur Mönche im Kloster - Bauern aus dem Umland brachten Vorräte heran, Wagen beladen mit Säcken und Fässern standen im Innenhof und irgendwo dahinter wurden unter großem Lärm Schafe in die Schlachterei getrieben, und der Geruch von nassen Zugpferden und Schafwolle mischte sich in die Luft.
"Esa fais deara, Tanredan - Ädon auratan gerasis", sagte Bruder Harmenas, der Gehilfe des Cellerars und blieb neben ihm stehen. "Es ist ein schöner Tag, und Ädon hat uns Sonne geschenkt."
"Ädon gerasis, Ädon akisatas", antwortete Tanred fast automatisch. Die arianischen Phrasen gingen ihm nun fast natürlich von den Lippen und das bedeutete auf eine seltsame Weise daß die anderen Mönche aufhörten, eine gesichtslose Masse für ihn zu sein als er sich mehr und mehr mit ihnen unterhalten konnte. Da war nicht nur Harmenas der ab und an einen Becher Bier abzweigte den sie zusammen leeren konnten, sondern auch Machandas, der Bibliothekarsgehilfe, der ihn jetzt statt Grenas im Schreiben unterrichtete während er ihm lustige und unglaubwürdige Geschichten von ehemaligen Ädonsfürsten in Gondred erzählte die er angeblich in alten Chroniken gelesen hatte. Und der Bruder Kannian, Novize und kaum ein paar Monde mehr als Tanred in Sant Kymran, mit dem zusammen er versuchte, das Buch der Lehren zu verstehen.
"Tihaka kerisat resam farnawo?" fragte Harmenas. "Möchtest du nachher im Hof mithelfen? Wir müssen Getreide abladen."
"Mihaka lerasan?", fragte Tanred erstaunt zurück. "Darf ich denn?" Er hatte angenommen daß Bruder Grenas über seine Zeit bestimmte und ihn nachher zu einer Lektion über die Geschichte des arianischen Reichs abholen würde.
"Wir werden nicht mehr so viele sonnige Tage haben - ich bin sicher Grenas versteht, daß du ein wenig frische Luft brauchst", sagte Harmenas fröhlich und klopfte ihm auf die Schultern. "Nur studieren ist nicht gut - nicht mal für einen Mönch! Und ich kann ein paar zupackende Hände brauchen - oder willst du mich ganz alleine drei Wagen abladen lassen? Komm!"
Als er Harmenas folgte und den ersten Sack Getreide von einem der Wagen im Hof wuchtete während er zwei der ehrwürdigen Väter die in einen Disput verstrickt waren respektvoll zunickte, merkte er auf einmal, daß er sich zufrieden fühlte. Das Leben in Sant Kymran war nicht mehr etwas Fremdes, er mußte sich nicht mehr zwingen nachts aufzustehen und verschlafen zum Primasgebet rennen, sondern er genoß die nächtliche Stimmung im dunklen Ädonshaus, das gemeinsame Singen mit den anderen Mönchen, und dann die Ruhe seiner Zelle. Er fühlte sich willkommen im Kreis der Mönche, und zu seiner Überraschung realisierte er, daß er seit Tagen nicht mehr an die Gaukler oder selbst an Arngard gedacht hatte.
Das unendliche Licht hatte er immer noch nicht wiedergefunden - aber er spürte eine innere Ruhe, das Bewußtsein daß es noch da war, daß der Tag aber kommen würde an dem seine Seele es wieder spüren würde.
Es war ein seltsames Gefühl, unerwartet.
Und doch vielleicht auch nicht... Er schulterte den Sack mit Korn und trug ihn hinter Harmenas her, über den Hof, vorbei an der Schlachterei des Klosters zu der breiten Treppe die zu den Vorratskellern führte. Fackeln brannten hier unten, und es war ständig kühl - Harmenas hatte ihm erzählt daß in den hinteren Kammern jeden Winter Eis eingelagert wurde das sogar am Ende des Sommers noch nicht geschmolzen war. Zum Glück war das Lager für Getreide nahe der Treppe, und er wuchtete seinen Sack zu den anderen und kehrte um, um sich den nächsten zu holen.