Erik schlug die Augen auf und erschrak. „Gott verdammte Scheiße“, schrie er und rollte sich von dem weichen Leinenbett auf den harten Holzboden. Den stechenden Schmerz ignorierend kroch er rückwärts von dem Biest weg und krachte mit dem Rücken gegen die nahe Wand.
Die Augen des Pumas folgten seiner Bewegung, aber der kräftige Körper machte keine Anstalten seiner möglichen Beute zu folgen. Stattdessen legte das große Tier seine schwarze Schnauze auf das Bett und betrachtete den Vampir aufmerksam.
„Du bist wach“, rief Maria glücklich und kam um das Bett herum auf ihn zu. Überschwänglich schloss sie ihn in die Arme, sodass seine Rippen knackten.
„Aua“, stöhnte Erik vor Schmerzen auf und wurde an seinen Wirbelbruch erinnert, „Das tut weh.“
„Tut mir Leid“, hauchte Maria erschrocken und lies ihn los. Beschämt rückte sie sein locker geöffnetes Hemd wieder gerade. „Tut mir Leid“, sagte sie noch einmal und lächelte schüchtern, „Ich dachte ich hätte dich verloren. Als wir Arton erreichten, dachte ich schon du wärst tot.“
„Schon gut“, versuchte der Vampir seine Ziehtochter zu beruhigen. An ihren rot geäderten Augen erkannte er, dass sie viel geweint haben musste. Sein Blick glitt wieder zu dem Puma hinüber. „Und was ist mir dem?“, fragte er nun ohne Angst und zeigte auf das Tier. Inzwischen ging er davon aus, dass die Raubkatze harmlos war. Schließlich schien es zumindest seine Ziehtochter in seiner Nähe zu dulden.
„Das ist Mejium. Der Seelenbegeleiter von Ruben“, antwortete Maria lächelnd und warf dem Tier einen bewundernden Blick zu. „Er tut uns nichts“, fügte sie nach einem wissenden Blick auf sein Gesicht hinzu.
Als der Puma seinen Namen hörte richteten sich seine spitzen Ohren auf. Provozierend langsam zog er seinen Lefzen zurück und offenbarte eine Reihe spitzer Zähne. Irgendwie wirkte es so, als würde die Raubkatze spitzbübisch grinsen.
Nicht wirklich beruhigt beobachtete Erik das Tier und dachte instinktiv über Fluchtwege nach. Die wenigen Fenster des Zimmers waren verhangen, sodass er nicht erkennen konnte wo er sich befand. Das war allerdings sowieso sinnlos, da er deutlich spürte wie die Sonne auf das Haus hernieder brannte. Eigentlich kam damit nur noch die Tür in Frage. „Und Ruben habe ich wohl diesen Druckverband zu verdanken“, versuchte er seine Nervosität zu überspielen und wagte es sogar kurz den vielschichtigen Verband, der um seinen entblößte Brust gewickelt war und wohl seine Wirbelsäule fixierte, zu betrachten.
Ehe Maria etwas erwidern konnte, öffnete sich die Zimmertür und ein Mann trat ein. Sofort sprang der Puma auf und huschte zu ihm hin, nur um schnurrend an seinen Beinen entlang zu streifen. Versonnen streichelte der Mann das Tier und wandte sich dann Erik zu.
„Es freut mich zu sehen, dass der Herr Vampir wieder auf den Beinen ist“, sagte er gedehnt und lächelte dann, „Zumindest ein wenig.“
Schockiert drehte sich Erik zu Maria um, die ihm gerade aufgeholfen hatte und ihn nun stützte.
„Ich musste es ihm sagen“, erklärte sie entschuldigend und erwiderte seinen vorwurfsvollen Blick, „Er sagte, dass er nichts mehr für dich tun kann. Ich musste es ihm erklären. Du warst fast tot.“ Tränen standen ihr wieder in den Augen.
„Das stimmt“, kam Ruben ihr zur Hilfe, „Ein normaler Mensch hätte die Operation niemals überlebt. Und man kann wohl davon ausgehen, dass sie über enorme Selbstheilungskräfte verfügen.“
Ungläubig betrachtete Erik den Mann. „Aber ich bin eine Gefahr für Sie und die ganze Stadt...“, versuchte er zu verstehen, wurde aber unterbrochen.
„Ich habe ihnen mehrere Bluttransfusionen verabreicht“, deutete Ruben verstehend an, „Momentan sind sie ungefährlich.“
„Aber haben sie keine Angst vor mir? Sie kennen mich doch gar nicht“, platzte es nun aus dem Vampir heraus.
„Keine Sorge“, antwortete Ruben ruhig und kraulte den Puma hinter den Ohren, „Mejium kennt sich ganz gut mit Menschen aus und er hat ihnen und ihrer Tochter sofort vertraut.“ „Nun sollten sie sich aber ausruhen. Vielleicht kann ich ihnen den Verband bald abnehmen, aber bis dahin...“, er zwinkerte, „...sollten sie besser hier bleiben. Das ist sowieso nicht ihre Tageszeit.“