Beiträge von Everad im Thema „Sengende Hitze“

    Taon wusste nicht, wie lang er das Bewusstsein verloren hatte. Nur langsam kehrte sein Verstand aus dem Reich der Träume zurück in seinen geschundenen Körper. Waren es Stunden, Tage oder vielleicht sogar Wochen? Er wusste es nicht. Mühselig reckte er seine Glieder so gut es im gefesselten Zustand nun mal ging, um auch aus ihnen den Schlaf zu vertreiben. Sein Kopf dröhnte. „Was haben sie nur mit mir gemacht?“

    Mühsam hob er trotz der deutlichen Einwände seines steifen Nackens seinen Kopf und blickte herüber zu Shira. Er erinnerte sich, dass sie von diesem Sehr zuerst in den Zustand versetzt wurde, in dem auch er sich wohl befunden hatte. Doch schien sie im Gegensatz zum ihm, noch nicht wieder erwacht zu sein.

    Erstaunlicher Weise fühlte sich Taon seit seiner Gefangenschaft erstmals ausgeruht. Auch spürte er keinen Hunger. Zwar kannte er dafür die Gründe nicht, doch schöpfte er für einen kurzen Moment Hoffnung. „Vielleicht haben wir eine Chance und Shira geht es ähnlich wie mir. Wenn wir doch nur diese Ketten loswerden könnten.“ Fiberhaft suchte er wie schon so oft nach einem Ausweg, doch er fand ihn nicht. Alleine würden sie es wohl nicht schaffen. Ohne Hilfe von außen blieb den beiden nichts anderes übrig, als stark zu bleiben und die Qualen über sich ergehen zu lassen.

    Taon fragte sich, was Takfar und Veyl wohl während seiner Gefangenschaft so trieben. Für einen Moment machte er sich sorgen, doch vertrieb er die dunklen Gedanken schnell aus seinem Geist. Takfar schien, auf sich aufpassen zu können und Veyl hielt sich mit seiner diplomatischen Art mit etwas Glück aus jeglichem Ärger raus. „Wer weiß? Vielleicht arbeiten die beiden grade sogar an einem Plan, um Shira und mich hier rauszuholen.“


    Dennoch konnten Shira und er doch nicht hier so tatenlos rumsitzen. Shira schien einen Plan gehabt zu haben, den sie ihm leider bis jetzt nicht hatte verraten können. „Shira!“, flüsterte Taon in der Hoffnung, sie würde dadurch aufwachen. Er wagte nicht, laut zu sprechen, aus Angst, man könnte mitbekommen, dass er wach war. Doch Shira regte sich nicht. Noch einmal flüsterte er ihren Namen, diesmal etwas lauter und energischer.

    Langsam kam Bewegung in ihnren schlafen Körper und auch sie schien nun endlich langsam zu erwachen. Fragend blickte sie ihn an. Taon? Was ist passiert?

    Ich weiß es nicht. Der Seher muss uns irgendwie zum Schlafen gebracht haben, aber ich weiß nicht, wie. Einem wie ihm bin ich noch nie begegnet. Fühlst du dich ausgeruht?

    Mit einem sachten Nicken bejahte sie.

    Gut, denn ich fürchte, dass es nicht mehr las so lang dauern wird, bis wir wieder Besuch bekommen. Und diesmal will ich vorbereit sein. Du schienst einen Plan gehabt zu haben. Erinnerst du dich noch.

    Kurze Zeit blickte Shira ihn nur schweigend an. Dachte sie, er habe den Verstand verloren?

    Ja, ich erinnere mich noch. Allerdings wird es nicht einfach werden. Mein Schwert, ich brauche mein Schwert. Und ich weiß, wo es ist.

    Taon blickte sie ungläubig an. Wie hatte sie das nur herausfinden können?

    Taon schwieg, bis der Großinquisitor verschwunden und das Hallen seiner Schritte nicht mehr zu hören war. Auch dann blieb sein Mund vorerst geschlossen, rang er doch noch immer mit den Schmerzen, die ihm durch die Hiebe zugefügt worden waren; so konnte er auch verhindern, dass das Blut aus seiner Nase in den Mund und von dort in den Rachen gelangte.

    „Und was nun?“, fragte er schließlich. Die Schmerzen ließen sich nun ertragen und er konnte wieder die ersten klaren Gedanken fassen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kerl uns glauben würde, wir hätten einen Hirschmenschen auf einer Expedition begleitet.“
    Taon stöhnte. Die Lage erschien ihm so aussichtslos und schon jetzt fürchtete er sich vor der folgenden Behandlung. Zwar hatte er während seiner Gefangenschaft bei den Nekromanten ungeheure Qualen ertragen müssen, doch war er nicht scharf darauf, sie noch einmal zu durchleben.
    Plötzlich vernahm er erneut Schritte. Diesmal jedoch mehr. Sie liefen an ihrer Zelle vorbei und es gelang Taon ein paar Worte aufzuschnappen: „Spiele schein besser zu sein, als bei den letzten Malen …“ und „ … sollen die ersten Gefangenen rauf bringen. Schwarzmagier sind das große Finale.“


    Schiras Gesichtsausdruck allein verriet Taon, dass auch sie die Worte gehört hatte. Ebenso bestürzt wirkte sie. „Wenn das bedeutet, was ich denke“, ergriff Taon das Wort, „dann müssen wir uns keine Gedanken um einen Weg hier heraus machen. Füher oder später wird man uns sowieso holen …“

    Mistkerl!, rief Taon, als er Blut an Shiras Hals entlang laufen sah. Lass sie in Frieden.
    Leider zeigten seine Worte keinerlei Wirkung. Die einzige Reaktion des Mannes war ein lichter Wink mit seiner freien Hand. Augenblicklich schritt der Mann mit dem Kettenhemd an Taon heran und verpasste ihm einen harten Schlag ins Gesicht. Der Schwarzmagier hatte das Gefühl, sein Gesicht würde vor Schmerz explodieren. Er stöhnte auf, Blut lief aus seiner Nase und sein Blick trübte sich. Er blickte auf und sah, wie die Wache zu einem weiteren Schlag ausholte, dann aber inne hielt und die Faus wieder senkte. Offensichtlich hatte der Mann bei Shira den Befehl gegeben, ihn in Ruhe zu lassen - vorerst.
    Da Shira noch immer schwieg und kein Wort ihre Lippen verließen, wandte sich der Anführer dieser kleinen Gruppe wieder ihr zu, doch musste er feststellen, dass seine Bemühungen vergebens waren. Also richtete er sich auf und stellte sich in die Mitte der kleinen Zelle.
    Wo bleiben eigentlich meine Manieren? Ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt. Er machte eine kurze Pause. Ich bin der Großinquisitor von Quez und ich sorge dafür, dass jeder, der mit den schwarzen Mächten paktiert, seine gerechte Strafe erhält.
    Mit einem durchdringenden Blick musterte er die beiden.
    Wenn es nach mir ginge, hätte man euch schon längst die Kehlen durchgeschnitten und eure verwesenden Leichen den Kötern zum Fraß vorgeworfen, aber mein Herr hat andere Pläne. Glücklicher Weise bestand er nur darauf, dass ich euch am Leben lasse. In welchem Zustand hat er allerdings nicht gesagt. Deshalb haben wir jetzt ganz viel zeit, uns zu unterhalten. Wenn ihr mir jetzt sagt, warum ihr Quez mit eurer Anwesenheit befleckt, dann bleibt ihr von den großen Qualen verschont. Andernfalls werdet ihr leiden. Ihr habt die Wahl.

    Shira und er hatten den ganzen Tag über nicht mehr geredet. Hatte das Mädchen wie er die beunruhigenden Worte gehört, ließ sie sich nichts anmerken. Offenbar fürchtete sie, dem Nekromanten irgendeine Schwäche zu offenbaren. Am Abend viel Taon dann in einen traumlosen Schlaf, ehe er früh am nächsten Morgen erwachte. Shira lag ihm gegenüber an die Wand gekauert und schien von einem Albtraum nach dem nächsten Heimgesucht zu werden. Die ganze Nacht hatte er sie immer wieder gehört.
    Was mag ihr nur zugestoßen sein?, fragte sich Taon. Auch sie schien bereits Erfahrungen mit der Gefangenschaft gemacht zu haben. Die dunkle Aura, die sie wie Wärme das Feuer umgab, jedoch nicht Wärme, sondern Kälte und Tod verströmte, kam mit Sicherheit auch nicht von irgendwo her.

    Taons Gedanken kehrten wieder zum Hier und Jetzt zurück. Noch einmal versuchte er mit der Kraft, zuder sein geschundener Körper noch in der Lage war, die Ketten zu brechen, doch wie zu erwarten, gelang es ihm nicht. Niedergeschlag angesichts dieser Hilflosigkeit kauerte er sich wieder auf den Boden. In der Zelle war es kalt und feucht und es roch nach Moder und Fäulniss. Wie lang die beiden noch hier ausharren müssten, wusste er nicht, aber sicher nicht mehr allzu lang. Wenn sich nämlich seine Vorahnung bestätigen sollte, dann würden sie bald zur Belustigung der Schaulustigen hingerichtet.

    Shira war offensichtlich durch den Lärm geweckt worden, den er veranstaltet hatte. Stöhnend streckte sie ihre müden Glieder. Die Kälte schien auch an ihren Knochen zu nagen.
    Wieso benutzt du nicht einen deiner kleinen Zaubertricks, wenn du die Fesseln unbedingt loswerden möchtest?, fragte sie spöttisch.
    Es kam einer Ohrfeige gleich. Warum war Taon denn nicht selbst auf diese Idee gekommen? Zwar war es gar nicht so leicht, schwarze Magie auf Gegenstände zu wirken, weil sie sich eigentlich an der Angst und dem Leid der Lebenden nährte und damit auch für Lebende bestimmt war, aber während seiner Gefangenschaft haben seine einstigen Meister ihm Techniken gezeigt, mit denen es doch möglich war. Nahm nämlich der der Zaubernde die Furcht der Wesen in seiner Umgebung auf und kanalisiere sie, dann konnte der Zauber die Kraft aus dem Zaubernden selbst ziehen. Glücklicher Weise hatte Taon allein schon gung Angst.


    Der Junge schloss die Augen, konzentrierte sich auf seine Angst. Er spührte die verdorbene Macht in sich, alle positiven Emotionen verschliegend. Immer stärker wurde sie und durchdrang jede Faser seines Körpers ... Und versiegte schlagartig. Wie ein Palast, den man seiner Stützpfeiler beraubt, brach sie in sich zusammen und hinterließ ein Gefühl der Schwäche.
    Taon versuchte es ein zweites Mal, doch das Ergebnis war das selbe. Es wirkte, als könne er sie einfach nicht bei sich behalten. Wie Wasser floss sie durch seine Finger.


    Seine Zellengenossin hatte seinen überraschten Blick wohl bemerkt. Was? War das schon alles?
    Nein, gab Taon etwas beschämt zurück. aber irgendetwas stimmt hier nicht. Erst jetzt bemerkte er das seltsame schimmern seiner Ketten. Bei dem spärlichen Licht fiel es kaum auf, aber wenn man genau hinsah, ließen sich dunkle, aderähnliche Linien auf dem Metall erkennen, die zu pulsieren schienen.
    Ein Bannspruch., murmelte Taon. Und dazu ein wirklich mächtiger. Meine Kentnisse reichen nicht aus, um ihn zu brechen. Er blokiert meine Magie. Die Feststellung beunruhigte ihn zutiefst. In dieser Stadt waren Mächte am Werk, die offenbar großes Interesse daran hatten, Schwarzmagier gefangen nehmen zu können. Die Frage war nur, zu welchem Zweck?

    Taon wusste nicht, wie lang er nun schon so angekettet da lag. Als er erwachte, schmerzten seine Arme und Beine. Bei jeder noch so kleinen Bewegung protestierten seine geschundenen Gelenke. Es war also wieder passiert. Er war gefangen, seiner Freiheit beraubt, in eiserne Ketten gelegt. Sein schlimmster Albtraum ist war geworden.
    Der Atem des jungen Nekromanten ging schnell und sein Puls begann zu rasen, je länger er über seine Lage nachdachte. Panik begann, von ihm Besitz zu ergreifen. Er zog an den Ketten, stemmte sein ganzes Gewicht gegen sie. Vielleicht würde es ausreichen und das Metall, dass schon deutlich bessere Tage gesehen zu haben schien, würde nachgeben. Doch seine Mühe war vergebens. So sehr er sich auch anstrengte, es gelang ihm nicht, die Ketten zu lösen.
    Erschöpft un niedergeschlagen sank er zurück auf den Boden und kauerte sich an die Wand. Erst jetzt blickte er sich in seiner Zelle um. Wie es aussah, war er nicht allein. Shira war bei ihm, doch machte sie einen ebenso geschundenen und verzweifelten Eindruck wie er. Von Veyl oder Takfar fehlte jede Spur. Dennoch sagte Taon etwas, dass sie hier gewesen waren. Vielleicht war es der animalische Geruch, der Veyl für gewöhnlich begleitete und an den sich der Totenbeschwörer mit der Zeit gewöhnt hatte.

    Alles in Ordnung bei dir?, fragte er Shira. Seine Stimme klang rau und sein Hals war ganz trocken. Wie lang hatte er wohl nichts mehr gegessen oder getrunken?
    Mir geht es gut, kam die knappe Antwort von dem Mädchen. Auch sie schien mit sich selbst angesichts ihrer Gefangenschaft zu kämpfen, doch gelang es ihr zumindest nach außenhin einen einigermaßen gefassten Eindruck zu machen.
    Misstrauisch, beinahe feindselig musterte sie Taon abschätzend. Offenbar war die Enthüllung seiner Kräfte nicht spurlos an ihr vorbei gegangen und das wenige Vertrauen, das sich langsam zu entwickeln begann, was in anbetracht der Zeit, die sie nun schon zusammen verbrachten, ganz natürlich war, wurde auf eine harte Probe gestellt.

    Aber war es falsch gewesen, das Geheimnis zu bewahren? Hätten Taons Gefährten nicht mit Furcht, Ablehnung oder gar Abscheu reagiert. Sie wussten nicht, dass er sich nicht freiwillig für diesen Weg entschieden hatte. Dass er sich von Zeit zu Zeit selbst dafür haste, aber dennoch stets bemüht ist, Gutes zu tun. Für sie war er vermutlich nicht mehr als ein Gotteslästerer, der mit dunklen und verdammten Mächten paktierte.
    Die Erkenntnis traf ihn hart. Schließlich würde er sie alle inzwischen als Freunde bezeichnen.

    Ähm, ich weiß nicht, äh ... begann Taon deshalb, doch verstummte er schnell wieder. Sein Verstand wollte einfach nicht die richtigen Worte finden.
    Was? Willst du etwa erklären, warum du uns verheimlicht hast, dass du ein Schwarzmagier bist?, fragte Shira herausfordernd. Taon wollte gerade antworten, als plötzlich eine leise, weit entfernte Stimme erklang. Sie musste durch den Schacht in der Decke gelangen, durch den sperliches Licht drang. Es schien, als würde über ihnen jemand reden.
    Er richtete sich so gut es ging auf, um näher an den Schacht zu gelangen und so die Worte verstehen zu können. Er schnappte die Worte "zwei Verräter" und "bestraft werden" und so langsam dämmerte es ihm, dass Shira und er sich in einer wirklich missligen Lage befanden.

    Seitdemsie Quez erreicht hatten, war Taon überaus schweigsam gewesen. Daslag weniger daran, dass er kein Interesse an einem Gespräch mitseinen Reisegefährten hatte, als viel mehr daran, dass etwas anderesseine volle Aufmerksamkeit beanspruchte. Eine dunkle Präsenz, diedie ganze Stadt zu durchströmen schien, hatte sich auf sein Gemütgelegt. Sie war anders, als eben jene, die von Shira ausging; vieldunkler und voller Wut.
    Nunauch noch ein Rabe soweit entfernt von seiner Heimat? Jeder wusste,dass Raben Boten des Todes waren und deshalb selten Gutes verhießen.Auch auf Nekromanten schien sie eine besondere Faszination auszuüben,weshalb sich die Totenbeschwörer häufig mit den schwarzen Vögelnumgaben.
    Schweigendund vor sich hin grübelnd, was das nun alles zu bedeuten habe,folgte Taon seinen Gefährten in eine schmale, menschenleere Gasse.Veyl war seinem Forscherdrang gefolgt und hatte die Gemeinschaftdiesen Weg eingeschlagen, weil er den Duft einer seltenenWüstenorchidee vernommen zu haben glaubte. Sie folgten der SchmalenStraße, bis sie eine scharfe Linkskurve beschrieb – und dort jähendete. Sie waren in eine Sackgasse gelaufen. Dennoch hatte VeylsGeruchssinn recht behalten. Eine einzelne Orchidee lag dort, am Endeder Gasse, lieblos auf den Boden geworfen.
    Geradehatte sich der Hirschmann hinunter gebeugt, um die seltene Pflanzegenauer untersuchen zu können, als sich die Intensität der dunklenPräsenz unheimlich verstärkte, die Taon schon die ganze Zeit überDank seiner Ausbildung in der schwarzen Magie gespürt hatte. Auchdie anderen schienen eine Veränderung zu bemerken, denn Veyl hieltInne, Takfars Hand Griff unweigerlich nach einem seiner Dolche undShira zog ihr Schattenschwert.
    LeiseSchritte waren zu hören, ehe eine in tiefes Schwarz gehüllteGestalt der Gruppe den Rückweg versperrte. Unter der Kapuze, die derNeuankömmling tief in sein Gesicht gezogen hatte, blitze immerwieder ein Paar blauer, beinahe weißer Augen voller Abneigunghervor. Der Mann schien unbewaffnet, doch war er zweifelsohne dieQuelle der Dunkelheit in Quez. Die Macht dieses Nekromanten konntesich Taon nicht im Entferntesten vorstellen; sie jagte ihm aberfurchtbare Angst ein.
    Endlich Treffensich unsere Wege.“, ergriffder Unbekannte das Wort. „Ich habe ja mit vielemgerechnet, aber gleich zwei Seelen zu treffen, die von der Dunkelheitberührt wurden, lässt mein Herz doch ein wenig höher schlagen.“
    Seindurchdringender Blick richtete sich auf Taon.
    Ein jungerNekromant also. Wirklich sehr interessant.“
    Taonspürte die fragenden Blicke, doch war jetzt nicht die richtige Zeitfür irgendwelche Erklärungen.
    Und du?“,wandte sich der Fremde an Shira. Er musterte sie eine kurze Zeit.„Ah, ich verstehe. Welches Potential doch noch in dirsteckt.“ Er lächelte und derGestank von Moder Fäulnis schlug den Reisenden entgegen.
    Genug! Was wolltIhr von uns?“, erhob Taonseine Stimme.
    Nun, Euchmitteilen, dass eure Reise hier zu Ende ist. Ihr werdet den Unmuteiniger Leute in der Zukunft wecken und um eben genau das zuverhindern, bin ich hier.“
    DerFremde hob die rechte Hand und starker Schmerz breitete sich in TaonsKopf aus, der mit jeder Sekunde zu nahm. Stöhnend ging er, wie seineKameraden auf die Knie. Mit aller Macht versuchte er seinen Verstandgegen den Angriff abzuschirmen, aber es war vergebens. Ein kleinesRinnsal Blut lief aus seiner Nase, ehe sein Blick verschwamm und derJunge das Bewusstsein verlor.

    Banditenin so geringer Entfernung zu wissen, bereitete Taon ein wenigUnbehagen, auch wenn er wusste, dass die kleine Gemeinschaft sich zuverteidigen wusste. Seinen Mitreisenden schien die Hitze von Tag zuTag weniger auszumachen, doch für Taon wurde sie immerunerträglicher. Die Sonne schien sich erbarmungslos durch seine Hautzu fressen und und das Blut darunter zum Kochen zu bringen. Auch seinVerstand litt und so spielten ihm die Augen von Zeit zu Zeit einenStreich. Einmal glaubte er, eine riesige Blume zwischen den Dünenentdeckt zu haben, ein anderes Mal war er der festen Überzeugunggewesen, dass eine Herde von Mammuts durch den Sand stampfte. NurVeyls Vernunft konnte ihn beide Male vom Gegenteil überzeugen.
    Seitdem versuchte Taon zu schweigen, wann immer er etwas Ungewöhnlichessah, damit die anderen nicht dachten, er habe nun vollends denVerstand verloren. So blieben seine Lippen auch verspiegelt, als ereine kleine Gruppe von Menschen in der Ferne ausmachte, die sichschnell näherte. Sie schienen auf Pferden zu reiten, doch konnte derNekromant diesen Umstand nur vermuten, waren sie doch noch ein ganzesStück entfernt. Die anderen schienen sie nicht zu bemerken, weil siegerade in ein Gespräch über außergewöhnliche achtbeinige Insektendiskutierten, die angeblich hier in der Wüste lebten. Veyl löcherteTakfar mit unendlich vielen Fragen. Der Nomade bezweifelte dieExistenz dieser kleinen Wesen, doch war sich Shira sicher, sie einmalzu Gesicht bekommen zu haben. Seit dem ließ Veyl nicht locker.
    Missmutigstapfte Taon weiter, aber dann, ohne Vorwarnung blieb er einfachstehen. Er hatte es gehört. Das dumpfe Trampeln von Hufen im Sand.Hatte nun die Sonne seinen Verstand endgültig vernebelt, dass nunauch seinen Ohren nicht mehr zu trauen war? Die Antwort ließ nichtlang auf sich warten, denn in eben diesem Augenblick unterbrachenseine Gefährten ihr Gespräch. Auch sie schienen etwas gehört zuhaben, aber es war schon zu spät. Ehe sie sich versahen, wurden sievon mindestens einem dutzend Reitern umzingelt. Sie trugen gelbeGewänder aus leichten Stoff und ihre Häupter waren von Turbanenbedeckt, die nur einen Spalt für die Augen frei ließen.
    Hätte Taon doch nur den Mund aufgemacht, aber nun musste er denPreis für seinen Fehler zahlen. Unvorbereitet und überrascht, wardie Gemeinschaft nicht in der Lage, ihre Waffen zu ziehen, ehe dieNeuankömmlinge ihre Speere und Bogen auf sie gerichtet hatten. Diekleinste Bewegung bedeutete den sicheren Tod.
    Taonblickte sich verzweifelt um und starrte in die angespannten Gesichterseiner Begleiter. Er wusste, dass er allein die Schuld an diesemSchlamassel trug.

    Taon richtete langsam seinen Blick auf das Mädchen und musterte sie abschätzend.
    „Wenn du denkst, dass ich mich nicht zu verteidigen weiß, dann irrst du dich. Nur weil ich nicht mit einem Schwert, das halb so groß ist wie ich und von dunkler Magie nur so trieft, herumlaufe, heißt das nicht, dass ich auf Gefahren schlecht vorbereitet bin“, stellte er fest. „Glücklicher Weise lassen sich Menschen nicht nur durch Stahl in die Knie zwingen; das solltest du eigentlich wissen.“ Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. und dachte an seinen kleinen Trick in der Höhle.
    „Ich weiß deine Sorge um mich zu schätzen.“ Die Ironie und der Hohn waren fast greifbar.
    Es war nicht Taons Absicht, unhöflich zu sein; im Gegenteil. Er hielt sich selbst eigentlich immer für einen freundlichen Menschen und versuchte stets, diesem Selbstverständnis gerecht zu werden, auch wenn es ihm von Zeit zu Zeit nicht gelang. Die dunkle Magie, die dieses Schwert aussandte, verunsicherte ihn jedoch. Manchmal, wenn er ganz genau hinhörte, meinte er sogar die Worte des schwarzen Magiers zu hören, der der Klinge seine dunkle Macht verliehen hatte.
    Lang starrte der Totenbeschwörer Shira nur eine Zeit lang an, sagte aber kein Wort. Auch sie schien es nicht immer leicht zu haben, doch fragte er sich, wie sie das Schwert in ihrer Nähe ertragen konnte. Entweder genoss sie sogar die dunkle Aura oder sie war einfach nur einfältig und nahm sie gar nicht war. Weitere Erklärungsmöglichkeiten kamen ihm nicht in den Sinn.
    Langsam konnte Taon die Stille aber nicht mehr ertragen, hatte er doch das aufflammende Gespräch sofort im Keim erstickt. „Aber du hast Recht, ich habe wirklich einige schlechte Erfahrungen gemacht. Diese Schnallen“, er deutete auf seine Handgelenke, „sollen mich immer daran erinnern. Ich scheine in der Hinsicht allerdings hier nicht der einzige zu sein …“

    Der Sand knirschte unter den Stiefeln des jungen Nekromanten und die Sonne brannte erbarmungslos auf sein Haupt. Bei jedem Schritt scheuerten die eisernen Schnallen an seinen Handgelenken über seine trockene Haut. Er war nicht für diese Gegend gemacht; das hatte er schon am Tag seiner Ankunft gemerkt. Während Veyl mit Shira sprach, sah er immer wieder zu ihr hinüber und musterte die Symbole, die ihren ganzen Körper zu bedecken schienen. Er musste gestehen, dass er nicht wirklich begeistert war, als sie sich ihnen angeschlossen hatte. Etwas stimmte mit ihr nämlich ganz und gar nicht.
    Und dann dieses Schwert. Vielleicht nahmen Veyl und Takfar es nicht war, aber er spürte es ganz deutlich. Es wurde durch dunkle Magie geschmiedet, die jeden Zentimeter der Klinge zu durchdringen schien. Er hatte schon einmal eine ähnliche Waffe gesehen. Zwar war die Magie darin deutlich schwächer, als es bei Delgaranth der Fall ist, aber trotzdem hatte sie dem Besitzer Macht verliehen. Es war der Vorsteher der Sekte, die ihm zu dem gemacht hatte, was er nun war.
    Vereinigt“, wiederholte Taon leise Shiras Worte und stampfte weiter durch den Sand.
    Die Hitze wurde immer unerträglicher, hatte ihren Hochpunkt aber vermutlich noch längst nicht erreicht. Taon hätte am liebsten um eine Pause gebeten, aber diese Blöße wollte er sich nicht geben. Zumal in der Schmerz, der von der Wunde in der rechten Hand ausging, ein wenig mehr beschäftigte. Möglicher Weise hatte sie sich entzündet, aber er war nicht sicher. Er sollte seine kleinen Tricks wohl vorerst auf Eis, oder besser, auf Sand legen. Mit seinem Dock schnitt er einen schmalen Streifen von seinem Hemd und verband die Verletzung notdürftig. Der Stoff war bei den Temperaturen sowieso überflüssig.
    Veyl hatte etwas interessantes entdeckt und blieb einen Moment zurück, um es genauer zu betrechten. Er redete von einer unheimlich seltenen Wüstenorchidee. Taon fragte sich, was der Forscher eigentlich nicht interessant fand. Er nutzte den Augenblick und trat an Shira heran.
    Ich sage dir jetzt Mal etwas“, sagte er mit leiser, aber bestimmter Stimme. „Ich weiß nicht wer du bist, woher du kommst oder was du hier willst, aber sein gewarnt: Vielleicht kannst du die anderen täuschen, aber ich spüre, dass etwas mit dir nicht stimmt. Solltest du auf irgendwelche dummen Ideen kommen, dann schwöre ich dir, dass du dir wünschen wirst, nie geboren zu sein!“
    Für einen Außenstehenden mag Taons verhalten ziemlich unhöflich und übertrieben wirken, aber er hatte nun Mal unheimlich schlechte Erfahrungen mit Schwarzmagiern gemacht und er wollte keinesfalls ein Risiko eingehen.

    Taon wirbelte erschrocken herum und hatte schnell seinen Dolch gezogen. Mit einem solchen Überfall hatte er nicht gerechnet, aber letztlich war daran wohl nur seine eigene Naivität schuld. Schließlich wurde beinahe täglich von solchen Angriffen berichtet, bei denen nicht nur Hab und Gut, sondern bisweilen auch das Leben dem einstigen Besitzer entwendet wurde.
    Zu den immer schlechter werdenden Lichtverhältnissen fiel es Taon schwer, den Angreifer genauer zu identifizieren. Der Stimme nach zu urteilen, muss es sich aber um eine Frau handeln, vermutlich noch recht jung. Dem Nekromanten fiel auf, dass ihre Stimme ein wenig bebte. Von einem skrupellosen Banditen hatte er ein wenig mehr erwartet. Dennoch war die Klinge an Takfars Kehle ein triftiger Grund, sie nicht zu unterschätzen.
    Taon blieb letztlich keine andere Wahl, auch wenn er es verabscheute. Er schloss kurz die Augen und drehte langsam die rechte Hand, so unauffällig, wie es ihm möglich war. Leider hatte ihn der Weg, den die drei bisher zurück gelegt hatten, mehr angestrengt, als er es zugeben würde. Deshalb waren große Kunststücke nicht möglich, aber für einen kleinen Trick reichte es alle Mal. Schon spürte er einen stechenden Schmerz in seiner Handfläche und ein kleines Rinnsal von Blut schickte sich an, die alte Heimat zu verlassen. Die schwarze Magie schien allerdings Wirkung zu zeigen.
    Der Griff der Angreiferin schien sich kurz zu lockern und sie schloss kurz die Augen. Taon hatte ein Zauber gewirkt, der ihren Blick verschwimmen ließ und für wenige Sekunden starke Kopfschmerzen verursachte. Auch Takfar schien gemerkt zu haben, dass sich die Situation verändert hatte. Er nutze den Moment der Schwäche, befreite sich aus dem Griff und hatte den Feind innerhalb eines Wimpernschlages entwaffnet, ohne auch nur von einer seiner Klingen Gebrauch zu machen.
    So schnell konnte sich die Lage ändern. War die Frau eben noch in der günstigeren Position, sah sie sich nun von zwei Menschen und einem Halben umzingelt. Erstaunt stellte Taon fest, dass Veyl das Geschehen nicht ängstlich, sondern viel mehr unheimlich interessiert verfolgt hatte. Schnell versteckte Taon seine Hand hinter seinem Rücken und hoffte, dass seine Begleiter nichts von seinen Machenschaften gemerkt hatten. Schließlich hätte der Angreifer auch einen einfachen Schwächeanfall haben können; er wollte keine unangenehmen Fragen beantworten müssen.

    Offensichtlich war der Hirschmensch doch gar nicht so übel. Die Situation schien ihm nämlich selbst recht unangenehm zu sein. Taons Wut legte sich augenblicklich.
    Ob Ihr das wiedergutmachen könnt?“, wiederholte er und stöhnte. „Da gibt es nichts wieder gut zu machen. Es sei denn, Ihr habt nicht zufällig meinen Besitz, der mir gestohlen wurde, am Straßenrand gefunden und aufgesammelt, um ihn mir wieder zugeben?“
    Sein Gegenüber verneinte. Welche Antwort hatte er denn auch erwartet? Niedergeschlagen verabschiedete sich Taon und wandte sich zum Gehen ab.
    Doch dann kam ihm urplötzlich eine Idee. Er hatte letzte Nacht, als er in der abgelegenen Gasse lag, zufällig ein Gespräch von einem recht dicken Reisenden und einer Stadtwache mitbekommen. Der Reisende erzählte, er sein auf dem Weg in die Stadt überfallen worden und sein Begleiter hätte das Zeitliche gesegnet. Es sei aber nicht ein einfacher Bandit gewesen, sondern eine Frau mit übermenschlichen Fähigkeiten. Er hatte es schwarze Magie genannt.
    Taon war sofort hellhörig geworden. Er hatte Sorge gehabt, dass die Nekromanten ihn selbst hier aufgespürt haben könnten. Nach kurzem Überlegen hatte er diesen Gedanken aber schnell wieder verworfen, weil ein Nekromant nicht einfach einen Reisenden angreifen und ihn entkommen lassen würde. Sie arbeiteten im Untergrund und die Geheimhaltung ihrer Fähigkeiten war eine ihrer stärksten Waffen. Ein Überlebender konnte diese Waffe schnell stumpf werden lassen.
    Der Händler sei selbst um ein Haar zum Opfer geworden, aber er habe sich noch auf sein Pferd retten können. Die Stadtwache hatte dem Mann allerdings kein Glauben geschenkt und so war der Dicke wütend davongezogen.
    Taon drehte sich um und kehrte zu den beiden Männern zurück.
    Vielleicht hätte ich da doch ein kleines Anliegen. Nun, meine Herren, Sie sehen ganz danach aus, als wollten Sie bald ihn die Wüste aufbrechen. Allerdings ist es dort draußen gefährlicher, als es den Anschein haben mag.“
    Dann erzählte er schnell von dem Gespräch, das er belauscht hatte und fügte noch ein paar Verfeinerungen ein, um die Geschichte möglichst dramatisch wirken zu lassen.
    Ihr und Euer Begleiter“, er deutete auf den Mann mit dem Turban, „könnt mit Sicherheit gut auf Euch selbst aufpassen, aber sollte da draußen tatsächlich ein Schwarzmagier auf ahnungslose Reisende lauern, dann werdet Ihr einige Probleme bekommen, solltet Ihr auf ihn treffen.
    Vielleicht könnte ich Euch dabei aber ein wenig unter die Arme greifen. Sie müssen wissen, dass ich zwar recht jung bin, aber dafür ein ausgebildeter Ne..., sagen wir einfach ein Experte für schwarze Magie bin. Für eine entsprechende Entlohnung und die Bereitstellung von Verpflegung während der Reise, würde ich mich bereit erklären, Euch auf eurem Weg durch die Wüste zu begleiten.“
    Taon hoffte, dass sie ihm glaubten. Zugegeben, er bezweifelte, dass er es mit einem echten Schwarzmagier aufnehmen könnte, aber diese kleine Notlüge war der einzige Weg an Geld und Essen zu kommen. Außerdem verstand er ja wirklich etwas von schwarzer Magie.
    Also meine Herren, was haltet ihr von meinem Angebot?“

    Taon war furchtbar niedergeschlagen. Er war mit einer kleinen Karawane in die Stadt Saonjem gekommen, wofür er einen unverschämt hohen Preis hatte zahlen müssen, nur um hier von einigen Straßenräubern ausgeraubt zu werden. Lediglich sein Messer hatte er vor diesem Gesindel verstecken können. Nun hatte er Nichts mehr, um sich eine Bleibe für die nächsten Tage zu suchen. Zugegeben, wirklich viel hatte er davor nicht besessen, aber es hätte für ein kleines schäbiges Zimmer in einem der örtlichen Gasthäuser gereicht. Stattdessen hatte der junge Nekromant die letzte Nacht in einer kleinen Seitengasse verbracht, nachdem er von der Stadtwache unsanft vom Marktplatz vertrieben worden war.
    Hier war er also nun, mitten zwischen den Ständen verschiedenster Händler und irrte ziellos umher. Er war erschöpft, hatte sich bestimmt seit drei Tagen nicht mehr richtig gewaschen und die unerträgliche Hitze setzte ihm zu. Er war für diese Gegend einfach nicht gemacht; das hatte er aber von Anfang an gewusst. Allerdings wusste er auch, dass er nicht im angenehmen Norden bleiben konnte, geschweige denn wollte. Zu viel war passiert, als dass er sich jemals wieder dort wohl fühlen könnte.
    Er schlenderte an einem Stand vorbei, an dem frisch gegrillte Echsen von einem leicht untersetzten Händler angeboten wurden. Das Wasser lief dem Jungen bei dem Anblick im Mund zusammen und wie zur Bestätigung, fing sein Magen heftig an zu knurren. Er blieb kurz stehen und starrte auf die erlegten Echsen.
    Willst du was Kaufen, Junge?“, frage ihn plötzlich der Händler.
    Taon schreckte auf und sah sich verlegen um.
    Nein?“, beantwortete sich der Mann die Frage selbst. „Dann zieh Leine und sieh zu, dass du Land gewinnst! Bettler und deines Gleichen will ich hier vor meinem Stand nicht haben!“
    Als Taon keine Anstalten machte, der Aufforderung nachzukommen – nicht etwa aus Trotz, sondern viel mehr aus Überraschung – machte der Händler einen Schritt auf ihn zu und hob drohend einen Besenstiel. Schnell machte die Überraschung in Taons Verstand Platz für die Vernunft. Der Nekromant nahm seine Beine in die Hand und stürmte durch die Menschenmenge, die ihm verwundert den Weg frei machten. Der Verkäufer stieß einen Fluch aus, hatte er sich doch so darauf gefreut, endlich mal wieder einen Bettler mit dem Besenstiel zu verprügeln. Die Mühe, seinem Opfer hinterher zu laufen, machte er sich allerdings nicht. Gerade hatte sich ein potentieller Kunde seinem Stand genähert.

    Taon stürmte um eine Ecke – und wurde hart an der Seite getroffen. Er taumelte rückwärts, ehe seine Füße den Halt auf dem Boden verloren und er der Länge nach in den Dreck stürzte. Heute war wirklich nicht sein Tag. Er richtete sich wieder auf und klopfte sich den Staub von den Kleidern.
    Dabei suchte er nach dem Grund für seinen Sturz. Als er ihn in der Menge ausmachen konnte, was wirklich keine große Kunst angesichts der Andersartigkeit war, zweifelte er nun vollkommen an seinem Verstand. Er muss zu lang der Sonne ausgesetzt gewesen sein. Ein Mann mit Turban, der auf einem Hirschen ritt, zumindest hatte das von hinten den Anschein, hatte ihn über den Haufen geritten.
    Offensichtlich handelte es sich um eine Verfolgungsjagd, die sich da vor ihm abspielte, stürmte doch ein Mann vor dem Reiter davon. Sie bogen in eine Seitenstraße ein, die der Hirsch, diesmal ohne Reiter, wieder verließ. Erst jetzt erkannte Taon, dass es sich bei dem Wesen gar nicht oder besser, nicht vollständig um einen Hirschen handelte. Ein Teil von dem Geschöpf war ein Mensch.

    Der Nekromant krempelte sich der Ärmel hoch und setzte einen verärgerten Gesichtsausdruck auf. Man konnte doch nicht einfach jemanden umreiten und dann verschwinden, ohne sich zu entschuldigen. Wütend stapfte er dem Hirschmenschen und seinem Reiter, der nun neben ihm lief, hinterher.
    Es viel ihm nicht besonders schwer, die beiden einzuholen, weil sie immer wieder an Verkaufsständen stehen blieben, um einige Besorgungen zu machen. Als er sie erreicht hatte, tippte er dem Hirschmenschen entschlossen auf die Schulter, sodass das Wesen stehen blieb und sich ihm verwundert zuwandte.
    Entschuldigen Sie bitte“, sagte Taon und versuchte dabei besonders viel Ärger in seine Stimme zu legen. „Ich fürchte, Sie sind mir eine Entschuldigung schuldig!“