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Dann ist mir aufgefallen, dass du ein paar Lieblingsgesten hast.
Oh ja. Das Schlimme ist, dass mir das auch immer wieder auffällt. Ich mache es trotzdem immer wieder. xD Wenn also so etwas ins Auge sticht, kann man mich immer gerne darauf aufmerksam machen.
Was hat Kunar wohl vor? Denkt er da etwa an den mexikanischen Wursttaucher? Aber woher bekommen sie dann die Butter und die Bohrmaschine...?
Wer weiß?
Wäre es nicht passender, wenn er den Protagonisten siezen würde? Die beiden sind ja, soweit ich das verstanden habe, nicht gleichgestellt.
Hm, ich lass mir das mit dem Siezen noch einmal durch den Kopf gehen. Eigentlich habe ich Kunar ihn bewusst duzen lassen, schon allein weil sich Samuel mit einem Ihr/Euch nicht wohlfühlen würde.
irgendwie wirkt die ganze Geschichte so, als sei sie ein Ausschnitt aus einem längeren Buch.
Dein Gefühl trügt dich nicht. Die Hauptgeschichte wird schon lange von mir und meiner Freundin entwickelt. Samuel spielt da aber eher eine eher kleinere Rolle, im Gegensatz zu Mika.
Wobei ich sagen muss, dass alle bzw. viele meiner Geschichten sehr charakterbezogen/-geführt sind. Ich hoffe ja, dass ich euch am Ende mit der Geschichte nicht irgendwie enttäusche. Weil wie @Rainbow schon sagte, inhaltlich geschieht nicht viel, es ist eher ein zwischen"menschliches" Nebenstück - oder so.
@Dinteyra
Auch wenn es inhaltlich nichts für dich ist, danke ich dir trotzdem für deinen Kommentar. Kann verstehen, dass das Thema nicht leicht ist oder für jeden. Von daher alles gut.
Mit den versiegelten Schreiben machte ich den letzten Gang durch das Haus. Mein Rücken schmerzte vom langen Sitzen, meine Beine waren schwer. Nach Stunden des Schreibens und Lesens begleitete mich ein Druck im Kopf, der stetig stärker wurde. Ich vollendete meine Runde, nachdem ich die Schreiben bei dem Jungen abgeliefert hatte, der sich um die Zustellung kümmern sollte. Sorgsam vergewisserte ich mich, dass alles ruhig war. Zum Schluss ging ich jenen Flur hinab, der zu den Gemächern des Herrn führte. Ich klopfte nur kurz an seiner Tür und wartete keine Antwort ab, die ohnehin nicht folgen würde.
Mit dem Rücken zu mir auf der anderen Seite des Raumes stand Mika. Er sah aus einem der großen Fenster, die die Außenwand dominierten. Rotes Sonnenlicht umschloss seine nackte Gestalt, verfing sich im Weiß seines Haars. Seine über den gesamten Rücken tätowierten, verschlungenen Schlangen lagen im Schatten, verfehlten ihre Wirkung jedoch nicht. Zwischen den Schulterblättern hatten die beiden Tiere sich so miteinander verbunden, dass sie wie eines wirkten. Nur die voneinander abgewandten Köpfe ließen die Illusion verblassen. Gebannt starrte ich darauf, wie sie sich bewegten, wenn mein Herr die Muskeln anspannte.
»Er kommt nicht, oder?«, fragte Mika, als ich die Tür schloss.
Ich räusperte mich. »Wer, Herr?« Mein Blick glitt zum ungemachten Bett, schweifte über die Spur verstreuter Kleidung auf dem Boden und dem umgestoßenen Schälchen voll Asche, die sich über und unter dem Tisch verteilte. Ich rümpfte die Nase ob der abgestandenen Luft und unterdrückte das Verlangen, den Raum wieder zu verlassen.
»Mein Bruder. Er hat gesagt, er kommt, aber er kommt einfach nicht«, flüsterte Mika, die linke Hand am Vorhang. Er umklammerte den Samt, während er unentwegt nach seinem Bruder Ausschau hielt.
Lautlos ging ich auf ihn zu, trat dabei jedoch auf etwas, das unter meinem Gewicht zerbarst und mich innehalten ließ. Ich hob meinen Fuß an, zog die Stirn kraus und beugte mich hinab, um die Tabakspfeife aufzuheben, deren Stiel abgebrochen war. Mein Herr sah über die Schulter hinweg zu mir. Sein verklärter Blick war mir Auskunft genug. Er war gar nicht dazu in der Lage zu begreifen, dass ich sein liebstes Stück zerbrochen hatte. Seufzend platzierte ich alles auf dem Nachttisch, kehrte die Asche zusammen und sammelte die Kleidung auf.
»Lass es liegen«, sagte er träge. Er schaute zu, wie ich ihm nicht gehorchte und seine Sachen über das niedrige Fußende seines Bettes legte.
»Habt Ihr bereits gegessen, Herr?« Ich durchsuchte das Zimmer nach Anzeichen eines Abendessens. Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, stetig genährt von diesem penetranten Geruch jenes Krautes, das er stets rauchte. Angeblich konnte er so besser denken, aber das Gegenteil war der Fall. Das Kraut vernebelte die Sinne und diente eigentlich dazu, starke Schmerzen bei Sterbenden zu lindern. Ich hegte seit jeher die Vermutung, dass Mika es rauchte, um eben nicht denken zu müssen.
Die Luft stand im Raum. Ich kämpfte mit mir, nicht das nächstgelegene Fenster aufzureißen, ballte stattdessen die Hände und hob die vom Bett gerutschte Decke auf.
Mika zuckte mit den Schultern, spitzte die Lippen und drehte sich gänzlich um. »Es war niemand hier, um es mir zu bringen.«
»Ihr habt nicht danach verlangt, richtig?« Ich seufzte, als er erneut die Schultern hob und senkte. »Soll ich Euch etwas bringen lassen?« Damit er es wieder nicht anfasste. Ich schüttelte das Bettzeug auf und wandte mich ab, horchte auf, als seine Schritte durchs Zimmer tapsten. Gezielt ging er Richtung Bad. Ich warf das Kissen zurück auf die Matratze und folgte ihm mit einer Vorahnung.
Er versuchte gerade ungelenk in die Wanne zu steigen, als ich aufholte. Schnell stand ich bei ihm und griff ihm unter die Arme, um ihn davon abzuhalten. Er bäumte sich auf, schlug um sich und traf mit dem Handknöchel meine Wange, doch ich dachte nicht daran, nachzugeben. »Ihr solltet in Eurem Zustand nicht baden, Herr.«
»Lass mich!«, brummte er mit schwerer Zunge. »Ich bestimme, wann ich baden will!« Als er erneut ausholte, traf er dieses Mal meine Nase, bevor er die flache Hand gegen meine Wange presste. Ich rief nach Anru, der wenig später im Türrahmen auftauchte, und beauftragte ihn, für den Herrn Essen bringen zu lassen. Er brauchte etwas im Magen.
Mika kommentierte die Order mit einem Knurren und versuchte weiterhin sich aus meinem Griff zu winden. Schnaufend holte er mit dem Bein aus, doch ich hakte meines nur bei ihm unter, bis er einknickte. Ich fasste ihn unter Achseln und Kniekehlen, hob ihn ohne weiteres hoch. Seine Finger krallten sich in meine Locken, zogen daran. Unberührt ging ich zurück ins Schlafzimmer und legte ihn in sein Bett. Er strampelte, als ich von ihm abließ. Kurz fürchtete ich, er würde die Gelegenheit nutzen, aufstehen und zurück ins Bad laufen, doch plötzlich hörte sein Tobsuchtsanfall auf. Mit von sich gestreckten Gliedern warf er mir einen eisigen Blick zu. Beide rangen wir nach Atem.
»Ich habe keinen Hunger«, murrte er.
Innerlich schrie ich auf. »Esst wenigstens eine Kleinigkeit, Herr. Und trinkt. Um die Kopfschmerzen später zu dämpfen.«
»Ich will nicht«, murrte Mika. Es war lächerlich, sich mit einem nackten Herrn zu streiten, doch in diesem Zustand war ihm ohnehin alles egal.
Ich sah von oben zu ihm herab. »Ihr benehmt Euch wie ein Kind.«
»Dann bin ich eben eines.« Er reckte das Kinn vor. Seine Augen funkelten.
In diesem Moment sprang die Tür auf und Anru schob zusammen mit einem älteren Jungen einen silbernen Servierwagen herein, auf dem abgedeckte Platten ruhten. In mehreren dickbäuchigen Krügen gluckerte es. Das Glas und Geschirr klapperte, als sie den Wagen näher ans Bett fuhren.
Abgelenkt von den Jungen, reagierte ich zu langsam. Ich bemerkte die Regung des Herrn zu spät, wie er sich aufsetzte und mit dem Bein ausholte. Scheppernd fiel der Wagen auf die Seite; die Jungen waren zu erschrocken, um ihn halten zu können. Mit einem lauten Klirren zersprang das Geschirr und Hühnerbeine, getrocknete Tomaten und Brühe verteilten sich auf dem Boden.
»Ich sagte doch, ich habe keinen Hunger«, brüllte Mika und eingeschüchtert rückten die Jungen zusammen. Sie scheuten seinen und meinen Blick, als sie sich unaufgefordert daran machten, aufzuräumen.
Ich berührte die Schultern des Herrn, hielt ihn ab, aufzustehen, und drückte ihn zurück in die Kissen. »Dann ruht Euch aus. Schlaft Euren Rausch aus.«
»Ich bin bei klarem Verstand«, keifte er mir direkt ins Ohr.
»Natürlich seid Ihr das«, murmelte ich, froh darüber, dass er es nicht hörte. Er schrie bereits die Jungen an und verscheuchte sie.
Kaum waren sie fort, befahl er an mich gewandt: »Räume auf.« Schrill, doch bei weitem nicht mehr so laut. Er fixierte mich unnachgiebig. Mein Puls beschleunigte sich. Ich wollte nach Kehrblech und Besen suchen, als Mika sein schlankes Bein ausfuhr und mir gegen die Seite stieß. »Mit den Händen.«
Ich sah zu ihm auf, als ich mich hinkniete. Eindringlich beobachte er mich dabei, wie ich den Wagen aufstellte, um die restlichen Scherben zusammenzuräumen. Ich zischte, als ich mich schnitt, verzog ansonsten jedoch keine Miene. Die Verletzung war nicht sonderlich tief, heilte bereits und bald darauf zierte sie eine dünne, blassrosa Schicht neuer Haut. Dennoch starrte ich einen Moment auf das Blut, das auf die Dielen getropft war.
»Wisch alles mit deinem Hemd auf«, sagte mein Herr derweil. Als ich zögerte, stieß er mir mit dem Fuß gegen die Schulter. Zähneknirschend, aber auch mit einer ungeahnten Aufregung, die durch meine Adern rauschte, zog ich mein Hemd aus.
Aus dem Augenwinkel sah ich Mikas schelmisches Grinsen. Er setzte sich auf, legte ein Bein über das andere und sah zu, wie ich Saftlachen und Brühe aufwischte. Als ihm das zu langweilig wurde, sprang er auf und wankte zurück zum Fenster.
»Ihr solltet euch ankleiden, Herr«, raunte ich, während ich die Abfälle samt meines Hemdes auf den Wagen räumte.
Er schnaubte. »Hör auf mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Du bist nicht mein Bruder.«
Mein Unterkiefer mahlte. Nein, ich war in der Tat nicht Mitan. Ich verabscheute diesen Vergleich, weil ich wusste, dass ich nie jenen Status erreichen würde wie der Bruder meines Herrn. Nicht aufgrund unseres unterschiedlichen Standes, sondern weil Mitan für Mika einer Gottfigur gleichkam, ohne dass er es bemerkte.
Ich starrte zu ihm, während der Kloß in meinem Hals größer wurde. »Würdet Ihr auf Euren Bruder hören?«, überlegte ich laut. Im nächsten Moment biss ich mir auf die Zunge.
Zögernd wandte Mika sich um. Er musterte mich mit einem eigenwilligen Ausdruck; er antwortete nicht. Hinter dem Rücken ballte ich die Hände, streckte die Finger wieder durch und fasste mir ein Herz. Mit großen Schritten ging ich zum ihm. Keinen Moment ließ ich die Augen von ihm, während er dasselbe tat, doch sein Blick wirkte noch immer entrückt. Wie viel hatte er geraucht?
»Kleidet Euch bitte – bitte – wenigstens an, Herr«, sagte ich ruhig. Ich legte die Hände auf seine Schultern, ließ sie etwas zu lang darauf ruhen. Unvermittelt packte Mika mich mit der Rechten im Nacken und zog mich mit Leichtigkeit zu sich herunter. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Rücken zu beugen. Grob krallte er die Finger in meine Haut. Ich war seinem Gesicht nun so nahe, dass ich seinen Atem spüren konnte. Mein Magen verkrampfte.
Mika grinste schief. »Schlaf mit mir.«
Einen Moment meinte ich, mein Innerstes gerate in einen Malstrom, wurde verwirbelt und neu geordnet. »Ihr seid nicht bei klarem Verstand, Herr«, sagte ich tonlos, oder versuchte es zumindest, denn nun schlang er nach einem leichtfüßigen Hopser seine Beine um meine Hüften. Er war so leicht. Viel zu leicht. Was meine Wut über sein kindisches Verhalten nur verstärkte.
Sanft küsste er meine Wange, schmiegte die Arme eng um meinen Hals und fuhr mit den Fingern verspielt durch meine dichten Haare. In diesem Moment löste sich der heiße Knoten in meinen Innereien auf und ich wankte in meinem Entschluss. Mir zitterten die Knie.
»Du darfst das, Samuel. Schlaf mit mir«, raunte Mika und ich spürte mehr an meinem Bauch, als mir in diesem Moment lieb war.
Das Blut rauschte in meinen Ohren. Ich legte die Hände um seine Taille, um ihn besser halten zu können, machte auf dem Absatz kehrt und trug ihn zum Bett. Seine Haut fühlte sich heiß an. Mittlerweile knabberte Mika verbissen an meinem Ohr, leckte über die Muschel und kicherte, als ich ihn in die Kissen legen wollte. Wohl in der Hoffnung, dass ich seinem Willen nachgab, versteifte er.
»Herr«, begann ich leise, doch er zischte nur und ließ sich hinlegen. Ich kniete neben ihm, löste seine Arme und wollte nach der Decke greifen, als er die Position ausnutzte. Er wickelte seine Beine um meinen Unterleib und zog mich mit einem Ruck zu sich. Ich verlor das Gleichgewicht, fing mich jedoch mit den Unterarmen ab, bevor ich ganz auf ihm zu liegen kam. Meine Nase stieß gegen seine Lippen; grunzend leckte er darüber.
Wir verharrten. Wäre es nicht einfach, seinem Drängen nachzugeben? Doch was dann?
Als ich meinen Blick nach oben zu seinen Augen schweifen ließ, sah er durch mich hindurch. Ich konnte mir gut vorstellen, wen er stattdessen vor sich sah. Und da war er wieder, dieser Knoten im Bauch, diese Härte, die mich von ihm trieb. Schwer atmete ich durch, fasste mich und schalt mich einen Trottel.
»Ihr solltet schlafen, Herr«, murmelte ich und umschloss seine Handgelenke. Ich stemmte mich von ihm hoch, während ich seine Arme ins Kissen drückte.
Blinzelnd schaute er auf, schnaufte. »Ja, mit dir und dann –«
»Ihr würdet es bereuen, Herr«, unterbrach ich ihn barsch, schärfer als von mir gewohnt. Ich nutzte seine Verwirrung und richtete mich ganz auf. Knurrend wehrte er sich dagegen, dass ich die Decke über ihm ausbreitete. Seine Erregung wich dem wiederkehrenden Trotz. Er strampelte mit den Beinen, doch ich schüttelte die Decke nochmals auf, legte sie über ihn und strich sie glatt. Wie bei einem Kleinkind. Ich streckte den Rücken durch und seufzte laut, als er die Decke vom Bett warf.
Mika verschränkte die Arme vor der Brust, sah anklagend zu mir. »Heb sie auf.«
Ich tat es und legte sie zurück. Oder hatte es zumindest vor. Bereits in der Luft griff der Herr danach und warf die erneut auf die Dielen. »Heb sie auf.«
Mit geballten Händen beugte ich mich herunter. Das Spielchen ging noch ein Weilchen, bis der Herr die Lust daran verlor. Plötzlich kehrte er mir den Rücken zu. »Verschwinde. Ich will dein Gesicht nicht mehr sehen.«
»Wie Ihr wünscht, Herr«, antwortete ich unbewegt, nahm ein letztes Mal die Decke und breitete sie über seinen Füßen aus.