Beiträge von Formorian im Thema „Waffen und Rüstungen in der Fantasy (und ihren irdischen Vorbildern)“

    Wahrscheinlich sind diese Tester dabei nach Schema 08/15 vorgegangen. Ein damaliger Landsknecht hätte sicher besser gewusst, welche Pulverladung er brauchte, um auf welcher Distanz durch welches Gewebe zu kommen :) .
    Und selbst wenn es dem weichen Blei nicht möglich wäre, soliden Stahl zu perforieren, wäre die Schlacht für den Getroffenen gelaufen. Die schiere Aufprallwucht würde ihn erledigen. Sogar in einer modernen Schutzweste aus ballistischem Tuch darf man sich auf nen satten Bluterguss und mit etwas Glück auf die eine oder andere gebrochene Rippe freuen :D .

    Plattenrüstungen und ähnliches wurden auf einem Schlachtfeld kaum getragen, da sie zu schwer sind

    Kommt wohl ganz auf die Epoche an, in der griechischen Antike gehörten sie neben Arm- und Beinschienen, Helm und großem Schild zur Standartausrüstung eines Hopliten. Das ganze Mittelalter hindurch war der durch Metallschuppen oder aufgenähten Ringen verstärkte Lederkoller üblich, Vollpanzerung tauchte eigentlich erst im Hochmittelalter bei den Rittern auf (der frühere Ritter trug tatsächlich eher eine Art Kettenkleid mit Ärmeln und einem dick wattierten Untergewand darunter).
    Ich habe bereits einmal ein knielanges Kettenhemd angehabt, das Ding wog gute 20 Kilo! Vom Gewicht her vergibt sich das Ding also nicht viel gegen eine Chestnut, es wiegt eher sogar mehr durch die hunderte von soliden Stahlringen aus 3mm Draht, die sich alle gegenseitig überlappen und ein Glied das andere hält. Da das Gewicht jedoch überwiegend auf den Schultern liegt, war es gar nicht so unbequem zu tragen.

    Panzerung ist eben nicht alles, wollte ich nur sagen :) . Besonders wenn auf dem Felde alles erledigt war und es irgendso einem neunmalklugen Hanswurst von Kommandierenden, der einen raschen Sieg brauchte einfiel, das Ziel der ganzen Operation mit Gewalt zu nehmen. Was einem dabei so alles auf den Kopf fallen konnte, wogegen selbst Vollplatte und Visierhelm einen nicht schützten ...
    Pfeile, Bolzen, Äxte, Speere, Steine ... geht ja noch ...
    Kochendes Wasser oder Öl, siedender Sand ... hier wirds schon kriminell!
    Ungelöschter Kalk, der durch jede Ritze dringt ... die Wirkung vergleichbar mit der einer modernen Weißer-Phosphor-Granate.
    Vielleicht hatten die Belagerten auch Humor und verwendete Hornissennester als Katapultgeschosse. Richtet zwar kaum Schaden an, doch mit geschlossener Ordnung in Reih und Glied ist`s nix mehr.
    Möglicherweise hatten sie aber auch rottenweise ihre Notdurft in die Schleuderlöffel hinein verrichtet :puke::rofl:
    *schüttel*ok, genug, das war`s nun aber ...

    Ja ok, eine große Platte verteilt die kinetische Energie eines massiven Aufpralls besser über eine größere Fläche als etwa ein Kettenhemd, und ein dick wattiertes Untergewand nimmt einiges der Wucht auf, aber nur ein verschwindend geringer Prozentsatz an Kämpfern zog mit solch einem Mercedes an Rüstung in das Getümmel :) . Wesentlich üblicher waren einfach und billig herstellbare Rumpfpanzer aus gehärtetem Leder, auf die Metallschuppen genietet wurden. Gambeson waren bis ins Hochmittelalter weniger üblich als man annehmen sollte, die meisten einfachen Kriegsknechte trugen unter den Panzern nur ein Leinenhemd, damit das rauhe Leder nicht die Haut wundscheuerte. Vor allem Morgenlandfahrer verzichteten unter arabischer Sonne gern darauf (bei der Belagerung von Antiochia verendeten mehr christliche und sarazenische Ritter an Hitzschlag als auf dem Felde). Auch in der Antike war wohl im gesamten mediterranen Raum eine solche Zusatzfederung absolut indiskutabel.
    Und dem von mir genannten Stichling, den es übrigens auch als hammergleiche Konstruktion gab, wäre ein Gambeson wohl auch wurscht gewesen.

    Der Wert von Rüstungen wird in Büchern, Filmen und Games wohl maßlos überschätzt. Sicher boten Metallhüllen einen wunderbaren Schutz gegen Spitzen und Schneiden, aber wenn der Gegner stumpfe Schlagwerkzeuge einsetzte wurden die Panzer eher zum Hemmnis. Morgensterne, Streitkolben und noch eher Hämmer und Keulen, besonders die beidhändigen Teile, brauchten die Hülle nicht zu durchstoßen um den Rüstungsträger auszuschalten (Knochenbrüche, Sehnenrisse, Blutergüsse). Völlig ungepanzerte, unbehinderte Kämpfer waren sehr wohl in der Lage, ihre langsameren gepanzerten Kontrahenten "aus ihren Schalen zu klopfen". Schon die Römer setzten gegen gerüstete Gegner Schleuderer ein, anstatt Pfeile auf sie zu verschwenden.
    Beliebt war auch ein besonderer Stoßdolch, der anstatt einer zerbrechlichen Klinge einen soliden Vierkantstahl mit nadelscharfer Spitze aufwies. Damit musste man nicht nach einer Öffnung am Gegner suchen, man knallte das Ding einfach von oben in ihn rein und hatte Ruhe.

    Wenn da in der Mitte ein Dorn drin ist, würde das die Basis um ein vielfaches mehr belasten wenn der getroffen wird. Er müsste also merklich schwerer werden, man brächte auch mehr Kraft da gegen zu halten etc.

    Mal abgesehen davon, dass die Waffe des Gegners in den Winkel von Schildbuckel und Dorn regelrecht einhaken würde, anstatt wirkungslos davon abzugleiten. So ein Dorn wäre wirklich eine gefährliche Sache - für den Schilddträger. Er könnte sich dabei glatt den Arm brechen.

    Noch ein Wort zu Bucklern: Die mittelalterlichen, die ich kenne, besaßen alle einen runden Schildbuckel und wurden an einem Mittelgriff in der linken Faust gehalten. Auf zahlreichen Fantasyillustrationen und -tabletopfiguren tragen sie aber auch einen langen Dorn in der Mitte, womit man sie wohl auch offensiv einsetzen kann. Weiss hier jemand, ob diese Mordinstrumente auch in der Historie tatsächlich benutzt wurden?

    modernen Mythen um dieses Schwert, die in Europa kursieren

    Denke ich ebenfalls.
    Ohnehin gibt es da eine Menge sagenhafter Techniken, mit denen der Stahl besonders flexibel gemacht werden sollte. Etwa verschiedene Stahlsorten zu einem Zopf zu verflechten und dann weißglühend zusammenzuhämmern, um eine optimale Faltung des Materials zu erzielen. Noch exotischer war es wohl, Hühnern Metallspähne ins Futter zu mischen und die Kacke dann tatsächlich einzuschmelzen. Die Verdauungsfermente sollten der Garant für besonders hochwertigen Stahl sein :rofl: .

    die Klinge hart und zerbrechlich und gut zu schleifen

    Irgendwo hab ich mal gelesen, dass meisterlich geschmiedete Katana niemals geschliffen, sondern nur mit Nelkenöl poliert wurden. Allein dies sollte die Schneide scharf halten. Keine Ahnung ob da was dran ist :hmm: .
    Obwohl die Samurai nach dem Bushido (Weg des Schwertes) lebten, war das Katana im Kampf tatsächlich nur von geringerer Bedeutung. Wichtiger war der asymetrische Bogen und der Yari, der beidhändige Speer. Erst wenn alle Pfeile verschossen und die Speere abgebrochen waren ging es wohl mit den heißgeliebten Schwertern zur Sache.
    Angeblich wurde die Naginata erfunden, indem Ashigaru ihre Schwerter an die Schäfte ihrer putten Speere gebunden hatten :D . Vielleicht gilt die Naginata in Japan deshalb noch heute juristisch als Schwert.

    Wobei Buckler in Schlachten vermutlich auch eher eine Randerscheinung waren

    Die großen Stars in der Schlacht von Agincourt waren wohl die englischen Langbogenschützen, die die französischen Ritter aus weiter Distanz reihenweise niedermachten. Doch beide Seiten führten auch große Fechterregimenter ins Getümmel, und sie waren, nach dem damals neusten Stand der Waffentechnik, tatsächlich mit Bucklern ausgerüstet. Vor allem für die burgundischen Kontigente sollte dieser noch lange zur Standartausrüstung gehören.
    In späteren Zeiten, vor allem nach der allgemeinen Einführung von Musketen die Schilde ohnehin zum bloßen Ballast degradierten, als die Fechtkunst immer mehr verfeinert und zum Lieblingsspiel der Aristokratie avangierte, wurde der Buckler dann durch einen Dolch mit breiter Parierstange abgelöst. Tänzerisches Geschick und fiese Kniffe waren nun der Schlüssel zum Überleben :D .

    Buckler habe ich in einer Schlachtenszene mal verwendet. Mittelschwer gerüstete Infanterie (leichter Ringpanzer, Spangenhelm), die eingegrabene Feindstellungen im Sturm ausheben sollten, habe ich damit und mit Kurzschwertern (ideal für das dichte Gewühle Mann zu Mann) ausgerüstet. Den superschwer Gepanzerten (Kette von oben bis unten, Brustpanzer, Hüftschürzen, Arm- und Beinschienen, geschlossener Helm), die nur eine Stellung halten und Angreifer durch hinhaltenden Widerstand zermürben sollten, gab ich die Riesenschilde. Verwenden kann man alles, wenn es eben nur Sinn macht.

    Was man hier aber nie vergessen darf, ist, das so ein Lanze nicht auf fest montierte Platte traf sondern diese "nur" von einem Menschen getragen wurde, welcher so einem Impuls nicht entgegen zu setzen hatte, also vermutlich eher weggeschleudert wurde .

    Wenn man zeitgenössischen Berichten trauen darf, wurden die Getroffenen sehr wohl durchbohrt, ehe irgendwelche Masseträgheitsgesetze zur Wirkung kommen konnten.
    Auch die Infanterie rüstete daraufhin mit Spießen auf. Axt, Streitkolben, Schwert und so weiter verkamen zu bloßen Nebenwaffen für das Handgemenge. Ein Langspeer, das stumpfe Ende fest in die Erde gerammt, war für den Reiter ebenfalls eine tötliche Angelegenheit. Zumal der Fußsoldat nicht einmal den Reiter selbst treffen musste, sondern einfach nur das Pferd auszuschalten brauchte. Der üblicherweise in seinem Sattelkorb festgeschnallte Ritter war dann für die Spieße eine leichte Beute.

    Die bedeutendste Entdeckung im Reiterkampf war imho der Steigbügel. Ich nehme an, die Hunnen haben ihn in Europa eingeführt, den Römern war er jedenfalls noch unbekannt.
    Vorher war die Reiterei eher eine bloße Prestigewaffe, und Verluste durch Reitunfälle dürften häufiger passiert sein als solche durch direkte Feindeinwirkung. Erst durch den sicheren Halt wurde eine wirkliche Angriffskavallerie möglich. Reiter wurden daraufhin immer öfter mit langen Spießen ausgerüstet, um 500 n.Chr. wurden Lanzen dann zur Waffe der ersten Wahl. Von den römischen Eqquites über die Kataphragten bis zum hochmittelalterlichen Ritter wurde der vollgepanzerte Lanzenreiter zum König der Schlachtfelder. Ein von Kopf bis Fuß in Stahl gehüllter Reiter mit Ausrüstung auf einem stämmigen Schlachtroß in Vollschabracke brachte eine gute Tonne auf die Waage. Diese Energie, mit 60 Km/h sich geradeausbewegend und auf eine winzige Spitze konzentriert ... bei einem frontalen Aufprall marschierte das Teil durch einen 4 mm Brustpanzer wie durch Pappe. Natürlich waren es Einwegwaffen; danach ging es im Gewühle mit den alten Schlagwaffen weiter zur Sache, aber die Frontlinie des Gegners war zerlegt.