So, und wieder ein Versuch eines Themas, an dem ich mich schon länger mal versuchen wollte, irgendwie mal ganz klassisch, auch wenn ich natürlich wieder ein paar Sachen probiert habe:
Bestimmung
Lukas blinzelte, die ersten Sonnenstrahlen drängten sich ungeduldig durch den träge dahinwabernden und sich bereits langsam auflösenden Bodennebel.
Er schälte sich aus dem Umhang in dem er geschlafen hatte. Das kleine Feuer von gestern Abend war längst zu kalter Asche zerfallen und die stärker werdende Sonne war sehr willkommen.
Er ächzte leise als er den unvermeidlichen Muskelkater, die blauen Flecken und den wunden Hintern spürte.
"Auch endlich wach?" fragt ihn der Einsiedler und warf ihm ein Stück kaltes Fleisch zu, welches wohl von gestern übrig geblieben war. "Komm, wir müssen weiter!"
Der Einsiedler machte sich bereits daran, die Pferde zu satteln und die Reste des Feuers zuzuschütten. Lukas verstaute die wenigen restlichen Habseligkeiten in den Satteltaschen, und es ging weiter. Durch eine karge Ebene, nur gelegentlich durchbrochen von kleinen Hügelketten, Büschen und Wäldchen.
Die ganze Zeit über belehrte ihn der Einsiedler zu allem möglichen: Taktiken im Schwertkampf und Schlachten, unterschiedliche Waffen und Rüstungen, höfisches Leben, ja er sprach sogar von den Grundlagen der Magie!
Woher wusste ein einfach Einsiedler das alles? Diese Frage blieb leider unbeantwortet.
Abends machten sie wie immer realtiv früh Rast an einem kleinen Bache am Rande einiger Hügel. Sie hoben wieder eine kleine Feuergrube aus und begannen mit dem Training. Wie immer erst Nahkampf, dann mit dem Schwert (richtiger Schwertkampf!), Lesen und Schreiben und danach weitere Magieversuche, bei denen Lukas aber noch immer gar nichts hin bekam, was ihn sehr frustrierte. Mit einsetzender Dämmerung wurde dann gegessen und die Ausrüstung geölt und gereinigt.
Meist schlief Lukas danach sofort ein. Das lange Reiten und das Training waren ungewohnt und anstrengend. Der Einsiedler trieb ihn am nächsten Morgen immer wieder früh an, dass sie voran kommen mussten. Wenn sie sie sehen würden, wäre es schon zu spät...
Sie. Die Monster, die Wilden, die Orks! Das ganze Dorf hatten sie vernichtet, niedergebrannt und alle erschlagen. Hätte sich Lukas bei der Jagt nicht (wie so oft) verlaufen und in einer Höhle übernachtet, hätte es ihn auch getroffen.
Der Einsiedler, von dem er nicht mal den Namen kannte, alle nannten ihn nur Einsiedler, hatte ihn abgefangen, und ihm damit das Leben gerettet.
Seither war alles wie ein verstörender Traum. Der Einsiedler war überzeugt davon das Lukas der Grund für den Angriff war. Das Amulett, welches er immer bei sich trug, sei ein Zeichen seiner königlichen Herkunft. Auch eines der Schwerter die er dabei hatte (woher hatte ein Einsiedler richtige Schwerter?), war angeblich ein Erbstück von Lukas echter Familie. Er wollte das alles nicht glauben und das seine Eltern ihn nur adoptiert hatten, klang zu abenteuerlich um wahr zu sein. Doch der Einsieder wies ihn auf viele keine Ungereimtheiten hin, was ihn sehr nachdenklich stimmte.
Mit den Tagen spürte er, das er sicherer mit dem Schwert wurde, seine Bewegungen kontrollierter und er nicht jedes Mal einen Treffer abbekam. Das Lesen und Schreiben und die Magie fielen ihm da wesentlich schwerer und es war frustrierend zu sehen wie der Einsiedler mit einem Fingerschnippen das abendliche Feuer entzünden konnte und er nicht mal einen kleinen Funken hin bekam, egal wie sehr er sich auch anstrengte.
Der Einsiedler meinte, das das auch an der Landschaft lag, in der kargen Steppe gab es sehr weniger Lebensenergie die man anzapfen konnte, wenn sie zum großen Wald kämen, würde es sicher wie von selbst gehen...
Doch bis dahin dauerte es noch, und Lukas hatte immer öfters das Gefühl am Horizont hinter sich eine Staubwolke zu sein, auch wenn der Einsiedler das immer bestritt, aber das Augenlicht Alter Leute...
Auch Lukas war inzwischen von der Dringlichkeit der Flucht überzeugt, so war er nun oft schon vor dem Einsiedler wach. Das tägliche Reiten fiel ihm immer leichter und seine Muskeln hatten sich an die ungewohnten Bewegungen des Kämpfens gewöhnt.
Und dann, eines Abends, tanzte eine kleine Flamme auf seiner Fingerspitze! Vor Schreck schüttelte er die Hand und Flämmchen erlosch, doch er konnte sie gleich nochmals erscheinen lassen! Magie! Er konnte echte Magie wirken!
Laut dem Einsiedler waren sie nun auch schon viel näher am großen Wald, die Hügel waren in den letzten Tagen immer mehr geworden und die Landschaft grüner. Im der Ferne konnte man sogar Berge erkennen. Sie waren relativ zuversichtlich das sie nun den Wald und damit das Reich der Waldelfen erreichen würden, wo sie sicher waren und er auch mehr über seine "richtige" Familie erfahren würde. Was ihm im Moment eigentlich egal war, die Trauer um den Verlust seiner Familie und seines ganzen bekannten Lebens, war noch viel zu frisch und schmerzhaft.
Am nächsten Abend geschah es: Kurz nachdem sie sich hingelegt hatte, hörte Lukas auffällig viel leises Rascheln. Er schaute zum Einsiedler hinüber, welcher es auch bemerkt hatte und schon langsam zum immer bereit liegenden Schwert griff. Auch Lukas dreht sich so, das er seines so unauffällig wie möglich erreichen konnte.
Als die Angreifer dann aus dem Unterholz stürzten, waren sie sofort auf den Beinen. Lukas drehte sich, wie besprochen vom Feuer weg, welches der Einsiedler hell aufflammen ließ. Die Angreifer waren kurz geblendet, was Lukas und der Einsiedler zum Angriff nutzten. Die ganzen eingeübten Zweikampftechniken brachten ihm zwar nicht so viel, aber er hatte in der kurzen Zeit bereits Reflexe und eine Gefühl für Mensur entwickelt mit denen er mehrere Angreifer abwehren und verletzten konnte. Stich, Ausweichen, Schnitt, Abgleiten lassen, Zwerch zum Hals, Ausweichen, aufs Handgelenk! Der Feuerball misslang ihm aber er hatte einige verletzt oder gar getötet ohne selbst wirklich getroffen worden zu sein!
Die Orks zogen sich kurz etwas zurück... Moment, das waren keine Orks, das waren Menschen! Im Dunkeln kaum zu unterscheiden! Banditen? Er wollte gerade den Einsiedler fragen was das soll, als ihm auffiel, das er nicht mehr bei ihm war. Die Banditen hatten ihn als größere Gefahr gesehen und bedrängten ihn nun von allen Seiten. Lukas stürmte auf die Gruppe zu, wurde aber von weiteren Banditen aufgehalten. Während er deren Angriffen abwehrte ohne selbst einen Treffer landen zu können, musste er mit Schrecken zusehen wie der Einsiedler, nach einem tödlichen Schnitt am Hals, zusammenbrach.
Panisch wich er zurück, als sich nun alle ihm zuwandten und anfingen ihn einzukreisen.
"Halt! Das sind gar keine Orks!" kam ein Ruf von der Richtung in der der Einsiedler lag.
Keine Banditen? fragt sich Lukas erleichtert, während sein Blick auf das seltsame dunkel und metallisch glänzende Ding hinab gleitet, welches ihm da aus der Brust ragt...