Der Nordosten des Kontinents wurde jetzt wohl zur Genüge betrachtet. Aber es gibt ja noch eine Vielzahl an anderen Himmelsrichtungen und Völker, die sich dort herumtreiben ...
6. Der Marsch der Goblins
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Schon einmal während der Reichsgründung von Kønslanttal huschten sie am Rande des Sichtfeldes der Geschichtsschreibung vorbei, nur um dann weiter nach Norden davon zu eilen. Und obwohl sie die gesamte Stadt Onpotte verheerten, lässt sich ihre Geschichte heutzutage nurmehr durch vereinzelte Anmerkungen in Chroniken zurückverfolgen, sowie mit Hilfe der Sagen und Legenden, die sich die Goblinstämme im Sumpfland Lihaszarmek* nach wie vor erzählen.
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Seinen Lauf nimmt die Geschichte irgendwo im Osten der Ebene Hemßtaph**, als die Tenger damit begannen sich ihr späteres reich zu erschließen und damit die dort ansässigen Goblinstämme ordentlich aufscheuchten. Aus diesen Wirren ging nun einer hervor, dessen Name sogar in den Aufzeichnungen der Vestsærker vermerkt ist: Eljarjajaax, der "vorderste Reiter". Diesen Namen verdankte er seiner Angewohnheit, seinem Heereszug aus etwa zehntausend Goblinreiter höchstpersönlich vorauszureiten. Das Banner der Morgfratze war deshalb oftmals das erste, was etwaige Feinde zu Gesicht bekamen, bevor der Rest der Horde über den Hügelkamm geritten kam.
In den Sagen der Goblin wird Eljarjajaax zudem als großer, vernarbter und sehniger Kämpfer beschrieben, dessen schwarze haarpracht ihm bis zur Hüfte reichte. Damit entspricht er so ziemlich genau dem Schönheitsideal der Grünhäutigen. Bei den Menschen hieß es dagegen: "dynel on gedynel", dürr und lang. Man kann sich den Goblinkriegsherrn also als etwas größeren, ziemlich hageren Kerl vorstellen, wohingegen über seine Haare leider keine Anmerkungen gemacht wurden.
Ursprünglich maß die grüne Horde aus dem Osten wohl sogar noch mehr Reiter, doch nach zahlreichen vergeblichen Gefechten gegen die vorrückenden Tenger waren viele entweder in alle Winde zerstreut oder aber tot. Nach drei Jahren der Kämpfe beschloss Eljarjajaax schließlich, dass es im Osten nicht genug zu holen gab, um sich weiter mit Cerros Geschlecht herumzuschlagen und führte die unter seinem Banner versammelten Stämme stattdessen nach Westen. Es war dabei kein besonders eiliger Marsch. Stattdessen ritten die einzelnen Häuptlinge mit ihren Leuten weit voneinander entfernt, ließen sich hier und da für einige Zeit nieder, manchmal gar für über ein Jahr in dem sie das umliegende Land plünderten und zogen dann erst weiter. Ihr Weg führte sie dabei auch nicht immer direkt nach Westen, sondern von Zeit zu Zeit auch mal nach Norden oder Süden. Doch wann immer Eljarjajaax seine Sackpfeifenspieler und Trommeler durchs Land schickte, sammelte sich alles, um gegen Tenger und Menschen zu streiten.
Als er selbst mit seinem treuesten Gefolge nur noch einen Tagesmarsch von Onnpotte entfernt war, schickte der Goblinkönig wieder einmal seine Kriegsmusiker aus, um sein Heer zu versammeln. Wie weiter oben schon erwähnt wurde die Stadt, auf deren Überresten später Tinphai errichtet wurde, fast im Vorbeimarschieren niedergemacht. Das lag jedoch nicht nur an der zahlenmäßigen Überlegenheit der Grünhäutigen, sondern auch an dem fiesen Plan, den Eljarjajaax ersonnen hatte.
Drei Tage wurden damit verbracht Dutzende Vögel zu sammeln, die sonst ihre Nester irgendwo in der Stadt hatten, bevor man sie alle auf einmal wieder frei ließ. Jedoch banden die Goblins ihnen noch ein kleines Geschenk mit an den Fuß und so flatterten in einer besonders trockenen Nacht sämtliche Vögel panisch mit kleinen Brandsätzen zurück zu ihren Nestern. Würde man diese Taktik heute erneut versuchen, wäre der Lohn wohl nicht mehr allzu groß, da Tinphai mittlerweile zum Großteil aus Stein besteht. Onnpotte hingegen verfügte nicht nur über ein ausgeprägtes Armenviertel, auch die reicheren Gebäude der Stadt bestanden fast nur aus Holz, dass nur zu gut brannte. Kurzum, bis zum Morgen war Onnpotte nurmehr eine Ansammlung verbrannter Ruinen, aus denen der steinerne Turm des Stadtherrn wie eine Nadel hervorragte.
Die Goblins fuhren an diesem Tag reiche Beute ein, indem sie erst die Überreste der Stadt in Besitz nahmen, um danach auf die Jagd nach den bewohnern zu gehen, bevor diese sich über den Isenach retten konnten. Eine Weile spielte wohl Eljarjajaax sogar mit dem Gedanken, sich dauerhaft in den Ruinen einzurichten, doch zuletzt drängte ihn die Armee der Tenger nach nur zwei Wintern dazu, weiter nach Norden zu ziehen.
Daraufhin verliert sich die Spur der Goblins für eine Weile und auch von Eljarjajaax weiß man daraufhin nur, dass er sich irgendwo in der Ebene um das spätere Ryttstad ein kleines Goblinreich errichtete. Sein Heer diente ihm noch eine Weile mehr oder weniger treu, derweil es sich immer weiter über Kernland verstreute. Über ein Jahrhundert lang gab es deshalb keine größeren Wanderungen mehr bei dem grünhäutigen Volk zu verzeichnen.
Eljarjajaax hatte es geschafft seine Leute aus einer ziemlichen Zwickmühle zu retten und unter seinem Befehl hatten sich die Goblins auf ihrer Flucht vor den Tengern einen Weg durch das Reich der Menschen geschlagen, bis sie in der Ebene im Norden einstweilen eine neue Heimat fanden. Der große Goblinkriegsherr starb letzendlich bei einem Kampf gegen eine Armee der Menschen, während er sich auf einem Raubzug an der Grenze befand. Doch die Reise der Goblins ist damit noch nicht beendet ...
* der "Fleischsumpf" ist ein Ort, der dank seiner Lage im Tiefland zwischen den Ausläufern zweier Gebirge mehr Schlachten gesehen hat als selbst der hartgesottenste Zwerg.
** Hemßtaph bezeichnet bei den Tengern etwas, dass sie an ihre Heimat auf Avalor zurückerinnert. Es wird deshalb auch oft mit "Heimat" oder "Zuhause" übersetzt, kann aber auch als Beschreibung für andere Gegenstände dienen.