Mit einem seltsamen Gefühl im Magen zog er sich ruckartig über den Fenstersims und landete nahezu lautlos und in geduckter Haltung im Turminneren. Es war angenehm kühl, der Steinboden versteckte sich unter Stapeln von Büchern, allerlei Zauber- und Trankzutaten und Roben, zu beiden Seiten standen Holztische, die zu überladenen Alchemielaboren umfunktioniert worden waren; und im Zentrum der chaotischen Besitzansammlung stand eine Person hinter einem dicken, sauber aufgerollten Tau. Sie trug eine dunkelgrüne, lange Robe und einen breiten Gürtel. Seltsamerweise hing das dicke Tau am Hinterkopf der Person und auf den zweiten Blick wurde dem jungen Helden bewusst, dass das Tau ein Zopf war. In freudiger Erwartung beobachtete er, wie sich die Person interessiert zu ihm umwandte.Äh, muss ich mich jetzt galant verbeugen oder losstürmen?, fragte der junge Held mental.
Das… äh… hm, … ääääh…, gab das Schwert Auskunft.
Ich sag erstmal »Hallo«, ja? DIese Stelle z.B. Hier hat mich das Kursive verwirrt, weil ich nicht wusste, wieso das Schwert Hallo sagen will.
Stille, rätselnd und ein wenig unbehaglich.
Hm? Was?, fragte die Stimme aus ihren Gedanken aufgeschreckt.
„Hallo“, sagte der junge Held endlich zu der wartenden, sonderbaren Person.
„Guten Abend, junger Mann!“, erklang eine nachdenkliche Frauenstimme zur Antwort. Die bestmögliche Beschreibung der eventuell weiblichen Person erreichte man wohl mit dem Wort »hutzelig«, was den handbreiten Kinnbart jedoch noch nicht einmal mit einbezog. Hinter tuschelnden (??? was meinst du damit?) Augenbrauen und schlaffen, grauen Wangen schien jedoch ein wachsamer Geist zu wohnen.
Das könnte die Oma meines Schöpfers sein…, überlegte die magische Waffe laut.
„Was wollt Ihr?“, fragte die Person geradeheraus.
Der junge Held versuchte, die Aussage des Schwertes zu verdrängen und überlegte kurz, wie er das lauernde Fettnäpfchen umgehen konnte. „Wir haben… äh, ich meine natürlich: Ich habe gehört, in diesem Turm wohne ein weiser Magier, zusammen mit einer schönen, äh, jungen Frau…“
Leider kam ihm sein Gegenüber nicht zu Hilfe, sodass der junge Held weitersprechen musste.
Hilf mir doch mal!, bat er lautlos. Bittet er jetzt die Person oder das Schwert? Die nicht erhaltene Hilfe von der Person wurde im vorigen Satz erwähnt, es könnte also auch die diese sein.
Passe, entgegnete das Schwert, während es anscheinend immer noch zwischen feminin und maskulin schwankte.
„Ja nun, ähm, seid Ihr vielleicht diese… äh, dieser… also… bin ich hier richtig?“ Der junge Held wusste definitiv, dass dies der richtige Magierturm war, aber eine möglichst neutrale Formulierung schien ihm gerade wichtiger.
Die Person spielte mit ihrem Kinnbart und fingerte mit der anderen Hand an ihrem Gürtel herum. Dann ging sie bedächtigen Schrittes um den fast meterhohen Haarturm herum und lehnte sich dagegen. „Nein, hier lebe eigentlich nur ich… und ich hatte schon seit Jahrzehnten keine Frau mehr in meinem Turm.“
Hah! Ich wusste es!, rief das Schwert triumphierend.
„Oh, dann bin ich hier wohl falsch“, entschuldigte sich der junge Held und verbeugte sich tief, wodurch sein Mantel kurz über den Schwertgriff zurückglitt. Als er den Kinnbart erneut ansah, bemerkte er das durchdringende Starren des alten Magiers. Die ganze Zeiz legst du dich nicht fest und verwendest allerlei Umschreibungen. Und bämm - jetzt ist es plötzlich ein alter Magier?
„Heptiron“ ist das der Name des Schwertes? Ein Metall, aus dem es gefertigt ist? Oder ein Ausdruck der Überraschung?, hauchte die seltsam weibliche Stimme und jetzt wieder weiblich? beinahe sehnsüchtig. „Lasst es mich halten!“ Der Magier und jetzt wieder der MAgier? trat mit erstaunlicher Schnelligkeit an ihn heran, wobei die enorme Haarlast für einen stark zurückgelehnten Gang sorgte. Der Haarturm wurde dabei nur unwesentlich kleiner. Der junge Held war noch recht unerfahren im Umgang mit Magiern, insbesondere mit solchen, die ihm wohlgesonnen waren. Er beschloss daher einfach stocksteif abzuwarten.
Na, jetzt bin ich aber mal gespannt, frohlockte das Schwert. Auf was? Ich habs nicht verstanden.
Pass aber auf, dass er jetzt wirder "er" nichts mitbekommt!, warnte der junge Held eindringlich.
Der Magier lüftete kurzerhand die Mantelseite und legte seine knochigen Hände auf den Knauf.
Der junge Held hörte, wie die magische Waffe scharf mentale Luft einsog, mehrfach »Uiuiui!« und ein sehr mitleidiges »Oh, nein!« von sich gab. Dann zog der Magier seine Hände zurück. Diesen Satz hast du nicht kursiv, deshalb habe ich beim Lesen auch erst gestutzt und musste nochmal zurück.
Das ist so… SO… hach nee!, seufzte das Schwert hingebungsvoll.
„Ihr könnt gehen“, verkündete der Magier ruhig, sah das Schwert aber unheilverkündend an. Wieso sieht er das Schwert so an?
Der junge Held öffnete die Augen und sah dem kolossalen Zopf nach. Als ihm nun einfiel, wie viele Höhenmeter die Aufforderung des Magiers erschweren würden verstehe ich gar nicht, die Formulierung. Wenn es "erleichtern" wäre, ja. Aber so? , wirkte die riesige Haarpracht plötzlich sehr nützlich. Aber die notwendige Frage wollte ihm einfach nicht von der Zunge gleiten.
Etwa auf der Hälfte des mühseligen Abstiegs konnte das Schwert nicht mehr an sich halten und begann lauthals zu lachen.
„Was ist denn so lustig? Geht’s um den Magier?“, fragte der junge Held.
Der alte Knacker IST die Frau!
„Naja, gewissermaßen. Diese Haare und seine Stimme können eben zu Verwechslungen führen.“
Ist dir… hihihi…, die Stimme kicherte, … ist dir der Gürtel aufgefallen?
„Nicht direkt, wieso?“
Dieser Gürtel, ha! … puh. Das Schwert japste nach Luft und der junge Held konnte förmlich seinen Lachkrampf fühlen. Es ist der… hihi… der Gürtel, er… hach, einerseits tut er mir so leid… ha! Hihi…
„Also der Gürtel ist an den Megahaaren schuld?“, versuchte der junge Held vergeblich zu folgen.
Ha, Bursche! Wenn es nur das wäre! Weißt du, angeblich soll für deinesgleichen ja der Tod der vermeidenswerteste Lebenseinschnitt sein, aber… ich bin mir da nicht mehr so sicher… sei bloß froh, dass die Robe so lang war.
Endlich verstand der junge Held und schreckliche, plastische Bilder entstanden in seinem Kopf. Er verlor den Halt und fiel die letzten zwei Meter vom Turm. Kann ja sein, dass ich enorm auf der Leitung stehe. Aber den blauen Teil hab ich auch nicht verstanden.