Hi Thorsten, dazu kann ich vielleicht eine Erklärung liefern, da wir da auch vergessen hatten, zu schildern, was wir anders gemacht hätten.
Alles anzeigenDa hatte ich jetzt deswegen nochmal bei einigen von meinen Probe-Zuschauern rueckgefragt.
Man sieht Cliodhna durch den Wald gehen. Sie beugt sich zum Boden und sagt 'Tatsaechlich - hier war ein Wolf unterwegs!' Schnitt zu einem Blick auf Spuren im Schnee, denen die Kamera folgt. Cross-fade und Zoom zu einem deutlichen Pfotenabdruck.
Cliodhna geht weiter. Abermals ein Kameraschwenk ueber Spuren.
Sie erreicht den Blutfleck und kniet neben dem nieder, sieht sich dann um und blickt auch zurueck. Erneuter Zoom auf den Blutfleck, Schnitt zu Cliodhna die nach links und rechts schaut, Scnitt zu einer weiteren Spur im Schnee (keine Wolf/Hundespur diesmal - fuer die Zuschauer die auf Einzelheiten achten...).
Dann kommt der Teil 'Der Wolf hat ein Tier gerissen...'
Alle bei denen ich rueckgefragt hatte wie sie die Szene verstanden hatten haben geantwortet dass sie wohl die Spuren im Schnee liest.
Ich bin mir jetzt nicht sicher wie wir das noch deutlicher darstellen koennen als mehrmals Spuren im Schnee zu zeigen, einen Zoom darauf zu machen und ihrem Blick zu folgen - ausser dass sie jetzt sagen wuerde 'Aus den Spuren lese ich...' (was ich ehrlich gesagt ein bisschen sehr plump faende...) Wenn ihr da eine Idee habt wie man das visuall noch klarer macht - gerne.
(Jetzt mal verglichen mit Aragorn der die Spuren von Hobbits auf einem Schlachtfeld verfolgt ist Cliodhna's Leistung hier eher ueberschaubar...)
Es hieß, dass der Wolf ein Tier gerissen hatte, aber ein anderes hat es mitgenommen. Diese Schlussfolgerung war uns schleierhaft, nicht an sich das mit dem Wolf selbst.
Die Wolfspuren haben wir, check, aber die Spuren des anderen Tieres (welches soll das sein?) fehlen, ebenso wie die Schleifspuren des Opfers. Wenn die Spuren des Wolfes vorhanden sind, müssten die Spuren der anderen involvierten Tiere auch noch zu lesen gewesen sein.
Um das zu verdeutlichen, hätte ich eben den Blutfleck nicht punktuell in den Schnee gemacht, sondern eher ein Miniaturschlachtfeld erschaffen. Beim Reißen eines Rehes, z.B. wehrt sich dieses noch zuvor, es strampelt mit seinen Beinen, rutscht auf dem Boden rum. Dass das Blut nur an einer Stelle ist, hielten wir für unwahrscheinlich. Etwas mehr aufgewühlter Schnee, Blut etwas verstreuter.
Vor allem zum Wegschleifen hätte man einen etwas größeren Holzglotz mit Blut bepinseln und den einfach mal durch den Schnee ziehen können. (Es gibt Kanister mit Kunstblut, die nicht die Welt kosten, vor allem, wenn man vielleicht immer mal welches brauch - Rituale/Zauber)
Selbst wenn es nur ein Hase gewesen sein soll, hätte man die Spuren des Hasen im Schnee vermutlich noch gesehen, die vom Wolf sieht man auch noch.
"Er hat ein Tier gerissen." Ist für die den geschilderten, detailierten Ablauf einfach zu dünn, denn wäre es ein Kleintier gewesen, hätte es auch genauso gut gewesen sein können, dass er es an Ort und Stelle einfach gefressen hat - wobei immer etwas übriggeblieben wäre, da es Dinge gibt, die ein Tier am anderen nicht frisst. Ähnlich wie bei Katzen, die oftmals die Gedärme ihrer Opfer liegenlassen.
Hat ein anderes Tier das Kleintier mitgenommen, hätten immerhin auch ein paar Blutstropfen daraufhinweisen können, dass es mitgenommen worden ist. Ist vielleicht noch mal aus dem Maul gefallen, zweiter (kleinerer) Blutfleck iwo.
Dass alles mit "Tier" abgehandelt worden ist, wirkte etwas so, als hätte man sich nicht festlegen wollen, da der Vorgang und Ablauf recht dünn gewesen ist. Gut sprich: "Wir sagen Tier, dann kann das alles gewesen sein und Ende."
Und wie gesagt, dass hat nichts damit zu tun, dass wir nur nörgeln wollen. Wir finden es faszinierend, wie man sowas auf die Beine stellen kann. Aber es ist nunmal so, dass mehr Augen mehr sehen. Niemand ist perfekt.
Bei Cliodhnas Schlussfolgerung hätte ich eben erwartet, dass dort mehr Hinweise sind, als ein vereinzelter Blutfleck und ein paar Pfotenabdrücke. Weil, wenn ich daran denke, wie ich diese Situ in einem Buch geschildert hätte, hätte ich das auch nicht so gemacht, dass da bloß ein Blutfleck ist und Wolfspuren und ich hätte es auch nicht zweimal bei "Tier" belassen, sondern schon geschildert, was da gerissen worden ist und wer es mitgenommen hat. Uns selbst WENN, es für Tiere untypisch ist, ihre Beute mitzunehmen, hätte man es auf den Geist schieben können, der dort sein Unwesen treibt und das Tier Nr. 2 hat die liegengelassene Beute mitgenommen, um den besessenen Wolf nicht zu begegnen. Das hätte Cliodhna ebenso leise vor sich hinbrabbeln können. "Nicht einmal die anderen Tiere wollen dem Wolf begegnen ..." Man hat ja beim Schreiben ein gewisses "Kopfkino". Würde ich einen Text verfilmen, müsste ich versuchen, dieses Kopfkino umzusetzen. Die "Wieso´s" und "Warum´s" deutlich machen ohne Text.
Also, die Art wie das Thema angegangen wurde hat euch ja ueberrascht und war nicht wie erwartet - so weit so gut, Wenn ich das so lese bekomme ich den Eindruck dass ihr (auch im Ersten) gerne klassische Action gehabt haettet (verbessert mich wenn das nicht stimmt) - aber meiner Meinung nach ist das dann genau der Klischee-Plot wo der Held mit der Axt am Ende eben aufraeumt.
Das 'was Neues machen' geht halt mit dem 'Erwartungen bedienen' ein bisschen ueber Kreuz - wir wollten genau den Punkt probieren anders zu machen dass eine Hexe ein Problem wie einen besessenen Wolf eben magisch loest - das ist das einzige was fuer sie Sinn ergibt.
Wenn man so die Erwartungen des Zuschauers nicht erfuellt sagen manche 'Das war jetzt komisch, haette ich gerne anders gewollt' und manche 'Hey, interessant, hab ich so noch nie gesehen.'
Nein, das stimmt nicht. Wie schon zuvor ist alles Sache der Aufmachung. Klar kann die Hexe ihn verbannen, aber die Situ in der Hütte machte dem Zuschauer ja klar, dass man so gar nichts machen kann, weil Beweise fehlen. Sie können es ihm nicht nachweisen und dann stellt sich die Hexe vor den Mörder und sagt einfach. "Ich weiß es, die Götter wissen es, also geh!" - gefühlt.
Wenn die so spirituell sind, dann hätte das der Mörder ja von vornherein nicht gemacht, weil er die Strafe dafür gefürchtet hätte.
Schwer zu erklären, gerade ...
Er hätte genauso gut sagen können. "Mir doch egal, du kannst mir gar nichts, du hast ja keine Beweise." Er ist gewarnt und lässt die Kette verschwinden.
Dann wären Cliodhna und der Büttel genauso weit wie vorher.
Und selbst wenn er nachgibt, hätte da iwie mehr kommen müssen, als sich rumzudrehen und zu gehen. Die Pointe war iwie zu platt an dem Punkt. (Wobei @Katharina da einen tollen Job gemacht hat ) Ich glaube, ich hätte beim Ritual, bevor sie die Worte spricht, einfach nochmal einen Schwenk in die Ferne gemacht, wie der Mörder mit dem geklauten Pferd, was er ja hat, von dannen zieht. Wie Cloidhna eben in die Ferne sieht und da dann der Mörder auch zu ihr sieht und geht (mit der schönen Musikuntermalung). Beide wissen, was die da machen.
Der Retter mit der Axt hätte nicht zwangsläufig sein müssen, aber Cliodhna hatte im Grunde auch keinen Grund, sich dem Kerl alleine zu stellen. Der Büttel hätte einfach zur Sicherheit mitgehen können, dabei sein können, sagen können, dass er auch die Kette kennt und Cliodhna nicht allein mit der Wahrheit ist. Immerhin ist der Büttel ja wichtig, hängt bei den Ältesten des Dorfes rum, das wird der Mörder auch wissen. Uns fehlte da etwas der Nachdruck. Das war alles.
Nach 15 Jahren Geschichten erfinden und Aufschreiben ist es eben so, dass ich kaum noch einen Film gucken kann, ohne gewisse Stellen zu hinterfragen. Das ist quasi ne Krankheit.
Aber genauso gehe ich an meine Geschichten ran und bin froh, dass ich mit jemanden wie @Chaos Rising schreibe, der meist meiner Meinung ist, dass "das ist ebenso" nicht so stehengelassen werden kann. Wir schreiben so, dass alles sein Grund hat. Wir bedienen uns auch Klischees, wenn es passt und arbeiten nicht gegen sie, wenn es keinen Sinn macht. Denn manche Klischees, gerade in der Reaktion von Menschen, lassen sich nicht gut umgehen, da der Mensch eben ist wie er ist und es einen Grund hat, warum manche Klischees existieren.
Das Rad lässt sich auf keinen Fall neu erfinden und manches muss man dann eben so stehenlassen wie es ist. Bei klischeelastigen Filmen und Büchern muss man eben auf die Umsetzung und Details achten. Was ist anders, was hat man sich dabei gedacht.
Und nochmal: Bitte fühlt euch von uns nicht in eurem Tun angegriffen. Wir schildern nur unsere Gedanken zum Gesehenen. Wie bei Kritiken zu Geschichten hier, hat das nie einen persönlichen Hintergrund, sondern wir machen ja auch Gegenvorschläge und sagen nicht einfach: "Gefällt mir nicht." Wir begründen, was uns gefällt und was wir eben anders gemacht hätten, weil ...
Ich kann mir die Arbeit dahinter vorstellen und hab selbst mit Leuten geredet, die schon Kurzfilme gemacht haben. Ich kann mir den Aufwand dahinter sehr gut vorstellen - auch die Kosten.
Kurzfilm eines Stammkunden von mir -- klick mich.
Wir haben vor und nach dem Dreh lange darüber gefrotzelt. Auf der Burg, wo das gedreht worden ist, habe ich nebenbei mal gearbeitet, mein Mann auch, macht er heute noch, weil ab und zu aushelfen, da dessen "Onkel" sozusagen dort oben der Buchhalter ist.
Mir ist der Aufwand bewusst und ich denke, man lernt immer dazu. Von sich selbst und von anderen. Daher, alles feini und macht das weiter so. Solange ihr Spaß dabei habt, ist das ja das Wichtigste. Und man sollte sich den Spaß daran auch nicht verderben lassen.
Liebe Grüße
Jennagon