Beiträge von Thorsten im Thema „Rauhnächte (Clíodhna Teil 5)“

    Am Ende habe ich mich gefragt, ob die Hexe nun wirklich ihren gewohnten Weg verlassen hat, nur weil Rordan sie getadelt hat.


    Ich denke Bran sagt den entscheidenden Satz: 'Niemand kann alles wissen - nicht einmal die Hexe.'

    Sie begreift in dem Moment, dass sie sich in eine ungute Ecke manoevriert hat - viel in den Episoden vorher ist sie ja beschaeftigt, sich moeglichst von allen unabhaengig zu machen. Sie will zum Beispiel von Rordan zur Sturmzinne gefuehrt werden, aber bittet ihn nicht darum sondern manoevriert ihn in eine Position wo er es von sich aus anbieten muss. Ein anderes Beispiel ist eben dass sie nie jemanden nach Schneeschuhen gefragt hat. Jetzt versucht sie die Kranken zu heilen ohne wirklich etwas ueber sie zu wissen - eben auch weil sie ihre Unabhaengigkeit demonstrieren will - und keinesfalls als eine weniger gute Kopie von Fionnula wahrgenommen werden will.

    Aber es geht eben so nicht - wie Bran sagt, auch Fionnula war ja nicht so, auch sie hatte Leute im Dorf denen sie vertraut hat und die ihr die Dinge sagen mussten die sie als Hexe schwer mitbekommen konnte.

    Cliodhna begreift hier das gleiche - dass Rordan in vielem Recht hat, bessere Medizin plus Nocebo-Effekt ist nicht so gut wie etwas schlechtere Medizin plus Placebo Effekt - die Leute muessen dran glauben dass sie geheilt werden, sonst bringt es nichts. Und weil sie ziemlich schlau ist, begreift sie auch dass sie sowas ohne jemanden wie Rordan nie erfahren haette, weil ihr das sonst niemand deutlich ins Gesicht sagt.

    Das ist dann der Moment, wo ihr klar wird, dass sie es wie Fionnula machen muss und jemandem aus dem Dorf vertrauen muss - denn niemand kann alles wissen, nicht mal die Hexe.

    Also - Rordan hat den Denkprozess ausgeloest, aber er ist nicht eigentlich die Ursache dafuer dass sie beginnt die Dinge anders zu machen.

    Wer die Geschichte von Anfang an verfolgt hat, kann sich jetzt mal anschauen wie wir das im Film umgesetzt haben - heute war Premiere (mit vollem Haus und Presse vor Ort...) und wir sind stolz euch Teil 5 der Serie - Rauhnachtfluch - zeigen zu koennen:

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    Lob, Kritik und andere Anmerkungen willkommen :)

    Dank grosszuegiger Unterstuetzung des Landhotels Kumpunen die uns ihr Kaminzimmer fuer zwei Stunden angeheizt und als Drehort zur Verfuegung gestellt haben - hier ein Bild aus der Eingangsszene in der die Zwillingsschwestern Ailbhe und Caoimhe miteinaner streiten.


    (Ja, es ist die gleiche Schauspielerin :D )

    Ich mag ja Heilkräuter und alles was damit zusammenhängt. Möglicherweise könnte man dazu im Film etwas machen. Getrocknete Sträuße vor den Türen, um das Böse abzuwenden. Oder die "Kräuterapotheke" der Hexe/Heilerin.

    Das ist uns auch wichtig, und da haben wir schon fuer die Sommerfolge ('Sturmzinne') versucht einzufangen wie die Hexe ihre Apotheke auffuellt:


    (Aus dem Mädesüß im ersten Bild machen wir tatsaechlich Sirup der nicht nur gut schmeckt (hat ein Bittermandelaroma) sondern auch gegen Kopfschmerzen hilft - da ist recht viel Salicylsaeure drin).

    Fuer die Rauhnaechte wird da sicher auch was von der Thematik zu sehen sein.

    Okay, ich bin ueberrascht...

    Die Geschichte macht ja eigentlich schon eine Gemeinheit - sie faengt als eine eher Episches an (der Fluch, die Krankheit,...) und wechselt zwischendrin zu der Beziehung zwischen Rordan und Cliodhna (und nimmt dabei das epische als blossen Hintergrund). Und das passt denke ich in Serie mehr weil die Beziehnung halt an einen langen Handlungsstrang vorher anknuepft und die Aufloesung des anderen Themas auf spaeter vertagt werden kann.

    Aber schoen dass es Dir gefaellt!

    Ja. Er verbannt seine Emotionen, um nicht zu zeigen, wie wütend er momentan noch auf sie ist. Das glaube ich zumnidest an der Stelle.

    Da muessen wir dann wohl aufpassen... Meine Idee hier war dass Rordan schon laengst nicht mehr wuetend ist - bestenfalls enttaeuscht. Er ist niemand der sich in Wut reinsteigern kann oder lange Groll hegen kann - ich denke er verbannt seinen Emotionen weil er vermeiden will dass die Situation wieder eskaliert.

    Muss ich mal mit Katharina diskutieren wie wir das darstellen.

    aber es könnte auch so wirken, dass seine Unsicherheit mit dem Eis und so sich jetzt nicht auf das Friedensangebot oder diese mir nicht auf anhieb klare Brücke, sondern auf das finden des Blutmooses bezieht.

    Hm, die Idee das auf das Blutmoos zu beziehen ist mir gar nicht gekommen...

    Danke fuer diese Einblicke - beim Schreiben sieht man sowas selber nie...

    So, dann schliess ich mal die Geschichte ab, und Katharina kann dann mit dem Drehbuch das daraus entsteht uebernehmen.

    (Wie gesagt, als 'Stand-alone' Geschichte gesehen finde ich das Ende auch unbefriedigend, aber als Teil einer Serie macht es mehr Sinn...)


    Es war ein klarer Tag mit einem tiefblauen Himmel - auch wenn es selbst die Mittagssonne nicht über die Bergketten schaffte. Schnee und Eis glitzerten an den Zweigen der Bäume und der Atem dampfte in der kalten Luft. Am Horizont reckten sich die Gipfel in die Höhe, fern und unerreichbar, alle von der majestätischen Gestalt der Eiszacke überragt.

    Rórdán stützte sich auf seinen Speer und sah den Hang hinunter. Bisher war die Jagd erfolglos gewesen, in keiner der Fallen hatte sich ein Tier verfangen, und auch die Spuren der Elche die er gefunden hatte waren schon alt - zu alt als daß es sich lohnen würde, eine Gruppe von Jägern zu sammeln und nochmal auszuziehen. Aber eigentlich war er mit seinen Gedanken ohnehin nicht bei der Jagd.

    Die letzten Tage waren... seltsam gewesen. Auf mehr als eine Weise.

    Zuerst der nächtliche Marsch zum Gnomenstein, wo er im Schnee mit erstarrten Fingern nach Blutmoos gescharrt hatte, in der wilden Hoffnung daß es tatsächlich noch da war wo er sich erinnerte. Clíodhna, die ihn am nächsten Tag mit unbewegtem Gesicht gefragt hatte ob er sie vielleicht ab und zu begleiten könnte wenn sie nach den Kranken sah. Sie hatte seither mit keinem Wort zu ihm zugegeben daß er vielleicht Recht gehabt hatte - aber für ihre Verhältnisse kam das alles schon einem Eingeständnis gleich... Keiner von ihnen hatte die harten Worte, die zwischen ihnen in der Nacht gefallen waren je wieder erwähnt - beide redeten wenig, nur das was für die Arbeit zusammen nötig war. Aber es war auf eine seltsame Weise angenehm mit Clíodhna zu arbeiten, irgendwie war die Befangenheit die immer zwischen ihnen geherrscht hatte weg.

    Er schüttelte nachdenklich den Kopf.

    Und dann waren da die guten Nachrichten... Die Rauhnächte warren vorbei, und die ersten Kranken begannen sich zu erholen. Treasa hatte gestern eine ganze Schale Eintopf gelöffelt, und die Farbe kehrte langsam wieder in Unas Gesicht zurück.

    Vielleicht hatten sie das Schlimmste überstanden...

    ***

    "Rórdán?"

    Die Stimme der Hexe klang nachdenklich. Rórdán blickte sie über den Tisch hinweg fragend an. Er hatte sich schon gefragt warum sie ihn noch zu einem Tee in die Hütte gebeten hatte.

    "Es gibt da etwas..." Clíodhna seufzte. "Die Wahrheit ist...", begann sie erneut. "`Die Wahrheit ist, ich war nicht immer fair zu dir." Rórdán versuchte ihren Blick einzufangen, aber sie starrte auf die Teetasse vor ihr, die sie nervös hin und herschob. "`Du hast einmal mein Leben vor dem Wolf gerettet ohne daß ich dir je dafür gedankt hätte... Ich hatte es nicht gewußt, und du hattest es nie erwähnt... "

    Endlich sah sie auf und blickte ihm direkt in die Augen: "Aber das ist nicht alles. Du hast es ein zweites Mal getan, damals auf der Sturmzinne, als du mich aus dem Kreis gezogen hast. Wenn du das nicht getan hättest - wäre ich vermutlich für immer in der Anderswelt gefangen gewesen. Viel hat nicht gefehlt, und ich hätte den Weg zurück nicht mehr gefunden. Und auch dafür habe ich dir nie gedankt. Sondern ich habe dich angeschrien."

    Rórdán setzte an etwas zu sagen. aber sie hob schnell die Hand: "Sag' jetzt nichts - das ist schwierig genug." Sie seufzte. "Es ist nicht immer leicht, die Hexe zu sein - aber das kannst du nicht verstehen wenn ich nicht wenigstens irgendwann versuche es zu erklären." Für einen Moment starrte sie wieder auf ihre Hände, dann sah sie wieder auf:"Meinst du, wir könnten es nochmal versuchen miteinander auszukommen? Aber diesmal besser?"

    Für einen Moment glaubte Rórdán in ihren Augen zu ertrinken, so intensiv sah sie ihn an, und diesmal war er es der den Blick senkte und auf den Tisch starrte, dann langsam nickte und seine Hand ausstreckte.

    Und als sie ihre Hand über den Tisch streckte, lag all der Zauber des wiederkehrenden Lichts nach der langen Dunkelheit in ihrer Berührung.

    ***

    Die Katze huschte durch den Schnee, zwischen die Bäume, dann den Hang hinauf. Oben angekommen huschte ein Schatten über die Welt, wie ein kurzes Blinzeln der Wirklichkeit. Die alte Hexe richtete sich auf, zog sich die Kapuze zurecht und drehte sich dann langsam um um nachdenklich zurück ins Dorf zu blicken.

    Clíodhna, die falsche Hexe - ihre Magie war stark, stärker als erwartet. Aber wie sie erwartet hatte, Clíodhna verstand das Tal nicht, war hier nicht verwurzelt. Alleine hätte sie es nie schaffen können, den Fluch zu brechen - es war ein anderer Einfluß der ihr zu Hilfe gekommen war - der Gehilfe des Schmiedes. Rórdán.

    Aber vielleicht war er der Schlüssel, vielleicht sollte sie ihre Anstrengungen auf ihn richten? Sie nickte langsam - ein Kampf war verloren, aber nicht der Krieg. Sie hatte Zeit, viel Zeit...

    hier wirkt es so, als würdest du das als eigenständigen Teil schreiben, weil sie ja im vorherigen Part beim Streit mit Rordan bereits die Lippen so zusammenpresste °-°, also sinngemäß: Streit mit Rordan - Lippen zusammenpressen. Streit vorbei, sie bleibt allein in der Hütte - wieder Lippen zusammengepresst.

    Da hast Du recht, das funktioniert im geschriebenen Text nicht gut.

    (Der Hintergrund hier ist dass ich einen Wink an die Drehbuchautorin @Katharina geben will mit welchem Bild die Szene anfangen soll...)

    Ich denke er versteht was davon, müsste er es dann nicht wissen, statt es in Frage zu stellen xD ?

    Das ist ein guter Punkt auf den Du mich da aufmerksam machst - ich hatte im Kopf dass Cliodhna natuerlich eine Tinktur aus Blutmoos verwendet - Rordan hingegen kennt den Geruch der frischen Pflanze - aber steht so nicht da.

    Wahrscheinlich sollte im Film eine kurze Sequenz kommen wo man Cliodhna was destillieren sieht oder so.

    Ueber das Blutmoos hatte ich mit Katharina eine Weile diskutiert, denn wir wollten den Eindruck vermeiden dass Cliodhna in der Szene als komplett inkompetent rueberkommt - immerhin ist sie die Hexe und hat von Heilkunst schon viel Ahnung. Unsere Loesung war daher dass sie schon weiss wie man Blutmoos verwendet (Rordan kann es nur finden, nicht die Tinktur zubereiten), und sich auch im Sommer ein paar Stellen gemerkt hat wo es waechst, aber dass Rordan sich eben in der Gegend besser auskennt und deshalb im Zweifelsfall einfach mehr davon finden kann.


    Schließlich wollte sie ja mit ihm brechen

    Ja, man darf den Protagonisten nicht immer alles glauben was ihnen so im Moment durch den Sinn geht (das ist, zugegebenermassen, eine etwas gemeine Irrefuehrung des Lesers von meiner Seite - aber ich mag die Spannung die dadurch entsteht dass man sich ihren Sinneswandel zwischen der und der naechsten Szene im Nachhinein vorstellen muss...)


    Das stört mich irgendwie an der Stelle, weil das gefühlt zu spät komm


    Kannst Du genauer beschreiben was Dir durch den Kopf geht?

    Meine Idee zu der Szene war:

    Am Anfang ist Rordan im Wesentlichen fertig mit Cliodhna - er verbannt alle Emotion und will nur noch 'professionell' mit ihr reden und nicht ueber sie als Person nachdenken.

    Dann baut sie sozusagen eine Bruecke, indem sie indirekt zugibt dass er Recht gehabt haben koennte und nach seiner Hilfe fragt. Danach erst ist Rordan bereit wieder vorsichtig auf sie zuzugehen und diese Bruecke auszutesten.

    Nicken und dann nochmal bestätigte finde ich doppelt gemoppelt

    Stimmt.


    Der Teil war insgesamt ganz gut, aber irgendwas fehlte mir, dass ich leider nicht zu beschreiben grad vermag

    Ich fuerchte auch das Ende wird Dich leider nicht vom Hocker hauen - die Geschichte funktioniert nicht so wahnsinnig toll ausserhalb der Serie, weil das dramatische Hauptthema zwischen Rordan und Cliodhna halt sehr in das was vorher war eingebettet ist (es endet auch mit einem Cliffhanger...)

    Was die *** betrifft - das ist im Film leichter, weil wir Szenen ja kurz einleiten koennen - wir koennen einfach 3 Sekunden eine Szene zeigen um einen Ort und eine Zeit zu setzen, oder was im Text Rueckblende ist wird im Film eine Sequenz von Bildern aus denen klar wird dass Zeit vergeht. Ich gestehe dass ich mich dafuer beim Aufschreiben jetzt nicht sehr bemueht habe :|

    Wir naehern uns dem Ende...


    Clíodhna starrte in die Flamme der Kerze die vor ihr auf dem Tisch stand, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepreßt. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Als ob ihm die Tatsache, daß er Fionnula ein paar Mal begleitet hatte, schon das Wissen einer Hexe über Heilkunst geben würde! Als ob er irgend ein Recht hätte, so mit einer Hexe zu reden!

    Die Flamme vor ihr hatte keine Antwort, sie flackerte nur leise und ließ die Schatten in den Ecken ihrer Hütte tanzen.

    Ungebeten kam ihr Rórdán in den Sinn wie er ihr entgegengeschleudert hatte daß es nicht die Aufgabe einer Hexe sei, nach einem Mörder zu suchen, daß die Tradition eine andere Rolle für eine Hexe bereithielt. Rórdán wie er sich besorgt über sie beugte nachdem er ihren Kreis überschritten hatte und sie aus der Anderswelt gerissen hatte - den Kreis den sie ihm eindringlich verboten hatte jemals zu überschreiten!

    Sie schnaubte verächtlich. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals auf irgend jemanden so wütend gewesen zu sein. Er war letzten Winter als erster aus dem Dorf als Bote der Ältesten zu ihr gekommen, und sie hatte ihm mehr als eine Chance gegeben mit ihr zusammenzuarbeiten - aber wie sollte das gehen mit jemandem der sich nicht in seine Rolle fügen wollte, der ständig ihr Wissen und ihre Erfahrung in Frage stellte?

    Es war Zeit, endgültig mit ihm zu brechen.

    Sie atmete tief aus nachdem sie den Entschluß gefaßt hatte. Nur fühlte sie sich deswegen kein bisschen besser.

    ***

    Rórdán legte einen Scheit auf die letzte Glut von Siofra's Herdfeuer und blies vorsichtig bis ein paar kleine Flämmchen aufzüngelten. Es war immer noch zu kalt in der Hütte... aber was konnte er schon tun?

    Er erhob sich. Siofra schlief - die letzten Tage war sie immer schwächer geworden. Das Reiffieber war keine Krankheit die schnell tötete wie manche anderen Seuchen vor denen sich die Menschen in der Stadt fürchteten - wer an ihm erkrankte konnte für ein oder zwei Wochen im Fieber liegen und wurde immer schwächer. Manche erholten sich irgendwann und begannen zu essen und wieder zu Kräften zu kommen, bei anderen zeigten sich irgendwann die weißen Flecken auf der Haut und sie starben. Niemand konnte sagen warum es manche traf und andere nicht... Wieder weigerte er sich den Gedanken weiter zu denken Siofra zu verlieren...

    Mit einem Seufzer wandte er sich zu Treasa und beugte sich hinunter um ihre Stirn zu fühlen. Überrascht hielt er inne - konnte es wirklich sein? War sie kühler geworden? Murmelnd drehte sich das Mädchen wieder auf die Seite und Rórdán zog die Decke über sie.

    Nachdenklich starrte er durch die schwach erleuchtete Hütte. Seine Augen verengten sich und er zog die rauchige Luft durch die Nase ein. Da war etwas... Konnte das wirklich der Geruch von Blutmoostinktur sein?


    ***

    "Rórdán, auf ein Wort!"

    Der Schmiedegehilfe ließ das Bündel Holz wieder zu Boden sinken und drehte sich langsam um. In der Dämmerung zeichnete sich zwischen den Schatten der Bäume die Gestalt der Hexe ab.

    "Clíodhna.", sagte er, jede Emotion aus seiner Stimme verbannend und nickte kurz mit dem Kopf.

    Eine Weile sahen die beiden sich an. Rórdán war sich nicht sicher ob die Hexe ihn durch ihr Schweigen nervös machen wollte oder ob sie einfach auch nicht wußte wie sie beginnen sollte, aber er war grimmig entschlossen nicht als erster zu sprechen. Vielleicht hatte er eine Grenze überschritten, sich in Dinge eingemischt die ihn nichts angingen - aber... er war mit sich im Reinen. Hundert Mal hatte er seitdem über die Worte nachgedacht die gefallen waren, und hundert Mal hatte er den Tonfall bereut in dem er sie gesprochen hatte, aber nicht was er gesagt hatte. Und wenn sie ihn jetzt dafür hassen wollte... dann war das ihre Sache.

    "Du hast gesagt, daß du oft für Fionnula oder Caoimhe Kräuter gesucht hast.", unterbrauch Clíodhna seine Gedanken. Ihre Stimme war leise - nicht unsicher, aber vorsichtig. "Ja, das stimmt.", bestätigte er.

    Clíodhna biß sich auf die Lippen, dann holte sie tief Atem: `"Weißt du, wo man hier noch mehr Blutmoos finden kann? Ich habe alle Vorräte von Fionnula aufgebraucht, und auch die Stellen die mir im Sommer aufgefallen sind schon abgegrast - aber ich brauche noch mehr."

    Sein Herz begann auf einmal schneller zu schlagen. War das... ein Friedensangebot? Von Clíodhna?

    Er nickte. Vorsichtig, wie jemand der sich über dünnes Eis tastete, antwortete er: "Ja, ich denke ich kann noch welches finden - soll ich gleich gehen und es nachher zu deiner Hütte bringen?" - "Das würde mir sehr helfen.", sagte die Hexe ebenso vorsichtig.

    Mich irritiert das Wort Büttel... oder Dorfbüttel... das sind doch im Grunde Gardisten, die die Wache in Städten übernehmen?


    Ja, der Buettel ist eigentlich historisch ein Gerichtsdiener, ein bisschen sowas wie ein Polizist, der aber auch selbst bei kleinen Faellen die Autoritaet hat zu ermitteln.

    Man erfaehrt im ersten Teil der Serie dass Rordan auch 'sowas wie der Buettel' des Dorfes ist - er schlichtet zum Beispiel Streit oder fuehrt Gespraeche im Auftrag der Dorfaeltesten (es wird nicht so gesagt, aber wenn noetig setzt er auch den Willen der Aeltesten durch). Das Dorf ist recht klein,etwa 120 Einwohner, also gibt's da normalerweise nicht so wahnsinnig viel zu tun, aber im Teil 2 sieht man ihn nach einem Moerder im Dorf suchen.

    Cliodhna verwendet das ein paar Mal recht abfaellig wenn sie auf Rordan sauer ist und laesst es dann gerne ein bisschen so wie 'Handlanger' klingen..


    Allerdings muss ich zugeben dass ich Cliodhna nicht wirklich mag
    (...)
    Bei mir ist eher Rordan der Sympathieträger in der Geschichte bisher

    Sie sind beide so ein bisschen zwiespaeltig angelegt - bei Cliodhna ist das mit ihrer Rechthaberei eher offensichtlich, bei Rordan eher verborgen - er macht halt irgendwie nicht so waahnsinnig viel mit seinem Leben - man erfaehrt in diesem Teil dass er 'irgendwann' mal den Hof der Eltern aufbauen wollte aber es nicht getan hat, man erfaehrt in Teil 3 dass er nicht verheiratet ist weil er seine Jugendliebe nicht bekommen hat und dann keine andere wollte, er ist immer noch der 'Gehilfe' des Schmiedes (nicht etwa der Lehrling oder Geselle) und wohnt auch noch beim Schmied...

    (Ich mag keine glatten Charaktere die nur sympathisch sind, ich mag eher die in der Grauzone die eben auch ihre Fehler haben...)

    Sicherlich hat Rordan irgendein Instrument in den Händen, mit dem er schleift?


    In der Tat :) Da geben wir ihm mal schnell einen Wetzstein.

    Hier meinst du wahrscheinlich: wer eine kranke Familie im Haus hat

    Ja, stimmt.

    Hier musste ich auch eine Weile überlegen, wieso er das jetzt gerade erzählt. Denn ursprünglich ging es ja darum, ob Fionnula Kranke geheilt hat und ob Ciodna es auch tut. Deshalb dachte ich zuerst, er wäre total vom Thema abgekommen.
    Ob Fionnula auf Dorfbewohner gehört hat, hat damit ja (eigentlich) nicht unbedingt etwas zu tun?

    Hm, ja - kennst Du das Gefuehl wenn Du jemanden um einen Rat zu einem Ding fragst und er antwortet was scheinbar ganz anderes und Du denkst 'Was soll das jetzt???' - und begreifst erst spaeter wie er die eigentliche Frage beantwortet hast die Dir noch gar nicht bewusst war?

    Diesen Prozess wollte ich bei Rordan hier einfangen - ich stelle mir vor dass man ihn vielleicht auch irritiert aufschauen sieht in was fuer Erinnerungen sich der Schmied jetzt schon wieder verliert oder so. Und dann sein Begreifen am Ende sieht dass es gar nicht darum geht ob er Recht hat, sondern darum was er tun muss wenn er glaubt dass er recht hat.

    Persoenlich finde ich dieses indirekte und die Spannung die dadurch entsteht ganz schoen - aber vielleicht moegen noch mehr Leute kurz was zu sagen?

    So, jetzt geht's hier auch mal wieder weiter:


    "Du wirkst abwesend, Rórdán."

    Die Stimme von Bran, dem Dorfschmied, riß ihn aus seinen Gedanken. Er blickte auf seine Hände, die immer noch mechanisch mit einem Wetzstein die Schneide einer Axt schliffen die sie heute fertig gestellt hatten.

    "Verzeih, Meister Bran.", antwortete er. "Es... Es ist eine schwierige Zeit. Für uns alle."

    Der Schmied zog einen Hocker heran und setzte sich Rórdán gegenüber. "Aber das ist nicht alles, oder? Ich kenne dich jetzt auch schon eine ganze Weile." Rórdán seufzte. "Nein, das ist nicht alles." Er schwieg einen Moment um sich seine Gedanken zurecht zu legen.

    "Was, wenn ich zur Überzeugung gelangt wäre, daß es nicht hilfreich für das Dorf ist, was die Hexe tut?" Der Schmied sog scharf die Luft ein und sah seinen Gehilfen prüfend an: "Du suchst dir nie die leichten Probleme, oder?" Rórdán lachte bitter. "Nein - wohl eher nicht.", gab er dann zu. "Ich weiß auch nicht warum sich alle von mir eine Lösung erwarten - erst hat mit Caoileann ihr Leid geklagt, dann Aislinn... und so ging es weiter. Clíodhna ist nicht wie Fionnula, das weiß ich..."

    Er seufzte. "Aber ich glaube, was sie gerade tut ist ein Fehler - wer eine kranke Familie im Haus hat sollte sich keine Sorgen darum machen müssen ob die Hexe wirklich heilt! Ich weiß es steht mir nicht zu, so etwas zu sagen..."

    Bran erhob sich schweigend, ging in den Nebenraum und kam mit zwei Zinnbechern wieder zurück, reichte einen davon seinem Gehilfen und setzte sich wieder. Der scharfe Geruch eines Obstbrandes stieg Rórdán in die Nase.

    "Trink!", sagte Bran und folgte seiner eigenen Empfehlung. Rórdán genoß das scharfe Brennen in seinem Hals und die Wärme die sich in seinem Magen ausbreitete.

    "Du kennst Fionnula nur als die unnahbare Alte.", begann der Schmied. "Kein Wunder - du bist zu jung um ein anderes Bild von ihr zu haben. Und sie hat sich auch große Mühe gegeben den Anschein aufrecht zu erhalten daß sie nur ihrem eigenen Rat folgt und daß niemand in die Angelegenheiten einer Hexe hineinzureden hat."

    Bran nickte in Gedanken verloren. "Aber es gab Leute im Dorf auf die sie gehört hat. Nicht viele - ein oder zwei. Aber es gab sie. Wenn du es recht überlegst, mußte es sie auch geben. Niemand kann alles wissen, nicht einmal die Hexe. Versteh' mich nicht falsch - niemand hat das je an die große Glocke gehängt, und wenn jemand je damit geprahlt hätte, daß er Fionnula von irgendwas überzeugt hat oder zu irgendwas gebracht hat, dann gnade ihm die Göttin. Aber wenn du der Überzeugung bist daß Clíodhna einen Fehler macht - dann ist es nicht ohne Vorbild, daß du sie darauf aufmerksam machst."

    Rórdán schnaubte: "Warum ich? Außerdem - sie ist nicht gerade die einfachste Persönlichkeit..."

    Der Schmied zuckte die Schultern: "Ich kann dir keinen besseren Rat geben - wenn du meinst, daß du nicht der richtige bist, dann laß es bleiben."

    ***

    Der Mond schien hell genug, um den in den Schnee getretenen Weg zu beleuchten. Es war eine der Nächte, in denen es bitterkalt werden würde - so kalt daß der Atem in der Nase gefror, im Hals schmerzte und Stirnhaare und Augenbrauhen in Reif hüllte...

    Trotzdem wurde Rórdán langsamer und blieb schließlich stehen. Die Hexenhütte war schemenhaft vor ihm zwischen den Bäumen zu erkennen. War es das richtige, mit der Hexe zu reden?

    Er schüttelte den Kopf. Noch war Zeit, einfach zurück zu gehen. Clíodhna hatte eine scharfe Zunge - und die feste Überzeugung daß sie wußte was sie tat. Die Hexe konnte freundlich sein und ihn fast wie einen guten Freund behandeln - oder sie konnte schroff, abweisend und verletzend sein wenn sie das Gefühl bekam, daß jemand zu tief in ihren Angelegenheiten stocherte.

    Er holte tief Luft. Es war besser, die Dinge schnell anzugehen, unangenehmes hinter sich zu bringen - statt die nächsten Tage mit dem Gefühl zu leben, davor Angst zu haben.

    Mit ein paar schnellen Schritten trat der an die Tür des Hexenhauses und klopfte. Zu spät, um sich jetzt noch umzuentscheiden...

    Clíodhna öffnete und blickte ihn überrascht an, zog eine Augenbraue hoch: "Rórdán? Komm rein - was gibt es wichtiges?"

    Das Innere der Hexenhütte war dämmrig, nur eine einzelne Kerze brannte, und im Kamin glomm noch Glut. Bündel von Kräutern hingen von der Decke und die Näharbeit, an der Clíodhna wohl gerade gearbeitet hatte lag auf dem niedrigen Tisch. Warme Felle bedeckten eine Bank und einen Schlafplatz am Boden.

    Mit einem Seufzer setzte er sich auf einen Hocker, fuhr sich mit den Händen durch das Gesicht das in der plötzlichen Wärme brannte und blickte dann die Hexe an: "Clíodhna ... wäre es nicht besser, das Reiffieber mit Blutmoos zu behandeln so wie Fionnula das getan hat?" So, nun war es heraus.

    Eine Zornesfalte erschien auf der Stirn der Hexe: "Wenn du den ganzen Weg gekommen bist, um mit das zu sagen, dann hättest du auch im Warmen bleiben können.", entgegnete sie schroff. "Ich weiß schon was ich tue."

    Rórdán legte den Kopf zur Seite und sah sie skeptisch an. "Ach ja?", entgegnete er. "Und wie soll das funktionieren, Menschen zu heilen die Angst vor dem Heilmittel haben?" Er kniff die Lippen zusammen und erinnerte sich daran, daß er eigentlich ruhig bleiben wollte - es war schärfer herausgekommen als er beabsichtigt hatte.

    Clíodhna schnaubte und Zorn blitzte in ihren Augen: "Versuche ich dir was über das Schmieden beizubringen? Was glaubst du wer du bist daß du plötzlich so tust als würdest du auch nur irgend etwas von der Arbeit einer Hexe verstehen?"

    Das konnte ja wohl nicht wahr sein!? Rórdán lachte verächtlich: "Die Arbeit einer Hexe? Wirklich? Ausnahmsweise irrst du dich, Clíodhna - wir reden nicht von Magie, wir reden von Heilkunst. Und ob du's glaubst oder nicht, davon habe ich tatsächlich etwas Ahnung. Oder was glaubst du, wer für Caoimhe sieht wenn sie Heilkräuter sammelt? Was glaubst du, wer für Fionnula losgezogen ist wenn sie sich zu schwach gefühlt hat und ihre Vorräte auffüllen mußte? Was glaubst du wer mit Fionnula gegangen ist und die Arbeit nach ihren Anweisungen gemacht hat wenn es Brüche zu schienen gab, oder ein Gelenk eingerenkt werden mußte?"

    Die Hexe starrte ihn wütend an: "Und du glaubst, das bißchen Erfahrung gibt dir irgendwie etwas, das an die Weisheit einer Hexe herankommt, Dorfbüttel?", zischte sie.

    Heiße Wut kochte in ihm hoch, und er erhob sich vom Hocker und höhnte mit ätzender Stimme: "Was besseres als diese Zeile fällt dir nicht ein, Clíodhna? Die Weisheit einer Hexe? Davon hab' ich nun wirklich genug von dir zu sehen bekommen seit du hier im Tal bist! Du rennst mit einem lächerlich dünnen Umhang hier durch die Kälte, du stolperst ohne Schneeschuhe durch hüfttiefe Schneewehen - und das sollen wir dann Weisheit nennen? Oder auf die Sturmzinne wollen und nicht einmal daran denken ein Seil mitzunehmen? Und dich gerne ganz alleine in Gefahr begeben - wenn ich dir damals nicht gefolgt wäre und diesen Wolf durch pures Glück noch mit dem Speer erwischt hätte kurz bevor er dich anspringen würde, dann wärst du jetzt tot - so weise bist du!"

    Er schüttelte wütend den Kopf und funkelte Clíodhna an die bleich und mit zusammengepreßten Lippen zurückstarrte während eine trockene Stimme in seinem Kopf fragte, ob er jetzt endgültig zu weit gegangen war. Aber da war zu viel was sich angesammelt hatte und hinaus mußte: "Jedem Heiler sollte klar sein daß der Kranke daran glauben muß, gesund zu werden - und dem Heiler vertrauen muß. Das war eines der ersten Dinge die Fionnula mir beigebracht hat - erstaunlich dass dir das mit all deiner Weisheit nicht klar ist!"

    Abermals schüttelte er energisch den Kopf, und dann setzte er noch hinzu: "Und jetzt schluck' deine verdammte Weisheit runter, geh' und mach deine Arbeit und heil' die Kranken - so wie sie dir vertrauen können weil sie es gewohnt sind. Mit Blutmoos, wie Fionnula das gemacht hat, und wie alle Hexen vor ihr das hier im Tal gemacht haben. Ich weiß daß du nicht Fionnula bist - aber das heißt nicht daß sie alles falsch gemacht hat, oder du alles umstoßen mußt was es hier an Gewohnheiten und Traditionen gibt! Verdammt noch mal!"

    Die Tür knallte hinter ihm in die Angeln während er ohne sich umzusehen in die kalte Nachtluft hinaus stiefelte.

    Langsam verflog sein Zorn. So viel zu der Idee, die Hexe von irgend etwas zu überzeugen...

    Für einen Moment leuchtete das Amulett in gleißendem Licht auf als Clíodhna die Worte des Banns murmelte und erhellte die Anderswelt. Seine Strahlen versengten die dunkle Kraft des Fluchs die wie Spinnweben um sie her hingen und ließen sie zu Staub zerfallen.

    Dann war es vorbei.

    Sie öffnete die Augen und blinzelte in flackernden Feuerschein und Kerzenlicht, so viel schwächer als das Licht der Anderswelt. Das Mädchen, Úna, lag vor ihr, Schweißperlen auf der Stirn, das Fieber ließ ihre Züge wie Wachs wirken.

    Clíodhna richtete sich auf, und kramte in dem Beutel den sie mitgebracht hatte, förderte eine gläserne Phiole zu Tage in der eine grünliche Flüssigkeit schimmerte. Sie blickte zu Caoileann. Die andere Frau erwiderte ihren Blick nur zögernd, etwas wie Angst lag darin. Clíodhna seufzte innerlich und maß dann etwas von der Flüssigkeit in einen Becher ab.

    "Gib ihr davon jeweils einen Schluck am Morgen und am Abend. Und halte sie warm - die Hitze muß die Krankheit besiegen. Sie wird viel schwitzen, also sieh zu daß sie genug Wasser bekommt. Wenn die Göttin es will, wird sie sich in ein paar Tagen erholen und das Fieber wird sinken. Ich habe getan was getan werden kann - der Rest liegt nicht in meinen Händen."

    Caoileann biß sich nervös auf die Lippe während Clíodhna die Phiole wieder einpackte. "Ist etwas?", fragte die Hexe, ein wenig schärfer als sie es beabsichtigt hatte. Caolieann holte tief Luft, nickte dann hastig: "Die ehrwürdige Mutter Fionnula hat immer Blutmoos gegeben...", begann sie leise.

    Plötzlicher Ärger stieg in Clíodhna auf - nicht nur daß die Dorfbewohner erwarteten, daß sich die Hexe um sie kümmerte, nein, sie mußte anscheinand alles genau so wie ihre Vorgängerin machen um sie zufrieden zu stellen!

    "Ich bin nicht Fionnula.", fuhr sie Únas Mutter barsch an. Wie viele Jahre würde es dauern bis die Dorfbewohner aufhören würden sie mit der alten Hexe zu vergleichen? "Und ich habe meine eigenen Methoden - diese Essenz hilft den Kranken besser als Blutmoos." Caoileann nickte hastig. "Ich wollte nicht...", flüsterte sie.

    Die Hexe schnaubte ärgerlich und griff dann nach ihrem Beutel und dem Mantel - es gab mehr als genug zu tun, und es war wahrlich keine Zeit sich mit allen möglichen Befindlichkeiten der Dorfbewohner abzugeben.

    ***

    Rórdán starrte in den Becher Bier der vor ihm stand als ob er versuchte, dort eine Antwort zu finden.

    Selbst in der Taverne war es still geworden. Die wenigen Dorfbewohner die sich herein verirrt hatten waren einsilbig. Vermutlich ging jedem das Gleiche durch den Kopf. Wer würde der nächste sein?

    Seine Arme schmerzten - Gräber in die gefrorene Erde zu hacken war harte Arbeit, und es fast jeden Tag zu tun... Die letzten Tage begannen in seiner Erinnerung zu verschwimmen. Der Anblick eines neuen Toten der aus einer Hütte getragen wurde. Verweinte Gesichter. Der kahle Boden unter dem Schnee. Das Geräusch der Hacke die sich tiefer und tiefer grub. Das Totenritual und der Rauch der in den Himmel aufstieg. Die letzten Worte der Hexe - und schließlich ein Stein der langsam vom Schnee zugedeckt wurde - das war alles was blieb...

    Er nahm einen Schluck aus seinem Becher. Keine Antworten dort...

    Schritte kamen heran. Müde sah er auf. Caoileann... Er nickte ihr zu, versuchte Mitgefühl und Hoffnung in seinen Blick zu legen. Sie hatte einen Mann der im Sterben lag und ein krankes Kind zu Hause - wer war er, daß er sich hier selbst bemitleidete?

    "Rórdán, kann ich einen Moment mit dir reden?", fragte sie leise, fast verstohlen. Er nickte: "Ja, klar. Was ist?"

    Sie setzte sich auf die Holzbank neben ihm, rang nach Worten. "Hast du... Ich meine, hast du das Gefühl, daß du Clíodhna vertrauen kannst?", stieß sie schließlich hastig hervor, zögerte dann noch einen Moment. "Ich meine, du warst mit ihr unterwegs..." Ihre Stimme verklang.

    Mögliche Antworten schossen ihm durch den Kopf. Sie ist die Dorfhexe. Aber er wollte Caoileann nicht mit offensichtlichen Dingen abspeisen. Sie hat kein Gefühl dafür, wann sie andere verletzt. Nein, das wäre schlecht über die Hexe geredet.

    "Was liegt Dir wirklich auf dem Herzen?". fragte er schließlich sanft. Caoileann schluckte. "Es ist... ", begann sie, und dann brach es aus ihr in einem schnellen, von leisem Schluchzen unterbrochenen Wortschwall heraus: "Ich habe Angst, Rórdán. Fionnula hat bei hohem Fieber immer Blutmoos gegeben, auch damals als das Reiffieber im Dorf war - und das hat das Fieber immer gesenkt und die Kranken sind wieder zu Kräften gekommen. Aber Clíodhna meint, daß die Hitze gut ist... Und sie hat für Aedan und Úna einen Trank bereitet, ich weiß nicht was. Aber sie werden immer schwächer, ich kann Úna schon kaum mehr dazu bringen einen Schluck Wasser zu trinken! Sie erkennt mich nicht mehr, Rórdán - meine eigene Tochter erkennt mich nicht mehr! Was soll ich denn bloß tun?"

    Hilflos legte er ihr den Arm um die Schultern. "Es wird alles gut, Caoileann.", murmelte er. "Clíodhna weiß, was sie tut - auch wenn sie andere Dinge tut als Fionnula." Sie wischte sich Tränen aus den Augen und sah zu ihm auf: "Meinst du?"

    Rórdán nickte. Aber er wünschte sich, er könnte seine eigenen Worte glauben. Manchmal war es nicht gut, zu viel zu wissen...

    5x wird Reiffieber gesagt und 2x Rauhreiffieber, davon einmal auch nur gedanklich. Letztlich soll die Krankheit ja eigentlich Rauhreiffieber heißen... haben die alle keine Lust noch das "Rauh" auszusprechen xP ? Kann mans dann nicht gleich allgemein in Reiffieber umbennen? Oder man könnte machen, dass nur die Hexe es Rauhreiffieber nennt...


    Da ist Deutsch ein bisschen sperrig - auf Englisch soll es ja 'Rime-Fever' werden und auf Finnisch wahrscheinlich 'Huurrekuume' - Reif-Fieber hat aber den Nachteil, dass man die Assoziation zu Rauhreif vielleicht verpasst und statt dessen eher an (Arm-)Reif denkt und meint die Symptome sind vielleicht irgendwie rote Ringe an den Gelenken oder so.

    Daher die Idee 'Rauhreiffieber' zu 'Reiffieber' im gesprochenen Text zu verkuerzen (wie man auf Deutsch ja auch von Polio-Impfung statt Poliomyelitis-Impfung redet). Also ja, die haben keine Lust das immer ganz auszusprechen :)

    ich fände es besser, wenn Caoimhe, wenn sie die Hütte betritt, zuerst angesprochen wird und dann erst die ganzen Sinneseindrücke auf sie einfahren... so siehts dann aus, dass sie die Hütte betritt. Schweigen. Sie nimmt erstmal alle Gerüche auf und erst wenn sie fertig ist mit schnuppern, wird sie nach einer Pause angesprochen


    Die schnuppert nicht lang - das merkt sie alles sofort, genau wie Du sofort den Raum auf einen Blick erfassen wuerdest. Wir koennen das nur nicht so schreiben und lesen :)

    und sie könnte ja mal anklopfen, wäre auch nicht verkehrt xD

    Ja, es ist ein kleines Dorf, die Leute kennen sich - das ist in unserem (echten) Dorf hier auch so, du gehst oft einfach zur Tuer rein wenn Du jemanden um eine normale Zeit besuchst (klopfen hoert man manchmal auch schlecht).

    Ist ein bisschen ungewohnt fuer jemanden aus der heutigen Zeit, aber funktioniert ganz gut.

    Und wieso wird Rordan in der Hütte erstmal komplett ignoriert als er sie betritt?


    Weil ja Caoimhe als Heilerin kommt, und er ist nur als Helfer da - und Caoileann ist sehr besorgt und wartet darauf dass sich endlich jemand um ihre Familie kuemmert - da geht ihre Hoeflichkeit ein bisschen unter.


    ich weiß nicht wie es anderen ergangen ist, aber ich dachte dass sie die weißen Flecken nur im Gesicht bekommen - da hab ich mich geirrt... das kam nicht so eindeutig durch, bis jetzt (für mich persönlich)


    Sorry, versteh' ich jetzt nicht? Die weissen Flecken sind ein fortgeschrittenes Stadium der Krankheit, man kann schon vorher an ihr sterben bevor sie auftreten - wenn sie auftreten, dann kommen sie am ganzen Koerper, aber man sieht sie oft als erstes im Gesicht weil die Leute ja unter Decken sind.


    Am Rande noch eine Frage... warum fragt eigentlich Ailbhe nicht die Hexe schon um hilfe und wartet stattdessen noch drauf dass Rordan und Caoimhe sich erst sicher sind, dass es Rauhreiffieber ist?


    Einmal weil die Hexe dem Dorf nicht verpflichtet ist - sie ist keine Helferin des Dorfes die man einfach rufen kann, sondern sie ist dem Gleichgewicht im Tal verpflichtet - und zum Gleichgewicht gehoert geboren werden und sterben. Wenn man eine Hexe einfach so ruft weil halt jemand krank ist, dann wird sie hoechstens aergerlich, aber sie sieht es nicht als ihre Aufgabe jeden Kranken zu heilen - fuer sie gehoert es dazu dass auch Menschen sterben, weil es eben Teil des Gleichgewichts ist.

    Generell ist es heikel die Hexe um Hilfe zu bitten - ihren Aerger will niemand herausfordern - und die Dorfbewohner wissen das auch und sind sehr vorsichtig damit.

    Zum anderen weil Ailbhe in Folge 3 die Hexe schon recht energisch mit einem Problem angegangen ist, und sie (zu Recht) vermutet, dass sie persoenlich keinen guten Eindruck bei Cliodhna macht wenn sie jetzt schon wieder auftaucht.

    "Vertraue auf die Göttin und mach dich auf deinen Weg, denn durch ihre Macht wirst du wiedergeboren werden um neu zu leben und neu zu lieben.", erklang Clíodhnas Stimme durch die klare Nachtluft.

    Rórdán starrte auf die Schale in der der Wacholderzweig verglomm und seinen Rauch zu den Sternen sandte die hoch über ihnen kalt glänzten. Für einen Moment hielt die Hexe inne, dann fuhr sie fort: "So sei es!" - "So sei es!", murmelte Rórdán tonlos und mit ihm die anderen Dorfbewohner in einem Halbkreis um ihn herum.

    Der dritte Tote innerhalb einer Woche...

    Die Worte des Rituals sollten Kraft und Hoffnung geben, Hoffnung auf den Kessel der Wiedergeburt und die Gnade der Göttin, aber im Moment fühlte er nichts davon. Drei Tote innerhalb einer Woche - und das war nur der Anfang. Reiffieber wütete im Dorf.

    Um ihn herum wurden Kapuzen über den Kopf gezogen, die Menschen schlangen ihre Mäntel fester um sich und verabschiedeten sich mit hastig gemurmelten Worten um schnell aus der Kälte und nach Hause zu kommen. Rórdán spürte die beißende Kälte an seinen Wangen brennen - er war schon den ganzen Tag draußen, die kurze Zeit der Helligkeit hatte er damit zugebracht, ein Grab in die vereiste Erde zu hacken.

    Und das war nur der Anfang...

    Die Hexe stand noch vor der Schale mit der Glut, die Augen geschlossen und die Arme ausgebreitet und murmelte etwas unhörbares - die geheimen Worte, die die Seele sicher in die Anderswelt geleiten würden.

    Hinter ihm verklangen die knirschenden Schritte der letzten Dorfbewohner. Nur er und die Hexe standen noch hier. Rórdán blickte dem schwächer werdenen Rauch nach, hoch zu den Sternen, wo den alten Sagen nach das Tor zu der Spirale des Pfades war, der erste Schritt auf dem Weg zum Kessel der Widergeburt. Er seufzte. Es fiel schwer zu glauben, daß seine Eltern und sein Bruder dort oben sein sollten... Alles was er je gespürt hatte, war, daß sie nicht mehr da waren...

    Die Hexe schlug die Augen auf, und Rórdán holte tief Luft: "Auf ein Wort, Clíodhna."

    "Rórdán.", sagte sie kühl und neigte ihren Kopf zur Seite. Er seufzte innerlich - seit der Reise zur Sturmzinne hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt... Nicht daß er es danach noch gewollt hätte.

    Er gab sich einen innerlichen Ruck und beschloß, nicht um den heißen Brei herumzureden: "Das Dorf braucht eure Hilfe, ehrwürdige Mutter.", begann er, absichtlich die formelle Form der Anrede für eine Hexe verwendend. "Das Rauhreiffieber geht um. Und das ist jenseits von Caoimhe's Heilkunst."

    Clíodhna nahm die Neuigkeit ohne eine sichtbare Regung entgegen. Wußte sie etwa schon davon? Für eine Weile musterte sie ihn schweigend. "Bist du sicher?", fragte sie schließlich.

    Rórdán unterdrückte den aufsteigenden Ärger - wann würde sie endlich die Dinge ernst nehmen die er zu sagen hatte? - und nickte: "Ich habe meine Familie vor Jahren beim Reiffieber verloren - und ich erinnere mich noch sehr gut." Er kniff die Lippen zusammen, setzte dann hinzu: "Besser, als ich es mir wünsche."

    Clíodhna sah ihn durchdringend an, nickte dann knapp. "Richte Caoimhe aus, daß ich mich darum kümmern werde.", sagte sie ausdruckslos.

    ***

    Der gemauerte Kamin hatte der Zeit am längsten widerstanden, er ragte noch immer in den Nachthimmel auf. Von den Wänden des Hauses standen schon nicht mehr alle, und das Dach war schon vor Jahren eingestürzt. Ein junger Baum ragte aus einem der Fenster, streckte seine kahlen Zweige den Sternen entgegen.

    Der Wind hatte Schnee gegen die Ruine aufgetürmt, mächtige Wehen die zu den Fenstern hereinkrochen und das morsche Holz weiter splittern ließen. Wie ein weißes Leichentuch deckte der Schnee das Innere des Hauses zu, verbarg die Scherben und Splitter, die dort noch auf dem Boden lagen.

    Rórdán ließ seinen Blick vom Haus über die freie Fläche zum Wald wandern wo der Obstgarten gewesen war. Kurz lachte er bitter. Eine freie Fläche hinter dem Haus gab es nur noch in seiner Erinnerung... Ein Dickicht von jungen Stämmen war in die Höhe geschossen und hatte die Kronen schon geschlossen, und darunter wucherte ein Gestrüpp aus dornigen Ranken.

    Wie lange war es her? Sechzehn Winter... Genug Zeit für den Wald, sich zurückzuholen was man ihm vor langer Zeit abgerungen hatte - die Äcker, die Weiden, den Garten - alles.

    Der Hof hätte ihm nie gehören sollen, er wäre an seinen Bruder gegangen, aber für ein paar Jahre nach dem Fieber hatte er geglaubt, daß er irgendwann hierher zurückkehren würde, mit Freunden alles wieder herrichten, den Acker wieder pflügen und Saat ausbringen, dann mit seiner Frau hier einziehen würde. Irgendwann im Sommer unter den Apfelbäumen sitzen und Kinderlachen hören...

    Es war nie so gekommen. Heiraten und eine Familie... das hatte sich nicht so ergeben. Und aus der Schmiede, wo er zu lernen begonnen hatte, war er nie ausgezogen. Es wäre kein Problem gewesen, mit Freunden eine kleine Hütte zu bauen, aber der Gedanke an die Stille darin im Winter... der hatte ihn immer davon abgehalten. Besser als der Gehilfe des Schmieds in der Schmiede zu wohnen - da war es im Winter warm und man hörte Leben und Lachen von den Wohnräumen nebenan, und im Sommer war er frei durch das Tal zu streifen, auf die Jagd zu gehen und unter dem offenen Himmel zu schlafen.

    Er blickte wieder auf das Haus. Sechzehn Jahre - und jetzt würde es sich alles wiederholen. Keiner wußte warum das Fieber damals gekommen war, warum es in manchen Jahren tötete und dann wieder für so lange verschwand, warum manche an ihm starben und andere sich wieder erholten - nicht einmal Fionnula hatte Antworten auf diese Fragen gehabt.

    Ärgerlich griff er nach einem Eisbrocken zu seinen Füßen und schleuderte ihn auf das Haus, hörte den dumpfen Aufschlag auf das morsche Holz.

    "Zeitverschwendung...", murmelte er schon im Gehen, während seine knirschenden Schritte langsam in der Nacht verklangen.

    Clíodhna zog die letzte Linie des Bannsiegels und sah, wie es vor ihrem inneren Auge einen Moment lang hell aufleuchtete bevor das Licht langsam schwächer wurde.

    Sie öffnete die Augen und blickte in die graue Dämmerung des Waldes während die Erinnerung an die Magie noch alles andere unwirklich und substanzlos erschienen ließ. Auch hier, außerhalb der Anderswelt, spürte sie das Bannsiegel, wie eine lebendige Präsenz in ihrer Nähe. Sie schüttelte den Kopf. Es war kalt, und die Nacht würde noch kälter werden. Es war leicht, in der Anderswelt zu vergessen daß sie einen Körper hatte während die Mächte der Schöpfung selbst sie durchdrangen - aber auch eine Hexe würde krank werden wenn sie zu lange in der Kälte stand...

    Sie seufzte. Der eine Teil der Arbeit war getan - das Dorf war wieder geschützt. Aber das war der leichtere Teil. Ein Fluch wie dieser - der wirkte wie Gift das in eine Quelle tropfte. Es war nicht damit getan, wieder sauberes Wasser zu trinken, jeder der das Gift getrunken hatte, hatte es im Körper, und es würde beginnen dort seine Wirkung zu tun. Wenn man es nicht entfernte...

    Genauso hatte die Macht des Fluches über dem Dorf gelegen, und der Fluch hatte begonnen, sein Werk zu verrichten. Dinge würden beginnen schief zu gehen, Ereignisse einen unheilvollen Lauf nehmen...

    Und in einem tief eingeschneiten Dorf um Mittwinter, in den Rauhnächten - da gab es schon in guten Jahren viele Dinge die schief gehen konnten. Verschimmeltes Heu. Schneestürme, und Dächer die unter den Schneemassen zusammenbrachen. Krankheiten. Wolfsrudel aus den Bergen, die der Hunger dazu trieb ihre Angst vor Feuer und den Menschen zu vergessen.

    Entschlossen preßte sie die Lippen zu einem Strich zusammen - die Macht dieses Fluches mußte auch im Dorf gebrochen werden, wo auch immer die unheilvolle Kraft sich eingenistet hatte. Mit schnellen Schritten setzte sie sich in Bewegung - Zeit nach Hause zu gehen und sich aufzuwärmen...

    ***

    Die Tür knarrte, und plötzliche Wärme fiel auf Caoimhe's Gesicht. Ihr Fuß tastete vorsichtig nach der Schwelle, dann betrat sie Aedans und Caoileanns Hütte.

    Der Rauch und der scharfe Geruch eines Holzfeuers. Der weichere Duft einer Bienenwachskerze. Das Aroma von geräuchertem Fisch und Schinken im Hintergrund, davor die kräftige Note einer Brühe - sie konnte den Kessel über dem Feuer hören. Der Luftzug neben ihr, als Rórdán in die Hütte trat und die Türe hinter ihr schloß, der schwache Geruch von Eisen, Leder und Holzkohle, der ihn fast immer umgab in ihrer Nase...

    "Caoihme - gut daß du da bist!" Caoileanns Stimme drang vom Tisch aus durch den Raum und ihr Widerhall zeichnete seine Wände für Caoimhe nach. Besorgnis lag in Caoileanns Stimme, Caoimhe drehte den Kopf um besser nach den anderen Atemzügen in der Hütte lauschen zu können. Rórdán berührte sie federleicht an der Schulter um sie zu führen, aber sie schüttelte kurz unwillig den Kopf. Da waren Aedans mühsame Atemzüge aus dem Lager in der Ecke, aber... sie runzelte die Stirn. Úna war nicht zu hören, weder in der Stube, noch weiter hinten aus dem Schlafzimmer oder aus dem Stall. Doch - da, ganz schwach, neben dem Feuer.

    "Ist Úna auch krank geworden?", fragte sie. Die Angst in Caoileanns Stimme war unüberhörbar: "Ja - es hat heute morgen angefangen, sie war ganz heiß und wollte nicht aufstehen. Und seitdem ist es schlimmer geworden. Sie spricht kaum noch mit mir!"

    "Rórdán", fragte Caoimhe leise, und fühlte kurz darauf seine Hand auf ihrer Schulter die sie in Richtung auf Úna dirigierte. "Direkt vor dir auf Kniehöhe.", sagte Rórdán leise. Ein verstohlenes Lächeln kam über ihre Lippen - Rórdán war immer so bemüht um sie, daß er sich selbst nach den vielen Jahren, die sie befreundet waren, nicht wirklich vorstellen konnte daß sie nicht orientierungslos war nur weil sie nicht sehen konnte - was auch immer sehen bedeuten mochte. Ihre Welt war voll von Geruch, Klang, Wärme und Luft die ihr über das Gesicht strich und sie wußte ganz gut wo Dinge in dieser Welt waren.

    "Ihre Augen sehen nicht klar aus, und sie hat ganz rote Wangen.", beschrieb Rórdán ihr was er sah, während Caoimhe mit ihrer Hand nach Únas Stirn tastete. Das Mädchen war heiß, und sie wimmerte leise als Caoimhe ihren Hals nach Schwellungen untersuchte. Schließlich richtete sie sich auf. "Sie ist krank, aber sie ist jung und voller Leben - versuch' ihr Eintopf einzuflößen damit sie bei Kräften bleibt und gegen das Fieber kämpfen kann.", wies sie Caoileann an. "Und zur Nacht mach' ihr eine Tasse Weidenrindentee um das Fieber zu senken. Ich denke, sie wird sich wieder erholen. Rórdán kann dir nachher Rinde geben." - "Danke, Caoimhe!" Die Erleichterung in der Stimme war unüberhörbar.

    Wieder fühlte sie Rórdáns Hand, die sie durch den Raum auf die andere Seite führte, vertraut und sicher. Dann hörte sie, wie er scharf den Atem einsog und spürte, wie sein ganzer Körper sich einen Moment lang anspannte. Schon bevor er die Worte aussprach, ahnte sie schon was sie hören würde: "Es sind die Flecken, Caoimhe... Aedan ist totenblaß, und es sind weiße Flecken auf seiner Haut - ich glaube er hat Reiffieber..." - "Göttin, steh' uns bei!", flüsterte Caoileann hinter ihr.

    Caoimhe streckte die Hand aus und ließ sie über die schweißnasse, glühend heiße Stirn von Caoileanns Ehemann gleiten, spürte wie schwach sein Atem ging, tastete tiefer und fühlte den schnellen, fiebrigen Herzschlag.

    Rauhreiffieber! So lange war es nicht mehr im Dorf gewesen, das letzte Mal hatte es vor sechzehn Wintern gewütet. Und es gab kaum eine Familie im Dorf die niemanden an das Fieber verloren hatte. Ihre Eltern, Rórdáns ganze Familie außer ihm selbst... Im Hof am tiefen See waren alle gestorben, Männer, Frauen und Kinder, und seitdem waren die Felder zugewachsen und das Haus verfallen...

    Sie holte tief Atem um die Erinnerung zurückzudrängen. Wenn es der Wille der Göttin war, dann würde es geschehen...

    "Das ist jenseits meiner Heilkunst, Rórdán.", flüsterte sie schließlich. "Du mußt die Hexe um Hilfe bitten."

    "Er ging die letzten Schritte zur Hütte, nahm einen Arm voll Holz vom Stapel, der an ihrer Wand aufgeschlichtet war und öffnete die Tür."
    aufgeschichtet?


    Danke fuer mein heutiges linguistisches Aha-Erlebnis. Ich habe meine ganze Kindheit lang Holz geschlichtet ohne gross drueber nachzudenken - der Duden hat das als bayrisch/oesterreichische Variante mit der Bedeutung 'stapeln' (ich bin bei Augsburg aufgewachsen...) Also ja, sollte ich aendern.

    Als Neueinsteiger zu deiner Kurzgeschichte (ist ja schon Teil 5), erschließt sich mir nicht wer jetzt wen Verräter an der Stelle nennt

    Hm, stimmt. Die andere Hexe hat das zu Cliodhna gesagt (und das ist vom Verstaendnis nicht optimal, weil das alles in Folge 3 passiert, die aber erst in zwei Wochen rauskommen wird...) Muss ich hier klarmachen.

    "Was würde er morgen hier vorfinden?"
    Vllt doch lieber " wie würde er sie morgen hier vorfinden?" °-°
    weil des klingt sonst so gegenstandsbezogen...


    Das war so mein zweites Aha-Erlebnis heute. Ich hab' da natuerlich beim Schreiben nicht gross drueber nachgedacht, ich bin in Rordan rein und hab' einfach geschrieben was ihm durch den Kopf geht.

    Aber wenn ich drueber nachdenke - das passt schon. Er hat Angst, den Gedanken zu Ende zu denken - das so zu abstrahieren (oder Gegenstand- statt Person- wie Du es nennst) - das haelt es von ihm weg, er mag sich nicht 'Wir die Frau die mir wichtig ist morgen tot sein?' denken, davor scheut er zurueck.


    und langsam fange ich an, die nicht mehr als fehlendes Tempo zu empfinden, sondern sie zu genießen.


    :):):) Find' ich schoen!


    Was ich auch spannend finde, sind die Namen. Durch die Filme weiß ich ja, wie einige ausgesprochen werden, aber bis ich erkannt habe, wer Siofra ist, hat es ein bisschen gedauert.


    Du haettest uns mal sehen sollen wie wir mit Hilfe eines Irisch-Lehrbuchs und zweier Online-Lexika und einer Seite mit irischen Aussprachebeispielen versucht haben, einen halbwegs verstaendlichen Zauberspruch zusammenzustellen... :D

    Faellt mir natuerlich erst jetzt ein, aber wir haben natuerlich eine Uebersicht ueber alle Personen die in der Serie vorkommen (daher sind die Beschreibungen von Personen auch knapp gehalten bis nicht existierend - wir wissen natuerlich genau die aussehen...)

    Clíodhna stapfte durch den Schnee. Selbst hier am Rand des Dorfes lag er schon tief. Seit Tagen lagen Wolken über dem Tal, hatten die Berge verhüllt und immer wieder Schauer von weißen Flocken über den Wald geworfen. Es war ihr zweiter Winter hier im Tal, aber an den Schnee hatte sie sich noch immer nicht gewöhnt. Im Süden war er zauberhaft, eine Laune der Natur die den Schlamm und die toten Blätter zudeckte und für ein paar Tage alles neu und frisch erscheinen ließ - hier im Tal war er eine Urgewalt, die Wege für mehrere Monde unpassierbar machte, bis zu den Fenstern emporkriechen konnte und versuchte in jeden Stiefel einzudringen.

    Sie war früh aufgewacht, aus einem Traum an den sie sich nicht mehr ganz erinnern konnte, aber mit einem Gefühl der Unruhe. Etwas war falsch... Und zu einer Zeit wie dieser, in den Rauhnächten, wenn das alte Jahr geendet, aber das neue noch nicht begonnen hatte, wenn die Ordnung der Welt selbst in Frage stand... Zu so einer Zeit tat eine Hexe gut daran, ihren Eingebungen zu folgen.

    Da vorne war die Stelle - der Baum, wo sie eines der Bannsiegel gezogen hatte, die das Dorf während der Rauhnächte schützen sollten.

    Etwas war falsch...

    Jede Hexe, die ihren Besen wert war, konnte die Präsenz von Magie spüren. Aber statt dem Gefühl von Wärme und Leben das hier hätte sein sollen war... Leere. Vorsichtig blickte sie sich um, dann kniete sie sich langsam nieder, nahm einen tiefen Atemzug und murmelte die Worte, die sie hinter den Schleier sehen ließen. Keine Spur mehr von ihrem Bannsiegel, der schützende Kreis um das Dorf war zerbrochen, statt dessen etwas... anderes.

    Sie fühlte eine plötzliche Hitze und gleichzeitig tödliche Kälte, eine zerstörerische Kraft, und dann tauchten vor ihrem inneren Auge dunkle Linien auf, die sich ineinander verschlangen, wieder verschwammen...

    Keuchend tauchte sie aus der Anderwelt auf. Ein Fluch! Ihre Lippen verengten sich zu einem dünnen Strich. Jemand wagte es, in ihrem Tal Magie gegen das Dorf zu wirken, das unter ihrem Schutz stand! Es war nicht schwer zu erraten wer - der selbe jemand, der zu Mittsommer versucht hatte, sie an der Sturmzinne in eine Falle zu locken. Die andere Hexe, die Clíodhna eine Verräterin genannt hatte.

    Sie schnaubte ärgerlich. Das letzte Mal war sie blindlings in die Falle gelaufen, und nur Glück hatte sie gerettet. Dieses Mal - dieses Mal war sie gewarnt, und bereit, ihre Magie gegen die ihrer Feindin zu stellen. Wenn sie die Auseinandersetzung wollte - die konnte sie haben!

    ***

    Rórdán schlug die Jacke um den warmen Tontopf den er in der Hand trug als er aus der Schmiede trat. Ein Schwall von Wärme drang nach draußen und trug den Geruch von Holzkohle und Stahl mit sich. Der gefrorene Schnee knirschte unter seinen Füßen. Die Dämmerung kam früh zu Mittwinter, und die Hütten des Dorfes kauerten sich wie dunkle Schatten von Bergtrollen zwischen die Bäume.

    Das Dorf war nicht groß, und seine Füße fanden den Weg schon von alleine. Trotzdem zögerte er, als die kleine Hütte fast am Rand der Ansiedlung vor ihm lag - was würde er finden wenn er durch die Tür ging?

    Einen Moment lang hielt er inne und ballte die Faust. Warum trafen alle Krankheiten und Unglücksfälle immer die, die ohnehin kaum etwas ihr Eigen nennen konnten? Aber die Antwort war einfach - weil Siofra's Familie nicht wie er in der warmen Schmiede schlafen konnte, sondern weil sie sich im Herbst entscheiden mussten ob sie Nahrung oder Feuerholz für den Winter sammeln wollten. Weil sich Siofra nicht neue, mit Fell gefütterte Stiefel leisten konnte, sondern sich überlegen mußte ob sie lieber für sich oder für ihre Tochter Treasa Schuhe kaufte... Weil ihr Mann ein verdammter Tunichtgut war, der das wenige was sie hatten in der Taverne durchzubringen versuchte . Deshalb traf das Fieber immer zuerst die, die nichts hatten, so einfach war das.

    Wenn es nach ihm ging, hätte er Siofra liebend gern das Geld für einen warmen Umhang gegeben. Oder für neue Schuhe. Oder ihr das Feuerholz gemacht. Und inzwischen... inzwischen hätte Siofra wohl auch ihren Stolz hinuntergeschluckt und diese Dinge angenommen. Aber es schickte sich nicht...

    Es war eine der wenigen Gelegenheiten gewesen, an denen ihn der Schmied getadelt hatte, und er erinnerte sich noch gut an das Gespräch.

    "Rórdán - es ist nicht angemessen, der Frau eines anderen Geschenke zu machen - vor allem nicht solche Geschenke. Es ist die Aufgabe des Ehemannes, für seine Familie zu sorgen, nicht die von irgend jemand anderem. Das führt nur zu bösem Blut, zu Feindschaft - und Feindschaft ist das letzte, was wir in diesem Dorf gebrauchen können." - "Auch wenn der Ehemann nicht für seine Familie zu sorgen weiß?", hatte Rórdán ärgerlich eingeworfen. Und der Meister hatte genickt: "Ja, auch dann - ich weiß, du wünschst daß manche Dinge hier anders wären, aber das ist nicht den Frieden im Dorf wert."

    Noch immer machte ihn die Erinnerung manchmal wütend - besonders in Momenten wie jetzt. Was war der verdammte Frieden im Dorf wert, wenn er Grabesruhe war?

    Er ging die letzten Schritte zur Hütte, nahm einen Arm voll Holz vom Stapel der an ihrer Wand aufgeschlichtet war und öffnete die Tür. Es war kalt in der kleinen Stube, das Feuer war schon fast heruntergebrannt, und nur ein einzelnes flackerndes Licht erhellt den Raum. Und es roch nach Schweiß und Krankheit. Er stellte den Tontopf, den er gebracht hatte auf den Tisch, kniete sich dann vor die Feuerstelle, warf ein paar Scheite auf die ersterbende Glut und blies sanft, bis die ersten Flämmchen züngelten.

    "Rórdán, bist du das?'", fragte Siofras schwache Stimme aus dem Bett. Er erhob sich und trat zu der dick in Decken eingewickelten Gestalt, deren Gesicht er im Feuerschein nur erahnen konnte und berührte ihre Wange. Sie war glühend heiß unter seiner Berührung. "Ja - ich hab' Fleischbrühe mitgebracht, damit ihr wieder zu Kräften kommt."

    Siofra hustete schwach, dann drehte sie sich zur Wand. "Ich... bring nichts runter... Morgen vielleicht... ", sagte sie, in jeder Pause nach Luft ringend. "Gib sie... Treasa... " Er seufzte und schüttelte den Kopf, atmete dann tief durch: "Morgen also - du kommst wieder zu Kräften, ja? Versprich mir das?" Ein weiterer Hustenanfall schüttelte die magere Gestalt auf dem Bett.

    Was würde er morgen hier vorfinden?

    Rórdán drehte sich zum anderen Lager, wo ein blonder Haarschopf unter den Decken hervorschaute. Er schüttelte das Mädchen vorsichtig an der Schulter: "Treasa - wach auf und iß ein paar Löffel Brühe!"

    Erst mal der naechste Abschnitt:


    "Wie kannst du so ruhig bleiben?" Ailbhe hielt einen kurzen Moment in ihrer nervösen Wanderschaft vor der Feuerstelle inne und sah ihre Schwester entnervt an, dann fuhr sie fort: "Moran ist gestern gestorben, ein Dutzend ist schon am Fieber erkrankt, und heute morgen sind drei weitere dazugekommen. Und du..."

    Caoimhe drehte leicht den Kopf, fixierte einen Punkt irgendwo in weiter Ferne hinter dem Kamin und sagte nachdenklich: "Wenn es der Wille der Göttin ist..."

    Ailbhe schnaubte ärgerlich. Nicht darüber daß ihre Schwester sie nicht ansah wenn sie mit ihr redete - wer mit einer blinden Zwillingsschwester aufwuchs ignorierte solche Dinge - sondern darüber, daß Caoimhe wie immer in ihrer Traumwelt lebte und sich weigerte die Dinge wahrzunehmen wie sie nun einmal waren.

    "Der Wille der Göttin! Und wer soll im Frühjahr die Felder machen wenn mehr Leute sterben? Erst letzten Sommer der endlose Regen, zu wenig Heu in den Scheunen - und jetzt das Rauhreiffieber! Wie soll uns der Wille der Göttin da weiterhelfen?"

    "Du weisst nicht, ob es Reiffieber ist.", meinte Caoimhe. "Rórdán sagt, er kann es nicht sicher erkennen." Ailbhe schnaubte. "Rórdán - der ist der Gehilfe des Schmiedes - was versteht der davon? Moran war weiß wie der Schnee als er gestorben ist. Und wenn er noch einen Tag länger gelebt hätte, dann hätte man auch die Flecken gesehen. " - "Das kannst du nicht wissen.", widersprach Caoimhe leise.

    Ailbhe fuhr herum und nahm ihre Wanderschaft wieder auf. "Vielleicht nicht sicher - aber es ist besser jetzt vorsichtig zu sein als es später zu bereuen. Ich erinnere mich gut an das letzte Mal, als wir Reiffieber im Dorf hatten. Unsere Eltern... Und die Hälfte meiner Freundinnen hat das Frühjahr nicht gesehen. Hast du das alles schon vergessen?"

    Ein Schatten huschte über Caoimhe's Gesicht als ihre Gedanken zu dieser schrecklichen Zeit zurückwanderten. "Nein - aber was erwartest du?", antwortete sie schließlich. "Was sollen wir denn deiner Meinung nach tun? Rórdán holt mich nachher wieder ab und wir gehen die Runde, ich habe Geißblattsud vorbereitet, Weidenrindentee und Wickel so wie Fionnula sie immer bei Fieber gemacht hat. Willst du lieber, daß wir uns einschließen und die Kranken alleine sterben lassen? Hoffst du, daß es so von alleine endet?"

    Ailbhe ballte die Fäuste und schüttelte dann langsam den Kopf. "Nein... Aber wozu hat dieses Dorf eine neue Hexe, wenn du dich dann um das Reiffieber kümmerst während sie in ihrer Hütte sitzt?"

    Caoimhe blickte in weite Ferne, als ob sie dort etwas viel interessanteres sehen konnte als ihre Schwester. "Wenn wir sicher sind, daß es Reiffieber ist - dann werde ich Clíodhna um Hilfe bitten."

    Abermals schnaubte Ailbhe. "Dann sieh' zu, daß ihr euch bald sicher seid... "', meinte sie grimmig.


    @All:

    Wir haben lange ueber den Namen der Krankheit diskutiert die in der Folge im Dorf umgeht. Der erste Arbeitstitel war 'Der Schwarze Tod', aber das ist schon zu ausgenudelt. Ich wollte dann den Bezug zu Mittwinter und den Rauhnaechten, und es sollte irgendwas sein was sich auch bildhaft darstellen laesst - so sind wir am Ende auf '(Rauh)-Reiffieber' gekommen. Die Idee ist dass die Kranken sehr blass und fleckig geschminkt werden als haette Frost sie befallen. Ein anderer Vorteil ist dass es mit 'Rime-Fever' eine ganz griffige englische Uebersetzung gibt.

    Aber falls jemand eine bessere Idee hat - wir sind durchaus fuer Vorschlaege zu haben.


    @Yvonne:

    Also, erst mal Danke fuer das Lob :)

    Im Prinzip würde ich schreiben, wie der Schauspieler agieren soll.


    Naja, das ist dann was das Drehbuch tut - da stehen die Anweisungen was die Leute tun sollen und der Text den sie sprechen.

    Deswegen ist diese Passage und die weiteren folgenden für mich in der Geschichte überflüssig. Sie haben für einen Film keine Bedeutung und ich wüßte nicht, wie man das darstellen kann, außer eine Off-Stimme erzählt.


    Da fallen mir jetzt drei verschiedene Antworten drauf ein.

    Erst mal die pragmatische - das kann die Drehbuchschreiberin entscheiden was ueberfluessig ist und was in den Film soll, das ist hier beim Schreiben der Geschichte nicht meine Aufgabe. Ich muss hier unmoegliche Dinge vermeiden - wir koennen keine Szene machen in denen eine Horde Orks aus dem Wald stuermt (keine Darsteller dafuer, keine Masken, keine Kostueme), oder wir koennen keinen Bruecke ueber eine tiefe Schlucht ueberqueren (kein passender Drehort in der Naehe) - aber ansonsten darf ich einfach eine Geschichte spinnen und ideen in den Raum werfen - und wenn das Drehbuch geschrieben wird, werden die rausgesucht die dann verwendet werden.

    Das zweite ist - ich versuche hier in der Geschichte schon eine Stimmung des Szene zu setzen wie sie dann im Film erscheinen soll. Die Mittel mit denen wir das tun sind hier und am Ende natuerlich verschieden - hier verwende ich literarische Stilmittel, spaeter vielleicht einen tint-Filter, eine bestimmte Kamerafuehrung oder einfach die Bildsprache - aber die Stimmung soll nachher erscheinen. Und das Drehbuch ist da sehr schlecht die Idee dieser Stimmung zu bewahren - das ist ein eher technisches Werk voll mit Anweisungen. Die Stimmung die hier unter anderem mit dem Satz transportiert werden soll ist - es ist eine alte, erfahrene Hexe die nicht mehr auf Aeusserlichkeiten schaut, sondern direkt das Wesen der Dinge sehen kann. Kann man sich dann im Drehbuch ueberlegen wie man es darstellt.

    Und die dritte Antwort - ich denke wenn es genau so wichtig waere, koennte man es schon darstellen. Etwa: Kameraperspektive auf den Stein, der Dolch und die Schale im Fokus. Fokus aendert sich, sie werden unscharf, gleichzeitig wird an der Stelle wo sie waren jeweils ein anderer Videostream eingeblendet der das innere Wesen (die Elemente Feuer und Wasser hier) zeigt - cross-fade zu der Sequenz die Vulkan und Eissturm ueber den Gipfeln zeigt, Stimme aus dem Off 'Die alten Geschichten sagen, die Welt ist aus Feuer und Eis erschaffen'...

    Oder so.

    bigbadwolf:

    Okay, da hatte ich mich wohl irgendwo unklar ausgedrueckt in meiner Beschreibung, sorry.

    Also, die Idee fuer den Plot haben wir schon - das rankt sich um Rauhnaechte und die extra-Tage des Jahres die man nach Mittwinter dem Mondkalender hinzufuegen muss dass er auf einen Sonnenkalender passt - die galten in alten Zeiten als Tage ausserhalb der normalen Ordnung, wo die Grenzen zur Anderswelt duenn sind, und wo man extra-vorsichtig sein muss (nennen wir heute die Zeit zwischen den Jahren, da ist noch ein Echo von mit drin).

    Ausserdem passiert was neues zwischen Rordan und Cliodhna etc. Ich bin jetzt an dem Punkt wo ich diese Idee zu Papier bringe, also konkret ausformuliere. Das ist also hier nicht so verschieden von anderen Geschichten die gepostet werden waehrend sie entstehen - und genauso sind weitgehend aehnliche Kommentare auf was ich hoffe - es ist jetzt einfach den Plot umzuschreiben wenn was unlogisch erscheint, oder eine Szene zu aendern wenn eine andere Stimmung eingefangen gehoert... (nur, wie gesagt, Kommas sind fuer den Film einfach egal...)

    Ich werde hier also im Lauf der naechsten Tage die Geschichte posten wie sie entsteht (und schauen was fuer Idee, Anmerkungen,... dazu kommen).

    Was Deinen Plotvorschlag betrifft: Hat leider im Gesamtkonzept der Serie ein paar Schwaechen - es spielt um Mittwinter, wir erwarten vielleicht einen Meter Schnee - die Kinder spielen da nicht im Wald, die meisten Dorfbewohner sind drinnen. Ein von einem Geist besessenes Tier (einen Wolf) hatten wir schon in Folge 1, das koennen wir schlecht nochmal machen - und dass die Kinder beim Spielen auf was stossen was ihnen nicht so gut tut ist der Anfang von Folge 4, das koennen wir auch schlecht gleich wieder machen. :(

    Für ein Intro passt es, obgleich es ziemlich viel ist, falls daraus wirklich nur 1-2 Minuten Film werden sollen


    Das ist nicht so viel. Im Film habe ich zwei Kanaele zur Verfuegung um zu Erzaehlen, Bild und Ton. Grade durch Bild kann man sehr schnell Szenen und Stimmungen transportieren - eine Seite stimmungsvolle Beschreibung von einer Lichtung oder so kann ich mit 5 Sekunden Kameraschwenk machen - Du siehst das ja alles immer mehr oder weniger auf einmal vor Dir.

    Stell Dir mal wirklich in bewegten Bildern vor was in der Szene passiert - das ist gar nicht so viel - eine verhuellte Gestalt steht reglos vor einem Stein (kann man vielleicht 6 Sekunden zeigen bevor es anfaengt langweilig zu werden). Vorher ein paar Sekunden Schwenk um die Szene einzufangen. Dann innere Bilder und vielleicht eine Stimme aus dem Off - das sind auch jeweils nur ein paar Sekunden.

    Das Erzaehlen in Bildern ist schon anders als in einem Buch (das find' ich auch so spannend dran...)

    Der Text bildet die Grundlage für eine weitere Folge, ja? Ich nehme aber an, dass da noch Inhalte und weitere Charaktere fehlen, oder?


    Ja - das ist sowas wie der Prolog - die Eroeffnungsszene nachdem das Intro (das das Setting im Tal vorstellt und die wichtigsten Credits zeigt) durchgelaufen ist. Da kommt jetzt natuerlich noch mehr an Geschichte (ich dachte wir posten hier Kapitel fuer kapitel?) - das hier stelle ich mir so als etwa eine Minute an Film vor, je nachdem wie wir das genau umsetzen koennen/wollen.

    Wer sich fuer sowas interessiert, kann hier mal dranbleiben und sehen wie wir aus einer Idee eine Folge von unserem Fantasy-Film machen. Der erste Schritt ist dass wir eine Grundidee fuer einen Plot haben. Im zweiten Schritt wird die dann als Geschichte aufgeschrieben. Die Idee ist, dass wir die Charaktere dann schon kennen, dass wir wissen was jeder in der Situation denkt, und dass wir Cast und Crew was in die Hand geben koennen so dass sie sich vorstellen koennen was wir machen.


    Im naechsten Schritt kommt dann das Drehbuch - da wird's konkret, und z.B. innere Monologe werden irgendwie ins sichtbare Bild und den gesprochenen Text verwandelt, je nachdem wir wir Schauspieler bekommen koennen wird dann unter Umstaenden auch noch umgestellt wie die Szenen strukturiert sind,...


    Und vor Ort am Dreh wird dann vielleicht wieder das eine oder andere anders gesagt oder gemacht weil wir merken das geht so nicht, oder anders besser...


    Aber die konkrete Arbeit faengt immer mit der Geschichte zur Folge an, und an diesem Punkt bin ich jetzt gerade.


    Der Zweck der Geschichte ist, wie gesagt, einen Film draus zu machen, das heisst man schreibt mit angezogener Handbremse - die schoensten Ideen bringen nichts wenn wir sie nachher nicht realisieren koennen (und ich schiele beim Schreiben auch mit einem Auge auf die Drehorte die wir haben...).


    Insofern sind in diesem Stadium generelle Kommentare zum Ablauf etc. auch hilfreicher als Rechtschreib- und Kommakorrekturen. Ich stell auch an passender Stelle noch ein paar konkrete Fragen wo ich speziell nach Anregungen suche - vielleicht kommen ja da auch Ideen, einen Versuch ist's wert.


    Also, los geht's:

    Es war kalt - kalt wie am letzten Morgen der Welt.

    Graues Licht sickerte durch die tief hängenden Wolken, fand seinen Weg durch dicht mit Schnee bedeckte Kiefern und Fichten und erhellte schließlich einen Stein, der wie ein Altar aus dem tief verschneiten Waldboden aufragte - und die Gestalt die davor stand.

    Die Hexe blickte auf den Dolch und die Schale die sie auf dem Stein ausgebreitet hatte ohne die Gegenstände wirklich zu sehen. Es war nicht nötig - diese Dinge waren nicht wirklich, wirklich war nur die Bedeutung die sie hatten.

    Sie konnte die Kälte um sich herum spüren, an ihren geröteten Fingern, an ihren schon fast tauben Wangen und tief in ihren alten Knochen. Die alten Legenden hier im Norden sprachen davon, daß die Welt aus Eis und Feuer erschaffen war. Unten im Süden erzählten sie andere Geschichten, aber niemand der hier stand, das Feuer an den tiefen Wurzeln der Berge spürte und den tödlichen Eiswind, der um ihre Gipfel stürmte, konnte zweifeln was die Wirklichkeit war.

    Feuer und Eis... Das war die Wirklichkeit hinter den Dingen. Hitze und Kälte, Leben und Tod, Erschaffung und Zerstörung. Ein letztes Mal zögerte sie - aber nur einen Moment. Jeder Heiler wußte, wenn eine Wunde eiterte und zu riechen begann, dann war nicht die Zeit zu zögern, dann mußten harte Entscheidungen gefällt werden. Glühendes Eisen konnte manchmal das Schlimmste verhindern - Erschaffung und Zerstörung, keines konnte ohne das andere existieren. Ob ein Heiler den Geruch von verschmorendem Fleisch mochte, ob er die Schreie des Verletzten hören wollte... nichts davon spielte eine Rolle. Manche Dinge mußten getan werden - jeder echte Heiler wußte das. Und sie war die meiste Zeit ihres langen Lebens Heilerin gewesen.

    Sie tat einen tiefen Atemzug, enspannte ihren Blick und sah in die Anderswelt. Nach all den Jahren kostete es sie keine Anstrengung mehr, zwischen den Welten zu wechseln. Grauer Nebel, auch hier, aber da schwebten die beiden Runen vor ihr, substanzlos noch, und dennoch fühlte sie die Macht, die ihnen innewohnte. Die plötzliche Gewalt eines Hagelsturms, der aus dem heiteren Himmel die Ernte zerstören konnte. Und das fiebrige Glühen einer Fackel, Licht das sich selbst verzehrte um ein letztes Mal aufzuleuchten.

    Es war kalt - wie auf den Bergen, so in ihren Knochen. Es war heiß - wie tief unter den Bergen, so der Zorn in ihrem Herzen. Wie oben, so unten. Es war der letzte Morgen der alten Welt, und der erste Morgen einer neuen Welt. Erschaffung und Zerstörung, beides war Eins.

    Sie zog Macht aus den Bergen, von tief unter ihren Wurzeln und von hoch oben an ihren Gipfeln. Sie murmelte keine Worte mehr um die Magie zu kanalisieren wie in ihrer Jungend, statt dessen atmete sie die Macht, blies sie auf die Runen die hell aufflammten. Filigrane Muster breiteten sich vor ihren ihneren Auge aus, gaben ihrem Willen Form und der Kraft die duch sie strömte Gestalt.

    Der letzte Morgen der Welt - der erste Morgen einer neuen Welt. Zerstörung und Schöpfung.

    Ihr Atem vermischte sich mit dem eisigen Wind und trug ihre Magie mit sich, fort von dem Hügelrücken auf dem sie stand, weit hinunter ins Tal.

    Dorthin, wo das Dorf Gleann a Phéine lag.