Es war einfach den Weg zurück zum Labor zu finden. Er war schlicht den Spuren der Armeemänner gefolgt.
Schon von weiten hörte er die Kampfgeräusche. Mensch gegen Zombie. Der Finale Kampf beider Rassen, der das Ende einer von beiden einleiten sollte.
BWÜÜÜHAR!
Das brüllen der Zombies.
RATTATATATATA!
Und die Menschen schossen wild um sich.
Speere flogen durch die Luft und die Zombies rannten wie wilde Bestien kopflos auf die Linie der Armeemänner zu.
Gut zweihundertfünzig Zombies, gegen einhundert Armeemänner. Gegen die Geschosse der Armeemänner konnten die Zombies nichts ausrichten, auch mit ihrer Lederrüstung nicht. Dafür konnten sie einen ganzen Kugelhagel abfangen und einfach weiter stürmen. Die Armeemänner durchlöcherten mit ihren Geschossen einige, aber bei weiten nicht alle, die wie eine stählerne Welle über sie hinwegfegte.
Es war ein reines Schlachtfest, genauso wie Daikasu es von ihnen wollte.
Mit jedem Schritt den Marik näher dem Schlachtfeld kam, stieg auch die Wut in ihm. Wäre Daikasu nicht gewesen, wäre all das nicht passiert, glaubte Marik.
Er musste das Spiel beenden.
Die Schlacht hatte erst vor kurzen begonnen. Damit hatte Marik beim besten Willen nicht gerechnet. Wenn er es nicht besser wüsste, dann haben sich beide Lager wohl in Ruhe aufgebaut und ihre Taktiken besprochen, bevor der Kampf begann. Am wahrscheinlichsten war es wohl anzunehmen, dass Yoschiko das Schlachtfeld bis kurz vor Beginn überwachte. Und sie war nun einmal eine Existenz, bei der man von vorneherein spürte, dass man sich nicht mit ihr anlegen wollte.
Welle um Welle an Zombies stürmte über die Mitte. Marik hingegen lief einfach trotz der Schüsse und Speere durch. Hier und da traf ihn am Körper eine Kugel, Zombies rannten an ihm vorbei oder ihn fast um, doch es kümmerte ihn nicht. Nicht mehr. Wichtiger waren die Spritzen. Er konnte dem Kugelhagel eh nicht ausweichen, dafür hätte er wohl noch mehr Fleisch essen müssen. Wahrscheinlich gab es für ihn nicht mal eine Grenze des Wachstums. Er war eben ein Produkt von Daikasu.
Er betrat ungeachtet aller Verletzungen die er in der kurzen Zeit davon trug einmal mehr den langen Gang und dann das Labor. Die weiße Tür war schwerer aufzubekommen, als er gedacht hätte und das bewies einmal mehr wie unglaublich stark und mächtig Yoschiko sein musste, hatte sie diese quasi mit dem kleinen Finger aufgeschoben.
Nur zwei waren bis hier her vorgedrungen: Sein „Vater“ und der Anführer. Sie prügelten sich wild, stießen alles um und zerstörten dabei die Inneneinrichtung, Schlag um Schlag.
Sein „Vater“ war bereits völlig blutverschmiert im Gesicht, dem Anführer hatte es die Nase schief gehauen.Wer hier wem überlegen war, konnte man nicht sagen. Es spielte auch keine Rolle. Jeder versuchte eine der Spritzen zu greifen, wurde aber von der jeweils anderen Seite abgehalten. Und warum nur die beiden hier im Labor waren? Wer weiß… Marik tippte dabei fest wieder auf Yoschikos Einfluss. Wahrscheinlich wurden neue Spielregeln bekannt gegeben, als Marik noch auf dem Weg hier her war. Anders konnte er sich das nicht erklären. Angeblich sollte sich ja eh alles um Marik drehen. Also war es seiner Bestimmung hier und jetzt auf dem Weg zu den Spritzen zu sein. Denn er war es, der nach den Spritzen griff. Mit beiden Händen packte er zu.
Sein „Vater“ rief: „ Ja ,mein Junge! Töte sie!“
Der Anführer hingegen: „ Töte die Menschen! Töte sie! Räche unsere Prinzessin!“
Woher wusste er vom Tod von Natsuki? Egal. Wahrscheinlich hatte sein „Vater“ es ihm gesagt.
Und nun, mit beiden Spritzen bewaffnet, lag die Entscheidung schwer auf seinen Schultern. Es war im Augenblick vermutlich alles genau so wie Daikasu es wollte. Von Anfang an hatte man von ihm eine Entscheidung für eine der zwei Seiten verlangt.
Für eine musste er sich jetzt entscheiden. Und beide glaubten, dass er auf ihrer stand. Deswegen hatten sie ihn wohl auch nicht aufgehalten.
Was wird Daikasu dazu sagen, sobald er das Spiel beendet? Ist es denn dann wirklich zu Ende oder war das alles am Ende doch sein Plan?
Und nach kurzer Überlegung, nachdem er seine Erlebnisse der letzten Wochen noch einmal durchgegangen war, stellte Marik fest: „ Ich habe mich entschieden.“
Der Anführer und Mariks „Vater“ tauschten einen letzten Faustschlag miteinander aus und blickten dann Hoffnungsvoll zu Marik.
Er hob beide Spritzen in die Luft: „ Beide Seiten haben ihre guten und schlechten Seiten. Die Menschen brauchen die Zombies nicht töten und die Zombies brauchen keine Menschen essen. Ich will weder die Zombies vernichten, noch die Menschen auslöschen. Ich will Frieden!“
Und jagte sie sich in den eigenen Körper.
Der Anführer und Mariks „Vater“ riefen zeitgleich: „ NEEEIN!“
Die Flüssigkeiten versickerten in seinem Körper.
Sie durchströmten ihn, fingen an miteinander zu kämpfen und verschmolzen letztlich miteinander.
Seine linke Hand bekam wie die Feen eine leuchtende Aura, doch die des Menschenfluid. Seine Rechte hingegen bekam die Aura des Zombiefluids. Zusätzlich durchströmte ihn Wissen. Er konnte von nun an Menschen töten wann und wo immer er wollte und er konnte die Zombies ebenso auslöschen, wenn ihm danach war.
Wer von nun an nicht auf seiner Seite war, würde sterben. Er war nun in dieser Welt Gebieter über Leben und Tod. Seine pechschwarzen Augen wechselten ihre Farbe in eine Seite Blau, die andere Grün. Seine Haare wurden schneeweiß. Sein Herz hörte auf zu schlagen, die restliche Wärme und seine letzten Empfindungen verließen ihn. Eine neue Aura, keine leuchtende, sondern die von ihm ausgehende, umgab ihn und verstrahlte eine geringe Menge an Göttlichkeit. Zu guter Letzt: Die Wunde an seinem Kopf und alle anderen Löcher, verursacht vom Kugelhagel zuvor, schlossen sich. Doch Anführer und sein „Vater“ blieben davon unbeeindruckt.
„Es wird keinen Frieden geben!“, brüllte sein Vater und nutzte den Moment der Ablenkung. Er zog eine Pistole aus seinem Stiefel und zielte auf Marik Kopf.
Anführer tat es ihm gleich und hielt plötzlich die kleine Pistole von Frau Klarhilfa in Händen.
PENG! PENG!
Beide schossen. Beide trafen aus kurzer Distanz. Einmal links, einmal rechts in Mariks Kopf hinein, der ihm in den Nacken flog. Glatte Durchschüsse. Blut und Gerhirnmasse klatschten an die Wand. Die Wunden allerdings schlossen sich erneut. Er kippte langsam seinen Kopf wieder in die normale Position und sah beide an.
„Monster“, raunte sein „Vater“.
„ Ihr habt mich erschaffen. Alle beide. Durch euer Handeln. Eure Einflüsse.“
Blut lief plötzlich über die Lippen seines „Vaters“, er fiel auf seine Knie und hustete auf.
Der Anführer hingegen erkannte die Aussichtslose Situation und stürmte aus dem Labor: „ Es ist noch nicht vorbei!“
Marik lief durch den Gang nach draußen und tauchte auf dem Schlachtfeld auf: „ Doch… ist es.“
Noch immer bekämpften sich Mensch und Zombie und wussten nicht, was im Labor passiert war.
Plötzlich landete ein gewaltiges Wesen in der Mitte des Schlachtfeldes, dass schon zahlreiche Zombies und Armeemänner gefordert hatte.
Das Wesen war fünf Mann hoch, schwerer und breiter als ein Panzer und die Druckwelle, als es aus der Luft auf dem Boden knallte brachte jeden für den Augenblick zum verstummen und innehalten.
Das Wesen blickte sich mit leuchtenden, blutroten Augen um. Sein Schatten überdeckte alles und jeden. Seine Aura verstrahlte etwas majestätisches und trieb Mensch und Zombie einen Schauer mit Gänsehaut über den Rücken. Keiner außer Marik erkannte das Wesen.
Es öffnete seinen Mund und brüllte laut: „Wer noch kämpft, den haut Hugo kaputt!!!“
Schüsse, Speere und Nahkampfangriffe blieben aus. So wie bei Yoschiko wusste jeder sofort, der ihn sah: Mit dem neuen Hugo, wollte sich keiner anlegen.
„Kniet nieder vor Marik!“, befahl Hugo.
Und so mussten alle sich Marik zuwenden und niederknien. Keiner wagte sich der Anweisung zu widersprechen.
Drei Jahre später.
Marik stand in einer weißen Robe auf einem Balkon und blickte auf die Menschheit und die Zombies herab, die zusammen ihm zujubelten. Neben ihm stand der riesige Hugo. Ein Jahr hatte es gedauert beide Rassen miteinander zu vereinen. Doch nun war es an diesem Tag endlich so weit.
Es herrschte dank ihm Frieden, als strengen Diktator, der beide Seiten jederzeit auslöschen konnte. Er war für sie mittlerweile eine Gottheit geworden. Von ihm wurden Statuen erbaut und angebetet. Doch dieser Gedanke missfiel ihm, denn es gab nur eine göttliche Figur und das war Daikasu. Daher ließ er sich zum Kaiser krönen, der Gott diente.
„ Ja, das war meine Geschichte…Yoschiko?”
Ein Portal erschuf sich neben ihm. Wie auf Befehl kam Yoschiko in ihrem roten Kimono mit weißen Blütenmuster gemütlich und langsamen Schrittes heraus gewandert.
„Ist Daikasu zufrieden mit dem Ergebnis, dass ich Kaiser der Menschen und Zombies wurde?“
Yoschiko entfaltete ihren Fächer und wedelte sich mit einem unverständlichen Grinsen die Luft zu: „ Zufrieden? Kukuku. Er ist nie zufrieden. Du hast gemacht, was du tun solltest. Oder im Klartext: Alles lief ab, wie Daikasu die letzten Jahrhunderte für Mensch und Zombie herbeigeführt hatte. Seinen Einfluss merkten sie nicht einmal. Niemand merkt ihn. Erst wenn alles geschehen ist und er sich offenbart, nur dann kann man überhaupt merken, dass etwas nicht in Ordnung war.“
„Es gibt da einiges, dass ich noch nicht verstehe. Was wurde zum Beispiel aus Klarhilfa?“
Sie deutete auf Hugo.
„Hugo?“
„Hugo hat kaputt gemacht und gefressen. Komplett.“
„Huh.“
Er richtete seine Worte wieder an oschiko: „Und was soll ich jetzt tun, nachdem die Menschen und Zombies vereint wurden?“
„Woher soll ich das wissen? Daikasu hat mir nichts gesagt. Du bist jetzt ein Spielball ohne Werfer. Ein Auto ohne Benzin. Ein Jojo ohne Schnur.“
„Was war vor Daikasus Ankunft hier eigentlich auf dem Planeten?“
„Vor Daikasu? Nichts. Erst mit Daikasu kam das Leben und der Kampf zwischen den Rassen zu Stande. Alles zu seiner reinen Belustigung. Allerdings, auch wenn ich abschweife, soweit ich weiß, sollte es ursprünglich anders ablaufen. Den Kampf den er ersehnte sollte zwischen dir und der Prinzessin stattfinden. Leider haben die Menschen das Labor gefunden und Hugo die Prinzessin zu den Menschen geführt. So geschah eines nach dem anderen und letztlich wurden die Pläne angepasst.“
„ Und was jetzt? Jetzt wo der Kampf vorüber ist?“
„Hm. Wenn ich es mir recht überlege - Vielleicht hast du Lust dir eine andere Welt anzusehen? Mit anderen Menschen und anderen Mächten.“
„Ich weiß nicht… was wurde eigentlich aus Ross? Er blieb im Schloss zurück als wir dir folgten. Was wurde aus ihm?“
„Fleischsalat. Du fandest ihn lecker.“
Er erinnerte sich an diese eine Schüssel. Es war der beste Fleischsalat, den er je gegessen hatte.
„Die Fleischfresser... was war mit denen? Was hatten sie vor? Ich mein... die führten doch auch etwas in Schilde?“
„Hm, wer weiß“, sagte Yoschiko nur und zuckte mit den Schultern.
„Fein. Eine andere Welt soll es also sein. Hugo? Möchtest du vielleicht auch...?“
Hugo schüttelte den Kopf verneinend: „Hugo muss auf Trudi aufpassen. Hugo traut weder Mensch noch Zombie.“
„Also gehst du sie suchen?“
Hugo nickte.
„Egal wie lange Hugo braucht, Hugo findet Trudi!“
„Dessen bin ich mir sicher“, sagte Marik.
„Können wir?“ drängelte Yoschiko und erschuf neben sich eines ihrer Portale.
Er hielt seine Hand mit einer auffordernden Geste in eine Richtung, in der niemand stand.
„Kommst du?“
Nur für Marik sichtbar saß am Rande des Balkons ein Mädchen mit schneeweißer Haut, kirschroten Lippen, blauen Augen und einem schwarzen Kleid. Sie baumelte mit den Beinen und ließ sie zu den Menschen und Zombies herunterhängen.
Sie war seine Prinzessin, Geliebte, zweite Hälfte und Seelenverwandte. Er hatte damals aus ihrer Leiche Herz und Hirn entnommen und verspeist, damit sie für immer bei ihm sein konnte. Es war nur eine wage Vermutung die er diesbezüglich gehabt hatte. Doch letztlich, auch wenn es Jahre dauerte, war sie wieder erschienen. Erst als kleiner Schatten. Dann als unförmige Kontur. Doch je mehr Zeit verging und ihre Gene mit seinen verschmolzen, erschien sie ihm wieder in voller Pracht. Sie sprang auf, lief an seine Seite und nahm seine Hand. Sie konnte ihn berühren und lächelte ihn an.
„ Gehen wir,“ sagte sie.
So wie sie es sich immer gewünscht hatte. Zwar ohne einen echten Körper, aber an seiner Seite. Für immer.
Und nun? Eine neue Welt galt es zu entdecken!
ENDE