Beiträge von Katharina im Thema „Aus Tenandes' Vergangenheit“

    Ich mochte die Geschichte und auch den zerfledderten Tenandes. Gibt es denn Aussichten auf ein Wiedersehen mit dem Haudegen, vielleicht mit anderer Location? Am Ende hast du ja mit Zarandas da was angedeutet.

    Meet Tenandes -> Die Schwarze Göttin ;) Das ist der Hauptplot, den haben wir gespielt. Die Fragmente hier sind eigentlich nur ein paar kleine Exkurse, die ich mehr für mich selbst geschrieben habe, als ich an der Vergangenheit meines Charakters rumgebastelt habe. In der Hauptgeschichte ist er schon Anfang vierzig und hat einen gewichtigen Posten inne (weshalb anzunehmen ist, dass Zarandas irgendwie von ihm hört).

    Auch die Welt weiß mit ihrem karibischen-Stil zu gefallen. Normalerweise steh ich ja mehr so auf rauen Norden oder mitteleuropäische Landschaften, aber so ein bisschen Piratenromantik hat auch was.

    Credit für die Welt geht an @Thorsten. Die Welt ist sehr komplex und enthält auch den rauhen Norden, wo ich eigentlich auch mal hinwollte, aber die Spielrunden haben sich so in der vierten Geschichte etwas im Sand verlaufen :|

    Ich weiß außerdem nicht ganz wieso, aber irgendwie musste ich beim Lesen die ganze Zeit an das Spiel Risen denken, falls dir das was sagt.

    Sagt mir leider nichts.

    Aber schön, wenn ich auch dich mit Tenandes gut angefüttert habe, vielleicht guckst du ja auch mal in der Schwarzen Göttin vorbei... :)

    So, dann auch noch an euch ein Dankeschön @Kramurx und @Kirisha :)

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    dann vielleicht einfach in Tenandes Gedanken oder so begründen, dass er selbst erkennt, dass lügen bei dem Kapitän nichts bringt

    Schwierig, weil das hier ausschliesslich aus Zarandas' Sicht geschrieben ist - wir erfahren lediglich, was Zarandas denkt, was in Tenandes vorgeht (und ich glaube, ich hatte sogar irgendwo implzit, dass er den Eindruck hat, Tenandes' Widerstand sei gebrochen).

    Und man könnte! vielleicht noch ein bisschen mehr aus Zarandas Sicht schreiben, warum er sich eigentlich nen ehemaligen Piraten und Meuterer an Bord holt... ich mein, es kam nicht so rüber dass er jetzt auf der händeringenden Suche wäre. Und der einzige Vorteil den er glaube ich nannte, war, dass Tenandes mit seiner Erfahrung nur den Matrosensold bekommen würde. Andererseits! ist das gleich wieder ein Nachteil, weil er auf einen... ehm... zu leichten Posten gesetzt wird und vielleicht Befehle hinterfragt. Im groben will ich damit sagen, es erschließt sich mir nicht ganz, so wie es jetzt steht, warum er ihn überhaupt einstellt, wenn der einzige Vorteil der genannt wurde(glaube ich), von all den Nachteilen die Zarandas hat an Zahl und Gewicht überwiegt wird

    Ich sehe schon (auch anhand der anderen Kommentare), dass das nicht ganz klar geworden ist (kann es wahrscheinlich nur, wenn man Zarandas schon etwas kennt) ^^ Ich werde mal sehen, ob ich noch ein bisschen mehr Information zu seinen Beweggründen reinbringen kann. Andererseits will ich dem Leser auch nicht immer alles auf die Nase binden, ein paar Gedanken kann der sich schon selbst machen. Aber vielleicht erleichtere ich ihm das ein bisschen :)

    Was ich nicht so gerne mag ist, wenn du über längere Passagen hinweg bei einem Gespräch zwischen zwei Leuten indirekte Rede benutzt. Das liest sich mühsam und macht einfach nicht so viel Spaß (meine Meinung). Ich würde aus allen diesen Passagen direkte Rede machen. Dann klingt es gleich viel lebendiger.

    Komisch, dass du das sagst. Ich hab meistens eigentlich zu viele Dialoge, glaube ich, und fasse dann Passagen, die mir nicht so wahnsinnig wichtig erscheinen eben in indirekter Rede kurz zusammen ^^ Aber vielleicht ist der Effekt komisch, wenn das mitten im Gespräch passiert, wenn also praktisch plötzlich die Vorspultaste gedrückt wird. Ich werd mir die Stelle noch mal angucken.

    Genau wie einige hier auch gesagt haben, habe ich zunächst nicht verstanden, wieso er das Risiko auf sich nimmt und einen so gefährlichen Mann einstellt. Aber die Erklärung von Thorsten hat mir dann schon eingeleuchtet.

    S. Antwort an Kramurx. ich denke, ich mache das noch mal deutlicher :)

    Vielen Dank und schön, dass es euch gefallen hat, auch wenn es eher Fragmente sind und keine richtige Geschichte.

    Hallo @aval.b.bado

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    Danke erst mal für das Lob. :)

    @Thorsten führt ja zwischen den einzelnen Teilen noch einige interessante Nebeninformationen ein, die das Ganze wieder gut relativieren, aber warum baust du so etwas nicht einfach mit ein oder zwei Sätzen in die Geschichte ein? Dass Coth bspw ein Freihandelshafen ist, wo man auch als ehrbarer Mann mal darauf abzielt, das ein oder andere Schnäppchen zu machen und alles generell unter dem Tisch abläuft, hätte sich ja im ersten Teil anhand eines Gedankens von Zarandas gut beschreiben lassen. Und hätte man Zarandas einfach tatsächlich Personalbedarf angedichtet, wäre es auch viel nachvollziehbarer, weshalb er einen guten Mann einstellt, selbst wenn der eine dubiose Hintergrundgeschichte hat.

    Hm, ist ein guter Punkt, das könnte ich natürlich tatsächlich machen :biggrin: Eigentlich hab ich's als nicht so wichtig angesehen, eben weil ich den ganzen Kontext kenne, aber für den unbedarften Leser, der keine Ahnung von der Welt etc. hat, wäre das vielleicht echt nicht schlecht, um eine eigenständige Geschichte draus zu machen...

    Ansonsten war dieser Teil sehr dialoglastig, was auch nicht schlimm ist, allerdings hätte ich mir hier und da mal ein wenig Ausgestaltung der Umgebung gewünscht. Der Geruch von Meer, salziger Geschmack auf der Zunge, rauchige Luft in der Bar, wie sieht die Einrichtung aus etc. Das muss ja immer nicht super viel sein, aber gelegentlich schaffen zwei gut platzierte Sätze ein abgerundetes Ambiente.

    Okay, auch diesbezüglich guck ich noch mal drüber. Hier sind die Dialoge eben sehr zentral, aber das eine oder andere Sätzchen mehr tut mir sicher nicht weh ;)

    Irgendjemand kritisierte noch, dass du zu viele Seefahrtsausdrücke verwendest, aber dem kann ich mich nicht anschließen. Die funktionieren gut für den Flair, dass es sich um eine Seefahrergeschichte handelt und selbst wenn man sie mal nicht versteht, kann man es dann ja doch kontextualisieren. Insofern, von meiner Seite aus, leih dir gerne noch ein paar mehr Wörter aus der Fachsprache

    Die Fachausdrücke hab ich tatsächlich gerade in der Schwarzen Göttin viel eingesetzt, wenn aus Tenandes' Perspektive erzählt wird. Ich hab natürlich trotzdem drauf geachtet, dass es noch allgemein verständlich ist... Aber es fällt dann auf, wenn z.B. Nemonides von der gleichen Sache berichtet (für ihn sind selbstverständlich alle Kojen einfach Betten ;) ).

    Bestimmt folgt ja bald das nächste Fragment. Vielleicht mal eine Geschichte an Bord? Kann man sich drauf freuen

    Öhm, so viel hab ich gar nicht mehr :biggrin: Ich hab mal angefangen, aufzuschreiben, was auf der Mathera eigentlich passiert ist und dabei stellte sich heraus, dass ich mir selbst darüber gar nicht so im Klaren bin. In einer Version der Geschichte ist Tenandes tatsächlich völlig unschuldig, aber das kam mir dann unglaubwürdig vor ;) Die eigentliche Story ist tatsächlich Die Schwarze Göttin - also, wer noch mehr von Tenandes lesen will, kommt da auf seine Kosten.

    Danke, @Rainbow!

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    ich lese wirklich sehr gerne von Tenandes. Obwohl es eigentlich keine wirkliche Handlung gibt und das ja immer nur kurze Ausschnitte aus seinem Leben sind...es wäre bestimmt cool, daraus einen Abenteuerroman zu machen.

    Den gibt's doch hier :D

    weil es mir auch schwer vorstellbar erschien, dass man sich als Kapitän so ohne weiteres eine tickende Zeitbombe auf`s Schiff holt

    Ich bin gegen Schwarz-Weiss-Malerei in Geschichten - also das darf gern in anderen Geschichten sein, wo es halt passt, aber ich selbst habe gerne komplexe Charaktere. Will sagen, niemand ist böse, einfach um böse zu sein. Dass Tenandes Menschen ermordet hat, macht ihn zwar zu einem Mörder, aber das Label "Mörder" macht ihn nicht als Person aus. Er hat ja auch nicht gemordet, weil er Spass am Töten hat, sondern weil er fehlgeleitet war (dafür gibt's auch wieder eine Erklärung in seiner Biographie). Und dass er einfach jemanden tötet, einfach weil er schon mal getötet hat, ist nicht plausibel. Niemand, der nicht irgendwie völlig krank ist, tötet nicht ohne Grund einen anderen Menschen. Tenandes würde jemanden töten, wenn er sich selbst von demjenigen bedroht fühlt (also richtig bedroht, in seinem Leben oder seiner Freiheit) oder wenn er bestimmte Ziele verfolgt, die das rechtfertigen. Er ist aber auch nicht dumm und er kann einschätzen, wann töten zum Erreichen seiner Ziele beiträgt und wann es nur noch mehr Probleme macht bzw. welche Alternativen es halt gibt, denn die meisten Probleme lassen sich anders viel besser lösen, ganz ohne jemanden umbringen zu müssen.
    Das ganze spielt auch in einer Gesellschaft, wo Tod eher an der Tagesordnung steht: es herrscht in vielen Ländern die Todesstrafe auf bestimmte Verbrechen, viele Städte sind gefährlich und man kann schnell Opfer eines Überfalls werden, der auch tödlich enden kann. Karawanenrouten und Gewässer sind gefährlich, denn überall kann man überfallen werden, weshalb reichere Händler normalerweise Bewaffnete mit auf Reisen nehmen. Auf Zarandas' Schiff kann auch jeder Matrose mit einer einfachen Waffe umgehen und es ist nicht unwahrscheinlich, dass er selbst auch schon mal in ein blutiges Gefecht mit Piraten verstrickt war. Auf längeren Reisen nimmt er auch gelegentlich Söldner mit an Bord. Auf Zarandas' Schiff haben auch wahrscheinlich einige schon mal einen Menschen getötet, ohne dass er sie als Mörder betrachten würde, denn in seinen Augen gibt es ja das gerechtfertigte Töten z.B. wenn sein Schiff überfallen wird ;)

    Am Ende habe ich mich dennoch etwas gewundert, dass Tenandes wieder auf einem eloranischen Schiff angeheuert hat.

    Tenandes war mal Offizier und er ist ehrgeizig genug, das wieder werden zu wollen. Er weiss, dass er auf der Morgenwind niemals Offizier werden wird, 1. weil er als Ausländer schwerer den Respekt der Mannschaft bekommt und so viele der anderen schon viel länger mit derartigen Schiffen gefahren sind und mehr Ahnung haben und 2. eben weil Zarandas seine Vergangenheit kennt und ihn vermutlich niemals befördern würde, egal wie gut er ist. Tenandes hat tatsächlich erst mal nur untertauchen wollen. Die Meuterer sind gefasst und sind selbst der Überzeugung, dass Tenandes tot ist (wahrscheinlich im Dschungel gestorben), was sie vermutlich auch so ausgesagt haben. Er hat dann erst mal unter falschem Namen auf einem kleinen Schiff angeheuert, aber selbst das war vermutlich nicht mal nötig. Tenandes ist jetzt kein sooo ungewöhnlicher Name im Eloranischen Reich. Dass man ihn aufgrund seines Aussehens identifiziert hätte, ist ebenfalls unwahrscheinlich, denn er sah zumindest vor seiner Zeit als Pirat jetzt auch nicht aussergewöhnlich auffällig aus. Irgendwelche Ausweisdokumente o.ä. gibt es im Eloranischen Reich auch nicht und das Land ist ziemlich gross. Ist also alles kein Problem. Wenn ihn jemand aufgespürt hätte, dann wäre das ein Riesenzufall gewesen (und man hätte vermutlich aktiv nach ihm suchen müssen).

    Zarandas hört übrigens gute zehn Jahre später wieder von Tenandes. Zumindest ist er ziemlich sicher, dass es sich um die selbe Person handelt, als ihm jemand von einem hinkenden eloranischen Kapitän erzählt, der diesen Namen tragen soll :D

    fragte er mit Abscheu in der Stimme (?)

    Ja, ist vielleicht besser.

    Danke @Xarrot und @Sensenbach :)

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    Man könnte zumindest noch in einem Nebensatz festhalten, dass Zarandas bemerkt, wie Anspanung von Tenandes abfällt oder so.

    Kann man sicher noch reinbringen, aber eigentlich dachte ich, dass Tenandes tatsächlich erst mal doch irgendwie perplex ist, dass er den Job hat. Deshalb geht er eher so wie in Trance vom Schiff und die Erkenntnis trifft ihn dann wohl erst später :D Aber ich behalt's im Hinterkopf und guck noch mal drüber.

    Immerhin könnte Zarandas ihn trotzdem verpfeifen, einfach weil ihn sein Ehrgefühl dazu zwingt oder sonst sowas.

    Na ja, das halte ich für nicht so wahrscheinlich. Wenn er diesbezüglich ein schlechtes Gewissen hätte, hätte er sich wahrscheinlich gar nicht erst darauf eingelassen, Tenandes noch mal zu treffen. Ich denke, Tenandes ist klar, dass er jetzt praktisch auf Bewährung ist.

    Der Kapitän hat ja anscheinend auch keine akute Personalnot. Hier hab ich mich sehr gewundert, dass er das Risiko eingeht. Vielleicht möchtest du ja, dass der Leser sich hier wundert.

    Zusätzlich zu dem, was @Thorsten schon erklärt hat (was der Leser nicht alles wissen kann, aber vielleicht auch nicht muss) hab ich auch irgendwo in Teil 3 der Geschichte geschrieben, dass Tenandes an Bord der Morgenwind keine Meuterei durchführen könnte, selbst wenn er es wollte. Die Morgenwind hat fast 50 Mann Besatzung und Tenandes ist der einzige Ausländer dort (oder vielleicht einer von zwei oder drei, jedenfalls eine ordentliche Minderheit...). Um erfolgreich ein Schiff zu übernehmen, muss man sich Rückhalt in der Besatzung suchen. Einfach losgehen und den Kapitän ermorden, wäre zwar im Prinzip möglich, führt aber wohl eher dazu, dass man von der restlichen Besatzung aufgeknüpft wird. Ausserdem habe ich versucht zu verdeutlichen, dass Tenandes die ganze Angelegenheit äusserst peinlich ist. Zarandas ahnt, dass er Schiss gekriegt hat auf dem Piratenschiff und deshalb das Weite gesucht hat. Er hat also vermutlich nicht vor, den selben Mist noch mal durchzuziehen, sondern will nur irgendwo untertauchen. Zarandas gewinnt eigentlich auf der ganzen Linie: er kriegt einen äusserst fähigen Mann für lau, er kriegt jemanden, der auf jeden Fall wegguckt, wenn er selbst irgendwelche krummen Sachen dreht, und er zieht sich aus jeglicher Verantwortung, wenn Tenandes doch irgendwo erkannt werden sollte (der Kerl ist Ausländer, woher sollte er denn wissen, dass er gesucht wird). Und Tenandes ahnt das, daher hat er auch keine Angst, dass Zarandas es sich noch mal anders überlegt. Aber ihm muss auch klar sein, dass er sich auf der Morgenwind besser gut benehmen sollte.
    Falls ihr meint, dass das noch irgendwo deutlicher gemacht werden sollte, bin ich für Vorschläge offen. Andererseits finde ich es auch nicht verkehrt, wenn der Leser sich hier ein wenig wundert oder vielleicht aufgrund des Ausgangs der Geschichte ahnt, dass Zarandas auch nicht ganz sauber ist. :) Also ja, wundern darf man sich, nur völlig unglaubwürdig ist es hoffentlich nicht?!

    Danke jedenfalls für eure Gedanken dazu!

    So, dann geb ich euch noch den Rest ;)

    Zarandas (Teil 5)

    Tenandes war am Nachmittag, nach dem Verladen der neuen Ware, bereits an Bord gekommen und hatte sich von Gregas das Schiff zeigen lassen. In Anbetracht der Tatsache, dass er noch immer sehr heruntergekommen aussah, hatte Zarandas ihn zu Yossuf, seinem Bordarzt, geschickt, der ihn einmal gründlich nach irgendwelchen ansteckenden Krankheiten untersuchen sollte, bevor man ihn auf die Mannschaft losließ.
    Nach dem Abendessen, als Zarandas allein in seiner Kajüte saß und in einem Buch laß, kam der Arzt zu ihm, um Bericht zu erstatten.
    „Alles in Ordnung so weit“, sagte Yossuf mit einem Schulterzucken. „Ich würde ihn entlausen und seine Kleidung mal waschen lassen, aber körperlich macht er einen ganz gesunden Eindruck. Narben natürlich, das übliche… ehrlich gesagt, sieht das nach einem rechten Draufgänger aus. Ach ja, und das hängende Lid scheint das Ergebnis einer früheren Vergiftung zu sein. Vermutlich ein Schlangenbiss. Ansonsten… er ist ein wenig abgemagert, aber das sollte sich nach ein paar ordentlichen Mahlzeiten ja wieder geben.“
    Zarandas nickte und dankte dem Arzt. Er wandte sich wieder seinem Buch zu und erwartete, dass Yossuf die Kajüte wieder verlassen würde, doch das tat er nicht.
    „Wisst Ihr eigentlich, warum er hinkt?“, fragte Yossuf und Zarandas blickte wieder auf.
    „Nein“, erwiderte er kopfschüttelnd als der Arzt nicht weitersprach.
    „Na ja, ich hab’ erst gedacht, dass er einen Sehnenriss im Fuß erlitten hat“, erklärte er. „Sowas kann passieren, wenn die Sehne zu sehr belastet wird. Dann kann sie reißen, gibt sogar einen richtig schönen Knall. Sehr unschöne Sache, heilt nur sehr langsam wieder.“
    Zarandas wusste nicht, worauf Yossuf hinauswollte. Abwartend hob er die Brauen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    „Der Eloraner hat an der Stelle am Fuß aber eine Narbe“, sprach Yossuf weiter. „Das heißt, dass die Sehne nicht gerissen ist – jemand hat sie durchgeschnitten.“
    Der Kapitän verzog angewidert das Gesicht.
    „Wer macht denn so was?“, fragte er, Abscheu in seiner Stimme.
    Der Arzt zuckte mit den Schultern.
    „Keine Ahnung, er hat’s mir nicht sagen wollen. Oder er hat mich nicht verstanden. Aber, na ja…“ Er machte eine Pause und dachte offensichtlich nach, wie er das, was er sagen wollte, ausdrücken konnte. „Sowas passiert eigentlich nicht mal eben bei einer normalen Messerstecherei oder in einem Kampf oder so. Sowas ist Folter. Das macht man, um jemandem eine Lektion zu erteilen, würde ich sagen. Oder vielleicht, um ihn am Weglaufen zu hindern oder so.“
    Nachdenklich blickte der Kapitän ins Leere. Er bedankte sich bei dem Arzt, der daraufhin die Kajüte verließ, und saß noch eine ganze Weile grübelnd an seinem Tisch. Einige Fragen gingen ihm durch den Kopf, aber er beschloss schließlich, den Eloraner nicht darauf anzusprechen. Er hatte versprochen, das, was vorgefallen war, nie wieder zu erwähnen. Es war für Tenandes’ Arbeit hier irrelevant und Zarandas hatte sich vorgenommen, seinen Eindruck von dem Mann möglichst nicht durch dessen Vergangenheit beeinflussen zu lassen. Wenn er sich an die Regeln an Bord hielt und ein fähiger Matrose war, verdiente er es, als ebensolcher behandelt zu werden. Zarandas klappte das Buch zu und löschte das Licht. Morgen würden sie früh aufstehen müssen, da sollte er sich vorher genügend Schlaf gönnen.

    ‘Der Eloraner’, wie er zu Beginn fast ausschließlich genannt wurde, lebte sich schnell an Bord der Morgenwind ein. Anfangs gab es einiges an Getuschel unter den Seeleuten, weil der Neue tatsächlich keinerlei Habseligkeiten mit sich auf das Schiff brachte, als die abgetragenen Kleider, die er am Leibe trug. Viele taten sich außerdem schwer, ihn zu verstehen, aber Tenandes lernte schnell und sprach schon bald einen akzeptablen Chryseia-Dialekt, auch wenn sein eloranischer Akzent sich noch immer sehr grob auf die Sprache auswirkte.
    Was besonders die vier Offiziere der Morgenwind bald bemerkten, war, dass er sich nicht nur ausnehmend gut aufs Segeln verstand und schnell durchschaute wie die Morgenwind gefahren wurde, sondern sich auch mit Navigation bestens auskannte und ein Gespür dafür hatte, welche Arbeiten wann und wie erledigt werden mussten.
    Tenandes war schon bald ein voll integriertes Mitglied der Besatzung. Er ging auf Landgang mit den anderen in Tavernen und riss derbe Matrosenwitze. Er lernte das komplizierte Würfelspiel Vier-mal-Fünf und andere Spiele aus den Stadtstaaten. Er sang während der Arbeit Seemannslieder im Chor mit den anderen Matrosen und pfiff an Land mit ihnen den Frauen hinterher.
    Einzig wenn sie eine eloranische Stadt anliefen und ganz besonders in Sabia, ging er auch öfter allein seiner Wege und Zarandas meinte zu bemerken, dass er sich in diesen Städten vorsichtiger bewegte, wachsamer war. Die anderen bekamen davon vermutlich nichts mit und nahmen wohl einfach an, dass Tenandes sich in diesen Städten mit alten Bekannten, Freunden oder gar Verwandten traf und sich deshalb häufig von ihnen abseilte – vielleicht stimmte das sogar, aber Tenandes erzählte nie davon und Zarandas fragte ihn nie.
    In den zwei Jahren, die Tenandes auf der Morgenwind arbeitete, enttäuschte er Zarandas kein einziges Mal und auf eine Art wurden sie sogar ganz gute Freunde, zumindest in dem Maße, in dem Zarandas bereit war, mit einem seiner Matrosen befreundet zu sein. Der Kapitän sprach die Mathera nur ein einziges Mal wieder an und das war, nachdem er, knapp ein halbes Jahr nach Tenandes’ Einstellung, seinem Freund Orondes in Chryseia wiedergetroffen hatte. Orondes hatte sich an das Gespräch mit Zarandas erinnert und ihm fassungslos erklärt, dass man nur etwa einen Monat nach ihrem letzten Treffen in Coth die Mathera in der Enge von Harantish aufgegriffen hätte. Sie sei praktisch direkt in eine Kontrolle hineingefahren und man habe das Schiff erkannt und die Besatzung festnehmen können. Sie waren im Eloranischen Reich vor Gericht gestellt und entweder hingerichtet oder zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Tenandes hatte die Nachricht mit selbstgerechter Miene entgegengenommen.
    Zarandas war nicht überrascht, als Tenandes ihm nach zwei Jahren erklärte, er wolle sein Glück wieder auf einem eloranischen Schiff versuchen. Er machte nicht viel Aufhebens um sein Weggehen, verabschiedete sich nur von seinen engsten Kameraden und verließ das Schiff im Stillen. Irgendwie hatte Zarandas das Gefühl, dass er wieder von ihm hören würde.

    ENDE

    Hallo @aval.b.bado :) Herzlichen Dank für deine Kommentare!

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    Und unverblümt gehts direkt los:

    Immer gern her damit :D

    Dein Schreibstil gefällt mir schon mal echt super, das geht runter wie Öl Lässt sich leicht und flüssig lesen, ist aber gleichzeitig intensiv und gut greifbar.

    Danke. Ja, gerade der Anfang war mir sehr wichtig und der ist wahrscheinlich tausendmal geschliffen und abgerundet worden...

    Schlangennest, nicht Schlagennest.

    Komischerweise erinnere ich mich, dass ich diesen Fehler in der getexten Version schon häufig gesehen. Auf diesem Rechner hab ich LaTeX noch nicht installiert und konnte es daher nicht ausbessern. Beim Kopieren ins Forum hab ich dann alles noch mal durchgesehen und zum Teil noch etwas überarbeitet, aber die "Schlagen" sind mir dann irgendwie entwischt.

    Dazu in ein paar Wochen aber mehr Aber auch ich hab mich immer gefragt - warum muss Fantasy ständig im Mittelalter spielen? Das Age of Sail ist so viel schöner. Bin gespannt, wie es weitergeht.

    Das klingt ja schon mal spannend :) Wobei die Gesellschaft hier vielleicht noch nicht ganz Age of Sail ist (auch wenn ich jetzt nicht genau weiss, wo ich das einordnen soll...). Es gibt z.B. noch kein Schwarzpulver und somit keine Kanonen. Die Stadtstaaten allerdings sind technisch schon recht weit, die haben sehr grosse und aufwändig getakelte Schiffe und sind ausserdem auch ganz gut dabei wenn es um Alchemie, als Schnittstelle von Magie und Wissenschaft, geht (da lassen sich auch schöne Bomben basteln).

    Handelt es sich hier um denselben Charakter wie aus dem ersten Teil?

    Ja, das ist eine zusammenhängende Geschichte.

    Da du über das Schiff aber schon klar gemacht hast, dass es sich um eine Seefahrergeschichte handelt, kommt die Anmerkung mit dem "festen Boden unter den Füßen" sonderbar, weil dass im Kontext auf ein Schiff schließen lässt.

    Vielleicht sollte ich da eher "befestigten Boden" schreiben. Eigentlich geht es darum, dass er auf einer Strasse läuft und nicht mehr durch Matsch und Unterholz stapfen muss.

    Außerdem ist die durchtrennte Sehne eine sehr (zu) heftige Verletzung, um danach noch tagelang (?) weiterzulaufen.

    Ja, das sollte ich vielleicht noch etwas besser herausstellen. Die ist nicht frisch durchtrennt, sondern hatte schon vor seiner Flucht Gelegenheit weitgehend zu heilen. Ist aber nicht besonders gut verarztet worden, weshalb die Verletzung ihm hier (und den Rest seines Lebens) Probleme bereitet.

    Und Steine sind im allgemeinen kalt, deshalb empfand ich es als kontraintuitiv, dass er er sich wegen der Kälte gegen die Steinwand drückt.

    Guter Punkt, ich guck mir das nochmal an. Allgemein ging es darum, dass es halt Abend wird, er ausserdem Fieber hat und ihm fröstelt. Da dort praktisch alles aus Stein ist, gibt es nicht so viele Möglichkeiten sich in eine warme (oder wärmere) Ecke zu verkriechen.

    Hier finden sich ein paar sprachliche Holperer. Bspw eine Häufung des Wortes "wieder", dadurch dass ständig jemand ein- und ausgeht und er immer wieder einschläft. Vielleicht lässt sich hier auch noch was besseres finden? Im späteren Teil dann die Wortwiederholung "Träume".

    Okay, guck ich mir auch noch mal in Ruhe an.

    Ahja ok, schon zu Ende. Hätte ja auch mal mitschneiden können, dass es sich wie angekündigt um eine Kurzgeschichte handelt.

    Na ja, eigentlich hätte ich das alles wohl eher unter Fragmente einordnen sollen, denn eine klassische Kurzgeschichte ist das eigentlich nicht. ^^

    Da ich mir die "Mühe" mit dem Kommentieren jetzt nicht umsonst gemacht haben will, lass ich mal alles so, auch wenn du das meiste dann sicher getrost ignorieren kannst
    Aber vielleicht ist ja das eine oder andere trotzdem hilfreich!

    Die Mühe hast du dir keineswegs umsonst gemacht. Ich find es sehr hilfreich, wenn man mich auf Stolpersteine aufmerksam macht, die ich vielleicht gar nicht mehr bemerke, weil mir das alles sonnenklar ist, was hier passiert ;) Ich weiss, dass ich ganz gut schreiben kann, aber gerade wenn eine Szene mich nicht so interessiert hat, merkt man da manchmal unschöne Stilbrüche oder ich treib die Handlung zu schnell voran. Oder andersherum, ich bleibe irgendwo hängen und kau eine Szene zu sehr durch, usw.... Dank dir jedenfalls sehr! :)

    Ich warte dann auch schon mal gespannt auf deine Geschichte.

    Zarandas (Teil 4)

    Der Kapitän lehnte sich wieder zurück und sah den Eloraner abwartend an. Tenandes sah ihm noch immer in die Augen und Zarandas spürte, wie langsam aber sicher Wut in ihm aufzusteigen begann. Der chryseianische Kapitän war an sich ein geduldiger Mann, aber die Arroganz dieses eloranischen Seemannes ging ihm allmählich auf die Nerven.
    Gerade als Zarandas dazu anheben wollte, etwas zu sagen, und diesen elenden Lügner seines Schiffes zu verweisen, senkte Tenandes ergeben den Blick.
    „Also gut, ich war es“, sagte er mit belegter Stimme.
    „Erzähl“, forderte Zarandas ihn auf weiterzusprechen.
    Tenandes seufzte und machte einen zerknirschten Eindruck. Dann begann er zu reden.
    „Kapitän Bebonides war ein verlogener, reicher Sack“, sagte er. „Der Scheißkerl hat die Besatzung um ihre Zuschüsse betrogen, um sich selbst zu bereichern mit den paar zusätzlichen Asimi, die den Männern und Frauen auf seinem Schiff gehört hätten. Aber er hat auch seinen Bruder beschissen, dem das Handelshaus gehört, für das er gefahren ist.“ Er machte eine Pause. „Außerdem war er ein verfluchter Heuchler“, fuhr er fort. „Hat so getan, als ob er dein bester Freund ist, nur um dir beim kleinsten Fehltritt völlig unangebrachte Strafen aufzuerlegen. Er hatte seine Lieblinge in der Mannschaft und alle anderen Matrosen schickaniert, wo es nur ging. Wenn er jemanden aus irgendeinem Grund nicht leiden konnte, hat er es ihn spüren lassen. Nicht unbedingt mit Gewalt, dafür hat er sich selbst viel zu sehr als Gutmenschen gesehen. Auspeitschen und solche Dinge hat er an uns deligiert und dabei immer so getan, als würde es ihm Leid tun. Wollt Ihr wissen, wie ich erster Maat geworden bin?“
    Zarandas nickte.
    „Er hatte einen Streit mit meinem Vorgänger. Es ging um irgendeine Nichtigkeit, was weiß ich. Jedenfalls hat er ihn im nächsten Hafen einfach entlassen – in Phida! Und ohne ihn auszuzahlen, einfach so. Scheiße, der Mann hat Familie in Sabia und es hat mehr als ein halbes Jahr gedauert, bis er wieder zu ihnen zurück gekommen ist.“
    Zarandas verzog angewidert das Gesicht. Phida war eine Insel vor den Stadtstaaten, doch sie lag ein ganzes Stück draußen im Mittleren Meer. Von dort wegzukommen, erst recht, wenn man nur wenig Geld zur Verfügung hatte, war wahrlich nicht ganz so einfach. Dennoch war das ja wohl eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem, was Tenandes getan hatte.
    „Ich bin sicher, das grenzt an Grausamkeit“, sagte Zarandas sarkastisch. „Und den Kapitän zu ermorden, war ganz gewiss ein Akt der Barmherzigkeit. Ganz zu schweigen von den Mannschaften der Schiffe, die ihr überfallen habt.“
    Tenandes’ Augen blitzten den Kapitän an und seine Kiefer begannen von Neuem zu mahlen, so dass Zarandas kurzzeitig den Eindruck hatte, der Eloraner wolle ihm an die Gurgel gehen. Versuch’s nur, dachte Zarandas seltsam unbeteiligt. Versuch’s und ich sorge dafür, dass du an irgendeinem eloranischen Galgen endest. Doch statt den Stadtstaatler anzufallen, schaute Tenandes gleich darauf wieder angespannt auf die Tischplatte.
    „Ihr wolltet, dass ich Euch erzähl’, was passiert ist.“
    „Ja, aber das hast du bisher nicht gemacht“, erwiderte Zarandas kalt. „Bisher hast du nur versucht, zu entschuldigen, wofür es keine Entschuldigung gibt.“
    Die Worte trafen Tenandes und er schien mit einem Mal kleiner zu werden, die aufrechte Haltung zu verlieren und auf der anderen Seite des Tisches zusammenzusacken. Irgendetwas schien gebrochen zu sein und vermutlich war das Tenandes’ Widerstreben dagegen, eine Tat zuzugeben, die er sich selbst lange versucht hatte schön zu reden.
    „Gut, wenn Ihr unbedingt wollt“, sagte der Eloraner schließlich fast trotzig. „Ja, es war meine Idee und ich hab’ das Ganze geplant und durchgeführt. Bebonides hing fast allen schon zum Hals raus und als er dann unsere Heuererhöhungen für sich selbst eingestrichen hat, war das Maß halt voll. Ich war bei der Mannschaft vielleicht nicht sonderlich beliebt, aber sie hatten Respekt vor mir – mehr als vor Bebonides auf jeden Fall. Ich hab’ sie angestiftet und ich hab’ Bebonides umgebracht. Und ja, wir haben Schiffe überfallen und die Beute verkauft, aber wir haben nur die getötet, die sich uns in den Weg gestellt haben.“
    Zarandas ließ ein widerwilliges Schnaufen vernehmen. Die Art und Weise wie Tenandes über seine Verbrechen sprach, widerte ihn an. Der Eloraner aber ließ sich nicht aus dem Konzept bringen.
    „Das war zumindest so, solange ich das Sagen hatte. Doch dann haben die anderen irgendwann angefangen, die Mannschaften der Schiffe zu masakrieren. Einfach, weil sie es konnten, haben sie Männer gefoltert und Frauen vergewaltigt. Und ab da hat’s mir dann endgültig gereicht. Da wollt’ ich nicht mehr mitmachen. Caras hat mich erpressen wollen, weil er mich brauchte, um das Schiff zu fahren. Ich denke, er hätte mich früher oder später umgebracht, also bin ich vorher abgehauen.“
    Ein Blick und eine unbestimmte Geste von Tenandes bedeuteten Zarandas, dass er mit seiner Geschichte am Ende war. Der Kapitän der Morgenwind war sich noch immer nicht ganz sicher, was er von der ganzen Sache halten sollte. Dieser Tenandes war so unsympathisch wie bemerkenswert, aber zumindest war er auf Zarandas’ Bedingung eingegangen. Es gab nach Meinung des Stadtstaatlers keinen Grund, an der Geschichte des Eloraners zu zweifeln, denn sie bestätigte nur, was er sich selbst bereits gedacht hatte, auch wenn er den letzten Teil etwas fragwürdig fand. Dass Tenandes am Ende auch ein Opfer der Piraten geworden war, die vormals seine Kameraden gewesen waren, kaufte er dem Mann nicht ab. Wahrscheinlicher war, dass der Führer der Meuterei kalte Füße bekommen hatte.
    Tenandes schien durchaus ein kluger Mann zu sein und vermutlich hatte er letzten Endes die Risiken, bei ihren Überfällen geschnappt zu werden, einfach besser einschätzen können als die anderen. Selbst eine Meinungsverschiedenheit hinsichtlich ihrer Vorgehensweise hielt Zarandas für denkbar, aber dass Tenandes sich von jemandem einschüchtern ließ, wollte er irgendwie nicht glauben.
    „In Ordnung, Tenandes“, sagte Zarandas nach einer Weile. „Ich will dir fürs Erste glauben, auch wenn ich dir raten würde, nicht noch mal zu versuchen, mich zu belügen oder mir relevante Details zu verschweigen. Wenn du meinst, du kriegst das hin, würde ich dich gerne einstellen. Was genau du mit dieser ganzen Sache zu schaffen hattest, spielt für deine Arbeit hier keine Rolle, solange du sie gut machst. Ich bin also gerne bereit, diese ganze Geschichte zu vergessen und noch mal von vorne anzufangen – wäre das in deinem Sinne.“
    Der Eloraner nickte knapp.
    „Du verstehst sicher, dass ich dir keinen Offiziersposten anbieten kann“, fuhr Zarandas fort.
    „Das hatt’ ich auch nicht erwartet“, sagte Tenandes.
    „Gut. Dann verstehst du auch, dass du hier für den normalen Matrosenlohn arbeiten wirst und dass du die Befehle meiner Offiziere befolgen wirst, ob du sie für richtig befindest oder nicht.“
    Ein weiteres Nicken.
    „Nimm das nicht auf die leichte Schulter“, warnte der Kapitän. „Ich kenne Leute, die auf einfache Posten degradiert wurden. Sie sagen den Höhergestellten gerne, wo es lang geht oder machen sie vor allen anderen schlecht, indem sie Befehle in Frage stellen. Versuch das hier und du bist schneller wieder von Bord als du gucken kannst.“
    Tenandes schwieg und nickte nach einigen Augenblicken.
    „Und solltest du in einem eloranischen Hafen oder sonstwo von irgendjemandem erkannt werden“, fuhr Zarandas eindringlich fort, „so kenne ich deine Vorgeschichte nicht. Ich habe keine Ahnung, wer du bist und von der Mathera habe ich noch nie gehört. Also lass dich nicht erwischen.“
    Der Eloraner sah auf die Tischplatte nieder und nickte.
    „Wenn das alles klar ist“, sagte Zarandas, „dann komm heute Abend, spätestens morgen bei Sonnenaufgang an Bord. Wir laufen mit der Ebbe aus. Ich gebe meinen Offizieren Bescheid. Du kannst jetzt gehen.“
    Einen Augenblick saß Tenandes noch wie festgenagelt auf seinem Stuhl, dann erhob er sich langsam, wirkte beinahe wie in Trance, als er sich verabschiedete, sich umdrehte und die Kajüte durchquerte.
    Zarandas blickte ihm nach und blieb noch einen Moment nachdenklich sitzen, als Tenandes schon längst verschwunden war. Hatte er sich nun also einen ehemaligen Meuterer und Piraten ins Boot geholt, dachte er sich und musste überraschenderweise bei dem Gedanken grinsen. Und wenn schon, solange er sich aufs Segeln verstand.

    Wow, Danke @Rainbow, @Kramurx und @Xarrot :)

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    Als Kapitän hat er bestimmt schon viele Dinge gesehen und erlebt, da läss man sich nicht mehr so leicht blenden.

    Ja, das kann man so sagen. Raue Sitten unter Seeleuten - Zarandas hat zwar Stil, ist aber mit allen Wassern gewaschen ;)

    ich glaube, groß ist richtig Vielleicht gibt es noch eine Alternative, um die Dopplung zu vermeiden.

    Ich hab hier im Forum festgestellt, dass ich generell recht häufig "das Ganze" schreibe :D Scheint so eine Angewohnheit zu sein, vielleicht hat Tenandes die ja auch?! Normalerweise würde ich dir zustimmen, ich mag Wiederholungen auch nicht, aber bei wörtlicher Rede würde ich das nicht so eng sehen. Er redet halt, wie es ihm gerade in den Sinn kommt und da sind Wiederholungen oder unschöne Formulierungen z.T. sogar gewollt (diese hier gerade nicht, aber ich würde es wohl so entschuldigen :P ). Vielleicht kann man einmal statt "das Ganze" einfach "(das) alles" sagen oder so. Aber generell versuche ich Tenandes auch ein bisschen umgangssprachlicher und derber klingen zu lassen...

    Danke für die anderen Hinweise, das bessere ich aus!

    den Gesprächsverlauf an der Stelle find ich merkwürdig wegen Tenandes Reaktion es als Drohung wahrzunehmen.

    Hm, guter Punkt, hab ich so noch nicht gesehen :hmm: Ich habe dabei ja immer Tenandes' Gedanken im Hinterkopf und der ist ja (wie wir auch schon in der Antija-Geschichte erfahren) höchst unsicher, was diese Sache betrifft. Genau genommen kann er auch gar nicht wissen, ob nicht z.B. eine Belohnung auf ihn ausgesetzt ist und wenn Zarandas ganz fies drauf ist, könnte er ihn ja z.B. erpressen: "du arbeitest umsonst für mich, dafür verpfeif ich dich nicht". Also aus meiner Perspektive hat das schon Sinn ergeben, aber ich verstehe, warum du das komisch findest... Ich werd noch mal drüber schauen, vielleicht kann man das ein bisschen anders machen.

    Warum wechselt der Zarandas eigentlich erst jetzt zu Tenandes Sprache und nicht schon vorher? War das ein Test?

    Na ja, am Anfang hat Tenandes eben auf einem chryseianischen Schiff angeheuert, da will der Kapitän vermutlich abschätzen können, wie gut er die Sprache spricht. Wenn du dich in einer spanischen Firma bewirbst, deren Betriebssprache Spanisch ist, würde das Bewerbungsgespräch vermutlich auch auf Spanisch geführt werden.
    Hier, im Gegensatz dazu, soll jetzt Klartext gesprochen werden, und das geht vermutlich am besten in einer Sprache, die beide gut beherrschen.

    Oha, ich war gerade hochgespannt den nächsten Teil zu lesen, da musste ich leider merken, dass das bisher alles ist

    Sorry. Ich mach bald weiter. ^^

    Also zu deinem Schreibstil kann man nichts bemängeln, der ist wirklich tadellos.

    Dankeschön :)

    Hin und wieder erschlägst du einen eventuell etwas zu sehr mit Schifffahrtsbegriffen über Segel und Schiffsteile, wobei es in den Dialogen schon auch irgendwie wieder passt. Dadurch wirkt der Kapitän gleich wie ein Mann vom Fach, der Ahnung hat.

    Ich geb zu, ich hab mir dafür extra eine Menge angelesen, damit ich als Seemann im Rollenspiel auch authentisch rüberkomme (oder eben als Kapitän... Tenandes kommandiert 15 Jahre später sein eigenes Schiff).

    Wobei ich bei der Bezihung zwischen Tenandes und Antija schon schmunzeln muss. Die beiden sind ja herzallerliebst. Besonders als Tenandes da gegen Ende des ersten Teils das Unterschwellige in ihrer Frage nicht rafft xD

    Ja, die fand ich auch so süss, daher musste ich es aufschreiben Und Tenandes ist zwar ein Schürzenjäger, aber eigentlich eher ein Tölpel und schnell etwas unbeholfen, wenn ihm wirklich jemand was bedeutet. An der Stelle, falls es dich interessiert, hier ein kurzes Fragment aus dem Rollenspiel. Es wird es wahrscheinlich nicht ins Buch schaffen, weil es zur Handlung nichts beiträgt, aber ich fand die Szene total niedlich.

    Das spielt, wie gesagt, gut 15 Jahre später. Tenandes ist selbst Kapitän und Geschäftsmann mit einem eigenen kleinen Schiff. Antija ist inzwischen Hostesse (oder Edelhure, wenn man so will), die nur eine ausgewählte höhergestellte Kundschaft bedient. Tenandes hat Halt in Coth gemacht, und kurz bevor er wieder aufbricht, treffen sie sich noch mal auf ein Abschiedsgespräch:

    [spoiler=in Coth 15 Jahre später]
    [...]
    Es war dunkler geworden und die Nacht begann allmählich sie einzuhüllen. Jetzt kroch auch die Kälte langsam wieder unter ihre Kleider und Antija rutschte ein Stück näher an ihn heran. Sie roch angenehm nach einer frischen Brise, die durch eine Blumenwiese ging. Er erinnerte sich an die Tage, die er in ihrer Wohnung am Hafen verbracht hatte. Am Abend, wenn sie nebeneinander eingeschlafen waren, hatte sie stets nach anderen Männern gerochen, nach Sperma, Schweiß, Rauch und Alkohol. Wenn er aber dann am Morgen neben ihr aufgewacht war, hatten sich die meisten dieser fremden Gerüche verflüchtigt und er hatte ihren Duft wieder herausriechen können aus dem Durcheinander an Gerüchen, das sie beide umgab. Der Geruch von altem Stroh in der stinkenden Matratze, auf der schon so viele gelegen hatten, Geruchsfetzen von Urin und Erbrochenem, die vom Flur hereindrangen, dazwischen der Geruch von Teer und Salzwasser, der vom Hafen her durchs Fenster schwebte.
    „Ich komme wieder sobald alle Geschäfte abgeschlossen sind“, versprach er ihr. „Und dann erzähl ich dir alles.“
    „Du könntest auch mal schreiben, Tenandes“, sagte sie unvermittelt.
    Er wandte sich um und starrte sie an, als hätte sie ihm ein unsittliches Angebot gemacht. Tenandes schrieb keine Briefe, außer wenn es sich um geschäftliche oder administrative Angelegenheiten handelte und auch dann nur im äußersten Notfall, also nur dann, wenn es ihm vollkommen unmöglich war, persönlich zu erscheinen. Weil er nicht antwortete, fuhr Antija, amüsiert über seine verdutzte Miene, fort:
    „Du weißt doch wohl wie das geht, oder? Du nimmst ein Stück Pergament, Tinte und Feder und schreibst ein paar Zeilen. Coth wird häufig genug angelaufen, so dass du ja wohl in fast jedem größeren Hafen jemanden finden solltest, der mir den Brief überbringen kann.“
    Nachdenklich neigte er den Kopf zur Seite.
    „Ich wusste gar nicht, dass du lesen kannst“, sagte er verblüfft, einfach weil er nicht wusste, was er sonst erwidern sollte.
    „Konnte ich früher auch nicht“, gestand sie.„Aber es ist eine sehr gute Fähigkeit in meinem Beruf. Die Männer, mit denen ich mich treffe, zahlen gut, wenn sie sich mit mir über Literatur unterhalten können oder wenn ich an passenden Stellen ein paar Zeilen aus bestimmten Büchern zitieren kann.“
    Er sah sie einen Moment lang zweifelnd an und versuchte, sich einen derartigen Abend mit Antija vorzustellen. Er hatte sofort das Bild von einem dieser adeligen Schwätzer vor sich, dessen Gewäsch kein vernünftiger Mensch verstand, und sah Antija ihm gegenüber sitzen und fleißig bei jedem seiner Sätze nicken. Dass sie fürs Zuhören und Bestätigen bezahlt wurde, dass wusste er, aber dass sie inzwischen auch so weit gegangen war, tatsächlich zu begreifen, wovon diese Leute sprachen – und gar dabei mitzureden – das verblüffte ihn nun doch. Was er sich jedoch überhaupt nicht vorstellen konnte war, wie der Kerl am Ende mit ihr im Bett landen sollte und er fragte sich, ob alles, was sich dort dann abspielte, ebenso aufgesetzt und kompliziert verlaufen würde.
    „Ich lese zur Zeit also viel“, fuhr Antija fort. „Die bekanntesten Bücher und auch viele Gedichte.“
    „Gedichte?“, entfuhr es ihm.
    Er hatte es nicht laut aussprechen wollen, sich aber nun nicht mehr zurückhalten können. Gefangen irgendwo zwischen Verblüffung und Belustigung, wusste er nicht, ob er jetzt lachen sollte oder ob sie ihm das verübeln würde. Sie sah ihn erwartungsvoll an, dachte vermutlich, er wolle ihr mit diesem Ausbruch irgendetwas sagen.
    „Was für Gedichte?“, fragte er schließlich, einfach nur, um irgendetwas zu sagen. „Kannst du eins aufsagen?“
    Sie überlegte kurz, dann begann sie, ein paar Zeilen eines, wie sie erklärte, eloranischen Dichters des letzten eloranischen Jahrhunderts vorzutragen und er lauschte ihren Worten aufmerksam.
    Es ging um einen Garten oder zumindest um allerlei Pflanzen, von denen er einige kannte, andere aber überhaupt nicht. Der Dichter sprach von sich und irgendjemand anderem, aber es war nie ganz klar, ob es sich um eine Person oder die Blumen in dem Garten handelte. Dass es offenbar eine Art Liebesgedicht sein sollte, erriet Tenandes nur deshalb, weil an einer Stelle tatsächlich das Wort ‘Liebe’ vorkam. Ansonsten war ihm der Inhalt völlig schleierhaft.
    „Nett“, sagte er wenig beeindruckt, als sie geendet hatte. „Und worum geht’s da?“
    „Um Sex natürlich“, erwiderte sie, als ob das jedem sofort klar sein müsste.
    „Und warum kann der Kerl das nicht einfach sagen?“, fragte Tenandes. „Ich hoffe, mein Mädchen gibt mir einen gehörigen Arschtritt, wenn ich ihr gegenüber jemals von meinem Liebstöckel fasle.“
    Antija brach in Gelächter aus.
    „Aber das ist die Kunst der Konversation, Tenandes“, sagte sie und legte ihm den Arm um die Schulter, „wenn man so etwas an passender Stelle einstreuen kann. Die Männer, die ich treffe, mögen das und wenn ich das ganze Zeug kenne, kann ich ohne weiteres das doppelte oder dreifache verlangen.“
    „Also du säuselst ihnen so ein Gedicht ins Ohr und das macht sie dann total an?“, fragte er skeptisch.
    „Nein“, erwiderte sie geduldig. „Es geht um die Konversation davor. Was danach passiert ist mehr oder weniger das gleiche wie mit allen Männern.“ Sie lächelte.
    Irgendwie beruhigten ihn ihre letzten Worte.
    [...]

    Danke @Rainbow

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    Beronides und Bebonides ... ich schmeiß mich weg. Vielleicht hätte man besser die Elten aufknüpfen sollen, die für die Namengebung verantwortlich waren

    :D Hier muss ich gestehen, dass der Name Bebonides eigentlich an sich schon ein Witz war. Ich war damals in der Not, mir gleich sehr viele Namen (für eine ganze Schiffsbesatzung) auf einmal auszudenken, und hab dann fast alles, was mir in den Kopf gekommen ist, leicht abgewandelt für irgendeine Gestalt benutzt. Damals war die älteste Tochter noch recht jung und hat ihre kleine Schwester immer "Bebo" genannt - daher der Name :rofl: Das letzte Besatzungsmitglied, das auf der Sione (in Die Schwarze Göttin) einen Namen bekommen hat, heisst übrigens Nomas (spanisch no más "nicht mehr"), weil ich dann einfach keinen Bock mehr hatte... ^^

    Das Gespräch zwischen diesen beiden Kapitänen hast du ziemlich gut gezeichnet. Solche Dialoge zu schreiben, ist in der Tat nicht ganz einfach und so mancher beißt sich daran zu Zähne aus. Das scheint dir aber mit Leichtigkeit zu gelingen...oder zumindest liest es sich so. Sicher wirst du auch die eine oder andere Stunde daran gefeilt haben

    Ja, die Gespräche waren mir hier besonders wichtig. Wie gesagt sind diese Geschichten ja eigentlich nur kleine Exkurse, in denen ein bisschen näher auf wichtige Begebenheiten in Tenandes' Vergangenheit eingegangen wird. Daher habe ich hier wenig Beschreibungen und gehe wenig auf die Welt ein. Auch Zarandas könnte man hier wohl noch etwas besser charakterisieren :hmm: Aber eigentlich liegt der Fokus tatsächlich auf den Gesprächen und Gedanken des Erzählers (hier eben Zarandas). Ich mach das auch manchmal, dass ich kritische Gespräche für mich so ausschreibe (oder auch nur im Kopf ausformuliere), wie sie tatsächlich geführt werden, um mir selbst die Stimmung besser vergegenwärtigen zu können. Das Gespräch wird dann im Endeffekt gekürzt, denn man braucht ja kein wortwörtliches Protokoll davon. Aber dann weiss ich, welche Punkte besonders wichtig sind, welche kritischen Wendepunkte da sind und worauf ich das Augenmerk des Lesers lenken will. Hier ist das Gespräch sehr zentral und daher fast wortwörtlich niedergeschrieben.

    Also ja, ich möchte meinen, Gespräche und Charakterentwicklung kann ich ziemlich gut. Bei mir fallen dann Beschreibungen der Umgebung oder der Situation manchmal etwas unter den Tisch, aber dafür hab ich ja dann @Thorsten, der natürlich will, dass seine Welt hier auch rüberkommt, und mich darauf hinweist ;) Für die Schwarze Göttin habe ich ihn oftmals konsultieren müssen: "sag mal, Ort xy, wie sah's da nochmal aus?" :D (ich weiss, ich hab das alles als Tenandes mitgespielt, aber im Eifer des Gefechts merke ich mir doch nicht immer alle Details der Umgebung - Tenandes fallen die schliesslich auch nicht immer auf...)

    Danke für deine weiteren Anmerkungen. Das mit den vielen Wiederholungen usw. werde ich ändern :)

    Also, von mir aus kann`s weitergehen...

    Okay. :) Hier war es schwer eine gute Stelle zum Aufhören zu finden. Musste das lange Gespräch unterbrechen...

    Zarandas (Teil 3)


    Der Kapitän der Morgenwind war zu dem Ergebnis gekommen, dass es ihn nichts anging, was der Eloraner auf welchem Schiff auch immer bereits angestellt hatte. Das entscheidende war, dass er, wenn die Geschichte stimmte, in jedem Fall Offizier gewesen war und etwas von seiner Arbeit verstand. Mehr noch: Wenn die Gerüchte auch nur annähernd stimmten, war Tenandes sogar ein außergewöhnlich fähiger Seemann. Einen solchen Mann an Bord seines Schiffes zu haben, wäre so einiges wert, erst recht, wenn Zarandas ihm lediglich den Lohn eines Matrosen zahlen musste. Selbst wenn Tenandes sich in seiner Vergangenheit der Meuterei schuldig gemacht hatte, wäre es ihm unmöglich, das selbe an Bord der Morgenwind zu wiederholen, denn um so etwas zu planen brauchte man Verbündete an Bord und die würde er gerade als Ausländer nicht finden. Es war außerdem unwahrscheinlich, dass er es darauf anlegte, denn vermutlich wollte Tenandes lediglich eine Weile untertauchen, bis Gras über die Sache mit der Mathera gewachsen war. Zarandas hatte also nichts zu befürchten und profitierte sogar noch von der Sache.
    Eines jedoch würde der Kapitän von vornherein klar stellen müssen. Er würde Tenandes wissen lassen, dass er über seine Vergangenheit Bescheid wusste und von ihm verlangen, ihm die Wahrheit zu sagen. Selbst wenn Zarandas beschloss zu ignorieren, was er über den Eloraner wusste, so konnte er es dem Mann nicht durchgehen lassen, ihn zu belügen, wenn er eine Stelle auf seinem Schiff haben wollte.
    Die Sonne brannte auf den Hafen von Coth herab, als Zarandas sich gegen Mittag auf den Weg zu einem Händler machte, für den er Waren nach Chryseia bringen sollte. Er war tief in Gedanken versunken, während er an den Schiffen vorüber schritt, so dass er erst im letzten Moment Tenandes bemerkte, der auf der Pier stand und fegte. Er hielt kurz in seiner Arbeit inne, als er sah, dass der Kapitän ihn bemerkt hatte und hob die Hand zum Gruß. Zarandas erwiderte den Gruß und Tenandes ging wieder dazu über, die Pier zu säubern.
    Die kurze Begegnung erinnerte Zarandas wieder daran, was Gregas gesagt hatte und er nahm sich vor, nach seinem Besuch bei dem Händler tatsächlich noch einmal den Hafenmeister aufzusuchen und ihn nach Tenandes zu fragen.

    Der Hafenmeister erzählte ihm, dass der Eloraner – nach seinem Namen habe er sich gar nicht erkundigt – vor einigen Wochen zu ihm gekommen und ihn gefragt habe, ob er Arbeit für ihn hätte. Er würde alles tun, was anfiel, wenn er dafür nur ein paar Asimi bekäme, um sich etwas zu Essen zu kaufen. Nach der Einschätzung des Hafenmeisters hätte er dies auch bitter nötig gehabt, denn der Eloraner habe einen völlig verwahrlosten und unterernährten Eindruck gemacht, so dass er ihn beinahe wieder weggeschickt hätte. Tagelöhner und andere billige Arbeitskräfte wären ja gut und schön, aber wenn jemand zusammenbräche, während er für ihn Arbeit verrichtete, werfe das nicht gerade ein gutes Licht auf die Führung des Hafens.
    Er wisse nicht, ob der Eloraner von irgendeinem Schiff desertiert war, aber er habe angenommen, dass er vormals Matrose gewesen war. Über seine Arbeit im Hafen könne er sich nicht beschweren und nein, er trinke nicht – vermutlich weil ihm das Geld dazu fehle – und fiel auch sonst nicht weiter auf, außer durch einwandfreie Arbeit.
    Das einzige, was der Hafenmeister noch zu berichten wusste, war, dass der Eloraner sich regelmäßig mit einer Hure traf. Auf Zarandas skeptische Frage, woher er denn das Geld dafür nehme, lachte der Mann nur und erklärte, er meine, er träfe sich wirklich nur mit ihr und zwar immer irgendwo bei der zweiten Pier und dann würden sie einfach nur eine Weile reden oder sich etwas zu essen teilen.
    Der Besuch beim Hafenmeister hatte wenig Neues ergeben, aber Zarandas hatte auch nicht unbedingt damit gerechnet, sehr viel mehr zu erfahren. Immerhin schien Tenandes fleißig und arbeitswillig zu sein und mehr verlangte er ja erst einmal auch nicht von ihm. Als Gregas jedenfalls zur Mittagszeit des folgendes Tages an die Tür der Kapitänskajüte klopfte und den Eloraner hereinführte, war Zarandas vorbereitet und wusste ganz genau, wie er das Gespräch beginnen wollte.
    „Danke, Gregas, du kannst gehen“, sagte der Kapitän und nahm hinter seinem Tisch Platz.
    Gregas blickte Zarandas kurz fragend an, doch der schien es durchaus Ernst zu meinen. Auch Tenandes hatte sichtlich aufgemerkt, als der Kapitän seinen ersten Maat des Raumes verwies. Der Eloraner wandte sich zu dem Offizier um, der noch kurz unschlüssig hinter ihm stand, dann aber die Kajüte verließ und die Tür hinter sich schloss.
    „Also, Tenandes“, sagte Zarandas und wechselte fließend ins Eloranische, „warum hast du mir nicht erzählt, dass du Offizier warst?“
    Die Verblüffung in Tenandes’ Blick war nicht zu übersehen, aber im nächsten Moment hatte der Eloraner sich wieder gefangen und blickte den Kapitän fragend an.
    „Du warst erster Maat auf der Mathera, oder?“, hakte Zarandas weiter nach.
    Tenandes schwieg lange und taxierte den Stadtstaatler, wie um seine Absichten abzuschätzen.
    „Wenn Ihr mich nicht einstellen wollt“, sagte er schließlich langsam und bedächtig, beinahe ergeben, „dann werde ich einfach gehen, wenn Ihr gestattet.“
    Er machte auf dem Absatz kehrt, ging auf die Tür zu und ergriff den Türgriff.
    „Ich würde dich schon einstellen wollen, Tenandes“, sagte Zarandas und der Eloraner hielt in der Bewegung inne und blieb einige Momente vor der verschlossenen Tür stehen, den Rücken Zarandas zugewandt.
    „Du bist im Eloranischen Reich angeklagt worden“, fuhr Zarandas fort. „Das ist doch der Grund, warum du bei mir anheuerst, oder?“
    Tenandes rührte sich nicht, stand noch immer mit dem Rücken zu Zarandas.
    „Was wollt Ihr von mir?“, fragte er schließlich und drehte sich um, Misstrauen gepaart mit einem unangenehmen, bedrohlichen Aufblitzen in seinem Blick. „Droht Ihr mir?“
    Völlig unerwartet, auch für ihn selbst, lachte Zarandas auf einmal auf.
    „Glaub mir, es ist mir herzlich egal, welche Streitigkeiten die Handelshäuser in Sabia untereinander haben, solange das meine Geschäfte nicht negativ beeinflusst. Und wenn sie nicht auf ihre Schiffe aufpassen können, dann ist das auch nicht mein Problem. Ich wüsste auch nichts davon, dass die Eloraner irgendeine Belohnung auf dich ausgesetzt haben, daher habe ich nicht das geringste Interesse daran, dich an sie auszuliefern, wenn du das wissen willst.“
    Tenandes hatte Zarandas, während dieser sprach, die ganze Zeit abschätzend angeschaut und war jetzt wieder in seine abwartende, völlig ungerührt wirkende Haltung verfallen.
    „Ich lasse mich nur nicht gern für dumm verkaufen“, fuhr Zarandas ruhig fort. „Wenn du also hier arbeiten willst, erzähl mir die Wahrheit. Wenn dir diese simple Bedingung nicht in den Kram passt, verschwinde.“
    Der Eloraner rang sichtlich mit sich. Eine Weile stand er bewegungslos bei der Tür und atmete einige Male tief durch, während seine Zähne mahlten und seine Augen irgendeinen Punkt auf dem hölzernen Fußboden fixierten. Schließlich fasste er einen Entschluss, kam mit sicheren, wenn auch hinkenden Schritten zurück auf Zarandas zu und setzte sich unaufgefordert zu ihm an den Tisch. Er legte seine Hände auf die Tischplatte und schaute die meiste Zeit auf sie herab, während er in einem grobschnäuzigen eloranischen Küstendialekt erzählte.
    Er berichtete ruhig und die meiste Zeit mit versteinerter Miene. Hin und wieder wrang er die Hände ein wenig oder kratzte abwesend an der Tischplatte herum und ab und zu verzog er das Gesicht, wenn ihn die Erinnerung an die Vorfälle zu sehr anwiderte.
    Die Meuterei auf der Mathera sei von einem gewissen Caras durchgeführt worden. Tenandes beschrieb ihn als einen leidlich guten Seemann, aber eben nur ein einfacher Matrose und schon eine ganze Weile dabei. Er sei beliebt bei den anderen gewesen – einer von denen, die andere Leute begeistern und für sich einnehmen können. Er und eine handvoll anderer Matrosen hätten sich wohl in den Kopf gesetzt, dass sie den Kapitän nicht mehr bräuchten. Sie hätten sich überlegt, dass sie als Piraten sehr viel mehr Geld machen könnten als mit ehrlicher Arbeit. Und so hätten sie in einer mehr oder weniger spontanen Aktion, Kapitän und Offiziere abgesetzt und alle umgebracht, die sich ihnen in den Weg gestellt hatten.
    Tenandes hielt kurz inne und zog bei der Erinnerung scharf die Luft ein.
    „Aber nicht dich, den ersten Offizier“, sprach Zarandas das Offensichtliche aus, nicht jedoch ohne einen gewissen Hohn in der Stimme, der Tenandes verriet, dass der Kapitän nicht unbedingt geneigt war, seiner Geschichte Glauben zu schenken.
    Tenandes ignorierte den Unterton.
    „Nein, mich nicht“, bestätigte er. „Ich hatte das Glück, dass eins von den besoffenen Schweinen rechtzeitig zur Besinnung gekommen ist. Die Mathera ist groß für ein eloranisches Schiff und sie lässt sich nicht so einfach steuern. Die idiotische Bande hat doch immer nur Befehle ausgeführt und kennt Routineabläufe, aber wie sie wirklich funktioniert. . . wie man das Schiff wirklich fährt, das verstehen die Scheißkerle doch überhaupt nicht. Genauso wenig würd’ einer von denen eine Ahnung haben, wohin er eigentlich fahren soll, wenn man das Schiff irgendwo mitten aufs Meer setzt.“
    Verhaltene Wut hatte sich in Tenandes’ Stimme geschlichen und ließ ihn mit einem Mal bedrohlich wirken und Zarandas dachte bei sich, dass jemand, der jemals den vollen Zorn des Mannes zu spüren bekam, sicher nichts zu lachen hatte.
    Tenandes machte jedenfalls ganz den Eindruck als sei er tatsächlich Offizier gewesen. Er wirkte selbstsicher und Zarandas traute es ihm ohne Weiteres zu, eine Mannschaft in den Griff zu bekommen. Außerdem sprach er mit einer Inbrunst von der Mathera, dass Zarandas beinahe den Eindruck hatte, Tenandes’ eigentliche Wut richtete sich weniger gegen die feigen Morde, die auf diesem Schiff begangen worden waren, als vielmehr gegen die Anmaßung der Mörder, das Schiff selbst steuern zu können. Wenn er es recht bedachte, passte Tenandes mit jeder Minute besser in das Bild eines Mannes, der fähig war, eine Meuterei durchzuführen.
    „Und das alles ist vor zwei Jahren passiert?“, fragte Zarandas nach einer Weile nach.
    Tenandes überlegte.
    „Ja, vor gut zwei Jahren“, bestätigte er.
    „Und in der ganzen Zeit habt ihr also Schiffe überfallen“, stellte Zarandas nüchtern fest.
    Der Eloraner heftete seine kalten Augen auf den Kapitän.
    „Nun, ich hatte keine große Wahl, oder?“ sagte er schließlich. „Natürlich hab’ ich ihnen geholfen, das Schiff zu fahren. Natürlich hab’ ich ihnen auch bei ihren Überfällen geholfen. Aber das ganze war nicht meine Idee und ich wollt’ nicht mitmachen, verstanden. Ich hab’ versucht, mit Caras zu reden, ihm zu erklären, dass das Ganze nicht funktionieren wird, und das hat mich fast mein Leben gekostet, also behaltet Eure Anklagen für Euch.“
    Zarandas zog die Brauen hoch, war aber zu überrascht über Tenandes’ Direktheit, um ihn dafür zu rügen.
    „Du warst also zwei Jahre mehr oder weniger auf diesem Schiff gefangen und hast es gefahren und andere Schiffe überfallen – und das alles gegen deinen Willen?“, fragte Zarandas.
    Er sah dem Eloraner fest in die Augen und Tenandes hielt seinem Blick stand, sagte aber kein Wort. Nach einer schier unendlichen Zeit des Schweigens, verkündete Zarandas schließlich mit eisiger Stimme:
    „Das ist der größte Bockmist, den man mir je aufgetischt hat.“
    Damit neigte er sich über den Tisch und funkelte Tenandes an.
    „Ich weiß nicht, ob ich mich undeutlich ausgedrückt habe, deshalb sage ich es noch mal: Ich lasse mich nicht verscheißern. Ich habe nicht die Absicht, dich zu verpfeifen und ich würde dich unter einer Bedingung sogar anheuern. Und diese Bedingung ist ganz einfach. Du hast noch eine einzige Chance – die allerletzte Chance!“

    Danke @Rainbow für's mal wieder reingucken :)

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    Eigentlich hatte ich zumindest das hier geschrieben:

    Zarandas hieß ihn, ihm gegenüber Platz zu nehmen.

    Aber ich selbst überlese sowas auch gern in den Geschichten anderer. ^^ Wie auch immer, es schadet sicher nicht, auch noch irgendwo zu schreiben, dass Tenandes sich auf die Aufforderung hin auch tatsächlich setzt. Werde ich berücksichtigen.

    Ich hab jetzt auch mal die eigentlich zugrundeliegende Geschichte eingestellt. Die spielt gut 15 Jahre später. In der Zarandas-Geschichte wird man Tenandes auch noch mal ein bisschen anders kennenlernen. Die Situation hier ist, wie du richtig bemerkst, ja erst mal von der Hirarchie so, dass Tenandes Zarandas untergeordnet ist. Ausserdem will er was von ihm und ist einigermassen nervös. Und dann spricht er die Sprache auch noch recht schlecht. Ich werde demnächst auch hier noch weitermachen.

    Danke @Kramurx

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    den Zarandas 2. Part könnte man noch ein gutes Stück erweitern
    Wo sitzen sie? Wie sieht es in der Umgebung aus? Vielleicht ein zwei Gerüche.. ein paar Details, andere Gäste, Wirtshaus? Schänke? Terrasse?
    So wirkt das Gespräch ein bisschen trocken ohne Umgebung auf mich, trotz des Alkohols xD

    Da hast du vollkommen Recht - irgendwie bin ich hier generell ziemlich durchgerast (auch schon bei Teil 1) :/ Da werd ich auf jeden Fall noch mal drübergehen.

    Ansonsten fand ich das Gespräch selbst sehr gut zu lesen. Ich konnte praktisch auch ohne (nicht zwingend so im Text enthalten) "sagte Zarandas" "beantwortete Orondes" sehr gut unterscheiden, wer was wann sagt. Und es war auch nachvollziehbar, warum wer was wann sagt oder fragt xD

    Schön :) Ich versuche immer, Gespräche möglichst natürlich wirken zu lassen. Meistens geht das Ganze als eine Art Schauspiel mehrere Male in meinem Kopf ab, ich übernehme da an kritischen Stellen sogar die einzelnen Rollen und lass sie das Ganze auf verschiedene Weise sagen, um zu gucken, wie's wirkt oder wie es realistisch rüberkommt (also alles in meinem Kopf, aber häufig murmel ich dabei sogar vor mich hin :D ).

    Da hat sich mein Kopf verabschiedet kurz. Ich hoffe es ist nicht wichtig die Namen sich so zu merken, weil sonst isses zu viel auf einmal, find ich

    Nö, die Namen sind eigentlich nicht wichtig. Wahrscheinlich könnt ich's kürzen zu "den hiesigen Küsten", das fast es ganz gut zusammen und verwirrt nicht so sehr.

    Ich weiß beim besten Willen nicht woran es liegt, aber spannend find ichs nicht grade
    Irgendwie fehlt dir beim Schreibstil oder beim Erzählen etwas, was auch Spannung aufbaut (nur meine Meinung)
    Ich versuche es mal mit einem Beispiel... hoffe das gelingt

    Das hat mich jetzt ein bisschen nachdenklich gemacht, daher antworte ich auch erst jetzt. Ich frage mich allen Ernstes, ob das hier überhaupt spannend sein soll. :hmm: Also ja, ich will eine Bombe platzen lassen, aber ich will das Bild von Tenandes jetzt nicht völlig ins Gegenteil verkehren. Er soll nicht vom arglosen Matrosen plötzlich zum blutrünstigen Piraten mutieren. Stattdessen ist es ja genau diese Unsicherheit über den Charakter, die hier hervorkommen soll. Ganz offensichtlich ist Tenandes nicht (nur), was er vorzugeben scheint. Aber was er eigentlich ist, das weiss man hier noch nicht genau und soll es eigentlich auch nicht wissen (genaugenommen bleiben sogar einige Aspekte dieses Teils von Tenandes' Leben über sämtliche Geschichten hinweg im Dunkeln). Zarandas wird hier vor ein Problem gestellt. Er wollte Tenandes vorher nicht anheuern, weil er sich nichts davon versprochen hat: der kann die Sprache kaum, hat noch nie so ein Schiff gesegelt, ist auch ansonsten eher ein Durchschnittsmatrose und zusätzlich noch gehbehindert. Jetzt kriegt er diese ganze Information, aber die ist halt etwas unsicher und wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet. Was macht er jetzt damit? (okay, das kommt im nächsten Teil) Was ich sagen will ist nur, wenn Orondes jetzt selbst überzeugt wäre, dass Tenandes ein Meuterer und Pirat ist und schon viele Schiffe überfallen hat, dann würde er es auch so sagen, und dann käme es rüber als würde das alles stimmen und Zarandas hätte seine Sicherheit, dass der Kerl ein Verbrecher ist. Was würde er dann damit machen? Und inwiefern sähe seine Reaktion dann vielleicht anders aus?

    Hinzu kommt, dass Orondes das alles auch gar nicht wissen kann. Es ist schon ein irrer Zufall, dass er überhaupt von der Mathera gehört hat. Wenn das etwas wäre, was im Eloranischen Reich jeder Gassenjunge kennen würde, dann würde Tenandes wohl weder seinen eigenen Namen noch das Schiff vor irgendjemandem benennen, nicht mal vor einem Ausländer - da Zarandas als Grosshändler das Eloranische Reich ganz sicher auch bereist. Orondes kommt jetzt zufällig aus der Stadt, aus der auch das Schiff stammte und weiss von dem Vorfall - laut seiner eigenen Worte - auch nur deshalb, weil der Reeder das damals an die grosse Glocke gehängt hat. Es ist allerdings anzunehmen, dass das Ganze nicht wirklich "in der halben Stadt", wie er sagt, bekannt ist, sondern eher etwas, was man sich unter den Kapitänen und Geschäftsleuten sowie den anderen Schiffseignern erzählt. Aber das einzige, was man wirklich sicher weiss, ist, das gemeutert wurde. Wer genau der Redelsführer war, kann man eigentlich nur mutmassen - oder vielleicht gab's irgendwo einen überlebenden, der Anhaltspunkte dazu liefern konnte. Dass das alles im Detail aber ausgerechnet zu Orondes durchgedrungen ist, ist sehr unwahrscheinlich. Er kann nur Bruchstücke wissen und weiss auch das alles nur vom Hören-Sagen. Orondes kennt auch Tenandes überhaupt nicht, er weiss nur, dass der erste Offizier auf der Mathera wohl - nach allem, was er gehört hat - diesen Namen getragen hat. Er kann also tatsächlich nicht sagen, ob Tenandes jetzt ein guter Offizier war oder nicht und kann noch nicht mal beurteilen, ob das alles stimmt, was er gehört hat. Deshalb drückt er sich halt auch vorsichtig aus.
    Es gäbe natürlich die Möglichkeit, dass er einen Hang zum Drama hat und übertreibt (getrunken hat er ja auch schon was) und dabei seine Unsicherheiten kaschiert, indem er das alles als Tatsache hinstellt. Zusätzlich zu dem Gedanken, den ich oben ausgeführt habe (was macht Zarandas, wenn er sicher ist, dass es stimmt?), k'äme dann, dass wir es mit einer ganz anderen Figur zu tun bekommen. Dann wäre Orondes ein Typ, der Seemannsgarn spinnt und versucht, mit Geschichten aufzutrumpfen. Dann stellt sich aber die Frage, warum Zarandas sich mit so einem abgibt. Ist leider gar nicht die Sorte Mensch, mit denen jemand wie Zarandas derartigen Umgang pflegen würde, dass er ihn als Freund bezeichnet...
    Das alles in Betracht gezogen, wüsste ich jetzt leider nicht, wie ich die Szene anders schreiben sollte :hmm: Vielleicht warte ich mal noch ein paar andere Meinungen dazu ab.

    Danke jedenfalls für deine Aufrichtigkeit. Unter dem Aspekt hab ich das noch gar nicht gelesen :)

    Zarandas (Teil 2)


    Kapitän Orondes kam aus Sabia und dort hatte Zarandas ihn auch kennengelernt und sich mit ihm angefreundet. Sie waren sich seither gelegentlich begegnet, meistens in Chryseia oder irgendwo an der eloranischen Küste. Noch nie aber waren sie sich in Coth über den Weg gelaufen. Als Zarandas nun aber Orondes’ Schiff im Hafen von Coth liegen sah, traute er zunächst seinen Augen nicht. Aber es war tatsächlich die kleine eloranische Haravel und Orondes war noch immer ihr Kapitän. Die beiden beschlossen sofort, sich noch am selben Abend auf ein Glas Wein – oder auch meheren – zu treffen, um diesen überaus angenehmen Zufall zu begießen.
    Sie saßen lange beisammen, tranken und erzählten sich alte und neue Geschichten. Als Orondes sich irgendwann, schon recht angeheitert und bester Laune, über seinen neuen Schiffsjungen aufregte, fiel Zarandas der Anwerber vom Vormittag wieder ein und er wechselte abrupt das Thema.
    „Sag mal, kennst du einen gewissen Kapitän Caras?“, fragte Zarandas seinen Freund.
    Orondes schüttelte den Kopf.
    „Nie gehört. Sollte ich?“, fragte er zurück und leerte seinen Kelch.
    „Es hätte ja sein können.“ Zarandas zuckte mit den Schultern. „Er soll aus Sabia kommen. Oder zumindest sein Schiff, die Mathera.“
    Orondes, der gerade dabei gewesen war, sich erneut einzuschenken, blickte plötzlich auf und zog die Stirn in Falten.
    „Die Mathera?“, fragte er, als wolle er überprüfen, ob er sich verhört habe.
    Zarandas nickte und Orondes ließ die Weinkaraffe sinken und sah ihn skeptisch an.
    „Die Mathera wurde nie von einem Caras befehligt“, sagte er dann. Das war eines der Schiffe der Handelsflotte von Beronides. Also zumindest wenn wir von der selben Mathera sprechen.“
    Jetzt war Zarandas seinerseits verblüfft, aber ihm war aufgefallen, dass sein Freund in der Vergangenheit gesprochen hatte.
    „Wieso ‘war’?“, hakte er nach. „Ist sie gesunken?“
    Orondes zuckte mit den Schultern, goss seinen Kelch voll und nahm noch einen Schluck Wein, bevor er antwortete.
    „Das ist jetzt. . .“, er dachte kurz nach, „wahrscheinlich schon. . . zwei Jahre oder so her. Da gab es einen Riesenwirbel um die Mathera. Offenbar hat die Besatzung gemeutert und sich dann der Piraterie verschrieben. Es gab Gerüchte. Leute, die das Schiff vor der Küste von Ciridar, Harantish und des Aznarischen Reiches gesehen haben wollen. Auch ein paar wenige Überlebende von Raubüberfällen oder so. Aber in Sabia ist sie nie wieder aufgetaucht.“
    Zarandas schwieg und Orondes nahm dies als Aufforderung weiter zu sprechen.
    „Beronides hat einen ziemlichen Aufstand gemacht“, sagte er. „Deshalb weiß das die halbe Stadt. Ich meine, dass Schiffe sinken, dass gemeutert wird oder dass sie überfallen werden und so was, das passiert schon ab und zu mal und meistens bekommt man davon nicht viel mit. Aber Beronides ist ein bedeutender Händler in Sabia und die Mathera war eines seiner besten Schiffe.“ Orondes füllte auch Zarandas‘ Kelch mit dem letzten Schluck Wein und winkte nach der Schankdame. „Außerdem hat wohl sein Bruder oder Vetter das Kommando an Bord gehabt. Den haben sie aufgeknüpft. Noch einen Krug Wein für mich und meinen Freund“, sagte er an die Frau gewandt, die die leere Karaffe entgegennahm.
    Der Stadtstaatler blickte auf.
    „Wie hieß sein Bruder?“, fragte er.
    „Bebonides.“
    Zarandas zog die Stirn kraus. Beronides und Bebonides – die Einfallslosigkeit der Eloraner war sagenhaft. Aber offenbar schien es sich also wirklich um einen engen Verwandten des Reeders und Händlers gehandelt zu haben. Wahrscheinlich wäre er, Zarandas, ebenfalls stinksauer, wenn man ihm nicht nur sein Schiff, sondern dazu noch seinen Bruder – oder Vetter – genommen hätte, dachte der Kapitän bei sich.
    „Kanntest du den Kapitän?“, fragte Zarandas weiter. Seine Neugier kannte jetzt keine Grenzen mehr.
    „Bebonides kannte ich nur flüchtig“, sagte Orondes und nahm noch einen Schluck. „Ich war einmal auf der Mathera und habe ein paar Worte mit ihm gewechselt. Netter Kerl. Ein bisschen zu blasiert für meinen Geschmack, aber wahrscheinlich wird man so, wenn man aus dieser Familie kommt. Aber eine schöne Harrak. Relativ groß – also jedenfalls für eloranische Maßstäbe.“ Er lächelte seinen Freund an.
    Zarandas war nachdenklich geworden und starrte eine Weile auf die dunkle Flüssigkeit in seinem Becher. Das alles passte nicht zu der Geschichte, die Tenandes ihm erzählt hatte, aber vielleicht gab es ja wirklich zwei Schiffe, die den Namen ‘Mathera’ trugen. Der Stadtstaatler fragte sich, ob so etwas in einem eloranischen Hafen möglich war – sicher musste es dort, wie auch in den Stadtstaaten, gewisse Bestimmungen geben. Zumindest aber musste Tenandes, wenn er aus Sabia kam, doch schon davon gehört haben, dass es zwei Schiffe dieses Namens gab und eines davon vermutlich als Piratenschiff geendet war. Es ergab alles keinen rechten Sinn. Es sei denn. . .
    „Könnte dieser Caras der Anführer der Meuterer gewesen sein?“, fragte Zarandas schließlich ins Blaue hinein.
    „Wer?“, fragte Orondes mit verwirrter Miene.
    „Caras“, wiederholte Zarandas. „Könnte er das Kommando auf der Mathera übernommen haben?“
    Orondes blickte ihn zweifelnd an.
    „Wie gesagt, ich hab’ den Namen noch nie gehört. Jedenfalls nicht in Verbindung mit der Mathera“, sagte er mit Bestimmtheit. „Wie kommst du auf einen Caras? Und warum interessierst du dich überhaupt dafür?“
    Zarandas schüttelte den Kopf.
    „Ich weiß nicht. Vielleicht bringe ich auch irgendwas durcheinander“, wich er aus und nippte verlegen an seinem Wein.
    „Ich denke auch“, sagte Orondes. „Nein, der Anführer der Meuterer war ein Kerl namens Tenandes.“
    Ganz langsam, als wäre die Zeit kurz gebremst worden, drang die Nachricht zu Zarandas durch und ganz langsam ließ er seinen Becher wieder sinken.
    „Oder zumindest gab es dieses Gerücht“, fügte Orondes schulterzuckend hinzu. „Aber es ergibt durchaus Sinn.“
    Er nahm einen weiteren Schluck und bemerkte daher nicht, dass Zarandas kurzzeitig fassungslos vor ihm saß. Der Stadtstaatler fing sich aber bald wieder und bemühte sich um eine nicht ganz so überraschte Miene.
    „Wieso ergibt das Sinn?“, fragte er schließlich nach.
    „Weil dieser Tenandes Bebonides’ erster Maat war“, sagte Orondes.
    Das Bild des Mannes, der an diesem Vormittag bei ihm angeheuert hatte, änderte sich von Minute zu Minute, und irgendwie wollte es Zarandas gar nicht gefallen, was sich hier auftat. Er hatte eigentlich vorgehabt, sich lediglich über einen Matrosen zu erkundigen, der für ihn arbeiten wollte. Reine Routine. Bei den meisten derartigen Erkundigungen kam überhaupt nichts heraus, was immerhin besser war, als wenn etwas schlechtes herauskam. Das schlimmste, was er bisher über Anwerber auf seinem Schiff hatte herausfinden können war, dass sie tranken und sich prügelten, einmal hatte er sogar jemanden gehabt, der offenbar eine Frau vergewaltigt und erwürgt hatte. Solches Gesindel stellte er freilich nicht ein. Dass aber ein Meuterer und Pirat an seine Tür klopfte, um von ihm eingestellt zu werden, das war ein bisschen schwieriger zu verdauen.
    Zarandas konnte kaum glauben, was Orondes ihm erzählt hatte und sah ihn deshalb noch immer fragend an. Orondes missverstand seinen Ausdruck und meinte wohl, Zarandas verstünde nicht, warum ein erster Maat einen geeigneten Meuterer abgab.
    „Überleg doch mal, Zarandas“, sagte er mit einem wissenden Lächeln, „wer kommt wohl am nächsten an den Kapitän heran? Wer hat wohl Erfahrung darin, eine Mannschaft anzuleiten und könnte so etwas im Geheimen planen und organisieren? Wer kann das Schiff wohl am besten steuern?“
    Zarandas nickte zerstreut.
    „Außerdem musst du bedenken“, fuhr Orondes mit seiner Erklärung fort, „dass die Mathera ein großes Schiff ist. Sie ist auffällig, nicht besonders wendig und nicht mal besonders schnell. Eigentlich völlig ungeeignet als Piratenschiff. Aber irgendjemand kennt sich so gut mit dem Schiff und den Gewässern hier aus, dass sie seit zwei Jahren immer mal wieder Beute machen kann und bisher nicht erwischt wurde. Also wenn du mich fragst, riecht das sehr nach der Arbeit eines guten Offiziers.“
    „Und dieser Tenandes war ein guter Offizier?“, hakte Zarandas weiter nach.
    „Na, ich denke doch schon, wenn er auf einem solchen Schiff sogar erster Maat war“, meinte Orondes. „Und wenn er es bis jetzt geschafft hat, nicht geschnappt zu werden.“
    Zarandas lächelte Orondes überlegen an.
    „Da beißt sich deine Argumentation aber in den Schwanz, oder?“, sagte er. „Wenn du einerseits sagst, der Anführer der Meuterei müsse ein guter Offizier gewesen sein und andererseits sagst, dieser Offizier müsse deshalb gut gewesen sein, weil er die Meuterei hat anführen können.“
    Orondes blickte seinen Freund eine Weile verwirrt an, dann winkte er heftig ab.
    „Ist ja auch egal“, sagte er. „Ich weiß nur, dass es irgendwann hieß, der erste Offizier habe die Meuterei zu verantworten und ich fand immer, dass das plausibel genug war. Tenandes wurde jedenfalls in Abwesenheit angeklagt.“
    Zarandas nickte verständnisvoll, wollte aber auch keinen allzu versessenen Eindruck machen, daher ließ er das Thema für den Rest des Abends auf sich beruhen und bald waren sie schon wieder zu anderen Gesprächsthemen übergegangen.
    Dennoch ließ ihm das, was sein Freund ihm erzählt hatte, jetzt keine Ruhe mehr und eine Frage ging Zarandas nicht mehr aus dem Kopf: Wer war dieser Tenandes eigentlich wirklich? Offenbar war er Offizier gewesen. Warum aber hatte er davon nichts erwähnt, als er bei ihm angeheuert hatte? Wahrscheinlich hatte er Angst, erkannt zu werden, dachte Zarandas, und das mit gutem Grund, wenn er sich tatsächlich der Meuterei und Piraterie schuldig gemacht hatte. Und was machte er überhaupt hier? Vielleicht war die Mathera gesunken oder man hatte sie doch erwischt. Tenandes hatte fliehen können und versuchte jetzt unterzutauchen. Inzwischen war dem Kapitän auch vollkommen klar, warum Tenandes nicht bei einem anderen Eloraner anheuern wollte.
    Zarandas verbrachte noch einen guten Teil des Abends damit, das, was er wusste oder glaubte zu wissen in seinem Kopf hin und her zu schieben und fragte sich, was er mit diesem Wissen jetzt anfangen sollte. Und nach einer unruhigen Nacht, hatte er sich am nächsten Morgen schließlich zu einem Entschluss durchgerungen.

    Danke, @Sensenbach.

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    Die erste Geschichte ist eher als Fragment gedacht, oder? Für eine Kurzgeschichte fehlt mir etwas der Spannungsbogen, der sich in einem überraschenden Ende auflöst. Das Ende wirkt daher eine wenig lasch.

    Ja, es ist eigentlich nicht die klassische Kurzgeschichte (alle beide nicht), sondern sie sind als Fragmente - wenn man so will "Erinnerungsfetzen" - zu verstehen. Deswegen gehen sie als solches nicht als Kurzgeschichten durch (hab das Label nur gesetzt, weil es halt "kurze Geschichten" sind im Gegensatz zu dem Schinken, der die Hauptgeschichte ausmacht :rolleyes: ).

    Besonders nach dem aufregenden Marsch durch den Dschungel.

    Ich geb zu, diese Beschreibungen haben mir auch am meisten Spass gemacht. Ursprünglich war da nur der Marsch durch den Dschungel, aber irgendwie stand das für sich genommen dann etwas einsam, daher hab ich den Rest auch noch dazugeschrieben (ist aber bei weitem nicht so viel Herzblut drin, und das merkt man auch).

    Schreibstil und Charakterbeschreibungen sind Tip Top!

    Das ist hauptsächlich, was ich hier wissen wollte. Also wenn der Stil so ankommt, fang ich demnächst auch mal an, die eigentliche Geschichte einzustellen (die ist halt noch nicht fertig, aber dadurch bekäme ich vielleicht mal die Motivation weiterzuschreiben :) ). Eigentlich sind diese "Kurzgeschichten" hier nur im Kontext der Hauptgeschichte vollständig verständlich, insofern war das hier eigentlich erst mal ein vorsichtiges Herantasten, bevor ich ein Riesenwerk einstelle.

    Mir ist aufgefallen das Tenandes jetzt plötzlich mit einem Akzent redet. Hmm...

    Ja, das wird in der Antija-Geschichte nicht angesprochen, wobei ich vielleicht in einem Nebensatz reinbringen könnte, dass ihm irgendwann auffällt, dass sie Eloranisch (Tenandes' Muttersprache) mit dem Akzent von Coth spricht - jeder in Coth spricht Eloranisch, aber es herrscht dort eher ein bunter Mischmasch aus verschiedenen Sprachen, daher ist die Sprechart etwas eigenwillig. Zarandas hingegen kann zwar Hocheloranisch, würde mit einem Bewerber auf seinem Schiff aber natürlich in der Sprache sprechen, in der an Bord auch Befehle erteilt werden, also Chryseianisch (ein Dialekt der Stadtstaaten). Und Tenades' Chryseianisch ist halt grottig...

    Falls du dies im nächsten Teil weiter erzählst, brauchst du diesen Satz möglicherweise nicht. Du könntest auch dramatischer enden und es dann neu wieder aufnehmen, indem du erzählst was der Bekannte zu sagen hat.

    Okay, ich werde noch mal drübersehen (da das jetzt schon zwei Mal angesprochen wurde).

    Danke @Kramurx für dein Feedback :) Ich hab im Übrigen auch gleich am Anfang noch etwas eingefügt, weil @Thorsten meinte, es fehlt ein wenig an Athmosphäre. Ich hoffe, man kann sich jetzt auch ein bisschen besser vorstellen, wo man sich eigentlich befindet.

    Spoiler anzeigen

    Von der Spannung her bei einer Skala von 0-100 bin ich grad bei so 70-75 xD

    Gut, damit kann ich leben, das soll hier ja noch gar nicht so wahnsinnig spannend sein, damit sich da noch was aufbauen kann ^^

    Ich glaube den Schlusssatz könnte man noch spannender formulieren, was aber nicht zwingend notwendig ist.
    Sowas wie... ohje, ich greif mal in den Zauberhut und hole spontan raus..
    " Der Kapitän hätte eigentlich in den kommenden zwei Tagen nicht mehr an den hinkenden Eloraner gedacht. Doch wer hätte geahnt, dass ein schicksalhaftes Treffen seine Meinung über den Eloraner derart umwerfen könnte?"
    Doch kein Hase im Hut gewesen D:

    Ja, könnte man sicher, ist hier aber schwer, wenn man nicht zu viel vorwegnehmen will bzw. die Meinung, die Zarandas von Tenandes hat, ändert sich zwar, ist aber bis zum Schluss eher zwiespältig... (ich will hier nicht zu viel verraten)

    Gestolpert bin ich direkt beim ersten Satz xD
    Ich bin überzeugt er würde sich besser lesen lassen, wenn er umformuliert in mehrere Sätze geteilt wäre

    Hab ich jetzt auch gleich gemacht.

    Den Akzent den Tenandes nun letztlich spricht konnte ich mir leider beim besten Willen von Anfang bis Ende nicht vorstellen. Am Ende war es für mich dann doch die normale Stimme - nur mit ehhh Verständigungs/Sprachproblemen ?

    Ja, das kann man auch schwer schreiben. Akzente zu beschreiben, die nicht auf uns bekannten Sprachakzenten aufbauen, finde ich immer enorm schwierig. Man kann dann meistens nur so rumlavieren, dass eine Sprache eben besonders hart oder besonders weich klingt oder melodisch oder so. Und selbst dann ist es zwar vielleicht möglich, sich die Sprache vorzustellen, aber wie jemand mit einem Akzent dieser Sprache dann spricht ist nochmal etwas schwieriger sich vorzustellen, geschweige denn, zu beschreiben. Ich werd noch mal drüber nachdenken, ob man das kurz und knapp besser beschreiben kann, ohne sich in endlosen Ausführungen darüber zu ergehen, wie die Sprache denn jetzt eigentlich klingt.

    Wichtig an der Stelle ist aber eigentlich hauptsächlich, dass Tenandes das Chryseianische (ein Dialekt der Stadtstaaten) nicht besonders gut kann, weshalb er sich nicht gut auszudrücken versteht. Im spätereen Verlauf der Geschichte reden sie dann Eloranisch, weil Zarandas als Händler das sehr gut beherrscht - Eloranisch hat in dieser Welt in etwa den Status wie Englisch in unserer, es ist also die gängige Handelssprache und wird daher auch in Coth gesprochen (Antija hat es ganz offensichtlich mit Tenandes gesprochen), welches so eine Art freie Siedlung im Dschungel ist.

    Aber ansosnten find ich den neuen Teil gut

    Danke!

    So, hier kommt die nächste Kurzgeschichte, in der man einen tieferen Einblick in die Hintergründe für Tenandes' Flucht usw. bekommt. Erzählt wird sie aus der Sicht eines Kapitäns aus den Stadtstaaten, genauer gesagt aus der Stadt Chryseia. Natürlich kann die Antija-Geschichte trotzdem noch kommentiert werden und ich sag dann auch Bescheid, wenn ich mit ihrer Überarbeitung fertig bin.

    Zarandas (Teil 1)

    Kapitän Zarandas überwachte gewissenhaft, wie Matrosen, Hafenarbeiter und ein paar Träger die Ladung der Morgenwind löschten. Er achtete besonders darauf, dass seine eigenen Leute vorsichtig mit den Waren umgingen. Was außerhalb des Schiffes mit dem Zeug passierte, war nicht mehr seine Verantwortung, aber für alles, was seine Matrosen damit anstellten, war er haftbar und Arion, der Händler, an den er lieferte, würde ihm das sehr genau anrechnen.
    Es war ein schwüler Frühsommertag und der nahe Dschungel sowie die Regenfälle des Morgens hatten die Luft drückend gemacht und Zarandas war froh, sich im Schatten des Achterkastells aufhalten zu können. Die nackten Oberkörper der zahlreichen Träger glänzten von Schweiß, als sie Kiste um Kiste von Bord schleppten und auf Karren hievten, welche sie dann weiter über die Anlegestege und die holprig gepflasterten Straßen von Coth in Arions Handelskontor transportieren. Der Kapitän warf einen nachdenklichen Blick in die obersten Rahen des Großmastes, in denen einiger seiner insgesamt vier Dutzend Matrosen und Matrosinnen damit beschäftigt waren, Taue auszutauschen. Kurz vor ihrer Ankunft in Coth war die Morgenwind in einen Sturm geraten und ein Teil der Takelung war in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Sturm wäre für ein kleineres Schiff sicher verheerender gewesen, sinnierte Zarandas für einen Augenblick, aber die Morgenwind war ein gewaltiger Dreimaster aus den Stadtstaaten, der Nation, die die Seefahrt perfektioniert hatte und sich als einzige darauf verstand, derart große Schiffe zu bauen. Die Morgenwind maß beinahe hundertdreißig Fuß vom Bugspriet bis zum Heck, hatte entsprechend Tiefgang und schon so manchem Sturm getrotzt.
    An Deck erschien Arion, schnaufend und schwitzend allein vom Ersteigen der Stelling, und Zarandas schob alle anderen Gedanken beiseite und bat den Händler in seine Kajüte, wo sie den Papierkram erledigten und das Geld den Besitzer wechselte. Er hatte mit Arion hier in Coth schon häufiger Geschäfte gemacht und als der alte Knabe schließlich wieder fort war, setzte der Kapitän sich an seinen Schreibtisch und überflog noch einmal zufrieden die Papiere, die das Geschäft besiegelten. Es klopfte an seiner Tür.
    „Käptn“, hörte er die Stimme von Gregas, seinem ersten Maat.
    Er bat ihn herein und schaute auf, als sich die Tür öffnete und Gregas den Kopf hereinsteckte.
    „Da will jemand bei Euch anheuern“, sagte er. „Ein Eloraner.“
    Zarandas zog die Brauen hoch.
    Eigentlich brauchte er gerade niemanden weiter, jedenfalls nicht unbedingt, aber Zarandas war immer gern bereit, Anwerber anzuhören, wenn er die Zeit dazu hatte, denn hin und wieder tat sich somit die eine oder andere Gelegenheit auf, an gute Leute zu kommen. Was ihn jedoch stutzig machte war, dass ausgerechnet ein Eloraner zu ihm wollte. Es war ja nicht so, dass im Hafen von Coth nicht genügend eloranische Schiffe lagen, auf denen er anheuern konnte. Nichtsdestotrotz bat er seinen ersten Maat, den Mann hereinzulassen.
    Wenige Augenblicke später führte Gregas einen schwarzhaarigen Mann herein. Seine Haut hatte den dunklen Taint der Eloraner und war zusätzlich von der Sonne gebräunt. Er war groß und kräftig gebaut, auch wenn er ausgezehrt und müde wirkte. Außerdem hinkte er, als er die Kajüte betrat – nicht sehr, aber es fiel Zarandas doch augenblicklich auf. Er trug eine fleckige Hose, die von einem Stück Seil um seiner Hüfte gehalten wurde und ein einfaches Leinenhemd. Sein dichtes, pechschwarzes Haar schien ungewaschen und verfilzt und hing ihm in die grauen Augen, die sich bei seinem Eintreten sofort flink im Raum umsahen, als wollten sie jede Einzelheit mit einem einzigen Blick aufnehmen. Trotz seines etwas heruntergekommenen Anblicks war der Mann ordentlich rasiert und trug lediglich einen Backenbart, der ihn älter wirken ließ als er vermutlich war. Zarandas hieß ihn, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Gregas schloss die Tür und blieb im Hintergrund stehen.
    „Du suchst also einen Posten, ja?“, fragte Zarandas und lehnte sich zurück.
    „Ja, Kapitän.“
    Nur zwei Worte, aber die Art, wie er ‘Kapitän’ sagte, verriet Zarandas bereits, dass er einen starken eloranischen Akzent haben musste.
    „Wie war noch dein Name?“
    „Tenandes.“
    Der Kapitän nickte und blickte Tenandes in die Augen. Es war schwierig, dem Blick des Eloraners Stand zu halten, denn sein linkes Lid hing leicht herab und bedeckte sein halbes Auge, was irritierend war und einem den Eindruck vermittelte, als schliefe Tenandes jeden Moment ein. Doch dann war da noch sein anderes Auge, welches ganz im Gegenteil hellwach wirkte und eine unbestimmte Mischung aus Vorsicht und Entschlossenheit widerspiegelte.
    „Wir könnten vielleicht wirklich jemanden gebrauchen, Tenandes“, sagte Zarandas und beschloss, Tenandes’ irritierenden Blick fürs erste zu ignorieren. „Was genau kannst du denn?“
    Tenandes sah den Kapitän ein wenig unsicher an.
    „Na ja, eigentlich alles“, sagte er dann und zuckte mit den Schultern. „Ich meine, ich habe nicht gearbeitet auf solches Schiff vorher, aber auf eloranisches Schiff ich kann alles.“
    Das waren die ersten zusammenhängenden Sätze, die Tenandes von sich gegeben hatte und Zarandas stellte fest, dass er nicht nur einen starken Akzent hatte, sondern die Sprache der Stadtstaaten insgesamt sehr schlecht sprach. Was Zarandas sofort konfus machte, war die Tatsache, dass der Eloraner die Dialekte, die in den verschiedenen Städten gesprochen wurden, auf eine absurde Weise vermischte. Es stand damit aber auch außer Zweifel, dass er Seemann war und die Stadtstaaten schon häufiger bereist hatte, denn Zarandas kannte ein ähnliches Kauderwelsch von anderen ausländisches Matrosen. Für einen Stadtstaatler war es meistens nicht so schwer, sich in die Dialekte der anderen Städte hineinzuversetzen, aber einer Mischung der Sprechweisen und zum Teil eigentümlichen Wörter, war ausnehmend schwierig zu folgen.
    Möglicherweise war es also seinen Sprachschwierigkeiten geschuldet, dass der erste Eindruck, den Tenandes bei Zarandas hinterließ, der eines sehr überheblichen Mannes war, wenn er mit derartiger Selbstsicherheit behauptete, er könne alles. Der chryseianische Kapitän hatte mitbekommen, dass Gregas, der noch immer bewegungslos bei der Tür stand, ebenfalls den Mund etwas verzogen hatte – offenbar waren die Gedanken seines Offiziers in eine ähnliche Richtung gegangen. Zarandas beschloss dennoch, darauf zunächst nicht allzu viel zu geben.
    „Und warum heuerst du dann nicht bei einem Eloraner an?“, fragte er weiter und schenkte sich einen Kelch Wasser aus einer verzierten Karaffe ein, die auf seinem Tisch stand.
    Tenandes schwieg zunächst und sah kurz zu Boden.
    „Schiffe aus Stadtstaaten haben interessiert mich immer“, sagte er dann ein wenig verlegen. „Euer Schiff ist größer als bisher Schiffe gefahren. Mehr Segel, andere Segel, neues. . .“ Er suchte sichtlich nach einem Wort. „Art von Segel und Leinen, wenn zusammen am Schiff“, sagte er und machte eine unspezifische Handbewegung.
    „Takelung“, schlug Zarandas vor und nippte an seinem Wasser.
    „Ja, neue Takelung. Sehr interessiert mich, sehr groß, viel neues zu lernen.“
    Der Kapitän musterte ihn.
    „Wie alt bist du, Tenandes?“
    Der Eloraner musste kurz nachrechnen, bevor er antwortete.
    „Zwanzig und sechs Jahre“, sagte er.
    „Und wie lange gehst du schon zur See?“
    „Fast zehn und fünf Jahre“, antwortete Tenandes eifrig, als wolle er damit etwas beweisen.
    „Und bei wem hast du zuletzt gearbeitet?“
    Zarandas meinte zu ahnen, dass Tenandes unter dem Tisch ein wenig die Hände wrang, bevor er antwortete.
    „Caras“, antwortete er schließlich schlicht.
    Den Namen hatte Zarandas noch nie gehört, also fragte er aufs Geratewohl weiter.
    „Aus welcher Stadt kommst du?“
    „Sabia.“
    „Und was für eine Art Schiff war das, auf dem du zuletzt gearbeitet hast?“
    Tenandes zögerte kurz, dann versuchte er sich an einer Beschreibung und Zarandas hatte das Gefühl, er hätte sich in mehr Details ergangen, wenn er nur das nötige Vokabular gehabt hätte.
    „Große Harrak, drei Masten“, sagte er. „Fast alle. . . wie heißen?. . . Rahsegel? Nur Besan mit Arianersegel. Nicht so viele Segel wie dieses Schiff, nicht so groß, aber groß für Eloraner. Sehr. . . tief?. . . Tief im Wasser. . .“
    Er schien ein wenig hilflos, war mit seiner eigenen Beschreibung offenbar nicht zufrieden, wusste aber auch nicht, wie er sich besser ausdrücken sollte.
    „Wie hieß das Schiff?“, fragte Zarandas dazwischen, einfach um Tenandes aus seiner Not zu erlösen.
    Der Eloraner stockte, blickte ihn kurz verwirrt, vielleicht sogar etwas verunsichert an.
    „Mathera“, sagte er schließlich.
    Auch der Name sagte Zarandas nichts, aber er hatte auch nicht damit gerechnet.
    „Und warum arbeitest du nicht mehr für Kapitän Caras?“, fragte er weiter.
    Tenandes sah auf seine Hände.
    „Ist schlechter Kapitän“, sagte er. „Mathera ist schönes Schiff, aber Caras ist schlechter Kapitän. Als Seefahrer gut, aber nicht sehr gut. Und schlechter Mensch.“
    Er beließ es bei dieser Erklärung, gab keine weiteren Einzelheiten. Zarandas nickte, als würde er verstehen, obwohl er es merkwürdig fand zu hören, dass auf einem eloranischen Schiff solch schlechte Zustände herrschten. Was Tenandes erzählte, oder was Zarandas glaubte, aus seiner Erzählung herauszuhören, klang eher nach diesen arlundischen Kapitänen, die ihre Leute verschlissen und ihnen gegenüber gewalttätig wurden.
    Zarandas merkte, dass er über diese Überlegungen hinweg aus dem Konzept geraten war. Der Eloraner saß ihm gegenüber und erwartete offenbar weitere Fragen, doch der Kapitän wusste im Augenblick nicht, was er noch fragen sollte, daher übergab er diese Aufgabe einfach an Tenandes selbst.
    „Gibt es irgendetwas, was du noch wissen willst?“
    Tenandes zog die Brauen hoch und überlegte kurz. Schließlich zuckte er die Schultern.
    „Viel“, sagte er. „Aber viel hat zu tun mit Schiff. Wie sie segelt, wie schnell am Wind, wie man segelt mit. . . wie Ihr nennt die zwei Vorsegel? Vor Stagfock. . .“
    „Klüver“, sagte Zarandas und Tenandes wiederholte das Wort zwei Mal, um es sich einzuprägen.
    Der Kapitän faltete die Hände auf der Tischplatte und blickte Tenandes in die Augen.
    „Das meinte ich jetzt nicht, aber es freut mich, dass du dich so sehr für das Schiff interessierst“, sagte er. „Ich dachte allerdings eher an andere Fragen, zum Beispiel nach der Heuer. Willst du nicht wissen, wie viel du hier verdienst?“
    Tenandes sah ein wenig verlegen aus, als sei ihm diese Idee noch gar nicht gekommen und Zarandas sah, wie Gregas an der Tür lautlos grinste. Dann nickte Tenandes langsam.
    „Die Heuer auf der Morgenwind beträgt zwei Jot und fünf Kreuzer pro Tag“, erklärte Zarandas und sah, dass Tenandes den Betrag offenbar im Kopf umrechnete und dann nickte. „Wir haben vier Wachen – soweit ich weiß, sind auf eloranischen Schiffen meistens drei Wachen üblich – aber das bedeutet nicht unbedingt längere Freiwachen. Wie du schon festgestellt hast, ist dies ein großes Schiff. Es gibt immer überall etwas zu tun. Außerdem sind die Wachen zwar relativ klein gehalten, aber für Manöver werden trotzdem auch die Leute herangezogen, die nicht dazu gehören. Mit anderen Worten: Matrosen stehen fast die ganze Zeit über auf Abruf bereit und das nicht nur für Alle-Mann-Manöver. Aus diesem Grund wird an Bord nicht getrunken, außer mit ausdrücklicher Erlaubnis. Ferner ist es untersagt, größere Waffen zu besitzen als einen Dolch.“
    Tenandes hörte dem Kapitän die ganze Zeit über aufmerksam zu und nickte hin und wieder leicht, um anzuzeigen, dass er verstanden hatte. Er schien nach Zarandas’ Monolog keine weiteren Fragen zu haben und Zarandas hatte den Eindruck, dass es ihm auch nicht so wichtig war. Aber wenn Tenandes zuvor wirklich unter einem tyrannischen Kapitän gearbeitet hatte, würde er jetzt vermutlich mit allem zufrieden sein, was Zarandas ihm bieten konnte. Am Ende des Gesprächs erklärte der Stadtstaatler dem Anwerber jedenfalls, dass er in zwei Tagen wiederkommen möge, um seine endgültige Entscheidung zu hören. Tenandes wirkte bei diesen Worten ein wenig geknickt und machte sich offenbar keine großen Hoffnungen, dass er sich eine gute Nachricht abholen würde. Dennoch bedankte er sich höflich, wenn auch ungeschickt, bei Zarandas für dessen Zeit und verließ hinkend das Schiff.
    „Nehmt Ihr diesen Tenandes?“, fragte Gregas, als der Eloraner fort war.
    Zarandas schwieg eine Weile.
    „Ich weiß nicht“, gab er schließlich zu. „Er scheint ja enthusiastisch zu sein, aber er wirkt irgendwie. . . fast schon verzweifelt.“ Er machte eine Pause und dachte nach. „Na ja, und solche Leute neigen bekanntlich ganz besonders dazu, dir das zu erzählen, was du hören willst. Vielleicht hat er hier irgendwas ausgefressen. Ich höre mich vielleicht in den näheren Tavernen mal nach ihm um.“
    „Ich würde mich beim Hafenmeister erkundigen“, sagte Gregas.
    Der Kapitän blickte ihn fragend an.
    „Er arbeitet hier im Hafen“, erklärte der erste Maat und nickte in die Richtung, in die Tenandes gerade verschwunden war. „Hab’ ihn gestern schon gesehen, da hat er geholfen, das Schiff zu vertäuen. Heute beim Löschen war er auch dabei. Ist danach gleich zu Euch gekommen.“
    Zarandas nickte zerstreut und dankte Gregas. Bald darauf aber war seine Aufmerksamkeit wieder auf andere Dinge gerichtet und der seltsame Eloraner war immer mehr in den Hintergrund getreten. Denn eigentlich hatte Kapitän Zarandas seinen Beschluss bereits gefasst und würde Tenandes in zwei Tagen bedauernd erklären, dass sie ihn zur Zeit nicht dringend brauchten, er ihm aber viel Glück auf einem anderen Schiff wünschte. Wenn er ehrlich war, brauchte er nicht noch einen Matrosen, erst recht keinen, dem man erst alles mögliche würde erklären müssen und der obendrein offenbar verletzt war. Dass Tenandes auf eine fünfzehnjährige Laufbahn auf eloranischen Großseglern zurückblicken konnte, machte ihn leider nicht außergewöhnlich genug, als dass Zarandas es auf einen Versuch hätte ankommen lassen. Vermutlich hätte der Kapitän in den kommenden zwei Tagen auch überhaupt nicht mehr an den hinkenden Eloraner gedacht, wenn er an diesem Abend nicht durch reinen Zufall an einen alten Bekannten geraten wäre.

    Danke auch dir, @Xarrot und schön, dass dir der Anfang gefallen hat!

    Deine Textkorrekturen werde ich berücksichtigen und demnächst einbauen. Die Stelle mit der Vorvergangenheit war schon mal ein gutes Stück länger und ist schon extrem gekürzt :D Aber ich guck trotzdem mal, was ich da noch machen kann.

    Soweit ich weiß, können durchtrennte Sehnen ohne entsprechende Eingriffe nämlich nicht einfach wieder zusammenwachsen. Vielleicht schwächt man die Umstände etwas ab und schreibt einfach nur "wegen der verletzten Sehne"?

    Hm, du hast insofern Recht, dass er, sollte die Sehne tatsächlich immer noch durchtrennt sein, wahrscheinlich so gut wie gar nicht voran kommt, also vielleicht passt "verletzt" hier tatsächlich besser.
    Dass aber eine Sehne, selbst wenn sie vollständig gerissen ist, gar nicht von allein verheilt, stimmt meines Wissens so nicht. Man muss die entsprechende Stelle schienen und schonen (<- klingt nicht schlecht "schienen und schonen" ^^ ) und es dauert eine ganze Weile, aber in der Regel sollte die Heilung auch ohne operative Eingriffe erfolgen. Die Verletzung ist einigermassen wichtig für die Geschichte, da Tenandes während des Rollenspiels genau ein grösseres Handicap hat: er hinkt aufgrund einer schlecht verheilten Verletzung am Fuss, die Ursache dafür liegt kurz vor seiner Flucht durch den Dschungel. Was mir in dem Zuge aber noch einfällt: in Teil 6 der Antija-Geschichte gehört wahrscheinlich noch, dass die Kapitäne der Schiffe, auf denen er anheuert, ihn vermutlich auch nicht nehmen, weil er offenbar in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Das schreib ich bei Gelegenheit auch noch rein.

    Klingt nach nem Anmachspruch von der Sorte, bei dem man entweder nen Lacher oder eine geklatscht bekommt Ich glaub, den probier ich mal aus ...

    :D (Erzähl dann, wie's ausgegangen ist.)

    Danke für die ausführlichen Kommentare zu den einzelnen Teilen, @Kramurx

    Teil 5
    Tenandes Wortwahl fand ich nicht so schön bei ihm, als er ihr quasi den eigenen Beruf erklärt und welche Folgen dieser hat
    Mir passte es nicht so recht zu ihm. Und da er im späteren Verlauf auch nicht wieder mit Dialekt spricht und auch seine leicht vulgäre Seite wieder fallen lässt... passts mir wirklich nicht xD

    Hm, gut möglich, dass es das ist, was mich auch stört... Das Problem ist ein bisschen, dass ich auch erklären will, wie Antija zu dem geworden ist, was sie im späteren Verlauf der Geschichte (rund 15 Jahre später) ist, nämlich eine gut bezahlte Hostess. Ich wollte anklingen lassen, dass Tenandes derjenige war, der ihr einen Anstoss in diese Richtung gegeben hat, deshalb kommt dieses Thema überhaupt auf. Aber möglicherweise ist es hier an der Stelle - quasi als erstes tiefergehendes Gespräch - etwas unpassend, bzw. vielleicht sollte es weniger direkt ausgesprochen und eher über ein paar Ecken angedeutet werden. :hmm:

    Teil 6
    Ein kurzer Teil. Ein kurzer Abschied. Die Bande zwischen den beiden ist geknüpft. Dass er seine Lebensretterin hin und wieder mal sehen möchte, ja. Dass sie ihn auch wiedersehen möchte.. hm naja. Wenn sie sich nun nicht grade in ihn verguckt hat, fehlt mir hier das Verständnis für, ist aber nicht deine Schuld
    Der Spruch am Ende war ja ganz niedlich, aber ich fand ihn unpassend. Fühlte sich an als hätten die beiden grad ein großes Abenteuer gemeistert und das sei nun nach 100 Seiten die Verabschiedung. Da dies nicht der Fall ist / war, hätte ich es ein wenig nüchterner erwartet

    Es ist wohl davon auszugehen, dass sie sich, wie oben schon ein paar mal angedeutet, ein wenig in ihn verguckt hat. Ich würde sie gerne als Frau darstellen, die - trotz ihres Berufes - auch eine etwas verträumte, romantische Seite hat. Dass Romantik bei ihr möglicherweise eine andere Ausrucksweise findet als gemeinhin, finde ich nicht so abwegig: da ist ein Mann, den sie gesund gepflegt hat (Pflegersyndrom :D ) und der sie vergöttert, ohne mit ihr schlafen zu wollen (ausserdem hat er einen gewissen Schurken-Charme, wenn er schon nicht unbedingt hübsch ist).
    Der letzte Satz haut wohl niemanden vom Hocker, aber in fand ihn eigentlich durchaus passend: er ist relativ nüchtern (kein grosses Trara) wie das Tenandes' Art ist, er ist etwas ausweichend schmeichelnd, vielleicht sogar mehrdeutig - das alles passt zu ihm, denn er ist eigentlich ein eher unverbindlicher Typ, der selbst, wenn er dann doch verbindlich wird, das ganze eher indirekt sagt. Aber das ganze ist auch eine Kurzgeschichte, die jetzt keinen grossen Knalleffekt o.ä. hat/braucht...

    Danke nochmal! :)

    So, und während ich noch über Teil 5 nachgrüble, hier schliesslich noch Teil 6, um die Story noch zu einem Abschluss zu bringen. Vorweggenommen sei nochmals, dass es sich hier um eine Art Rückblende handelt. Die Situation, in der ich das geschrieben habe, war, dass unsere Rollenspieltruppe nach Coth gekommen ist, wo Tenandes sich dann mit der durchaus nicht billigen Hostess Antija auf ein Abendessen getroffen hat, und kein Mensch ihm glauben wollte, dass sie tatsächlich nur was zusammen essen wollen (einzig seine Erklärung "die ist mir doch viel zu teuer" wurde dann als plausibel eingestuft). Da ich die Konstellation Tenandes-Antija sehr interessant fand, habe ich dann ihre Vorgeschichte aufgeschrieben (sie haben sich freilich später immer mal wieder getroffen, aber das hier war ihre erste Begegnung).

    Antija (Teil 6)


    Seine Bemühungen wieder Arbeit auf einem Schiff zu finden, waren zunächst nicht von Erfolg gekrönt. Die wenigen Kapitäne, die ihn überhaupt anhörten, verloren bald das Interesse, wenn sie merkten, dass er unsicher wurde oder ausweichend antwortete. Auch auf die Frage, warum er nicht auf einem der eloranischen[*] Schiffe anheuerte, die im Hafen lagen, konnte er keine befriedigende Antwort geben. Er war eigentlich kein schlechter Lügner und hätte sich jederzeit eine Geschichte ausdenken können, aber er fürchtete die Konsequenzen, sollte er seine Neueinstellung auf einem gar zu großen Lügengespinst aufbauen und die Wahrheit dann irgendwann vielleicht doch ans Licht kommen.
    Schließlich aber nahm ihn doch jemand – ein Kapitän aus den Stadtstaaten erlaubte sich zwei Tage Bedenkzeit. Als er schließlich wieder auf das Schiff kam, um sich, wie er dachte, seine Abfuhr abzuholen, erklärte ihm der Mann, dass er unter einer Bedingung bei ihm arbeiten könne. Es blieb ihm kaum etwas übrig, als seine Bedingung zu erfüllen, aber danach wurde ihm Arbeit auf dem Großsegler zugesichert und als er sich gegen Mittag mit Antija traf, strahlte er sie an und nahm sie vor Freude in die Arme.
    „Ich hab’ Arbeit gefunden“, sagte er. „Auf ’nem Schiff aus Chryseia.“
    Er lächelte sie an und sie strahlte, als habe er sie damit unendlich stolz gemacht.
    „Allerdings. . .“, fuhr er langsam fort, laufen wir schon morgen früh aus. „Ich werd’ die Nacht auch auf dem Schiff verbringen, dann hast du endlich dein Bett wieder.“
    Ein Schatten huschte über ihr Gesicht und plötzlich verspürte auch er einen Stich bei dem Gedanken, wieder fort zu segeln und er wünschte sich, noch ein bisschen mehr Zeit mit ihr verbringen zu können.
    „Kommt dieses Schiff öfter hier her?“, fragte sie rundheraus.
    „Ich denk’ schon“, sagte er unsicher. „Falls nicht, such’ ich mir eben ein andres.“
    Ein breites Lächeln, dann sah sie plötzlich unsicher zu Boden. Er spürte, dass sie etwas sagen wollte, daher ließ er ihr die Zeit, ihre Gedanken zu formulieren.
    „Ich hab’ übrigens darüber nachgedacht, was du gesagt hast“, sagte sie schließlich. „Darüber, dass ich mehr Geld verlangen sollte.“
    Er zog die Brauen hoch, die unausgesprochene Frage, zu welchem Schluss sie gekommen war.
    „Na ja“, sagte sie ein wenig verlegen. „Ich bin mir nicht sicher, welcher Preis angemessen wäre.“
    Sie schien nachzudenken oder vielleicht wartete sie darauf, dass er etwas dazu sagte, aber er wartete schweigend und sah sie nur an.
    „Was würdest du denn zahlen?“, rückte sie schließlich mit ihrer Frage heraus.
    Er starrte sie kurz an, dann senkte er den Blick und begann leise zu kichern.
    „Tut mir Leid, dass ich dir da keine Hilfe sein kann. Ich such’ mir eigentlich eher die billigen Huren“, gab er zu. „Ich bin dann meistens betrunken und da interessiert es mich nicht so, wie sie aussehen.“
    Er zuckte in einer entschuldigenden Geste mit den Schultern. Sie lächelte nicht und sie sah ihn nicht an, schien seinen letzten Satz gar nicht richtig zu hören.
    „Ja“, sagte sie unsicher, „aber was würdest du für mich zahlen.“
    Einen Moment war er unsicher, wusste nicht, was er sagen sollte. Auch verstand er nicht so richtig, worauf ihre Frage abzielte, denn er hatte niemals je in Erwägung gezogen, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen und er hatte eigentlich auch immer den Eindruck gehabt, dass sie damit mehr als zufrieden war. Er konnte es sich nur so erklären, dass sie wissen wollte, was sie ihm wert war, aber diese Frage konnte er ihr ganz genau beantworten.
    „Gar nichts“, sagte er nüchtern und sah sie ernst an. Dann lächelte er. „Du bist doch für mich unbezahlbar, Antija.“

    ENDE

    [*]Kommt hier so nicht vor, aber Tenandes stammt aus dem Eloranischen Reich, daher hat er bisher nur auf eloranischen Schiffen gearbeitet.

    Als nächstes kommt eine Geschichte, die mehr oder weniger an diese hier anknüpft, erzählt aus der Perspektive des oben genannten "Kapitäns aus den Stadtstaaten" - das war mal mein erster Versuch, eine Perspektive von aussen auf ihn einzunehmen.

    @bigbadwolf Dankeschön! Ja, kann sein, dass die von dir zitierten Stellen dazu beitragen, dass es sich für mich noch nicht "rund" anhört... ich warte mal noch, ob noch jemand was dazu sagt, vielleicht krieg ich's ja irgendwann zu fassen :)

    Soll hier wirklich so "wenig" passieren, abgesehen von dem Band, welches du behutsam zwischen den beiden knüpfst?

    Ja, genaugenommen passiert in der ganzen Geschichte relativ wenig und es geht mehr darum, wie eine besondere Beziehung zustande gekommen ist. Das mit dem "behutsam ein Band knüpfen" hast du sehr schön ausgedrückt und fasst es vermutlich gut zusammen :) Ich schreibe derartige Exkurse manchmal, wenn eben in der eigentlichen Geschichte viel zu wenig Platz ist, einige difizile Umstände genauer zu beleuchten. Genaugenommen:

    Der Grund für diese Kurzgeschichte über Antija...

    ...ist der, dass Tenandes (im Rollenspiel) nach längerer Zeit mit ein paar Freunden mal wieder nach Coth zurückgekehrt ist (das spielt ungefähr 15 Jahre nach den Begebenheiten hier) und sich dort dann mit Antija getroffen hat UND ALLE HABEN GELACHT, ALS ER ERKLÄRTE, SIE SEIEN NUR FREUNDE ("ja ja, Tenandes, ich weiss, welchen Beruf sie hat" - sowas darf man sich dann anhören!!!) :D

    So, jetzt geht's weiter. An diesem Teil stört mich noch irgendwas, aber ich komm nicht so richtig drauf, was es ist. Vielleicht könnt ihr es mir ja sagen?!

    Antija (Teil 5)

    „Herrje“, sagte sie, noch immer lachend, „ich glaube, es geht dir besser, oder?“
    Er nickte grinsend, doch dabei wurde ihm wieder etwas schwindelig. Er ignorierte das Schwindelgefühl und nahm ein paar tiefe Atemzüge.
    Sie lachte noch immer still vor sich hin, schien sich tatsächlich zu freuen und wirkte erleichtert. Offenbar hatte sie Angst gehabt, von oben herab betrachtet zu werden. Er musste wieder daran denken, wie selbstsicher und kalt sie mit dem anderen Mann gesprochen hatte – es befremdete ihn, dass das letzte Nacht die gleiche Frau gewesen sein sollte wie diese schmale Gestalt, die erst so scheu gelächelt und dann so tief verletzt gewirkt hatte. Und mit einem Mal empfand er Dankbarkeit für sie, nichts als tiefe, wärmende Dankbarkeit.
    „Aber mal im Ernst, Antija“, sagte er plötzlich und betrachtete ihr hübsches Gesicht. „Acht Asimi sind viel zu wenig.“
    Ihr Lachen verstummte und sie blickte ihn fragend an. Auch er war sich nicht ganz sicher, woher dieser Satz gekommen war. Vermutlich verstörte ihn der Gedanke, dass sie eine Hure war. Vielleicht wusste er auch nicht, was er sonst zu ihr sagen sollte.
    „Ich meine“, begann er etwas gequält zu erklären, „du könntest mehr verlangen. Viel mehr.“
    Schließlich richtete er sich umständlich auf, so dass er auf einer Höhe mit ihr war. Sie sah ihn erwartungsvoll an, keineswegs mehr beschämt. Oder sie nahm möglicherweise einfach an, er fantasiere, vielleicht als eine späte Auswirkung des Fiebers. Doch er fühlte sich mit einem Mal seltsam klar im Kopf, so klar wie schon lange Zeit nicht mehr, und begann ihr zu erklären, was er meinte. Es waren die ersten zusammenhängenden Sätze, die er seit zwei Wochen von sich gab und er stockte immer wieder, brachte am Ende aber alles heraus, was er gemeint hatte.
    „Es gibt genügend Leute“, sagte er, „die bereit sind, für ’ne wirklich schöne Frau sehr viel mehr zu bezahlen als acht Asimi pro Stunde. Und du bist eine wirklich schöne Frau, zumindest bist du es jetzt noch.“
    Sie starrte ihn an und er glaubte, eine Spur Verwunderung in ihrem Blick zu erkennen. War es, weil er sie als schön bezeichnet hatte, oder weil sie glaubte, er habe den Verstand verloren?
    „Aber“, fuhr er fort, „wenn du dich weiter nur mit besoffenen Matrosen über Wasser hältst, glaub mir, dann siehste bald aus wie all die andren billigen Mädchen auf der Straße. Die sind hässlich und ausgezehrt von viel zu vielen undankbaren Freiern, die nichts machen als ihren Körper zuschanden zu ficken.“
    Keine Regung in ihrem Gesicht. Auch seine Wortwahl schien sie nicht im Mindesten zu beeindrucken. Warum auch, bei allem, was sie sich Nacht für Nacht anhören musste.
    „Und wenn du da erst mal bist“, setzte er ihr auseinander, „dann ist es zu spät. Dann bist du dein ganzes Leben nur ein billiges Matrosenspielzeug.“ Er machte eine Pause und blickte ihr in die Augen. „Und du bist viel zu schön, um so zu enden, Antija“, beendete er seinen Gedankengang.
    Sie starrte ihn weiterhin nur an, und neben ihrer Verwunderung glaubte er jetzt auch eine Spur Verunsicherung zu erkennen. Immerhin kannte sie diesen Mann eigentlich gar nicht, der ihr jetzt hier gegenüber saß wie ein Vater, der seiner Tochter einen guten Rat geben wollte, und ihr mit Kennermiene erklärte, wie sie ihre Karriere als Prostituierte angehen sollte. Hielt sie ihn vielleicht tatsächlich für übergeschnappt? Oder lauerte sie auf die Auflösung seines Monologs? Er war sich sicher, dass ihr kaum je zuvor ein Mann gesagt haben dürfte, sie sei schön, ohne einschlägige Hintergedanken zu hegen. Vermutlich wartete sie darauf, dass er die Katze aus dem Sack ließ und irgendeine Forderung oder Bedingung stellte.
    „Ich bin mir nicht sicher“, sagte er schließlich und senkte den Blick, „warum ich das alles sage.“
    Doch als er wieder aufblickte, erkannte er wie ein Schmunzeln ihre Mundwinkel umspielte. Und während er sie anschaute, war ihm, als würde sich ein verlegenes Grinsen auch auf seine Lippen stehlen. Sie blickten sich eine ganze Weile fest in die Augen und schwiegen, dann begannen sie plötzlich wie auf ein Stichwort hin zu lachen, ohne dass sie hätten sagen können, was der Grund dafür war. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so gelacht hatte, aber es war ein befreiendes Gefühl, zusammen mit dieser wunderbaren Frau auf dieser schäbigen Matratze zu sitzen und aus vollem Herzen zu lachen. Er hörte schließlich nur deshalb vorzeitig wieder damit auf, weil ihn erneut Schwindel zu übermannen drohte, während er nach Atem rang. Als sie sich schließlich beide wieder beruhigt hatten, sprach er die Worte aus, die er eigentlich zu ihr hatte sagen wollen:
    „Danke, Antija. Danke für alles, was du getan hast.“
    Als er dies gesagt hatte, verstand er nicht, warum er es nicht früher hatte sagen können, denn die Worte waren ihm erstaunlich leicht über die Lippen gekommen. Er glaubte nicht, dass er sich jemals derart aufrichtig bei jemandem bedankt hatte. Aber andererseits glaubte er auch nicht, dass er jemals so tiefe Dankbarkeit empfunden hatte.