Jerim eilte seinen Freunden hinterher, die ihrerseits dem Vogel hinterher eilten. Der Adler flog immer wieder ein Stück voraus und wartete dann wieder auf Gruppe. Er führte sie durch verlassene Gassen und Wege bis sie plötzlich in Thoran hinein liefen. "Was macht ihr hier", fragte er verwirrt und sie erklärten ihm alles. "Neretvan, wie", fragte er bedrückt, "Ich hätte wirklich gedacht er würde bei uns bleiben." Er drehte sich zu Aly. "Na dann lass uns nach Lynn sehen", sagte er und stapfte los.
Serin lehnte sich an die Wand und starrte in den Himmel. Sein Versteck lag in einem verlassenen Gebäude in einer verlassenen Gasse. Die Decke war schon seit langem eingestürzt und so konnte man nicht nur den Nachthimmel sondern auch die umliegenden Dächer sehen. „Wie heißt du eigentlich“, fragte er die Frau vor ihm. Sie saß zusammengekauert an einer der Wände. Sie wirkte so hilflos auch wenn er bezweifelte, dass sie tatsächlich aufgegeben hatte. Auf seine Frage hin hob sie ihr Gesicht. „Lynn“, antwortete sie schließlich zögernd, als erwarte sie irgendeine Falle. „Ein schöner Name“, dachte Serin und wandte den Blick wieder gen Nachthimmel. Wie sollte er weiter vorgehen. Die Nacht würde bald enden und er wollte Lynn nicht noch länger leiden lassen. Er wusste, dass sie dachte er würde sie töten, aber das könnte er niemals tun. Plötzlich sprang diese von ihrem Platz auf, um Ihre Handgelenke baumelten die Enden der Fesseln, und sprang auf die Tür zu. Nur durch einen Sprung konnte er sie noch gerade so erreichen. Sie schlug und trat um sich und er schaffte es nur mit Mühe sie zu halten. „Ich könnte sie jetzt einfach laufen lassen“, dachte er, „Dann wäre die Sache vorbei und sie wäre wieder in Sicherheit.“ Schade nur, dass sie ihn auf diese Weise kennenlernen musste. Er wusste nicht warum aber seltsamerweise störte es ihn. Das ließ sich jedoch wohl kaum rückgängig machen und im Grunde genommen war es auch seine eigene Schuld. Plötzlich hörte er ein Kreischen und ein Vogel flatterte durch das fehlende Dach in den Raum und im selben Moment stürmte die Gruppe aus dem Gasthaus durch die Tür.
„Lass sie los“, brüllte Thoran und richtete sein Schwert auf ihn. Serin unterdrückte ein Fluchen. Wie hatten sie ihn gefunden. Schnell machte er sich ein Blick von der Lage. Alle Männer aus dem Gasthaus waren hier, außer zwei. Besorgt ließ er seinen Blick über die Dächer schweifen auf der Suche nach den beiden. Vermutlich als Scharfschützen aufgestellt. Kurz blieb sein Blick auf metallischem Schimmern am Rande eines Kamins hängen. Wohl ein Messer oder Schwert. „Sag deinen Männern sie sollen vom Dach kommen, damit wir friedlich reden können“, richtete er sein Wort an Thoran. „Männer auf dem Dach“, fragte Thoran erstaunt, „Da sind keine Män…“ In diesem Moment ließ Serin Ardwinna los, stürzte auf Thoran zu, tauchte unter einem hastigen Schwerthieb hinweg und riss ihn zu Boden. Entsetzt starrte Thoran auf ein Messer, das neben ihm noch zitternd im Boden steckte. Dort wo Thoran eben noch gestanden hatte. Eine laute Stimme drang vom Dach zu ihnen herab. „Gut gemacht mein Junge, gut gemacht“, rief eine Stimme, die zweifellos dem Besitzer dieses Messers gehörte, „Zwecklos, aber Gut.“ Serin hob den Blick und sah einen Mann neben dem Kamin, der ihm aufgefallen war, stehen. Er trug einen Bart und einen grauen Mantel. Ebenso Grau wie der seine. „Seltsam“, sagte er laut, „Erst suche ich euch und dann kommt ihr zu mir. Ein seltener Glücksfall. Nicht.“ Der Mann lachte auf. „Ich beobachte dich schon seit langem“, antwortete er und wurde schlagartig wieder ernst, „So lange, dass ich dachte ich lass meinen jetzigen Auftrag ruhen und fang den weggelaufen Jungen wieder ein.“ „Der Auftrag“, fuhr er fort und lächelte, „Ist es übrigens die Maschinen zu bewachen, die ihr so dringend sucht, Thoran.“ Dieser richtete sich mit unglaube im Blick auf. „Seid ihr verrückt“, sagte er, „Wisst ihr nicht was diese Maschinen bewirken.“ „Doch“, antwortete der Mann und grinste noch breiter, „Und es ist mir egal. Es gibt viel Geld.“ Diesen Moment nutzte Jerim und ein Ball aus weißglühender Energie stahl sich aus seiner Hand und fuhr auf den Mann zu. Ein Fehler zu glauben, ein Mitglied des Ordens würden nicht damit rechnen. Der Mann rollte sich auf den Dachziegeln ab und ließ sich zu Boden fallen. Federnd kam er auf der Straße auf und dort wo einmal der Kamin gestanden hatte klaffte jetzt nur noch ein Loch. Serin ließ den immer noch schockierten Thoran zurück und rannte auf den Assassinen zu. Zwei Messer verließen seine Hände, doch Serin glitt an ihnen vorbei. Der Mann zog ein weiteres Messer und erwartete ihn, doch Serin blockte den Schlag, drehte ihm das Messer aus seiner Hand und ließ es zu Boden fallen. Doch der Mann, fasste sich und nur mit Mühe konnte Serin die Tritte und Schläge abwehren. Immer weiter wurde er zurückgetrieben und keiner seiner eigenen Angriffe kam zu seinem Gegner durch. Plötzlich traf ihn ein Schlag gegen die Brust und der Fremde zog ihn mit einem Tritt die Beine weg. Der Aufschlag auf dem hartem Boden presste die Luft aus seiner Lunge. Der Assassine fixierte Serins Arme mit den Beinen am Boden und plötzlich spürte er das kalte Stahl eines Messers an der Kehle. Das Gesicht des Mannes schob sich über seines und er konnte den warmen Hauch des Atems auf seiner der Wange spüren. "Ihr hättet den Orden nie verlassen sollen", sagte der Mann leise. Was hätte aus dir werden können. Mit dem Geld was du dem Orden eingebracht hättest, hätte man jedes Haus in dieser vermaledeiten Stadt hier kaufen können und auch du hättest ein leben im Luxus geführt." Serin atmete schwer ein und aus. Das Messer schnitt flache Furchen in seine Haut. Flach noch, aber die winzigste Bewegung könnte tiefe Gräben daraus machen. "Nicht wir alle machen uns so viel aus Geld wie du", sagte er gepresst, die Last des Körpers auf seiner Brust machte es ihm nicht leichter. "Nicht alle sind so dumm wie du", erwiderte der Mann und setzte zum tödlichen Schnitt an. Verzweifelt drückte Serin die Zehen durch, was eine Klinge an der Spitze seines Stiefels hervorschnellen ließ und rammte diese dem Mann mit letzter Kraft in die Seite. Der Körper über ihm zuckte zusammen und dieser kurze Moment genügte Serin. Er packte die Hand seines Gegners, wand ihm das Messer aus der Hand und rollte sich über ihn. "Gut gemacht", presste der Mann unter Schmerzen hervor. Jetzt lag ihm kalter Stahl am Hals. "Dein Meister wäre stolz auf dich, wenn du ihn nicht so schändlich verraten hättest", sagte er mit einem gequälten Lächeln. "Er hat mich verraten", widersprach Serin, "Wo sind die Maschinen die diese Menschen suchen." Dabei deutete er mit dem Kopf auf die anderen, die um ihn herum standen. Nun lachte der Mann auf. "Wieso sollte ich dir das erzählen", fragte er, "Als würdest du mich so am leben lassen." "Vielleicht brauchst du es mir gar nicht erzählen", Serin's Hand tastete über den Mantel des Assassinen, während er sprach, "Die Maschinen werden gut versteckt sein und da kann eine Karte doch nicht schaden." Nach kurzer Zeit hatte er gefunden, was er gesucht hatte. Ob Bauernhemd oder Assassinenmantel die Wertsachen waren überall an derselben Stelle. Und tatsächlich. Zwischen einem Geldbeutel und einem kleinem Fläschchen ertastete er das raschelnde Papier einer Schriftrolle. "Es wird dir nichts nützen", behauptete der Mann, "Die Maschinen sind schwer bewacht. "Wir werden sehen", erwiderte Serin. Der Mann lächelte schon wieder. "Ahh, das Vertrauen der Jugend. Was dir fehlt ist Erfahrung mein Junge", sagte er, doch dieses Mal erwiderte Serin das Lächeln. "Es gibt eins was Erfahrung und Tot gemeinsam haben. Alter vor Schönheit", und mit diesen Worten schnitt er mit der Klinge des Messers durch den Hals des Meuchelmörders. Langsam stand er auf und wandte sich zu den anderen, während sein Feind röchelnd starb. "Ich glaube ihr schuldet mit noch eine Zeche", behauptete er und zum ersten Mal seit langen lag kein aufgesetztes oder erzwungenes Lächeln auf seinen Lippen, sondern ein ehrliches.