Wenn man eine Geschichte in der Welt schreibt und sich diese immer noch entwickelt, sollte man das wohl irgendwie klar definieren wie man hier vorgehen will.
Da finde ich Tolkien als Beispiel eben interessant, weil wir da durch die ganzen posthum-veroeffentlichten Schriften eine ganze Menge ueber den Prozess wissen. Der Leser erwartet dass die Welt am Ende ein geschlossenes Ganzes gibt, aber ein Autor der ueber mehrere Jahrzehnte hinweg schreibt kann sowas nicht ohne weiteres liefern - Ideen entwickeln sich ja weiter.
Tolkien hat in seinen spaeten Jahren damit oft gehadert dass seine Buecher ueberhaupt veroeffentlicht waren, weil ihn das in seinen sich entwickelnden Konzepten der Sprache under der Welt massiv eingeschraenkt hat. Generell fuehlte er sich an das gebunden was veroeffentlicht war, und er hat teilweise abstruse Erklaerungen entwickelt um seine neuen und seine veroeffentlichten Ideen irgendwie unter einen Hut zu bringen (er war Pefektionist...). Im Beispiel der Orks war seine erste Idee dass sie von Morgoth gemacht sind - aber das wurde revidiert nachdem er die Idee hatte dass Morgoth nichts schaffen, sondern nur erschaffenes verzerren kann. In seinen spaeten Schriften kann man ihn dann mit dem Problem ringen sehen dass Orks dann eigentlich 'schuldlos' sind - die Philosophie dahinter wird immer ausgereifter sozusagen.
Was ich an dem Thema interessant finde ist, dass wir eben Tolkien's Gedanken ueber sein Werk ueber eine lange Zeit verfolgen koennen - wie auch er sich ueber zu einfache Erklaerungen die er schon gegeben hatte aergern konnte, wie er versucht hat Konzepte so zu aendern dass es doch irgendwie passt, oder eben wie er festgestellt hat dass es in seiner Welt eben doch anders sein muss ohne eine Loesung anbieten zu koennen.
(In der Community der Tolkien Scholars lassen wir das gewoehnlich alles so stehen ohne zu versuchen was jetzt das 'richtige' Konzept ist - in einem Jahr dachte Tolkien halt so ueber ein Thema, spaeter anders - gehoert alles zu Mittelerde wie es in seinem Kopf war...)
Zwischen 'The Hobbit' and 'Lord of the Rings' sind ja auch diverse Unterschiede im Konzept - die Elben von Rivendell im Hobbit aehneln denen in LOTR ja zum Beispiel nicht so wahnsinnig - das ist ein Beispiel wo er das erste Konzept halt einfach verworfen hat und der Unterschied jetzt so steht.
Ich denke Tolkien und MZB sind da zwei Extreme - Tolkien hat sich sehr bemueht alles konsistent zu machen, aber sein Perfektionismus ist halt auch der Grund dafuer dass so wenig veroeffentlicht wurde - es wurde nie fertig, ein neues Konzept wurde eine ganze Weile verfolgt, lief dann in Widersprueche, er versuchte sie aufzuloesen, scheiterte - und entschied sich nochmal von vorne zu beginnen - und das koennen wir nicht einmal, nicht zweimal sondern ein paar Dutzend Mal verfolgen. MZB war es, nach allem was ich so sehen kann, weitgehend egal - sie fuehlte sich nicht an das gebunden was schon geschrieben war, wenn ihr was nicht mehr gepasst hat, dann wurde es durch das neue ersetzt.
Ich denke irgendwo zwischendrin ist das Optimum - ein Leser hat nichts von Perfektion wenn die Geschichte nie fertig wird. - aber wenn es moeglich ist, schadet es nicht zu versuchen Widersprueche zu glaetten
Aber ich kenne keinen Autor der 30 Jahre vorausplanen kann - also wird's solche Probleme wohl immer geben.