Beiträge von Sensenbach im Thema „Die Erwartungen des Lesers“

    Warum ich das schreibe: Häufig werden in vielen Büchern viele Dinge der Realität ausgeblendet

    Da ist mir jetzt nicht so 100% klar was du meinst. Ich hab mal eine Geschichte über Einhörner und Drachen geschrieben. Das vorletzte Einhorn So richtig realistisch war die nicht ;) Dabei geht es doch in der fantastischen Literatur, dass man sich über die Grenzen der Realität hinwegsetzt, aber innerhalb der Geschichte eine eigene Logik aufbaut und beibehält

    Gut, bei mittelalterlichen Welten wird das Mittelalter nicht realistisch beschrieben. Das ist mir persönlich allerdings nicht so wichtig. Versteh mich nicht falsch, ich laufe in jedes Museum und jede Burg, die ich kriegen kann, um mir Inspiration zu holen, oder Fakten zu Bögen und Schwertern zu sammeln. Wenn ich schreibe, sind diese Informationen in meinem Kopf und laufen da so mit. Mir ist allerdings die Geschichte wichtiger, das fiktive Mittelalter-Setting ist da nur Kulisse.

    Fantasy-Leser sind halt auch konservativ. Ein Bekannter Fantasyautor hat einmal Schusswaffen in einer Welt mit Elfen beschrieben. Das hat vielen nicht gefallen, da dies nicht zusammen benutzt werden dürfe…

    PS: @Thorsten Schönes Bild!

    Liebe @Nicole Doll

    wieder einmal eine Diskussion, wo die Experten oder Forum-Dauer-Schreiber unter sich bleiben!?

    Das verstehe ich nicht. Hier ist doch niemand ausgeschlossen!

    Ich finde die Diskussion in diesem Strang sehr interessant und würde es toll finden, wenn du dich mit Vorschlägen und Anregungen beteiligst. Das du in deinem Post auf dein eigenes Werk hinweist finde ich verständlich. Deine persönliche Geschichte als Autor ist dir ein Anliegen, dies sprengt allerdings in diesem Strang etwas den Rahmen. Gerne an einem anderen Ort ^^
    Mir geht es hier im Strang eher um allgemeine Fragen.
    Wie tickt der Leser und wie ist seine Beziehung zum Autor?
    Soll ich als Autor mein Werk dem Leser anpassen, oder einfach mein Ding machen?
    Solche Fragen eben.

    Schöne Grüße, Sense

    Die Erwartungen der Leser

    Wir können als Autoren so innovativ schreiben wie wir möchten, aber wir können nicht erwarten, dass es dem Leser auch gefällt. Nicht umsonst werden die Vorreiter mancher Genres erst nach ihrem Tod berühmt. Wenn die Zeit reif für die neuen Gedanken geworden ist.
    Wenn wir also nicht am Leser vorbei schreiben wollen, sollten wir uns mit den Erwartungen des Lesers auseinandersetzen. Ignorieren können wir diese Erwartungen immer noch, aber es ist hilfreich, dies bewusst zu tun.

    Anbei einige unvollständige Gedanken zu den Erwartungen von Lesern, von einem demütigen Amateur der Schreibkunst ^^

    Das Genre
    Wenn jemand die Absicht hat ein Buch zu lesen, wird er meist in die Buchhandlung seiner Wahl gehen und dort einen bestimmten Bereich aufsuchen. Andere Bereiche wird er meiden. Zum Beispiel wird er an den Krimis vorbeigehen und in Richtung der Fantasy/Science Fiction Abteilung streben. Wenn er nach einem High Fantasy Roman greift und es sich später als romantischer Krimi herausstellt, wird er möglicherweise enttäuscht sein. Die Einteilung in Genres ist auf der einen Seite einschränkend für den Autor, aber auf der anderen Seite orientierend für den Leser. Es macht also Sinn sein Genre zu kennen und zu wissen, was in diesem Bereich üblich ist.

    Die Sprache
    Dieser Punkt hängt eng mit dem Genre zusammen. Wenn ich einen Western schreibe, werde ich andere Worte benutzen als in einem Science Fiction Roman, klar. Auch wenn ich einen mittelalterlich angehauchten High Fantasy Roman schreibe hat der Leser eine gewisse Erwartung an die Sprache. Dies muss man sicher nicht übertreiben, „neumodische“ Worte reißen mich persönlich allerdings aus dem Lesevergnügen. Ein Waldläufer im High Fantasy sagt nicht „Cool, da kommen Elben“. Aber im Steampunk Genre würde mich ein moderneres Wort nicht stören.

    Bestehende Vorstellungen des Lesers
    Nehmen wir an, dass es der Leser geschafft hat die Krimi Ecke zu umschiffen und einen echtes High Fantasy Buch gekauft hat. Er hat jetzt gewisse Erwartungen. Zum Beispiel eine archetypische Vorstellung zu Gestalten wie Magier, Fee, Troll etc. Autoren, die diese Klischees nicht bedienen, werden dies mit ihrem Leser ausdiskutieren müssen.
    Eine Vampirfee oder ein Magiertroll?
    Geht alles, aber es sollte dem Leser plausibel gemacht werden. Bei einem Liebesroman erwartet der Leser, dass die Protagonisten sich am Ende kriegen. Dies muss nicht bedeuten, dass am Ende „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist, es kann auch im Tod enden (Romeo und Julia).

    Aufbau des Buches
    Es gibt mehrere Möglichkeiten einen Roman aufzubauen und zu strukturieren. Dazu gibt es im Internet oder hier im Forum einige Beispiele und Erläuterungen (z.B. Dreiaktstruktur, das Motiv der Heldenreise etc). Damit wird auch deutlich, dass die Anzahl der genutzten (und erfolgreichen) Möglichkeiten durchaus begrenzt sind. Einige Erzählstrukturen haben sich bewährt und werden daher gern genutzt. Es gibt hier sicherlich auch Moden. Eine Zeitlang gab es recht viele „Heldenreisen“.
    Die Erzählweise von Romanen ändert sich im Laufe der Jahrzehnte. Ich empfehle hier beispielsweise HP Lovecraft einmal mit Steven King zu vergleichen. Beide sind aus dem Genre Horror, haben aber eine sehr unterschiedliche Erzählstruktur.
    Der Leser hat aus seiner Leseerfahrung auch unbewusste Erwartungen an den Spannungsbogen. Heutzutage kommt auch die Kinoerfahrung hinzu und möglicherweise auch Hörbücher und Computerspiele. Romane, wo lange Zeit nicht viel passiert, haben es heute möglicherweise schwerer als früher.

    Der Leser möchte sich Identifizieren
    In den meisten Romanen folgt der Leser einem oder mehreren Protagonisten durch ihre Abenteuer und Erlebnisse. Der Leser mag dabei manche Protagonisten mehr als andere und identifiziert sich zumindest teilweise mit ihnen. Im Allgemeinen töten wir diese Person nicht (Aufschrei!!!).
    Richtig, bei Games of Thrones wurde(unter vielen) Ned Stark getötet. Wir beobachten im Moment den Trend, dass auch Hauptpersonen nicht mehr geschützt sind. Vorher waren Hauptpersonen im Wesentlichen davor sicher, unvermittelt von der nächsten Klippe zu fallen. Autoren sind zunehmend stolz darauf, dass bei ihnen niemand Bestandsschutz hat. Aber! Bei jedem dieser Tode entreißen wir dem Leser eine Identifikationsfigur.
    Das tut dem Leser weh!
    Wir tun also gut daran, zumindest einen Ersatz zu liefern. Bei GoT gibt es da ja eine ganze Latte an Möglichkeiten.

    Das Ende ist von vornherein schon klar
    Im Krimi geschieht üblicherweise ein Mord. Der Leser wünscht sich, dass das Verbrechen aufgeklärt wird. Er wäre unzufrieden, wenn das Ende offenbleibt. Der Weg zur Aufklärung ist das schriftstellerische Werk und variiert innerhalb gewisser Grenzen. Die Kunst ist die Erwartungen zu bedienen und möglichst etwas besonderes hineinzubringen. Ich denke, wenn ein Schriftsteller finanziell erfolgreich, reich und berühmt sein möchte, empfiehlt es sich kreativ zu sein, aber nicht allzu abgedreht kreativ zu schreiben. Sonst ist die potenzielle Leserschaft möglicherweise klein.

    Der Leser möchte wissen, was er zu erwarten hat.
    Wenn auf einem Buch „Steven King“ als Autor steht, ist die Erwartung nicht, dass es sich um ein Kinderbuch handelt. Es empfiehlt sich also im Genre zu bleiben. Später, wenn sich Berühmtheit eingestellt hat, kann man schreiben was man will. Steven King war ja zunächst als Autor von Büchern im Horror Genre berühmt und hat erst später auch im Krimi und Fantasy- Bereich publiziert.
    Einige Autoren nutzen Pseudonyme, um ihre unterschiedlichen Schreibgebiete für den Leser zu sortieren.

    Einzelbuch oder Serie?
    Es ist augenfällig, dass in bestimmten Genres eher Einzelbücher dominieren (Krimi) während in anderen Genres mehrbändige Werke populär sind. Im Fantasy Bereich sind gerade mehrbändige Werke mit 500+ Seiten pro Buch in Mode. Erwartet dies der Leser?
    Mich persönlich ermüdet die Aussicht, noch 25 Bände vor mir zu haben. Allerdings hat mir das zu anderer Zeit nichts ausgemacht (Rad der Zeit Fanboy).

    Mehr vom Gleichen
    Wir alle tendieren dazu, mehr vom Gleichen zu wollen. Wenn wir gute Erfahrungen mit Karl May gemacht haben, dann lesen wir möglicherweise alle Werke von ihm. Ich habe mal versucht mit Steven King mitzukommen. Aber dann liest man ja nichts anderes mehr. Im Fahrwasser vom Herrn der Ringe gibt es eine ganze Branche, die sich um Zwerge und Elben kümmert. Als Autoren lesen wir möglicherweise Querbeet, aber dies ist möglicherweise nicht bei der Mehrzahl der Leser der Fall!
    Kennt und pflegt eure Zielgruppe!