Die Sonne schien durch das Fenster, als Philipp sich im Bett umdrehte. Der Duft von gebratenen Zwiebeln und Getreide lag in der Luft.
„Steh endlich auf Philipp, wir sind spät dran. Schließlich wollen wir nicht, in der heißen Mittagssonne den Brunnen ausheben. Nimm dir ein Beispiel an deine Geschwister“, mürrisch schrie Frederick aus der Stube.
Nur widerwillig quälte er sich aus dem Stroh gefüllten Bett. Seine schwarzen Ränder unter den Augen, zeugten davon, dass er wieder einmal kaum geschlafen hatte. Zu heiß waren die Temperaturen in der Nacht und unerträglich am Tage. Seit Monaten schon ist kein einziger Tropfen regen mehr gefallen. Die Flüsse führten nur wenig Wasser. Die Magistratie setzten es sogar auf das Verbotsregister, Wasser aus dem Fluss zu holen und fischen zu gehen. Langsam tastete sich Philipp am Nachttisch entlang, um an seine Hose zu kommen.
„Und wasch dir…“, kam es laut aus der Stube nebenan. Leise und eher zaghaft unterbrach sich der Vater aber selbst, mit einer eher wütenden Stimme „… Waschen kannst du eigentlich vergessen, wir haben ja eh kaum Wasser mehr“.
Philipp zog sich die Latzhose über und schlurfte in seinem Halbschlaf nach draußen. In den frühen Morgenstunden, wo die Sonne kaum hinter dem Horizont hervorkam, war es schon unerträglich heiß. Sein Weg führte ihn zum alten Brunnen, um für das Waschen und das Frühstück Wasser zu holen.
Ein Dumpfes, hallendes „flink“ war zu hören, als der Holzeimer den Boden vom Brunnen erreichte. „Warum muss es immer so früh sein?“, dachte sich er verschlafen, mit einem lauten und langen gähnen, während er den Eimer wieder nach oben holte. Er wusch sich den Körper mit dem spärlichen Wasser, das verfügbar war.
Mit zugemachten Augen schlurfte er von der Rückseite des Bauernhauses um die Ecke zurück in die Stube, wo seine Geschwister schon den Tisch gedeckt hatte.
Vier bescheidene Schüsseln aus Holz mit ein wenig Haferschleim, dem ein paar gebratene Zwiebeln untergerührt sind, standen auf dem Tisch. Die Becher aus Holz daneben, mit einer Flasche des billigsten Weines. Mehr konnten sie sich nicht leisten.
„Du weißt doch, dass der Brunnen kaum noch Wasser hat“, meinte 2 zynisch „Das wenige brauchen wir für die Auerochsen, also stell den Eimer in die Ecke, heute gibt es Wein zum Trinken. Der ist wenigstens noch genießbar und beeilt euch mit dem Frühstück, wir wollen schließlich heute noch den neuen Brunnen ausheben und endlich auf Wasser stoßen.“
Philipp Stellte den Eimer in die Ecke und rieb sich den Schlaf aus dem Gesicht. Am Tisch stocherte er lieblos in dem grauen Brei herum, während er sich einen Wein einschenkte.
„Früher als Mutter noch lebte, haben wir besseres zum Frühstück gehabt“, murmelte er vor sich hin.
„Deine Mutter ist nun seit 6 Jahren tot und daran kann ich nichts ändern. Außerdem haben wir gerade eine Dürreperiode. Wenn wir mit dem Brunnen keinen Erfolg haben, muss ich das Vieh verkaufen. Der Magier, der uns sagte wo wir graben sollen, hat schon ein Vermögen gekostet“, nachdenklich sprach er vor sich her und meinte, anschließend mit leiser Stimme „Es sind schon schlimme Zeiten, die wir gerade durchmachen.“ Die zwei jüngsten, trauten sich kein Wort zu sagen, da sie wussten, wie streng ihr Vater war.
„Ach, das hast du letztes Jahr auch behauptet und das Jahr davor. 3397 wird ein besseres Jahr, hast du noch gemeint, dabei hält diese Dürre schon fast drei Jahre“, sprach er leicht verärgert und kaum verständlich, während er sich den zähflüssigen Brei in sich rein schaufelte. Mit starkem Husten griff er zum Wein, da er sich am Brei verschluckt hatte.
Mit einem Satz Trank er seinen Becher leer und schnaufte „Komm, las uns am Brunnen weiterarbeiten, bevor uns die Sonne wieder zu setzt. Ist eh ein Wunder, das uns die Magistrate überhaupt eine Sondergenehmigung dafür ausgestellt haben.“
„Nun, ohne Wasser verdurstet unser Vieh, ohne Vieh haben wir keinen Käse und ohne Käse können unsere Steuern nicht an den Stadtrat bezahlen. Dann nehmen sie uns das wenige, was wir noch haben auch noch weg.“ Meinte sein Vater mit strenger Stimme.
Philipp Nahm sich einen Strohhut, schlüpfte in die kaputten Schuhe und half seine jüngeren Geschwister beim Ankleiden. Einfach erniedrigend was für Lumpen sie eigentlich tragen mussten. Sie bekamen die abgetragenen Sachen vom Philipp. Außerdem gehörte es sich nicht, dass ein so schönes Mädchen wie Johanna ihn Gewändern für Jungs durch die Gegend läuft.
Auf Socken und Hemd verzichtete er wegen der Hitze. Johanna war erst 12, aber die Latzhose verdeckte zum Glück alles. Das Bauernhaus lag außerhalb der Stadt direkt neben der Stadtmauer, 20 Minuten Fußmarsch Westlich vom Stadttor. Ihr Weg führte sie an den Feldern entlang zu der Scheune. Neben dieser lag noch der alte Ochsenkarren, der schon lange nicht mehr genutzt wurde. Er hatte einen Achsenbruch erlitten, jedoch konnten sie sich eine Reparatur nicht leisten, sodass dieser nun brachlag. Man hätte ihn verbrennen sollen, doch bei dieser unglaublichen Hitze, welche schon so lange herrschte, brauchte man eh kein Feuer um sich zu wärmen.
Traurig begutachteten die vier das vertrocknete Korn aus der Ferne, dass eigentlich schon fast zu Staub zerfällt, sobald man es anfasst.
„Das wird schon wieder, du wirst sehen. Wir graben den neuen Brunnen, stoßen auf Wasser und können unsere Felder wieder bewässern. Zumindest haben wir ja noch unsere Auerochsen, für die muss es reichen, dann können wir wenigstens wieder Käse herstellen.“
„Deswegen geben die auch keine Milch mehr und verkaufen ist auch nicht möglich, die haben nicht einmal mehr Fleisch auf den Rippen. Wer kauft die uns denn ab?”
„An so etwas dürfen wir nicht denken, wir werden schon bald auf Wasser stoßen, dann wird es für uns besser werden.“ Schnellen Schrittes ging Philip zum Loch neben der Scheune, dass den neuen Brunnen darstellen sollte.
„Johanna, feg du schon mal den Stall und pass auf deinen kleineren Bruder auf“, sie nickte nur, schnappte sich die Hand von ihrem kleinen Bruder und ging wortlos zum Stall.
„Lass mich herab“, sagte Philipp und griff nach der Schaufel. Sein Vater nahm das Seil und ließ ihn vorsichtig hinunter. Unten angekommen legte er sofort los, er musste schon ein ganzes Stück Schaffen, bevor die Sonne zu stark wurde. Eimer um Eimer schaufelte er, der Schweiß floss ihm dabei über den ganzen Körper.
„Wie spät ist es denn?“ Fragte er, als sein Vater einen Wein runterlässt.
„Vielleicht so ein oder zwei Stunden noch, dann machen wir Mittag“, erwiderte sein Vater.
Philipp nahm den Wein und rammte die Schaufel in den Boden. Klonk machte es und die Schaufel kippte zur Seite. Er nahm die Schaufel und rammte sie ein Stück weiter rechts noch einmal in die Erde. Wieder war ein dumpfes Klonk zu hören. Er stellte den Wein weg und begann den Dreck wegzuputzen. Eine massive Steinplatte kam zum Vorschein.
„Bist du sicher, dass wir hier richtig sind? Hast du denn den Plan richtig gelesen? Da ist eine Steinplatte“.
„Hör mal Junge, zweifelst du etwa daran, dass ich den Plan nicht lesen kann? Der Magier sagte mir, genau hier ist Wasser zu finden. Ich gebe dir da mal eine Spitzhacke runter und dann mach den Stein da raus.“
Mühselig versuchte er, die Steinplatte zu durchdringen, aber er kam nur sehr langsam voran. Nur ein kleines Loch hat er geschafft, aber es reichte um einen Blick hineinzuwerfen.