Liebe Tariq ,
ich hab mir deinen neuesten Abschnitt nun mal ausschließlich stilistisch angeschaut. Mir ist nämlich schon beim ersten Lesen aufgefallen, dass du recht viele inhaltliche Wiederholungen drin hast. Deswegen fiel es mir teilweise schwer, die rübergebrachten Emotionen wirklich noch klar und präzise wahrzunehmen. Für mich gilt immer: Weniger ist mehr. Ich lese viel deutlicher heraus, wenn jemand z.B. wütend ist, wenn das in einem guten, knackigen Satz rübergebracht wird, als wenn noch dreimal ähnlich wütende Metaphern folgen. Deswegen habe ich dir mal alles, was ich dazu gefunden habe, markiert.
Ansonsten schreibst du natürlich weiterhin auf hohem Niveau. Mir fällt es nach wie vor schwer, Etienne und Ares (abgesehen von ihrer beruflichen Stellung) recht abzutrennen. Vielleicht könnte man sie nun charakterlich und aussehenstechnisch unauffällig noch ein wenig differenzieren. Ich weiß nun, dass Etienne vermutlich bedachter ist als Ares, der gern mal auffährt.
Warum Ares sich nun an die Commandantin wendet, die ja über ihn gestellt ist und von der er schon vorher weiß, dass es nicht viel bringen wird, erschließt sich mir übrigens nicht.
PS: Die Änderungen von oben haben mir wirklich besser gefallen
„Ich frage mich, worauf die Commandantin wartet. Nachdem sie sich die Aufzeichnung von Dwaynes Prügelattacke angeschaut hat, ist er fällig!“ Ares hatte sich auf die Couch gelümmelt und die Füße auf den Tisch gelegt.
Etienne runzelte missbilligend die Stirn. Er hasste es, wenn sein Freund das in seiner Wohnung tat. Doch er sagte nichts. Das, Thema, das von Ares angeschnitten worden war, hatte ihm wieder etwas ins Gedächtnis gerufen: das blutverschmierte Gesicht, das eine Sekunde später unter dem weißen Laken verschwunden war. Er hatte es dem Freund nie erzählt. Und das sollte – wenn es nach ihm ging – auch so bleiben.
„Bestrafung eines Axioms?“, fragte er. „So wie damals bei dieser ... wie hieß sie noch gleich?“
„Masura“, kam es grollend zurück.
„Also auch bei Dwayne Disziplinarmaßnahmen im Beisein der anderen Axiome? Wie peinlich für ihn.“
„Es hat Wirkung. Niemand möchte vor Gleichrangigen gemaßregelt oder gar bestraft werden. Und das, was er sich geleistet hat, bedeutet Arrest.“ Ares verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
Etienne griff nach seinem Glas. Er hatte so seine Bedenken, ob der Axiom tatsächlich eingesperrt wurde. Doch er verstand Ares. Dass sich Coholt an einem Wehrlosen vergriffen hatte, konnte der Gerechtigkeitssinn seines Freundes unmöglich durchgehen lassen. „Frida wird ihm schon einheizen“, vermutete er, doch er hörte selbst, wie lahm es klang. Er nippte an dem Drink und stellte ihn zurück auf den Tisch ----- für mich würde hier eine Einkürzung, z.B. dass er kurz am Drink nippt, reichen.. „Willst du nachstoßen? Schließlich hast du ihn bei ihr verpetzt.“
Ares nickte und seine Miene nahm einen entschlossenen Ausdruck an -- auch hier würde eins von beidem reichen, nicken oder entschlossene Miene. „Eigentlich hatte ich das schon am Freitag vor“, erklärte er. „Heute ist Sonntag. Ich werde morgen früh erst einmal in der Klinik nachfragen, wie der Mann sich erholt. Sicher wird Frida das Strafmaß davon abhängig machen. Wenn der Onta seiner Arbeit nicht mehr nachgehen kann, möchte ich nicht in Dwaynes Haut stecken.“
„Du musst nicht nachfragen.“
Verdammt, warum war ihm das rausgerutscht? Er hatte es doch nicht erzählen wollen! Am liebsten hätte Etienne die Worte zurückgeholt. Doch jetzt war es egal. Ares würde es so oder so erfahren, wenn nicht von ihm, dann von Julian oder Emma.
Ares hatte den Kopf gehoben und sah ihn an --- wenn er ihn ansieht, dann wahrscheinlich mit gehobenem Kopf... Den "Kopf" würde ich rausstreichen.... „Warum? Hast du dich nach ihm erkundigt?“
Etienne nickte. Das hatte er tatsächlich. Gleich nachdem das blutverschmierte Gesicht ...
„Und?“, riss Ares‘ drängende Stimme ihn von dem Bild los, das er einfach nicht aus dem Kopf (...weil du das Wort in diesem Abschnitt recht häufig erwähnst) bekam. „Lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen! Wie geht’s ihm?“
Mit zusammengepressten Lippen starrte Etienne seinen Freund an. „Er ist tot, Ares. Noch auf dem Behandlungstisch gestorben. Ich habe es durch die Kamera gesehen und mich danach vergewissert, dass er es wirklich war. Dwayne hat ihn umgebracht, auch wenn er selbst keinen einzigen Schlag gelandet hat.“
Ares riss die Füße vom Tisch und sprang auf. Sein Gesicht war blass geworden (Der letzte Satz impliziert mir dasselbe wie der erste: Dass Ares geschockt reagiert. Also erneut dieselbe Bedeutung). „Wann hattest du vor, mir das zu sagen?“, forschte er.
„Nie“, gab Etienne freimütig zurück. Und ich hatte einen guten Grund, wollte er noch anfügen. Ich will nicht, dass du der Nächste bist, den Coholt zusammenschlagen lässt. Doch er schwieg. Ares würde abwinken, lachen und verkünden, dass er schon auf sich aufpassen konnte.
„Also ist Dwayne ein Mörder!“ Ares ballte die Fäuste. „Das ändert die Sache. Morgen zu Schichtbeginn bin ich bei Frida. Er darf nicht länger Axiom sein!“
„Was, wenn sie nichts unternimmt?“, fragte Etienne leise. „Wenn sie es vertuschen will? Vergiss nicht, es wird gemunkelt, dass sie mit Dwayne was am Laufen hat.“
„Das soll sie wagen“, knirschte sein Freund. „Sie kann es sich nicht leisten, denn sie muss damit rechnen, dass mein Vater mich an ihre Stelle setzen lässt, wenn sie sich als unfähig erweist.“
„Hat er so viel Macht, dass er das entscheiden darf?“
„Er kann hier tun und lassen, was er will. Der Ring ist sein Reich und er ist der König.“ (Ich finde diese Stichomythie hier sehr viel eindrucksvoller als die ständigen, sich doppelnden Redebegleitsätze. Außerdem: Krasser Satz!)
„In Ordnung, mein Prinz, dann lass uns diesen Abend beenden. Es ist spät und wir beide haben morgen die erste Schicht.“ Er leerte sein Glas. „Melde dich mal, wenn du bei Frida warst.“ Und sag nichts Unbedachtes und mach sie dir nicht zum Feind und leg dich vor allem nicht mit Coholt an und ...
„Mach ich“, unterbrach Ares seine unausgesprochenen Ermahnungen, nickte und verschwand.
„Commandantin, auf ein Wort bitte.“
Frida Busch wandte ungehalten den Kopf, als er am nächsten Morgen an ihren Schreibtisch trat. „Worum geht’s?“, fragte sie knapp und richtete den Blick sofort wieder auf den Bildschirm.
Ares‘ Nacht war alles andere als erholsam gewesen. Immer wieder hatte er sich in Gedanken zurechtgelegt, was er Frida sagen wollte. Der angespannte Unterton in ihrer Stimme war ihm nicht entgangen. Anscheinend ahnte sie, weswegen er hier war. „Axiom Dwayne Coholt“, antwortete er, „für wann ist seine Bestrafung vorgesehen?“
„Ich werde es den Axiomen mitteilen, wenn es so weit ist.“
„Der Vorfall liegt bereits eine Woche zurück.“ Er hatte sich vorgenommen, nicht lockerzulassen. Frida musste auf den Vorfall reagieren! „Coholt ist weiter im Dienst!“
„Ich wüsste nicht, dass ich mich vor Ihnen zu rechtfertigen hätte.“ Frida klang jetzt deutlich gereizt.
So leicht ließ er sich nicht abspeisen. Er fuhr ein schwereres Geschütz auf. (Auch wieder dieselbe Bedeutung) „Haben Sie sich nach dem Onta erkundigt, den er verprügeln ließ?“, fragte er mit gepresster Stimme.
„Dazu besteht keine Notwendigkeit. Der Mann ist - wie Sie eben selbst sagten – ein Onta.“
Ja, das passt zu dir, du Miststück, knirschte Ares in Gedanken. Nur ein Onta, ein wertloser Sträfling!
„Sie hätten es vielleicht besser getan!“, stieß er mühsam beherrscht hervor. „Dann wüssten Sie nämlich, dass er nicht mehr lebt, und würden es nicht jetzt erst von mir erfahren. Dwaynes Komplizen haben ihn totgeschlagen!“
Er hatte nicht laut werden wollen, doch ihre Kälte steigerte seinen Zorn. Er war versucht, seine Faust auf den Schreibtisch krachen zu lassen. (Auch hier erfahren wir in sehr vielen Buchstaben eigentlich nur, dass Ares mühsam beherrscht bzw. wütend ist. Dafür braucht man nicht sooo viele Worte...) Oder lieber in Dwaynes Gesicht. Da hätte dieser Widerling endlich mal einen echten Gegner!
Seine Worte hatten Fridas Beherrschung nicht erschüttert. Sie hob den Kopf und schaute ihn mit ausdrucksloser Miene an (Auch die ausdruckslose Miene ließe sich bereits aus der "Beherrschung" erschließen). „Ich wiederhole: Ich muss mich vor Ihnen nicht rechtfertigen. War das alles, Axiom Daktyl? Dann begeben Sie sich auf Ihren Posten! Guten Tag!“ Sie stand auf und starrte ihn auffordernd an (gerade eben schaute sie ihn schon ausdruckslos an. Das ist ne Dopplung/Wiederholung, die ich rausnehmen würde.)
Fassungslos erwiderte er den Blick. Sein Hirn spielte ihm keinen Streich: Sie warf ihn raus wie einen lästigen Bittsteller!
Er trat einen Schritt zurück. „Coholt muss bestraft werden“, verlangte er mit Nachdruck und es klang wie ein Befehl (Befehle sind immer nachdrücklich.) „Er darf nicht ungeschoren davonkommen.“ Es war ein letztes Aufbäumen. Er hatte längst begriffen, dass er auf verlorenem Posten kämpfte (auch diese beiden Sätze implizieren genau dasselbe). Die gleichgültige Miene der Deutschen sagte mehr als tausend Worte. Coholt würde nichts passieren. Nicht, solange Frida die Commandantin der Garde war.
Seine barschen Worte hatten blanken Hass in Fridas Augen auflodern lassen (hm. Gerade war sie doch noch gleichgültig. Blanker Hass ist so ziemlich das Gegenteil. So schnell geht das vonstatten? ich finde das etwas plötzlich). „Ich sagte: Guten Tag, Axiom!“, zischte sie. (auch das "zischen" ist für die gerade noch so gleichgültige Commandantin nun doch untypisch und plötzlich.)
Er neigte provozierend knapp den Kopf, wandte sich um und verließ ihr Büro. Schach, schoss es ihm in den Kopf, die schwarze Dame hat mir Schach geboten. Er liebte das alte Spiel und war ständig auf der Suche nach einem würdigen Gegner.
Frida hatte ihren Zug getan.
Doch sie war noch weit davon entfernt, ihn mattzusetzen.