Beiträge von Jennagon im Thema „Die Erben des Krieges (Arbeitstitel)“

    Hab ich im Dokument schon ersetzt, liliancd Danke :D

    Das mit den Namen finde ich btw sehr angenehm - hab mir sowas schon gedacht :) :)

    Ja, ich hab einfach gemerkt, dass ich alt werde :rofl: Wenn eine Fantasygeschichte ausschließlich aus sehr "schweren Namen" besteht, ist mein Hirn mehr damit beschäftigt, sich die zu merken, als dem Plot zu folgen. Vor allem, wenns dann nicht nur 2-3 Reiche oder Völker sind, sondern gleich gefühlt hunderte - und dann kommen die Namen der Protas und Nebenchars noch dazu. Ich habe nichts gegen solche Fantasybücher, finde manche Namen auch total schön, aber mein Hirn nennt sie dann alle irgendwann "bla bla", wenn es nicht weiß, wie es die aussprechen soll. :pardon: "Dann kommt Blabla aus blablarien und muss nach blablasien."

    Kann mein Jutzö-Fandom auch nicht ablegen :D bin gespannt, ob das noch herbe Enttäuschungen für uns bereithält :D


    Den Tanz mit ihren Zofen habe ich gebraucht. Super schön und zeitgleich traurig... Vermittelt schon so ein "Abschieds-Gefühl"

    Was Enttäuschungen angeht, muss ich wohl deine Meinung zu diesem Teil abwarten. :rofl:

    Und Ja, ich wollte sie jetzt nicht nur rumsitzen lassen. :rofl:

    So, ich hab doch noch was zustande gebracht, bevor mich das Wochenende einholt. Also, ihr habt Zeit. :rofl:

    Gab es schlechte Nachrichten? Warum verließ Uther seinen Platz?

    Nathalie sah sich um. Sollte sie ihm folgen?

    „Was ist?“, wollte Astrid wissen, nachdem Nathalie dastand wie eine Statue.

    „Ich gehe schnell ... austreten ... Der Wein ...“, stammelte sich die Prinzessin zurecht und löste ihre Hand aus dem Griff von Astrid. „Ich bin gleich wieder da.“

    Nathalie folgte den Herren, aber ehe sie hinter die Zelte gelangte, postierten sich zwei Wachen neben ihr.

    „Hoheit?“, fragte einer von ihnen gedämpft unter seinem Helm. „Wohin soll es gehen?“

    Es waren loyale Männer ihres Vaters. Männer, die wahrscheinlich einiges innerhalb des Schlosses mitbekommen hatten. „Der Prinz hat seinen Platz verlassen“, sagte sie deshalb ehrlich. „Ich möchte nach ihm sehen. Haltet bitte etwas Abstand.“

    Die Wachen nickten zustimmend. Sie waren nicht da, um Ratschläge zu äußern oder Nathalie zu verbieten, ihrem zukünftigen Ehemann zu folgen. Sie sollten lediglich ihren Schutz gewährleisten. Daher setzte sie ihren Weg fort und sorgte dafür, dass die Wachen hinter ihr blieben.

    Die Prinzessin musste nicht weit gehen, um laute Stimmen vernehmen zu können. Sie spähte um die Ecke eines Zeltes und erkannte Uther, der vor demjenigen stand, der ihn aufgesucht hatte. An dessen Kleidung war unschwer zu erkennen, dass er aus Bärenfels kommen musste. Einige von Uthers Männern standen hinter ihm, so auch der junge Mann, der Nathalie die Krone übergeben hatte.

    „Mein Vater muss überaus überzeugt davon gewesen sein, dass ich gewinne“, presste Uther zwischen zusammengebissene Zähne empor.

    „Er hegte daran keinen Zweifel“, antwortete der Bote und grinste auf eine Weise, die Nathalie nicht gefiel.

    Uther ballte eine Faust und zerknäulte so einen augenscheinlichen Brief, der ihm vermutlich von dem Boten übergeben worden war. „Ihr könnt meinem Vater ausrichten, dass meine Königin zu tun hat, was ich ihr sage, nicht das, was mein Vater sagt!“, erwiderte der Prinz gereizt und warf dem Boten das Stück Papier ins Gesicht.

    „Aber er ist der König!“, erwiderte dieser.

    Uther packte den Boten am Kragen. „So die Götter wollen, nur noch bis zum nächsten Frühling.“

    Nathalie schluckte. Es schien nicht, als waren sich König und Sohn einig. König Bram hatte Uther eine Nachricht geschickt, die sichtlich wenig Zustimmung bei dem Thronerben fand. Und es ging um sie. Hatten ihre Eltern vielleicht mit ihren Vorahnungen recht? Würde König Bram ihre Fähigkeiten für irgendetwas nutzen wollen? Zumindest war Uther mit den Worten seines Vaters nicht einverstanden, was sie etwas beruhigte. Ihre naive Hoffnung war dabei, dass es sich vielleicht nur um eine Kleinigkeit handelte. Niemand hatte gesagt, dass sie Unaussprechliches für den König tun sollte.

    „Was ist, wenn Eure Königin nach ihrer Mutter schlägt?“, fragte der Bote. Und da war es wieder. Dieses Grinsen im Gesicht des Mannes. Er schien überaus mutig zu sein, wenn er so mit dem Prinzen sprach. Es verriet Nathalie, dass der Mann das Vertrauen und den Schutz des Königs genoss. Sie hatte bereits einige Male miterleben dürfen, wenn Boten sehr bestimmend mit ihrem Vater gesprochen hatten, wenn ihnen die Gunst ihres Königs sicher war.

    Uther ließ den Boten los und schnaubte verächtlich. Er drehte sich herum und es sah aus, als wollte er es dabei belassen. Aber bevor er sich von dem Boten entfernte, drehte Uther sich auf seinen Fersen herum und schlug dem Boten ohne Vorwarnung ins Gesicht.

    Nathalie zuckte bei diesem Schlag zusammen, während gleichzeitig einige Männer aus Uthers Gefolge dessen Arme ergriffen und ihn zurückzogen.

    „Er ist nur eine Ratte!“, meinte eine Wache an Uther gewandt. „Lasst ihn zurück zu Eurem Vater kriechen!“

    Der Bote stolperte ob des Schlages zu Boden und hielt sich zunächst das getroffene Kinn.

    Uther versuchte, sich loszureißen, aber seine Männer hielten ihn weiterhin fest. „Mir ist egal, wer er ist!“, brüllte Uther. „Ich schlag ihn dermaßen zu Mus, dass ihn seine eigene Mutter nicht mehr erkennt.“

    „Zügelt Euch!“, befahl ihm ein anderer. „Ihr tut Euch damit keinen Gefallen. Bändigt Euren Zorn!“

    „Hoheit ...?“, wandte der junge Diener ein und zeigte auf Nathalie, die mitten im Flur der Zelte stand.

    Erst, nachdem der Diener auf sie gezeigt hatte, wurde ihr bewusst, dass sie ihre sichere Ecke verlassen hatte. Geistesabwesend musste sie näher an das Geschehen herangerückt sein. Ihre Wachen standen noch hinter ihr, aber bemühten sich nicht, einzugreifen. Immerhin hatte niemand Nathalie geschlagen.

    Uther schaute hinter sich und entdeckte Nathalie. „Prinzessin?“, fragte er gemäßigter.

    „I... Ich wollte nach Euch sehen ...“, erklärte sie.

    Uther ließ vom Boten ab, der die Gelegenheit nutzte, um mit schnellen Schritten zu entkommen.

    Die Wachen des Prinzen ließen ihn daraufhin los, und Uther richtete sich seine Garderobe. „Schleicht Ihr Eurem Vater auch nach?“, verlangte er in einem rauen Ton zu wissen.

    Nathalie überraschte die neue Tonart und zog ihre Brauen nach oben.

    „Hoheit ...“, nuschelte ein Mann, der Prinz Iven in seiner Größe und Statur in nichts nachstand. „Sie wollte nach Euch sehen und Euch nicht auskundschaften.“

    „Ich denke, das eine ist dem anderen recht ähnlich“, gestand Nathalie beschwichtigend und sah Uther an. „Entschuldigt, ich werde Euch dann jetzt ... alleine lassen.“

    Die Prinzessin hatte kein Interesse daran, durch Widerworte einen Streit loszubrechen. Nicht an einem Abend, der bis dahin nicht hätte schöner sein können. Vielleicht war Uthers Tonlage auch nur der Aufregung von zuvor geschuldet. Außerdem hatte er sie verteidigt, nachdem der Bote auf die Kinderzahl ihrer Mutter angespielt hatte. Nathalie besaß keinen Grund, jetzt die verletzte Prinzessin zu spielen.

    Uther atmete tief durch. „Es ist wohl besser, wenn ich mich schlafen lege. Wir haben eine lange Reise vor uns“, sagte er und bat seinen Diener, ihn beim König und der Königin zu entschuldigen. Der junge Mann eilte umgehend los. Danach drehte Uther sich ohne ein weiteres Wort herum und verschwand in seinem Zelt. Die meisten seiner Leute folgten ihm.

    Perplex blieb Nathalie zurück. Er hatte nicht einmal ihr eine gute Nacht gewünscht.

    „Entschuldigt den Prinzen“, sprach die große Wache an Nathalie gerichtet, die zurückgeblieben war. „Das alles ist noch ungewohnt für die Hoheit.“

    „Und Ihr seid?“, wollte sie wissen.

    „Ritter Elfret“, antwortete er und verneigte sich. „Ich sorge dafür, dass der Prinz nicht verletzt wird oder er sich im Übereifer selbst verletzt.“

    „Gut zu wissen, Ritter Elfret“, erwiderte Nathalie und fand ihr Lächeln wieder.

    Tatsächlich wirkte der Mann vor ihr alt und weise genug, um den Prinzen gebührend vor allem beschützen zu können. Die vielen weißen Haare, die sich durch das sonst schwarze, lange Haar zogen, zeugten von einer gewissen Betagtheit, die aber seiner Statur nicht zu entnehmen war.

    Nathalie knickste und entfernte sich. Sie versuchte, das Gesehene und das Erlebte einzuschätzen. Wer war Prinz Uther? Wie war er und wie passte das alles zusammen? Welche Differenzen gab es zwischen Vater und Sohn? Sollte sie das alles ihren Eltern mitteilen? Nathalie hatte aber nichts, was sie sagen konnte ... Oder doch?

    Nathalie drehte sich noch einmal herum und kehrte zurück. Prinz Uther hatte das Schreiben dem Boten entgegengeworfen. Es musste noch irgendwo herumliegen.

    Als sie es neben einem Zelt entdeckte, hob sie es auf. „Jetzt können wir gehen!“, sagte sie zu ihren Wachen, die stille Beobachter des ganzen Szenarios waren.

    Nathalie huschte um ein paar Ecken und glättete den Brief, bevor sie ihn las.

    „Denkt an die Grenzerweiterung, mein Sohn“, stand darin geschrieben. „Wenn Ihr mit Eurer Königin heimgekehrt seid, werde ich König Friedrich erneut ein Angebot zukommen lassen.“

    Kirisha deine Anmerkungen übernehme ich wieder. Und natürlich sollte es "glichen" heißen :schiefguck:

    Und danke für das liebe Feedback an alle. :heart:

    P.S. Die Namen. Odette und Nathalie klingen französisch. Astrid und Sonia dagegen eher deutsch. Uther scheint mir britisch ... Gibt es dafür einen Grund?

    Japp, dafür gibt's einen Grund, aber ich muss grinsen, weil es dir aufgefallen ist. Ähnlich wie bei "Wiederkehr der Götter" orientiere ich mich an Europa. Ergo, es gibt einige Reiche, die alle so ihre Namensgebung haben. Gehört haben wir von insgesamt neun Länder/Königreichen - anwesend sind vier. :D Da gibts einfach andere Namensklänge. Natürlich hätte ich mir auch ganz viele Fantasynamen aus dem Ärmel schütteln können, aber je mehr ich lese, desto schwerer fällt es mir, die zu verinnerlichen. Ich bin die vielen Anasaranias und Samiralias und Co Kg. ein bisschen müde geworden. :sack: Also, diesen übertriebenen Fantasynamen, bei denen man einen Knoten ins Hirn bekommt. :pleasantry:

    Uther ist einfach nice ^^ In dieser Äußerung zeigt sich, dass er der Prinzessin wirklich auf Augenhöhe begegnet. Das ist eine sehr moderne Einstellung für das Setting. Da hat Natalie echt einen Glücksgriff gelandet. Zumindest mit dem Mann. Ich fürchte ja immer noch den Schwiegervater und die Untertanen von Bärenfels ...

    We will see :D

    Die Rollenteilung Mann/Frau scheint hier eine typisch mittelalterliche zu sein. Immerhin darf die werte Dame aufstehen und feiern, das lässt mich für sie hoffen. Uther ist ein interessanter Charakter und ich bin gespannt, was in Zukunft noch passiert. Der vorsichtige Umgang der beiden miteinander macht neugierig, wie sich das Ganze entwickelt.

    Es wird noch ein paar Unterschiede geben ^^ Andere Länder, andere Sitten, aber ich muss gestehen, ich finde das einvernehmliche, klassische Bild nicht das Schlimmste. ^^ Und da Uther die Prinzessin nicht gleich in sein Zelt prügelt, gehts ja noch ;) Es entwickelt sich vermutlich anders, als viele hier denken ... hust ...

    Ich werde schauen, dass ich die nächsten Tage den nächsten Part fertig bekomme ... :D

    Das fand ich super, sehr schöne erste Konversation, die viel über Uther aussagt. Dieses vernünftige, erwachsene Bild wird durch den betrunkenen Axtwurf dann allerdings wieder zunichte gemacht :evilgrin: Bin gespannt, welche der Seiten sich in Zukunft wohl stärker zeigen wird..

    Kommt wohl drauf an, wie viel er trinkt :rofl: Nein, also ich denke, man merkt, dass da noch was dahinter ist. xD

    Endlich mal wieder eine richtige Liebesgeschichte hier im Forum, darauf habe ich schon so lange gewartet! :love: Freu mich schon drauf, wie es weitergeht!

    Die Anmerkungen habe ich allen übernommen. :D Freut mich, wenn es dich freut. ^^ Joar, vor allem hatte ich keine Lust auf diese toxic-relationships. Wobei sowas ja immer im Auge des Lesers liegt. Und noch wissen wir wenig über den Mann mit der Augenklappe.

    Süß, die beiden. :love: Das wird großes Kino. Auch wenn du schneller schreibst, als eine faule Hacke Kommis raushauen kann - ich bin immer noch dabei :D .

    Ich mach schon langsamer ... kam eh zu nix. :rofl:

    Sehr schöne Szene, wie die beiden nun ihre ersten Worte miteinander wechseln, gefällt mir sehr gut. Uther scheint also doch nicht ganz so rau zu sein, wie srin aussehen vermuten lässt. Ich freue mich auf mehr :thumbsup:

    Da er eine MAMA hat, ;) wird er sich dezent auch benehmen können. Vermutlich ... vielleicht ... abwarten.

    So, ich mache mal weiter ...

    Immer wieder wanderte ihr Blick zu Uther, der keine Anstalten machte, ein weiteres Gespräch zu beginnen.

    Er nippte an seinem Becher, schaute den Menschen zu und lächelte hin und wieder.

    Nathalie sah die vielen Gäste, die lachten und tanzten. Es schien jeder mehr Vergnügen an der Feier zu haben, als sie. Dabei war es das Fest, das ihre Verlobung besiegelte. „W... Wollt Ihr nicht auch tanzen?“, fragte sie daher und drehte ihren Becher verlegen auf dem Tisch im Kreis.

    Uther verschluckte sich an seinem Wein und sah sie an. „Tanzen? Jetzt?“

    Nathalie zuckte mit ihren Schultern. „Wenn nicht jetzt, wann sollte es mehr angebracht sein, außer bei unserer Hochzeit?“

    Der Prinz räusperte sich und wirkte beinahe mehr verlegen als die Prinzessin. „Ich bin kein guter Tänzer“, gab er zu. „Das gehörte nicht wirklich zu meinem alltäglichen Unterricht.“

    Verdutzt betrachtete Nathalie Uther, der ihrem Blick auswich. „Wirklich nicht? Ich könnte es Euch beibringen“, schlug sie vor.

    „Jetzt? Hier? Vor all diesen Menschen?“ Uther senkte seinen Blick und lächelte. „Ihr könnt mich gern vor unserer Hochzeit darin unterweisen, aber heute bitte ich Euch, etwas Erbarmen mit mir zu haben. Mir schmerzt jeder Knochen vom Turnier.“

    Nathalie nickte. „Dann nehme ich Euch beim Wort und werde Euch ein paar Tänze beibringen, sobald es sich ergibt.“

    Der Prinz wirkte bei seiner Zustimmung nicht, als hoffte er, dass dieser Moment allzu rasch kam. Allerdings sah er sich danach um und überlegte sichtlich. „Das heißt aber nicht, dass Ihr die ganze Zeit neben mir sitzen müsst, nur, weil ich unfähig bin, mich zu bewegen!“, erwiderte er. „Ihr könnt Euch gern zu Euren Zofen gesellen, feiern und tanzen. Ich habe nicht vor, Euch in der Zukunft an mich zu ketten.“

    Nathalie war von seinen Worten überrascht. Er erlaubte ihr, von seiner Seite zu weichen? Das hatte sie bei ihren Eltern nie erlebt. Natürlich war der König häufiger aufgestanden, hatte sich zu Freunden des Hofes gesellt, aber die Königin war immer auf ihrem Thron sitzen geblieben und jeder, der sich mit ihr unterhalten wollte, war gezwungen, zu ihr zu gehen. Dass die Prinzessin sich vom Podest entfernen konnte, war ungewohnt. Sie sah Prinz Uther noch einmal eindringlich an, um herauszufinden, ob er sie lediglich testen wollte. Aber in seinem Auge war solch eine Absicht nicht zu erkennen. „I... Ich weiß nicht“, gab sie offen ihren Zweifel zu. „Ist das nicht unhöflich, Euch hier sitzen zu lassen?“

    Uther zuckte mit seinen Schultern. „Ist es nicht viel mehr unhöflich, nicht mit Euch feiern zu können?“ Mit einer Kopfbewegung machte er deutlich, dass Nathalie sich zu ihren Zofen begeben sollte. „Es ist euer letzter Abend.“

    Zögerlich stand Nathalie von ihrem Platz auf. Unter den musternden Blicken ihrer Eltern verließ sie das Podest, aber nicht, ohne immer wieder zwischen dem Königspaar und dem Prinzen hin und her zu sehen.

    König Eckbert sah fragend zu Uther und lehnte sich etwas an seiner Frau vorbei, um ihn anscheinend eine Frage zu stellen. Aber wegen der Musik und der Entfernung konnte Nathalie nicht hören, was er ihn fragte.

    Prinz Uther schüttelte seinen Kopf, lächelte und sah dann zu ihr. Er erhob seinen Becher, und die Prinzessin stand erst etwas perplex neben dem Tisch ihrer Zofen, bis sie begriff, dass er anscheinend anstoßen wollte.

    „Hier, hier ...“, meinte Odette und reichte Nathalie einen vollen Becher Wein.

    Hastig ergriff Nathalie diesen und erhob ihn in Richtung Uther, ehe beide zeitgleich tranken.

    „Die Hoheit lässt dich alleine umherspazieren?“, fragte Astrid, schien aber glücklich darüber zu sein.

    Nathalie setzte sich auf der mit Fell belegten Holzbank neben sie, lächelte Uther an und wandte sich dann ihrer Zofe zu. Sie erklärte allen, was er ihr gestattet hatte – und warum.

    „Verständlich und gut zu wissen, dass er kein Verfechter einer allzu strengen Etikette ist“, erwiderte Odette, und Nathalie schaute sich um.

    „Was ist mit Prinz Iven? Ich dachte, nach dem verlorenen Kampf würde er vielleicht eure Unterhaltung fortsetzen“, fragte die Prinzessin, und die Zofen begannen, zu lachen.

    „Er ist schon vor einer ganzen Weile gegangen“, erzählte Astrid. „Ihm scheint mehr zu schmerzen als Eurem zukünftigen Gatten. Euer Vater hat einen Arzt zu ihm geschickt. Die laute Musik und das Gelächter hier schienen seine Kopfschmerzen zu verschlimmern.“

    Nathalie wollte nicht bezweifeln, dass die Schläge ins Gesicht alles andere als angenehm waren, allerdings hatte sie gehofft, er würde sich erneut Odette widmen, aber diese schien das für den Moment nicht zu stören. Wahrscheinlich wollte sie den Prinzen auch nicht belästigen, während ihn Schmerzen plagten.

    „Ich bin keine alte Vettel“, meinte Odette. „Wenn er um mich werben möchte, wird er es tun.“

    „Und wenn er das nicht macht?“, hakte Sonia kleinlaut nach.

    „War er meine Zeit nicht wert“, antwortete Odette schlicht und es war ihr anzuhören, dass teils der Wein aus ihr sprach. So, wie die Zofe beim Kampf mitgefiebert hatte, war es schwer zu glauben, dass ihr das Desinteresse des Prinzen egal sein würde.

    Aber Nathalie kannte Odette. Sie war nicht dafür bekannt, andere wegen ihrer Launen herunterzuziehen. Sie schluckte viel herunter, um das Bild einer fröhlichen Frau aufrecht zu erhalten. Ganz anders als Astrid, die viel ernster und direkter war, es sei denn, sie war beschwipst. Sonia hingegen ... Nathalie würde sie alle vermissen. Sie glichen sich aus. Sonia war immer die Ruhe in Person gewesen. Sie hatte stets für eine Art Gleichgewicht zwischen den anderen beiden Zofen gesorgt.

    Die Prinzessin wusste nicht, was sie in Bärenfels erwartete. Vor allem, ob sie sich auch so gut mit ihren neuen Gesellschafterinnen verstehen würde. Sie waren immerhin da, um sie auf die kommende Mutterschaft vorzubereiten. Sie hatte von anderen Frauen aus ihrer Familie gehört, wie ernst diese Frauen werden konnten, wenn eine Schwangerschaft auf sich warten ließ. Eine ihrer Cousinen hatte erzählt, dass die Zofen Heilmagier kommen ließen, das Schlafzimmer mit getrockneten Kräutern geschmückt und seltsame Rituale vollzogen hatten, nur, damit sie ein Kind empfing. Damals hatte Nathalie darüber lauthals gelacht, aber allmählich verging ihr das Lachen. Sie wusste, dass es nicht die Verantwortung war, die sie beunruhigte, sondern lediglich der Gedanke daran, wenn nicht alles so verlief, wie es sollte. Sie kannte Uther nicht. Sie wusste nicht, wie der Prinz auf aufkommende Probleme reagieren würde. Und ob er ihr und ihren Kindern die gleiche liebevolle Art entgegenbringen würde, wie es ihr Vater bei ihr und ihrer Mutter getan hatte.

    „Habt Ihr schon zu viel Wein getrunken oder warum färbt sich Euer Gesicht rot?“, wollte Odette wissen.

    „Die Hoheit sieht selbst im Licht der Fackeln aus wie eine Erdbeere“, fügte Astrid hinzu und lachte.

    Nathalie war gar nicht aufgefallen, dass sie bei ihren Gedankengängen rot angelaufen war. Sie räusperte sich und erhob ihren Becher. „Mir ist nur warm“, flüchtete sie sich in eine Ausrede. „Lasst uns trinken!“

    Und das taten sie allesamt auch. Sie tranken und feierten. Den Gedanken, dass sie morgen Abschied nehmen würden, ließen sie weiterhin nicht zu. Jetzt war jetzt!

    Astrid stand nach einer Weile auf, verbeugte sich wie ein Adliger vor der Prinzessin und hielt Nathalie ihre Hand hin. „Würdet Ihr mit mir tanzen?“, fragte sie, und Nathalie lachte, aber willigte ein.

    Die Prinzessin knickste vor Astrid, aber hielt auch Sonia ihre Hand hin, die gleichauf ihre Hand Odette entgegenstreckte. Alle vier Frauen begaben sich zur Tanzfläche, die schlicht eine offene Wiesenfläche zwischen dem Lagerfeuer und den Fackeln war. Zum Gesang der Barden, die auf Trommeln und Flöten spielten, drehten sie sich wild im Kreis und lachten. Bei den Textstellen, die sie kannten, sangen sie lauthals mit und mussten aufpassen, dass ihnen nicht schwindelig wurde. Wieder einmal kamen sie zur Erkenntnis, dass Sonia von ihnen die schönste Gesangstimme besaß, obwohl sie das ungern hörte. Denn meist wurde sie dann aufgefordert für alle zu singen, was ihr stets unangenehm war. Trotzdem schupsten Nathalie, Odette und Astrid zu den Barden, neben denen die Zofe singen sollte. Nathalie musste sie anflehen, den Spaß mitzumachen, aber die Prinzessin war sich sicher, Sonia würde die drei Männer mit ihrer Stimme übertrumpfen.

    Schlussendlich gab Sonia nach und stellte sich schüchtern lächelnd vor die Herren, bevor sie ein Lied anstimmte, das sie immer zusammen gesungen hatten. Es ging um ein Mädchen, dass als Hübschestes weit und breit galt. Dieses Mädchen hatte die Auswahl zwischen allen jungen Herren in ihrem Dorf. In den unzähligen Versen, die immer fröhlicher und schneller wurden, versuchte das Mädchen herauszufinden, welchen Mann es wählen sollte. Dazu tanzte es mit jedem einzelnen, bis der Morgen graute. Nathalie, Odette und Astrid tanzten zu Sonias Gesang. Die Zofen wirbelten sich unter den erhobenen Armen der Prinzessin hindurch, und sogar der Rest der Anwesenden stimmten durch Mitsingen und Klatschen in das Lied ein. Die Stimmung war ausgelassen und nie hätte Nathalie gedacht, dass sie noch solch einen Spaß haben würde.

    Als Sonia das Lied beendete, schaute die Prinzessin zu Prinz Uther, der ihr ein Lächeln schenkte. Aber Nathalie hatte nicht das Gefühl, dass das Lächeln seine Augen erreichte. Hatte er Sorgen?

    Sie blieb einen Moment stehen und ließ ihre Zofen weitertanzen. Dann sah sie einen Mann aus Uthers Gefolge, der sich zum Podest begab und dem Prinzen etwas zuflüsterte. Das Lächeln in Uthers Gesicht schmolz dahin und er stand auf. Anscheinend entschuldigte er sich kurz bei dem Königspaar und folgte dem Mann hinter einige Zelte.

    Soo, es ist Montag!


    Mit einem zwiegespaltenen Gefühl verließ Nathalie zusammen mit ihren Eltern das Zelt. Insgesamt vier Schlosswachen warteten wie die Zofen davor. Die jungen Frauen hatten ein zaghaftes Lächeln aufgesetzt, während sie ihrer Prinzessin zum Platz folgten. Der Moment war gekommen, in dem sie Uther gegenübertreten würde und Nathalie merkte, wie es unendlich ruhig in ihr wurde. Sie konnte nicht sagen, woran es lag. Wahrscheinlich konnte ihr Herz die anhaltende Aufregung nicht aufrechterhalten. Vielleicht war es auch nur die Ruhe vor dem Sturm.

    Ein riesiges Lagerfeuer erhellte das Zentrum der Festlichkeiten, während Fackeln in etwas Abstand um die Zelte herumstanden. Ähnlich dem Thronsaal saß die Königsfamilie erhöht, sodass sie alles überblicken konnte. Eine längliche Tafel war für sie aufgestellt worden, auf der alles zu finden war, was das hungrige oder durstige Herz begehrte. Jedoch wich Nathalies Blick umgehend von der Tafel zu Prinz Uther, der vor dem Podest wartete. Einige seiner Männer standen hinter ihm, aufgereiht, als würde sie für etwas anstehen. Den Prinzen hatte man in seine schwarze Rüstung gekleidet. Wie vermutet, trug er ebenfalls das Bärenfell, aber es war an beiden Schulterteilen seiner Rüstung befestigt und reichte bis zum Boden. Auf seinem Kopf thronte auch eine silberne Krone, allerdings mit weitaus weniger Edelsteinen. Auch die astartige Verzierung war grober und nicht so filigran wie bei Nathalie. Die Prinzessin sah, dass es Prinz Uther vorgezogen hatte, wieder seine Augenklappe zu tragen. Sie konnte aber nicht sagen, ob ihn dies weniger kriegerisch aussehen ließ als ohne.

    Vor dem Podest angekommen, ergriff König Eckbert sanft die Hand seiner Tochter und stellte sich vor Uther. „Es ist mir eine Ehre, Euch Eure zukünftige Braut und Königin übergeben zu dürfen.“ Die Worte des Königs waren leiser, als es Nathalie erwartet hatte. Sie vermutete, dass es ihm auch nicht leichtfiel, sein einziges Kind herzugeben, auch wenn er ebenso wie sie wusste, dass dieser Tag einst kommen würde.

    Nathalie getraute sich nicht, nach oben in Uthers Gesicht zu sehen. Sie betrachtete lediglich ihre Hand, die in jener ihres Vaters ruhte. Jedoch sollte sie nicht in seiner bleiben. Etwas zögerlich bewegte der König seine Hand in Richtung Uther, der entgegen seiner Aufmachung keine Rüstungshandschuhe trug, sondern nur lederne, bei denen seine Fingerglieder ausgespart waren.

    Vorsichtig legte König Eckbert die linke Hand seiner Tochter in die rechte des Prinzen und wandte sich dann dem wartenden Volk zu. „Heißt das künftige Königspaar willkommen!“, forderte er die Menge auf, die umgehend Glückwünsche äußerte und zu feiern begann.

    „Eure Hand ist kalt“, bemerkte Uther. „Friert Ihr?“

    Nathalie sah erschrocken auf und schaute in ein Gesicht, das sie aufmunternd anlächelte. „Nein“, erwiderte sie. „Ich bin ... nur nervös.“

    Der Prinz lachte heiser. „Dann müssten meine Hände aus Eis bestehen.“

    Das Zugeständnis brachte Nathalie zum Lächeln. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ein Mann seiner Fähigkeiten und Standes zugab, ebenso aufgeregt zu sein wie sie. Dabei fiel ihr auf, dass sie sich nie gefragt hatte, wie es dem Prinzen damit gehen musste, seine Ehefrau ebenfalls erst am Tag ihrer Verlobung kennenzulernen. Auch hatten seine ersten Worte an sie ein anderes Bild vermuten lassen.

    Danach wandte Uther sich ebenso dem Volk zu und präsentierte damit den geschlossenen Bund durch die ineinanderliegenden Hände.

    Nathalie brauchte einem Moment, um die Menge anzusehen. Sie war verwirrt, ob der Worte des Prinzen. Die ersten Worte zwischen ihnen hätten wohl auch anders ausfallen können. Eigentlich hatte sie fest damit gerechnet. Irgendwie strenger und abweisender.

    Nachdem der Jubel des Volkes verebbte, bestiegen alle das Podest, um sich dem Essen und Trinken zu widmen.

    Nathalies Zofen setzten sich derweil unterhalb auf ihren vorgeschriebenen Platz vor die königliche Familie. Fragende Blicke erreichten die Prinzessin, die sie lediglich mit einem Schulterzucken beantworten konnte, ehe Prinz Uther ihr den Stuhl zurecht schob. Dann setzte er sich links neben sie. Ab jetzt gehörte er zur Familie, wenn auch noch nicht als zukünftiger König. Dann wäre sein Platz rechts neben ihr.

    „Ihr seid sehr ruhig“, flüsterte Uther Nathalie zu, nachdem die Diener die leeren Teller von der Tafel weggebracht hatten.

    „I... Ich weiß nicht wirklich, was ich sagen soll“, antwortete sie ehrlich. „Ich möchte Euch nicht durch ununterbrochenes Geschwätz belästigen.“

    Uther lachte. „Belästigen? Ihr meint, wie ich mit meinen ersten Worten an Euch bei meiner Ankunft ...“ Er räusperte sich. „Dafür sollte ich mich vermutlich entschuldigen. Die Reise war lang und nicht frei von Strapazen.“

    Nathalie horchte auf. „Das kann ich mir vorstellen. Allerdings wirktet Ihr auf der Sommernachtfeier ebenso abweisend.“

    „Ihr meint, weil ich mich nicht dem Urteil Eurer Zofe unterwerfen wollte?“, hakte Uther nach.

    Nathalie nickte zögerlich.

    Uther drehte sich ihr etwas zu und musterte sie. „Ihr seid auch ein weißes Blatt für mich. Unbeschrieben, vollkommen rein von jeglichen Vorurteilen oder Vermutungen gegenüber Eurem Wesen. Ihr solltet mich kennenlernen, nicht Eure Zofe.“

    „Fräulein Astrid sagte, dass Ihr unser Spiel nicht mitspielen wolltet. Dass Ihr streng und ablehnend wirktet.“

    „Seht Ihr. Genau das meine ich. Das war nicht das, was ich genau sagte, sondern das, was sie hineininterpretierte. Ich sagte ihr, dass ich die Art Spiel nicht schätze, denn nicht sie würde meine Frau werden. Ihr Bild von mir könnte ein anderes sein, als Eures. Und nur Eures ist mir wichtig.“

    Nathalies Blick glitt zu Astrid, die mit den anderen Zofen anstieß, lachte und feierte. Uther hatte genau das wiederholt, was Königin Marlen bereits auf dem Fest sagte. Das hieß wohl, dass Astrids viel mehr ihr eigenes Empfinden, anstatt den genauen Wortlaut wiedergegeben hatte.

    „Dann muss ich mich wohl bei Euch für meine vorherige Meinung über Euch entschuldigen.“

    „Eure Entschuldigung wird natürlich akzeptiert“, antwortete Uther lächelnd.

    „Aber eine Sache wäre da noch ...“, fuhr Nathalie fort.

    „Und die wäre?“

    „Die Axt an meiner Balkontür!“

    Uther sah sie mehr als überrascht an. „Eine Axt?“

    „Ihr wisst nichts darüber? Eine Axt mit violetten Hyazithen“, wurde Nathalie genauer und klang beinahe enttäuscht. Sie hatte immerhin fest damit gerechnet, dass Uther der Werfer gewesen war.

    Der Prinz schien seine Gedanken zu durchforsten und rieb sich dann mit seinen Fingern über das geschlossene Auge, während er sichtbar errötete. „Verzeiht ... Das war wohl dem ganzen Wein geschuldet.“

    Erleichtert atmete Nathalie aus, weil sie sich nicht geirrt hatte. „Ihr wart es?“

    „Mja ...“, antwortete Uther gedehnt. „Allerdings dachte ich, dass ich das nur in meinem berauschten Traum getan hätte. I... Nachdem ich das Fest verlassen hatte, ließen mein Gefolge und ich uns zu ein paar Übungskämpfen mit Euren Wachen hinreißen. Dabei floss der Wein in Strömen. Zu irgendeinem Zeitpunkt muss ich das für eine sehr gute Idee gehalten haben.“

    Nathalie lachte laut auf, aber versuchte, sich umgehend zusammenzureißen, um nicht noch alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Abgesehen davon, dass Ihr mich hättet treffen können ...“

    „Ich bitte Euch, mir nicht solche Bilder vorzusetzen“, flehte Uther geradezu. „Ein Grund mehr, die Benimmregeln meiner Lehrer zu beherzigen ... Ich neige manchmal zu Dummheiten und einer zu forschen Aussprache.“

    „Das habe ich gemerkt.“ Nathalie stellte umgehend klar, dass sie das nicht auf sich bezog, sondern auf seine Äußerungen gegenüber Prinz Thorben.

    „Er ist ein Geistmagier ...“, nuschelte Uther abfällig, weshalb Nathalie ihn fragend ansah.

    „Fürchtet Ihr Magie allgemein oder ...“, setzte sie an, aber getraute sich kaum, den Satz zu beenden.

    „Ich fürchte sie nur in den falschen Händen, genauso wie jede andere Waffe dieser Welt.“

    Nathalie nickte verstehend. Das konnte sie gut nachvollziehen. Problem war wohl nicht die Magie allein, sondern, wer sie beherrschte und für was er sie anwandte.

    Danach verfielen beide ins Schweigen, während sie der feiernden Allgemeinheit zusahen.

    Ich kann mein Tempo gerne verringern :D

    Wochenends komme ich meist eh nicht zum Schreiben oder Onlinestellen xD

    Verstehe ich das richtig, dass der Großvater so etwas wie der personifizierte Krieg ist? Oder darf das noch ein bisschen unklar bleiben? :D

    Genau. Man hat ihm quasi den Namen aberkannt und nennt ihn nur noch "Krieg".

    Ist das nicht super unhöflich? ^^' Immerhin bekam er die Münze von der Prinzessin und seiner zukünftigen Königin ^^'

    Ach, bei nem Kind ist das net so tragisch. XD

    Den letzten Teil fand ich am Stärksten bisher, sehr bildhaft, vor allem wie Nathalie die Krone bekommt. Für mich wirkt Uther bisher wirklich wie ein verkappter Romantiker, aber wir werden sehen wohin sich das noch entwickelt.. Vielleicht muss sich Nathalie in Bärenfels auch allein durchschlagen und für ihre Magie kämpfen :schiefguck: Ein bisschen traurig bin ich ja schon, dass sie ihre Zofen zurücklassen muss :pupillen:

    Was passiert, wird man bald erfahren. Und im nächsten Abschnitt erlebt man Uther auch "live" Aber das gibts vermutlich erstmal Montag zu lesen. ;)

    Okay, die politischen Hintergründe sind nicht gerade die angenehmsten. Das könnte wirklich noch zu Problemen führen - ich sehe sie schon in Form von König Bram. Möglich, dass Uther ihr einziger Verbündeter in Bärenfelse werden könnte. Ich sehe familiäre Spannungen am Horizont ^^' Reines Buchgefühl

    Warum denke ich plötzlich den Imperator und Darth Vader? :rofl:

    Ja, es klingt momentan so, als als da nicht gerade ein Zuckerschlecken auf Nathalie zukommt. Selbst wenn Uther okay ist, könnten sich allerhand bisher ungeahnte Problemfelder auftürmen.

    Mal sehen. Bin gespannt!

    Genau, davon kann man ausgehen. So oder so ist was im Busch! :D

    Ich finde den Teil auch wieder sehr spannend!

    Nur ist mir nicht ganz klar, was Nathalies Vater von Uther befürchtet. Hätte Uther heiraten, Zuhause König werden und dann auch hier bei dem Turnier mitmachen können? Ansonsten liegt es doch irgendwie nahe, dass er erst mal auf das Turnier wartet und gleich mehrere Königreiche abstaubt. Oder was übersehe ich da?

    Nee, übersehen tust du nichts. Uther ist nur keine 19-21 mehr. Wenn er hätte "normal" König werden wollen, hätte er das früher bewerkstelligen können. Er ist aber "schon" 27. Er wird ja nicht umsonst gewartet haben - die Frage ist, ob er auf das Turnier gewartet hat oder, weil er schlichtweg keine geeignete Frau gefunden hat. Bzw. er kann ja die drei Reiche haben wollen, ohne, Nathalies Magie für sich zu nutzen.

    So, nachdem einige geliked haben, gehe ich mal davon aus, dass es gelesen ist?! :rofl:

    Man hat ja nicht immer etwas zu sagen. Vielleicht bietet der nächste Part etwas mehr Raum für Spekulationen xD


    Nathalie gestattete das Eintreten, woraufhin ein recht junger Mann in feiner Kleidung den Vorhang beiseiteschob. Ihm folgten zwei Jungen in gleicher Aufmachung, und jeder von ihnen hielt ein Kissen in der Hand. Der vordere junge Mann verneigte sich dabei so tief, dass es der Gruppe aus Frauen ein Lächeln entlockte.

    „V... Verzeiht die Störung, Hoheit“, stotterte der Älteste von ihnen. „Prinz Uther schickt uns.“

    „Und was möchte der Prinz von der Prinzessin?“, verlangte Astrid zu wissen.

    Der junge Mann zog das rote Samttuch von dem Kissen, das er in Händen hielt, und zum Vorschein trat eine Krone. Sie bestand aus etlichen feinen Verzweigungen, die sie aussehen ließen, als bestünde sie aus silbernen Ästen. An jedem Ende war ein Edelstein in anderer Farbe eingefasst worden.

    „Der Prinz lässt ausrichten, dass er weiß, dass es vielleicht etwas verfrüht ist, aber er lässt der Hoheit die Wahl, ob sie eine amtswürdige Krone aus Bärenfels beim Fest tragen möchte.“ Die Worte kamen so leise über die Lippen des augenscheinlichen Dieners, dass die Frauen genau hinhören mussten. Fast so, als würde er Nathalie beleidigen, indem er ihr das Geschenk anbot.

    „Die Krone ist wirklich außergewöhnlich“, antwortete Nathalie freundlich und näherte sich dem Kissen. Sie lächelte den Diener an und nahm ihm das Geschenk vorsichtig aus der Hand und übergab es Astrid.

    Schüchtern traten dann die beiden Jüngeren nach vorne. Sie waren noch Knaben, aber sie schienen bereits genug Vertrauen des Hofes zu genießen, sodass sie mit dem Überbringen von Geschenken betraut wurden.

    Die Jungen taten es dem Älteren gleich und zogen die Tücher weg. Unter einem befand sich ein Stück Fell und unter dem anderen zwei Kleiderfibeln. Die Fibeln entsprachen der Machart der Krone, was sie nicht weniger wertvoll aussehen ließen.

    „Was ist das für ein Fell?“, wollte Nathalie wissen und hob es vom Kissen.

    „Es ... Es wird über Eure rechte Schulter gelegt und mit den Fibeln befestigt. Es ist das Fell eines Sandbären. Sie leben im Norden von Bärenfels“, begann der junge Mann zu erzählen. „Prinz Uther hat ihn erlegt, bevor er herkam.“

    „Das arme Tier ...“, entglitt es Nathalie mitleidig, und ihre Zofen stimmten ihr zu.

    „Nein“, wandte der Diener hastig ein. „Der Herr hat ihn nicht des Jagens willen erlegt, sondern, weil der Bär einer Krankheit anheimgefallen war. Er hatte ein Dorf angegriffen, obwohl diese Bären eigentlich sehr abgeschieden leben. Er hat sieben Ziegen und zwei Kühe getötet. Dem Prinz blieb keine Wahl. Er trägt das restliche Fell an seiner Rüstung.“

    „Es war mein Dorf ...“, fügte der linke Knabe kleinlaut hinzu, der das Fell trug.

    Nathalie nickte verstehend. „Dann ist es erst recht ein armes Tier, wenn es gezwungen war, gegen seine Natur zu handeln, aber ich verstehe die Geste.“

    Die Prinzessin ließ ihre anderen beiden Zofen die Kissen in Empfang nehmen, wobei sie jedem der Diener im Gegenzug eine Silbermünze überreichte. „Die sind für euch“, sagte sie. „Für eure Dienste und Geschichten. Richtet dem Prinzen meinen Dank aus.“

    Die Diener verneigten sich erneut und verschwanden, wobei Nathalie sah, wie der rechte Knabe beim Herausgehen prüfend auf die Münze biss.

    „Und was machen wir jetzt mit den Geschenken?“, wollte Odette wissen.

    „Die Prinzessin wird sie tragen!“, antwortete Astrid wie selbstverständlich. „Ich denke nicht, dass unsere Hoheit Bärenfels beleidigen möchte.“

    „Nein, das will ich nicht“, bestätigte Nathalie. „Aber der Diener betonte, dass ich die Wahl hätte. Jedoch ... wie viel Wahl habe ich? Es wäre sicherlich eine Beleidigung für ihn, wenn ich sie beiseitelegen würde. Sie stammen immerhin von meinem zukünftigen Ehemann, nicht von irgendwem.“ Nathalie seufzte. „Ist es falsch, wenn ich sage, dass sich die Bezeichnung des baldigen Ehemannes seltsam anfühlt? Nicht seltsam klingt, nur anfühlt.“

    Sonia lächelte. „Ich denke nicht.“

    „Nicht seltsamer, als der Mann, der es wird“, murmelte Odette und legte das Kissen mit dem Fell auf einen Tisch. „Dann machen wir uns daran, das Fell anzubringen.“

    Nachdem sie Nathalie die Krone aufgesetzt und das Fell befestigt hatten, wirkte sie wie eine vollkommen andere Person. Nicht mehr aus ihrer Heimat stammend, sondern tatsächlich wie eine Frau aus Bärenfels. Näher an der Küste liegend, war das Wetter rauer und unbeständiger. Deswegen schien die Kleidung fester und schwerer zu sein. Auf der Sonnenbergfeste konnte es auch rau sein, aber wenn die Sonne schien, musste man aufpassen, sich nicht umgehend zu verbrennen. Selbst im Winter. Etwas, dass man dem nördlich gelegenen Königreich nicht nachsagte.

    „Dann seid Ihr Wohl fertig“, erklang plötzlich eine bekannte Stimme hinter den Frauen und der König hatte das Zelt betreten. Zusammen mit Königin Marlen.

    „Gebt ihr uns einen Moment?“, fragte die Königin, die Zofen bejahten eilig, knicksten und verließen das Zelt.

    Nachdem die Zofen draußen waren, lächelten ihre Eltern Nathalie an, die sich von ihrem Stuhl erhob.

    „Wie geht es Euch?“, wollte König Eckbert von seiner Tochter wissen. „Dass der älteste Sohn von Bram das Turnier für sich entschied, muss verwirrend oder gar beängstigend für Euch sein.“

    „Nein, Vater“, entgegnete Nathalie, „das ist es nicht. Ich bin nicht mein Großvater und er ist es ebenso wenig.“

    „Gut, dass Ihr so denkt, mein Kind. Ich rechnete schon damit, ein leeres Zelt und vier fehlende Pferde vorzufinden.“

    „Er mag äußerlich nicht ganz einem hochwohlgeborenen Mann zu entsprechen, aber ...“

    „So lange er sich nicht über mein Äußeres beschwert, bin ich zufrieden“, unterbrach Nathalie ihre Mutter. Jeder hatte das Wolfauge gesehen, jeder die Narben. Das alles ließ ihn aber nicht wie einen überfahrenen Frosch aussehen. Sein Aussehen verursachte keinen Ekel oder Abscheu. Die Prinzessin hatte bereits erleben dürfen, was überaus gutes Aussehen bei einem Menschen anrichten konnte. Nathalie galt unter den adligen Frauen durchaus als hübsch, obgleich einige ihr kindliches Gesicht bemängelten, so dass sie gewillt war, den wohlwollenden Stimmen zu glauben. Aber ihre Cousine Königin Elena von Grunewald ... Elena war bekannt als die schönste Frau der neun Reiche. Aber das hatte man ihr wohl zu oft gesagt, denn sie benahm sich auch dementsprechend. König Eckbert trieb das exzentrische Verhalten seiner Nichte oft in den Wahnsinn, wenn sie ihren Besuch ankündigte. Allerdings war sie zehn Winter älter als Nathalie, und der König rieb sich bei der Voraussicht schadenfroh die Hände, dass die zarte Blume alsbald zu welken begann. Gerüchten zu folge, ließ Elena bereits mehrere Porzellanmasken anfertigen, die ihr junges Aussehen einfangen sollten. Diese, davon ging Nathalie aus, würde sie sich wohl später für alle Zeit vor das Gesicht halten.

    „Dass Bärenfels Euch als Königin erhält, könnte Unbehagen im Volk auslösen, selbst wenn es vom Turnier Kenntnis hat“, fuhr der König fort. „Die meisten Menschen wissen, dass Ihr nicht der Krieg seid, aber die Geschichte hat dafür gesorgt, dass sie Magie mit großer Skepsis begegnen. Mein Rat an Euch ist, dass Ihr Eure Fähigkeiten, anders als hier, nur selten bis gar nicht offen zeigt.“

    „Lasst Euch aber ebenso nicht zu Machtdemonstrationen hinreißen“, fügte die Königin hinzu. „Prinz Uther wirkt nicht so verbohrt wie sein Vater, aber letztendlich kann keiner von uns sagen, ob sie Euch nicht als Trophäe betrachten, deren Magie diesmal auf ihrer, anstatt auf der Gegenseite zu finden ist.“

    Warnende Worte, die ihre Berechtigung darin fanden, da König Bram sich als Sohn des Helden oftmals das Recht herausgenommen hatte, sich in die Streitigkeiten der Reiche hineinzuhängen. Noch war Uther nicht König, egal, als was er Nathalie sah. Dieses Amt war ihm so lange verwehrt, bis sein Vater starb oder der Prinz sein erstes Kind in Händen hielt.

    „Eilig scheint es Prinz Uther nicht mit dem Königsamt zu haben“, überlegte die Prinzessin laut. „Sein Alter zählt siebenundzwanzig Winter, ohne König zu sein. Hätte er es eilig, hätte er jederzeit eine andere Frau heiraten können.“

    König Eckbert nickte. „Genau das ist es, was mir schlaflose Nächte bereitet. Entweder liegt es einem ehrbarem Verhalten zugrunde, dass er auf das Turnier gewartet hat oder Bärenfels verfolgt einen Plan, den wir noch nicht kennen.“

    Der König umfasste behutsam das Gesicht seiner Tochter. „Lasst es uns wissen, wenn Euch irgendetwas im Norden aufstößt.“

    Nathalie lächelte. Irgendwie hatte sie sich aber ein anderes Gespräch mit ihren Eltern erhofft. Beruhigende Worte, keine Tatsachen oder verdächtigende Dinge.

    „Eure Gesundheit wiegt uns schwerer, als ein Eheversprechen“, versicherte die Königin und gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn, nachdem der König sich einen Schritt von ihr entfernt hatte.

    Erstmal danke für die ganzen Kommentare xD Freut mich, wenn bereits Diskussionsbasis da ist. So will ich das haben ...

    Na, da kann sich Odette aber glücklich schätzen, dass der schöne starke Prinz Iven verloren hat :D Jetzt bin ich gespannt, wie er mit der Prinzessin umgehen wird. Vermutlich hat er gar keinen Plan, wie xD

    Ich würde ja fast sagen, du kennst mich zu gut, aber ... mal abwarten. :rofl: Mein Kopfkino ist mir da auch schon reingegrätscht.

    Nicht klicken, wenn ihr kein doofes Kopfkino haben wollt!


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    Ja, ich bin auch ein wenig überrascht, dass der Magier so ein schlechtes Ansehen hat, hätte eigentlich geglaubt, dass man ihn ein wenig bewundern und auch fürchten würde. Aber Sitten sind halt Sitten.

    Kommt aufs Worldbuilding an :D Hier sind es die Verlierer des Krieges. ^^

    Ich finde interessant, wie hart Nathalie über Prinz Thorben denkt; diese leichte Häme über die „Schwäche“ des Zauberers. Auch dass sie sich vom Wolfsauge und vom vernarbten Körper Uthers nicht abschrecken lässt … Ob sie da in der Zukunft noch dazu kommen wird, das Ganze anders zu sehen? 😃 oder spricht da nur mein Thorben-Fantum? Warum sieht das sonst niemand? Uther ist böse!!! 😄

    Ja, das alles kann man nicht wissen. Muss man wohl abwarten ... ;)

    Ich glaube du bist zu hart zu Uther :D Da steckt bestimmt mehr hinter als der "toxisch - männliche" Rüpel! Außerdem will Nathalie sich doch verlieben und keine vernünftige Kompromissehe mit Prinz Thorben eingehen

    Meine Erfahrung flüstert mir hier zu: wenn Uther toxisch aussieht und wenn Uther sich toxisch verhält, dann ist Uther wahrscheinlich toxisch 😃

    Ja, also ... bisher hat er ja noch nichts Toxisches gemacht. Aber bisher hatte er auch wenige "Live" Auftritte - mal abwarten ... Aber gut, dass auch Thorben seine Anhänger hat :D


    Damit war es entschieden! Nathalie würde die Ehefrau von Prinz Uther werden. Die Prinzessin konnte nicht sagen, ob sie traurig oder erleichtert darüber war. Ihr Herz begann zu rasen, als die Erkenntnis immer mehr zu ihr durchdrang, dass sie ihr Leben an seiner Seite verbringen würde. Einem Mann, von dem sie nichts wusste. Wobei nichts nicht stimmte. Sie wusste, woher er kam und wie alt er war. Das musste wohl für den Anfang reichen.

    „Es ist also Prinz Uli geworden ...“, frotzelte Odette. „Irgendwie habe ich damit gleich gerechnet.“

    „Ganz sicher. Deswegen hast du dir auch beinahe alle Fingernägel abgekaut“, erwiderte Astrid spitzzüngig.

    Die beiden Zofen lachten und schienen sich wieder zu vertragen. Nathalie quittierte dies mit einem beiläufigen Lächeln. Es gab keinen Grund mehr, sich uneinig zu sein. Ob Prinz Iven eine ganze Nacht mit Odette gesprochen hatte, hatte jegliche Bedeutung verloren. Darüber war die Prinzessin tatsächlich froh.

    Aber es war wohl an der Zeit, diese Geschichte zu vergessen und sich dem Gewinner zu widmen.

    Prinz Uther half Iven auf die Beine und stützte ihn etwas, bevor dessen Gefolge ankam und ihm diese Aufgabe abnahm.

    Danach schaute der Prinz zum ersten Mal in Nathalies Richtung und verneigte sich.

    Nathalie war so überrascht davon, dass sie im ersten Moment gar nicht wusste, wie sie darauf reagieren sollte. Knicksen? Klatschen? Still dastehen? Was sollte sie machen?

    Sonia stieß sie an und deutete einen Knicks an, den Nathalie dann rasch ausführte. Wahrscheinlich hatte die Geste genauso wenig erhaben ausgesehen, wie sie sich angefühlt hatte.

    König Eckbert verließ währenddessen mit seiner Königin das Podest und beide gingen in Begleitung von zwei Wachen auf Prinz Uther zu.

    Bei ihm angekommen, verneigte sich der Sieger des Turniers auch noch einmal vor dem Königspaar, wobei der König ihm stolz auf die Schulter schlug. „Großartige Darbietung Eurer Fähigkeiten ...“, verlautete der König, woraufhin der Lärm der Anwesenden verebbte. „Euch ist gelungen, was Eurem Vater vor etlichen Wintern nicht vergönnt war ... Vermutlich, weil die Göttin der Sonne es nicht anders wollte“, fuhr er dann fort. „Durch den Sieg werdet Ihr nicht nur alsbald König von Bärenfels sein, sondern ebenso König von Sonnenberg und Wiesengrund. Ein Bündnis, das nur dem Frieden dienlich sein kann. Zwei große Länder, welche die Mitgift meiner einzigen Tochter sind.“

    Da war er. Der politische Hintergrund. Den hatte Nathalie bei aller Festlichkeit beinahe vergessen. Da die Prinzessin - wie ihre Mutter – ohne männliche Geschwister war, die einen Thron besteigen konnten, gingen die Länder in den Besitz des Ehemannes über, sobald König Eckbert abdanken würde. König Eckbert hatte aus dem gleichen Grund bereits Wiesengrund, das Reich des Krieges, erhalten. Dabei konnte man sich darüber streiten, ob dieses Land, das ausschließlich von versprengten Magiern und Bauern bewohnt war, ein Gewinn darstellte. Eigentlich machte dieser „Schandfleck“ nur Ärger. Zumindest bekam Nathalie nichts anderes mit. Aufstände, Plündereien und magische Wesen ... All das erwartete Besucher dieses von Wald überwucherten Landes. Das Schloss, das dort stand, war allenfalls noch eine Ruine, bewohnt von einfachem Gesindel und Banditen. Ihr Vater hatte versucht, eine Miliz aufzustellen, um die Straßen sicherer zu machen, war aber kläglich daran gescheitert. Es gab einfach zu wenige Männer, die bereit waren, ihren Kopf für ihr gesamtes Land hinzuhalten. Sie hatten andere Probleme. Sie mussten ihre Familie über den nächsten Winter bringen. Da war keine Zeit, ausgiebig den Gebrauch von Waffen zu trainieren. König Eckbert verfügte einen Erlass, dass jeder dritte Sohn das Recht besaß, sich ausbilden zu lassen. Einem Soldaten oder Ritter als Knappe zu dienen und zu lernen, aber nur wenige nahmen das in Anspruch. Meist, da die Bauern nicht mit Sicherheit sagen konnten, dass es die beiden älteren Söhne über das Jugendalter hinaus schafften. Umstände, die Nathalie kannte, aber nur aus der Ferne betrachten konnte. Sie selbst würde später hinaus mit diesen Problemen nur selten konfrontiert werden. Es war nicht an ihr, das Leiden zu lindern oder zu beenden. Diese Bürde würde nun Prinz Uther zufallen.

    „Geben wir dem zukünftigen Königspaar nun die Zeit, sich für die Feier zurechtzumachen ...“, verkündete König Eckbert.

    Odette ergriff umgehend Nathalies Arm und zog sie an sich heran. „Zurechtmachen richtet sich wohl an uns!“, sagte sie lachend.

    „Zumindest wissen wir, welches Kleid unsere Hoheit tragen muss!“ Damit hatte Astrid recht. Vermutlich hatten die Diener bereits das schwarze Kleid von Bärenfels in Nathalies Zelt gebracht, damit sie sich passend einkleiden konnte.

    „Dann sollten wir keine weitere Zeit verschwenden ...“ Sonia drängte alle vom Podest hinunter, während der König noch mit dem Volk zusammen auf das Ende des Turniers anstieß. Im Augenwinkel sah Nathalie, wie auch der Prinz das Feld verließ und irgendwo zwischen all den Zelten verschwand.

    Wie gackernde Hühner liefen die Zofen unterdessen voraus, gingen noch einmal alle Kämpfe durch, während Nathalie ihnen schweigend folgte. Es war der letzte Tag mit ihren Gesellschafterinnen. Jeder von ihnen wusste es. Die Prinzessin scheute die fremde Zukunft nicht, aber die Aufregung verschluckte ihre Stimme. In wenigen Augenblicken würde sie die ersten Worte mit Prinz Uther wechseln, dabei stand bereits fest, dass sie Mann und Frau sein werden. Es war ein beklemmendes Gefühl, nicht zu wissen, was sie sagen sollte, dabei hatte sie tausend Fragen. Durfte sie ihm diese Fragen unverblümt stellen? Warum hatte er ein Wolfauge? Und warum hatte er sich dem Eisernen Ritual unterzogen? Hatte er die Axt geworfen? Wahrscheinlich schätzte er Neugierde nicht. Kaum jemand tat das. Vor allem unter Adligen.

    „Zumindest kann unsere Hoheit ihn nicht verzaubern“, sagte Odette und zwinkerte, bevor sie den Stoffvorhang des Zeltes beiseiteschob.

    Nathalie hatte den Zusammenhang verpasst und lächelte nur.

    Astrid begann sofort, die Schnüre des Kleides zu lösen, während Odette das andere vom Holzgestell zog. „Ich muss gestehen, es wirkt etwas düster. Aber so ist Bärenfels ... Es ist ernst.“

    „König Ansgar von Bärenfels hat den Kampf gegen den Krieg nicht gewonnen, weil er ihn zum Lachen gebracht hat“, erwiderte Astrid.

    „Thorin ...“, nuschelte Nathalie, die oftmals, wenn sie mit ihren Zofen alleine war, den Namen ihres Großvaters benutzte. Für sie war er mehr als der Krieg. Auch, da ihre Mutter Geschichten von ihm erzählt hatte, die kaum vermuten ließen, dass er zu einem Monster werden würde. Das beunruhigte Nathalie. Manchmal hatte sie Angst, selbst zu solch einer Kreatur zu werden, die alles Leben um sich herum verschlingt. Von ihrem Großvater hatte man erzählt, dass seine Kräfte vom Gott des Mondes selbst stammten. Dass er der Herr über die Natur gewesen sei und jede Art von Magie, von der Sonne oder dem Mond stammend, geliebt hatte. Ihre Mutter erzählte ungern etwas von ihrem Vater. Vermutlich, weil sie andere Erinnerungen als der Rest teilte. Wie Bärenfels über König Thorin von Wiesengrund dachte, war dabei kein Geheimnis. Die Frage war nur, ob Prinz Uther und sein Hof glaubten, dass von Nathalie die gleiche Gefahr ausging. Immerhin gab es Methoden, einem Magier seine Magie zu nehmen, und die Prinzessin hoffte, dass sie das nicht in ihrer neuen Heimat erwartete.

    Nachdem Nathalie das Kleid von Bärenfels trug, reichte Odette ihr einen Becher mit Wein.

    „Gegen die Aufregung ...“, meinte die vorlaute Zofe und nahm sich selbst einen Becher.

    „Ich glaube, gegen meine Aufregung würde nicht einmal ein Fass helfen“, gestand Nathalie ehrlich und betrachtete die jungen Frauen abwechselnd.

    Astrid nahm ebenfalls einen Becher und leerte ihn in einem Zug. Dafür erntete die junge Frau erstaunte Blicke, denn sonst trank sie ihren Wein am langsamsten. „Heute feiern wir, morgen können wir wegen des Abschieds weinen“, stieß sie aus und rief nach einem Diener, der mehr Wein heranbringen sollte.

    Jede der jungen Frauen tat es Astrid gleich und leerte ihren Becher, ohne ihn abzusetzen.

    „Und wenn Euch Prinz Uther nicht gefällt ...“, lallte Sonia nach der zweiten Runde, „dann könnt Ihr ihn einfach von der nächsten Klippe pusten.“

    „Das geht nicht“, warf Odette ein und verwies in wahllosen Linien auf ihren Oberkörper. „Der Prinz hat sich diese Runen in die Haut schneiden lassen.“

    „Ja, aber ...“, fuhr Sonia fort, „das gilt nicht für den Fels, auf dem er steht.“

    Nathalie fing an zu lachen. Ihre Zofen hatten es geschafft, sie erneut abzulenken. „Ich werde niemanden von irgendwo herunter pusten!“, machte die Prinzessin klar. „Feuer ist viel effizienter!“

    „Feuer ist eine gute Idee“, bestätigte Astrid.

    Jede von ihnen wusste, dass Nathalie nie etwas Derartiges tun würde, aber herumalbern war nicht verboten. Immerhin mussten sie auf den König warten, bis er seine Tochter abholte. Ein Moment, der nicht kommen wollte. Eine dritte Runde wollten sie aber nicht bestellen. Sie allesamt befürchteten, danach nicht geradeaus laufen zu können.

    Astrid vermutete, dass Nathalies Gang zum Fest davon abhing, wann der Prinz so weit war. Wahrscheinlich dauerte es, bis sein Gefolge seine Wunden versorgt hatten. Die Prinzessin wollte es ab einem gewissen Punkt nur noch hinter sich bringen. Das Warten war irgendwann schlimmer als alles andere. Doch bevor ihr Vater kam, um sie zu holen, bat eine junge Stimme um Erlaubnis, das Zelt betreten zu dürfen.

    Sehr gut :D Ich befürchtete einen Moment, dass das ein sehr eintöniger Wettkampf werden würde ;) Aber wie immer hast du an alles gedacht. Sind ja alle ziemlich gleich auf die Prinzen. Ich tippe immer noch darauf, dass Uther gewinnt.

    Sonst wäre es ja langweilig. :rofl:

    Ich misch mich mal unters Volk :D bin total begeistert von deinen Dialogen und der Dynamik unter den Mädels, die sofort spürbar ist. Nathalie scheint echt in Ordnung zu sein für eine Prinzessin ;) Ich bin auf jeden Fall Team Uther, vielleicht gerade weil er der mit den meisten Ecken und Kanten zu sein scheint? Ich glaube er wäre auf jeden Fall die größte Herausforderung für Nathalie, aber vielleicht auch der, für den sie am ehesten was empfinden könnte? :schiefguck: Außerdem kann Odette dann Prinz Iven haben :evilgrin: Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt wie es weitergeht :D

    Uh, vielen Dank liliancd Ja, der Uther hat ein paar Kanten xD

    Ein Wolfsauge und ganz viele Narben... das liest sich doch wie ein von Jen typisch liebevoll dekorierter Hauptprota. :D Hmm... So langsam frage ich mich, wie dein Mann wohl aussieht ? :whistling:

    Naja, ganz so ist es nicht, früher hatten sie nicht soo viele Makel. Und Robin hat jetzt eine Narbe im Gesicht und aktuell Fäden noch, aber ich habe weitaus mehr Narben als er. :pardon:

    Hier streikt mein Kopfkino. Die bekommen also alle eine hölzerne Lanze und werfen die auf den Gegner? Aber wenn die geworfen wird, ist die doch weg? Wie kann Iven sie dann ein zweites Mal schleudern?

    Ich hab das mit "schlagen" ersetzt. ^^

    Ich liebe diese Geschichte. Sie ist toll geschrieben und macht einfach Freude zu lesen!

    :blush: :love: Das freut mich. Danke dir ^^

    Inzwischen hoffe ich natürlich auch, dass Uther gewinnt! Dieses Wolfsauge ist ziemlich gruselig, aber dazu gibt es sicher eine Geschichte. Die Idee mit der Körperrune ist super.

    Ja, die gibt es, zu beidem. :sarcastic: Mal schauen, wie schnell ich zu diesem Thema komme.

    Aufsatteln bedeutet wohl, dass sie die Pferde satteln, oder? Oder meintest du, dass sie aufsteigen? Weil sie ja danach im Sattel sitzen? Vielleicht könntest du das genauer schreiben

    Ich hab beide Punkte im Text geändert :thumbup: Aufsitzen und durch werfen ersetzt. Danke dir!


    Nathalie sah, wie Prinz Iven daraufhin zur Tribüne schaute, aber er blickte nicht sie an. Vielmehr sah es aus, als galt sein Blick Odette, ehe er die Arme sinken ließ und seinen Stab für den letzten Kampf ergriff. Sollte Nathalie davon beleidigt sein? Mochten beide einander? Warum interessierte es die Prinzessin überhaupt? Sie musste diese seltsamen Gedanken loslassen! Nicht nur sie musste sich in ihr Schicksal fügen, auch alle anderen mussten das. Wichtig war in diesem Moment nur, dass Prinz Thorben keine Chance mehr besaß, das Turnier für sich zu entscheiden. Nathalie ließ sich daher vom Klatschen der Menge anstecken, aber hielt abrupt inne, nachdem ihr die Blicke ihrer Zofen aufgefallen waren.

    „Freut Ihr Euch jetzt, dass Prinz Uther gewonnen hat oder ...“, setzte Odette an.

    Nathalie überlegte. Das konnte sie gar nicht so genau sagen. Sie wusste nicht, ob sie sich freute, weil Prinz Uther gewonnen oder lediglich Prinz Thorben verloren hatte. Sie fand die „Kampfmethode“ des Geistermagiers irgendwie unfair – auch wenn sie zulässig war.

    „Es war der ... amüsanteste Kampf bisher“, antwortete Nathalie, sich in eine Ausrede flüchtend.

    Prinz Thorben wurde von seinem Gefolge aufgeholfen und er verbeugte sich umgehend vor dem König.

    „Ihr habt Euch ... gut geschlagen, Prinz Thorben“, sprach König Eckbert. Er wirkte dabei etwas zögerlich, weil er vermutlich auch nicht wusste, wie er diesen letzten Kampf werten sollte. Jeder konnte dabei zusehen, wie dem Geistmagier das rechte Auge zuschwoll. Als König dann glorreiche Worte zu finden, war sicherlich nicht einfach.

    Prinz Thorben ließ sich nach den Worten des Königs vom Platz helfen.

    Nathalie wunderte sich. Er hatte bloß nur einen Schlag abbekommen und brauchte eine Stütze. Tat er vielleicht verletzter, als er war? Aber warum sollte er das tun? Oder tat ein einzelner Schlag wirklich so weh? Er hatte immerhin nichts an den Beinen. Und wollte Nathalie solch einen Ehemann? Unabhängig davon, dass es Prinz Thorben ohnehin nicht mehr werden würde. Die Prinzessin konnte nicht sagen, welche Art Mann sie an ihrer Seite wollte. Frauen bekamen Kinder, ein Schmerz, der ihr stets als ertragbar, aber schlimm prophezeit wurde. Würde ein Mann wie Prinz Thorben ihr die Ängste vor solch einem Ereignis nehmen können? Wohl eher nicht. Nicht, wenn er dieses Bild von sich zeichnete. Nathalie war immer nahegelegt worden, sich nicht in Fantastereien zu verlieren, wenn sie an die Ehe dachte. Aber wie konnte sie das nicht, wenn sie ihre Eltern sah? Der König ging behutsam mit seiner Königin um. Wie mit einer zarten Blume. Die Prinzessin hatte nie miterlebt, dass er seine Stimme gegen sie erhoben oder sie schlecht behandelt hatte. Trotzdem gab es immer eine gewisse Distanz zwischen den beiden. Als würde ihre Ehe mehr auf Respekt, als auf Liebe gebaut sein. Wobei Liebe vermutlich ein dehnbarer Begriff war, wenn sich zwei Menschen vor der Ehe nicht einmal kannten. Nathalie konnte sich noch gut an ihre erste Schwärmerei erinnern. Als Kind bewunderte sie einen Stalljungen, der überaus behutsam mit den Tieren umgegangen war. Immer, wenn er lächelte, bildeten sich Grübchen an seinen Wangen.

    Die Prinzessin seufzte. Es war eine schöne Erinnerung, aber sie wusste, dass sie nicht verliebt gewesen war. Als der Stalljunge etliche Winter später heiratete, freute sie sich für ihn, anstatt eifersüchtig zu sein. Nathalie konnte sich nicht vorstellen, dass, wenn man eine Person aufrichtig liebte, sie mit einer anderen Person vermählt sehen wollte. Was sie in Gedanken zurück zu Odette brachte ...

    Die Pauke riss Nathalie abermals aus ihren aufkommenden Gedankengängen. Langsam fing sie an, das Instrument zu hassen. Ging es schon weiter? Warum konnte sie sich nicht auf den Wettkampf konzentrieren? Wollte sie das gar nicht? Immerhin entschied der jetzige Kampf, wen sie heiraten würde. Sie konnte gar nicht hinsehen ... oder doch?

    Beide Prinzen standen sich gegenüber, aber diesmal griff Iven nicht einfach an, wie bei den Kämpfen davor. Die Männer verharrten in einer verteidigenden Haltung. Iven begann jedoch, Uther zu umkreisen, während dieser ruhig dastand, als wolle er abwarten, was er tat.

    Uther folgte Iven mit seinem Blick und senkte seinen Stab, den er in der rechten Hand hielt.

    Nathalies Herz schlug ihr bis in den Hals. Aus irgendeinem Grund hatte sich die Stimmung auf dem Feld geändert. Sie konnte aber nicht sagen, von wem oder was das ausging. Vielleicht lag es auch nur daran, dass es der finale Kampf war. Sie konnte nur vermuten, dass es Iven irgendwann zu lang dauerte, bis Uther etwas tat und deshalb schlussendlich doch angriff.

    Uther hob blitzschnell seinen Stab mit beiden Händen über sich und parierte so den ersten Schlag seines Gegners.

    Prinz Iven holte weitere Male aus und erwischte Prinz Uther sogar durch eine stichähnliche Bewegung am Oberkörper.

    Uther taumelte zurück, parierte aber die nächsten Hiebe daraufhin wieder. Er verteidigte sich bloß, griff aber nicht aktiv an. Kurz gingen die Gegner wieder auseinander, und Iven wiederholte seinen Angriff. Bei diesem wurde Uther mehrfach getroffen. Beinahe wirkte es so, als wolle der Prinz von Bärenfels gar nicht gewinnen. Nathalie blickte zu Odette, die immer nervöser wurde. Schweißperlen hatten sich auf der Stirn der Zofe gebildet und sie schien den Atem angehalten zu haben. Daraufhin betrachtete die Prinzessin Prinz Iven. Wollte sie einen Mann, der fast eine ganze Nacht mit ihrer Zofe gesprochen hatte? Der ihre Zofe ansah, aber nicht sie? Was war, wenn auch Prinz Iven Odette mochte? Wenn dem so war ... Konnte Nathalie sich dazwischen stellen? Sie kannte die Antwort daraufhin bereits. Nein, das konnte sie nicht. Während Prinz Thorben und Prinz Iven offenkundig Humor besaßen, kam ihr Prinz Uther unabsichtlich lustig vor. Und wenn es stimmte, dass er die Axt geworfen hatte, konnte er kein allzu schlechter Mensch sein.

    Nathalie atmete tief durch und sog danach etwas Luft ein. Dann hatte das Schicksal bereits entschieden. Die Prinzessin konnte durch ihre Magie vielleicht Prinz Uther einen Vorteil verschaffen. Es war windig. Niemand würde hinterfragen, wenn eine Böe Prinz Iven Sand in die Augen trieb. Daher konzentrierte sich Nathalie auf den Boden zu seinen Füßen und formte ihren Mund so, als wollte sie eine Kerze auspusten. Aber bevor sie die eingeatmete Luft ausstieß, konterte Prinz Uther einen Schlag von Iven.

    „Er hat den Großen müde werden lassen ...“, hörte Nathalie aus den Rängen der Zuschauer.

    „Hätte ich auch so gemacht ...“, sagte ein anderer.

    Prinz Iven hatte wiederholt von oben herab auf seinen Gegner eingeschlagen, aber diesmal hatte Prinz Uther nicht nur seine beiden Arme schützend über sich gehalten, sondern durch eine schnelle Armbewegung den Stab seines Gegners aus dessen Griff gehebelt. Etliche Schritte entfernt landete das Holz im Sand, und Prinz Iven stand plötzlich ohne Waffe da.

    Uther ließ keinen Moment verstreichen, in schnellen Bewegungen auf Iven einzuprügeln, der zum Schutz nur noch seine Unterarme besaß.

    Das Blatt hatte sich gewendet, und Nathalies Eingreifen schien nicht nötig zu sein.

    Schlag um Schlag wich Prinz Iven zurück, so lange, bis der Stab an dessen Armen in zwei Stücke zerbrach.

    Uther betrachtete kurz die Hälfte in seiner Hand, einen Moment, den Iven ausnutzte, um das andere Stück aufzuheben. Beide gingen in einen Kampf über, der nun wieder mehr einem Schwertkampf glich. Die Hölzer trafen aufeinander; nichts anderes war zu hören. Jeder schaute gebannt dabei zu, wie Uther jede Bewegung seines Gegners vorherzusehen schien und passend reagierte. Er drängte Prinz Iven immer weiter an den Rand des Platzes.

    Was Prinz Uther nicht an gleicher Kraft oder Größe wie Prinz Iven besaß, machte er durch seine Schnelligkeit wett. Auch waren beide anscheinend nicht gleich ausgebildet worden. Während Uther mehr einem Soldaten als einem Prinzen glich, war an Iven kein optischer Makel zu finden.

    Trotzdem gab Iven nicht einfach auf. Er wehrte sich und parierte einen Schlag so, dass beide ihre Hölzer kreuzten.

    Prinz Uther musste beide Arme einsetzen, um zu verhindern, dass Iven ihm seine Waffe nach unten aus den Händen schlug. Iven versuchte unterdessen, Uther einen Schritt nach hinten zu drängen, aber dieser ließ das nicht zu. Uther stemmte sich mit ganzem Körpereinsatz gegen den größeren Prinzen. Daraufhin rutschte das spitze Holz über das von Prinz Uther hinweg und bohrte sich oberhalb des Schlüsselbeins in dessen Schulter. Erschrocken ließ Prinz Iven seine Waffe los, die weiterhin in ihrer Position verharrte. Ein Ausstoß des Entsetzens ging durch die Menge, während Blut in den Sand tropfte. Es war dem Prinzen aus Ulmenthal anzusehen, dass er nicht vorgehabt hatte, seinen Gegner ernsthaft zu verletzen. Es war immerhin kein Kampf auf Leben und Tod.

    Nathalie hielt sich erschrocken ihre Hand vor dem Mund, während ihre Zofen ihre Blicke abwandten.

    Uthers Blick wanderte hingegen langsam zu seiner Schulter, während er seine Waffe in die linke Hand nahm.

    „Prinz Uther?“, erklang die Stimme des Königs. „Könnt Ihr weiterkämpfen oder gebt Ihr auf?“ König Eckbert wollte wahrscheinlich auch nicht, dass bei diesem Turnier einer der Männer starb oder bleibenden Schaden nahm.

    Prinz Uther sah zur Tribüne, und riss sich das Holz aus der Schulter. „Wegen einem Splitter gebe ich nicht auf, Hoheit“, antwortete der Prinz und warf das Holz auf den Boden. Danach schaute Uther Iven an, der anerkennend nickte.

    Die beiden setzten demnach ihren Kampf ungehindert fort. Uther warf daraufhin sein Holz neben sich.

    Nathalie konnte nur erahnen, dass er ebenso wenig vorhatte, Iven ernsthaft zu verletzen.

    Prinz Uther entfernte sich einen Schritt von seinem Gegner, der die Fäuste ballte. Ab jetzt wurde anscheinend ohne Waffen gekämpft, und die Prinzessin war sich nicht sicher, ob Prinz Iven dadurch einen Vorteil erlangte.

    Beinahe vorsichtig ging Iven auf Uther zu und versuchte, ihm einen Kinnhaken zu verpassen, aber Uther schlug den Arm beiseite und verpasste stattdessen Iven einen gehörigen Schlag ins Gesicht. Taumelnd schritt Iven zur Seite, während Uther mit der anderen Faust erneut zuschlug. Darauf folgte ein Tritt von ihm gegen das rechte Knie von Iven, dem ein Schmerzensschrei entfuhr. Der Kampf glich einer Tavernenschlägerei. Zumindest laut den Darstellungen in den Büchern, die Nathalie zusammen mit ihren Zofen gelesen hatten.

    Während Prinz Iven auf sein gesundes Knie sackte, verpasste Uther ihm mehrere Fausthiebe. Seine Verletzung war ihm anscheinend vollkommen egal. Blut rann ungehalten an seinem Arm hinunter und bespritzte Prinz Iven, der von seinem schmerzenden Knie abließ und nur noch versuchte, die Schläge mit seinem Arm abzuwehren. Uther trat Iven im gleichen Zug seitlich gegen das gesunde Knie. Reflexartig umfasste Iven auch diese schmerzende Stelle, während Uther frontal zu weiteren Schlägen ausholte. Einer traf Iven an der rechten Schläfe, aber bevor ein zweiter folgte, erhob Iven beide Arme und senkte seinen Kopf.

    Gab er auf?

    Nathalie konnte sehen, wie Prinz Iven tief ein – und ausatmete. Er kam ihr völlig erschöpft vor.

    Uther hielt inne und wartete ab.

    „Ich gebe auf!“, gab Iven stöhnend von sich und spukte Blut auf den Sand. „Ich möchte das Feld einigermaßen lebendig verlassen.“

    Kaum hatte der Prinz von Ulmenthal dies ausgesprochen, erhob sich die Menge und feierte den Gewinner. In einem etwas ungleichmäßigem Chor wiederholten sie dessen Namen und stampften mit den Füßen auf. Selbst der König stand auf und applaudierte ausgiebig.

    Ich frage mich gerade, wie Prinz Thorben da mithalten soll. Das Turnier ist sicher nicht für einen Magier ausgelegt. Und dann stellt sich die Frage, ob Thorben überhaupt Magie benutzen darf, um hier den Sieg zu erringen :hmm:

    Das kann ich dir beantworten. :D

    :rofl: Ich mag Uther.

    Das war trocken, wah?! :rofl:


    Prinz Thorben sah Uther hinterher, als dieser das Feld verließ, um für ihn Platz zu schaffen. Allerdings schien der Prinz aus Eichenhain nicht beeindruckt zu sein. Er verweigerte sogar die Waffen, die ein Diener ihm reichen wollte.

    Nathalie konnte sich nicht vorstellen, dass Prinz Thorben die Schnelligkeit von Prinz Uther schlagen konnte. Allerdings wurde sie eines Besseren belehrt, nachdem ihr Vater die Pauke geschlagen hatte.

    Prinz Thorben streckte seine Hand aus und sein Gegner fiel daraufhin ohne Kampf vornüber. Diesmal war die Stille greifbar.

    Anscheinend vermisste der Prinz seinen Jubel und er drehte sich einmal um sich selbst. „Er war müde!“, rief er aus, und jedem wurde klar, dass der Prinz sein magisches Talent benutzt hatte.

    Allerdings erntete der Prinz dafür nur wenig Applaus. Irgendwie schienen die Menschen von einer anderen Art Kampf ausgegangen zu sein.

    König Eckbert richtete sich auf. „Damit hat Prinz Thorben diese Prüfung für sich entschieden“, verlautete er. „Beim Zweikampf sind die magischen Fähigkeiten gleichwertig den Kampffertigkeiten mit der Waffe! Aber nur im Zweikampf!“

    Die beiden anderen Prinzen sahen sich sichtlich überrascht an. Prinz Iven zog sich wütend sein weißes Hemd über den Kopf und warf es vor sich in den Sand. Es war vermutlich den Zurufen der weiblichen Zuschauerinnen zu verdanken, dass er kurz darauf sein Lächeln wiederfand.

    Während dieser Anblick auch die Zofen zum Kichern brachte, allen voran Odette, konnte Nathalie nur daran denken, dass der Prinz einen ordentlichen Sonnenbrand riskierte. Die Muskeln und die Statur hatte sie nicht anders erwartet.

    Die dritte Disziplin war das Wettlaufen. Alle Prinzen stellten sich am linken Ende des Feldes in gleicher Höhe auf und derjenige, der zuerst das andere Ende erreichte, war der Sieger.

    Diesmal glaubte die Prinzessin, den Sieger bereits zu kennen. Prinz Iven wirkte ob seines Körperbaus viel zu schwerfällig, um ein schneller Läufer zu sein, und Prinz Thorben war doch etwas rundlicher als Prinz Uther.

    Und so war es auch. Kaum hatte König Eckbert die Pauke geschlagen, überholte Prinz Uther die restlichen Prinzen. Nathalie war erstaunt, wie schnell der schwarz gekleidete Prinz die anderen hinter sich gelassen und das Ziel erreicht hatte.

    Damit war ein Ausgleich geschaffen. Jeder der Prinzen hatte eine Disziplin gewonnen, und Nathalie wusste, dass es noch vier weitere zu vollenden gab. Unermüdlich ging es daher weiter.

    Als Nächstes stand das Wettreiten an. Und anders als beim Kampf mit Waffen, trat jeder Prinz auf seinem Pferd an. Jeder gute Reiter wusste, dass die Chancen, auf einem fremden Pferd zu gewinnen, nicht gut waren. Viele Pferde begrüßten keine Fremden auf ihren Rücken. Um in dieser Prüfung eine einigermaßen ausgeglichene Situation zu bieten, durfte jeder sein eigenes Pferd reiten.

    Die Strecke ging einmal um das Festgelände herum. Deshalb hatte man das linke und rechte Ende des Feldes offengelassen.

    Die Prinzen sattelten auf, und König Eckbert schlug kurz darauf die Pauke. Als hätte der Wind dieses Tages nicht gereicht, wirbelten die Pferde Unmengen von Staub auf.

    Nathalie richtete sich leicht auf, um etwas über den Staub hinwegsehen zu können. Als die Prinzen das Feld verließen, waren sie alle noch gleichauf. Jedoch, als sie nach einiger Zeit auf der anderen Seite wieder reingeritten kamen, war Prinz Iven in Führung; knapp gefolgt von Prinz Uther.

    Es schien, als war der Rappe von Prinz Uther schwerfälliger als das schmalbeinige Reittier seines Gegners und verlor deshalb, wenn auch knapp.

    Prinz Thorben kam vielmehr ins Ziel getrabt, anstatt galoppiert. Anscheinend war der Prinz kein sonderlich sicherer Reiter, sodass er erst gar nicht versuchte, um jeden Preis zu gewinnen. Sehr getroffen davon war er aber nicht. Er stieg lachend vom Pferd und gratulierte dem Gewinner. Iven wirkte aber nicht, als gab er viel auf die Glückwünsche des Geistmagiers. Er winkte ab, nahm aber den Handschlag von Prinz Uther entgegen. Die beiden Prinzen schienen den Einsatz des anderen nicht zu mögen. Nathalie glaubte, den Grund zu kennen. Sie waren Menschen, so wie die meisten hier. Ein Geistmagier war eine andere Art Gegner.

    Trotzdem entschied Prinz Iven erneut eine Disziplin für sich.

    Nathalie sah rechts neben sich und beobachtete Odette. Diese hatte bereits ihre Hände zu Fäusten geballt in ihrem Schoß ruhen.

    „Geht es Euch gut?“, wollte die Prinzessin leise wissen, und Odette sah sie an.

    „J... Ja, Euer Hoheit. Warum sollte es mir nicht gut gehen?“

    „Weil ich mir vorstellen könnte, dass Prinz Iven nicht der Mann ist, den Ihr als Gewinner sehen möchtet“, antwortete Nathalie absichtlich so leise, dass es nur Odette vernahm.

    Die Zofe lief rot an. „Macht Euch darüber keine Sorgen. Ich weiß, weshalb die Prinzen hier sind, ungeachtet dessen, ob ich einen von ihnen mag oder nicht.“

    Nathalie nickte verstehend. Sie gab sich mit der Antwort ihrer Zofe zufrieden, aber in ihrem Inneren hoffte sie beinahe, dass Prinz Iven nicht gewann. Natürlich war er hübsch anzuschauen, schien sehr freundlich zu sein und mehr konnte eine Prinzessin von einem Prinzen kaum verlangen ... Aber Nathalie wollte nicht, dass das bedeuten würde, dass ihre Zofe unglücklich war. Odette selbst kam aus adligem Haus. Es wäre ein Leichtes für einen Prinzen, sie zu ehelichen, wenn er denn frei war.

    Seufzend wandte sich die Prinzessin wieder dem Feld zu, auf dem Gewinner und Verlierer gegeneinander antreten mussten.

    Bei einem Blick auf die Tafel fiel dabei jedem auf, dass Prinz Iven nun den Wettkampf beinahe für sich entscheiden konnte. Er hätte dann bereits zwei Disziplinen mehr gewonnen als der Rest.

    Wie bei dem Einzelkampf vom Anfang wurden die Prinzen bewaffnet, aber diesmal mit einer Lanze. Wobei die Waffe mehr einem Holzstab glich.

    König Eckbert betätigte die Pauke, und umgehend hielt Prinz Iven auf Thorben zu. Wie schon zuvor, verschwendete Iven keine Zeit, seinen Gegner anzugreifen.

    Prinz Thorben wich zurück, als Prinz Iven ihm dessen Stab zum ersten Mal entgegenschlug, aber beim zweiten Mal ergriff er diesen.

    Aber anstatt weiter anzugreifen, blieb Prinz Iven vor Thorben stehen. Der hochgewachsene Mann bewegte sich keinen Schritt mehr, während es aussah, als würde der Geistmagier mit ihm reden.

    „Wieder seine Magie?“, fragte Sonia.

    „I... Ich weiß es nicht“, stammelte Nathalie. „Es sieht so aus.“

    „Aber wie kann das einen Mann wie Prinz Iven beeinflussen?“, wollte Odette wissen. „Hieß es nicht, dass das nur ginge, wenn der Geist des Gegenübers schwach genug ist oder er es wollen würde?“

    Astrid lachte hämisch. „Vielleicht besitzt Euer Favorit nur Muskeln am Körper, aber nicht oberhalb des Halses.“

    Diese Vorstellung entlockte Sonia und Nathalie ein Lachen, wohingegen Odette gebannt auf das Feld schaute.

    Die jungen Frauen sahen dabei zu, wie Prinz Thorben den viel größeren Gegner wie eine Statue dastehen ließ. Als er sich anscheinend sicher war, dass keine Gefahr mehr von Prinz Iven ausging, schmiss er dessen Stab zur Seite. Er umkreiste den Prinzen und schlug ihm mit voller Wucht in die Kniekehle, wodurch Prinz Iven auf die Knie fiel wie ein Sack Mehl. Danach brauchte Thorben ihm nur noch einen Stoß zu verpassen, sodass Iven zur Seite umfiel.

    Jedoch blieb auch dieses Mal ein überschwänglicher Jubel aus. Vereinzeltes Klatschen war zu vernehmen, und das wurde von Flüstern abgelöst, als Prinz Iven aus seiner Starre erwachte. Er richtete sich auf, und jeder, der freien Blick auf das Feld hatte, erkannte die bebenden Unterkiefer des Prinzen aus Ulmenthal. Sichtlich erbost nahm er seinen Stab in seine Hand und verließ geradezu trotzig den Platz.

    „Hat Prinz Uther überhaupt eine Chance gegen den Geistmagier?“, fragte sich Nathalie leise.

    „Wenn er nicht gewinnt, dann scheidet er aus. Er müsste zwar noch gegen Prinz Iven kämpfen, aber das wäre nur eine Phrase. Prinz Uther könnte dann genauso gut Prinz Iven einfach gewinnen lassen, damit Euer Ehemann nicht Prinz Thorben wird“, antwortete Astrid und schluckte trocken.

    Prinz Uther schien es nicht eilig zu haben, gegen Prinz Thorben anzutreten. Er wartete ab, bis Iven den Platz gänzlich verlassen hatte. Er streckte sich und stieß sich dann gelassen von der Holzumzäunung ab. Aber bevor er den Holzstab ergriff, fasste er sich an seine Augenklappe und zog sie sich vom Kopf. Erst dann ließ er sich seine Waffe reichen.

    Jetzt erkannte Nathalie, dass der Prinz nicht auf einem Auge blind war, sondern sein zweites Auge verbarg. Sie starrte in ein hellgelbes Auge, das eine schwarze Pupille im Zentrum besaß.

    „Ich ... Ich hab schon mal von so etwas gehört“, stieß Sonia hektisch aus. „Das ist ein magisches Tran ... Trans ...“

    „Transplantat!“, vervollständigte Astrid ihren Satz.

    Nathalie schaute zu ihren Zofen. „Es ist magisch?“

    „Das Auge selbst nicht, nein, aber wie es eingesetzt wird. Meist, wenn jemand eines durch einen Kampf oder Unfall verloren hat“, erklärte Astrid weiter. „Erinnert Ihr Euch noch an den Müller? Er hatte zwei unterschiedliche Augenfarben. Das eine Auge hatte er sich von einem Magieheiler ersetzen lassen, nachdem ein Pferd ihn getreten hatte. Allerdings war sein Auge das eines verstorbenen Menschen.“

    Nathalie erinnerte sich daran und starrte Astrid mit offenem Mund an. Allerdings beantwortete das nicht die Frage, von welchem Wesen Prinz Uther sein Auge hatte. „Kann ihm das gegen Prinz Thorben helfen?“, fragte Nathalie, und Astrid schüttelte mit ihrem Kopf.

    „Nicht, dass ich wüsste“, gestand sie.

    Prinz Uther stellte sich unweit von Thorben auf und ließ seinen Nacken kreisen. Dafür, dass er wusste, was ihn erwartete, gab sich Prinz Uther genauso wenig beeindruckt von Prinz Thorbens Fähigkeiten, wie dieser zuvor von Ivens Körperkraft.

    „Nettes Auge“, rief Thorben Uther zu und lachte. „Allerdings wird Euch das Körperteil eines Wolfes auch nicht gegen Magie beschützen.“

    Das Auge eines Wolfes? Hatte das Nathalie richtig verstanden? Warum sollte sich ein Mann seines Standes ein Tierauge einsetzen lassen?

    Die Pauke erklang und Prinz Uther schmiss seinen Stab zur Seite, während Prinz Thorben seinen Arm ausgestreckt in seine Richtung hielt. Hatte der Geistmagier nun auch den letzten Kontrahenten in seinem Bann?

    Nathalie hielt es vor Spannung nicht mehr auf ihrem Sitz und sie erhob sich. „Bewegt Euch! So zu verlieren ist ...“

    Irgendetwas schien nicht zu stimmen. Prinz Thorben ließ seine Hand sinken und erhob sie ein weiteres Mal.

    „Nette Zaubertricks“, rief Prinz Uther. „Die werden Euch aber auch nicht vor einem Schlag in Eure überhebliche Visage retten.“

    „Wie ist das möglich?“, verlangte Prinz Thorben zu wissen und versuchte immer wieder Besitz von Prinz Uther zu ergreifen – vergebens.

    Der Prinz von Bärenfels wollte seinen Gegner aber anscheinend nicht unwissend verlieren lassen. Also war er es diesmal, der sein Hemd über seinen Kopf zog und achtlos zur Seite schmiss.

    Nathalie lehnte sich neugierig an das Geländer vor sich und betrachtete den Oberkörper des Prinzen. Überall zogen sich feine weiße Linien über seine sonnengebräunte Haut, die aber nicht aufgemalt waren. Es waren Narben. Die Prinzessin erkannte sofort, um welche Zeichen es sich handelte. Es waren die Runen, die gegen Magie eingesetzt wurden. Kreise und Linien, die zusammen ein einziges Bild ergaben.

    „Das muss unheimlich schmerzhaft gewesen sein ...“, vermutete Nathalie.

    „Es kann einen Mann töten.“, erklärte Königin Marlen ihrer Tochter. „Es nennt sich das Eiserne Ritual. Diese Runen schützen den Träger auch vor Magie, die nicht sichtbar ist. Wie Geistmagie. Anders, als bei einem Schild, den ein Ritter oder Soldat verlieren kann und der ausschließlich gegen elementare Magie geeignet ist. König Ansgar ließ das Ritual schon über sich ergehen, bevor er gegen deinen Großvater gekämpft hatte.“

    Nathalie wandte sich wieder dem Feld zu.

    Prinz Uther setzte sich in Bewegung und ging direkt auf Prinz Thorben zu. „Wagt es nicht, Euch jetzt feige in den Sand zu setzen!“, brüllte er. „Dann zerre ich Euch trotzdem an Eurem fetten Hintern über den Sand!“

    Prinz Thorben sah sich um und hielt nun doch den Stab schützend vor sich. „Es ist mein gutes Recht, aufzugeben!“, erwiderte er.

    Prinz Uther stand beinahe direkt vor ihm, als der Geistmagier metaphorisch seine Beine in die Hand nahm und einfach davonrannte. Die Menge lachte aus vollem Hals, und Prinz Uther blieb für einen Moment sichtlich verwirrt stehen, bevor er ebenso losrannte. „Das wird Euch auch nicht helfen!“

    Auch Nathalie konnte nicht anders, als zu lachen. Es tat ihr für den Prinzen aus Eichenhain leid, aber in Anbetracht von Prinz Uthers Wolfauge, wirkte es so, als würde ein Wolf ein kleines, dickes Wildschwein jagen. Nur hatte man dem Eber die Hauer gezogen.

    Es dauerte nicht lange, da hatte Uther seinen Gegner eingeholt und riss ihn an dessen Hemdkragen zurück. Gleichzeitig holte der Prinz aus und schlug Thorben seine geballte Faust ins Gesicht. Ohne Umschweif ging der Geistmagier zu Boden, und die Menge tobte.

    Selbst Prinz Iven riss seine Arme hoch und jubelte. Er schien erleichtert zu sein, dass somit der Geistmagier ausgeschieden war.

    Der Satz stört mich allerdings ein wenig, da Nathalie bis zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Möglichkeit hatte, die Prinzen persönlich kennen zu lernen. Die Berichte ihrer Zofen waren jetzt nicht gerade umfassend. "Beinahe" könnte Nathalie aber in den Fokus stellen, da sie der "Preis" für den Gewinner ist. Ohne Schweiß kein Preis oder so.

    Ich hab den Satz rausgenommen. Vielleicht fällt mir irgendwann beim Überarbeiten ein besserer Übergang ein. :D

    So, jetzt kommen wir an den Part, der sicherlich interessanter ist :rofl:


    Kapitel 2 – Das Turnier


    Sie alle betrachteten mit großen Augen den Turnierschauplatz und begaben sich in Begleitung einiger Wachen zu ihren Sitzplätzen. Königin Marlen saß bereits auf ihrem Platz und nahm ihre Tochter lächelnd in Empfang. Wie der König und die Königin, saßen die Prinzessin und ihre Zofen etwas erhöht am Rand des sandigen Platzes. So, dass sie alles sehen konnten, aber nicht direkt Gefahr liefen, von einem verirrten Holzschwert getroffen zu werden.

    Astrid entdeckte die Prinzen am gegenüberliegenden Geländer zuerst. „Sie tragen gar keine Rüstungen“, sagte sie und wirkte verwundert.

    Nathalie lachte auf. „Nein“, antwortete sie. „Bei dieser Hitze wäre das wohl auch unerträglich. Außerdem kämpfen sie nicht mit echten Waffen. Eine Robe aus leichtem Stoff reicht.“

    Die Prinzen unterhielten sich, aber über was, bekamen die jungen Frauen nicht mit. Dazu standen sie zu weit entfernt. Es machte aber den Eindruck, als wünschten sie sich gegenseitig viel Glück, denn sie gaben sich die Hände und liefen danach auseinander.

    König Eckbert fand sich auf seinem Platz ein. Direkt neben seiner Königin. Lächelnd sah er zu seiner Tochter, die etwas entfernt von ihrer Mutter saß.

    „Heute seht Ihr schon viel gesünder aus“, sprach er mit warmer Stimme, und Nathalie nickte.

    „Die erste Aufregung ist verflogen“, antwortete die Prinzessin, wissend, dass ihr Vater das hören wollte. Ihm zu gestehen, dass sie am liebsten schreiend davonlaufen wollte, konnte sie nicht. Es gab dazu eigentlich auch gar keinen Grund. Nathalie wusste, seit sie klein war, dass dieser Tag kommen würde. Sie hatte nichts dagegen, verheiratet zu werden. Es war nur die Spannung darüber, wer ihr Ehemann werden würde. Bei dem Turnier zuzusehen war dabei schlimmer, als es irgendwann von anderen zu erfahren.

    Der König blieb stehen und überschaute das Feld. Eine Pauke befand sich neben ihm, die den Beginn einer jeden Prüfung einleitete. Natürlich folgte zunächst wieder eine Rede des Königs, aber diesmal sah er davon ab, sonderlich ausführlich zu werden. Er stellte die Prinzen für das gemeine Volk vor, die um die Hand seiner Tochter kämpften, und wünschte jedem von ihnen gleichermaßen gutes Gelingen, bevor er sich setzte.

    Diener des Schlosses stellten unterdessen die Ziele der ersten Disziplin auf und entfernten sich rasch wieder vom Feld. Alles sah danach aus, als würden die Prinzen zunächst in der Kunst des Bogenschießens geprüft.

    Nathalie rutschte unruhig auf ihrem gepolsterten Stuhl herum und knetete nervös den Stoff ihres weißen Kleides.

    „Nicht! Ihr verknittert das Kleid“, flüsterte Sonia und reichte der Prinzessin stattdessen ein Taschentuch.

    Nathalie nahm es gerne an, denn irgendwie musste sie ihrer Nervosität freien Lauf lassen.

    Nach kurzer Zeit fanden sich die Prinzen wieder auf dem Feld ein und begaben sich zu den bereitgestellten Bögen, von denen jeder gleich war. Niemand sollte dem anderen unterstellen können, sich durch die Machart einen Vorteil verschafft zu haben.

    Jeder der Prinzen griff zu einem Pfeil. Sie durften insgesamt drei Mal schießen und der Pfeil, welcher der Mitte am nächsten war, wurde gewertet.

    Die zuschauende Menge brach in heiteres Gelächter aus, als alle sahen, wie unbeholfen Prinz Thorben versuchte, seinen Bogen zu spannen. Etwas, das den anderen beiden weitaus leichter fiel. Nathalie hatte auch mal versucht, mit solch einer Waffe zu schießen, aber ihre Kraft hatte nicht ausgereicht, um die Sehne zu spannen. Sie erinnerte sich noch gut an die Schmerzen in der Schulter beim alleinigen Versuch, einen Pfeil abzuschießen. Ähnlich ging es anscheinend Thorben, dessen Pfeil zudem immer wieder nach unten abfiel.

    Ungeachtet der Ungeschicklichkeit des Prinzen, schlug König Eckbert auf die Pauke, wonach das surrende Geräusch der Pfeile die Luft erfüllte.

    Prinz Thorbens Pfeil schaffte es lediglich zwei Schritte vor seine Füße. Die anderen beiden jeweils einen Schritt weiter.

    Prinz Iven und Prinz Uther schossen ihre Pfeile nacheinander treffsicher ab und verfehlten ihr Ziel nicht. Einer der Pfeile von Iven durchbrach sogar das Ziel; mit solcher Kraft war das Geschoss auf die hölzerne Zielscheibe getroffen.

    Die Bediensteten konnten nicht sofort sagen, wer die Prüfung gewonnen hatte. Sie mussten ein Maßband benutzen, um den Gewinner zu ermitteln. Aber zum Schluss hoben die Diener das Wappen des Habichts nach oben, was bedeutete, einer von Prinz Ivens Pfeilen war näher an der rot gefärbten Mitte. Ein Diener, der die ganze Zeit auf einem hölzernen Podest unterhalb einer Tafel stand, hängte dann die erste Sonne neben Prinz Ivens Namen.

    Alle Anwesenden jubelten, außer die Zofen und die Prinzessin. Irgendwie kam es ihnen allen falsch vor, jemanden durch Jubel zu begünstigen. Aber bei einem Blick zur Seite, erkannte Nathalie, dass Odette nicht nur nicht jubelte, sondern nachdenklich auf ihre Hände starrte. Die Prinzessin kam nicht umhin, zu bemerken, dass Odette vom Sieg Ivens nicht sonderlich begeistert war. Empfand die Zofe vielleicht wirklich etwas für den Prinzen? Nathalie konnte nicht sagen, was sie davon halten sollte. Diese Männer waren hier, um sie zu heiraten, nicht einer ihrer Zofen. Für einen Moment wollte etwas Ähnliches wie Eifersucht in der Prinzessin aufkeimen, aber das erstickte sie im Keim. Nathalie wusste, dass niemand etwas dafür konnte, in wen man sich verliebte. Außerdem hatte sie Odette gestattet, mit Prinz Iven zu sprechen. Wenn überhaupt war sie jetzt für die Laune ihrer Zofe verantwortlich.

    Die Pauke erklang erneut, und Nathalie schrak auf. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass es bereits weiterging.

    Prinz Iven stand als Gewinner der letzten Disziplin als Erstes auf dem Feld und sollte gegen einen einzelnen Mann, ebenfalls ohne Rüstung, einen Zweikampf bestreiten. Nach ihm mussten das auch alle anderen Anwärter tun. Ein Diener drehte daher eine Sanduhr herum, die den Gewinner anhand der Schnelligkeit ermitteln sollte.

    Prinz Iven hielt auf den viel kleineren Gegner zu, der die weise Entscheidung traf, sich zu verteidigen, anstatt in den Angriff überzugehen.

    Beide Gegner waren lediglich mit einem Schild und einem Holzschwert bewaffnet und es galt, den jeweils anderen zu Fall zu bringen.

    Prinz Iven schlug mit dem Schwert mehrfach auf den Schild des anderen ein, sodass sein Gegner wiederholt zurückgeworfen wurde. Die Wache wich irgendwann aus und schlug dem Prinzen mit seinem Schwert in die Kniekehle, sodass Iven beinahe zu fallen drohte. Hastig drehte sich der Prinz um und benutzte seinen Schild als Ramme. Dem hatte der schwächere Mann nichts entgegenzusetzen und landete auf seinem Hintern. Wieder wurde gejubelt, während sich die jungen Frauen fragten, ob solch ein Kampf schneller zu gewinnen war.

    Danach war Prinz Uther dran. Ohne irgendeine Miene zu verziehen, stellte er sich die fünfzehn Schritte von seinem Gegner entfernt auf und wog das Holzschwert in seiner Hand. Der König schlug die Pauke, und noch bevor Uthers Gegner Haltung annehmen konnte, schmiss der Prinz das Schwert und traf seinen Gegner mit dem Knauf direkt an der Stirn.

    Jeder hielt den Atem an.

    „Ist das erlaubt?“, fragte Astrid in die Runde, aber die jungen Frauen konnten nur mit ihren Schultern zucken.

    Prinz Uthers Gegner fiel rückwärts um und galt damit als besiegt.

    Augenblicklich mischte sich in den Jubel auch Lachen, während andere Wachen den Mann an seinen Füßen vom Platz zogen.

    „Ich hoffe, dem armen Mann geht es gut“, flüsterte Sonia besorgt.

    „Sieh doch ...“, antwortete Odette und zeigte auf die Wachen, die dem Ohnmächtigen einen Eimer Wasser über den Kopf schütteten. Daraufhin schreckte die Wache auf. Es schien ihr gut zu gehen, auch wenn eine große Beule an der Stirn zu sehen war.

    Nathalies Blick wanderte ungewollt zu Astrids Beutel, in der sich noch die Axt befand. So zielsicher, wie Prinz Uther im Werfen war, keimte in ihr der Verdacht auf, dass es vielleicht doch nicht Prinz Iven gewesen war, der die Axt geworfen hatte. Aber Prinz Uther hatte bisher nicht ein Mal zur Tribüne gesehen ... Würde ein Mann, der heimlich einer Frau Blumen überbringt, sie nicht auch ansehen? Anstatt Antworten zu erhalten, kamen immer mehr Fragen auf.

    Du hast Nathalies Stimmung gut eingefangen, dieses Nachdenkliche, Abschied nehmende. Ein Verehrer, der die Blumen per Axt wirft - scheint ja eher ein wortkarger Typ zu sein.

    Danke :love: Na jaaa, es darf ja keiner mit ihr reden. :pardon: Einer hats halt anders versucht. xD

    Ich musste nur bei der Beschreibung der Blumen lachen. "Werden gerne im Topf verschenkt!" ODER mit Äxten. Sollte man ab jetzt hinzufügen.

    Bwahahaha, das ist die Art Romantik die ich liebe. Blumen durch eine Wurfaxt überreicht - genau mein Geschmack! :thumbsup: Ich denke mehr und mehr, dass Prinz Uther einfach die Sorte Mann ist, der es sehr sehr schwer fällt, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen oder über jene zu reden.

    Zu gut, Jen, einfach zu gut!

    Schön, dass euch allen die Idee gefallen hat. xD Das kam mir ganz spontan - also musste es passen. Bzw. Wenn der besagte Charakter im Hinterkopf meint, er würde es so machen. Sind wir mal froh, dass er nicht mehrere Äxte für einen Strauß brauchte. xD


    So, heute gibts den Rest von Kapitel 1 :D


    Bevor die Blumen zu welken begannen, steckte Nathalie sie in eine Vase. Die Axt legte sie auf ihre Anrichte, bevor sie sich erneut hinlegte.

    Jetzt quälten sie neue Gedanken und raubten ihr den Schlaf. Thorben hatte die Axt sicherlich nicht geworfen. Ihre Mutter hatte erwähnt, dass er nie in der Handhabe von Waffen ausgebildet worden war. Vermutlich würde er so zielgenau werfen wie Nathalie selbst. Zur Auswahl standen demnach nur Prinz Iven und Prinz Uther. Iven war sicherlich groß und stark genug, eine Axt zu werfen. Ihre Mutter sagte immerhin über ihn, dass er freundlich sei. Vielleicht war es einem naiven Gedanken geschuldet, dass er dachte, eine Axt sei eine gute Möglichkeit, Blumen ungesehen zu überbringen. Und Uther? Er machte nicht den Eindruck, als würde er sich viel aus Gesten oder gar Blumen machen. Dann hätte er ebenso mit Astrid sprechen können und nicht einmal das hatte er getan.

    Nathalie gähnte und drehte sich auf die Seite. Dann blieb nur Prinz Iven übrig. Mit dieser vagen Erkenntnis schlief sie schlussendlich ein.

    Der Morgen kam rasch und das ganze Schloss war in hellem Aufruhr. Aber bevor Nathalie von ihren Zofen geweckt wurde, wachte sie bereits von alleine auf, da sie lautstark Astrids Stimme vernehmen konnte. Schlaftrunken schob die Prinzessin ihre Beine vom Bett und schlurfte zur Tür, wo sie immer deutlicher ihre Zofe schimpfen hören konnte.

    „Was denkt Ihr Euch dabei?“, krakeelte Astrid und hielt Odette an ihrem Arm fest, die anscheinend in Nathalies Zimmer wollte.

    „Ist etwas passiert?“, fragte Nathalie und rieb sich dabei den Schlaf aus den Augen.

    „Fräulein Odette hat fast die ganze Nacht mit Prinz Iven gesprochen. Das war aber nicht ihre Aufgabe!“, schimpfte Astrid weiter, während auch Sonia die Tür von ihrem Zimmer öffnete.

    „Genau das war meine Aufgabe!“, widersprach Odette.

    „Aber nicht bis zum Morgengrauen! Was sollen die anderen Menschen in diesem Schloss denken, wenn Ihr dem Anwärter schöne Augen macht?“ Astrids Gesicht lief rot an.

    Nathalie hatte sie selten so wütend erlebt, und Sonia wirkte vollkommen eingeschüchtert.

    „Wir haben nur geredet!“, erklärte Odette weiter. „Und es war sicherlich nicht bis zum Morgengrauen. Sonst wäre ich nicht bereits umgezogen und bereit, unsere Hoheit einzukleiden.“

    Odette riss ihren Arm los und begab sich an Nathalie vorbei in deren Zimmer.

    Die Prinzessin sah ihr hinterher und folgte der Zofe schließlich. „Und? Was gibt es über Prinz Iven zu berichten?“, fragte Nathalie.

    „Dass Ihr Euch glücklich schätzen könnt, wenn er das Turnier gewinnt“, antwortete Odette und brachte warmes Wasser heran, um die Wanne damit zu füllen.

    „Da habt Ihr viel herausgefunden, Fräulein Odette“, kam Nathalie ungewollt sarkastisch über die Lippen.

    Odette schrak auf und sah die Prinzessin an. „Verzeiht, ich meine, er hat eine sehr angenehme Art und einen überaus erfrischenden Humor. Er ist sehr klug und belesen. Er wirkt geradezu unbesiegbar.“

    Nathalie nickte. „Wir werden sehen ...“

    Sonia und Astrid kamen auch ins Zimmer, aber Astrid sprach kein Wort mit Odette. Das war das erste Mal in zehn Jahren, dass das vorkam. Das machte Nathalie noch nervöser. Sie wollte nicht, dass sie alle am morgigen Tag in Streit auseinandergingen. Der Gewinner des Turniers würde Nathalie mit in sein Reich nehmen, wo sie in den dortigen Gepflogenheiten bis zur Hochzeit unterrichtet würde.

    „Es ist nicht Fräulein Odettes Schuld, sondern meine“, versuchte Nathalie zu schlichten. „Ich habe euch losgeschickt.“

    „Fräulein Odette ist klug genug, um zu wissen, wann sie Grenzen überschreitet“, schmetterte Astrid den Versuch der Prinzessin ab.

    Odette schwieg dazu. Vermutlich ahnte die Zofe, dass sie die Zeit nicht hätte vergessen dürfen.

    Sonia räusperte sich, nachdem Nathalie die Wanne bestiegen hatte. „Prinz Thorben rechnet sich übrigens keine großen Chancen gegen seine Kontrahenten aus“, erzählte sie. „Aber er wird nichts unversucht lassen, um das Turnier für sich zu entscheiden.“

    „Und wie ist er? Sein Charakter, meine ich“, hakte Nathalie genauer nach.

    Sonia überlegte zunächst. Anscheinend wusste sie nicht genau, wie sie den Prinzen von Eichenhain beschreiben sollte. „Er hat auch Humor“, begann sie, aufzuzählen. „Er erzählt gerne lustige Geschichten. Mehr kann ich zu ihm nicht sagen.“

    Danach schwiegen alle, und die Prozedur des Ankleidens verkam zu einer Tortur. Die Geschichte mit der Axt erzählte Nathalie ihren Zofen nur vage und behielt ihre Vermutung, von wem sie geworfen worden war, für sich. Irgendwie bekam sie ein komisches Gefühl dabei, zu behaupten, Prinz Iven könnte es gewesen sein. Sie konnte das Gefühl nicht benennen; es war ihr fremd. Ein Gefühl, als habe sie ein zu schlechtes Gewissen, es auszusprechen. Astrid war es hingegen egal, wer die Axt geworfen hatte. Sie war fest davon überzeugt, dass der Werfer unter einer Geisteskrankheit litt. Denn eine Prinzessin einer solchen Gefahr auszusetzen, ging gegen alles, was man den hohen Herren anerzogen hatte. Deswegen verstaute Astrid die Axt in einem Beutel und wirkte, als wollte sie die Waffe dem Besitzer auf gleicher Weise zurückgeben.

    Nathalie war bei der anhaltenden Stimmung beinahe froh, als sie alle endlich in der Kutsche saßen und ins Tal fuhren. Dort hatte König Eckbert auf einem großen Platz vor Efrenheim alles für das Turnier herrichten lassen. Zuschauertribünen und Zelte waren schon vor Tagen aufgebaut worden, aber Nathalie hatte das alles bisher nicht zu Gesicht bekommen. Die Flaggen mit den Wappen aller Anwesenden flatterten im überaus böenhaften Wind, und selbst nicht am Turnier teilnehmende Adlige waren gekommen, um diesem Spektakel beizuwohnen. Der Rest, der nicht anwesend war, würde Kunde über den Ausgang bekommen. So auch die Väter der Anwärter. Ihnen war verboten worden, dem Turnier beizuwohnen, nachdem König Brams Vater, König Ansgar, Nathalies Vater unterstellt hatte, zu betrügen. Der ehemalige Held von Efrenheim konnte sich damals nur schwer die Niederlage seines Sohnes eingestehen – oder sich damit abfinden. Deshalb beschlossen die anderen acht Reiche, dass künftig die Könige in ihren Schlössern bleiben sollten, bevor solche Situationen zu eskalieren drohten. Die Söhne mussten diesen Kampf alleine führen und waren für Sieg oder Niederlage verantwortlich.

    Nathalie stieg aus ihrer Kutsche. Der weiße Stoff ihres Kleides blendete die Prinzessin geradezu. Die nächtlichen Wolken hatten sich verzogen und die heiße Sommersonne brannte erbarmungslos auf sie nieder. Gut war nur, dass Nathalie unter einem überdachten Zelt sitzen würde. Beinahe taten ihr die Anwärter leid, die auf offenem Feld, zwischen Staub und Gras, ihre Waffen schwingen mussten. Aber sie zwang niemanden, an diesem Turnier teilzunehmen. Allerdings hatte die Fahrt ihre Wirkung entfaltet, denn die Zofen vergaßen ihre Streitigkeiten für den Moment.

    Alopex Lagopus Dein Zitat fällt wohl unter Läster-Schwestern. :rofl:

    Ich bin mir nun ziemlich sicher, dass Prinz Uther auch gewinnen wird. Der sieht aus, als ob er nicht nur zu Hause im Graten Holzschwerter geschwungen, sondern in schon etwas heftigeren Auseinandersetzungen gekämpft hat. Ein Turnier sollte für ihn leicht zu gewinnen sein.

    Dann mal sehen, was die Zofen so über ihn herausfinden können :)

    Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage, dass es vermutlich etwas anders läuft, als du dir das gerade denkst :rofl: Aber ja, Chancen hat er auf jedenfall.

    Ganz ehrlich, bei Prinz Iven muss ich ab und zu an Shrek 2 denken. :patsch: "Tragt Ihr Lipgloss?" "Kirschgeschmack, wollt Ihr probieren?" Und ja, ich weiß, Prinz Iven wird nicht selbstverliebt dargestellt, aber ... ich kann nichts für mein Hirn, dass das alle durch den Kakao zieht.


    Nathalie fiel es wie Schuppen von den Augen. Es gab drei Anwärter und sie besaß drei Zofen. Das passte gut zusammen.

    Natürlich meldete sich Odette umgehend freiwillig, Prinz Iven genauer zu befragen. Sonia bestand umgehend auf Prinz Thorben, sodass für Astrid nur Prinz Uther übrigblieb.

    Astrid rollte genervt mit ihren Augen. „Er wird mich nicht fressen“, sagte sie, aber es wirkte, als würde sie sich das mehr einreden wollen, als dass sie es selbst glaubte.

    „Dann geht!“, scheuchte Nathalie ihre Zofen ungeduldig, und die drei Frauen verteilten sich gleichauf im Sonnensaal.

    Nathalie saß geduldig da und wartete ab.

    Astrid fiel es sichtlich schwer, sich in die Nähe von Prinz Uther zu setzen, der sich nur wenig mit den Männern an seinem Tisch unterhielt. Auch die Weinflasche, die vor ihm stand, fand nur selten den Weg an seine Lippen. Vermutlich wollte er sich nicht betrinken, wenn er morgen kämpfen musste. Allerdings hätte die eine Flasche wohl kaum gereicht, irgendjemanden betrunken zu machen. In ihnen befand sich etwas mehr Wein, als die Diener in einen Becher füllen konnten. Es war ein Wiedererkennungszeichen für diese bestimmte Sorte, dass sie nicht in einem Fass mitten im Raum stand. Der Wein symbolisierte zudem das vergossene Blut im Tal von Efrenheim. So ziemlich jeder in diesem Saal hatte jemanden bei der Schlacht verloren, weswegen der Wein ausschließlich für die Männer war; jene waren immerhin dort gefallen und deshalb nur ihren Nachkommen vergönnt, den Wein zu trinken.

    „Es war ein kluger Zug, Eure Zofen zu den Prinzen zu schicken“, flüsterte Königin Marlen ihrer Tochter zu. „Aber bedenkt, dass das Bild, das sie von einer Person haben, nicht das Bild sein muss, dass Ihr haben werdet.“

    Nathalie lächelte. „Ich weiß“, antwortete sie, „aber für einen ersten Eindruck wird es reichen.“

    „Dann hättet Ihr auch mich fragen können“, wandte die Königin ein. „Immerhin kenne ich die Prinzen persönlich.“

    Nathalie starrte ihre Mutter an. Natürlich kannte sie die Prinzen. Ihr war es nicht verboten gewesen, allerhand Feste zu besuchen. „Und?“, fragte sie lauter als gewollt. „Welchen Eindruck machen sie auf Euch?“

    Die Königin lachte. „Das Einzige, das Ihr wissen müsst, ist, dass es keine falsche Wahl gibt. Sie alle besitzen ihre Vorzüge, aber auch ihre Nachteile. Prinz Thorben ist weise und geduldig, allerdings ist er wegen seiner magischen Fähigkeiten nie im Kampf ausgebildet worden. Militärische Strategien sind nicht sein Fachgebiet. Prinz Iven ist gütig und freundlich, aber auch etwas naiv. Er ruht sich sehr auf seiner körperlichen Überlegenheit aus. Prinz Uther ist still, er wirkt fast etwas streng, aber dafür ist er ein guter Anführer. Und damit habe ich schon mehr verraten, als ich sollte.“

    Nathalie wandte ihren Blick den Feiernden zu. Sonia lauschte sichtlich interessiert Prinz Thorbens Geschichten. Er schien den ganzen Tisch zu unterhalten, denn immer wieder schienen die Menschen zu lachen oder auf irgendetwas anzustoßen. Genaueres bekam die Prinzessin aber wegen der lauten Musik nicht mit. Prinz Iven widmete sich Odette. Anscheinend verstand er die Absicht der Zofe, denn immer wieder schauten beide zu Nathalie. Allzu naiv schien er dann doch nicht zu sein. Die arme Astrid hingegen pirschte sich an Prinz Uther heran, wie ein Wolf an ein Kaninchen. Zuerst saß sie sechs Sitzplätze rechts von ihm, nun waren es nur noch drei. Aber kaum stand einer der Männer auf, sodass Astrid nur noch zwei Sitzplätze entfernt war, richtete sich Prinz Uther auf, ging zu Astrid und flüsterte ihr etwas zu, ehe er aus dem Saal verschwand. Nicht nur Astrid schaute verwirrt drein. Auch Nathalie verstand nicht, was los war.

    Zögerlich stand Astrid auf und kehrte zur Prinzessin zurück.

    „Was hat er gesagt?“, wollte Nathalie umgehend wissen, und Astrid atmete tief ein.

    „Er meinte, dass wir unser kindisches Spiel bei ihm vergessen könnten“, antwortete Astrid kleinlaut.

    Nathalie zog überrascht ihre Brauen hoch. „I... Ich hörte bereits, dass er ... streng sein soll.“

    „Streng waren unsere Lehrer, aber selbst diese würden bei diesem Fest keine Miene ziehen, als hätte ihnen jemand ihre Bücher gestohlen.“

    „Sehr klug von Prinz Uther, sich bereits zurückzuziehen“, lallte König Eckbert, während er von den Gästen kurz abließ und zu seiner Familie kam. „Er will sicherlich ausgeruht sein, sobald das Turnier beginnt.“

    „Das sollte unsere Tochter auch sein“, antwortete die Königin und wandte sich ihrer Tochter zu. „Die morgige Feier wird sicherlich bis in die Morgenstunden andauern.“

    Nathalie sah sich um. Ihre Mutter hatte recht. Zudem saß sie ohnehin nur herum. Allerdings wollte sie ihren Zofen nicht verbieten, noch etwas auf dem Fest zu bleiben. Sie selbst konnte getrost zu Bett gehen. Deshalb schickte sie Astrid zu den anderen beiden, um ihnen mitteilen zu lassen, dass sie am nächsten Morgen alles hören wollte, was es zu den Prinzen zu erzählen gab. Danach begleitete lediglich Astrid die Prinzessin zurück zu ihren Gemächern und half ihr aus den Kleidern, bevor sie selbst zu Bett ging.

    Nathalie lag in ihrem Bett und starrte seit einer gefühlten Ewigkeit den Himmel dessen an. Egal, wie sie sich drehte oder hinlegte, sie konnte nicht einschlafen. Zu viel ging ihr im Kopf herum. Noch immer konnte sie die Musik aus dem Saal und die Gespräche hören, was dem Schlaf auch nicht förderlich war.

    Die Prinzessin rollte sich kraftlos aus ihrem Bett; vielleicht würde frische Luft helfen. Nathalie zog sich einen fliederfarbenen Mantel aus Tarlatan über und begab sich zu ihrem Balkon. Leise – damit es keine Zofe mitbekam – zog sie die beiden schweren Holztüren auf, um nach draußen zu gelangen.

    Die Nacht war schwül und es roch nach Regen. Tief sog Nathalie die Luft ein und erhoffte sich so, ruhiger zu werden. Der Blick auf den Schlossgarten und den entfernten Wald beruhigten sie zumindest. Bald würde ein Blick aus dem Fenster eine andere Landschaft zeigen, und sie hoffte, dass er nicht weniger schön war. Vielleicht auf einen kleinen Wald oder einen Teich. Hier oben in den Bergen gab es nur die Bäume, die von Gärtnern gepflanzt worden waren. Um große Wälder zu sehen, musste sie ins Tal. Die Sonnenbergfeste war auf einem Plateau errichtet worden, das viel Platz bot, aber wenig Vielfalt besaß. Das Schloss im Inneren der Festung war dafür noch nicht sonderlich alt. Nicht so alt wie die Mauern und Türme drum herum.

    Nathalie lehnte sich auf das steinerne Geländer und sah ein paar Glühwürmchen zu, die wirr vor ihr herumflogen. Auf den ersten Blick schien nichts diese Ruhe stören zu können, bis Nathalie aus der Ferne Stimmen wahrnahm. In der Dunkelheit des Schlossgartens schienen sich Männer zu unterhalten. Angestrengt lauschte sie den Stimmen, wovon eine lauter war als der Rest, aber erkennen konnte sie aus der Ferne nichts. Es war schlichtweg zu dunkel, und der Mond war von dicken Wolken verhangen. Kurz war sie versucht, nach den Wachen zu rufen, bis sie erkannte, dass die Männer lachten. Es schien sich um Übungskämpfe zu handeln. Denn die deutlichste Stimme korrigierte die Haltung und den Stand der anderen Anwesenden. Das war wohl auch eine gute Methode, um sich müde zu machen. Allerdings kam das für die Prinzessin nicht infrage. Sie musste sich mit dem Blick in die Ferne zufriedengeben.

    Eine ganze Weile hörte sie den Stimmen zu; hörte Holzschwerter aufeinanderprallen oder gelegentlich einen Ausstoß des Schmerzes, auf den meist Gelächter folgte.

    Irgendwann nahm der Wind zu und es wurde kühler. Nathalie zog den Mantel enger um sich, aber mit dem Wind kamen auch die ersten Regentropfen. Es wurde Zeit für sie, sich zurückzuziehen, da sie sich nicht erkälten wollte.

    Ebenso leise, wie sie die Holztüren geöffnet hatte, zog sie jene wieder hinter sich zu und ging ins Bett. Es dauerte nicht lange, da hörte Nathalie in etwas Entfernung bereits das erste Donnergrollen, aber der Regen schien wieder aufgehört zu haben. Vermutlich blieb das Gewitter irgendwo an den Bergen hängen und würde so für noch schwülere Luft sorgen.

    Nathalie hielt sich ihre rechte Hand vor ihr Gesicht; drehte und wendete sie, während winzige Blitze ihre Fingerspitzen berührten. Die Blitze kitzelten und sorgten für ein kribbelendes Gefühl in den Fingern. Die Luft war erfüllt von der Elektrizität, die sie durch das Gewitter heraufbeschwören konnte. Aber plötzlich ertönte ein dumpfer Knall, der Nathalie aufschrecken ließ. Ein Blitz verirrte sich nach oben und durchstach den mit Stoff bezogenen Himmel ihres Bettes. Erschrocken fuhr sie mit ihrer Hand zum Mund und betrachtete das leicht glimmende Loch über sich. Erst im zweiten Moment stand Nathalie eilig auf und ging sicher, dass sie nicht noch ihr Bett in Brand steckte.

    „Was war das?“, fragte sie sich selbst und war sich sicher, dass der Knall aus Richtung des Balkons gekommen war. Noch einmal öffnete sie vorsichtig beide Türen, sah hinaus, aber fand niemanden vor ... oder etwas. Die Stimmen in der Ferne waren verstummt; niemand befand sich im Garten oder unterhalb ihres Balkons. Hatte sie sich das nur eingebildet? War ein Vogel gegen ihre Tür geflogen? Nathalie schob es auf ihre Erschöpfung und Nervosität. Aber nachdem sie sich umgedreht hatte, erkannte sie, dass eine Wurfaxt in ihrer Holztür steckte. Diesmal setzte sie bereits zu einem ausgedehnten Schrei an, ehe von der Axt ein Blütenblatt zu Boden fiel. Kurz bevor sie losschreien wollte, stoppte Nathalie und ließ die eingesogene Atemluft lautlos wieder entweichen. Um sich herum sah sie noch zwei weitere Blütenblätter liegen. Skeptisch näherte sie sich der Wurfaxt und erkannte die Quelle der Blätter. Jemand hatte zwei blaufarbene Hyazinthen an die Axt gebunden.

    Nathalie band die beiden Blumen los und brauchte beide Hände, um die Axt danach aus dem Holz zu lösen. Noch einmal schaute sie sich um und verschwand dann rasch in ihrem Zimmer, bevor noch jemand mit Pfeilen auf sie schoss.

    Auf ihrem Bett sitzend, betrachtete sie beide Dinge. Sollte das eine romantische Geste sein? Wer warf denn mit Kriegswaffen nach einer Prinzessin, nicht wissend, ob sie noch einmal die Türen zum Balkon öffnete? Die Axt hätte ihr den Schädel spalten können. Kalt durchzuckte es Nathalie bei diesem Gedanken. Allerdings waren die Blumen eine nette Geste, und da sie mit niemanden sprechen durfte ... Nur wer hatte die Axt geworfen?

    Die Geschichte ist einfach wunderhübsch. Die Mädels sind so erfrischend unkokett und unprinzesslich! Obwohl es hier ja die übliche Einleitung ist, Prinzessin soll über ihren Kopf hinweg verheiratet werden, bringst du alles so frisch und unvorhergesehen.

    Ich danke dir, Kirisha Ich versuche mir vorzustellen, wie junge Frauen vielleicht auch "damals" waren. Immerhin sagte niemand, dass man früher nicht auch schon gelästert oder sich gewissen Regeln widersetzt hat. :rofl: Ich halte diese romantische Vorstellung von immer gut erzogenen Töchter für ein Gerücht. :evilgrin:

    Gerade, wenn eine Horde Gleichaltriger aufeinander trifft.

    Ja, ich tippe natürlich nach der sympathischen Vorstellung dieses Uther auch darauf, dass wir den noch näher kennen lernen werden und er vermutlich (hoffentlich) noch viel mehr abstoßende Seiten an sich hat, mit denen Nathalie dann gezwungen sein wird, sich anzufreunden. Oder auch nicht.

    Aber ich lasse mich gerne überraschen.

    Seid nicht so streng mit ihm :rofl: Nur, weil jemand zum Lachen in den Kerker geht, heißt das nicht, dass er nicht auch freundlich sein kann :whistling: Bleibt wohl abzuwarten, wie der so drauf ist. :rofl:

    Der schwarze Prinz Uther scheint bisher der unangenehmste zu sein xD aber ich kenne dich ja, solche Charaktere sind bei dir nie so wie man denkt, da steckt immer noch viel mehr dahinter. Dann bin ich mal auf das Turnier gespannt

    Ja :rofl: Da hast du mich schon gut durchschaut. 8)


    Dann mal weiter, damit man auch mal Prinz Uther ... erliest. :phatgrin:


    Die goldene Krone thronte auf Nathalies Kopf und war mit unzähligen Edelsteinen bestückt. Diesmal würde Prinz Uther sie als Prinzessin erkennen, da waren sich alle sicher.

    Odette hatte Nathalies Haar, das sich um ihr Gesicht befand, nach hinten gesteckt, damit der Blick auf ihr Gesicht frei war. Das beigefarbene Kleid, das Nathalie trug, war allein für diesen Tag geschneidert worden. Die Wildblumenstickereien am Saum wiederholten sich am Brustteil oberhalb des Korsetts. Es sollte der Prinzessin etwas Mädchenhaftes verleihen – genauso wie ihr größtenteils offenes Haar. Das alles hatten die Zofen nicht aus Intuition getan, das war eine Anordnung von König Eckbert gewesen.

    Nachdem die Zofen mit Nathalie fertig waren, klopfte es an der Tür. Ein Kammerdiener verkündete ihnen, dass König Eckbert bereits seine Tochter im großen Sonnensaal erwartete.

    „Wir kommen sofort“, antworte Astrid hastig und schaute danach in die Runde. Sie hatten einige Zeit gebraucht, um Nathalie zu säubern; der Wein hatte sicherlich seinen Teil dazu beigetragen, dass sie nicht so schnell waren wie sonst.

    Kaum war der Kammerdiener verschwunden, rannten die Zofen in ihre Zimmer, um sich selbst saubere Kleider anzuziehen.

    Nathalie begann, in ihrem Zimmer lauthals zu lachen. Sie war nicht davon ausgegangen, dass dieser Tag ohne Hektik ablaufen würde. Dazu war er viel zu wichtig. Sie begab sich in den Flur und beschloss, außerhalb ihres Zimmers auf ihre Zofen zu warten. Nathalie atmete tief durch und ging unruhig den Gang auf und ab. Sie versuchte, ihre eigene Nervosität hinunterzuschlucken, aber gänzlich gelang ihr das nicht. In wenigen Augenblicken sollte sie neben ihren Eltern Platz nehmen und würde sicherlich von allen gemustert.

    Astrid war wie zu erwarten die Erste, die sich umgezogen hatte. Danach folgten Sonia und Odette. Odette stopfte ihre blonde Lockenmähne noch rasch unter ihre Haube, während sie sich in Richtung Sonnensaal begaben.

    Kurz bevor die Wachen die beiden großen Tore aufzogen, richteten die Zofen noch einmal Nathalies Körperhaltung. Gerader Rücken, Arme vor der Taille angewinkelt und die Hände ineinandergreifend. Alles besaß seine Ordnung – sogar das Eintreten in den Saal. Nathalie wollte ihren Zofen keine Schande machen und ließ die Prozedur einfach über sich ergehen. Dabei versuchte sie, die gerade Körperhaltung beizubehalten. Ihr Körper zog sich jedoch immer wieder zusammen, als könnte sie sich so kleinmachen und verstecken.

    Nachdem Astrid den Wachen zugenickt hatte, öffnete diese die Saaltore.

    Der riesige Saal, an dessen kuppelartige Decke eine große Sonne gemalt war, war voller Menschen. Tische und Bänke säumten den Bereich um die Mitte, sodass ein Gang frei war.

    Nathalie betrat den schmalen Flur zwischen all den Gästen und schaute nicht nach links oder rechts. Ihr Herz schlug ihr bis in den Kopf und sie wollte gar nicht sehen, wer sie alles ansah.

    „Langsamer ...“, flüsterte Astrid hinter Nathalie. „Ihr rennt viel zu sehr.“

    Nathalie schluckte trocken und versuchte, ihren Gang zu verlangsamen. Aber wer konnte es ihr verübeln, dass sie lieber zum Thron gerannt wäre?

    Das rettende Ufer, das Podest mit ihren Eltern, war in greifbarer Nähe. Der König und die Königin hatten sich bereits aufgerichtet, um ihre Tochter zu begrüßen.

    Sie trugen weiße Festtagskleider, auf deren Brust das Sonnenwappen prangte. Nathalie war absichtlich das Wappen nicht auf ihr Kleid genäht worden. So wurde symbolisiert, dass ab jetzt nicht feststand, welches Wappen sie in Zukunft tragen würde. Jedoch wurden die drei Kleider neben Nathalies Thron aufgestellt, von denen sie eines vor dem morgigen Sonnenuntergang tragen sollte. Diese hatten die Prinzen mitgebracht, und waren von den jeweiligen höfischen Schneidern angefertigt worden. Das Kleid aus Bärenfels war schwarz mit einem dunkelroten Saum. Natürlich trug dieses Kleid ein goldener Bärenkopf. Ulmenthal hatte ein weißes Kleid anfertigen lassen, auf dessen Brustteil der Habicht zu sehen war. Das Kleid aus Eichenhain war dagegen samtgrün und eine Eule befand sich oberhalb der Taille.

    Nathalie konnte nicht sagen, ob ihr ein Kleid besser als ein anderes gefiel. Sie alle hatten etwas Endgültiges. Da war es wohl egal, wie sie aussahen.

    König Eckbert reichte Nathalie die Hand, um ihr die Stufen hinauf zu helfen. „Geht es Euch gut?“, fragte er leise. „Ihr seht blass aus.“

    „Ich bin nur nervös“, antwortete Nathalie ehrlich und lächelte. „Ihr müsst Euch keine Sorgen machen.“

    König Eckbert erwiderte das Lächeln, küsste Nathalies Stirn und ließ sie ihre Mutter begrüßen.

    Königin Marlen strich ihrer Tochter sanft über ihre Wange und stieß ein leises Lachen aus. „Nicht Ihr solltet nervös sein. Vielmehr ist dieses Recht den Anwärtern vorbehalten.“

    Nathalie blieb vor ihrem Thron stehen und wandte ihren Blick zum ersten Mal den Gästen zu. Ihre Zofen blieben unterhalb des Podestes und hatten ihre Sitzplätze auf der Bank vor der Prinzessin. Das verstärkte Nathalies Gefühl, bald alleine zu sein. Trotzdem musste sie erhobenen Hauptes dastehen und durfte ihren Ängsten keinen Raum bieten. Am Hof ihres zukünftigen Ehemannes würden ihr neue Gesellschafterinnen an die Seite gestellt werden. Frauen adliger Abstammung, die sich bereits mit Geburten und Kindern auskannten.

    „Willkommen ... willkommen ...“, durchbrach König Eckberts erfreute Stimme die vorherrschende Stille. „Ich begrüße alle Gäste auch im Namen meiner Königin und meiner Tochter.“

    Ein Kammerdiener reichte dem König einen goldenen Becher, der sichtlich mit ausreichend Wein gefüllt war.

    „Welch schöneren Anlass gibt es für ein Fest, als jenen, sein einziges Kind einem würdigen Ehemann zu übergeben? Vor rund zwanzig Wintern gewann ich das Turnier, das wir in gleicher Art morgen stattfinden lassen ...“

    Nathalie verkniff sich ein leises Lachen, als sich ihr Vater in einer allumfassenden Rede verlor. Darüber, dass nicht nur Stärke, sondern auch Geschicklichkeit und ein eiserner Wille gefragt war. Zwischen drin fragte sie sich, ob sein Arm nicht anfing, wehzutun, da er ihn während der ganzen Ansprache hoch erhoben hielt.

    Nach einer Weile räusperte sich die Königin und lächelte ihren Gatten an.

    König Eckbert unterbrach sich, sah zu seiner Ehefrau und danach wieder in die Menge. „Wohl an ... Ich scheine den Hoheiten zu viel zu reden“, gab er lachend zu. „Dann möchte ich mich abschließend, bevor der Wein und das Bier noch schal wird, bei den angereisten Prinzen bedanken ...“

    König Eckbert machte mit Prinz Iven den Anfang, welcher sich erhob und den Toast mit einer leichten Verbeugung entgegennahm. Dann folgte Prinz Uther, den Nathalie noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Zumindest nicht ohne Rüstung.

    Auch Prinz Uther erhob sich in etwas Entfernung und sein Anblick sorgte dafür, dass Nathalie die Begrüßung von Prinz Thorben kaum mitbekam.

    Prinz Uther, der laut Odette ein gewisses Ansehen bei Frauen genoss, sah anders aus, als sie sich ihn vorgestellt hatte. Sein dunkelbraunes Haar trug er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, aber lediglich sein Haupthaar. Das an den Seiten war bis auf die Haut kahl rasiert. Hinzu kam die Augenklappe, die sein linkes Auge verdeckte. Eine Narbe schien sich darunter kreuzartig entlangzuziehen. Aber das war nicht die einzige Narbe in seinem Gesicht. Eine Sichelförmige befand sich auf seiner rechten Wange. Nathalie konnte nicht behaupten, dass er deswegen abscheulich aussah, aber wie ein Mann seines Standes wirkte er auch nicht.

    Nachdem König Eckbert die Begrüßungen abgeschlossen hatte, galt das Fest als eröffnet, und jeder sollte so viel essen und trinken, wie er konnte oder wollte.

    Nathalies Aufgabe war dabei, einfach nur dazusitzen. Noch immer sollte sie keinen Favoriten wählen, weswegen ihr Gespräche mit den Prinzen verboten waren. Erst bei den Festlichkeiten am nächsten Tag durfte sie tanzen und feiern. Natürlich war dabei ausschließlich dem Gewinner des Turniers vergönnt, mit seiner zukünftigen Frau zu tanzen.

    Jedoch durften Nathalies Zofen das Podest wieder betreten, die keinen Wimpernschlag verstreichen ließen, um das zu tun. Ihr Geschnatter überforderte Nathalie zunächst, aber es nahm ihr etwas die Aufregung.

    „Ich bin immer noch für Prinz Iven“, teilte Odette ganz unverblümt mit.

    „Ich schließe mich Odette an“, gab Sonia kleinlaut zu. „Prinz Thorben wirkt langweilig und Prinz Uther ...“

    „Der sieht aus, als sei er unter einen Pferdekarren geraten“, unterbrach Odette Sonia.

    „Nicht nur einmal“, fügte Astrid hinzu.

    Alle sahen Astrid erstaunt an. Hatten sie sich verhört?

    „Solche Worte von Euch?“, hinterfragte Nathalie.

    Astrid zuckte mit ihren Schultern. „Es ist bloß die Wahrheit. Gegen die habe ich nichts.“

    Nathalie atmete tief durch. „Wir sollten nicht an Äußerlichkeiten festmachen, wer sie sind. Sicherlich sind sie alle gütig und ihrem Volk wohlgesonnen. Immerhin müssen sie sich auch mit mir zufriedengeben. Und wer weiß, was sie über mich denken?“

    „Es ist traurig, dass Ihr nicht mit ihnen reden dürft“, gestand Astrid.

    „Unsere Hoheit nicht, aber wir“, warf Odette ein und grinste verschlagen.

    Wenn ich eine ganze Flasche Wein leeren würde, wäre bei mir übrigens mehr in Unordnung als nur die Frisur. Deine Mädels scheinen recht trinkfest zu sein. Ich hätte mich wahrscheinlich an Uthers Pferd festhalten müssen und ihm vor die Hufe gekotzt oder so

    Also mit 18 hätte ich die auch noch weggeatmet, aber heute ... (Es sind keine Wein-Weinflaschen - eher so Mauerertod-Bierflaschen 0,5l ;) Darauf gehe ich aber beim Fest genauer ein ;) ) Wenn mich die Kopfschmerzen nicht killen, dann das Sodbrennen :rofl: Was das Festhalten und Kotzen angeht: DAS wäre ein super erster Eindruck gewesen.

    Wieder ein schöner Part. Dieser hat was von einem letzten melancholischen Treffen, wo alle noch mal die Gemeinschaft feiern, und doch spüren, dass jetzt eine Veränderung ansteht, von der man nicht so recht weiß, ob man die begrüßen soll oder nicht. Sehr stimmungsvoll geschrieben :thumpsup:

    Ich danke dir. xD Und ja, so sollte das rüberkommen. :D

    Das kommt ganz auf die folgende Ehe an, würde ich sagen 😅 ich vermute, sie wird ihren Gemahl erstmal nicht ausstehen können xD

    Das bleibt wohl abzuwarten. :sarcastic: Aber gib demjenigen ne Chance :rofl:


    So, dann mal weiter im Text. Vermutlich der letzte Teil bis nächste Woche :thumbsup: Wochenende ist immer einiges los.


    Nathalie eilte voraus. Nachdem sie den Schlossgarten verlassen hatte, durchschritt sie den großen Hof. An der hohen Mauer entlang, befanden sich unzählige Ställe, eine Schmiede und hölzerne Unterstände. Etwas entfernt konnte sie bereits sehen, wie der König und seine Gäste das riesige Tor passierten. Kutschen, von einem Doppelgespann gezogen, folgten. Ebenso Karren mit dem Gefolge der Gäste. Nathalie bekam den Eindruck, dass der Einzug der Gäste gar kein Ende nahm.

    „Das sind viele“, stellte auch Astrid fest, die völlig außer Puste neben Nathalie stehen blieb.

    „Ich sehe ein Banner mit einem Bären und ein Banner mit einer ... Eule“, sagte Odette und zeigte mit dem Finger abwechselnd auf beide.

    „Ich sehe ein Banner mit einem Habicht“, ergänzte Sonia. „Das ist wohl Ulmenthal.“

    „Bärenfels und Eichenhain“, nuschelte Nathalie.

    „Das heißt wohl, König Bram hat tatsächlich seinen Sohn geschickt. Wie hieß er gleich? Es war ein Name mit ‚U‘, glaube ich.“ Odette runzelte ihre Stirn, während sie nachdachte.

    „Uli?“, fragte Sonia, ohne nachzudenken.

    „Uli?“, empörte sich Astrid. „Welcher König nennt denn seinen Sohn Uli? Prinz Uli von Bärenfels.“

    „Uther ...“, korrigierte Nathalie geistesabwesend. Sie kannte alle Prinzen mit Vornamen. Es wäre auch unhöflich gewesen, sie nicht zu kennen. Allerdings ging sie davon aus, dass laut den Wappen ebenso Prinz Iven von Ulmenthal und Prinz Thorben von Eichenhain anwesend waren. Das sollte eine interessante Mischung werden. Sie vermochte nicht zu sagen, wer der heimliche Favorit des morgigen Turniers sein könnte. Sicherlich spekulierte das Gefolge bereits großzügig darüber.

    „Ach du meine Güte“, stieß Odette mit hoher Stimme aus. „Sieh dir mal diesen Bär von Mann an.“ Die Zofe rüttelte wild an Nathalies Arm und zeigte auf einen Reiter, der gerade von einem braunen Pferd abstieg. Er überragte die restlichen Herren um knapp einen halben Kopf. Da er keine Rüstung trug, konnten die jungen Frauen ihn gut erkennen. Sein dunkelblondes Haar war stramm durch mehrere Zöpfe am Kopf entlang geflochten und die Zöpfe vereinigten sich ab dem Nacken zu einem dicken. Seine Statur erweckte den Eindruck, als könnte er mit bloßen Händen ganze Bäume entwurzeln. Trotzdem wirkte er nicht verwildert. Sein Gesicht schien säuberlich rasiert zu sein, und seine Kleidung war eines Prinzen würdig. Samtweiß und mit einem nahezu echt aussehenden Habicht auf der Brust.

    „Ich glaube, wir kennen unseren Gewinner“, stellte Astrid lachend fest.

    Nathalie rang diese Feststellung lediglich ein Lächeln ab. Immerhin ging es um die Männer, von denen sie einen heiraten sollte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, sie jetzt leibhaftig vor sich zu sehen. Sie hatte die Prinzen seit ihrer Kindheit nicht mehr zu Gesicht bekommen. Früher hatte sie der König immer zu den Festen mitgenommen, aber je älter Nathalie wurde, desto weniger hatte sie die Sonnenbergfeste verlassen. Ihr Vater erklärte ihr, dass es ihrem Schutz diente. Auch, um ungewollte Gerüchte – oder unangebrachte Vorkommnisse – zu vermeiden. Nathalie war irgendwann alt genug gewesen, um zu verstehen, was er meinte. Es wäre nicht von Vorteil gewesen, wenn sie einen Favoriten gehabt hätte. Und wenn sich die Prinzen auf der Sonnenbergfeste befanden, hatten Nathalies Zofen dafür Sorge zu tragen, dass sie ihren Flügel nicht verließ. So blieb den jungen Frauen immer nur der flüchtige Blick aus einem der Fenster. Aber Nathalie bedauerte das nicht. Ihre Mutter war ähnlich aufgezogen worden und damals hatte ihr Vater das Turnier gewonnen – zur Schande König Brams. Jeder hatte damals darauf Wetten abgeschlossen, dass er das Turnier gewinnen würde, da er der Sohn des Helden von Efrenheim war. Aber diesen Sieg konnte Bärenfels nicht erringen. Nathalie erinnerte sich dabei gerne an die Worte ihrer Großmutter, der Mutter ihres Vaters. Immer, wenn sie Nathalie diese Geschichte erzählt hatte, meinte sie, dass Heldentaten sich nicht vererben lassen, aber ebenso wenig Schandtaten. Das Letztere bedeutete, dass niemand Königin Marlen nachtrug, dass ihr Vater, Nathalies Großvater, der Krieg gewesen war. Jedoch war es zur damaligen Zeit vermutlich von Vorteil gewesen, dass Königin Marlen keine magischen Fähigkeiten besaß. Anders als Nathalie, die mit den Fähigkeiten ihres Großvaters geboren worden war.

    „Ich sehe Prinz Uther und Prinz Thorben“, sprach Astrid, und riss Nathalie aus ihren Gedanken.

    Nathalie folgte dem Blick ihrer Zofe und erkannte einen Reiter, der vollständig von einer geschwärzten Rüstung eingehüllt war. Auf dem Brustpanzer war ein goldener Bärenkopf zu erkennen, was den Reiter zumindest aus Bärenfels kommen ließ. Ob es sich bei ihm wirklich um Prinz Uther handelte, stand nicht auf der Rüstung geschrieben. Allerdings erkannte sie Prinz Thorben sofort. Er war seit ihrem letzten Aufeinandertreffen nicht wirklich gewachsen und stand neben Prinz Iven. Dadurch wirkte der Prinz aus Eichenhain beinahe winzig, wobei sein Körperumfang ihn zumindest nicht mädchenhaft aussehen ließ. Er war überaus gut genährt. Nathalie fand aber nicht, dass ihn das irgendwie unansehnlich machte. Es verlieh dem Prinzen vielmehr etwas Sympathisches, und seine sepiafarbene Haut zudem etwas Warmes.

    Abgelenkt von Prinz Iven und Prinz Thorben, merkten die Frauen nicht, dass der Reiter mit der geschwärzten Rüstung auf sie zuhielt.

    „Tretet beiseite!“, erklang es gedämpft unter dem Helm, und erschrocken wandten sich die Zofen und die Prinzessin um.

    Der Rappe trat ungeduldig auf der Stelle, während die jungen Frauen den Weg zu den Ställen versperrten.

    „Entschuldigt“, stieß Astrid beschwichtigend aus und zog Nathalie sowie Odette zur Seite.

    Ohne weitere Worte ritt der Mann weiter, was Odette anscheinend unhöflich fand. „Hoheit? Wollt Ihr die Prinzessin nicht zumindest gebührend begrüßen?“, wandte sie vorlaut ein.

    Der augenscheinliche Prinz blieb stehen, drehte sich aber nicht herum. „Wenn die Prinzessin als solche begrüßt werden möchte, sollte sie auch als eine erkennbar sein!“, antwortete er und setzte seinen Weg fort.

    Die Zofen und die Prinzessin sahen sich gegenseitig mit hochgezogenen Augenbrauen an. Diese Antwort hatte wohl keine von ihnen erwartet.

    „Er hat recht“, meinte Astrid daraufhin. „Wir bekommen noch Ärger, wenn Ihr wie eine Schankmagd herumrennt. Euer beiges Kleid ist voller grüner Flecke.“

    „Wir sollten gehen!“, pflichtete Sonia bei.

    Nathalie sah Prinz Uther hinterher, der seinen Rappen selbst in den Stall brachte, anstatt das von den Stalljungen erledigen zu lassen. Dann wandte sie sich ihren Zofen zu. „Ja, ihr habt recht. Lasst uns gehen!“

    Eilig, und bevor König Eckbert noch seine Tochter entdeckte, liefen sie zurück in die Gemächer der Prinzessin, um sie zu waschen und neu einzukleiden.

    Nathalie saß in Gedanken versunken auf einem Stuhl vor einem Spiegel, während Sonia ihre Fingernägel säuberte, Odette die Haare bändigte und Astrid den Schmuck zurechtlegte.

    Nathalie versuchte, sich an die Prinzen zu erinnern. Die Erinnerungen an Prinz Thorben waren leichter als bei den anderen beiden zu finden. Er war gesellig gewesen, vor allem, da er auch magische Fähigkeiten besaß, aber welche waren Nathalie entfallen. Er hatte nichts dagegen gehabt, sich auch mit kleinen Mädchen zu unterhalten, während die anderen Prinzen damit beschäftigt waren, mit Holzschwertern durch die Gärten zu rennen.

    Die Prinzessin durchforstete ihre Gedanken. Als Nathalie ihr letztes Fest in Eichenhain besucht hatte, war sie zehn Winter alt gewesen. Zu dieser Zeit waren die meisten Prinzen, abgesehen von deren Geschwister, bereits Männer – oder galten als solche. Sie rannten nicht mehr durch die Gegend. Sie saßen und tranken.

    Nathalie konnte nicht sagen, welche der Erinnerung echt oder bloß ein alter Traum war. Sie glaubte, sich zu erinnern, dass Prinz Iven immer auf seine Größe angesprochen worden war. Dass andere Adlige seinen Vater, König Elfred, fragten, ob er bereits die Türen des Schlosses vergrößern ließ.

    Als Kind hatte sie die Erwachsenen um sich herum nicht immer beachtet.

    Nachdem das Gewicht auf ihrem Kopf zugenommen hatte, widmete sich Nathalie wieder der Gegenwart. Astrid hatte ihr die Krone aufgesetzt, um die herum Odette versuchte, das lange Haar zu frisieren.

    „Könnt ihr euch noch an die Prinzen erinnern?“, fragte Nathalie schließlich, denn immerhin waren ihre Zofen bei einigen Festen dabei gewesen.

    „Prinz Iven hielt ich früher von hinten für eine Frau in Hosen“, gestand Odette und lachte. „Das würde mir heute nicht mehr passieren.“

    „Hat Prinz Thorben nicht mal eine übellaunige Schlosswache dazu gebracht, uns alle mit Kuchen und Gebäck zu versorgen?“, fragte Astrid.

    Nathalie riss ihre Augen auf. „Das ist wahr!“, stimmte sie zu. „Er ist ein Geistmagier, das hatte ich vollkommen vergessen.“

    „Ich weiß noch, dass ich das unheimlich fand“, gestand Sonia und ihr fuhr sichtlich ein kalter Schauder über den Rücken. „Ein Magier, der Menschen dazu bringen kann, Dinge zu tun.“

    „Geistmagier können nicht wahllos jeden Geist beeinflussen“, erklärte Nathalie und versuchte, ihre Zofe zu beruhigen. „Das funktioniert nur, wenn der Geist geschwächt ist oder es zulässt. Und sie können ebenso verstärken oder abschwächen, was bereits da ist.“

    „Stimmt, die übellaunige Wache war vollkommen betrunken, bevor Prinz Thorben sie beeinflusste“, erinnerte sich Astrid weiter.

    „Und Prinz Uther?“, hakte Nathalie nach. „Erinnert sich irgendwer an Prinz Uther?“

    Zuerst schwiegen die Zofen, aber dann räusperte sich Astrid. „I... Ich bin mir nicht sicher, aber ... war er es nicht, der uns allesamt in einen Zierbrunnen auf Schloss Bärenfels geworfen hat?“

    Nathalie sah in den Spiegel und dachte nach. Diese Erinnerung war mehr als vernebelt. Das musste der erste Sommer gewesen sein, den die jungen Frauen miteinander verbracht hatten. Schlussendlich zuckte Nathalie mit ihren Schultern. Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Das war auch eigentlich alles nicht mehr wichtig. Sie würde jeden einzelnen Prinzen kennenlernen und sich so ein Bild von ihnen machen können.

    „Fertig“, verkündete Odette und begutachtete noch einmal ihr Werk.

    Danke erstmal an alle für eure Anmerkungen und Kommentare. Ich habe alles übernommen und ausgebessert. :D

    "ungehalten" ist ein anderes Wort für "verärgert" - auch, wenn du es hier sehr wörtlich genommen hast, hat es mich am Anfang etwas irritiert.

    Da hast du vollkommen recht. Ich meinte auch "unkontrolliert" xD Habe es ersetzt. :patsch:

    Oh, Jenna fängt gerade zu dem Zeitpunkt an was Neues zu schreiben, wo ich versuche mich aus meiner Gruft zu erheben 8o Welch Glückes Geschick

    Ja, schon ... merkwürdig, was?! xD Du bist da, melli ist hier ... the good old days ...

    Schöner Kontrast zwischen epischen high Fantasy Prolog und der verspielten Atmosphäre am Königshof mit der Prinzessin und den Zofen :) Liest sich wie immer top. Kopfkino da, Lesefluss da, Abwechslung im Stil da.

    Das freut mich und ist auch das Wichtigste. :D

    Ich freue mich auf mehr und hoffe einfach deinem Output zeitlich irgendwie hinterherzukommen :fox:

    Keine Sorge, mein Output ist nicht mehr so wie früher. :rofl:

    Ich kann mich Alo nur anschließen. Ich stelle beim Lesen fest, dass mir dein Stil trotz meiner langer Abwesenheit so vertraut ist, dass ich einen Text von dir auch erkennen würde, wenn er anonym daherkäme. Genauso vertraut wird dir sein, dass ich ne Kleinigkeit zu meckern finde, sonst wäre es nicht ich

    Damit kann ich vollkommen leben XD Und gut, dass mein Stil eine Konstante ist. Darum gehts ja irgendwie :sekt:

    Außerdem mag ich es wie du einige Dinge sehr schön nebenbei erklärst, während der Leser immer noch mitten in der Szene steckt. Bin gespannt wie es weitergeht.

    Danke :D Und ja, ich versuche immer, Informationen so zu platzieren, dass sie mit dem Geschehen auch selbst zu tun haben. Meine Erfahrung ist dahingehend, dass sich die meisten Leser so die Informationen auch besser merken können. Wie unbewusste Eselsbrücken. :D

    Der Prolog war nicht so direkt etwas für meinen Geschmack, weil eher so ein allgemeines Schlachtfeld beschrieben wurde und keine Person, mit der ich mitgehen konnte. Auch wenn der personifizierte Krieg es zugegeben interessant gemacht hat.

    Ja, diese Draufsicht habe ich absichtlich gewählt, weil es vielleicht so in einem der Bücher innerhalb der Geschichte erzählt werden würde. Wie das am Anfang bei den Zofen. Warum, erfährt man :D

    Deine Anmerkungen habe ich ausgebessert. ^^


    So und weiter ... :blush:


    Die Königin stand mit dem Rücken zur Sonne. Nathalie fiel gleich auf, wie sehr das hochgesteckte Haar ihrer Mutter von dieser beschienen wurde. Das dunkelbraune Haar leuchtete golden und kupfern. Als stünde die Sonnengöttin persönlich vor ihnen. Ihr beinah weißes Kleid untermauerte diesen Eindruck umso mehr. Nathalie machte sich keine falschen Hoffnungen, irgendwann ebenso erhaben durch irgendwelche Gärten zu wandern. Dazu besaß sie ein vollkommen anderes Gemüt. Zudem sah sie nie lange genug so ordentlich gekleidet aus.

    Musternd betrachtete die Königin die Hände aller und lächelte spitzbübisch. „Ihr wisst, dass der Wein von den Hängen Efrenheims nur für die Männer gedacht ist“, wies sie auf den alten Brauch hin und betrachtete dann abschätzig ihre Tochter.

    Natürlich wusste das Nathalie nur zu gut, aber auf das Entwenden von ein paar Flaschen stand nicht die Todesstrafe. Ihr Vater war noch nicht mit den Gästen heimgekehrt, und Eduard, so ernst wie er war, hatte die Prinzessin und ihr Gefolge noch nie verraten. Vermutlich befürchtete er, dass er selbst bestraft werden würde. Immerhin war er für die Küche verantwortlich und scheiterte regelmäßig an ein paar jungen Frauen.

    Nathalie trat aus der Reihe ihrer Zofen heraus und nickte. „Es sind doch bloß vier Flaschen. Eine für jede von uns. Bei den Männern ist es umgedreht. Von ihnen trinkt sicherlich jeder vier.“

    „Mindestens“, ergänzte die Königin lachend und dachte sichtlich nach. „Geht schon.“

    „Wirklich?“, versicherte sich Nathalie. Sie wusste, ihre Mutter war gütig und mild, aber diese Worte verwunderten sie. Lag es vielleicht am Fest?

    „Ja, wirklich. Vergnügt euch heute ruhig etwas.“

    Nathalie fiel auf, dass ihre Mutter ehrlich lächelte, aber dass das Lächeln nicht ihre Augen erreichte. Sie ahnte, woran es lag, aber sprach es nicht aus. Sie wollte die Stimmung nicht trüben. Das sollte der Tag sicherlich von alleine schaffen.

    Die Zofen gingen zögerlich weiter. Keine von ihnen traute der Ruhe, während Nathalie ihre Mutter noch einmal ansah.

    „Jetzt macht schon!“, wiederholte die Königin eindringlich.

    Die jungen Frauen bogen um eine mannshohe Hecke, wodurch sich der Blick auf die Königin verlor.

    Nathalie bekam das Gefühl, dass auch ihre Zofen bemerkt hatten, dass irgendetwas im Blick der Königin anders gewesen war. Die Prinzessin ahnte, dass es ebenso wie sie, keiner aussprach, weil es niemand aussprechen musste.

    „Vielleicht liegt es an den ganzen Vorbereitungen“, meinte Astrid schließlich. „Die Königin ist für das Fest verantwortlich, und wenn es einem der hohen Gäste nicht gefällt, erntet sie den Spott und Ärger.“

    „Du weißt genau, woran es liegt. Zudem glaube ich kaum, dass sich jemand in König Eckberts Gegenwart getraut, schlecht über das Sommernachtfest zu sprechen“, erwiderte Odette und versuchte, Herrin über ihre blonden Locken zu werden.

    „Wisst Ihr denn mittlerweile, wer alles am Fest teilnimmt?“, wollte Sonia wissen und lenkte so geschickt den Fokus auf das Fest selbst.

    Die kleine Gruppe setzte sich unter einen Baum im Garten, damit die Sonne nicht in voller Pracht auf die Frauen hinunter schien. Sie alle zogen mit ihren Zähnen den Korken aus ihren Flaschen und stießen an. Nachdem jede von ihnen einen Schluck getrunken hatte, schauten sie Nathalie erwartungsvoll an und erhofften sich eine Antwort.

    „Nein, nicht wirklich“, erwiderte Nathalie und nahm gleichauf einen weiteren Schluck aus der Flasche. „Ich habe gehört, dass Zimmer für Gäste aus Bärenfels hergerichtet werden. Genauso wie für Ulmenthal.“

    „Bärenfels?“, wiederholte Astrid. „Glaubt Ihr, König Bram kommt auch?“

    „Wohl eher sein Sohn!“, frotzelte Odette. „Er soll hochgewachsen und sehr beliebt bei den Frauen sein.“

    „Odette ...“, erwiderte Astrid lachend.

    Nathalie zuckte mit ihren Schultern. „Ich weiß es nicht.“

    Ein bitteres Schweigen legte sich über die Gruppe. Jede der Frauen schien zu überlegen, was sie sagen sollte. Das schien angesichts der Zukunft nicht einfach.

    „Oh, bitte. Wir wissen doch alle, dass so ziemlich jeder junge Mann hier auftauchen wird, der irgendwie von Bedeutung ist. Warum tun wir so, als wüssten wir das nicht?“, durchbrach Odette die Stille. „Wir sollten aus diesem Grund erstrecht feiern.“

    „In wenigen Tagen wird man uns trennen“, ergänzte Sonia und schaute betrübt auf ihre Flasche hinunter, ehe sie von ihr trank.

    Nathalie überlegte. „Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht mehr wiedersehen werden. Eure Familien werden euch nach mir verheiraten. Es wird etliche Feste und Anlässe geben, an denen wir uns wiedersehen.“

    „Das ist wahr. Und wir können uns täglich schreiben“, stimmte Astrid freudig zu. „Allerdings waren wir seit über zehn Winter nicht getrennt. Es wird ... seltsam sein.“

    „Ich werde verheiratet, ich sterbe nicht“, fügte Nathalie hinzu und hielt ihren Zofen, nein, vielmehr Schwestern, die Flasche entgegen. „Darauf, dass uns auch in der Zukunft nichts wirklich trennen kann.“

    „Weder die Zeit noch die Ehemänner!“, ergänzte Odette und lachte.

    Laut klirrend, prallten die Weinflaschen aneinander, und kurz darauf stand Odette auf und zog sich die Schuhe von den Füßen. „Lasst uns von der Klippe springen!“, schlug sie vor.

    „Jetzt? Heute?“, fragte Astrid überrascht.

    „Warum nicht?“, wollte Nathalie wissen und zog sich ebenfalls die Schuhe aus. Sonia zuckte mit ihren Schultern. „Es könnte das letzte Mal sein?“

    Astrid rollte mit ihren Augen. „Na schön, aber nicht lange. Ich habe Höhenangst, das wisst ihr.“

    Die jungen Frauen ließen prompt die leeren Flaschen an Ort und Stelle zurück. Barfüßig rannten sie einen grasbewachsenen Hügel hinunter, der an einer brusthohen Mauer endete.

    Nathalie bestieg sie zuerst und schloss die Augen. Für dieses Spiel, was sie bereits seit ihrer Kindheit betrieben, brauchte sie nicht viel Konzentration. Geboren mit Fähigkeiten, die viele nicht besaßen, verstärkte sie lediglich den Wind, der ohnehin gegen die Felsen unterhalb der Mauer prallte. Nathalie lächelte, nachdem der auftreibende Wind so stark geworden war, wie sie es brauchte. Mit ausgebreiteten Armen sprang sie voraus und wurde vom Wind hoch in die Luft befördert. Odette stieg umgehend hinterher und warf sich todesmutig in Tiefen. Danach Sonia und zuletzt Astrid. Schwebend, wie Vögel, verweilten die jungen Frauen im Wind und breiteten allesamt ihre Arme aus, um sich an den Händen fassen zu können.

    „Höher!“, schrie Odette, während ihre blonden Locken ihr die Sicht nahmen.

    „Nicht höher!“, widersprach Astrid.

    Nathalie grinste. „Was sagt Ihr, Fräulein Sonia?“

    „Ich glaube, aus mir spricht der Wein ... Höher!“, schrie Sonia und lachte.

    Noch einmal verstärkte Nathalie den Wind, sodass es sich für alle anfühlte, mit der weit entfernten Gebirgskette auf Augenhöhe zu sein. Geschrei und Jubel schwängerten die Luft, während Astrid um Gnade winselte.

    Doch urplötzlich erklangen die Fanfaren aus der Ferne. Das hieß, dass König Eckbert nach Hause kam.

    Nathalie verpasste der Gruppe einen windigen Stoß, sodass sie über die Mauer hinweg, zum Hügel schwebten. Alle landeten sicher auf ihren Füßen und sahen sich gegenseitig an. Sie lachten erneut, als ihnen auffiel, wie zerzaust sie alle aussahen. Selbst Sonias sonst so glattes schwarzes Haar stand wüst von ihrem Kopf ab.

    „Es ist soweit!“, sagte Astrid und richtete sich derweil ihre Kleidung. „Wir sollten uns herrichten und dann die Gäste begrüßen.“

    „Herrichten? Seid Ihr nicht neugierig?“, wollte Nathalie wissen und lief zurück zu ihren Schuhen. Die anderen folgten ihr und zogen sich wie sie, ihre Schuhe wieder an die Füße.

    „Schon, nur wir sehen nicht gerade sehr ... ordentlich aus“, erwiderte Astrid und versuchte, sich ihre Haube aufzuziehen, die wie eine Kapuze in ihrem Nacken verweilt hatte.

    Odette schien ihre im Wind verloren zu haben, denn sie fand sie nicht.

    „Wir schauen uns an, wer anreist und machen uns danach zurecht“, erwiderte Nathalie, die voller Ungeduld war. Immerhin handelte es sich bei den Gästen nicht um einfache Besucher. Sie wollte einen Blick auf die Männer werfen, die an dem morgigen Turnier um ihre Hand kämpfen würden.

    Mach hinne

    Okay, okay :rofl:

    Kapitel 1 – Rückkehr der Männer


    „Unheilvoll ... unheilvoll ... unheilvoll!“, wiederholte Astrid immer lauter werdend, während sie das dicke Buch in ihrer linken Hand balancierte und mahnend ihren rechten Zeigefinger hob. Die Zuhörerinnen starrten sie gebannt an. Zumindest die anderen beiden Zofen Sonia und Odette. Aber diejenige, die unterhalten werden sollte, zog lediglich ihre Brauen nach oben und wirkte verwirrt.

    „Was genau ist so unheilvoll an der Sommernachtfeier?“, wollte Nathalie wissen.

    „Hoheit? Habt Ihr mir nicht zugehört?“, fragte Astrid gespielt ernst.

    „Ab dem Teil mit dem Bärenkraut konnte ich nicht mehr folgen“, entgegnete Nathalie und sah den Rest ihrer Zofen fragend an.

    Lachend ließ sich Astrid in den gepolsterten Sessel fallen und schob sich eine rote Haarsträhne zurück unter ihre weiße Haube. „Es geht eigentlich nur darum, die Sonne zu feiern. Wer das nicht macht, hat ein ganzes Jahr Pech.“

    „Und das muss in diesem Buch über die hießige Folklore so ausgiebig erklärt werden? Das weiß doch jedes Kind“, erwiderte Nathalie und seufzte. In ihren Augen hätte das der Schreiber des Buches auch in wenigen Sätzen zusammenfassen können, eben so, wie es sich die Landsleute erzählten. Dazu hätte es keine neun Kapitel gebraucht.

    „Tut mir leid, Prinzessin, ein anderes Buch, das wir alle nicht bereits in- und auswendig kennen, habe ich nicht gefunden.“

    „Der Rest ist auch ziemlich trocken“, merkte Sonia an und rückte sich ihre Garderobe zurecht.

    „Der ganze Alltag ist trocken“, fügte Nathalie hinzu und rutschte in ihrem Sessel tiefer. Es gab kaum ein Buch, das sie nicht kannte, kaum einen Weg, den sie nicht schon gelaufen war. Nach achtzehn Jahren im Schloss und in der Umgebung, schien es nichts mehr zu geben, das sich zu entdecken lohnte.

    „Wir könnten uns rausschleichen und auf den Feldern vorbei spazieren gehen“, schlug Odette vor und kicherte. „Da hätten wir wenigstens was zu gucken.“

    Astrid warf ein Kissen nach Odette, die wieder mehr Interesse an den jungen Männern außerhalb der Feste besaß.

    „Ich halte euch nicht auf“, sagte Nathalie und erhob sich aus ihrem Sessel. „Irgendwie hat mich das Buch hungrig gemacht. Wir könnten in die Küche schleichen und uns etwas vom Festmahl stibitzen.“

    „Ihr wollt doch nur Eduards Festtagsordnung durcheinanderbringen. Ansonsten könnten wir auch einen Kammerdiener bitten, uns etwas zu bringen.“ Astrid grinste und hatte Nathalie wieder einmal durchschaut.

    Nathalie zuckte mit ihren Schultern. Das war besser, als gar keine Unterhaltung, bis das Fest pünktlich gegen Nachmittag begann. Der Koch und die Küchenjungen hatten alle Hände voll damit zu tun, für König Eckbert und sein Gefolge alles herzurichten. Vermutlich waren alle viel zu beschäftigt, um zu bemerken, dass etwas fehlen würde.

    Odette stimmte dem Plan direkt zu, da sie vermutlich wusste, dass Nathalie nach dem morgendlichen Mahl nicht vorhatte, Brot zu stehlen. Sonia hatte wie meist keine eigene Meinung zu allem, während sich Astrid gegen das Vorhaben aussprach. Aber schlussendlich hatte Nathalie ohnehin das letzte Wort. Der Vorteil daran, die Prinzessin zu sein.

    Die jungen Frauen erhoben sich und verließen das Zimmer zusammen mit der Prinzessin. Sie folgten den langen steinernen Fluren, deren eintöniges Grau nur durch bunte Wandteppiche unterbrochen wurden. An jeder Ecke lauerte ein gepanzerter Soldat, der die Sicherheit der königlichen Gemächer sicherstellen sollte. Nathalie besaß einen ganzen Flügel für sich, da der König und die Königin keine weiteren Kinder hatten. Warum das so war, das wusste Nathalie nicht. Sie hörte allerdings die Kammerdiener der Königin häufig spekulieren. Darüber, dass die Geburt von Nathalie so anstrengend gewesen sei, dass die Königin danach unfähig gewesen war, weiterhin Kinder zu empfangen. Somit musste sich der König mit Nathalie zufriedengeben. Und das tat er anscheinend. Er hatte weder ihr noch der Königin jemals das Fehlen eines Sohnes nachgetragen.

    Die Zimmer für Geschwisterkinder der Prinzessin waren nun teils die Zimmer ihrer Zofen, die anderen lagen brach und verstaubten ungenutzt.

    Nachdem die jungen Frauen den Flügel verlassen hatten, stiegen sie die Stufen der Treppen hinunter, die sie Richtung Schlossküche brachten und wanden sich an den etlichen Bediensteten vorbei, die für das Fest alles in der Sonnenhalle herrichteten. Bei der Küche angekommen, in der Eduards Stimme laut zu hören war, hielten sie kurz inne. Die Rufe des Kochs überwarfen sich regelrecht, bei all den Anweisungen, die er erteilte. Odette schaute vorsichtig um die Ecke und musterte das vorhandene Gut. „Von Eisbein bis hin zu gebratenen Tauben ist alles da“, zählte sie grinsend auf.

    „Das können wir auch später essen“, meinte Nathalie und schielte selbst um die Ecke. „Seht ihr den Holzkasten auf dem Tisch neben den gefüllten Tomaten? Wie wäre es mit vier Flaschen Wein?“

    „So viel?“, hakte Astrid überrascht nach.

    „Was wollen wir denn zu viert mit einer Flasche?“, fragte Odette und war mit der Idee der Prinzessin sichtlich einverstanden.

    „Zwei würden auch reichen“, wandte Sonia ein, aber wurde nur von Nathalie und Odette skeptisch angesehen. „Na schön, dann vier“, gab sie nach.

    „Auf mein Zeichen sausen wir an dem Kasten vorbei und jeder nimmt sich eine Flasche. Danach geht es direkt aus dem Boteneingangin den Hof und dann in den Garten“, erklärte Nathalie ihren Plan.

    „Welches Zeichen?“, hinterfragte Astrid, aber ehe sie eine Antwort bekommen hatte, marschierte Nathalie los. Das war vermutlich das Zeichen.

    An brennenden Öfen und herumhängendem Kochwerkzeug vorbei, bahnten sich die vier Frauen zu dem Holzkasten hindurch. Der Dampf der kochenden Töpfe mit Wasser umhüllte sie unterdessen, sodass sie für Eduard nicht umgehend zu sehen waren. Jede der jungen Frauen ergriff im Vorbeigehen eine der aufgestapelten Flaschen, nur Astrid zögerte, als sie als letzte an der Reihe war. Nathalie und der Rest befanden sich schon am Ausgang, als sie das Fehlen der Zofe bemerkten und drehten sich alle zeitgleich um.

    „Jetzt mach schon!“, forderte Odette so leise sie konnte, aber zu spät.

    Ein lauter Ruf ging durch die Küche, nachdem Eduard die kleine Gruppe entdeckt hatte. Der korpulente Koch mit der Halbglatze forderte die Frauen auf, umgehend die Flaschen in Ruhe zu lassen. „Der Wein ist nur für die Männer gedacht!“, schrie er.

    Astrid ergriff nun doch eilig eine Flasche und eilte zum Boteneingang.

    „Die trinken genug!“, krakeelte Odette während sie sich von der Tür entfernte.

    Eduard schickte zwei Küchenjungen den Frauen nach, um die Flaschen zurückzuholen, aber diese verfolgten die Gruppe nur mit mäßiger Mühe, bis sie nach wenigen Metern aufgaben.

    Die Zofen rannten indes so schnell, dass sich ihre Hauben von den Köpfen lösten, und auch Nathalies sorgfältig gestaltete Hochsteckfrisur verwehrte ihren Dienst. Das brünette Haar der Prinzessin löste sich und peitschte ihr unkontrolliert über das Gesicht. Lachend und mit angehobenem Saum ihrer Kleider bogen sie in den Schlossgarten ein. Der Kies unter ihren Füßen war rutschig, aber die Aussicht mit der Beute davonzukommen, ließ sie alle Vorsicht vergessen.

    „Guten Morgen, Euer Hoheit“, stieß Astrid urplötzlich aus und kam vor Königin Marlen zum Stehen.

    Die restliche Gruppe musste umgehend anhalten, um nicht in Astrid hinein zu rennen.

    „Guten Morgen, Fräulein Astrid“, erwiderte die Königin, und die restlichen jungen Frauen schluckten trocken.

    Vielen Dank für deinen Kommentar :blush: <3 <3

    Das Vermengen mehrere Ideen, welche man nicht komplett aufgeben will mag ich persönlich auch sehr gerne, auch wenn es manchmal schwer sein kann.

    Ja, da ich viel im High Fantasy unterwegs bin, ist es da "machbar". Natürlich nicht alles Wort für Wort, aber man kann es etwas umbasteln. :D

    Insgesamt finde ich diesen Anfang schon einmal ziemlich vielversprechend. Er ist schön bildlich dargestellt und ich hätte gerne weitergelesen, wenn es schon ein wenig mehr zum Lesen gegeben hätte. :)))

    Hahaha, ja, habe vor zwei Stunden erst den Prolog online gestellt. 8) Meist postet man in gewissen Abständen, um Lesern eine Chance zu geben, es lesen zu können. Ein zu großer Output kann manchmal dazu führen, dass Leser nicht hinterherkommen. Vielleicht bekomme ich den ersten Part vom 1. Kapitel morgen gepostet. :blush:

    Liebe Grüße

    Jenna

    Guten Mittag alle miteinander,

    Jahre ist es her, gefühlt oder tatsächlich, dass ich zuletzt eine Geschichte im Forum gepostet habe. Na ja, zumindest eine ohne CoAutor :rofl:

    Seit einiger Zeit arbeite ich wieder an etwas, was ich als Nebenprojekt und "Ventil für Hirndünnschiss" bezeichnen würde. Ich habe auch erstmal ein bisschen geschrieben, um sicher zu sein, dass es nach drei Seiten nicht direkt wieder im Mülleimer landet. :schiefguck:

    Lustig ist dabei, dass ich alte Werke von mir einfach komplett miteinander vermischt habe, weil ich sie nicht weiterführen, aber auch nicht "töten" wollte. Geschüttelt, nicht gerührt - quasi.

    Es ist vermutlich in das Subgenre "Abenteuer" einzugliedern, obwohl auch ein bisschen Humor, Drama ect. drin sein wird. Ohne Humor geht leider bei mir selten - zumindest wenn es sich anbietet.

    Mal schauen, wo es hingeht :rofl:

    An Art der Kommentare habe ich nichts bestimmtes im Sinn. Das kann jeder machen wie er kann, will, bockig ist ... 8o Ob ich das mal einreichen würde irgendwo, wenn es brauchbar wird, weiß ich nicht. Daher betrachte ich das Geschriebene recht objektiv.

    Liebe Grüße

    Jenna


    Prolog


    Schwarze Wolken verhangen den Himmel, während Rauchschwaden über den Boden waberten. Lautlos begruben sie die bereits Gefallenen unter einer zarten Decke, als wollte sie diese vor den weiteren Geschehnissen verbergen. Schreie erklangen zwischen dem Klirren von Metall auf Metall, und das tiefe Raunen von brennenden Geschossen ging nahezu im Lärm unter.

    Verzweifelt versuchten die Männer, ihre Linien zu halten, wurden aber von den plötzlich auftauchenden Blitzen immer wieder auseinandergerissen. Es war kein fairer Kampf, der stattfand, obwohl sich gut ausgebildete Soldaten unter den Kämpfenden befanden. In einer Welt, in der ein einzelner Zauber über Leben und Tod entscheiden konnte, hatte ein Mann mit Schwert und Schild nicht viel entgegenzusetzen. Sie konnten nur auf ihre Überzahl hoffen. Ein jeder der tapferen Männer hielt Ausschau nach dem Ursprung der donnernden Magie, der sich nicht zeigen wollte. Ein jeder von ihnen wollte die Klinge führen, die den Kopf des Krieges von dessen Hals trennte. Das Einzige, was diese Soldaten besaßen, war ihr Mut. Mit ihren Schilden preschten sie vor, drängten die bereits ermüdeten Magier zurück und trampelten sie nieder, während nachkommende Männer sie mit ihren Lanzen erstachen.

    Befehle hallten über das einst grüne Tal von Efrenheim, und Blut färbte den Boden vom Land der Sonnenkinder in ein warmes Rot.

    Sie gaben nicht auf! Wankten nicht! Sie ließen die Furcht nicht über sich herfallen wie ein Wolf über ein Schaf! Man hatte ihnen beigebracht, dass ihr Tod einem höheren Zweck diente. Es sollte Frieden für sie geben. Für sie, ihre Kinder und Kindeskinder. Frieden, sobald der Krieg fallen würde - und mit ihm sein Gefolge.

    Und dann zeigte sich das Monstrum der Schlacht.

    Finsternis umhüllte die fremde Gestalt, und es kam den Männern vor, als stammte der dichte Nebel allein von ihr.

    An einer Anhöhe schulterte der Krieg mit seiner Rechten das Schwert und griff mit der Linken demonstrativ gen Himmel, als wollte die geborene Schlacht nach den Wolken fassen. Blitze umhüllten den Arm bis zur Schulter, welche kurz darauf durch eine Armbewegung über das Feld freigelassen wurden.

    Erneut erklangen Schreie, und in unmittelbarer Nähe des Krieges fielen die Männer wie Asche zu Boden. Es war unmöglich, zu sehen, ob die Person unter ihrer Rüstung dabei irgendwelche Regungen zeigte. Ob Mitleid oder ein Zögern vorhanden waren. Der pechschwarze Helm mit den zwei silbernen Stierhörnern verdeckte das Gesicht bis auf winzige Öffnungen an den Augen, die aus der Ferne nicht einzusehen waren.

    Mit einer unheimlichen Gelassenheit stieg der Krieg von der Anhöhe hinunter; über glühende Tote hinweg, bis er an der vordersten Linie der feindlichen Soldaten innehielt.

    Die noch stehenden Männer erhoben zum Schutz ihre Schilde, die mit heiligen Runen bemalt waren, an denen Feuer und Blitz abprallten, als sei es ein schwacher Windzug. Aber das nur, so lange sie unbeschädigt blieben.

    Der Krieg schwang sein Schwert und rammte es vor sich in den aufgeweichten Boden, woraufhin die Erde aufgerissen wurde wie brechendes Eis. Die Risse wurden immer größer, wuchsen zu Schluchten heran und verschlangen die freien Männer der Sonnenbergfeste.

    Als alles verloren schien, kaum ein Soldat sich noch auf den Beinen halten konnte, hörten sie das Wiehern eines Pferdes. Ein Ritter mit einem Bärenkopf als Wappen galoppierte über das Aschefeld, bewaffnet mit einer einzelnen Lanze, die er ohne zu zögern dem Krieg entgegenwarf ...