Beiträge von Zarkaras Jade im Thema „Lichter [Arbeitstitel]“

    :hail:Danke, MissValkyrie für dein detailiertes Feedback!:hail:

    Dass du das Alien nicht unbedingt als bedrohlich aufgefasst hast, sondern dich der Body Horror mehr ansprach, sehe ich nicht als negativen Kritikpunkt an.:alien: Am Ende kann ich als Autor das eh nicht immer beeinflussen, wie nun was auf die Leser wirkt. Die anderen Leser fanden das Alien schließlich schon recht gruselig und gefährlich. Der Body Horror war da natürlich von mir extra so gewollt, weil ich stark davon ausging, damit die Leute noch "leichter" zu catchen. Außerdem waren das auch meine Lieblingsstellen.:this: :ninja::ninja::ninja:

    Wenn du magst kannst du mich dort aufklären, ewt. kan ich mich einfach nicht mit dem teil von Rene und Frank identifizieren?
    Schlussendlich waren das nur meine gedanken, und ich würde gerne hören was du denkst, wie deine karaktere in den momenten der flucht/ gefahr usw. ticken.

    Ich glaub, das ist dann eine Sache der persönlichen Einstellung. Frank und Renée war natürlich bewusst, dass irgendwo dieses Monster lauern könnte, aber sie wussten nicht, wo es ist. Schließlich haben sie es beim ersten Mal irgendwo im Wald gesehen, dann nachts im Lager und dann nochmal nachts auf der Straße. Drei verschiedene Orte, die schon ein gutes Stück auseinander lagen. Also gingen sie davon aus, dass das Monster auch längere Strecken zurücklegen würde, wenn es sein muss. Für sie erschien der schrottreife Jeep ein sichererer Ort zu sein, als draußen im Freien zu bleiben. Sie waren ja quasi ohnehin mitten im Nirgendwo und auf das Alien nicht ausreichend vorbereitet. Natürlich hätten sie vorgehabt, am nächsten Tag den langen Fußmarsch anzutreten, aber das Alien machte ihnen dann einen Strich durch die Rechnung.

    Zusätzlich spielte da auch ein gewisser Helferinstinkt und Pflichtbewusstsein mit rein. Sie sahen die Teenager in diesem Fall eher als Kinder, denen es zu helfen galt. Robs Schilderungen, sowie die Erkenntnisse im Lager der Jugendlichen, waren zu uneindeutig, um klar ausschließen zu können, dass niemand mehr von ihnen überlebt hatte.

    Am Ende sind es viele kleine Faktoren, die die Entscheidungen eines Charakters beeinflussen können. Und manchmal machen Menschen nun mal irrationale Sachen, die sie in anderer Konstellation bestimmter Faktoren anders getan hätten.


    Wie versprochen habe ich den Epilog erneut überarbeitet und zusätzlich noch ein paar Textstellen erweitert. Ich hoffe, der Epilog ist nun etwas (oder bestenfalls ausreichend) schlüssiger und wirft nicht mehr unnötige Fragen auf. Die editierten Hinweise hab' ich in den Spoiler gepackt.

    Editierungen

    Das Alien drang in seinen Kopf ein. Irgendwas empfing er. Irgendwas Undefinierbares. Als wären ihre Gedanken miteinander verbunden. Bilder schlichen sich in seinen Kopf ein. Völlig abstrus und surreal. Wie durch ein Kaleidoskop war alles mehrfach gespiegelt und von einem grün-goldenen Schleier überzogen. Es waren verschiedene Sequenzen gleichzeitig. In der einen schleppte er seinen ramponierten Jeep durch den Wald, in einer anderen lief er mit einem Hund umher und in einer dritten Sequenz trug er Alys' leblosen, nackten Körper.

    Eine weitere Szene blitzte auf. Er sah sie beide, wie sie gerade durch das toxische goldene Gas liefen. Rasch näherte er sich Renée von hinten und streckte seine Krallen neben ihren Körper aus. Spitze, scharfkantige Objekte stachen ins Sichtfeld, die er offenbar versuchte, von ihr wegzudrücken.

    Er wollte weitererzählen, doch plötzlich strömte silberner Nebel von der Decke hinein. Silberner Nebel? Schnell kam die Panik wieder auf. Schlagartig verkrampfte er, konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.

    Was folgte, waren Stunden. Endlose Stunden, in denen sie beobachteten und versuchten, zu verstehen. Ab und zu tauchte das Alien auf einem der Bildschirme auf und sie konnten es dabei verfolgen, was es anstellte. Ab und an war es bei den Menschen anzutreffen, tastete deren Körper ab oder hantierte an den Anschlüssen umher. Manchmal lief es einfach nur durch das Schiff, schien aber immer den einen Raum zu meiden, in dem der goldene Nebel war.

    Die spitzen Klauen fingerten nach ihr, berührten ihr kreidebleiches Gesicht und verharrten regungslos …

    Danke für eure Rückmeldungen zum Epilog Kirisha  Jufington und Tariq !

    Der Schluss kam dann etwas abrupt und fast als ob da noch ein kleines Kapitel fehlt in dem man erkennen könnte dass die anderen Jugendlichen doch nicht tot sind. Ich hatte in dem vorletzten Kapitel doch eher den Eindruck dass die toten Körper sich noch auf "untote" Weise bewegen aber keinesfalls dass sie eventuell zu retten wären. Vielleicht könntest du da noch etwas basteln.

    Ich glaube, ich schliesse mich Kirisha da an. Das Ende kommt wirklich abrupt. Grundsätzlich finde ich es gut, wenn ein Ende auch Fragen aufwirft und Unklarheiten lässt. Gleichzeitig müssten für mich im Tausch dann aber auch andere Fragen geklärt werden. Dieser Schluss lässt bei mir jetzt nur Fragen entstehen. ?(

    Habe ich schon befürchtet, dass das Ende noch zu viele Fragen offen lässt.:hmm:

    Ich werde schauen, ob ich noch etwas mehr in den Epilog schreiben kann, um die meisten (oder die wichtigsten) deiner Fragen Jufington aufzulösen. Aber ich denke, ich werde in den letzten Parts noch einige Eindrücke hinzufügen, um mehr Hiweise zu liefern.:hmm: Ich sehe da auch schon 2 Szenen, an denen das vermutlich ganz gut machbar ist. Ich muss nur aufpassen, dass ich wirklich nicht den Erklärbär raushängen lasse.:sack:

    Danke vielmals für eure Kommis Tariq und MissValkyrie ! Leider kam bisher keine weitere Anmerkung dazu, weshalb ich mich nun vollkommen auf euer Schlusswort dazu einlassen muss.

    Ich verlinke jetzt trotzdem mal noch Jufington  Acala und Kirisha hier, damit auch wirklich jeder von euch aufmerksam gemacht wird auf diesen Post!:ninja::ninja::ninja:

    Kleine Anmerkungen

    Die Sache mit den verschwundenen Tieren habe ich versäumt, einzubauen. Aber ich habe mir dazu schon Gedanken gemacht und es auch nochmal kurz angerissen.

    Falls ihr (oder generell Jemand) auf ein "plötzliches" Verschwinden der Uhr(en) hinweisen wollt, das ist mir im Laufe der Geschichte auch aufgefallen, dass Frank und Renée seit der Verfolgungsjagd des Aliens kein einziges Mal auf angesprochene geschaut haben. Ich werde es (bei der Überarbeitung) noch mal genauer einbauen, dass die Uhr(en) in der Nähe des UFOs nicht funktionieren, da das UFO ein elektromagnetisches Feld ausstrahlt, was elektrische Geräte (Digitaluhr und Handy) stört. Das wollte ich auch in Verbindung mit den vielen Vögeln setzen, die einerseits das UFO generell aus Neugier besetzen und andererseits durch das plötzlich entstandene starke elektromagnetische Feld in ihrer Orientierung beeinflusst wurden.

    Schlusswort!

    So sehr ich euch nun enttäuschen muss, so sehr bin ich aber auch froh, endlich mal eine Geschichte zuende gebracht zu haben. :pflaster:

    Ich wage zu behaupten, für mich ist das Ende, so wie es aktuell ist, unbefriedigender als für euch. Aber ich habe schon so lange darüber spekuliert, wie ich es gestalten will, dass ich mit jeder neuen Überlegung immer weniger Lust darauf hatte. Aber wenn es nun mal endet, dann endet es nun mal. :pardon: Vielleicht fallen mir (irgendwann) noch ein paar (geistreiche) Sätze mehr dazu ein, aber jetzt soll es erstmal so bleiben. Vielleicht ist es auch ausreichend von der Länge her und bedarf keiner weiteren Worte, oder ich muss tatsächlich noch einiges mehr an "Wissen" einbauen, um den Schluss zu verstehen (oder nicht zu verstehen :ninja: )

    EDIT: Ich habe den Epilog neugeschrieben, auch wenn ich noch immer nicht zu 100% zufrieden bin. Aber ich hoffe, er gefällt euch trotzdem und ist nicht zu verwirrend.

    Es hat mir viel Spaß gemacht, die Idee dieser Geschichte fortzuführen und euch damit hoffentlich auch etwas Unterhaltung beschert zu haben. Vielleicht war es auch tatsächlich etwas gruselig, was mich umso mehr freuen würde. :ninja:

    Epilog:

    Geduldig stand Frank an der Rampe zum Frachtraum und blickte zum Alien, das gerade aus diesem kam. In dessen Krallen hielt es eine fußballgroße, rot pulsierende Sphäre, die es dann vorsichtig Frank überreichte. Zuerst schaute er es ratlos an. Aber das Alien sendete ihm wieder Bilder in den Kopf, mit Verweis auf das Fahrzeug, das sie mit Hilfe des Außerirdischen aus dem übrigen Schrott zusammengebaut hatten. Mit der Zeit hatte Frank diese Art der Kommunikation zu interpretieren gelernt.

    Lächelnd nahm er die Kugel entgegen und nickte dem Außerirdischen verstehend zu. Anschließend streckte es ihm eine seiner Krallen aus, die Frank dann mit seinem linken Zeigefinger berührte. Nachdem sie in dieser Position einen Moment verharrten, wandte sich das Alien von ihm ab und stampfte zurück ins Schiff. Umspült von kaltem Nebel und grellem Licht entfernte er sich mit der Sphäre in den Händen vom UFO und lief mit strammen Schritt in Richtung der anderen, die sich am Waldrand versammelt hatten.

    Mit zusammengekniffenen Augen blickte Frank kurz zurück zum schwarzen Ungetüm, das gerade im Begriff war, abzuheben. Er musste sich beeilen, denn unverzüglich begann der Boden zu beben. Kaum, dass man sich auf den Beinen halten konnte, so stark vibrierte die Erde unter ihnen. Lärmendes Getöse, lauter als ein Düsenflieger, prasselte auf sie ein. Äste, Laub und Geröll wirbelten ungestüm umher und bildeten zusammen mit dem dichten Nebel eine regelrechte Wand. Das UFO fuhr langsam die gewaltigen Stützen ein und riss dabei große Brocken grasbewachsener Erde aus dem Boden.

    Frank gesellte sich zu Renée, legte vor sich die rot leuchtende Kugel ab und widmete sich nun auch dem Raumschiff.

    Sie streckten alle ihre Hände aus und winkten dem immer höher steigenden Raumschiff hinterher. Zuerst noch klar zu erkennen als weiß pulsierende Scheibe, verblasste dessen grelles Licht mit jeder weiteren Sekunde, bis es nur noch als weicher Schleier in der Dunkelheit zu sehen war. Mit Tränen in den Augen verfolgten sie die letzten Momente, bis das UFO gänzlich in den Weiten des Nachthimmels verschwand.

    „Ich hätte nie vermutet, dass es uns gar nichts Böses wollte“, sagte Rob mit andächtigen Blick zu den Sternen. So sehr das Alien es auch versucht hatte, die schlechten Erinnerungen aus seinem Gedächtnis zu löschen, die letzten Eindrücke vor seinem Tod hatte es nicht entfernen können.

    „Niemand von uns hatte das vermutet“, ergänzte Scott, der immer noch verblüfft war, dass es sogar seinen Hund Miles gerettet hatte. Für ihn ein deutliches Zeichen von Intelligenz und Empathie.

    „Es war halt einfach verzweifelt und wusste sich nicht besser zu helfen“, fügte Cynthia an, die mit ihrem Freund Justin – der lange Zeit nur vermutete vierte Teenager – innig im Arm lag und verliebte Blicke austauschte. „Wären wir auch gewesen an seiner Stelle.“

    „Ich frage mich immer noch, woher es die medizinischen Kenntnisse hat“, grübelte die Frau, die hinter ihnen stand.

    „Ich hab' eine Vermutung“, ergänzte ihr Ehemann, der direkt neben ihr stand. „So, wie es uns seine Erinnerungen zeigen konnte, konnte es wahrscheinlich auch in unsere schauen.“

    Sie beide waren die ersten, die mit dem Alien Kontakt hatten, aber auch die letzten, die wieder zum Leben zurückfanden. Er als Arzt war für das Alien vermutlich die Wissensquelle schlechthin.

    „So absurd es auch klingen mag, aber irgendwie werd' ich es vermissen“, warf Renée ein und schmiegte sich an Franks Körper, um seinen beruhigenden Herzschlag zu genießen.

    „Ich garantiert nicht …“, ertönte daraufhin Alys' heisere Stimme, bevor sie sich zaghaft über den Hals strich. „Ich hab' immer noch den widerlichen Geschmack im Mund.“

    Aber ein kleines Schmunzeln konnte sie sich dann doch nicht verkneifen.

    Noch eine ganze Weile starrten sie zu den Sternen. Dort hin, wohin das Alien aufgebrochen ist. War es ein Geschenk, das Wissen darüber, doch nicht allein im Universum zu sein? Oder doch eher eine Bürde, mit dieser Erkenntnis fortan leben zu müssen? Ein unvergessliches Erlebnis, das in vielerlei Hinsicht ein Geheimnis bleiben werden würde. Wer sollte es ihnen glauben? Wer sollte es überhaupt erfahren dürfen? Und würden sie es jemals wiedersehen? War die Menschheit schon bereit dafür?

    Für diese kleine Gruppe Menschen sollte hiermit zumindest ein neues Leben beginnen.

    Ein Leben, das das Alien ihnen wieder geschenkt hatte.

    :hail: Danke Kirisha für deinen Kommi! :hail: Heute gibts einen etwas längeren Part! Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob es sich an manchen Stellen nicht vielleicht zu langatmig/monoton liest. Außerdem würde ich gerne wissen, ob ich am Schluss noch mehr Horror einbauen sollte. Also wirklich noch MEHR HORROR! :xeno:

    Gedanken zu Kirishas Anmerkung

    Ich glaube ich hätte nicht gewagt Schläuche aus meinem Hals zu entfernen. Ich hätte Angst gehabt dabei versehentlich Adern aufzureißen und zu verbluten oder was anderes Sensibles zu zerstören das lebensbedrohlich sein könnte. Nicht nur bei mir selbst sondern auch bei Renee. Gerade im Halsbereich - wenn Schleim oder viel Blut in die Luftröhre kommt kann man ersticken. Das ist schon gefährlich. Aber auch im Bauch - da kann man nicht einfach alles rausziehen und "das wird schon". Je nachdem wo es drinsteckt kann das wohl auch Schaden anrichten und nicht nur Schmerz? Darüber würde ich zumindest nachdenken.

    Der zweite Punkt: Wenn Renee bewusstlos ist würde mich das auch beunruhigen. Auch wenn Frank selbst vorher kurz bewusstlos war und dann aufwachte muss das nicht heißen dass er ganz sicher sein kann dass sie "nur" kurz bewusstlos ist und bestimmt aufwachen wird. Ich würde mich daher fragen ob sie in Lebensgefahr ist oder nicht.

    Ein guter Aspekt, den du hier ansprichst. :hmm: An sich habe ich mehrere Möglichkeiten, wie ich diese Szene gestallten könnte. Dass ich es so geschrieben habe, wie es aktuell ist, liegt zum gewissen Teil auch daran, dass ich hier den Fokus auf Body-Horror gesetzt habe. Sicherlich wäre es auch eine Option, diese Szene abzuschwächen (Nur Drähte und keine Schläuche), dann wäre Franks Vorhaben vermutlich weniger riskant zu interpretieren. :hmm: Deine Version/Vorstellung wäre auch eine Option. Nur stellt sich ja dann die Frage, ob ich Renée aufwachen lasse oder nicht. :hmm: Das wiederum sehe ich nicht in Stein gemeißelt, sondern würde ich eher von den Erwartungen der Leser abhängig machen, wenn du verstehst, was ich meine. :hmm: Auch wenn ich der Autor bin, finde ich, kann ich nicht jede Szene so geschehen lassen, wie ich es gern hätte. In diesem speziellen Fall hier übernehmen zum gewissen Teil auch die Leser und deren Erwartungshaltung, sowie die Charaktere die Geschichte.

    Ich würde also vorerst noch abwarten und schauen, was die anderen Leser dazu meinen. :alien:

    Part 28

    Frank dachte über ihre Äußerung nach, konnte sich aber auch keinen Reim daraus machen. Anders, als das letzte Mal, waren sie ja nun zusammen in einem Raum aufgewacht. Man könnte natürlich auch argumentierten, dass sie schließlich auch zusammen ohnmächtig geworden waren. „Meinst du, das Alien will uns irgendwas zeigen?“

    „Na ja …“ Sie zuckte mit den Schultern und schlug ihre Arme seitlich gegen die Schenkel. „Wir leben offensichtlich und sind vermutlich auch hier gefangen …“

    „Ja, wir sind hier gefangen und du hast recht“, Grübelnd schaute er zum gläsernen Monitor, auf Alys und Cynthia, „Es hätte uns ja auch töten können.“

    Renée ging ein paar Schritte durch den Raum und dachte, wie schon Frank zuvor, eingehender darüber nach. Schnell ließ es einen grausigen Gedanken in ihr aufkeimen. Sie spürte, wie ihr ein kalter Schauer über den Rücken fuhr. „Oder meinst du, es will Experimente an uns durchführen?“ Ihr Blick wanderte wieder zur Übertragung. „So, wie bei Rob und den anderen?“

    Sie konnte es nicht mehr zurückhalten, die Trauer. Beinahe augenblicklich schossen ihr Tränen in die Augen. Sie versuchte sie zu verbergen, drehte sich mit Händen im Gesicht von Frank weg. Aber er hatte es schon nach ihrem letzten Wort erahnt und ging zu ihr rüber, um sie zu trösten. Auch wenn sie sich zuerst sträubte, gab sie dennoch nach und begrüßte seine Umarmung.

    „So dürfen wir nicht denken, Renée. Ich glaube nicht, dass das passieren wird.“

    „Aber du weißt es nicht.“

    „Stimmt … Aber ich hab's im Gefühl.“

    Er versuchte, sich zu erinnern. Aber in seinem Gedächtnis klafften große Lücken. Doch er wusste, irgendwo tief im Gehirn war die entscheidende Information. Das fehlende Puzzleteil. Er befand sich in einer Gedankenebene, in der einem der Kopf völlig leer vorkommt, obwohl man endlose Möglichkeiten und Perspektiven sieht. Alles um ihn herum schien für diesen Moment nichtig. Ziellos schweifte er nicht nur gedanklich, sondern auch im Raum umher.

    Irgendwann wurde er von Renées quietschender Stimme unterbrochen. Sie rief seinen Namen, mehrmals nacheinander.

    Mit ausgestrecktem Arm zeigte sie auf die Glasfront. „Alys! Sie bewegt sich!“

    Und tatsächlich bewegte sich ihr Körper. Arme und Beine zuckten und strampelten. Wie ein schleimiger Wurm wund sie sich unbeholfen umher. Kabel und Schläuche schlackerten

    Und wäre das schon nicht abscheulich genug gewesen, wurde es noch absurder. Die Schwere in den Bewegungen war Alys' nacktem Leib deutlich anzusehen, als er sich langsam in eine kniende Position verrenkte. Mit tiefem Atemzug – ihr Brustkorb schwoll fast auf doppelte Größe an – bäumte sich ihr Oberkörper immer mehr auf und sie legte den Kopf in den Nacken. Dann atmete sie aus. Unter glucksenden Geräuschen quoll tiefschwarzer Schleim blubbernd aus ihrem Mund und bahnte sich einen Weg am Schlauch entlang. Sie riss die verklebten Augen weit auf und starrte direkt ins Bild. Erneut setzte sie zu einem tiefen Atemzug an und presste wieder unter sichtbarer Anstrengung das zähflüssige Sekret durch ihre Lippen.

    Eine geschätzte Minute ging das Spektakel, bevor Alys' Körper wieder erschlaffte und wie zuvor regungslos am Boden verblieb.

    Frank hatte sich inzwischen zu Renée begeben, die sich völlig verstört die Finger an den Mund presste. Intuitiv umschlang er sie, drückte sanft ihren Kopf an seine Schulter. „Renée, es ist vorbei … Alles wird gut …“

    Sie schluchzte und rümpfte, grub ihre Finger in sein zerfetztes Oberteil. Nur wacklig stand sie auf den Beinen, Frank musste sie stützen. Seine innige Nähe tat ihr gut, beruhigte sie. Stärke. Geborgenheit.

    Nach einer Weile setzten sie sich auf den Boden und genossen in schweigender Stille die Zweisamkeit. Die letzten Zweifel und Ängste füreinander, die beide zuvor noch hatten, waren aufgelöst. Diesmal hatte Renée Frank nicht abgewiesen, sondern begrüßte sogar sein zärtliches Streicheln ihrer Haut. Sie machten sich Gedanken darüber, was mit Alys geschehen war und wie es nun weitergehen sollte. Der Grund ihres Daseins. Der Grund, warum sie immer noch am Leben waren, obwohl es schon vielerlei Ereignisse gegeben hatte, in denen sie hätten sterben müssen. War die These mit den Experimenten doch nicht so abwegig?

    Zwei Stunden waren vergangen, dann tat sich bei Cynthia etwas. Wie schon zuvor bei Alys gingen auch dort merkwürdige Dinge vor sich. Trotz des großen Bildes war es nur plastisch zu erkennen. Sie hob ihren linken Arm aus der tintenblauen Flüssigkeit und schien nach etwas zu greifen.

    Renée wollte beinahe wieder Panik schieben, aber Frank sprach ihr Mut zu. Er war immerhin nur eine Übertragung und helfen konnten sie ihr ohnehin nicht.

    Schließlich fand Cynthias Hand an einem der Rohre Halt und zog langsam ihren Oberkörper aus dem Becken. Noch zu gut hatte Renée das ausdruckslose Gesicht vor Augen, das sich nun aus der honigartigen Flüssigkeit erhob. Mit all den Schläuchen und Kabeln war es mindestens genauso abartig wie bei Alys.

    Cynthias Körper blieb in sitzender Position. Aber atmen, wie Alys zuvor, tat sie nicht. Vielmehr verharrte er nur in schlaffer Haltung und schwenkte den Kopf umher. Wieder dauerte es nur wenige Minuten, bis auch sie sich wieder in ihre alte Position begab und der Kopf langsam in der zähflüssigen Substanz verschwand.

    Renée musste hier raus! Mit einem Mal riss sie sich aus Franks Armen und rannte zum Schott. Mit voller Wucht schlug sie mehrmals mit der breiten Hand auf das Paneel, anschließend mit der geballten Faust. Rasend vor Wut trommelte sie gegen das schwarze Metall, schrie und schlug sich die Seele aus dem Leib. Tränenüberflossen winselnd. Die Verzweiflung zwang sie auf die Knie, aber sie hämmerte immer weiter auf das Metall ein. Ihr Atem überschlug sich, sie stemmte sich wieder hoch und schlug immer weiter, bis ihre Hände glühten vor Schmerzen.

    Frank musste ihr erneut beistehen und sie beruhigen. Mit roher Gewalt kamen sie hier nicht weiter. Das hat ihnen das Alien auch zuvor schon oft genug gezeigt. Sie waren hier gefangen. Aber, wie Frank vermutete, aus einem speziellen Grund, den sie offenbar noch herausfinden müssen. Bis Renée auch zu dieser Erkenntnis Kam, verging noch eine Weile.

    Anschließend erforschten sie gemeinsam den Raum und dessen Interieur. Mit der Zeit schalteten sich weitere kleine Monitore an – wenn die Maße einer handelsüblichen Haustür als klein zu betiteln waren – und zeigten Übertragungen vom UFO und der näheren Umgebung. Auf einem war der Außenbereich des Schiffs zu sehen. Im vorderen Bereich war eine der fünf Stelzen und im Hintergrund der Einstieg. Auf einem anderen war ein ähnliches Bild zu sehen, aber aus einer anderen Perspektive.

    Was folgte, waren Stunden. Endlose Stunden, in denen sie beobachteten und versuchten, zu verstehen. Ab und zu tauchte das Alien auf einem der Bildschirme auf und sie konnten es dabei verfolgen, was es anstellte. Ab und an war es bei den Menschen anzutreffen, tastete deren Körper ab oder hantierte an den Anschlüssen umher. Manchmal lief es einfach nur durch das Schiff, schien aber immer den einen Raum zu meiden, in dem der goldene Nebel war.

    Dann war es im Frachtraum anzutreffen und schloss Kabel an eine der Sphären an, woraufhin diese zu leuchten anfing. Ein intensives, pulsierendes Violett. Kurz darauf verließ das Alien das Schiff mit einer dieser Apparaturen in den Händen und tauchte auf den Monitoren am hinteren Bereich wieder auf. Ton wurde nur spärlich übertragen. Aber die Bilder reichten vollkommen aus, um verstehen zu können, was sich abspielte. Immer mehr hatten sie den Verdacht, dass alles, was sich seit dem Aufwachen in diesem Zimmer abspielte, von dem Außerirdischen akribisch vorbereitet und geplant war.

    Zeitweise verbrachten sie damit, auf eine Abfolge von sich verändernden, aber wiederholenden Symbolen zu starren. Renée vermutete dahinter eine Uhr oder Ähnliches. Wie spät es genau war, wussten sie zwar dadurch trotzdem nicht, aber es gab ihnen etwas beruhigendes und beständiges.

    Aber am Ende konnten sie doch nur schätzen, wie lange sie bereits in diesem Raum versauerten. Das wohl größte Mysterium von allen war, dass weder Hunger noch Durst oder Müdigkeit auftraten. Allerhöchstens in stark abgeschwächter Form. Was deren Zeitgefühl zusätzlich noch durcheinanderbrachte.

    Irgendwann – sie hatten sich schon damit abgefunden, vermutlich für immer in diesem Raum eingesperrt zu sein – schalteten sich plötzlich alle Monitore ab. Und somit das einzige Medium von Sicherheit. Nun waren sie wieder verschärft auf ihr Gehör angewiesen. Mit jedem weiteren Herzschlag baute sich in ihnen mehr Angst auf. Der Gedanke, dass es vielleicht nur eine vorübergehende Störung oder Ähnliches sein würde, kam ihnen gar nicht erst in den Sinn.

    Das Zischen kam näher. Schwere stampfende Schritte.

    Das Schott öffnete sich und das Alien betrat den Raum.

    Sofort rannte Renée zum Raumende und verkroch sich unter einer Nische. Frank verharrte an Ort und Stelle. Was seine Gedanken dabei waren, wusste er selbst nicht. Eine Mischung aus Angst, Wut und Neugier brodelte in ihm. Davonzulaufen, hielt er für sinnlos. Sich dem Alien zu stellen, glich auch einem Selbstmord. „Lass uns in Frieden!“

    Zielstrebig stampfte das Alien mit ausgestreckten Armen voran auf sie zu und packte Frank im Vorbeigehen. Es dauerte nur Sekunden.

    Renée war in die Ecke gedrängt. Das Alien verharrte vor ihr und bäumte sich auf. Knurren, Zischen, Fauchen.

    Sie schluchzte und keuchte, zitterte vor Todesangst. Tränen überflutet presste sie ihre Arme an die Brust, die Hände zu Fäusten angespannt.

    Stinkender, silbriger Schleim tropfte zäh auf den Boden. Der bedrohliche Schatten des Ungetüms.

    Noch fester schob sie sich an die Wand, rutschte mehrmals mit den Schuhen weg. Kalter Schauer.

    Die spitzen Klauen fingerten nach ihr, berührten ihr kreidebleiches Gesicht und verharrten regungslos …

    :alien: Danke Jufington für deine Anmerkungen und Berichtigungen. :alien:

    Spoiler anzeigen
    Zitat von Zarkaras Jade

    Doch das, was sie unbedingt vermeiden wollten, trat erneut ein. Sie rannten in eine Sackgasse. Wie schon zuvor auf der unteren Ebene war es eine Falle. Aber diesmal waren sie gemeinsam in diese getappt. Die Tür hinter ihnen schnellte herunter und mit dieser auch eine Tür direkt vor ihnen.

    Sofort lösten sie sich voneinander und tasteten die Wände ab.

    Zitat von Jufington

    Die Sätze klingen hier für mich durch den Ähnlichen Aufbau repetitiv.

    Hab's angepasst. Sollte jetzt besser sein.

    Zitat von Zarkaras Jade

    Aber das, was sie unbedingt vermeiden wollten, trat erneut ein. Wie schon zuvor auf der unteren Ebene, gerieten sie in eine Sackgasse. Die Tür hinter ihnen schnellte herunter und sie waren gefangen. Sofort lösten sie sich voneinander und tasteten die Umgebung ab.

    Eine Logikfrage: Das Alien ist doch auf seinem eigenen Schiff. Es kennt diese Tür und kann sie wahrscheinlich bedienen. Warum wirkt es dann, als würde es hier genau so wenig klarkommen wie unsere Protagonisten?

    Richtig, das Alien kennt sich auf seinem eigenen Schiff sehr gut aus. Aber es ist schon so korrekt, wie ich es geschrieben bzw. aufgezeigt habe. :thinking: :this:

    Part 27

    Er legte sanft eine Hand an ihren Hals und begann mit der anderen, vorsichtig den Schlauch herauszuziehen. Auch wenn es ein Wunsch von ihm war, aber den ersten intimen Moment mit ihr hatte er sich garantiert nicht so vorgestellt. Trotz der guten Absicht, fühlte er sich schmutzig und mies dabei. Und die verstörenden Geräusche machten es noch schlimmer.

    Mit jedem weiteren Zentimeter quoll auch bei ihr diese silbrige Substanz aus dem Mund, ergoss sich über seine zitternden Finger. Eine honigartige Konsistenz, die genauso abartig klebte. Glänzender Schaum in ihren Mundwinkeln.

    Frank zweifelte mit jedem weiteren Stück an seinem Vorhaben. Schon allein der Gedanke, so etwas eingeflößt zu bekommen, rief in ihm Brechreiz hervor. Sicherlich, auch in unserer Medizin sind solche Anwendungen nicht selten. Dennoch: dies hier sollte lieber eine einmalige Erfahrung bleiben.

    Endlose Minuten vergingen, Frank hatte den Schlauch endlich entfernen können. Aber nur kurz atmete er auf, bevor er sich dem restlichen Körper zuwendete. Die Erfahrung an sich selbst hatte ihm gelehrt, sich lieber zuerst um den Halsbereich zu kümmern, solange sie noch bewusstlos war. Aber anders als bei sich selbst, machte er es bei ihr deutlich gefühlvoller und überlegter.

    Wieder verstrichen einige Minuten – der Kabelstrang war bereits leicht gelockert und eine Hand voll Drähte gezogen – da leuchtete plötzlich die Glaswand auf. Ein starkes Flackern, gefolgt von einem grellen Licht. Dann war ein Bild zu sehen. Nicht gleichzusetzen mit denen unserer Monitore. Zwar mit stechend scharfer Auflösung, aber in wabenförmiger Struktur. Ganz so, wie die Fassettenaugen eines Insekts.

    Zu sehen war Alys, beziehungsweise der Platz, wo sie lag. Das normalerweise intensive Rotlicht wirkte auf dem Bildschirm blasser, fast grau. Und die Konturen kräftiger. Was den Anblick des nackten Körpers noch grotesker machte.

    Nur mit Abscheu konnte er seine Augen darauf ruhen lassen. Gerade bei Renée im Gange zu sein, erleichterte ihm die Entscheidung. In den letzten Tagen hatte er schon genug Absonderliches gesehen, da war ihm die Nähe zu seiner Freundin – so befremdlich diese auch war – dann doch am liebsten.

    Die Zeit spielte gegen ihn. Wie lange Renée noch bewusstlos sein würde, konnte er nicht einschätzen. Umso intensiver widmete er sich der Entfernung der Metallfäden in ihrem Körper. Dem grotesken Bild im peripheren Sichtfeld schenkte er keinerlei Beachtung und konzentrierte sich allein auf das Gebilde an ihrem Hals.

    Als er es nach viel Schweiß, Angst und Anspannung entfernte hatte, legte er es beiseite und schnaufte kurz durch. Renées kompletter Hals war blut- und schleimverschmiert. Behutsam legte er seine linke Hand auf die Wunde und ließ seinen Blick über ihren restlichen Körper schweifen. Dass er Renée nun auch an Stellen berühren musste, die ihr offenkundig als noch zu intim galten, war für ihn dabei die größte Hemmschwelle.

    „Ich hoffe, du verzeihst mir …“, entschuldigte er sich im Voraus, bevor er sich daran machte, die Drähte an Bauch und Hüfte zu entfernen. So sehr es auch versuchte, er konnte es nicht vermeiden, dass ihre Haut vom schleimigen Blut an seinen Händen benetzt wurde. Es war auch vergebens, es wieder abzuwischen. Die zähflüssige Substanz legte sich wie ein klebriger Schmierfilm auf sie.

    Irgendwann hatte er auch das geschafft und sie vom letzten Fremdkörper befreit. Aber sie war noch immer nicht zu sich gekommen. War er darüber enttäuscht? Oder besorgt? Zumindest schien sie am Leben zu sein, der flachen Atmung und dem ruhigen Herzschlag nach zu urteilen. Und er ist schließlich auch irgendwann von alleine aufgewacht. Und vielmehr konnte er für sie auch nicht tun. Unter anderen Umständen hätte er sich nun mehr um ihr Wohlergehen gekümmert und sie zumindest mit einer warmen Decke oder besser noch mit sauberer Kleidung versorgt, aber er hatte selbst kaum noch was am Leib.

    Er beschloss, die Umgebung genauer zu erkunden. Vielleicht würde er irgendwas finden, was er ihr überwerfen könnte.

    Aber das erste, was ihm ins Auge stach, war ein geschlossenes Schott an der hinteren Wand. Es war offensichtlich auch der einzige Zugang zu diesem Raum. Jedoch konnte er bei genauerer Untersuchung nichts finden, das eine manuelle Öffnung ermöglichen würde. Nur ein breites Paneel direkt daneben an der Wand, auf dem leuchtende Symbole zu sehen waren. Frank kombinierte im Kopf, dass man damit vermutlich das Schott öffnete und versuchte spontan sein Glück. Man könnte das als leichtsinnig auffassen, aber Frank schätzte in Anbetracht der Situation eine davon ausgehende Gefahr als sehr gering ein. Bei der ersten Berührung eines dieser Zeichen färbte sich die komplette Anzeige rot, um Sekunden später die kryptischen Symbole wieder aufleuchten zu lassen. Das Schott blieb verschlossen. Auch bei erneutem und abermaligen Betätigen der Anzeigetafel geschah nichts, woraufhin er schlussfolgerte, dass es keine Möglichkeit gab, diesen Raum zu verlassen. Denn auch nach intensiverem Umschauen, fand er nichts, das er zum Aufhebeln hätte benutzen können. Generell fand er bis auf Kabel und Leitungen nichts, das nicht fest montiert war.

    Bevor er seine Energie gänzlich in die Flucht investierte, inspizierte er eingehender das Interieur. Auch auf den Bildschirmen waren Symbole vorzufinden. Aber wie er sich schon denken konnte, verstand er nichts von alledem. Weder, was die Graphen und Diagramme zu bedeuten hatten, noch, zu was die zahllosen Taster und LEDs an den Wänden gut waren. Allein schon die Dimensionen waren für ihn faszinierend. Selbst der kleinste Monitor hier hatte die Größe einer handelsüblichen Tür. In Anbetracht der Größe des Aliens war das schon verständlich.

    Irgendwann – Franks innere Uhr zählte eine knappe Stunde – sah er keinen Grund mehr, sich eingehender damit zu befassen und gesellte sich wieder zu Renée, die immer noch unverändert am Boden lag. Er hockte sich neben sie, nahm ihre ihre Hand und begann, sie zärtlich zu streicheln. Trotz des verschmierten, schleimigen Blutes auf ihrem Körper und der vielen erröteten Einstichstellen, begrüßte den Anblick seiner Freundin. Aber er verfluchte es auch, dass es zu so einer Situation kommen konnte. Als wäre ein Jagdausflug in einen Wald ohne Tiere nicht schon enttäuschend genug gewesen. Nein, es musste auch noch Tote geben, seltsame Lichter in der Nacht und zu allem Überfluss auch noch ein verdammtes UFO! Ein echtes UFO! Mit einem echten Außerirdischen.

    Frank war noch vertieft in Selbsthass, Trauer und Mitleid, da nahm er eine Bewegung ihrer Finger wahr. Schnell riss er sich in die Realität zurück und fixierte seinen Blick darauf. Wieder bewegten sich ihre Finger. Ein wärmendes Gefühl der Hoffnung stieg in ihm auf und zeichnete ein Lächeln auf seine Lippen.

    Renée öffnete kurz ihre Augen, bevor sie ihr wieder zufielen. Dann würgte sie und hustete klebrigen Speichel. Mit jedem Atemzug würgte sie weiteren Schleim, der ihr durch Nase und Mund in dünnen Fäden herauslief. Frank eilte zu Hilfe und streifte ihr vorsichtig mit der Hand das klebrige Sekret ab. Als er sie berührte, zuckte sie kurz zusammen, realisierte ihn dann aber genauso schnell, was sie mit einem knappen „Danke“ vermerkte.

    Nach einer Weile und viel Schleim stützte sie ihren Oberkörper auf und schaute sich träge um. „Wo sind wir hier?“

    „Keine Ahnung …“, schnaufte Frank kopfschüttelnd. „Die Brücke, nehme ich an …“

    Erneut räusperte sie sich und spuckte ein letztes Mal Schleim neben sich auf den Boden. „Und warum sind wir hier?“

    „Wie meinst du das jetzt?“, fragte er verwirrt.

    „Ich …“, fing sie an und streckte Frank die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. „Ich meine, warum sind wir ausgerechnet hier? Also hier, in diesem Raum? Und nicht dort …“ Sie zeigte auf den Monitor. „Wo die sind …“

    :hail: Danke Kirisha für deine Berichtigungen! :hail: Da haben sich offenbar beim hundertmaligen Umformulieren der Sätze doch ein paar Worte falsch aneinandergereiht. :sack:

    Anbei gleich der nächste Part!

    Part 26

    ***

    Frank kam zu Bewusstsein und fand sich liegend in einem großen gedimmten Raum wieder. Sein Kopf dröhnte, als würden sich stumpfe Schrauben in den Schädel bohren. Ein starkes Pochen an seinen Schläfen, das er nur von Migräne kannte. Sein Mund fühlte sich leicht verkrampft an. Mit den Handballen rieb er sich die Augen und Nasenwurzel. Es linderte ein Wenig die Kopfschmerzen.

    Blinzelnd blicke er sich um. Bleichgold-farbiges Licht, das dem Raum eine einzigartige Atmosphäre verschaffte. Das Interieur wirkte ganz anders, als im Rest des Schiffes. An den Wänden waren matt schimmernde Paneele zu erkennen, die über und über mit blinkenden LEDs bestückt waren und einen wilden Tanz aus Klicklauten und Piep-Tönen aufführten. Ebenso meterbreite Monitore, auf denen Graphen und Diagramme zu sehen waren. Untermalt wurde es von monotonen Summen und leichten Rauschen. Der Boden unter Frank war wieder mit hexagonalen Gitterrosten ausgelegt und an der hohen Decke – geschätzte sechs Meter über ihm – befand sich ein dicht verstricktes Netz aus Kabelsträngen und Rohren. Durch das besondere Licht glänzten sie bronzefarben. Eines der Bündel aus gezogenem Draht führte senkrecht hinab zu einer Art Bedienpult, das sich gute fünf Meter von seiner Position entfernt befand. Sowie eine große Glasfront, die wie eine eingezogene Wand durch den halben Raum ging.

    Franks Kopfschmerzen ließen zu seiner Überraschung langsam nach. Was er natürlich begrüßte, aber auch merkwürdig fand.

    Er erkundete die Umgebung weiter. Soweit er es erkennen konnte, waren die metallenen Rohre mit Raureif bedeckt und von seichtem Nebel eingehüllt. Ebenso stieg auch vom Boden kühler Nebel auf und kribbelte knisternd auf seiner blassen Haut. Und bei näherer Beobachtung fand er nun auch Renée, mindestens zwanzig Meter von ihm entfernt auf der anderen Seite des Raumes.

    Ein Anblick, den er sich niemals gewünscht hatte. Soweit er es im schwachen Licht erkennen konnte, war sie mit filigranen Drähten und Schläuchen bestückt. Sie lag auf dem Rücken, offenbar bewusstlos. Ihre Hose in Fetzen gerissen und der Oberkörper nur noch vom Tanktop bedeckt.

    Nicht auszumalen, wie Frank sich gefühlt hätte, wenn sie ähnlich wie die Teenagerin vollkommen entblößt gewesen wäre. In vielerlei Hinsicht verstörend.

    Er musste sie unbedingt aus dieser Lage befreien! Was er selbst schon für Abscheulichkeiten erlitten hatte und jedes Mal war Renée zur Stelle, um ihm zu helfen. So hilflos und missbraucht, wie er sich dabei fühlte, wollte er ihr dieses Leid schnellstmöglich abnehmen.

    Entschlossen wollte er zu ihr rüber, bestenfalls gehen oder wenigstens kriechen. Denn das Aufstehen wurde durch irgendwas verhindert. Schwache Beine oder irgendeinen Fremdkörper an ihm. Spontan kam die Angst auf, dass auch er mit Schläuchen verbunden war, die ihm schlimmstenfalls in unerwünschten Stellen am Körper stecken würden. Mit bereits aufgebautem Ekel wagte er es und blickte an sich herab. Ein erster Schwung Erleichterung, doch nicht nackt zu sein, brachte zusätzlich die Idee mit, den zuvor gefassten Gedanken verwerfen zu können. Dennoch stellte sich bei genauerem Abtasten der Kleidung heraus, dass seine Hosenbeine bis zum Oberschenkel hin aufgerissen, gar völlig zerfetzt waren und sein Oberteil auch mehr Lappen als Hemd war. Und weiterführend entdeckte er, dass auch in ihm dünne Drähte steckten. In Beinen und Unterarmen. Nun kamen ihm doch Zweifel. Und das Schlucken führte auch einen leichten Schmerz mit sich. War die Annahme der Schläuche etwa doch nicht so abwegig? Nur, dass sie bereits wieder entfernt worden waren?

    Die wiederaufkommende Vorstellung löste den Würgereflex aus. Ihm wurde übel. Aber es blieb bei schleimiger Spucke mit unnatürlicher Färbung.

    Etwas an seinem Hals störte ihn, kribbelte und fühlte sich fremd an. Vorsichtig tastete Frank ihn ab und stieß auch dort auch auf filigrane Drähte, die sich zu einem kleinen Bündel zusammenschlossen und als fingerdickes Kabel von ihm wegführten.

    Entschlossen setzte er Daumen und Zeigefinger an einem der Drähte am linken Bein an. Zuerst zog er nur leicht daran, merkte aber, dass es fester saß, als gehofft. Leider hatte er auch nichts dabei, oder konnte irgendwas in der unmittelbaren Umgebung finden, das er nehmen konnte, um die Metallstrippen durchzutrennen. Und sie entfernen musste er, um sich frei bewegen zu können.

    „Tut mir leid“, keuchte er. „Ich würd' dir gern helfen, aber bin selbst verhindert.“

    Ziehender Schmerz, kaum auszuhalten, durchfuhr sein Bein, als er dabei war, den Draht Stück um Stück brachial herauszuziehen. Ziehen und Reißen. Jedoch nichts im Vergleich zu den Qualen, die er bereits durch diverse Gase hier erleben durfte.

    Es gelang ihm, den ersten zu entfernen. Gute fünf Zentimeter tief hatte er unter der Haut gesteckt, es tropfte noch etwas Blut aus der Wunde.

    „Einer ist raus“, hauchte er den kleinen Triumph. „Fehlen nur noch neun andere …“

    Auch diese entfernte er, jedoch mit immer stärkeren Schmerzen. Nach einer gefühlten Ewigkeit – Zeit wirkte für ihn nun zweitrangig – waren alle Fremdkörper entfernt, nur noch die an seinem Hals fehlten. Doch davor grauste es sogar ihm. Vermutlich hetzte er sich deshalb bei den anderen Drähten nicht ab, um diesen Moment unterbewusst hinauszuzögern, um jetzt doch vor dem Problem zu stehen. Behutsam tastete er mit den Fingerspitzen die Einstichstelle, fühlte die angeschwollene, gereizte Haut. Und immer noch die Fremdartigkeit bei jeder Bewegung des Kopfes. Aber bisher war es nur ein leichtes Ziehen und Kribbeln.

    „Nein, das mach ich nicht …“

    Mit einer Hand hielt er den Bündelstrang am Hals fest und kroch langsam zu Renée hinüber, immer bedacht, sich nicht darin zu verheddern. Aber wie bereits befürchtet, kam er nicht weit. Frank musste sich doch von allen Fremdkörpern befreien. Er musste mehr über diese Strippen in Erfahrung zu bringen und untersuchte Hals und Nacken intensiver. Leider mit der Erkenntnis, dass sie sich offenbar weit verzweigt aufteilten. Einige führten zu Schulter und Kopfansatz.

    „Soll ich's lieber lassen?“, fragte er sich selbst und zum Teil auch Renée, bei der dasselbe Problem bestand.

    Ich würd's mir nie verzeihen, ihr nicht geholfen zu haben. Sie würd's mir nie verzeihen! Natürlich muss ich ihr helfen. Warum sollte sie mit mir zusammen sein wollen, wenn ich mich an sowas aufhänge? Warum denk' ich überhaupt drüber nach? Am Ende hab' ich eh keine Wahl. Der ganze Ausflug war eine Katastrophe. Ich sollte verdammt nochmal stolz sein, dass ich das hier miterleben darf! Renée hat ihr Leben riskiert, um mich zu retten. Ohne sie hätte ich schon dreimal tot sein können …

    Sein Blick ruhte auf ihr. „Nein, ich kann sie nicht leiden sehen. Ich will sie nicht leiden sehen! Lieber sterbe ich bei dem Versuch, sie zu retten, als es gar nicht erst versucht zu haben.“

    Er zog an den Drähten, als hinge Renées Leben davon ab. Wie groß konnten seine Schmerzen schon sein, in Anbetracht von ihrem Zustand? Sie könnte jeden Moment zu Bewusstsein kommen. Und das spornte Frank umso mehr an, ihr das Aufwachen so wenig mies wie möglich zu machen.

    Brennender Schmerz fuhr durch seinen Hals, streute weiter bis zum Schädel. Als würde ihm jemand mit einem Skalpell das Fleisch einritzen. Ihm wurde heiß. Schweiß überströmte sein zitterndes Gesicht. Frank spürte, dass die Drähte sich langsam lösten. Was ihm Hoffnung gab, aber zugleich mit noch mehr Schmerzen verbunden war. Seine Finger zitterten, konnten das sehnige Gebilde kaum noch festhalten. Aber der Gedanke an Renée gab ihm genügend Kraft, diesen Moment durchzustehen und die ungeheuren Qualen zu auszuhalten.

    Immer weiter zog er, presste mit der anderen Hand die Haut an den Hals. Das linderte den Schmerz minimal. Doch die hauchdünnen Fäden knapp unter seiner Haut zu spüren, fühlte sich abscheulich an. Er keuchte und hustete, sein Mund füllte sich mit Spucke. Tränen schossen ihm in die Augen. Die ersten Fäden waren gezogen und mit jedem weiteren ließ der Schmerz etwas nach. Frank spürte nur noch die immense Hitze an seinem Kopf. Ein letztes Mal setzte er an und zog die restlichen Fäden heraus. Wutentbrannt schmiss er den Kabelstrang zur Seite und kroch zu ihr rüber. Vom Nahen war es noch viel verstörender, gar unerträglich für ihn. Tränen überfluteten seine schockierten Augen. Wie ein Neugeborenes lag sie da, schutzlos ausgeliefert und auf seine Hilfe angewiesen.

    Part 25

    „Nein!“, flüsterte er und ballte die Fäuste. „Bleib stark! Es wird dich nicht umbringen.“

    Das Schlurfen kam näher. Ein riesiger Schatten zeichnete sich verzerrt an der Wand ab, breitete sich immer mehr im Korridor aus. Leises Hauchen.

    Sofort versteckte er sich hinter einem Metallträger, zwischen einem Gebilde aus dampfenden Rohren und hängenden Kabeln.

    Es blieb stehen, nur wenige Meter von ihm entfernt. Der Schatten verriet, dass es sich umschaute. Frank hielt den Atem an und quetschte sich immer fester an die eiskalte Wand. Der ihn umströmende frostige Dampf sollte seine Position nicht verraten.

    Der Schatten wanderte weiter in seine Richtung, das Schlurfen kam näher. Dann blieb es direkt vor ihm stehen. Leider konnte er nicht viel erkennen. Die Dampfschwaden raubten ihm jegliche Sicht, noch dazu, dass ohnehin alles in erschlagender Dunkelheit lag.

    Plötzlich ertönte ein lauter Knall, gefolgt von einem noch lauteren Fauchen. Und das Ding schnellte auf ihn zu.

    Frank duckte sich, holte mit dem rechten Arm aus und stürmte mit geballter Faust los. In einem Atemzug brach er aus seiner Deckung hervor, blinzelte kurz und rammte seine Faust in den Körper von …

    Ein dumpfer Schlag auf seinen Kopf!

    Frank stürzte zu Boden. Und mit ihm …

    Das, was er getroffen hatte, war Renée und nicht das Alien. Ebenso war auch sie im Begriff gewesen, Frank und nicht den Außerirdischen zu erschlagen.

    Jaulend presste er sich die Hände an den Schädel, sah nur im Augenwinkel seine Freundin am Boden liegen, wie sie sich verkrampft den Bauch hielt. Unweit neben ihr die Taschenlampe mit dem grellen Lichtkegel Richtung Korridor.

    „Der hat gesessen …“

    „Deine Faust aber auch …“ Renée robbte langsam zu ihm rüber. „Tut mir leid, Frank. Ich dachte, du wärst …“

    „Dito …“

    Trotz selbst noch ziehenden Schmerz im Bauch, kümmerte sie sich lieber um Frank und legte ihre Hände sanft um seine. Ihr Schmollmund sagte bereits alles. Die Priorität zwischen einem Faustschlag in die Magengrube zu einem Hieb mit einem stumpfen Gegenstand auf den Schädel hatte ihr keiner langen Überlegung bedurft. „Alles in Ordnung?“

    „Geht schon wieder.“ Er zwang sich in kniende Position, atmete mehrmals tief durch und stemmte sich wieder auf die Beine. Renée stützte ihn dabei.

    Dann fielen sie sich in die Arme, steckten innig die Köpfe zusammen. Gefolgt von einem leidenschaftlichen Kuss und enger Umarmung.

    Doch das Wiederzusammenfinden lange zu genießen, war keine Zeit. Das Alien war mit Sicherheit auf den Weg zu ihnen.

    „Wir müssen hier weg!“, sagte sie und deutete mit dem Finger zum roten Licht.

    Frank nickte und fischte die Taschenlampe vom Boden auf.

    Sie schritt voran und führte ihn zu dem Raum, aus dem sie gekommen war.

    Als sie ihn zielstrebig betrat, streckte Frank seine Hand nach ihr aus, um sie zu erhaschen. Sonst war sie immer vorsichtig, hier aber nicht? Wenn das allein nicht schon überraschend genug für ihn war, stapfte sie nun gelassen auf die grünlich beleuchtete Wand zu, direkt zu den dort befindlichen Gerätschaften. Gezwungenermaßen folgte er ihr in den Raum mit misstrauischem Blick und mulmigem Gefühl.

    Renée schwenkte zu ihm um. „Ich weiß, blöde Frage, aber hast du mehr Ahnung davon? Könnten das Waffen sein?“

    Stirnrunzeln. In seinem Kopf sprang eine Frage auf, die er sofort stellte: „Du warst bereits hier, nicht wahr?“

    „Wie kommst du darauf?“

    Er zeigte auf die klobige Apparatur, die unweit von ihrer Position auf dem Boden lag.

    „Ja …“, gab sie nur wieder, strich sich verlegen über den Nacken.

    Frank schmunzelte. Er kannte sie einfach zu gut. Konnte es sich aber auch nicht nehmen lassen, dieses Objekt kurz genauer zu inspizieren. Mit beiden Händen versuchte er, das klobige Gebilde – was einem überdimensionierten Drucklufthammer gleichkam – anzuheben. Aber auch er hatte damit schwer zu kämpfen. Davon abgesehen, dass er ohnehin noch leicht erschöpft war. Es wäre anmaßend gewesen, zu behaupten, er hätte auch nur ansatzweise eine Ahnung, ob und wie man diese wuchtige Apparatur halten soll.

    „Also, was meinst du? Ist das eine Waffe?“

    „Dafür ist keine Zeit“, entgegnete er und winkte sie zu sich. „Wenn das Alien …“

    „Wenn das Alien wiederkommt …“, unterbrach sie ihn, „und wir es damit angreifen, dann …“

    „Ich kann das Ding nicht mal tragen, Renée! Geschweige denn bedienen …“

    Wieder hörten sie das Zischen des Aliens. Diesmal lauter und aggressiver.

    Frank packte Renée unverzüglich am Arm und lief los. Sie war gleicher Auffassung, nur war er schneller in der Umsetzung. Als beide den Raum wieder verlassen hatten, sahen sie bereits die vier leuchtenden Augen am Ende des Korridors.

    Erneut begann eine Hetzjagd. Wieder verfolgt von den leuchtenden Augen rannten sie durch das Schiff, wie schon zuvor durch dunkle Schächte und vernebelte Korridore. Aber das, was sie unbedingt vermeiden wollten, trat erneut ein. Wie schon zuvor auf der unteren Ebene gerieten sie in eine Sackgasse. Die Tür hinter ihnen schnellte herunter und sie waren gefangen. Sofort lösten sie sich voneinander und tasteten die Umgebung ab. Renée fiel auf, dass die Wand auf ihrer Seite sich vollkommen anders anfühlte. Sie war spiegelglatt und ebenso rutschig. Sie trommelte mit den Fäusten dagegen und hatte einen Verdacht. „Das ist Glas!“

    Kaum dies ausgesprochen, blitzten auch schon die Lichter hindurch, mitten in den Raum hinein. Nur einen Bruchteil später presste das Alien seinen mächtigen Körper an die gewaltige Glasfront. Renée schrie auf und sprang entsetzt zurück, wäre beinahe rücklings hingefallen. Kratzend fuhr das Monstrum mit den langen Krallen über das Glas und erkundete mit den vier Augen den Raum. Fauchen und Zischen. Silbriger Schleim tropfte langsam aus dem mit spitzen Zähnen besetzten Maul. Die überdimensionierten Rückenstacheln stellten sich leicht auf und der lange Schwanz wand sich über den Kopf hinweg. Dann fixierte es sich auf Frank und durchbohrte ihn mit seinen Blicken. Es war ein intensives, einnehmendes Starren. Frank konnte sich dem nicht entziehen. So sehr er auch wollte, er konnte seine Augen nicht dazu bewegen, wegzuschauen.

    Nur gedämpft nahm er Renées Stimme wahr, die ihm schreiend zurief.

    Das Alien drang in seinen Kopf ein. Irgendwas empfing er. Irgendwas Undefinierbares. Als wären ihre Gedanken miteinander verbunden. Bilder schlichen sich in seinen Kopf ein. Völlig abstrus und surreal. Wie durch ein Kaleidoskop war alles mehrfach gespiegelt und von einem grün-goldenen Schleier überzogen. Es waren verschiedene Sequenzen gleichzeitig. In der einen schleppte er seinen ramponierten Jeep durch den Wald, in einer anderen lief er mit einem Hund umher und in einer dritten Sequenz trug er Alys' leblosen, nackten Körper.

    Eine weitere Szene blitzte auf. Er sah sie beide, wie sie gerade durch das toxische goldene Gas liefen. Rasch näherte er sich Renée von hinten und streckte seine Krallen neben ihren Körper aus. Spitze, scharfkantige Objekte stachen ins Sichtfeld, die er offenbar versuchte, von ihr wegzudrücken.

    „ … alles in Ordnung?“, drängte Renées Stimme sich wieder in den Vordergrund und brachte Frank in die Realität zurück. Verwirrt schüttelte er den Kopf und somit auch noch die letzten Visionen hinfort.

    „Frank, geht’s dir gut?“

    Noch immer starrten er und das Alien sich tief in die Augen. Und er meinte einen Hauch von Verzweiflung aus ihnen lesen zu können.

    Ein weiteres Mal hörte er Renées Stimme. „Frank! Alles in Ordnung?!“

    Dann lösten sie ihren Blickkontakt und das Alien verbarg sich wieder in der Dunkelheit.

    Frank kniff die Augen zusammen, rieb sich angespannt die Nasenwurzel.

    Seine Freundin – sie hatte sich inzwischen zu ihm geschlichen – packte sein Kinn und schaute ihm nun auch tief in die Augen. „Was war denn los?“

    „Ich … Ich weiß es nicht … Es war in meinem Kopf. Zeigte mir irgendwelche Bilder …“

    Er wollte weitererzählen, doch plötzlich strömte silberner Nebel von der Decke hinein. Silberner Nebel? Schnell kam die Panik wieder auf. Schlagartig verkrampfte er, konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.

    Renée reagierte sofort, riss ihren Rucksack auf und schüttete den Inhalt aus. Irgendwas musste dabei sein, um sich gegen diesen Rauch zu wappnen. Doch bis auf ein letztes Wechselshirt war nichts brauchbares dabei. Schnell zerriss sie es, reichte Frank eine Hälfte und band sich ihre um die Atemwege.

    Der Nebel baute sich immer mehr auf. Im Lichtkegel der Taschenlampe war das metallene Glitzern gut zu erkennen und wie sich diese toxische Substanz mit der Atemluft vermischte. Mit den Textilien im Gesicht kauerten sie sich neben der Tür zusammen und beschränkten das Atmen auf ein Minimum. Es kribbelte bereits auf ihrer Haut. Das bedeutete, die Konzentration war schon recht hoch. Mit jeder weiteren Sekunde strömte mehr von diesem Gas in den Raum und machte die Luft stickiger. Aus dem Kribbeln wurde schnell ein leichtes Brennen. Die Stoffe reichten nicht aus, der feine Nebel kroch hindurch und bahnte sich den Weg in ihre Atemwege.

    In letzter Verzweiflung suchten Renées Lippen Franks Mund. Fest umschlungen, wollten sie alles Mögliche versuchen, um den Silbernebel aus ihren Lungen wegzuhalten. Und wenn sie dafür die Atemluft des jeweils anderen aufnehmen mussten. Das Aerosol wurde immer kompakter und aggressiver, durchdrang ihre Klamotten und setzte sich spürbar wie ein Schmierfilm auf der Haut ab. Es fühlte sich an, als würden sie verbrennen …

    :hail: Danke Acala für deinen Kommentar und deine Gedanken zu bestimmten Passagen und meinen Anmerkungen! :hail:Und du hast es auch exakt so verstanden, wie ich es gemeint habe. :thumbup:

    Anbei geht es endlich! ENDLICH! weiter in der Geschichte! =O Nach einer viel zu langen und so nicht geplanten Pause! :ninja:

    Part 24

    Sofort kam wieder die Panik auf, die sie bisher so gut in Schach halten konnte.

    Hektisch öffnete sie die Vordertasche ihres Rucksacks - Der Schiebegriff glitt ihr dabei mehrmals aus den Fingern – und holte den kleinen Notizblock und Kuli hervor. Mit schneller Handbewegung kritzelte sie ein grobes 'bin im Ufo' und steckte ihn im Ganzen in Franks Brusttasche.

    Ein erneuter flüchtiger Blick nach hinten. Das violette Licht war intensiver geworden.

    Schnell zog sie noch eine Hand voll Drähte aus seiner Brust – dieses Mal rabiater – und trat wieder die Flucht an. Je mehr Vorsprung sie haben würde, umso mehr Zeit hätte sie auch, ein neues Versteck zu finden. Sie konnte sich noch grob an den Verlauf des Hauptkorridors sowie einiger Nebengänge erinnern und folgte gezielt diesem Weg. Mit wachsamen Auge und Ohr lief sie durch das intensive Rot und die überfüllte Geräuschkulisse.

    Immer wieder schaute sie gehetzt nach hinten und vergewisserte sich, dass sie auf genügend Abstand blieb. Der rasende Schlitten holte sie dennoch ein. Das gebündelte violette Licht durchbohrte Renée wie ein Nadelstich und projizierte ihren Schatten wie einen Nebelgeist vor sie.

    Als sie an einem ihr unbekannten Gang vorbeikam, nutzte sie diese Gelegenheit, in der Hoffnung, dadurch dem Schlitten zu entkommen. Ein schwarzer Korridor, der nur von diffusem Bodenlicht mit Helligkeit versorgt wurde. Aber selbst dieses reichte nicht aus, damit sie sich ein Bild von der Umgebung machen konnte. Allein, dass auch dieser Weg von dichtem Nebel durchzogen war, brachte sie in Erfahrung. Selbst ihre Taschenlampe nützte ihr hier nichts, im Gegenteil. Sie behinderte Renée sogar. Der Nebel streute das gebündelte Licht so sehr, dass eine regelrechte Wand entstand. Feuchte knisternde Luft, die von Eiskristallen durchzogen war.

    Mit den Gedanken immer noch bei dem Schlitten, rannte sie beinahe blind umher. Konnte nicht entscheiden, ob das sie verfolgende Ding oder ein plötzliches Hindernis größere Gefahr bedeuten würde. Bei jedem Atemzug spürte Renée die Kälte in ihren Lungen. Es kribbelte auf ihrer Haut, bewegte die feinen Härchen zum Aufrichten. Wie weiße Säulen brachen die Lichtkegel aus dem Boden heraus und durchschnitten die verschleierte Luft, grenzten sich merklich von der Finsternis ab. Das kreischende Geräusch wurde leiser und entfernte sich hörbar. Das gab Renée die Gewissheit, dass die Apparatur sie vorerst nicht weiterverfolgte. Nun konnte sie sich fokussierter auf diese Situation hier einstellen. Sie entschleunigte ihre Schritte und tastete sich nun vorsichtiger mit ausgestrecktem Arm durch diesen scharfen Hell-Dunkel-Kontrast.

    Es dauerte nur Augenblicke - vielleicht fünfzig Meter - da erreichte sie eine Rampe. Sie sah sie nicht, sondern spürte es nur unter ihren bleiernen Füßen, wie sie langsam eine Steigung erklommen. Und als das Licht erneut verschwand, dafür aber die nächste Säule erst einen guten Meter höher ansetzte, war es eindeutig.

    Neue Gedanken kreisten ihr im Kopf herum. Eine zweite Ebene, die es zu erkunden gab. Weitere Möglichkeiten, einen Ausweg zu finden.

    Tief durchatmend sattelte sie ihren Rucksack neu und schritt mit frischem Mut in die zweite Ebene. Ein Anflug von Freude auf ihrem Gesicht. Wenn auch etwas unangebracht, zeigte sich der Entdeckungsdrang und schob die Panik vorerst in den Hintergrund. Dennoch vergaß sie nicht, dass das Alien auch hier lauern konnte. Der Gedanke an einen zweiten Außerirdischen kam ihr auch in den Sinn. Ausschließen konnte sie es nicht. Aber es zu bestätigen, bevorzugte sie noch weniger.

    Spekulationen, die sie nicht gebrauchen konnte. Sie dachte nicht weiter drüber nach und konzentrierte sich wieder auf ihr vorrangiges Ziel: einen Ausweg finden.

    Wieder mit schnellem Schritt lief sie den Korridor entlang und kam an vielen Abzweigungen vorbei. Aber alle samt waren durch große Tore verschlossen. Mit jedem weiteren unpassierbaren Weg, wurde ihre anfängliche Euphorie weiter gedämpft und schlug langsam in Enttäuschung um.

    Als sie fast am Verzweifeln war – sie hatte das UFO gefühlt bereits zur Hälfte umrundet – fand sie endlich doch einen Raum, der nicht versiegelt war. Sie blieb davor stehen und leuchtete vorerst mit der Taschenlampe hinein. Auch dieser war in Dunkelheit gehüllt. Nur wenige Bereiche der Wände waren von blassgrünem Licht minimal ausgestrahlt. Sie konnte grobe Metallgerüste mit seltsamen Apparaturen erkennen. Auch wieder viele Rohre und Kabel. Aber kein Nebel und vor allem keine Menschen. Das stimmte sie spontan positiv. Aber brachte sie auch ins Grübeln.

    Warum waren alle anderen Räume verschlossen, nur dieser nicht? Sollte es eine List sein? Wusste das Alien, dass Renée nach hier oben gefunden hatte und wollte sie somit in eine Falle locken? Oder war es reiner Zufall?

    Noch ein weiteres Mal durchsuchte sie den Raum vom Korridor aus mit der Taschenlampe und ging dann hinein. Schlaksig auf den Beinen erkundete sie die metallenen Objekte an den Wänden, konnte aber nur wenig damit anfangen. Für sie als Mensch sahen einige davon wie Waffen aus, andere nur wie Werkzeuge. Vorrangig machte Renée es an der Größe und Form fest. Selbst für ihre Verhältnisse sehr filigrane Schläuche, grobschlächtige Griffe und pulsierende Knöpfe.

    Zuerst zögerte sie, nutzte dann aber die Gelegenheit und griff sich eines der kleineren Objekte. Sie pustete und schnaufte, setzte mit den Händen neu an. Sie hatte schon geahnt, dass selbst dieses Gerät eine Menge an Gewicht mit sich bringen würde. Nur mit äußerster Anstrengung konnte sie es aus der Ablage heben, musste es aber gleich wieder absetzen. Wie ein Fallhammer schlug das Ding auf und ein gewaltiges Krachen hallte durch den Raum.

    Renée ließ es gänzlich fallen und musste einen großen Satz nach hinten machen, sonst wäre es auf ihre Füße gekracht. Aufgeschreckt vom gefolgten Scheppern rannte sie wie eine aufgescheuchte Katze durch den Raum und blieb an der Wand neben dem Eingang stehen. Starr presste sie sich mit dem Rücken gegen diese und lehnte den Hinterkopf an. Sofort machte sie die Taschenlampe aus und lauschte in die Dunkelheit.

    Zittern und Herzklopfen. Die Angst lähmte sie beinahe.

    Ob das Alien sie gehört hatte?

    Verkrampft hielt sie die Taschenlampe zum Schlag bereit.

    Minuten verstrichen, aber nichts geschah. Langsam hatte Renée keine Lust mehr auf dieses Versteckspiel. Anflüge von absurden Gedanken drängten sich ihr auf. Gedanken, die sie nicht haben wollte. Sehnsüchte, dass das Alien doch mal auftauchen und sie in ihrer Panik bestätigen würde. Nur ein kleiner Kick, um sie aus der Starre zu reißen.

    ***

    Frank öffnete seine müden Augen. Der ungewohnte Geschmack von bitterer Süße gepaart mit dieser absonderlichen Konsistenz des Schleimes in seinem Mund ließ ihn spucken. Klebrige Fäden hingen ihm von den Lippen. Und selbst der Versuch, den schwarz-silbernen Schleim mit den Händen wegzuwischen, erwies sich als schwer. Ein tiefes Rasseln begleitete seine Atemzüge, sein Brustkorb bebte vor Anstrengung. Orientierungslos tastete er die Umgebung ab, streifte Schläuche, Drähte und Schleim. Für ihn war es offensichtlich, was mit ihm angestellt wurde. Und allein das hätte ihn in Panik versetzen oder zumindest ins Grübeln bringen müssen.

    Aber nichts dergleichen …

    Er fühlte nichts. Keine Angst, keine Schmerzen. Als stünde er unter Drogen. Davon abgesehen, dass Frank natürlich nicht wusste, wie sich so ein Rausch anfühlte.

    Er durchforstete seine Gedanken. Was ihm aber ungewöhnlich schwerfiel. Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war …

    Er wusste es nicht. Als hätte man sein Gedächtnis gelöscht.

    Während er sich weiterhin darüber seinen Kopf zerbrach, tasteten seine steifen Hände seine Kleidung ab. In seiner Brusttasche fand er einen Notizblock mit den Worten 'bin im Ufo' darauf. Es war Renées Handschrift.

    Einige Erinnerungen kamen wieder.

    Ein dunkler Raum. Oder doch grelles Licht?

    Ein Vogelschwarm. Renées Stimme.

    „Renée!“

    Er bäumte sich auf und rannte los. Dass er weder Rucksack noch Waffe bei sich hatte, kümmerte ihn nicht. Er musste Renée finden. Allein schon, dass sie sich noch im UFO befand, bedeutete, dass sie in Gefahr war. Was, wenn das Alien sich bereits an ihr vergriffen hatte? Das würde er sich niemals verzeihen.

    Schuldgefühle schlichen sich ein. Hätte er verhindern können, überhaupt in diese Lage zu geraten? Hätte das vielleicht auch seiner Freundin passieren können? Und hätte er es dann auch übers Herz bringen können, eventuell ihren Körper von diesen Schläuchen zu befreien?

    Noch wildere Gedanken kamen auf. Dinge, die er nur aus Horrorfilmen kannte. Aber trotzdem als sehr real einstufte.

    Angsterfüllt irrte er durch die Korridore. Jedes Geräusch, jede Berührung auf seiner Haut, trieb ihn schneller voran. Vollkommen fokussiert auf den Gedanken, sie zu finden, verdrängte er die potenzielle Gefahr und funktionierte beinahe nur noch wie eine Maschine, die einzig ihre Mission verfolgte. Wie ein Schwamm sog er alle Eindrücke auf und bewertete, ob sie ein Hinweis auf Renées Anwesenheit sein konnten. Ungewöhnliche Licht- und Schattenspiele, zischende und dumpfe Geräusche. Flüchtige Kälte oder ein Hauch von warmer Luft. War es Renées Silhouette? Ihre Stimme? Ihr Atem?

    Irgendwann verlor er auch den letzten Rest der Orientierung und hegte den wahnwitzigen Verdacht, dass das UFO plötzlich größer geworden war. Da vieles sich ohnehin ähnelte, war das Verlaufen nahezu vorprogrammiert.

    Irgendwann erreichte auch er den schwarzen Korridor mit den hervorstechenden Lichtsäulen. Da es ihm neu vorkam, sah er eine gute Chance darin, hier eher auf Renée zu treffen. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass ihr Erkundungsdrang sie auch über ihre Grenzen hinauswachsen ließ.

    Im vollen Bewusstsein, weder seinen Rucksack, noch generell einen brauchbaren Gegenstand als Waffe bei sich zu haben, lief er mit strammen Schritt den dunklen Gang entlang und die Rampe hinauf. Alles, was sich um ihn herum abspielte – sei es die knisternd kalte Atemluft oder die unbekannten Objekte, die seine Fußknöchel streiften – blendete er aus. Soweit er seinen zukehrenden Erinnerungsfetzen Glauben schenken konnte, hatte er in diesem Schiff bereits Schlimmeres erlebt und überlebt. Außerdem, wenn Renée es geschafft haben sollte, dann würde er es erst recht schaffen.

    In der zweiten Ebene angekommen – er war bereits auf dem Weg, auch diese zu erkunden – hörte er unter der penetranten Geräuschkulisse plötzlich ein leises Schlurfen. Unmerklich wahrnehmbar zwischen all dem Lärm, aber durch seine Fokussierung konnte er es klarer herausfiltern. Er blieb stehen und lauschte weiter diesem neuen, jedoch vertrauten Geräusch. Die kurze Pause riss ihn langsam aus seinen stoischen Modus und ließ Raum für die Panik. Und die Angst davor, genau in diesen Zustand zu verfallen, verstärkte es zusätzlich.

    War dieses Schlurfen vom Alien ausgehend? Jedoch, die anderen Geräusche, wie das Zischen und Knurren, drangen nicht an sein Ohr. Wollte es ihn austricksen? Wusste es, dass er wieder auf freiem Fuß war? Er war eine zu leichte Beute. Als er noch sein Gewehr hatte, schien es keine direkte Konfrontation provozieren zu wollen. Aber nun war er blank und schutzlos.

    :hail: Danke Kirisha und Jufington für eure Kommentare! :hail:

    Entschuldigt, dass es so lange gedauert hat mit der Antwort!

    Ich hoffe, der neue Part wird euch auch gefallen. Obwohl ich mit manchen Stellen nicht ganz zufrieden bin.

    Spoiler anzeigen

    Gerade die Frank-und-Renee-Parts mag ich aber sehr. Ich muss immer schmunzeln wenn du Franks grundsätzlich leicht gehemmten Annäherungsversuche und seine Probleme Gefühle zu zeigen so schön vorführst. Und auch Renees ein bisschen verärgerte vielleicht sogar genervte aber doch auch geschmeichelte Art damit umzugehen. Das wirkt sehr echt und genau solche Typen gibt es eben. Es ist nicht so das rosarote Verliebtsein aber gerade deshalb wirkt es authentisch. Und dieses Gespräch hinterher ist auch einfach cool. Ich mag es ...

    Das freut mich ungemein! :love:

    Ich muss auch gestehen, dass bei meinen Charakteren häufig viel von meiner Persönlichkeit (bzw. Vorliebe) mit reinspielt. Ich weiß auch gar nicht, ob ich einen eventuellen "Aufreißertypen" gut darstellen könnte, ohne ihn zu überzeichnen. :rolleyes:

    Interessant fände ich auch zu wissen, ob es noch weitere Aliens gibt. Ob dieses hier vielleicht ein einsamer Überlebender ist? Dies aber nur als Gedanken nebenbei.

    Keine Sorge, das wird im weiteren Verlauf der Geschichte noch eingehender behandelt. :alien:

    Die Rückblende ist für mich definitiv ein Highlight. Während die beiden in den letzten Kapiteln als Charaktere eher in den Hintergrund des Geschehens traten, nutzt du hier die Gelegenheit und arbeitest nochmals ihre ohnehin schon starke Charakterisierung weiter aus, damit man als Leser auch ja eine Bindung aufbaut. Und das alles mit dem faden Beigeschmack, dass etwas nicht stimmt (vier Lichtpunkte).

    Das freut mich, dass sie bei dir (und hoffentlich auch bei den anderen Lesern) so gut ankommt. :alien: Ich brauchte einfach nach dieser ganzen Hektik und Action einen kurzen strengen Cut, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, wieder einen Ruhepunkt zu finden. (Und natürlich auch etwas mehr aus deren Leben zu zeigen.)

    Ich habe mich gefragt, ob es vielleicht einen Weg gibt, die plötzliche Kampferfahrung von Frank und Renée irgendwie zu erklären. Die beiden machen Hechtsprünge und Rollen und stecken Verletzungen weg als täten sie das schon ihr ganzes Leben. Vielleicht macht Renée als Hobby Kampfsport oder Leichtathletik? Vielleicht hat Frank einen militärischen Hintergrund?

    Das werde ich mir notieren für die Überarbeitung! :thumbup: Einen Jagdschein haben beide natürlich und einen Survivalkurs (allein schon fürs Campen) haben sie auch gehabt. Ich habe ja bereits versucht, es an manchen Stellen anzudeuten, dass sie sich auch in extremeren Situationen zu helfen wissen. Aber du hast recht, dass ich deren Background diesbezüglich noch mehr anpassen könnte(müsste).


    Part 23

    ***

    Die Lichter holten Renée in die Realität zurück.

    Das Alien war wieder da!

    Wie Suchscheinwerfer schwenkten die leuchtenden Augen umher und begutachteten jeden Winkel des Raumes. Mit schweren Schritten stampfte es auf die Kisten zu, fauchte und zischte.

    Renée war sofort wieder im Alarmzustand. Sie bebte am ganzen Körper, kauerte sich fest zusammen und starrte die Bestie mit weit aufgerissenen Augen an. Keinen Mucks machte sie, atmete flach und zitternd.

    Die knorrigen Hände des Aliens umklammerten jeweils eine Kiste. Es lugte über sie hinweg. Renée machte sich noch kleiner und wollte sich aus dem Sichtfeld des Monstrums stehlen. Aber ihr Körper war starr vor Angst. Und die vier grellen Augen hatten sie bereits entdeckt.

    Wenn Renée sich nun bewegen würde, davon war sie überzeugt, würde das Alien sie erst recht bemerken und Jagd auf sie machen. Es war eindeutig, dass das Monstrum sie anschaute, so fixiert, wie die Augen auf sie gerichtet waren.

    Plötzlich kehrte das Alien ihr den Rücken zu und ging zur Rampe.

    Renée verfolgte es gebannt mit den Augen, blieb aber weiterhin regungslos zwischen den Kisten hocken. Das Alien verließ das UFO und verschloss hör- und sichtbar die Rampe. Der Jeep - oder zumindest was Großes - wurde wieder darunter geschoben und somit auch das grelle Licht ausgesperrt.

    „Warum?“, fragte sie sich. „Was ist der Plan?“

    Aber so sehr sie sich das fragte, so sehr erkannte sie auch die Gelegenheit dahinter.

    Sie atmete tief durch und rückte den Gedanken an Frank in den Fokus. Sie konnte nicht länger hier verharren und auf irgendwas warten. Sie musste aktiv werden! Und das war ihr bewusst.

    Mit einem weiteren großen Atemzug drückte sie ihre Angst beiseite, legte ihre Stirnlampe wieder an und warf sich ihren Rucksack um. Zusätzlich nahm sie noch ihre Taschenlampe zur Hand, um sich unabhängiger Licht machen zu können. Anschließend kroch sie aus ihrem Versteck und begab sich auf den Weg zu dem Korridor, der sie hierhin geführt hatte. Er war etwas kürzer bis zur Stelle, an der sie Frank zuletzt gesehen hatte. Und zusätzlich konnte sie somit eine Begegnung mit den anderen Menschen und dem toxischen Goldnebel vermeiden. Allein der Gedanke an nur eines dieser Dinge bescherte ihr bereits einen eisigen Schauer auf dem Rücken. Von der möglichen Panik ganz zu schweigen.

    Ihr verzweifelter Versuch, spontan unter der Fracht einen Gegenstand zu finden, den sie als Waffe mitnehmen könnte, war von keinerlei Erfolg gekrönt. Die Enttäuschung darüber war ihr ins Gesicht geschrieben. Selbst diese kleine Annahme hatte ihre Erwartungshaltung extrem hoch gesetzt.

    Bisher hatte sie auch nur mäßigen Erfolg erleben können. Egal, in welcher Situation. Also warum sollte es plötzlich anders sein?

    Extrem angespannt lief sie mit strammen Schritt den Korridor entlang. Bei jeder kleinsten Berührung auf ihrer Haut zuckte sie stark zusammen und schaute sich panisch um. Seien es nur Luftstöße oder eisige Nebelschwaden. Selbst die winzigen bunten Lichter, die sie vorher kaum beachtet hatte, bescherten ihr nun unangenehme Stiche in der Brust und ein flaumiges Gefühl im Magen.

    Ihre Beine waren wie Gummi und drohten mit jedem weiteren Reiz zusammenzubrechen. Ihr Körper war wie gefangen in einer elektrisierten Blase. Ihr war heiß und kalt zugleich. Sie war angestachelt von der Angst und ergriffen vom unerwarteten Durchhaltevermögen. Und der stetige Gedanke im Hinterkopf, Frank finden zu werden, hielt sie weiterhin in Bewegung.

    Im stürmischen Gedankenstrudel gefangen wäre sie beinahe an der Tür vorbeigelaufen, an der sie Frank verloren hatte. Was auch mit daran lag, dass sie wieder geöffnet war.

    Renées Beine wollten sie in den Raum bringen, aber ihr Kopf übernahm im letzten Moment die Kontrolle. Er erinnerte sie daran, was mit ihrem Freund passiert war und vor diesen Fehler wollte er sie bewahren.

    Mit der Taschenlampe leuchtete sie hinein, erkundete mit dem Lichtkegel grob alle Ecken. Aber von Frank keine Spur. Nicht mal sein Rucksack oder sein Gewehr. Ihr zweiter Gedanke blieb an ihrer Waffe hängen, die sie hier in der Umgebung verloren gehabt hatte.

    Der reichlich mit Nebel bedeckte Boden sowie ihre anfängliche Hemmung, in diesem mit ihren Händen herumzusuchen, machten es für sie zu einer Tortur. Sie musste sich stark zusammenreißen, nicht in Panik zu geraten. Wobei allein schon die tausend Szenarien in ihrem Kopf sie permanent an der Grenze hielten. Unzählige Gefahren konnten im UFO auf sie lauern und selbst in diesem Nebel hätte etwas sein können.

    Mehrmals zuckte sie stark zusammen, wenn irgendwas sie an den Fingern berührte. Und seien es nur Kabel oder Luftverwirbelungen gewesen. Und jedes Mal aufs Neue erschrak sie, als sie zum wiederholten Mal an derselben Stelle suchte.

    Wie lange sie damit Zeit verbracht hatte, konnte und wollte sie nicht einschätzen. Allein der Misserfolg war ihr schon Schmach genug, um ihr wieder Tränen in die Augen zu treiben. Leicht schluchzend nahm sie den Weg wieder auf und ging in die angrenzende schmale Röhre. Aber weit kam sie nicht. Ihre Trauer übermannte sie schlagartig und zwang sie zum Stehenbleiben. Ihr verschwommener Blick nahm ihr jegliche Sicht. Zittrig atmend lehnte sie sich an die Wand und rutschte langsam auf die Knie. Sie kauerte sich leicht zusammen und presste ihre Hände gegen die Stirn.

    „So ein Scheiß!“, brüllte sie und trat mit den Hacken auf den Boden auf. „Scheiß UFO! Scheiß Alien!“

    Sie nahm ihre Fäuste dazu und hämmerte diese ebenso gegen das kalte, schwarze Metall. Immer schneller und kräftiger trommelte sie mit Füßen und Händen dagegen und schrie sich ihren Kummer aus dem Leib. „Scheiß Ausflug! Alles nur Scheiß! Beschissenes UFO und beschissenes Alien!“

    Sie stemmte sich hoch und ließ weiter ihre Wut an der Umgebung aus, schlug mit Fäusten gegen die Wände, stampfte kräftig auf und brüllte ihren Zorn durch das ganze Schiff. „Scheiß Ausflug! Scheiß Frank! Alles Scheiße!“

    Und auch dieses Mal war ihr die verstrichene Zeit irrelevant. Sie bereute diesen Wutausbruch keineswegs, Im Gegenteil. Er hatte sogar einen guten Nebeneffekt: Sie konnte somit die Panik abbauen.

    Er ermöglichte es ihr, wieder einen freien Kopf zu bekommen und mit mehr Mut an die Sache heranzugehen. Nun war sie umso entschlossener, Frank zu finden und auch dem Alien gegenüberzutreten. Was sollte es ihr schon antun können, außer sie zu töten? Sicherlich, eine sehr makabere Sicht auf diese Sache. Aber wenn das Alien auch schon Robs Leiche mit aufs UFO geschleppt hat, wäre die Wahrscheinlichkeit bei Renée und Frank auch vorhanden.

    Sie lief weiter durch die Röhre, nahm nun aber den Weg geradeaus, den Frank und sie zuvor gemieden hatten. Aus dem Korridor rechts von ihr hörte sie wieder die lauten Ventilatoren schlackern und der starke Luftsog drängte sie beim Vorbeigehen in den Gang hinein.

    Als sie das Ende des Korridors erreicht hatte, kam sie wieder in einen größeren Gang, der offenbar zum Hauptweg gehörte. Auch wieder in sattes Rot getaucht und von gewöhnter Geräuschkulisse untermalt. Aber eine Sache wunderte sie. Der Schlitten war nirgends zu sehen oder zu hören.

    Aber was sie entdeckte, verschlug ihr in mehrerer Hinsicht die Sprache.

    Es war Frank!

    Aber was mit ihm geschehen war, schockierte sie zutiefst. Es verschlug ihr glatt den Atem...

    Ebenso wie die nackte junge Frau zuvor lag auch Frank in Fötusstellung auf dem Boden, hatte dafür aber noch seine Kleidung an.

    Schlagartig patschte ihre Hand ins Gesicht. Wäre sie nur dieses Stück weitergelaufen, dann hätte es vielleicht gar nicht zu dem Wutausbruch kommen müssen. Mit grimmiger Miene rannte sie auf ihn zu, verpasste sich gedankliche Ohrfeigen.

    Aber je näher sie ihm kam, umso schneller wich die Reue dem Mitleid.

    Ein schwarzer Schlauch steckte in Franks Mund und unzählige Kabel und Drähte waren in seinem Gesicht befestigt worden.

    Sofort untersuchte sie ihn eingehender. Die filigranen Drähte steckten tief in seiner Haut im Gesicht, Nacken und oberen Brustkorbbereich. Trotz des roten Lichts konnte sie gut genug erkennen, dass seine Haut unnatürlich verfärbt war. Die gesprenkelte Struktur bedeutete nichts Gutes.

    Aber sie konnte nicht schon wieder nur begutachten. Auch wenn es ihr unfassbar schwerfiel, überwand sie ihre Bedenken, ihn verletzen zu können und versuchte, ihn zu befreien. Vorsichtig tastete sie seinen Hals ab und konnte den Schlauch fühlen. Mit einer Hand hielt sie seinen Mund offen und mit der anderen versuchte sie den Schlauch herauszuziehen. Sie atmete erleichtert auf, als sie sah, dass es ihr auch gelang. Zuerst nur einige Zentimeter – dabei quoll viel schleimige Flüssigkeit heraus – danach ging es leichter. Das würgende und glucksende Geräusch sorgte auch bei Renée für einen Brechreiz, den sie nur mit Mühe aushalten konnte. Sie hoffte innig, dass Frank nichts davon mitbekam. Denn es sah schon von außen sehr schmerzhaft aus, wie der Schlauch langsam durch die Luftröhre gezogen wurde. Der sich bildende Kloß in ihrem Hals blockierte ihren Schluckreflex. Abscheuliche Gedanken suchten sie heim.

    Als sie den Schlauch endlich entfernt hatte, schoss noch ein Schwall Schleim hinterher, den Franks Körper ihr regelrecht auf die Hände spuckte. Angewidert wischte sie das Sekret halb am Gitterrost halb an ihrer Hose ab und widmete sich anschließend den Kabeln und Drähten. Zuerst nahm sie sich die Fäden am Brustbereich vor und zog den ersten heraus. Es ging nur sehr schwer, sie steckten tief in seiner Haut. Wenn sie nicht sogar in seinem Fleisch steckten. So behutsam Renée es auch tat, die Befürchtung, in dennoch zu verletzen, schwang mit. Franks schlaffer Körper gab keinerlei Regungen von sich, was es ihr umso schwerer machte, die Situation einschätzen zu können.

    Kaum hatte sie einige Drähte herausbekommen, erreichten wieder unerwünschte Geräusche ihr Ohr. Das laute Schleifen! Der Schlitten war wieder unterwegs.

    Bedenken/Selbstzweifel

    Zwei Stellen/Formulierungen, mit denen ich absolut unzufrieden bin!

    Zitat von Zarkaras Jade

    Was sollte es ihr schon antun können, außer sie zu töten? Sicherlich, eine sehr makabere Sicht auf diese Sache. Aber wenn das Alien auch schon Robs Leiche mit aufs UFO geschleppt hat, wäre die Wahrscheinlichkeit bei Renée und Frank auch vorhanden

    Zitat von Zarkaras Jade

    Aber je näher sie ihm kam, umso schneller wich die Reue dem Mitleid.

    Part 22

    ***

    Gott sei dank!“, säuselte Frank aufatmend und erhob sich von seinem Stuhl, als er Renée das Lokal betreten sah. Zwar war 'Little Caesars Pizza' kein Sterne-Restaurant, aber zu ihrer Arbeit konnte er sie ja nicht ausführen. Denn 'Kosta's Lounge' war ohnehin unübertrefflich in La Ronge.

    Zielstrebig und leicht gehetzt kam sie zu seinem Tisch hinüber und kämmte sich unterwegs mit den Fingern das leicht zerzauste Haar zurecht. Ein freundliches aber zaghaftes Lächeln hatte sie aufgesetzt. Sie trug eine violette Pailletten-Bluse, dazu eine schiefergraue, wadenlange Culotte und Chelsea Boots mit flachem Absatz.

    Er selbst sah sich nun in seinem weinroten Hemd und der hellbraunen Jeans nicht mehr nobel genug gekleidet.

    „Entschuldige, Frank“, sagte sie völlig außer Puste und rollte weit mit den Augen. „Grace ist heute ganz spontan krank geworden und da musste ich natürlich extra viel rotieren!“

    „Oh, das tut mir leid.“ Verblüfft und peinlich berührt knetete er seine Hände.

    „Dann hab ich in der Eile mein Handy auf Arbeit vergessen und -“ Sie unterbrach ihren Satz, als ihr Blick auf das kleine violette Schächtelchen neben Frank fiel.

    „Unter diesen Umständen sei dir verziehen“, erwiderte er knapp, merkte aber sofort die unglückliche Formulierung. Renées schiefer Blick unterstrich das zusätzlich.

    „Ich meine -“, setzte Frank an, aber Renée unterbrach ihn kurzerhand. „Ich bin ja jetzt da, also …“ Dann nahm sie die Menükarte vor sich zur Hand.

    Frank hatte sich sein Essen zuvor bereits ausgesucht und schaute nach der Bedienung, um ihr ein Handzeichen zu geben. Renée bekam davon nichts mit, sie war zu vertieft in die Speisekarte.

    Kurz darauf kam die Bedienung an den Tisch mit zwei Grapefruit-Limonaden. Erst jetzt schaute Renée verdutzt auf und nahm nach einem kurzen Blickaustausch mit Frank ihr Getränk entgegen.

    Sie bestellten ihr Essen und die Bedienung ließ sie wieder allein.

    Frank sprach einen Toast aus: „Auf einen wunderbaren Abend zu zweit!“ Mit diesen Worten hielt er sein Glas zum Anstoßen hin.

    Renée ging drauf ein, wenn auch zögerlich.

    Um die Wartezeit aufs Essen zu verkürzen nutzte Frank die Gelegenheit und schob ihr das winzige Schächtelchen herüber, das sie bereits ins Auge gefasst hatte.

    „Ein kleines Geschenk für dich“, meinte er, behielt aber seinen stets nüchternen Gesichtsausdruck bei. Es war nicht so, dass er nicht lächeln konnte. Aber er konnte Renée noch immer nicht klar genug einschätzen. Und bevor er zu viele Gefühle von sich preisgeben würde, brachte er lieber zu wenig rüber.

    Mit leicht zusammengekniffenen Augen und Schmunzeln nahm sie es an.

    Gebannt schaute Frank ihr zu, wie sie es öffnete.

    Aber ihr anfänglich fröhlicher Gesichtsausdruck wich einem Ernsteren. Mit tiefen Stirnfalten und gespitztem Mund schaute sie den Inhalt genauer an und klappte anschließend die Schachtel wieder zu.

    „Danke“, sagte sie ohne jegliche Betonung und schob das Geschenk etwas zur Seite. „Ich hab' leider nichts für dich dabei …“

    „Macht nichts“, erwiderte er abwinkend und konnte sich doch ein Lächeln entlocken. Wobei es eher gekünstelt als echt aussah.

    Renée griff wieder nach ihrem Glas und starrte nachdenklich auf den pinken Inhalt. Bis auf ein kurzes Naserümpfen gab sie keine weiteren Signale von sich, die Frank zu interpretieren wusste.

    Und daraufhin vertiefte auch er den Blick in sein Getränk. Dennoch konnte er es nicht vermeiden, auch ein Auge auf sie zu werfen.

    Er fragte sich, was ihr gerade durch den Kopf ging.

    Mochte sie sein Geschenk nicht? Oder war es ihr zu aufdringlich?

    Sicherlich, man sagte immer, mit Blumen konnte man nichts falsch machen. Aber Frank wollte Renée nichts geben, was vergänglich war.

    Natürlich freute er sich ungemein, dass sie da war. Aber es machte ihn auch unsicher. Immer, wenn sie in seiner Nähe war, hatte er ein flaues Gefühl im Magen, seine Hände begannen zu zittern und das Herz klopfte wilder. War es ihr bezauberndes Lächeln oder das feuerrote Haar?

    Frank nahm ihre Hand, streichelte sie leicht und blickte ihr tief in die Augen. Wie wunderschön er das satte Grün darin fand und ihr dezentes Make-up - wie sie es auch bei ihrer Arbeit hielt - versteckte keineswegs ihre natürliche Schönheit. Generell war er sehr angetan von ihrem Outfit an diesem Abend.

    Die folgenden Worte kosteten ihn viel Überwindung. „Ich weiß, ich bin nicht der Mann deiner Träume. Auch nicht perfekt. Und auch nicht sehr charmant. Hab' ich heut wieder bewiesen. Aber ich werd immer für dich da sein. Ich werd dich nie im Stich lassen. Ich werd dich immer beschützen.“

    Renée fing plötzlich an zu weinen. Mit ihrer freien Hand wischte sie sich die Träne aus dem Auge und baute wieder intensiven Blickkontakt auf. Das feuchte Glänzen in ihren Augen war unübersehbar.

    „Nein, Frank“, ergriff sie das Wort. „Ich bin nicht perfekt. Ich habe Fehler gemacht. Du bist gut, so wie du bist!“

    „Was meinst du?“, fragte er und wollte ihr die nächste Träne wegwischen. Aber Renée drückte seine Hand weg.

    „Frank … Hast du wirklich daran gezweifelt, dass ich heute herkomme?“

    „Etwas schon.“ Er nickte leicht.

    Sie schüttelte den Kopf und setzte ein fröhliches Lächeln auf. Die zuvor traurigen Augen wandten sich nun in glückliche um. „Ich wäre sogar noch hergekommen, wenn das Restaurant bereits geschlossen hätte. Eben, weil ich es dir versprochen habe.“

    Worte, die ihn sofort berührten. Aber es für ihn keineswegs leichter machten, mit dieser Situation umzugehen.

    Renée redete weiter und musste sich anstrengen, nichts ins Schluchzen zu geraten. „Wie oft du mit mir geflirtet hast. Und ja, es war mir auch etwas peinlich. Aber eigentlich auch wieder rührend.“

    Frank wurde rot im Gesicht und wandte seinen Blick leicht von ihr ab.

    „Frank!“, sprach sie weiter und zog seinen Arm näher zu sich. „Ich habe in den letzten Tagen erkannt, was ich wirklich will. Und das bist du!“

    „Aber mein Geschenk …“ Er schaute zur Schachtel. „Warum freust du dich nicht darüber?“

    „Es gefällt mir doch. Aber ich kann's nicht annehmen. Noch nicht …“

    Dann beugte sie sich zu ihm rüber und bedeutete ihm, dasselbe zu tun. Nach kurzem Zögern beugte er sich auch zu ihr hin und bekam von ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Im Hintergrund sah Frank den Kellner mit ihrem Essen kommen.

    Nur einen Sekundenbruchteil später wiederholte sich dieser Augenblick. Renée beugte sich erneut zu ihm hin und gab ihn einen Kuss. Und der Kellner kam wieder auf sie zu.

    Dieser Moment wiederholte sich erneut und mit jedem Mal veränderte sich das Licht im Restaurant etwas mehr. Das strahlende Hell des Tages wich dem intensiven Rot. Aus dem Augenwinkel konnte Frank sehen, wie die Silhouette des Kellners sich verschleierte und immer mehr zu einem Schatten verschwamm. Vier Lichtpunkte bildeten sich und wurden immer greller.

    Gefangen in diesem wunderbaren Gedanken schien die bittere Realität ihn wieder einzuholen. Das grelle Leuchten wurde einnehmender und umhüllte ihn schnell, bis die Erinnerung gänzlich davon überflutet war.

    ***

    „Mein Angebot steht noch“, meinte Frank und schenke Renée ein leichtes Lächeln. „Hast ja meine Nummer.“

    Sie nickte angedeutet mit langsamem Augenaufschlag und räumte seinen Teller ab. Während sie das Geschirr zur Küche brachte, erhob sich Frank vom Platz und ging langsam zur Tür. Ein letzter Blick in Kosta's Lounge und zu Renée rüber – er winkte ihr zum Abschied zu – und dann verließ er das Lokal.

    „Und wirst du's machen?“, vernahm Renée die neugierige Stimme ihrer Kollegin Grace, die sie schmunzelnd aus den Augenwinkeln anschaute.

    „Was?“, fragte sie stirnrunzelnd und schnappte sich den feuchten Wischlappen von der Spüle.

    „Ihn anrufen“, wiederholte Grace.

    Renée zuckte nur mit den Schultern. Sie war sich noch unsicher. Wollte sie Frank die Chance geben?

    Grübelnd ging sie zum Tisch rüber und wischte ihn ab.

    Sicherlich war Frank optisch nicht ihr Traummann. Aber er hatte Charme und einen unvergleichbaren Humor, den nur Wenige zu schätzen wussten. Renée musste immer schmunzeln, egal, wie schlecht der Witz auch gewesen war.

    Während ihre Gedanken weiter um ihn kreisten, erspähte ihr Blick Isaac, der sich kurz zuvor an einem Ecktisch gesetzt hatte.

    Ihr zweiter Verehrer, dem sie aber weitaus weniger Beachtung schenken wollte als Frank.

    Er war schon optisch ein krasser Gegenpart zu ihm. Deutlich muskulöser und mit seinen fast zwei Metern einen ganzen Kopf größer. Und jünger war er. Neben ihm fühlte sogar Renée sich mit ihren 33 Jahren alt.

    Er winkte sie zu sich.

    Am liebsten hätte sie es ihrer Kollegin überlassen, aber diese lehnte bereits ab. Renée wusste, dass Grace das extra machte, um sie bloßzustellen.

    Die Wut unterdrückend setzte Renée ein dezentes Lächeln auf, das für Involvierte dennoch viel Ärger in sich hatte, und ging zu Isaac rüber.

    „Willkommen bei Kosta's Lounge! Was darf's sein?“

    Aber er ging nicht darauf ein, sondern stellte seine eigene Frage: „Ernsthaft, Frank?“

    Mit hochgeschobener Augenbraue schaute sie ihn an. „Wie bitte?“

    „Frank?“, wiederholte er seine Frage und zeigte zum Tisch, an dem er gesessen hatte. „Der Uhrmacher?“

    Renée wurde ungeduldig und tippte mit dem Kugelschreiber gegen den Notizblock. „Ich wiederhole: Wie bitte?“

    „Was findest du an dem?“

    „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ Augen rollend winkte sie ihm ab. „Also, was möchtest du nun bestellen?“

    „Keith's India erst mal nur.“

    Sie steckte den Notizblock ein – für solch eine Bestellung brauchte sie kein Blatt beschmieren – und kam seiner Bitte nach. Sie nahm ein Bierglas aus der Vitrine und ging zum Zapfhahn.

    „Ruf ihn an“, flüsterte Grace ihr im Vorbeigehen ins Ohr, bevor sie das Essen zu ihrem Tisch trug.

    „Bla bla“, murrte Renée und zapfte das Bier fertig.

    Dass Grace daraufhin den Kopf schüttelte bedeutete der Mittdreißigerin, dass sie es gehört haben musste. Schon die letzten paar Tage fühlte Renée sich von Frank genervt. Aber gesagt hatte sie es ihm nie. Ob es sie auch wirklich störte, konnte sie nicht klar beantworten. Sie wusste um seine Gefühle für sie und sie selbst hatte auch schon mit diesem Gedanken gespielt.

    Abgelenkt von ihren Gefühlen wäre ihr beinahe ein Missgeschick passiert und das Glas übergequollen. Noch rechtzeitig stoppte sie den Zapfhahn, wischte den Boden des Glases trocken und trug es vorsichtig zu Isaac an den Tisch. Randvoll war es und das Bier drohte bei jedem Schritt überzuschwappen.

    Mit viel Fingerspitzengefühl stellte sie ihm das Keith's India hin und wollte gerade wieder gehen, da hob er bittend die Hand. Um die Höflichkeit zu wahren, ging sie darauf ein und schenkte ihm Aufmerksamkeit.

    „Meine Frage steht noch im Raum“, meinte er, umklammerte das Bierglas und nippte die Schaumkrone ab.

    Renée hob verwirrt die Hände. „Welche Frage?“

    Und er sagte nur: „Frank.“

    „Selbe Antwort wie vorhin …“

    „Ach, komm!“, schnaubte er. „Ist der dir nicht zu langweilig?“

    „Nein!“, erwiderte sie nun ernster, behielt aber gemäßigte Lautstärke. „Wieso?“

    „War ja nur 'ne Frage, sonst nichts …“

    Renée war bereits im Begriff zum Tresen zurückzugehen, als seine Antwort in ihrem Kopf Gehör fand. Sofort riss sie sich herum und ging zurück an seinen Tisch.

    „Sonst nichts?“ Wütend griff sie nach Isaacs Bierglas und schob es von ihm weg. „Was hast du denn gegen Frank?“

    Verdutzt schaute er sie an und zuckte mit den Schultern. „Nichts … Ich find' halt einfach, du hast was Besseres verdient.“

    „Wenn du das meinst …“

    „Ich würd' doch noch was bestellen.“

    Es war keine große Überraschung, dass er ihre berühmten Chicken Fingers bestellte. Viel mehr war es eine, dass er zu ihr Chicks Fingers sagte, was sie als kleinen Angriff auffasste. Ob er sich einfach nur versprochen hatte, oder einen schlechten Scherz machen wollte, war ihr egal.

    Renée gab die Bestellung an die Küche weiter und stellte sich an die Seite, um abseits vom Geschehen zu bleiben. Sie war zu aufgewühlt, um die gute Laune im Gastraum aufrechterhalten zu können.

    Grace gesellte sich kurz zu ihr und signalisierte ihr mit den Augen tiefstes Mitgefühl.

    „Was erlaubt der sich?!“, knurrte Renée und lehnte sich mit verschränkten Armen am Türrahmen an.

    „Lass ihn zieh'n“, meinte Grace und zwinkerte ihr keck zu. „Ruf Frank an.“

    Renée biss sich verlegen auf die Unterlippe. „Sicher?“

    „Also ich hätte ihn schon längst genommen“, antwortete ihre Kollegin und nahm die Teller für ihren Tisch entgegen. „Nur meine Meinung.“

    „Weiß nicht“, säuselte Renée und blickte nachdenklich zu Boden.

    Die Teller in einer Hand balancierend ging Grace zu ihr rüber und stupste ihre Nase hoch. „Nimm dir kurz Pause und ruf ihn an.“

    Isaacs Essen war fertig. Nun konnte sich Renée ohnehin nicht mehr verkriechen. Schnell wischte sie sich die Augen trocken, nahm den Teller entgegen und brachte ihn zu Isaac.

    Dieser wartete bereits freudig darauf, was an seinem fröhlichen Schmunzeln gut zu erkennen war. Sowohl auf das Essen als auch auf Renée.

    „Weißt du was?“, meinte sie und stellte ihm den Teller hin. „Du hast vollkommen recht. Ich hab was besseres verdient als Frank.“

    Große Augen machte Isaac daraufhin und fing an, selbstgefällig zu grinsen.

    „Aber Frank ist besser als du …“, meine Renée weiter und setzte ein noch breiteres Grinsen auf. „Und das reicht mir! Schönen Abend noch!“

    Mit diesen Worten ging sie an ihm vorbei und verließ das Lokal. Draußen war alles in sattes Rot gehüllt. Renée ging zum nahegelegenen Wassersteg, stützte sich auf das Geländer und nahm ihr Handy zur Hand. Dann wählte sie Franks Nummer.

    Während es klingelte, sah sie, wie vier leuchtende Punkte aus dem Wasser aufstiegen und auf sie zukamen.

    :hail: Danke ofinkandpaper für deinen Kommi! :hail:

    Auch wenn ich anfangs ziemlich geschockt war, hat er mir sehr weitergeholfen! :thumbup:

    Ich habe den kompletten Part 20 nochmal durchgelesen und versucht, das umzusetzen, was du angemerkt hast. Ich hoffe, das ist mir auch gelungen.

    Antworten!

    Mir ist bei der Handlung aufgefallen, dass der Anfang einen Ticken zu lang ist. Die Figuren kommen an, du beschreibst das Setting und die Dinge sollten langsam in Fahrt kommen. Das tun sie meiner Meinung nach sehr langsam, vielleicht für einige zu langsam. Mein Vorschlag hier wäre, dass du eine Frage in die Handlung einbaust oder eine Ambivalenz zeichnest, die die Leser:innen beantwortet/erklärt möchten. Eine Form wäre, wenn du etwas Forshadowing betreibst oder persönliche Konflikte/Probleme der Figuren anreißt.

    Ja, das habe ich mir im Nachhinein auch gedacht, dass ich etwas mehr Schwung in den Anfang reinpacken könnte. Da muss ich nochmal schauen, wenn ich die Geschichte überarbeite, dass ich die Spannung schon früher reinbringe. :thumbup:

    Bei der Beschreibung des Settings: Die Sinne einbinden. Hier bitte mehr Show und weniger Tell, damit die Leser:innen besser in die Geschichte immersiert werden. Also wie fühlt sich so ein Wald an? Da fand ich bisher, dass die Beschreibungen mehr Details brauchen, die unterschiedliche Sinne ansprechen.

    Ja "show don't tell" :rolleyes: Manchmal gelingt es mir. Aber meistens nicht. Oder ich denke gar nicht drüber nach und gehe in den Bequemlichkeitsmodus über. :rolleyes: Auch das werde ich beim Überarbeiten intensiver angehen. :thumbup:

    Du schreibst sehr actiongeladen und das ist gut. Allerdings macht die Dosis das Gift. Ich schlage vor, dass du die Action und die ruhigeren Szenen (in denen die Verarbeitung der Action im Vordergrund stehen oder die persönlichen Bindungen der Figuren), abwächselst. Sonst wirkt die Action, auch wenn sie größtenteils gut geschrieben ist, ermüdend, das ist dann natürlich schade.

    Das hätte ich am wenigstens erwartet, dass ich actionreich schreibe. :hmm: Aber gut zu wissen, dass du das so siehst. Dass die Action stellenweise vielleicht etwas zu dominant ist, kann vielleicht auch daran liegen, dass ich meistens kaum Vorlauf habe und deshalb nur schwer abschätzen kann, ab wann die Action bzw. die ruhigeren Szenen zu lang werden. :hmm:

    Zitat von Zarkaras Jade

    Der Korridor schien endlos. Das UFO schien endlos! Dabei wirkte es von außen betrachtet gar nicht so riesig. Für das Paar ähnelte sich alles zu sehr, um sich ein klares Bild von Entfernungen machen zu können. Und, dass sie bewusst von diesem Kran verfolgt wurden, überforderte sie zusätzlich.

    Das habe ich jetzt versucht, in einen Dialog zu verpacken. :hmm:

    Der Erklärbär, nun, ist ein Erklärbär ;) Du könntest die Tatsache anders hineinpacken, indem sie sich wundern oder miteinander darüber reden.

    Der Erklärbär ist nun komplett raus. Und da habe ich ohnehin beim Schreiben mit mir gehadert, ob ich diesen Satz überhaupt einbauen soll. :hmm:

    Ist im Affekt handeln nicht auf einer Gemütsregung beruhend? Hier trifft das nicht zu, glaube ich.

    Ja, Affekt ist falsch. Ich hab's abgeändert. :thumbup:

    Ich kann das Stehenbleiben (während sie ja noch eben davor weggelaufen ist) und die ganzen Beschreibungen noch nicht zusammenführen :huh: Du könntest das Ganze drehen, also erst Beschreibung, dann stehen bleiben und sich dem Objekt wenden, dann wäre der Cliffhanger runder.

    Auch das habe ich angepasst. :thumbup:

    Part 21

    Der Schlitten bremste scharf ab, bereite ihren Ohren mit dem dröhnenden Quietschen Schmerzen zu, die kaum auszuhalten waren. Unter dem pochenden Lärm kniff sie die Augen leicht zusammen, presste vor Anspannung die Zähne aufeinander. Sie musste sich auf den Moment konzentrieren.

    Schaute sie hinauf zum geöffneten Greifarm.

    Er schnellte nach unten.

    Renée rollte sich über die Schulter ab, nutzte den Schwung und ging in den Sprint über. Sie blickte nicht zurück und rannte nur noch davon. Getrieben von der Angst und im Tunnelblick gefangen fokussierten sich ihre Augen auf den direkten Weg vor ihr, blendeten alles andere um sie herum aus. Selbst die wirren Geräusche wischte sie hinweg.

    Sie rannte immer weiter geradeaus, von einer Rauchwand in die nächste hinein. Sie ließ sich von ihrer Intuition leiten, gab ihren Gedanken keine Zeit, ihre Entscheidungen zu hinterfragen. Jeder einzelne Muskel war angespannt, ihr Herzschlag beschleunigte sich ins Unermessliche. Ihr Körper glühte, obwohl ihr kalt war. Er war so stark ausgelaugt, dass ihre Lunge kaum hinterherkam, ihn ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Heftiges Seitenstechen und Übelkeit kamen auf. Aber die Panik spornte sie zu Höchstleistungen an.

    Sie kam in einen großen Raum, der über und über mit Gegenständen zugestellt war. Beinahe wäre sie gegen eine riesige Metallkiste gelaufen, konnte aber im letzten Augenblick ausweichen. Wie eine Schlange wund sie sich durch das Gerümpel und versuchte wieder an Luft zu kommen. Ihre Augen schwenkten suchend umher, ziellos und rastlos. Erst im zweiten Moment kam sie darauf, dass sie wieder im Frachtraum angekommen war. Aber nun hatte sie ihn von der anderen Seite her betreten.

    Und mit der Erkenntnis, wo sie sich befand, kam auch die Erinnerung zurück, dass die Rampe wieder offen war. Ein angedeutetes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Ein Anflug von Hoffnung.

    Der aber genauso schnell wieder verflog. Die Gedanken an Frank kamen ihr schlagartig ins Gedächtnis. Sie konnte ihn nicht hier zurücklassen.

    Alleine hatte sie ohnehin keine Chance im Freien.

    Sie fühlte sich hin- und hergerissen. Zwischen den Kisten und metallischen Sphären stehend starrte sie leer in die Dunkelheit und versuchte, ihre Gedanken neu zu ordnen.

    Ihr Körper zitterte. Sie fror, rieb sich unbewusst über die Arme. Ihr unsicherer Stand ließ sie leicht schwanken.

    Soll ich abhauen? Kann ich ihn wirklich alleinlassen? Und wenn das Alien ihn umbringt? Er ist bestimmt schon tot!

    Nein! So darf ich nicht denken! Frank lebt und er brauch meine Hilfe! Ich muss ihm helfen!

    Aber wie? Was kann ich schon tun? Ohne Waffe … Ich weiß nicht mal, wo er ist …

    Zittrig griffen ihre Hände zur Stirnlampe und nahmen sie ab. Obwohl sie tief in Gedanken versunken war, verfolgte ihr Körper nebenbei eigene Ziele. Sie schaltete die Lampe aus, begab sich tiefer zwischen das Frachtgut und setzte sich hin.

    Ich bleibe hier. Ich verstecke mich hier und ruhe mich erst mal aus. Vielleicht hab' ich Glück und das Alien findet mich nicht … Und dann befreie ich Frank!

    Mit ihrer Hand verdeckte sie den Lichtschein ihrer Lampe und ließ nur einen kleinen Spalt offen. Gerade so viel, damit sie die Umgebung erkunden konnte. Sie schaute sich genauer um und versuchte, leichtere Gegenstände zu finden, mit denen sie sich einbauen konnte, um sie besser zu verstecken. Aber das Suchen war ohne Erfolg. Nur große und schwere Objekte fand sie. Sachen, die sie selbst jetzt nicht klar genug identifizieren konnte.

    Mit tränenden Augen kauerte sie sich tief verborgen in der hintersten Ecke zusammen und vergrub ihre zittrigen Hände im feuerroten Haar. Die Knie angezogen und den Kopf weit gesenkt, zwischen Armen und Brust eingeklemmt schluchzte sie leise …

    ***

    Als Frank den Gang unweit der Ventilatoren weiter entlanglief und ein lautes Krachen hörte, blickte er sofort zurück. Er konnte Renée nicht sehen. Weder den Lichtschein ihrer Lampe noch irgendeinen Umriss von ihr.

    „Renée?“, rief er in die Dunkelheit und entschleunigte seine Schritte. „Renée!“

    Niemand antwortete.

    Er sah sich um. Aber egal, wo er hinschaute, waren nur raue, dunkle Wände und grobe Rohre. Nur ein dünner Hauch Nebel war am Boden, der Frank bis zu den Knöcheln reichte. Auf dem Fußboden konnte er keine Gitterbleche erkennen. Er befand sich in einem separaten Raum.

    Sofort rannte er wieder zurück und sah die massive Metalltür, die sich zwar farblich nicht von den Wänden unterschied, aber optisch anders wirkte.

    „Renée!“ Wild hämmerte Frank gegen die Tür, spürte jeden Schlag mit den Fäusten auf sie. Gebannt lauschte er, hoffte auf eine Antwort.

    Aber es kam keine.

    Immer und immer wieder prasselten seine geballten Fäuste auf das kalte Metall ein. Dumpfe Töne vibrierten schwerfällig durch den Raum, verstärkten sich mit jedem weiteren Hieb und hallten zu Frank zurück.

    Er spürte einen leichten Luftzug im Nacken. Ruckartig riss Frank sich herum, holte dabei mit seinem Gewehr aus und schlug um sich. Seine Augen zuckten wild umher. Aber nichts und niemand weiter war hier.

    Dann vernahm er das Zischen. Ein Hereinströmen von Luft. Ein goldener Schleier breitete sich von den Wänden her über den Boden aus.

    Frank hatte schlimme Befürchtungen. Der pure Gedanke daran, wieder von diesem Gas umströmt zu werden, verpasste ihm leichte Schmerzen in der Brust.

    „Renée!“, schrie er nun noch energischer, schlug mit dem Gewehrgriff gegen die Tür. Panisch rannte er zur hinteren Wand, ging leicht in die Hocke und legte das Gewehr an. Ein gezielter Schuss auf die Tür folgte. Frank ging sofort in Deckung und drehte sich weg.

    Die Kugel zerplatzte hörbar beim Aufprall.

    Aber sonst geschah nichts.

    Frank schaute nach. Kein Kratzer, keine Delle.

    Der goldene Nebel breitete sich weiter aus und stieg rasch an. Kaum zwei Minuten war er in diesem Raum und schon reichte ihm das Gas bis zum Bauchnabel.

    Frank stellte sein Gewehr ab, nahm rasch seinen Rucksack zur Hand und riss das Wechselshirt heraus. Er tränkte es mit dem restlichen Wasser aus seiner Trinkflasche und wickelte es sich um den Kopf, sodass sein Gesicht gut bedeckt war. Er wusste, es war keine Dauerlösung, aber vielmehr konnte er nicht tun. Nur beten und hoffen, dass, wenn das Aerosol wieder in seine Lungen gelangt, er schnell bewusstlos werden würde, um die Schmerzen nicht zu lange ertragen zu müssen.

    Die letzten Sekunden verbrachte Frank noch damit, weiter gegen die Tür zu schlagen. Bis er komplett im glitzernden Nebel verschwand. Verkrampft versuchte Frank gegen das Unvermeidliche anzukämpfen und hielt eisern die Luft an. Es kostete ihn sämtliche Konzentration. Der Drang, nach Luft zu schnappen wurde immer größer. Und der Gedanke, es nicht zu tun, immer schwächer.

    Muskelkrämpfe.

    Kribbeln im Hals.

    Schluckauf.

    Er verlor den Stand und sackte zu Boden.

    Tränen schossen ihm in die Augen. Die Anspannung war ihm ins Gesicht geschrieben. Sein ganzer Körper zitterte.

    Dann überwog der Atemreflex. Ein tiefer Luftzug. Sofort stieß Frank sie wieder aus. Aber das Gift wirkte bereits. Stechender Schmerz durchzog seine Bronchien und die Sicht wurde wieder vom rosa Rauschen verwaschen. Er nahm noch einen Zug.

    Und noch einen.

    Dann kauerte er sich fest zusammen und fiel in Ohnmacht.

    Unsicherheit

    Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob dieser Perspektivwechsel so funktioniert oder ich ihn anders darstellen muss. :hmm:

    Bei dem Kursiven (Renées Gedanken) bin ich auch noch unsicher, ob ich das so lassen kann. :hmm:

    Part 20

    Frank legte sein Gewehr unmittelbar vor dem Nebel ab, nahm einen tiefen Atemzug und rannte hinein.

    Ihre genaue Position kannte er nicht. Nur der Lichtschein ihrer Stirnlampe, der wie eine schwache Blase im hoch konzentrierten Nebel aufglühte, deutete Renées Position an. Schwach drangen ihre krächzenden Laute an sein Ohr. Er musste sich beeilen und sie aus dieser lebensbedrohlichen Lage befreien. Er wollte sich nicht ausmalen, wie schlecht es ihr bereits ging.

    Eine Hand streckte sich ihm entgegen, was ihm kurz zusammenzucken ließ. Aber zum Glück wusste er nun, wo sie sich befand. Sofort tauchte er in die erhellte Sphäre ein und packte ihren Oberkörper mit beiden Armen.

    Unter angespanntem Brummen versuchte sie sich aufzurappeln und das Gewehr dabei als Stütze zu nehmen. Frank kam ihr noch ein Stück entgegen und hievte ihren schwerfälligen, trägen Körper hoch. Intuitiv drücke er ihr den Ärmel ins Gesicht. Arm in Arm schleppten sie sich schnell wieder aus dem Nebel heraus.

    Das rosa Rauschen kündigte sich wieder an. Sie mussten sich stark anstrengen, nicht komplett die Orientierung zu verlieren. Zum Glück attackierte sie das Alien nicht.

    Zum zweiten Mal konnten sie den toxischen Rauch verlassen und waren sich einig, dass es kein drittes Mal geben sollte. Denn das – davon waren beide überzeugt - würde keiner von ihnen überstehen.

    Im Vorbeigehen schnappte sich Frank seine Waffe wieder, bevor sie zu rennen anfingen.

    Glücklicherweise kam ihnen das intensive rote Licht zu Hilfe. Es hatte eine beruhigende und leicht Kraft bringende Wirkung auf sie. Es entspannte ihre Augen und dämpfte die Müdigkeit. Somit konnten sie sich auch besser auf die anderen Sinne konzentrieren.

    Das tosende Rattern wurde wieder lauter und auch das markante Scheinwerferlicht baute sich erneut hinter ihnen auf. Zuerst nur als schwaches Glimmen, formte es sich immer mehr zu einem gebündelten Lichtkegel.

    „Langsam wird es lächerlich!“, murrte Renée und unterstrich es mit einem tiefen Seufzen. „Wie groß ist denn das UFO noch?!“

    Frank nickte und verdrehte provokant die Augen. „Von Außen wirkte es viel kleiner! Und hier sieht alles gleich aus.“

    „Und natürlich müssen wir von diesem Ding verfolgt werden!“, fügte Renée kopfschüttelnd an. So viel Unsinnigkeit hätte sie nie für möglich gehalten.


    Das Alien zeigte sich wieder.

    Die vier blitzenden Augen lugten aus einem Nebengang hervor und die großen Krallen des Ungetüms umschlungen den wuchtigen, gewölbten Metallträger.

    Frank nahm sein Gewehr, legte beim Entschleunigen an und drückte ab. Schepperndes Klirren. Er traf nur die Wand. Renée legte auch an und versuchte, dem Alien eine Kugel zu verpassen. Aber auch sie traf nicht.

    Das Monster kam aus seiner Deckung hervor, machte einen gewaltigen Satz zur anderen Seite des Ganges und klammerte sich wieder am Metallträger fest. Es war ein gigantischer Schatten, der durch das Zwielicht breit gestreut wurde. Die spitzen Dornen wirkten teils aufgerichtet und der Schwanz peitschte ihnen im Sprung entgegen.

    Das Pärchen nahm eine andere Route und lief nun in den Gang links von ihnen. Als würden sie in eine komplett neue Umgebung eintauchen veränderte sich die Geräuschkulisse nahezu schlagartig. Wo zuvor noch stetiges Zischen und Rauschen herrschte, war es hier ein hochfrequentes Summen und Flattern. Ebenso spürten sie einen immer stärker werdenden Luftstrom, der sich schnell zu einem leichten Orkan aufbaute. Riesige Ventilatoren, beinahe drei Meter im Durchmesser, an den Wänden und der Decke pressten die eisige Luft durch den Gang. Es fegte sie beinahe von den Füßen. Man konnte sehen, wie sie dagegen anzukämpfen hatten und mit jedem weiteren Meter mehr zur Wand gedrückt wurden. Die Gewehre fest an sich gepresst bahnten sie sich geduckt einen Weg durch den tosenden Wind. Renées fuchsrotes Haar wirbelte herum wie ein unkontrolliertes Feuer.

    Abgehackt hörte sie Frank ihr etwas zurufen. Der Wind blies einfach zu stark. Sie konnte kein Wort verstehen. Wobei es schon aus seinem Mund durch das Flattern in seiner Brust nur gebrochen herauskam.

    Sie passierten die Ventilatoren und konnten wieder Geschwindigkeit aufbauen. Sie rannten unermüdlich weiter, wieder vom Rotlicht in die Finsternis.

    An der nächsten Abzweigung sahen sie erneut das Alien.

    Sie nahmen die andere Richtung. Links herum und dann eine kleine Schräge hinauf.

    Renée blickte ständig nach hinten. Die Augen schienen sie zu verfolgen.

    Eher instinktiv rannte sie Frank nach, als wirklich zu wissen, ob er überhaupt noch da war.

    Und dann gab es einen gewaltigen Rums!

    Renée war gegen das massive Metalltor gerannt, das sich direkt hinter Frank beinahe augenblicklich geschlossen hatte. Zwei massive Schiebetüren waren seitlich aus dem Rahmen herausgeschossen, hatten sich ineinander verkeilt und den Raum, in dem Frank sich befand, vom restlichen Schiff hermetisch abgeriegelt.

    Renée prallte mit solch einer Wucht dagegen, dass sie sich den Gewehrlauf mitten ins Gesicht schlug und wie ein überladener Sack zu Boden stürzte. Noch im Fall rutschte sie mit den Schuhen weg und schlug hart mit dem linken Knie auf. Der Versuch, sich im letzten Moment noch mit den Armen abzufangen, schlug fehl. Unbewusst öffneten sich ihre Hände und das Gewehr schlitterte davon. Hinein in die Dunkelheit.

    Es ging alles zu schnell. Ihre Gedanken ließen ihr keine Zeit, Schmerzen zu verspüren.

    Hektische Augenbewegungen. Schnelles, zuckendes Atmen.

    Weit am Ende des Ganges flimmerte das violette Licht wieder auf und begann, sich auf sie zu fokussieren.

    Noch suchten Renées Hände verzweifelt nach der Waffe. Sie selbst wand sich wie eine altersschwache Seerobbe über die harten Gitterroste. Aber ihr Unterbewusstsein signalisierte ihr, dass dafür keine Zeit war.

    Schnell wandte sie sich dem massiven Tor zu und schlug mit aller Kraft dagegen.

    „Frank!“, schrie sie, trommelte und klopfte weiter gegen das harte Metall. „Frank! Hilfe!“ Ihre Stimmbänder zerrissen fast unter ihrem Krächzen. Aber er antwortete nicht.

    Sie hatte keine Zeit mehr. Der mechanische Schlitten nahm wieder Fahrt auf. Das tosende Rattern und Schleifen hallten durch die Korridore, überlagerten und verstärkten sich. Wirklich wie bei einem heraneilenden Zug presste sich der Lärm ihr entgegen.

    Sie wusste keinen anderen Ausweg!

    Sofort rappelte sie sich auf und nahm die Beine in die Hand. Auf keinen Fall wollte sie wieder vom Greifarm erfasst und durch die Gegend geschleppt werden.

    Sie hetzte so schnell sie konnte und sprang jedes Mal, wenn sie vermutete, dass ein Hindernis im Weg war. Aber der Schlitten hing ihr immer noch dich an den Fersen. Zumindest wollte sie wertvolle Sekunden rausschlagen, um wieder in einen Bereich zu kommen, der besser ausgeleuchtet war. Dann hätte sie bessere Chancen gehabt, einen Ausweg zu finden.

    Der Schlitten erreichte sie schon fast und streckte den Greifarm nach ihr aus.

    Ihr Herz raste, sprang ihr fast aus der Brust.

    Hektisches Atmen und angespanntes Zittern.

    Der kalte Schweiß rann ihr von der Stirn.

    Abrupt blieb sie stehen, wandte sich dem Objekt zu und starrte es mit weit aufgerissenen Augen an. Sie wusste, dass stumpfes Weglaufen keine Dauerlösung war. Das Objekt würde sie ohnehin einholen. Sie sah keine andere Möglichkeit.

    Part 19

    Immer noch halb blind stolperten sie den Korridor entlang und versuchten kleine Atemzüge, um Sauerstoffmangel vorzubeugen.

    Ein lautes, langgezogenes Quietschen drang an ihre Ohren. Gefolgt von einem tief violetten Licht, das urplötzlich vor ihnen auftauchte. Es war so intensiv, dass es das knisternde Rot regelrecht zerschnitt.

    Aber sie wollten gar nicht erst wissen, was das für eine aberwitzige Sache war. Der Todesmarsch durch den goldenen Glitzerstaub war ihnen Abenteuer genug. Mit ihren letzten Reserven schleiften sie ihre zerschnittenen, erschöpften Körper weiter voran. Nur wie abgehackte Einzelbilder und Filmfragmente nahmen sie die Umgebung wahr, sie konnten kaum die Gesichter des jeweils anderen erkennen. Alles wirkte diffus und durch einen starken Rotfilter betrachtet.

    Sie passierten die Kreuzung und liefen weiter weg vom merkwürdigen Licht. Erst jetzt fiel ihnen auf, dass das Alien sie offenbar gar nicht mehr verfolgte. Zumindest konnten sie weder die grellen Lichter noch ein typisches Geräusch wahrnehmen. Aber sie hatten sich bereits einmal zu viel auf ihre Instinkte verlassen und bekamen dieses Mal die Quittung serviert.

    Sie fühlten sich zwar noch immer nicht für einen Kampf bereit, aber klar genug, um wieder mit den Gewehren ein Ziel treffen zu können. Obwohl sie stets den Hauch des Grauens im Nacken spürten, wollten sie jeden freien Moment nutzen, um wieder zu Kräften zu kommen. Sie entschleunigten ihre Schritte, behielten aber einen zügigen Gang bei. Frank holte seine Flasche aus dem Rucksack und nahm einen tiefen Schluck vom erfrischenden Wasser. Dann reichte er sie weiter. Renées trockener Mund sehnte sich noch mehr nach dem kühlen Nass, erkennbar an ihren blassen und spröden Lippen. Wobei das teils auch der giftigen Substanz zuzuschreiben war. Seine Freundin erlaubte sich auch, sich kurz das Gesicht damit zu befeuchten.

    Als sie die Flasche wieder zurückreichte, sah sie das Blut an ihrer Hand. Ihre Pupillen weiteten sich, die Hand wanderte wieder ins Gesicht tastete es ab. Allein am Schmerz konnte sie nicht lokalisieren, wo die Wunden waren. Ihre Haut brannte nahezu überall an Extremitäten und oberhalb des Brustkorbs. Aber ihre Fingerkuppen waren sensibilisiert und erfühlten die Schnitte und das warme austretende Blut.

    Sie blickte an sich herab, untersuchte ihre Kleidung und fand viele Einschnitte und Risse vor. Alles war leicht mit Blut getränkt.

    Sie sah Frank an und musterte auch seinen Körper. Bei ihm sah es ihrer Auffassung nach noch schlimmer aus. Seine Hose war komplett rot, die Arme und Gesicht mit Blut überzogen. Selbst am Hals hatte er einen schmalen, aber langgezogenen Kratzer, aus dem punktuell auch schon wenige Tropfen Blut austraten.

    Er versuchte, den starken Mann zu mimen und sich seine Qualen nicht anmerken zu lassen. Aber sein beschwerlicher Gang verriet es.

    Unter das anfängliche Quietschen mischte sich ein Schleifen. Und mit diesem bewegte sich auch das violette Licht. Es schien näher zu kommen.

    Sofort beschleunigten sie wieder ihre Schritte. Lieber nahmen sie die Schmerzen in Kauf, als wieder von irgendwas attackiert zu werden. Denn bisher hatte alles, was sie im UFO erlebt hatten, nichts Gutes zur Folge. Und ein neues Licht mit eigener unverkennbaren Farbe musste auch etwas zu bedeuten haben. Und das wollten sie nicht herausfinden.

    Das violette Licht war zielgerichtet auf sie fixiert und kam mit rasanter Geschwindigkeit auf sie zu.

    Es dauerte nur Sekunden, bis plötzlich etwas Mechanisches aus dem Gang hervorschoss. Es hing an der Decke und schien sie mit dem Licht anzupeilen und ins Visier zu nehmen. Das Schleifen vibrierte durch die Gänge, überlagerte und verstärkte sich.

    „Fahren hier Züge?“, fragte Renée spöttisch und hielt sich die Ohren zu. Der Lärm war für beide unerträglich.

    Ihre Anmerkung regte Franks Gedanken an. Er schaute hinauf und suchte nach etwas bestimmten. Etwas, womit man dieses markante Geräusch erklären konnte. Und dann entdeckte er etwas. Es war nur schwer zu erkennen unter all dem Dampf, Kabeln und Rohren. Eine Art Führungsschiene.

    „Ich befürchte, ja!“

    Als das Objekt nur noch wenige Meter von ihnen entfernt war, schmissen sie sich auf den Boden und hielten sich die Hände schützend über den Kopf. Der Schlitten bremste abrupt ab und kam direkt über ihnen zum Stehen. Noch im tosenden Bremsmanöver fuhr der Greifarm mit lautem Rattern aus und packte nach Renée. Sie lag gerade mal wenige Sekunden auf dem harten Gitterrost, da schlugen die massiven Greifzangen um sie herum auf und überspannten ihren Körper wie einen metallenen Käfig.

    Erschrocken zuckten beide zusammen, aber Frank packte ohne zu Zögern nach Renées Hand und hielt sie fest umschlungen. Er versuchte, sie von der Apparatur wegzuziehen. Nur einen Wimpernschlag später erhob sich der Greifarm wieder und die Zangen schlossen sich.

    Im letzten Moment versuchte sie sich mit den Beinen vom Boden wegzudrücken und den Zangen zu entkommen. Blitzschnell schlossen diese sich, konnten aber nur noch Renées Oberschenkel packen.

    Ein Mark erschütternder Schmerzensschrei presste sich aus ihrem Mund. Nur einen flüchtigen, von Panik erfüllten Blick schaffte sie Frank zuzuwerfen, bevor ihr Körper gewaltsam nach oben gerissen wurde. Es ging zu schnell und zu abrupt. Frank konnte die Hand seiner Freundin nicht halten.

    Dann begann der Schlitten auch schon wieder loszufahren und beschleunigte genauso schnell, wie er zum Stehen gekommen war. Für Renée ein reinster Höllentrip! Auch wenn er nur wenige Sekunden andauerte, waren es die schlimmsten Augenblicke ihres Lebens. Nur an einem Bein hängend baumelte sie mehrere Meter über dem Boden und wurde durch den Korridor gefahren. Sie zappelte und wand sich wie ein aufgespießter Regenwurm, kreischte sich die Stimmbänder aus dem Hals.

    Der Greifarm verschwand wieder im dichten Goldnebel, nur noch das violette Licht stach hindurch. Dann, unter weiterem wilden Gezappel, rutschte ihr Bein langsam aus den starren Zangen heraus. Und sie stürzte hinab. Aus gut zwei Metern Höhe fiel sie wie ein nasser Sack herunter und prallte mit dem gekrümmten Rücken voran hart auf den harten Bodengittern auf. Noch im Fall legte sie die Arme schützend um den Kopf.

    Die Apparatur war inzwischen weitergefahren. Wie ein Schlitten raste es an der Führungsschiene an der Decke entlang, immer weiter durch die Korridore. Das violette Licht der Scheinwerfer wurde immer kleiner, bis es hinter der nächsten Abzweigung verschwand. Nur noch am Quietschen und Schleifen konnte man erkennen, dass es noch unterwegs war.

    Umgeben vom Nebel und in Blut durchtränkten Klamotten lag sie in der Fötusstellung auf dem kalten Gitter, dessen Muster sich beim heftigen Aufprall in die Haut eingepresst hatte. In nahezu völliger Finsternis, orientierungslos und komplett außer Puste.

    Frank hatte keinen Moment gezögert und ist ihr sofort hinterhergerannt. Ihre lauten, krächzenden Rufe stachelten ihn zusätzlich an. Er hatte gesehen, wie ihr Körper mitten im Nebel von der Decke gefallen war. Was in vielerlei Hinsicht fatal war.

    Ein Sturz aus dieser Höhe auf solchen Untergrund war schon bedenklich genug. Aber dann noch mitten in dieser toxischen Luft hätte für Renée tödlich enden können.

    Diesen Gedanken blendete Frank aus. Das wollte er auf keinen Fall annehmen! Ebenso schob er den Gedanken an das Alien kurzfristig beiseite. Für ihn zählte jetzt nur diese eine Sache! Renée zu retten.

    Immer weiter winselte und schluchzte sie, verschluckte immer mehr vom Nebel und erlitt Brustkrämpfe. Sie versuchte, die abscheuliche Substanz auszuspucken, hielt die Luft an und konzentrierte sich. Sie musste gegen das aufkommende Brennen ankämpfen.

    Kurze Anmerkung!

    Ich bin nicht ganz zufrieden mit dem Part. :hmm: An manchen Stellen fehlt irgendwie noch etwas mMn. :hmm:

    :hail: Danke Acala  Rainbow und Jufington für eure Kommentare, Anmerkungen und Anregungen! :hail:Lange hat's gedauert! Aber nun schreibe ich meine Antwort! :alien:

    Gedöns/Anmerkungen

    Allerdings bin ich stellenweise ein bisschen hängengeblieben, was die Motivation von Renée und Frank anbelangt. Ich packe meine Gedanken dazu mal in einen Spoiler, weil ich befürchte, dass das sehr lang wird. Aber ich möchte halt auch gescheit erklären, was ich meine und nicht einfach nur einen Einzeiler hinterlassen von wegen "Motivation unklar!"

    Acala hat das ganz gut auf den Punkt gebracht. Denn manchmal frage auch ich mich, warum die beiden Protas nun dieses oder jenes machen. Ihre Beweggründe erscheinen mir nicht immer schlüssig.

    Die Erkundung des Raumschiffes ist natürlich einerseits spannend und die ganzen schaurigen Dinge, die sie da entdecken. Allerdings wissen sie auch, dass sie in der Falle sitzen und dass das Wesen jeden Augenblick reinkommen kann...Meiner Meinung nach müsste da ein bisschen mehr Hektik rein. Sie müssten sich immer wieder umsehen, bei jedem Geräusch zusammenfahren...sie dürften sich wahrscheinlich auch nicht so lange mit den Leuten in den Kästen beschäftigen. Es scheint sonst so, als hätten sie die Ruhe weg.

    Einzig der Fakt, dass die beiden im Raumschiff eingesperrt sind, geht in Part 16 und 17 etwas unter. Hier fehlt mir etwas das Gefühl der Dringlichkeit, einen Ausweg zu finden.

    Ich finde es gut, dass ihr alle drei quasi dasselbe ankreidet. Das zeigt mir, dass ich an diesen Stellen noch etwas verändern muss/te.

    Ich habe mich auch bereits mit Acala nach ihrem Kommentar unterhalten und daraufhin den Text an einigen Stellen nochmal überarbeitet.

    Zum Beispiel habe ich an manchen Stellen nochmal genauer aufgezeigt, dass ihnen stets bewusst ist, dass das Alien überall lauern könnte und was deren Motivation ist, es zu jagen.

    Bei der Szene, wo sie auf das UFO treffen, sind sie etwas vorsichtiger und erkunden erstmal die direkte Umgebung, bevor sie sich dem UFO nähern. Nun erkundet auch nur Frank das UFO und Renée bleibt im Wald zurück. Somit konnte ich Renées zögerlichere und ängstlichere Art nochmal unterstreichen.

    Auch bei der Szene, wo Renée Cynthia nochmal aufsucht, habe ich ein paar Sätze hinzugefügt, um ihre Motivation dazu klarer aufzuzeigen.

    Wegen der zu wenigen Hektik und allgemeinen Anspannung beim "Erkunden" des UFOs werde ich auch nochmal schauen, wo ich sie einbauen kann. In den folgenden Parts werde ich versuchen, darauf besonders zu achten. (Da sie ohnehin viel knackiger und hektischer sein werden :ninja: )

    Punkt 2: Nach wie vor komme ich mit den ständigen Perspektivwechseln nicht so gut klar. Werden in einem Moment noch Renees Gefühle geschildert, sind wir im nächsten Moment schon wieder bei Frank. Ich bin noch immer der Meinung, dass es dem Text gut täte, zumindest kapitelweise bei einem Prota zu bleiben.

    Darüber habe ich mich mit Acala auch nochmal ausgetauscht. Du bist bisher die erste Person überhaupt, die das jemals in irgendeinem meiner Texte angesprochen hat. Vielleicht ist das auch die erste Geschichte, in der ich das so "extrem" mache. :pardon:

    Um auf den Punkt zu kommen: Ich fühle mich mit diesem Aufbau wohler und sicherer beim Schreiben, darum werde ich das (leider) bei dieser Geschichte auch weiterhin so durchziehen. :sack:

    Punkt 3: Eine Formulierung, über die ich beim Lesen immer wieder gestolpert bin ist die mit dem "händchenhaltend" oder "sie hielten Händchen". Das klingt in meinen Ohren irgendwie ... keine Ahnung...ein bisschen nach Kindergarten :pardon: Vielleicht: Fest hielten sie einander an den Händen...oder Renee war nicht gewillt, Franks Hand loszulassen...oder was weiß ich. (vielleicht ist das auch Geschmacksache, aber ich lasse dich einfach mal an meinen Gedanken beim Lesen teilhaben ^^ )

    Ich dachte zuerst, du meintest die generelle Geste des zusammen Herumlaufens an den Händen. Aber du meintest vermutlich tatsächlich nur diese Formulierung. Und da muss ich dir natürlich zustimmen. :thumbup: Ich werde eine andere Formulierung finden.


    Part 18

    Nur einen Katzensprung weiter sahen sie wieder einen dicken Kabelstrang, der an der Wand hinabführte. Ein weiterer Mensch. Ein Mann. Sein Körper hing schlaff und wurde nur von den Schläuchen und Kabeln in Position gehalten.

    Renée hatte schon lange keine Lust mehr auf dieses groteske Schauspiel. Dennoch war sie sich uneins, ob sie den Anblick weiterer Menschen verkraften konnte, oder erst recht dadurch in Panik geraten würde.

    Etwas, um das sie Frank beneidete: Sich nichts so schnell anmerken zu lassen.

    Dass es ihm auch schwer zu schaffen machte, davon war sie überzeugt. Aber er konnte es gut mit seiner kühlen und nüchternen Art überspielen.

    In ihrem Kopf dagegen brodelte es wie in einem Vulkan. Cynthia, Rob und vor allem die andere junge Frau, deren Anblick besonders verstörend war.

    Renée stellte sich vor, wenn es sie anstelle ihr gewesen wäre. Sie hoffte für die Teenagerin, dass sie nichts davon mitbekam. Es musste sich so extrem anfühlen, Renée hätte sich vermutlich mehrmals übergeben. Wenn ihr schon beim bloßen Anblick fast das Essen wieder hochgekommen war.

    Wohin sie nun fliehen sollten und konnten, wussten sie nicht. Vielleicht gab es auch keinen anderen Ausgang oder generell etwas, das sie tun konnten.

    Sie folgten einfach dem Korridor weiter und versuchten sich an bekannten Details wie die schmalen, erleuchteten Signalstreifen oder dicken Rohrleitungen zu orientierten. Was trotzdem nicht als idiotensichere Methode anzunehmen war.

    Ab und an warf Renée einen kurzen Blick nach hinten. Aber bisher blieb es noch bei den fernen Geräuschen des Aliens. Wobei es fragwürdig war, ob sie es frühzeitig hätte sehen können. Die Vorstellung überwog in dieser Hinsicht der Realität.

    Sie hatten schon zu viel Zeit bei den menschlichen Gefangenen verschwendet, davon waren sie überzeugt. Renées zögerliche Untersuchungen der beiden jungen Frauen brachten ohnehin keine neuen Erkenntnisse. Somit fühlte es sich für sie extra unbefriedigend an.

    Sie hatten kaum fünfzig Meter zurückgelegt, da kamen sie wieder in einen Abschnitt, der deutlich mehr von Rauch eingehüllt war. Und mit jedem weiteren Schritt wurde er kompakter und verschlang immer stärker das wenige Licht. Sie mussten sich an den Händen halten, um sich nicht zu verlieren. Kaum, dass sie sich noch sehen konnten. Der Nebel war am Boden verdichtet und verschleierte komplett die Sicht auf diesen. Auch wenn sie mehr nach unten als geradeaus schauten, um potenziellen Stolperfallen aus dem Weg zu gehen, konnten sie nicht tiefer als bis zu den Knien sehen. Es war alles zu trüb, kalt und finster. Denn auch die Temperatur fiel spürbar ab. Eine Atmosphäre wie bei einem intensiven Morgennebel vorm Sonnenaufgang. Und mit dieser ging auch ein eisiges, bedrohendes Gefühl ein.

    Lautes Brummen und Zischen.

    Ruckartig zogen sie die kühle Luft ein. Ihre Blicke schwenkten hektisch um.

    Die vier funkelnden Augen stachen wie Scheinwerfer durch die Finsternis hindurch. Gefolgt von der sich aufbäumenden Silhouette des außerirdischen Geschöpfes, die rasch den kompletten Korridor ausfüllte.

    Herzrasen. Tunnelblick!

    Ihre Finger krallten sich fest um die Gewehre.

    Dann verschwanden die Lichter wieder abrupt. Aber die abscheulichen Geräusche blieben und intensivierten sich sogar. Dumpfes Stampfen und flache Bewegungen der Nebelschwaden.

    Sie waren sich einig: das Ding würde sie jeden Moment angreifen!

    Sofort rannten sie los. Weiter durch den Nebel. Ohne klare Sicht waren sie hilflos aufgeschmissen im Kampf. Selbst ein harmloses Tier hätte sie nun in Bedrängnis bringen können. Allein schon der Ungewissheit wegen.

    Jede kleinste Wahrnehmung schreckte sie auf. Ihre Körper waren plötzlich hypersensibel geworden. Seien es kurze Luftstöße von offenen Ventilen, das aufblinken kleiner Lampen oder nur geringfügige Unebenheiten im Fußboden. Alles Mögliche hätte das Alien sein können.

    Der Nebel wurde körnig rot. Leichtes Hämmern und Knistern vibrierte auf ihrer Haut. Ein dezentes goldenes Schimmern durchzog sich wie ein seidiger Schleier durch die getrübte Luft. Ein eiskalter Schauer gingen ihnen durch Mark und Bein, die Atemzüge wurden schnell von stechenden Schmerzen begleitet. Ebenso reizte es ihre Augen und flimmernde Farbkreise erschienen ihnen, die sich rasant zu einem rosa Rauschen aufbauten. Der goldene Feinstaub schien eine stark toxische und halluzinierende Wirkung zu haben.

    Schnell pressten sie sich die Ärmel ans Gesicht und beschleunigten ihr Tempo weiter. Das Glitzern hüllte sie komplett ein. Sie fühlten sich von diesem Zeug verfolgt. Frank geriet in Hektik und hielt die Luft. Renée wurde von ihm mit einem kräftigen Ruck näher heran gezerrt. Sie hatte zu kämpfen, die Augen offen zu halten. So heftig sie auch blinzelte, das goldene Aerosol setzte sich vehement an ihrer Netzhaut ab und bescherte ihr höllisches Brennen. Als würde man die Augen sanft mit Säure beträufeln. Zu dem farbigen Rauschen kamen jetzt noch die massiven Schmerzen dazu. Nun konnte sie ansatzweise erahnen, wie extrem es für Frank gewesen sein musste, als sein komplettes Gesicht mit dem Silberbelag bedeckt gewesen war.

    Irgendwas packte Renée am linken Unterschenkel. Sie rannte zu schnell und riss sich los. Dennoch schien es sie verletzt zu haben. Wie ein tiefes Kratzen, gar Schneiden in ihre Haut. Jedes Aufsetzen mit dem Fuß – was sie situationsbedingt besonders fest tat – verpasste ihr einen ziehenden Schmerz durch ihr gesamtes Bein.

    Im selben Atemzug wurde auch Frank attackiert. Einem Skalpell gleich schlitzte ihn irgendwas über den rechten Oberarm, bis hinauf zur Schulter. Reflexartig drehte sein Körper sich weg und legte den Arm noch fester an. Durch diesen Schock presste Frank stoßartig die Restluft aus seinen Lungen und hätte beinahe einen Atemzug getan.

    Wie im Fieberwahn irrten ihre Sinne in einer sich enger ziehenden Schleife umher. Ihre verkrampften, zitternden Körper waren vom Fluchtmodus ergriffen und ließen keine anderen Taten mehr zu. Es war nur eine Frage von Sekunden, bis sie entweder vom Alien zu Boden gerissen, oder an Atemnot erstickt wären. Folglich hätte jedes Ereignis unweigerlich den Tod zufolge.

    Die Eindrücke überhäuften sich und erschlugen sie nahezu. Weitere Schnitte und Kratzer wurden ihnen zugefügt. Arme, Beine und Hals. Sie spürten schon, wie das warme Blut über ihre angespannte Gänsehaut floss.

    Beinahe augenblicklich – sie hatten es anfänglich nicht realisiert – verließen sie wieder den seltsamen Nebel und spürten schnell, dass die Sicht sich wieder normalisierte. Das tiefe Rauschen verschwand genauso schnell wie es gekommen war. Nur das Brennen klang deutlich langsamer ab.

    Wie durch eine unsichtbare Barriere – wenn auch mit leicht diffusem Übergang – waren die beiden Luftschichten voneinander getrennt.

    Das Paar konnte und durfte sich aber keine Pause erlauben. Das Alien war immer noch direkt hinter ihnen und ihre Sinne noch längst nicht bereit für einen Kampf. Woher sie noch die Kraft nahmen, überhaupt einen Schritt tun zu können, wussten sie nicht. Aber unter Stress konnte ein Körper ohnehin schier Unmögliches möglich machen.

    Part 17

    „Was ist das hier?!“, fragte Renée verdutzt und schockiert zugleich. „Was sind das für Apparaturen?“

    Frank rümpfte hart die Nase. „Ich will nichts mutmaßen. Rob war definitiv tot gewesen. Also warum sollte er dann hier sein?“

    Fragend schauten sich beide an.

    Und allmählich formten sich bei Renée von Ekel geplagte Gesichtszüge. „Denkst du etwa, sie werden für Experimente missbraucht?“

    Und genau das wollte Frank nicht hören. Reflexartig riss er die Augen auf, fokussierte seine Gefährtin und kehrte dann in sich. „Möglich … Wie gesagt will ich nichts mutmaßen.“

    „Garantiert ist das so!“, sagte Renée bestimmt und blickte zurück zu Cynthia. Der Gedanke daran und das bei dieser jungen Frau stimmte sie zutiefst traurig.

    Frank folgte dem Gang weiter. Seine Gefährtin hatte andere Pläne, sie fühlte sich zu Cynthia hingezogen. Obwohl sie zuvor dagegen war, überhaupt einen näheren Blick zu riskieren, beschäftigte sie das Schicksal dieser jungen Dame einfach zu sehr. Sie wollte mehr darüber in Erfahrung bringen, was genau hier passierte. Vielleicht würde sie herausfinden können, ob Cynthia lebte oder nicht. Aber dafür müsste sie wohl oder übel wagen, den Körper genauer zu untersuchen. Den Körper im Bottich.

    Sie kramte aus ihrem Rucksack eines ihrer Shirts hervor und wickelte es sich um Hand und Unterarm. Auch wenn der Körper der Teenagerin in dieser dunklen Flüssigkeit lag, hatte Renée etwas Bammel davor, was dieses Zeug eventuell mit ihrer Haut anstellen könnte.

    Anfänglich traute sie sich nur mit den Fingerspitzen hinein. Es fühlte sich ölig und kühl an, mit niedrigviskoser Konsistenz. Es rief keine spontanen Reaktionen oder Irritationen hervor.

    Steckte ihren ganzen Unterarm in das Becken hinein und begann vorsichtig, Cynthias Körper eingehender zu untersuchen. Das unfreiwillige Starren in die seelenlosen Augen verpasste ihr ein Horrorerlebnis, das ihr vermutlich einige schlaflose Nächte bescheren würde. So sehr sich Renée auch anstrengte, viel konnte sie nicht in Erfahrung bringen. Kein Herzschlag, keine Atmung, keinerlei Reflex. Zu glitschig und unnatürlich war dieses Sekret. Und ständig schwappte es auf sie und in Cynthias Gesicht und floss zäh von der gebräunten Haut. Die kleinen Blasen aus dem Mund, die sich zu feinem Schaum aufbauschten, komplettierten diesen traumatisierenden Anblick. Renée spürte, wie sich ein Würgereiz ankündigte. Sie konzentrierte sich und versuchte, an die schöne Landschaft außerhalb dieses Horrorkabinetts zu denken.

    „Hier ist noch jemand!“, rief Frank. Der Lichtkegel seiner Stirnlampe zeigte direkt zu Renée, die das als Anlass nahm, nun doch von Cynthia abzulassen.

    Sie nahm den Arm wieder aus dem Becken und wischte sich mit dem Shirt die ölige Flüssigkeit so gut es ging ab. Sie wusste spontan eh nicht, wie sie der jungen Frau hätte helfen können.

    Noch ein letztes Mal blickte sie zurück zum blau beleuchteten Becken, konnte aber durch den sich stetig ausbreitenden Nebel nichts erkennen. Aber der Gedanke reichte ihr schon, um ihr wieder einen kalten Schauer über den Rücken zu geben.

    Entschlossen und ohne weiteren Zwischenstopp ging sie zu Frank rüber und schmiss unterwegs das Shirt angewidert auf den Boden. Sie passierte Rob und die anderen leblosen Personen. Bei jedem dieser Körper spürte sie ein tiefes Unwohlsein, als würde irgendwas Schreckliches passieren.

    „Vorsicht!“, meinte Frank bestimmend und streckte ihr zurückhaltend die Hand entgegen. „Es könnte dich verstören!“

    „Was ist los? Warum?“ Sie konnte sich nicht bremsen. Seine Warnung war ihr egal.

    Aber sofort hätte sie sich gewünscht, doch auf ihn gehört zu haben. Denn was sie sah, war eine weitere Teenagerin. Aber sie war nicht in so einem Becken, sondern lag wie ein Fötus zusammengekauert auf dem kalten Gitterrost. Und Renée begriff auch schnell, worauf ihr Freund hinaus wollte. Denn die junge Frau war vollkommen nackt!

    So sehr es Renée auch schockierte, sie konnte sich nicht zurückhalten und inspizierte die nackte Frau genauer. Langes blondes Haar, zerzaust und völlig verklebt. Schlanker Körperbau, sehr heller Teint. Auf der Haut befand sich ein dünner Film schmieriger Substanz, die der tiefblauen Flüssigkeit ähnelte. Die Teenagerin ließ sich genauso glitschig anfassen wie einen Fisch. Das knallrote Licht brachte sie zum Glänzen. Die Haut im Brustbereich, Hals und Oberarmen war mit großen Blutergüssen und Prellungen übersät. Aber auch der Rest des Körpers sah sehr mitgenommen aus. Viele Schnittwunden, abgescheuertes Gewebe und schwarze Sprenkel. Bei ihr ragten ebenso am ganzen Körper Schläuche, Kabel und Drähte heraus. Mund, Nase und Bauch. Leider auch aus dem Unterleib, was man schon beim ersten Blick zu genau sehen konnte. Alles zusammen wirkte so grotesk und fremd, als könne es einen extrem abartigen Fetisch bedienen.

    Frank blieb während der gesamten Zeit von der jungen Frau abgewandt. Allein schon aus Respekt. Allein dass er sie zuerst gefunden hatte, waren ihm Bilder genug im Kopf.

    „Könnte das Alys sein?“, fragte Renée.

    Ein dumpfes Krachen drang an ihre Ohren, kaum wahrnehmbar im kompakten Klangteppich.

    „Vermutlich“, merkte Frank knapp an und packte seine Partnerin am Arm. „Lass uns von hier verschwinden.“

    „Aber wir können sie doch nicht so zurücklassen!“ Mit einer großen Armbewegung drückte sie seine Hand von ihr weg.

    „Was willst du denn tun?“

    „Keine Ahnung!“, schnaufte sie und starrte hilflos auf den geplagten Körper vor sich. „Aber wenigstens mehr als gar nichts …“

    „Das Ding ist wieder da!“, knurrte Frank bestimmt und zerrte härter an ihrer Schulter.

    Sie sahen, wie sich ein bleicher Schatten am Gangende auftat und langsam intensiver wurde. Das Stampfen wurde immer klarer und lauter und ein tiefes Brummen schwang dazu.

    Renée hatte es noch immer nicht geschafft, auch nur einen Handschlag am Körper der Frau zu tun und musste die Flucht antreten. Sie schnappte sich ihr Gewehr, stand auf und folgte Frank. Er hatte keinen blassen Schimmer, wohin der Gang weiterführen würde, sah aber keinen anderen Ausweg.

    Die Aufmachung der Umgebung zog sich weiter fort mit all den Schläuchen, Kabeln und kaltem Dampf. Das rote Licht wurde intensiver und brach nun auch von unten her durch die hexagonalen Metallgitter durch. Sie fühlten sich immer mehr wie in einem U-Boot unter Gefechtsbedingungen, nur hundertfach durch Panik verstärkt.

    Sie kamen an eine weitere Kreuzung, entschieden sich aber spontan für den direkten Weg geradeaus weiter. Und nach wenigen Schritten veränderte sich die Umgebungsstimmung drastisch. Das rote Licht verschwand und wurde durch das grelle Weiße ersetzt, das aber nur spärlich wenige Akzente setzte. Wie im Frachtraum definierten sie nur die Ecken und Kanten der hohen Wände. Tiefe einnehmende Schwärze umgab sie und verdrängte für sie das wenige Licht. Sie spürten den eisigen Nebel eher, als dass sie ihn sehen konnten. Ein monotones Summen begleitete sie und bohrte sich in ihre Köpfe. Jeder Schritt schien sie in eine neue Welt zu bringen, obwohl sich nicht wirklich was veränderte. Nur kleine Akzente und schwache Nuancen, die aber addiert immer neue Wahrnehmungsebenen kreierten.

    Plötzlich stürzte Frank zu Boden. Renée konnte noch im letzten Moment einen großen Sprung über ihn machen und federte sich ab. Aber sie trat auf etwas und rutschte weg. In einer Grätsche stützte sie sich mit den Händen vom Gitterrost ab und schaute nach ihrem Freund.

    Er lag ungelenk am Boden und hielt sich das Schienbein. Neben ihm sah sie jedoch einen weiteren Körper. Aber in dieser Finsternis konnte sie nichts Klareres erkennen. Nur ein blutverschmiertes Gesicht, das sich im stechenden Lichtkegel kantig offenbarte. Die Augen waren weit geöffnet, der Mund nur leicht.

    Frank ließ keine Zeit verstreichen, rappelte sich langsam wieder auf und humpelte weiter. Renée schluckte den Schock runter und folgte Frank sofort. Zu viele leblose Körper und zu viele abartige Dinge geschahen hier. Sie wollten damit nichts mehr zu tun haben. Sie wollten einfach weg von hier!

    Part 16

    Frank ging schnell zu ihr und versuchte sie noch abzustützen. Was sie erlebt hatte, wusste er noch nicht, aber er wusste, dass ihre Reaktion nicht allein auf seine Aussage zurückzuführen war.

    Im letzten Moment gelang es ihm, ihren Oberkörper zu umpacken und ihr Zusammenbrechen abzufangen.

    Ihre Lippen waren fest aufeinander gepresst und ihre Augen blickten starr nach unten. Ihr ganzer Oberkörper wurde schlapp und wäre ohne Franks Hilfe in sich zusammen gesackt.

    Sanft umschloss er ihr Gesicht und sprach ihr beruhigende Worte zu. Er versuchte, ihren Fokus auf sich zu lenken. Er spürte es am eigenen Leib, wie sehr sich ihre Anspannung auch auf ihn übertrug. Auch ihn ereilten Anflüge von Panik und Zweifel. Dieses Schiff, diese Umgebung hatte etwas Düsteres an sich. Es bräuchte nur einen Auslöser zu viel und das mühselig zusammengehaltene Nervenkostüm würde in sich zusammenfallen. Und genau das wollte Frank ihnen beiden ersparen.

    Immer mehr ging er auf sie ein, wischte ihr zärtlich über die Wangen. Seine geflüsterten Worte zeigten langsam Wirkung. Sie begann zustimmend zu nicken und versuchte seine Worte nachzusagen. Tief Ein- und Ausatmen. Den Fokus nicht verlieren, Augenkontakt beibehalten.

    Noch einige Minuten nahm es in Anspruch, bis sie wieder ihren Körper unter Kontrolle hatte. Händchenhaltend gingen sie nun gemeinsam zum Becken und schauten nach, was es mit diesem menschlichen Gesicht auf sich hatte. Renée hatte immer noch Bammel vor diesem schauderhaften Anblick, war aber zugleich auch neugierig.

    Aber selbst der zweite Blick auf dieses Gesicht war mit Unbehagen behaftet.

    Frank verzog auch eine Miene und war leicht angewidert. Weniger vom Anblick, sondern eher vom Gedanken her, dass es ein Mensch war. Beim genaueren Betrachten erkannten sie weibliche Züge. Die Wangenknochen.

    Es war eine junge Frau mit langen, leicht gekräuselten Haaren und etwas dunklerer Haut. Auch wenn diese durch die tiefblaue Flüssigkeit im Becken nur schwer als solche zu erkennen war. Und die Luft, die zu stark von Nebel und dem stechendem Licht gesättigt war, trug auch dazu bei.

    Abwärts vom Hals war absolut nichts mehr zu sehen. Das trübe Tintenblau war zu intensiv.

    Aus Mund und Nase, zwischen den Schläuchen und Fäden quollen leichte Luftblasen heraus.

    „Ist das Cynthia?“, fragte Renée schockiert und konnte das schmale Gesicht nur mit großem Ekel betrachten.

    Frank kramte aus den Untiefen seines Rucksacks das Portmonee hervor, was sich unter diesen Lichtbedingungen als sehr schwierig herausstellte. Dann verglich er den Ausweis mit dem jungen Frauengesicht.

    „Ich befürchte, ja“, schnaufte er bedauernd und zeigte ihr das Bild hin.

    Nur flüchtig erfassten ihre Augen das Portrait. Das reichte für sie auch, mehr wollte sie davon nicht sehen.

    Sie wusste nicht, ob sie nun fröhlich oder noch trauriger sein sollte. Lebendig sah Cynthia nicht gerade aus. Aber wirklich tot auch nicht. Wieder rumorte es in ihrem Kopf. Schreckliche Bilder. Verstörende Bilder. Vom Unfallort, dem Alien und Cynthia.

    Ob sie noch gelebt hatte, als das Ding sie entführt hatte?

    Sofort begannen sich Tränen zu bilden. Krampfhaft versuchte sie, weitere zu unterdrücken. Sie wollte nicht schon wieder in diesen deprimierten Zustand verfallen. Nicht jetzt und nicht hier.

    Frank wollte gerade auf sie eingehen und ansprechen, da schüttelte sie den Kopf und löste ihre Hand von seiner. Sie brauchte erst mal ein paar Minuten für sich selbst. Sie brauchte die Chance, sich auf diese Situation alleine einstimmen zu können.

    Er respektierte das, gab ihr noch einen Kuss auf die Wange und ließ sie allein. Er erkundete weiter die Apparaturen und Umgebung. Die Schläuche und Drähte, die aus den Öffnungen kamen, sammelten sich an einer Art Pumpe oder Verteiler in Form einer kopfgroßen Kugel, die sich knapp einen Meter über dem Becken befand. Von dieser aus verliefen wieder Schläuche und Kabel weiter durch den Raum. Aber es wirkte alles etwas provisorisch platziert.

    Frank verfolgte mit der Kopflampe weiter der Kabellage und wurde zu einem weiteren Kanister gelotst. Anders als beim ersten Behälter, in welchem Cynthia horizontal lag, befand sich in dieser Röhre ein menschlicher Körper in senkrechter Position. Und wenn Frank dachte, der Anblick Cynthias war schon verstörend genug, wurde er hier eines Besseren belehrt. Das raubte sogar ihm den Atem.

    Das eisblaue Licht reflektierte sich an der Schutzglasinnenseite, zeigte diesmal aber etwas mehr vom Inneren der blauen Flüssigkeit. Frank konnte klar genug erkennen, wie diese Person aussah. Rote Haare, Flanellhemd und Jeans.

    Ein Kloß bildete sich in seinem Hals, den er selbst mit kräftigem Schlucken nicht wegbekam. Zuerst glaube er, seine Augen würden ihn nach all dem ganzen Mist einen Streich spielen, aber selbst nach mehrmaligen Blinzeln und Reiben veränderte sich das Gesehene nicht.

    „Renée!“, rief er und blickte über die Schulter zu ihr zurück.

    Sofort riss sie sich herum und sah ihn sie zu sich winken.

    „Du wirst nie glauben, wer hier ist“, rief er weiter und winkte noch energischer.

    Mit immer noch starkem Unwohlsein ging sie zu ihm und wischte sich währenddessen noch die letzten Tränen von den Wangen.

    Frank deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Röhre vor sich, strich ihr aber zugleich über die Schulter, als sie ihn passierte. Er wollte sie eigentlich damit zurückhalten, aber es war zu spät. Sie erkannte die Person auch sofort wieder und blieb sofort wie angewurzelt stehen.

    „Rob?!“ Entsetzt starrte sie den Jungen an und ließ das Gewehr als Stütze zu Boden sinken. „Aber wieso?“

    Frank hakte nochmal nach: „Er war doch tot, oder?“

    Sie nickte energisch und wäre am liebsten wieder in Tränen ausgebrochen.

    „Aber was macht er dann hier?“

    Renée schüttelte nur noch mit dem Kopf und winkte ab. „Ehrlich gesagt will ich das gar nicht wissen! Und ich will mich damit auch nicht weiter befassen.“

    Bereuend senkte Frank den Kopf und stimmte ihr mit vorsichtigem Nicken zu. Er wollte wieder ihre Hand nehmen, aber sie lehnte wortlos ab. Ihre gespitzten Lippen und der abfällige Blick waren für Frank ausreichende Anzeichen, sie vorerst nicht weiter zu belästigen. Ob sie auf ihn böse war, konnte sie nicht bestätigen. Aber mit sich selbst war sie auch nicht zufrieden. Einerseits begrüßte Etwas tief in ihr dieses Erlebnis hier, aber der Großteil ihrer Gedanken sträubte sich gegen den ganzen Prozess, der gerade ablief. Sie spürte immer mehr, dass das alles real war. Und genau das fuchste sie so sehr.

    Sie untersuchten die anderen Bottiche und fanden noch zwei Männer. Und sogar einen Hund. Einen Labrador. Aber die sahen auch nicht gesünder aus. Doch der eine Mann schien zu leben. Zumindest bewegte sich sein Brustkorb leicht.

    Frank bedeutete ihr mit einer Handgeste, eventuell Fotos davon zu machen. Was sie zuerst mit einem Kopfschütteln ablehnte. Aber so abartig der Gedanke auch war, war es ein wirklich außergewöhnliches Motiv. Allein schon als Beweismaterial, oder um Leute zu schocken. Die Lichtverhältnisse waren natürlich alles andere als optimal, aber es sollte auch nicht perfekt werden.

    Je mehr sie sich mit der Umgebung auseinandersetzten, umso mehr konnten sie sich ein Bild vom Ganzen machen. Anscheinend war alles zusammenhängend miteinander vernetzt, aber eindeutig nicht fest installiert. Denn viele der Kabel und Schläuche schienen nur behelfsmäßig verlegt worden zu sein. Überall gab es irgendwas, das völlig absurd wirkte, blubberte, blinkte oder zischte.

    Part 15

    Zuvor noch vom starren Licht geblendet, verdunkelte sich schlagartig die Umgebung, als sie den höchsten Punkt der Rampe erreichten. Als wären sie über eine unsichtbare Schwelle getreten, kehrte sich alles von dröhnendem Weiß in stilles Schwarz um. Ihre Augen mussten sich vorerst an diese abrupte Veränderung anpassen. Das Alien im Nacken und vor ihnen eine unbekannte Umgebung. Schnell machten sie ihre Stirnlampen an, um wenigstens etwas Licht ins Dunkel bringen zu können.

    Unter ihren Füßen waren hexagonale Metallgitter, aus denen kalter Rauch aufstieg. Um sie herum offenbarte sich ein großer Raum, der geschätzte dreißig Meter im Quadrat maß. Weit über ihren Köpfen die Decke, ebenfalls aus diesen Gittern sowie Rohren und Metallstreben bestehend. Und auch dort quoll dieser eiskalte Rauch heraus und zirkulierte durch den ganzen Raum. Hier war auch alles aus demselben Material wie die Außenhülle angefertigt. Es fühlte sich auch genauso an.

    Renée versuchte stets ein Auge auf die Rampe gerichtet zu halten, um das weitere Vorhaben des Aliens im Blick zu haben. Aber es hatte offenbar nicht die Absicht, ihnen ins UFO zu folgen. Es blieb draußen an der Rampe stehen. Dann drückte es sie zu, bis nur noch ein kleiner Spalt von etwa zwanzig Zentimeter zu sehen war. Das gleißende Licht strahlte nur noch gebrochen hindurch und leuchtete den Innenraum minimal aus. Nur wenige Sekunden später hörten sie, wie das Alien den Jeep unter die Rampe schob und diese damit blockierte.

    Das Pärchen war nun gefangen.

    Rücken an Rücken verharrten sie an dieser Stelle, um sich im Notfall gegenseitig Deckung geben zu können. Aber sie mussten ihren Augen Zeit geben, sich an dieses Dämmerlicht zu gewöhnen. Und auch an die Geräuschkulisse, die sie erst jetzt so richtig wahrnehmen konnten. Aber sie wünschten sich schnell, es wieder ausblenden zu können.

    Ein monotones, gleichförmiges Schlagen vibrierte ihnen entgegen. Hier ein leises Zischen und Brummen, dort ein verstörendes Summen. Stellenweise zeigten sich kleine LEDs und andere blinkende Objekte. Schmale Linien aus dumpfem Licht, die grob die Ecken und Kanten abgrenzten.

    Aber das Alien war nicht zu hören. Offenbar hatte es sich wieder in den Wald begeben oder sich anderen Dingen zugewandt.

    „Und was jetzt?“, flüsterte Renée, im Hinterkopf stets den Gedanken an das Alien.

    „Keine Ahnung.“ Franks Stimme klang ebenso besorgt aber auch etwas genervt. „Mein Plan war ja nicht mal, überhaupt hier reinzugehen.“

    „Aber jetzt sind wir hier. Also was nun?“

    „Das Schiff erkunden?“, fragte er zögerlich. „Vielleicht gibt es noch einen anderen Ausgang. Oder irgendwas, das uns vielleicht einen Vorteil verschaffen könnte.“

    „Was?!“, keuchte sie und riss sich zu ihm herum, verpasste ihm dabei einen kleinen Schlag auf die Schulter. „Nicht dein Ernst oder?!“

    Er zuckte zusammen und stupste mit dem Ellenbogen leicht zurück. „Also ich habe keine Lust, hier auf meinen Tod zu warten.“

    Schweigen …

    Tiefes Schnaufen und Naserümpfen …

    Entnervtes Stöhnen und weiteres Schweigen …

    Aber das machte es nicht besser. Im Gegenteil, diese Umgebung dämpfte sogar noch die Entscheidungsfindung!

    Alles drehte sich in ihren Köpfen. Zu viele neue Eindrücke auf einmal. Zu starke Finsternis, um klare Gedanken fassen zu können. Ein Anflug von Wahnsinn schlich sich in Renées Gehirn ein und verschaffte ihr verstörende visuelle und akustische Wahrnehmungen. Das musste sie unbedingt vermeiden, in dieser Situation eine Panikattacke zu erleiden. Wenn Frank es gelingen konnte, in solchen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren, warum sollte das nicht auch ihr gelingen können?

    Noch bevor es zum geistigen Kollaps kam, durchbrach sie diese Wand und säuselte: „Also gut, wohin gehen wir?“

    Frank reagierte nicht sofort. Er ließ einige Sekunden verstreichen. Auch er hatte mit sich zu kämpfen gehabt, nicht in ein bodenloses Loch der Ausweglosigkeit zu fallen. Und außerdem wollte er sie zum Schur noch etwas zappeln lassen.

    „Frank“, startete sie einen zweiten Versuch, „geh' voran, ich folge dir.“

    Und er gab nur ein knappes „Okay“ wieder.

    So richtig überzeugt von seinen Vorschlag war es jedoch nicht mehr, aber kam ihrer Bitte trotzdem nach und folgte den Rohren nach rechts. Bedächtig machte er einen Schritt nach dem anderen und erkundete weiter den großen Raum. Auch wenn die Stirnlampen nicht so viel Licht spendeten, konnten sie trotzdem genug von der Umgebung offenbaren, um sich ein Bild davon machen zu können. Seltsame Objekte waren vorzufinden, die man nur schwer interpretieren konnte. Die meterhohen Metallkisten waren nahezu die einzigen Gegenstände, die man gut zuordnen konnte.

    Fußballgroße Sphären, ebenfalls metallisch glänzend, sowie eigenartige Konstruktionen und filigrane Gerüste, die aussahen wie futuristische Apparaturen oder Fetisch behaftete Foltergeräte. Und zwischen diesen Sachen jede Menge Unrat und Metallschrott. Alles eingehüllt in Rauch und Schwärze.

    Sie folgten weiter der Wand und kamen an eine Art Durchgang. Große gewölbte Metallstreben formten mit Nieten und Verbindungsstangen einen ovalen Schacht, der in einem Bogen weiter durchs Schiff führte. Es sah aus wie ein Rundgang.

    Jeder Schritt kostete sie weitere Überwindung, an ihrem Vorhaben festzuhalten und nicht wieder nach hinten zu fallen.

    Diese Unmengen an eisigem Rauch, der zentimeterdicke abgesetzte Raureif und das gebrochene Glitzern des Metalls gepaart mit einem Dunkelrot und einer Geräuschkulisse wie in einem Stahlwerk verwandelten diesen Ort in eine Kombination aus einem Schockfroster und Kesselraum. Durch die winzigen Eiskristalle in der Luft zersprang dieses markante Rot in eine körnige Struktur. Man fühlte sich wie in einem U-Boot, nur mit noch stärkerem Spektralfilter.

    Aber trotz allem kam ihnen die Umgebung in groben Zügen nicht allzu fremd vor. Es wirkte alles sehr technisch und rustikal, was auch der Überdimensionierung zuzuschreiben war. Wenn es in menschlichen Größenformat gewesen wäre, hätte es sie vermutlich deutlich mehr abgeschreckt und eingeengt. Das bedeutete aber nicht, dass sie nicht trotzdem Angst hatten, jeden Moment in eine Situation zu geraten, in der sie keinen Ausweg mehr sehen würden.

    Sie kamen an eine Kreuzung. Aber Frank überlegte nicht lange, welchen Weg er gehen sollte, sondern ließ sich von seinen Instinkt leiten. Oder vielleicht auch unterbewusst von dem am wenigsten bedrohlich wirkenden Schacht anziehen.

    Aber schnell wurde er eines Besseren belehrt. Denn so friedvoll das gedimmte orange dort Licht auch wirkte, es offenbarte ihnen schnell einen schauderhaften Anblick. Kaum passierten sie die Grenze von der Finsternis zum Licht, sahen sie große Behälter oder Röhren an den Wänden aneinandergereiht. Sie sahen aus wie Badewannen oder überdimensionierte Einwegflaschen. Denn einige von ihnen waren offen und andere geschlossen. Wo den Raum selbst das orange Licht einnahm, beschien eher ein stechendes Eisblau diese Kapseln. Wo sonst im ganzen Schiff eher dieser kalte Rauch präsent war, quoll aus diesen Dingern dagegen ein lauwarmer Dunst und verschleierte das Innere. Aber was das Pärchen bereits sehen konnte, waren jede Menge Schläuche und Drähte, die dort hineinragten. Und neue Geräusche drangen ihre Ohren.

    Nicht mehr dieses ständige Hämmern und Zischen, sondern eher ein Blubbern oder leises Plätschern. Kaum wahrnehmbar, wenn man nicht direkt neben eines dieser Becken stand. Als ihre Blicke nach unten zum Fußboden wanderten, sahen sie verdächtige Flecken und Spuren. Sie zogen sich durch den kompletten Gang bis in diese Behälter hinein. Frank untersuchte sie genauer, während Renée sich einem dieser Behälter zuwandte. Mit den Händen fächerte sie leicht den Dampf weg, um einen Blick tiefer hinein zu erhaschen.

    Aber was ihre Augen dann sahen, versetzte sie schlagartig in Panik. Wie in Zeitlupe hörte sie im Hintergrund Franks Stimme und schaute zugleich wie hypnotisiert in den aufbrechenden Dunst.

    „Es ist Blut“, vernahmen ihre schwer überreizten Ohren.

    Ein Gesicht zeigte sich. Ein menschliches Gesicht. Geschlossene Augen, komplett mit Flüssigkeit bedeckt und aus Mund und Nase ragten Schläuche und dünne Fäden heraus. Überall aus dem fahlgrauen Gesicht ragten filigrane Drähte heraus.

    Renée zuckte heftig zusammen, machte einen großen Satz nach hinten und presste sich ruckartig die Hand vor den Mund, um ihren folgenden Schrei zu dämpfen. Ihre Knie schlotterten. Schlagartig verlor sie den Halt, ließ das Gewehr aus der Hand fallen und stolperte rücklings zur hinteren Wand. Krampfhaft stemmte sie sich mit der anderen Hand am eiskalten Metall ab und rutschte langsam auf die Knie.

    :hail: Danke Jufington , dass es dir weiterhin gefällt! :hail:Und auch vielen Danke für deine Anmerkungen und Gedanken! Die helfen mir ungemein weiter, die Schwächen im Plot auszubügeln. :thumbup:

    Sorry, dass es so "lange" gedauert hat mit dem nächsten Part, aber ich hatte echt keine Zeit die letzten paar Tage. :S

    Anmerkungen

    Der Abschnitt liest sich mMn etwas seltsam. Ich glaube, das liegt an den vielen Abfolgen von Argument - Gegenargument.

    Es sind Sekunden, oder Minuten. Sie will nicht aufhören, aber die Realität schleicht sich wieder ein. Das Monster ist vertrieben, wird aber wiederkommen. Etc.

    Ich werde nochmal schauen, ob den Abschnitt etwas besser hinbekomme. :hmm:

    Mit der Entscheidungsfindung der Beiden habe ich (wie auch beim letzten Kommi) wieder etwas Mühe. Renée macht die Sache unheimlich Angst, dann stürzt sie sich aber ebenso todesmutig in den Kampf wie Frank es tut. Die beiden wurden vom Biest gerade richtig über erwischt und hatten wahrscheinlich ein sehr traumatisches Erlebnis, beschliessen aber trotzdem sofort, Jagd auf das Wesen zu machen.

    Hier braucht es für die Beiden noch irgendeine Dringlichkeit, es mit dem Wesen aufzunehmen. Ansonsten wird die Flucht zur nächsten Strasse (zumindest für mich) noch immer die logischere Entscheidung sein.

    Vielleicht verschleppt das Wesen den Jeep und darin ist etwas, was sie dringend benötigen, bevor sie abhauen können? Oder du könntest den Gedanken mehr unterstreichen, dass das Biest ebenso Jagd auf sie macht und sie den Kampf zu ihren Bedingungen austragen wollen.

    Diesbezüglich werde ich auch nochmal schauen, dass ich deren Verhalten schlüssiger rüberbringen kann. Ich "musste" halt irgendeinen Weg finden, damit es auf das hinausläuft, was ich vorhatte. Dass sie das UFO finden und das Alien gleichzeitig eine gewisse allgegenwärtige Präsenz ausstrahlt. Und dann musste es noch nachvollziehbar sein. :hmm:

    Part 14

    Als er das Schiff beinahe erreicht hatte, sah er in der Mitte dieser großen kreisrunden Konstruktion eine Art Rampe. Genaueres konnte er noch nicht erkennen, dafür war das grelle Licht zu intensiv.

    Und kaum war er unter dem Schiff, stand er nur noch im Zwielicht, das sich mit jedem weiteren Schritt mehr zu Schatten verdunkelte. Dadurch war es ihm möglich, genauere Details an der Unterseite zu erkennen. Obwohl der Rumpf fünf Meter über dem Erdboden war, konnte er dennoch eine grobe Struktur erkennen.

    Er erreichte eine Stütze und konnte es sich nicht nehmen lassen, sie im Vorbeigehen kurz abzutasten. Optisch schien alles dasselbe tiefschwarze Material gewesen zu sein. Wie zu erwarten fühlte sie sich metallisch und kühl an. Die Oberfläche wirkte feinkörnig. Fast wie Schleifpapier, aber trotzdem glatt und glänzend. Im Vergleich wie Emaille oder Keramik, obwohl es offensichtlich Metall war. Man konnte sich darin spiegeln, obgleich es die Objekte durch diese porige Struktur grieselig erscheinen ließ. Ein allgegenwärtiges leises Brummen umgab ihn und stellenweise quoll schneeweißer dichter Nebel heraus. Er fühlte sich kalt an und kribbelte auf der Haut. Dort, wo er aus dem Rumpf austrat, war alles von kristallklarem Eis bedeckt. Rohre und Kanäle waren zu erkennen, die sich wie ein verzweigtes Netz über die gesamte Unterseite verteilten.

    Von der Mitte her strahlte wieder grelles Licht wie eine Säule senkrecht hinunter. Je näher er diesem Leuchten kam, umso mehr bestätigte sich auch seine Annahme einer Rampe. Sie führte zu ihm hingewandt abschüssig und leitete den Weg ins Innere des UFOs. Gehalten wurde sie von zwei gewaltigen Hydraulikzylindern und war mit Lochblech ausgelegt. Vom Innenbereich war nichts erkennbar. Nur totale Finsternis und wieder viel kalter Rauch.

    Frank ging vorbei, weiter zu den hinteren Stützen. Und die Neigung des Schiffes machte sich langsam bemerkbar. Der Rumpf kam ihm immer näher und auch ein erdrückendes Gefühl, vielleicht doch nicht zu lange hier verweilen zu sollen. Denn die Stütze sah tatsächlich beschädigt aus. Anders als die vordere war diese hier heftigst verbogen, gar geborsten. Ihm fielen sofort die unstimmigen Metallteile auf, die dort mit Bolzen und Platten stümperhaft angebracht waren.

    Weiter Zeit, seinen Plan auszuführen, wurde ihm nicht gewährt. Denn er hörte etwas. Sofort sah er sich um, konnte aber bei dem grellen Licht nicht viel erkennen. Ohne weiter nachzudenken entfernte er sich schnell vom Schiff und lief wieder in den Wald hinein. Als er diese Lichtwand langsam verließ, merkte er, wie schlagartig die Umgebung wieder von der Schwärze der Nacht eingenommen wurde.

    Jedes Mal, wenn er zurückblickte, spürte er den beißenden Kontrast von Licht und Finsternis in seinen Augen.

    Renée stand bereits da und winkte ihn heran. Als er sie erreicht hatte, empfing sie ihn wieder mit einer Umarmung und einem erneuten Kuss auf die Wange. Sie war so froh, ihn unversehrt bei sich zu haben. Denn sie hatte das Geräusch auch gehört.

    Sofort versteckten sie sich in den Büschen und schauten aus der Entfernung zu. Das Alien hatte tatsächlich ihren Jeep bis zum UFO geschleppt. Noch war es ein gutes Stück von ihnen entfernt, allein die leuchtenden Augen verrieten es. Somit war auch die Sache geklärt, ob es sich überhaupt im Schiff befunden hatte.

    „Warum macht es das?“, fragte Renée und wollte ein Foto machen, da drückte Frank ihr sofort wieder die Hand runter.

    „Jetzt nicht“, flüsterte er. „Das könnte uns verraten.“ Dann zeigte er zur hinteren Stützvorrichtung und ging auf ihre Frage ein. „Ich nehme an für Ersatzteile. Was Besseres fällt mir spontan nicht ein.“

    „Und warum ist es überhaupt hier?“

    „Woher soll ich das wissen?“, stöhnte er Augen rollend. „Ist das denn nicht auch egal?“

    „Keine Ahnung.“ Schief guckte sie ihn an. „Invasion vielleicht? Ich weiß es nicht...“

    Gebannt beobachteten sie weiter das Alien, wie es sich mit dem Autowrack abrackerte und es bis kurz vor die Rampe zerrte. Dort verharrte es und fing an, das schrottreife Vehikel weiter auseinanderzunehmen. Dabei ging es schon sehr brachial vor. Es riss die Türen ab, die Sitze raus und bog das Dach wie eine Fischbüchse auf. Und jedes einzelne Teil wurde ausgiebig unter die Lupe genommen. Da es dann aber die Stücke einfach achtlos ins Gras warf, ging das Pärchen davon aus, dass es nicht das richtige Material war.

    Und dann, ohne ersichtlichen Grund, ging das Alien wieder fort und verschwand im Wald.

    Beide schauten sich verdutzt an. Sie blieben in ihrem Versteck und wollten erst mal die Situation abwarten. Was genau das Ding nun vorhatte, stand in den Sternen. Auch wenn sie bereits ein Muster erkennen konnten, fiel es ihnen noch schwer, dessen nächsten Schritt vorauszuahnen. Wenn es nun bereits ihren Jeep hier hatte - vermutlich auch schon den Wagen der Jugendlichen - was sollte es nun für ein Ziel verfolgen?

    Noch einige Minuten verweilten sie und beobachteten alles sehr genau. Aber nichts veränderte sich. Das UFO leuchtete noch immer genauso grell, die Vögel blieben stur auf diesem sitzen und der Wald behielt seine Stille. Sie fühlten sich eindeutig nicht als die Jäger. Sie hatten zwar das „Nest“ der Bestie gefunden, aber ohne Bestie keine Jagd. Sie realisierten, dass wieder das eingetreten war, was sie eigentlich vermeiden wollten. Unbekanntes Terrain ohne ersichtlichen Vorteil für sie.

    Renée hörte etwas. Schnell ging sie in die Hocke und riss Frank mit dem Arm zu sich herunter. Sie machten keinen Mucks mehr. Das Knistern und Rascheln kam näher. Nur sehr angestrengt konnten sie eine Silhouette durch den Wald schleichen sehen. Sie hob sich kaum vom Wald ab. Das Raumschiff leuchtete die Umgebung so stark aus, dass jegliche Objekte und Schatten ineinander zerflossen. Eine kleine Stimme tief in ihnen hoffte immer noch, dass es diesmal ein Tier sei, aber als das markante Zischen wieder zu ihnen durchdrang, wurde dieser Gedanke sofort wieder verdrängt. Sie wussten, sie konnten nicht länger hier bleiben. Das Alien hatte sie gefunden. Aber wusste es die ganze Zeit schon, wo sie waren? Oder hatte es einfach nur Glück?

    Das Alien ließ ihnen keine Bedenkzeit, es rannte sofort auf sie zu. Äste knackten, Büsche und Sträucher bewegten sich. Sofort nahmen sie die Beine in die Hand und liefen davon. In Richtung UFO rannten sie. Zum grellen Licht. In voller Panik wussten sie keinen anderen Ausweg.

    Aber das Alien war schneller. Kaum passierten sie den letzten Baum, den letzten Strauch vor der Lichtung, schnellten zwei knorrige Hände mit langen Krallen aus dem gleißenden Licht hervor und schnappten nach Frank.

    „Hilfe!“, schrie er und war bereits zu Boden gestürzt. „Renée, hilf mir!“

    Sie riss sich sofort herum und sah das riesige Monstrum. Instinktiv nahm sie ihr Gewehr und schoss! Sie zielte nicht großartig, sondern betätigte einfach den Abzug. Das Alien war sowieso überall.

    Der Knall schreckte das Federvieh auf. Das Flügelschlagen von hunderten Vögeln überschwemmte wie eine Schockwelle die Lichtung und war beinahe noch lauter als der Gewehrschuss. Der gewaltige Schwarm flog dicht über ihrem Kopf hinweg und zwang sie augenblicklich auf die Knie. Obwohl sie mitten in der gleißenden Helligkeit stand, verdunkelten diese Massen an Vögeln diese Licht überflutete Decke für einen kurzen Moment komplett. Fast wie ein pechschwarzer Schleier, der über sie hinweggezogen wurde.

    Ihr Herz blieb fast stehen. Ganz zu schweigen vom penetrierten Trommelfell, durch das schmetternde Grollen hervorgerufen.

    Auch das Alien erlitt einen Schockmoment und ließ sofort von Frank ab. Doch kümmerte es sich nicht weiter drum, was mit den Vögeln war und stieg einfach über Frank drüber und verpasste Renée eine Schelle mit ausgestrecktem Arm.

    Obwohl sie es trotz aller Umstände noch schaffte, ihr Gewehr zum Blocken zu nehmen, traf sie die Pranke mit so einer Wucht, dass es die Frau sofort mehrere Meter wegschleuderte.

    Franks folgender Aufschrei war nun ihrem Schicksal gewidmet. Sofort rappelte er sich auf, nahm nun selbst die Gelegenheit wahr und versuchte Renée zu retten. Auch er nahm sein Gewehr und wollte gerade abdrücken. Da riss sich das Alien sofort wieder zu ihm um, holte dabei erneut mit dem Arm weit aus und verpasste auch ihm einen heftigen Schlag gegen den Oberkörper.

    Aber er blieb standhaft. Der Angriff zwang ihn lediglich auf die Knie, entriss ihm aber völlig die Orientierung. Arme und Brustkorb durchfuhren höllische Schmerzen. Sie raubten ihm den Atem. Er keuchte verkrampft und suchte panisch nach seinem Gewehr, das vor ihm im Gras lag. Er konnte es nicht finden. Augenrauschen!

    Renée gelang es, sich von der Rückenlage in eine halbwegs stabile hockende Position zu quälen und verpasste dem Alien eine weitere Kugel. Ein glatter Volltreffer! Durch purem Zufall hatte sie eine der wenigen Weichstellen am Rücken erwischt.

    Franks Hände fanden die Waffe wieder und pressen sie fest an seinen Körper. Das Grieseln in seinen Augen wurde weniger. Er ließ keine Zeit verstreichen und humpelte, sich auf dem Gewehr abstützend, mit etwas Abstand zum Alien zu Renée rüber. Vom Adrenalin überschüttet blendete er jegliche Schmerzen aus und sein anfänglich noch schwerfälliger Gang wandelte sich zu einem entschlossenen Sprint. Wie in einer fließenden Bewegung ging sein Körper von kriechender Position in die Aufrechte über, die Augen zielstrebig auf Renée gerichtet. Ihre krächzenden Schreie und Rufe erreichten ihn nur dumpf. Sein Gehör war stark gedrosselt, die Augen dafür umso geschärfter. Der Tunnelblick schlug eine Schneise durch die von kantigem Kontrast geprägte Umgebung.

    Gerade als er das Alien passiert hatte, ging es wieder zum Angriff über und trieb sie beide direkt in Richtung der Rampe. Auch wenn Renée dem Ungetüm noch zwei Kugeln in die Brust jagte, ließ es sich nicht aus dem Konzept bringen und stürmte weiterhin, diesmal mit vier Extremitäten voran, auf sie zu.

    Sie sahen keinen Ausweg mehr, sie rannten blindlings die Rampe hinauf, direkt ins Schiffsinnere.

    Part 13

    Wie lange sie unterwegs waren, wussten sie nicht genau. Es war ihnen auch egal.

    Aber irgendwann bemerkten sie, dass nicht nur das Licht ihrer Lampen sondern auch ein großes vor ihnen anwesend war. Und das ihnen fremde Licht war wie eine Wand vor ihnen ausgebreitet. Durch die vielen Bäume und den allgegenwärtigen Nebel, der sich immer des Nachts in den Wäldern auftat, war es sehr diffus und gedämpft. Je weiter sie vorrückten, umso stärker und einnehmender wurde es. Und es wurde klarer zu lokalisieren. Wie Glühwürmchen steuerten sie darauf zu, sie fühlten sich regelrecht davon angezogen.

    Der Nebel wurde weniger und der Kontrast zwischen Licht und Finsternis eindeutiger. Es wirkte beinahe so, als würde die Helligkeit den Nebel auflösen. Nun brauchten sie auch ihre Stirnlampen nicht mehr.

    Das Licht wurde immer intensiver und sie konnten erkennen, dass es zusätzlich rhythmisch waberte. Es war stechend weiß und hatte eine seltsame Präsenz an sich. Es vermittelte Wärme und Kälte zugleich.

    Nur noch wenige Schritte und dann erreichten sie die Quelle dieses grellen Lichtes. Von einem Gebüsch aus hatten sie freie Sicht auf die Lichtung. Und was sie dann sahen, verschlug ihnen komplett die Sprache.

    Ein riesiges metallenes Gebilde. Von der Form her sah es aus wie ein überdimensionierter OREO. Geschätzt hundert Meter im Durchmesser und zehn Meter hoch. Die Hülle war genauso schwarz und der weiße Streifen in der Mitte war das rotierend-pulsierende Licht. Auf fünf langen, filigranen Stelzen stand es, die es gute fünf Meter über den Erdboden hielten. Wobei das nicht ganz korrekt war. Zwei dieser Stelzen schienen nicht mehr intakt gewesen zu sein. Die ganze Konstruktion war nach hinten geneigt und lag mit dem äußeren Rand beinahe auf dem Gras auf. Alles war in seichten Rauch eingehüllt und verschleierte genauere Details.

    War es wirklich das, wonach es aussah?

    Ein UFO?

    Aber wie sollte das möglich gewesen sein? Sollten sie das wirklich glauben? War das tatsächlich real, was sie hier gerade erlebten? Oder halluzinierten sie? Aber wer von beiden?

    Renée verlangte nach Franks Hand. Er sollte seinen Arm um sie legen, um ihr das Gefühl zu vermitteln, wirklich in der Realität zu sein.

    Er selbst konnte es auch nicht fassen, was sich hier gerade abspielte. Wie konnte er wissen, dass auch er noch klar bei Verstand war?

    Renée nahm ihre Kamera zur Hand und machte schnell ein paar Fotos. Und mit jedem weiteren Bild, das sie schoss, fragte sie sich immer mehr, ob sie all das hier nur träumte.

    Sie wussten nicht, ob es für sie lieber ein Traum sein sollte oder doch Realität. Aber wenn es wirklich nur Einbildung war, dann war es ziemlich hohe Kunst der Vorstellungskraft. Andererseits reizte die Idee, es wäre Wirklichkeit. Die Vorstellung, sie hätten leibhaftig ein echtes UFO gefunden, würde einfach alles in der Welt verändern. Jede Sekunde, die sie das Objekt betrachteten, zeigte ihnen auf, wie unwichtig und unwissend sie und die Menschheit doch war. So viele Jahrzehnte wilder Spekulationen und Theorien, so viele geschichtliche Ereignisse und Erlebnisse. Und alles wirkte augenblicklich irrelevant. Ihre Augen strahlten so vor Faszination und Ehrfurcht, als hätten sie Gott persönlich gesehen.

    Renées Körper begannt zu kapitulieren. Zuerst spürte sie nur leicht eine Veränderung ihrer Wahrnehmung. Ein immer stärker werdendes Kribbeln in den Unterarmen, ein sich aufbauender Tinnitus und leichtes Flimmern vor den Augen. Je mehr Fotos sie machte, umso schlechter ging es ihr.

    Frank spürte auch, dass sein Körper sich gegen irgendwas sträubte. Seine Knie wurden mürbe und sein Herz pochte immer heftiger. Ein leichter Kopfschmerz kündigte sich an. Je länger er versuchte, sich auf den Beinen zu halten, umso schlechter ging es ihm.

    Eine Schuld manifestierte sich in ihnen. Die Schuld, dieses Erlebnis nicht verdient zu haben.

    Franks Beine gaben nach. Wackelig fiel er auf die Knie und hockte sich sofort hin. Das Gewehr als Stütze nehmend, vergrub er seinen Kopf tief zwischen seinen Knien und schloss die Augen. Alles drehte sich, starkes Flimmern vor den Augen und schlimme Magenkrämpfe plagten ihn.

    Renée zwang es nur einen Augenblick später in die Hocke. Auch ihr Körper rebellierte nun endgültig. Panisch schaute sie sich mit weit aufgerissenen Augen um und zitterte am ganzen Körper. Sie fror und schwitzte zugleich.

    Sie waren überfordert mit dieser Situation. Zu viele Eindrücke auf einmal prasselten auf sie nieder und überhäuften sie mit verstörenden Gedanken und kranken Visionen.

    Wieso ausgerechnet sie?

    Ein starker Kontrast zwischen der finsteren Nacht und dem grellen weißen Licht.

    Renée schaute hinauf zum Himmel, konnte aber keine Sterne sehen. Tränen trübten ihre Sicht. Sie begann zu weinen. Waren es Freudentränen? Tränen der Erkenntnis?

    Sie atmete tief durch, füllte ihre Lungen mit kalter Waldluft.

    Dann zeichnete sich ein kleines Lächeln auf ihren Lippen ab.

    „Danke“, flüsterte sie in die Stille hinein. „Danke.“

    Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und starrte nun mit vollster Zufriedenheit auf das UFO.

    Eine gute viertel Stunde verging, in der sie sich intensiv mit den überflutenden Gedanken beschäftigten, aber stets ein wachsames Auge und Ohr offen hatten. Die Gefahr war allgegenwärtig. Auch wenn das Alien - wie sie es nun sicherlich nennen konnten – sich bisher noch nicht wieder gezeigt hatte. Ob es vielleicht in dem Raumschiff auf sie wartete? Andererseits konnte es auch schon wieder im Wald umherschleichen und ihnen bereits im Nacken sitzen.

    Sie versuchten, die aktuellen Erkenntnisse zu interpretieren und eventuelle Rückschlüsse auf das Verhalten und die Vorgehensweise des Ungeheuers zu ziehen.

    Das UFO zu erkunden würde ihnen weiterhelfen, mögliche Taktiken gegen das Alien entwickeln zu können. Aber ohne ausreichende Hinweise, ob es sich im Schiff befand, wollten sie sich diesem keinen Schritt nähern.

    Beunruhigt knetete Renée ihre Hände. „Und wie sollen wir nun herausfinden, ob es da drin ist?“

    „Weiter abwarten würde ich nicht“, grübelte Frank. „Am Ende ist es dann doch schon im Wald und lauert uns bereits auf.“

    „Und wenn nicht?“ Betrübt schaute sie zu Boden, dann zum Schiff und wieder zurück zu Frank. „Wenn es die Umgebung beobachtet hat, dann hat es uns schon längst an unseren Lampen erkannt. Also wird es wohl auf uns lauern, falls es im Raumschiff sein sollte.“

    Sie beschlossen, das UFO vorerst ohne Lampen aus sicherer Entfernung zu umrunden und weiter zu beobachten, ob etwas Verdächtiges passieren würde. Sicherlich gab es auch andere Methoden, im Dunkeln sehen zu können. Aber gegen solcherlei Technik wäre kaum einer gewappnet gewesen.

    Sie versuchten, bestmöglich in der Dunkelheit zu bleiben, um ihre Position nicht zu verraten. Was wiederum zur Folge hatte, dass sie nur langsam vorankamen und über jede Wurzel und jeden Stein stolperten. Äste peitschten ihnen entgegen, Dornen und klebrige Farnblätter blieben an ihrer Kleidung hängen.

    Als sie am anderen Ende angekommen waren, war noch immer nichts passiert. Noch weiter um das Raumschiff herumlaufen wirkte auf sie unnütz und kaum noch Ziel fördernd. Der nächste Plan musste her.

    Frank rümpfte hart die Nase und sagte in seiner bekannt nüchternen Art: „Ich geh jetzt zum UFO.“

    Renée nickte, realisierte dann erst seine Worte. Wie eine Eule glotzte sie dann an. „Was willst du machen?!“

    „Ich geh jetzt zum UFO“, wiederholte er, „und versuche, das Alien anzustacheln.“

    „Lass das!“, ermahnte sie ihn mit tilgender Handgeste. „Das ist viel zu gefährlich!“

    „Wir müssen irgendwas machen. Und hier warten bringt uns nicht weiter.“

    Tief im Innern wusste sie, dass es früher oder später auf das hinauslaufen würde. Und er hatte recht, dass nur warten keine Option mehr war. Und dass er sich aufopfern wollte, kam ihr entgegen. Sie hätte sich das niemals getraut, auch nur in Erwägung zu ziehen.

    „Na gut“, stimmte sie schnaufend zu. „Aber sei vorsichtig. Beim kleinsten Anzeichen von Gefahr kommst du sofort zurück.“

    „Versprochen!“ Er hielt die gekreuzten Finger hoch und setzte ein seichtes Lächeln auf.

    Sie umarmten sich und Renée gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

    Dann machte er den ersten Schritt. Mit jedem weiteren Meter zum Objekt hin nahm in ihm wieder die Beklommenheit zu. Renée fieberte mit, strich sich angespannt über den Nacken.

    Es schien sich nichts zu verändern. Keinerlei Lichtsignale oder Geräusche, die auf ein Warnzeichen hindeuteten. Entweder gab es keine, oder sie waren für sie nicht wahrnehmbar.

    Die Lichtung betreten machte er anfangs noch kleine und vorsichtige Schritte, beschleunigte aber rasch sein Tempo, um dem Drang des Weglaufens entgegenzusteuern.

    Etwas abseits im hinteren Bereich sah Frank ein Autowrack und jede Menge anderen Schrott zu einem großen Haufen aufgetürmt.

    Als er sich dem Schiff ein ganzes Stück genähert hatte, offenbarte sich ihm eine Absonderlichkeit, mit der er niemals gerechnet hätte.

    Vögel.

    Unmengen von ihnen!

    Ein gewaltiger Schwarm kreiste über dem Schiff umher. Hunderte, vielleicht sogar tausende von Tieren. Und ebenso hockten Zahllose dicht gedrängt auf der Oberseite des UFOs. Alles mögliche, vom einfachen Sperling über Raben bis hin zu Eulen und Adlern.

    Die Anwesenheit von Frank schien sie gar nicht zu kümmern. Sie blieben stur sitzen und gingen ihren gewöhnlichen Aktivitäten nach. Gefieder putzen, dumm in die Nacht starren oder einfach nur schlafen.

    So etwas Unglaubliches hatte er noch nie gesehen. Abgesehen von dem UFO natürlich, das ohnehin alles andere toppte.

    Mit noch mehr Ehrfurcht als zuvor setzten er seinen Weg fort, bei jedem weiteren Schritt immer mit Bedenken im Hinterkopf, vielleicht doch die Vögel aufzuschrecken. Und dann Alfred Hitchcocks Meisterwerk Konkurrenz zu machen.

    Part 12

    Sie zählten nicht die Minuten. Und am liebsten hätten sie damit gar nicht mehr aufgehört, aber die Realität schlich sich langsam wieder ein. Das, weshalb sie eigentlich hier waren. Und irgendwann musste auch der schönste Moment wieder vorbei sein.

    Das Monster war vorerst vertrieben, würde aber garantiert wiederkommen. Denn offenbar wollte es den Jeep.

    Glücklicherweise erwiesen sich die Wunden an Franks Rücken als doch nicht so schlimm. Es waren zwar viele Schnitte und Kratzer, aber nicht sehr tief.

    Sie waren vom Adrenalin so hoch gepusht, dass sie kaum Müdigkeit verspürten. Dennoch wollten sie sich vorerst ausruhen. Denn es war nur eine Frage der Zeit, bis die Erschöpfung sie ereilen würde. Und dann würde sie umso härter einschlagen. Sie wollten auch gleich die Chance ergreifen und dem Ding damit eine Falle stellen. Wenn sie schon die Gelegenheit hatten, sich einen Vorteil zu verschaffen, dann wollten sie diese auch nutzen. Die Wahrscheinlichkeit war auch groß, dass das Ungeheuer diese Nacht nochmal vorbeikommen würde.

    Sie gruben eine Mulde im gemischten Waldboden, in die sie sich mit einer Decke über sich gezogen hineinlegten. Den Aushub samt zusätzlichem Laub hatten sie zuvor auf der Decke ausgebreitet. Ob diese Tarnung ausreichen würde, wussten sie nicht. Menschen und Tiere hätten sie damit garantiert täuschen können.

    Gut eine Stunde verharrten sie in ihrem Versteck, bis sich etwas im Wald regte. Viel war es nicht, was sie wahrnehmen konnten. Nur ein sich kaum von der Dunkelheit abzeichnender Schatten, der umher huschte. Mit gespitzten Ohren lauschten sie und versuchten minimale Änderungen zu erkennen. Ein leises Knacken, ein dumpfes Zischen.

    Wieder blitzten kurz leuchtende Punkte auf, verschwanden und tauchten wenig später an einer anderen Stelle wieder auf. Aber die Finsternis verschlang zu viel. Die erdrückende Schwärze war zu stark, um diese kleinen Lichter deutlich genug sehen zu können.

    Sie wussten, dass es das Ding war. Ihr Instinkt sagte es ihnen.

    Und spätestens, als sich ein silbriger Nebel um ihnen herum auftat, fühlten sie sich bestätigt.

    Das Monstrum umkreiste sie mit gebürtigem Abstand und versprühte wieder diese ätzende Substanz. Frank und Renée waren sich nicht sicher, ob es wusste, dass sie dort waren und sie damit aus ihren Verstecken locken wollte, oder es nur die Umgebung weiter verschleiern wollte. Egal, was die Absicht war, sie wussten zumindest, dass ihnen nicht viel Zeit blieb. Sobald der Nebel sie erreichen würde, wären sie spätestens gezwungen gewesen, sich zu zeigen.

    Immer enger umkreiste sie das Ungeheuer und immer mehr Dunst sonderte es ab. Die vier grellen Augen bohrten sich richtig einen Weg durch diese Silberwand und suchten gezielt die Umgebung ab.

    Langsam wurden sie ungeduldig. Frank sah sich schon in Ohnmacht fallen und Renées wilde Gedanken trieben sie allmählich in den Wahnsinn.

    Die funkelnden Augen verschwanden und es herrschte Totenstille. Kein Knirschen. Nichts!

    Nicht mal der Wind säuselte.

    Ein bedrückendes Gefühl, nur noch das dumpfe Ein- und Ausatmen zu hören. Keine einzige Bewegung machten sie, dass sich auch ja kein Blatt bewegte. Nichts sollte sie verraten.

    Sie merkten, wie der Nebel sie einhüllte. Der abscheuliche Geschmack legte sich wieder auf ihre Lippen. Sie versuchten, das Atmen auf ein Minimum zu reduzieren, um nicht zu viel von diesem Zeug in die Lungen zu bekommen. Frank hatte kein zweites Mal Lust auf diesen Trip.

    Gefühlt eine halbe Ewigkeit verstrich und noch immer tat sich nichts.

    Doch dann...

    Plötzlich blitzten die vier Augen wieder auf und nur einen Wimpernschlag später brach das Monstrum aus dem Nebel heraus und sprintete auf sie zu. Mit zwei Armen voran gestreckt rannte es ihnen entgegen. Die Erde bebte unter den schweren, aufstampfenden Schritten.

    Es schien sie direkt anzusteuern.

    Und sie bemerkten es auch.

    Sie mussten irgendwas tun.

    Sofort rissen sie sich aus ihrem Versteck hoch und jagten dem Ding Kugeln in den Körper.

    Aber es rannte unermüdlich weiter auf sie zu. Renée hatte kaum zwei Schüsse abgeben können, da hatte das Monster sie bereits erreicht und packte nach ihr mit den Armen.

    Die langen Krallen wollten gerade Renées Oberkörper umklammern, doch Frank konnte schnell einen Treffer im Gesicht landen.

    Er erwischte ein Auge, woraufhin das Ungetüm einen markerschütternden Schrei ausstieß. Dennoch riss es Renée mit, woraufhin sie ihr Gewehr fallen ließ. Die Wucht war zu stark, als dass sie es in den Händen behalten konnte.

    Sie zappelte, schlug wild um sich und schrie sich die Seele aus dem Leib. Das Monster fauchte zurück und starrte sie fanatisch mit blitzenden Augen an. Sie hatten eindeutig was Reptilienartiges, was es umso bedrohlicher machte.

    Panisch verpasste Frank dem Monster noch eine Kugel. Diesmal in eines der Beine.

    Ob er eventuell seine Freundin hätte treffen können, darüber dachte er in diesem Moment nicht nach. Außerdem hatte er zum Großteil dieses gigantische Ungetüm im Blickfeld und konnte nur angedeutet Renées fuchtelnde Arme sehen.

    Kaum von der Kugel getroffen knickte es ein und verlor den Halt. Renée wurde brutal ins Laub gedrückt, schlug regelrecht auf. Reflexartig kauerte sie sich beim harten Aufprall zusammen. Wie ein Pflug wurde sie mehrere Meter durch den Waldboden geschoben.

    Nachdem das Monster mit der linken Flanke noch einen Baum mitnahm, kamen beide zum Erliegen. Renée war völlig desorientiert, kreischte panisch den ganzen Wald zusammen und versuchte sich irgendwie aus den Fängen des Monstrums herauszuwinden.

    Frank jagte dem fleischgewordenen Bösen noch weitere Kugeln in den Körper, bis sein Magazin leer war, bewegte sich währenddessen zu Renées Gewehr rüber. Solange das Monster noch am Boden lag, wollte er die Zeit nutzen und seines nachladen. Hektisch mit zittrigen Fingern und eher blind tauschte er die Magazine, griff sich ihr Gewehr und rannte sofort zu ihr rüber.

    Aber noch bevor er sie erreichen konnte, stemmte sich das Wesen wieder hoch, hielt Renée weiterhin in den Händen und krümmte wieder den Rücken. Frank erahnte, was passieren würde und wollte das schnell verhindern.

    Ohne großartig zu zielen verpasste er dem Monster wieder zwei Kugeln und nach noch eine Dritte, als er merkte, dass die ersten beiden offenbar keine Wirkung erzielten. Die Dritte wiederum durchschlug den Rücken. Dennoch versprühte das Ding den Nebel, aber deutlich weniger. Ebenso spritzte silbriges Sekret heraus und besprenkelte breitflächig den Waldboden. Offenbar war es Blut.

    Frank fühlte sich siegessicher und verpasste ihm noch zwei Kugeln. Und wieder durchschlugen sie den Rücken und brachten ihn noch mehr zum Bluten.

    Das Monster hatte eindeutig genug. Es hielt Renée weit über sich und warf sie dann Frank entgegen.

    Sofort ließ er sein Gewehr fallen und versuchte, sie aufzufangen. Beide stürzten hart zu Boden und Renée landete mit voller Wucht auf seinem Oberkörper.

    Wieder humpelte es mit ächzendem Zischen schwerfällig davon, jetzt offenbar noch mehr angeschlagen als beim ersten Mal.

    Beide krümmten sich vor Schmerzen und waren völlig desorientiert. Wie eine Raupe kroch Renée ungelenk von Frank herunter und ging in eine verkrampfte Fötushaltung über. Mit schmerzverzerrtem Gesicht vergrub sie angespannt ihre Finger im kompakten Waldboden. Frank legte sich die Arme um die Brust und kauerte sich ebenso leicht zusammen.

    Auch wenn seine Freundin eindeutig kein Schwergewicht war, aber ihren Körper auf jemanden geworfen zu bekommen, würde jeden ins Straucheln bringen.

    Einige Minuten vergingen, bis sie sich von dieser Aktion erholen konnten. Zum Glück wurden dieses Mal eher ihr Stolz verletzt und weniger sie.

    Ihre Egos waren angekratzt und nun wollten sie das Ding aktiv jagen gehen. Sie wollten endlich wissen, um was es sich handelte. Ein unbekanntes Wesen, das eindeutig Anzeichen von Intelligenz aufwies und kein Mensch war?

    Obwohl sie extremst erschöpft waren, wollten sie keine Zeit vergeuden und machten sich sofort auf dem Weg. Zu ihrem Glück reflektierte das silbrige Sekret gut das Stirnlampenlicht. Sie brauchten nur in die Nacht leuchten und dieser Spur folgen.

    Verbluten würde das Monster bestimmt nicht so schnell, aber es war eindeutig böser Natur und würde es wieder versuchen, sie arglistig anzugreifen. Und offensichtlich war es auch lernfähig. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es auch sie überlisten könnte. Und dann würde es ihnen einen umso grausameren Tod bereiten.