Beiträge von Thorsten im Thema „Was lest ihr gerade? (Fantasy)“

    Six of Crows von Leigh Bardugo

    Auch eine Literaturempfehlung meiner Tochter. Das Buch wird beworben mit 'Ocean's Eleven in einer Game-of_Thrones-esque world' - okay, zumindest das Ocean's Eleven wuerde ich unterschreiben.

    Es geht darum dass eine Verbrecherbande aus den Slums von Ketterdam den Auftrag an Land zieht, DEN Heist zu machen - einen wichtigen Gefangenen aus dem Hochsicherheitstrakt des 'Ice Court' in Fjerda zu bringen - einer Ringfoermigen Festung die neben Gefangenen auch das Hauptquartier der Hexenjaeger des Landes, die Botschaften und ganz in der Mitte aller Ringe den Herrschersitz und die heilige Esche beherbergt.

    Wir lernen die sechs Diebe kennen die dieses Unternehmen wagen - Kaz dem man jede dreckige Tat zutraut, Inej die 'Wraith' genannt wird weil sie ungesehen ueberall hinkommt, Jesper den Scharfschuetzen, Nina, eine Grisha (Hexe) die die Koerper von Menschen aus der Ferne beeinflussen kann, Mathias, einen Hexenjaeger der eine turbulente Vorgeschichte von Hassliebe mit Nina hat und Wylan - der als Sprengstoffexperte dabei ist - oder als Geisel, denn er ist der Sohn des Auftraggebers. Und natuerlich ist die Zusammenarbeit dieser Truppe nicht immer harmonisch...

    Es liest sich durchaus spannend und unterhaltsam, die Handlung wechselt zwischnen dem Heist und Rueckblenden die uns die Vorgeschichte der verschiedenen Protagonisten zeigen und so erklaeren warum eine Situation fuer sie ein Dilemma oder problematisch ist und die Geschichte hat einen guten Vorwaertsdrang.

    Allein - es ist ein bisschen wie Fast Food - geht gut runter so lange man dabei ist, man darf nur nicht anfangen nachzudenken.

    Zum Beispiel die Spannung - sie entsteht im Wesentlichen durch Tricks beim Schreiben. Der Leser kennt den Plan nie - was im Wesentlichen durch taktischen Perspektivenwechsel erzeilt wird, die Perspektive wechselt immer zu einer Person die grade ahnungslos ist (obwohl Kaz den Plan ja eigentlich komplett kennen sollte - und obwohl es daemlich ist die Mitstreiter da nicht einzuweihen). Eine Szene wo ich mich wirklich drauf gefreut hatte - die Truppe ist im Ice Court eingedrungen und hat es geschafft im Zellentrakt frei zu sein - eigentlich gefundenes Fressen fuer intensive Stimmung, Geraeusche, Angst vor Wachen die einen erwischen, die Aufregung hier durchzuschleichen - diese Stelle ist komplett kunstlos erzaehlt, von den Gefuehlen der Protagonisten kommt nix rueber.

    Zum Beispiel Charakterentwuerfe - wir erfahren etwa dass Kaz getrieben von Rachedurst ist - er will den Verbrecherboss Pekka Rollins niedermachen weil der ihn damals als er mit seinem Bruder nach Ketterdam gekommen ist um all sein Geld betrogen hat und sein Bruder dann gestorben ist. Nur - der Betrug war ein Con-Game bei dem keiner zu Schaden gekommen ist, der Bruder ist ein paar Tage spaeter an einer Krankheit gestorben - und wir sehen Kaz in der Geschichte mehrfach deutlich schlimmere Dinge tun als Kindern ohne Gewalt Geld aus der Tasche zu ziehen. Es wirkt irgendwie komisch dass jemand der ohne zu zoegern Leute umbringt, ihnen die Augen rausreisst, sie foltert etc. jahrelang nach Rache schreit weil man ihn mal um Geld betrogen hat...

    Zum Beispiel Entwicklung - die ganze Bande sind Kinder, der aelteste (Mathias) ist 18. Woher koennen die was sie koennen? Wir sehen Inej die mal eben mit dem Dolch ein Sumpfmonster erledigt und die auf Mathias der versucht sie zu Boden zu reissen laessig ausweicht mit 'Du bist ein Toelpel' reagiert - woher kann sie das? Angeblich ist sie mit 14 in die Stadt gekommen nachdem sie als Artistin ausgebildet ist und da erst mal im Bordell gewesen. Mehr als zwei Jahre kann sie nicht kaempfen gelernt haben - und Mathias ist ein seit der Kindheit ausgebildeter Krieger der das letzte Jahr vor der Szene in blutigen Arenakaempfen auf Leben und Tod war - wie soll sie jemals besser sein als so jemand?

    Zum Beispiel das Setting - der Ice Court wird als undurchdringliche Hochsicherheitsfestung wo ueberall Checkpoints und Wachen sind beschrieben - und die einzige Moeglichkeit fuer die Truppe aufs Dach zu kommen ist eine 6 Stockwerk Klettertour durch einen noch heissen Kamin. Wie repariert man da eigentlich Daecher wenn es keine Luken fuer die Wartungscrew gibt? Wie kommt das Essen fuer so viele Wachen rein? Feuerholz? Dienerschaft fuer die Parties am Koenigshof und bei den Botschaftern? In der Welt gibt es Grisha die das Aussehen von Mesnchen veraendern koennen (Nina kann das) - bei solchen Menschenmengen die da taeglich ein- und ausgehen muessen kann die Sache nicht so wahnsinnig sicher sein - das ist eben nicht wie bei Ocean's 11 wo nur eine Handvoll Leute ueberhaupt in den Safe duerfen. Und bizarrerweise - man testet zwar gelegentlich ob jemand Grisha ist der rein will - aber ein bisschen Paraffin auf dem Arm (ein Trick den in Ketterdam Kartenspieler kennen...) reicht schon um durch den Test zu kommen, man kann also spielend eine ganze Menge Magie da reinschmuggeln...

    Im direkten Vergleich mit 'The Lies of Locke Lamora' wo das Thema aehnlich ist - spektakulaere Heists und komplizierte Vorgeschichte der Truppe - gefaellt mir letzteres deutlich besser. Locke Lamora hat eine reich glitzernde Welt, und ist... irgendwie kunstvoller geschrieben so dass ich zwar die Tricks mit der kuenstlich verknappten Info und den Cliffhaengers erkenne, aber mich wie bei einer Zaubershow unterhalten fuehle. Leigh Bardugo versucht das gleiche zu machen, aber sie ist einfach ein paar Klassen schlechter so dass es fuer mich einfach nicht so funktioniert.

    Sensenbach das Video ist leider nicht mehr verfügbar :huh:

    Doch, ist es.

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    Wenn man auf den Link klickt, dann kann man es auf YouTube anschauen...

    Der Ralph-Bakshi-Film war ein kommerzieller Erfolg, der fast 30,5 Mio. Dollar einspielte.

    ... was vermutlich der Grund war, dass der Film, obwohl er eigentlich nur bis Helms Klamm geht, nie eine Fortsetzung hatte weil die Studios nach diesem 'Erfolg' freiwillig darauf verzichtet haben.

    Come on - wenn es bei einem Film der offensichtlich eine Fortsetzung hat keine gibt, dann ist der Produzent unzufrieden mit dem Gewinn. Sonst klatscht man sogar an Filme bei denen es eher keinen Sinn macht ('Der weisse Hai') Fortsetzungen ran so lange es geht.

    Die dunkle Hand der Magie von Barbara Hambly

    Es ist schon eine gewisse Leistung ein drittes Werk in einer Reihe zu schreiben das schon wieder ganz anders von Stil und Thematik ist als die ersten beiden.

    Hier geht's nun darum dass Sonnenwolfs alte Soeldnertruppe ihn zurueck will - sie haben naemlich den Eindruck dass ein Zauberer einen Fluch auf die Truppe gelegt hat, und die Belagerung einer Stadt geht deshalb alles andere als gut. Sonnenwolf sucht eigentlich einen Magier als Lehrmeister, nicht als Gegner - aber es sind seine Freunde die da um Hilfe bitten...

    Vom Plot her fand ich das Buch nicht ganz so ueberzeugend wie den Vorgaenger, aber es liest sich gut und hat einige sehr schoene und stimmungsvolle Beschreibungen wie sich Magie anfuehlt wenn man sie einsetzt - war fuer mich damals beim ersten Lesen etwas was mich lange beschaeftigt hat und auch meine Art darueber zu schreiben sehr beeinflusst hat.

    ***

    Direkt auffallend sind die teils großen Unterschiede zwischen dem Buch und der Verfilmung, aber es wird einem schnell klar, weshalb die Bücher so lange als unverfilmbar galten.

    Galten sie ueberhaupt nicht - Tolkien hat z.B. schon zu Lebzeiten mit einem gewissen Herrn Zimmerman Briefe ausgetauscht in denen er dessen Entwurf eines Drehbuchs kritisiert (lustigerweise kann man das fast 1:1 auf die Jackson-Filme muenzen, die Kritikpunkte sind die gleichen, waehrend JRRT z.B. die Angst und das Gefuehl von Sinnlosigkeit des Widerstandes bei der Verteidigung von Minas Tirith wichtig sind macht Zimmernan eine spektakulaere Schlacht draus, waehrend Tolkien das Schicksal der Hobbits auf ihrem Treck durch Mordor wichtig sind kuerzt Zimmerman diesen Teil ab,...) Es gibt von LoTR auch - mindestens - einen aelteren Zeichentrickfilm - der sich als kommerzieller Flop rausstellte.

    Die Hexen von Wenshar von Barbara Hambly

    Eine Fortsetzung von 'Die Frauen von Mandrigin' - mit anderen Mitteln. Waehrend es im ersten Band irgendwie um das feministische Thema ging wie Frauen ihre traditionelle Rolle ablegen und Kriegerinnen werden koennen kommt hier was total anderes.

    Sonnenwolf hat gelernt dass er mit Magie begabt ist - aber dank Altiokis der seit Generationen alle Magier getoetet hat, hat er keinen Lehrmeister. Erst am Rand der Wueste, im Koenigreich Wenshar, findet er mit der Hexe Kaletha jemanden der ihn unterrichten koennte. Aber der Clash der beiden Persoenlichkeiten die sich schon auf den ersten Blick nicht leiden koennen ist noch sein geringstes Problem, denn irgendjemand laesst die alte daemonische Magie der Hexen von Wenshar, deren Stadt vor zwei Generationen zerstoert wurde, wieder aufleben - und Nacht fuer Nacht kommt jemand auf raetselhafte Weise zu Tode.

    Das Buch hat einen soliden Plot, aber vor allem lebt es von Stimmung - ganz oft die verlassenen Quartiere hinter der Festung Tandieras, dann auch die (an das reale Petra) erinnernde Felsenstadt Wenshar draussen in der Wueste mit den Daemonen die dort im Felsen hausen,... Geraeusche und Gerueche der naechtlichen Wueste, halb gefuehlte Spannungen - und dann die Todesfaelle - das ist schon alles sehr gekonnt geschrieben und macht beim nach langer Zeit mal wieder Lesen richtig Spass.

    Auch die Aufloesung der merkwuerdigen Faelle bringt einen ueberraschenden und sehr gelungenen Twist mit rein.

    Die Frauen von Mandrigin von Barbara Hambly

    Der Zaubererkoenig Altiokis dehnt seine Macht aus und hat die Stadt Mandrigin ueberfallen und besetzt. Die meisten Maenner der Stadt sind tot oder schuften in den Minen - die Frauen unter Fuehrung von Sheera Galernas haben den Plan, Soeldner anzuwerben um ihre Maenner zu befreien, aber kein vernuenftiger Soeldner will es mit Altiokis aufnehmen. Also machen sie dem Kommandeur Sonnenwolf ein Angebot das er nicht ablehnen kann - sie vergiften ihn und der Preis fuer das Gegengift ist, dass er eine Streitmacht von Frauen ausbildet die selbst die Befreiung durchfuehren koennen. Waehrenddessen sucht Sonnenwolfs Stellvertreterin Sternenfalke nach dem entfuehrten Kommandeur und kommt einem Geheimnis von Altiokis auf die Spur...

    Ein recht alter Roman ueber Identitaeten der die Themenkomplexe plausibel, aber ohne grosse Ueberraschungen abarbeitet. Es werden Fragen verhandelt wie - kann man gleichzeitig Frau und Krieger sein? Kann man gleichzeitig Frau und Soeldner sein? Welche Opfer muss man bringen um seinen Traum zu erfuellen?

    Hambly macht es sich nicht einfach oder platt - Kriegerinnen koennen sie werden, die Frauen von Mandrigin - aber in ihr vorheriges Leben koennen sie nicht zurueck. In der Geschichte stellen die Frauen genauso die Fieslinge, Feiglinge und Verraeter wie die Mutigen undtreuen Gefaehrten.

    Hat mir damals gefallen (als ich 17 war oder so) - gefaellt mir immer noch, die Story ist ueberzeugend, die Beschreibungen lebendig und ich kann ganz gut mit den Charakteren (am Besten finde ich irgendwie das Friseurinnenduo der Gueldenen Shorad und Wilarne V'Baum, zwei zierliche Frauen die am Ende die Hellebarde schwingen lernen und ihre Gatten schockieren indem sie vor ihren Augen Gefaengniswaechter niedermachen...)

    Ich wäre ohne Zögern bereit, Lobeshymnen auf die First Law Trilogie von Joe Abercrombie zu singen

    Nicht zuletzt aufgrund unserer Diskussion habe ich das mal wieder aus dem Regal genommen und bin jetzt fast am Ende angekommen.

    Es geht um die Irrungen und Wirrungen im Leben verschiedener Protagonisten waehrend zweier Kriege die die Union bedrohen - im Norden hat Bethod, Koenig der Nordmaenner, seine Barbaren gesammelt um in der noerdlichen Provinz Angland einzufallen, und im Sueden setzt der Herrscher des Imperiums vom Gurkhul seine Legionen in Bewegung um die Niederlage seines Vaters auszumerzen. Aber in Wahrheit zieht jemand ganz anderes die Faeden hinter diesen Konflikten.

    Logen Ninefingers und der Dogman sind zwei der Barbaren die schon am Anfang voneinander getrennt werden - Logen ist ein Berserker der im Kampf in Raserei verfallen kann - wenn er grade nicht in diesem Zustand ist allerdings ein eher nachdenklicher Mensch der aus dem Kreislauf von Blutrache und mehr Blutrache aussteigen will - wenn er denn kann. Der Dogman ist sein Freund, ein eher vorsichtiger Typ der dann aber auch Anfuehrer werden muss.

    Collem West und Jezal dan Luthar sind Offiziere in der Armee der Union die am liebsten Trinken und Karten spielen- das Schicksal hat aber anderes fuer sie vor, West muss eine wichtige Rolle in den Kriegen einnehmen, Luthar eine lange Reise zum Ende der Welt antreten.

    Ferro Maljinn liegt mit der ganzen Welt ueber Kreuz und versucht das Reich von Gurkhul auszuloeschen - einen Soldaten nach dem anderen. Aber Bayaz, der erste Magier, der am Ende der Welt etwas sucht braucht ihre Hilfe.

    Und ehemaliges Folteropfer und jetzt Inquisitor Sand dan Glokta arbeitet sich durch Folter und Drohungen ein Gestaendnis nach dem anderen zu der Verschwoerung vor die hinter den ganzen Geschehnissen steht - nur dass die ueber ihm nicht jede Frage weiterverfolgt sehen wollen...

    Vom Plot her erste Sahne, die verschiedenen Erzaehlstimmen sind deutlich unterschiedlich, es ist interessant die Kontraste wahrzunehmen und die unterschiedlichen Einschaetzungen der gleichen Situation durch einen anderen Erzaehler. Die Psychologie der Figuren ist gut getroffen und die Geschichte hat Tempo und ueberraschende Wendungen - wenig ist so, wie es auf den ersten Blick scheint.

    Generell alles sehr zynisch gehalten, grade die Abschnitte von Glokta sind schon eher bitter.

    Und doch...

    Was Abercrombie gar nicht schafft, ist Bilder in meinen Kopf zu bringen. Eine Fantasy-Welt die ich betreten moechte, die mir real vorkommt, wo ich Geraeusche und Gerueche wahrnehme - Fehlanzeige. Beschreibungen kommen vor, sind aber eher knapp und vor allem oft spaet im Text - wir lesen schon einiges an Text ueber Kaempfe mit Shanka bevor wir etwa erfahren wie die eigentlich aussehen.

    Generell habe ich das Gefuehl, es gibt kaum Abwege - was nicht direkt der Hauptstory dient wird nicht erzaehlt. Irgendwie das Gefuehl einen Ausschnitt aus einer groesseren Welt zu lesen - gar nicht.

    Der Weltenbau ist eher einfach gehalten und... nun ja, nicht unbedingt konsistent (die Union scheint eine Feudalgesellschaft mit Adel zu sein, auf der anderen Seite hat sie eine Armee die organisiert ist wie bei Friedrich dem Grossen). Von Gurkhul sehen wir sehr wenig, im Norden bei den Barbaren wird anscheinend hauptsaechlich gekaemft (wie die Heere versorgt werden erfahren wir eher nicht).

    Magie wirkt eher wie ein Nachgedanke - wir hoeren Bayaz sagen dass das Studium und Verstaendnis der Welt sehr wichtig ist - was wir dann von ihm sehen ist dass er ein paar Mal Leute explodieren laesst, ganz ohne Worte, Zauberformeln oder so - auf der anderen Seite werden dann hier und da 'wards' und Rituale erwaehnt... Generell von der Stimmung her eine Nullnummer. Auch Logen kann mit Geistern reden - wir sehen ihn das dreimal tun, einmal um es fuer den Leser zu etablieren und zweimal weil es fuer die Story relevant ist - ansonsten macht er es einfach nicht, es hat keinen groesseren Einfluss auf ihn. Sowas finde ich schade - es ist alles eigentlich nur Mittel zum Zweck, nur Plotdevice.

    Irgendwelche Ideen die mich nach dem Text noch beschaeftigen? Fehlanzeige - es ist unterhaltsam waehrend des Lesens, aber dass ich so wie bei Gene Wolfe noch Stunden drueber nachgrueble was eine Szene zu bedeuten hat, mich in den Text reinknien will und die verschiedenen Lesarten einer Szene vor mir ausbreiten will - nee.

    Und irgendwann wirkt auch der Zynismus ein bisschen wie eine Masche. Alle Ratsmitglieder die die Union steuern da der Koenig schon senil ist sind korrupt. Alle adeligen Offiziere haben ihren Rang nur gekauft und sind unfaehig. Jedesmal wenn Glokta irgend eine Spur von Mitleid erkennen laesst erweist es sich als Fehler. Hat man das Prinzip mal verstanden, dann folgt die Geschichte ihm schon ganz gut.

    Also - ich habe vor langer Zeit mal meine 3 (1/2) Kriterien fuer ein gutes Buch ausgebreitet - 1) spannende Plot und interessante Figuren, 2) starke Stimmung, eine Welt die sich fuer mich im Kopf real aufbaut 3) Weltenbau den ich interessant und herausfordernd finde und 4) Ideen die mich packen und beschaeftigen - es ist insofern ein ungewoehnliches Buch weil es 1) wirklich sehr gut macht und ich Bestnote gebe, aber bei allen anderen Kriterien wirklich sehr schlecht abschneidet.

    Wer primaer auf Plot schaut und lange Beschreibungen, raetselhafte Szenen und komplizierten Weltenbau nicht so mag ist damit aber schon gut bedient.

    Was ich gleich schreibe, grenzt also fast an Gotteslästerung, da ich den Roman nicht uneingeschränkt feiere.

    Du hast's aber auch mit Frontalangriffen auf die (wenigen) Fantasy-Buecher die ich richtig gut finde :)

    Ich gehe damit mit dass Lynch eine Vorliebe fuer Showmanship hat - Cliffhanger sind fast die Regel, Reuckblenden setzen immer da ein wo's grade spannend wird... das wirkt ein wenig bemueht...

    Aber... mein Eindruck z.B. der Rueckblenden war, dass sie eine zweite Geschichte erzaehlen, weniger dass sie die Gegenwart so erhellen sollen.

    Und... Locke Lamora zu schreiben klappt meines Erachtens oft obwohl der Typ (auch wieder) so clever ist dass man sich dran schneiden kann - fuer jeden Plottwist den Du erzaehlst wo das vielleicht fragwuerdig ist, fallen mir zwei ein wo es durchaus plausibel ist und gut funktioniert.

    Das Markenzeichen der Reihe ist schon ein bisschen das Ueberdrehte - Locke kommt in unmoegliche Situationen wo man sich als Leser wirklich keinen Ausweg denken kann - und kommt dann doch auf etwas. Klar, das ist auch mal uebertrieben und bemueht - aber oft auch sehr intelligent konstruiert.

    Ich hab' den Eindruck Dein Fokus ist schon primaer drauf wo das nicht so funktioniert - aber: Wer sonst kann so einen Plot schreiben und es auch nur halb so oft sinnvoll aufloesen? Lynch geht halt mit Praemissen und Plot stark ins Risiko und traut sich was - mir ist das irgendwie lieber als eine weniger gewagte Geschichte die keine Fehler macht.

    Claw of the Conciliator von Gene Wolfe

    Band 2 der Tetralogie - Severian erlebt zum ersten Mal in seinem Leben wie die Dinge ausserhalb der Metropole Nessus liegen - die Geschichte beginnt in einem Dorf weit ausserhalb der Mauern in dem Severian zwei Verbrecher hinreichten soll, was fuer ein spontanes Festival reicht.

    Interessant ist, dass die Gruppe der Reisenden in einem Tumult am Tor offenbar getrennt wurde, aber wie und warum wird nicht erzaehlt, auch spaeter gibt es nur spaerliche Hinweise. Jedenfalls ist Severian jetzt mit Jonas unterwegs der eine metallene Handprothese hat (jedenfalls glaubt man das) - und jemand ist hinter den beiden her und will ihnen ans Leben.

    Nach einigen Irrungen und Wirrungen kommen die beiden schliesslich zum Haus Absolut, dem Sitz des Autarchen, wo sie erst mal in einem Kerker einsitzen wo einige schon Gefangene in der 7. Generation sind (ihre Eltern aber auch schon...).

    Es geht viel um Geschichten in der Geschichte, und selbst als Severian und Jonas befreit werden und wieder die Schauspieltruppe um Dr. Talos und Baldanders treffen wird ein seltsames Stueck aufgefuehrt dessen Drehbuch fuer ein langes Kapitel zu lesen ist und auf das sich der Leser auch einen Reim machen darf.

    Grade die Geschichten in der Geschichte sind recht harte Nuesse zu verstehen - was soll ihre Rolle denn sein? Mindestens genauso seltsam sind die ganzen 'Zufaelle' die sich hier durchziehen.

    Was ich ueber Teil 1 geschrieben habe gilt genauso fuer Teil 2 - wenn man sorgfaeltig liest und ab und an vor- und zurueckliest, dann bekommt man die eine oder andere Unterstroemung mit.

    Generell wird immer klarer dass Severian sich irgendwie in einem Machtkampf zwischen zwei Parteien befindet - die ausserirdischen Meermonster Erebus und Abaia auf der einen Seite, und dem Autarchen und den Cacogens auf der anderen Seite - ohne dass Severian eine echte Chance haette die Sache zu verstehen.

    Von der Stimmung vielleicht nicht ganz so intensiv wie Band 1, aber von Ideen und Details immer noch sehr, sehr reichhaltig.

    Ich stelle grade fest, dass ich inzwischen schon sehr gerne auch komplexere Buecher lese...

    Nach deiner Einschätzung hier wäre es viel sinnvoll für mich, den ersten Durchlauf auf Deutsch zu wagen.

    Ich kann ehrlich nicht mehr sagen wie gut die deutsche Uebersetzung eigentlich ist - bei einem Buch dieser Art waere ich zumindest misstrauisch ob der Uebersetzer wirklich die relevanten Details erwischt hat oder nicht... ich hab' keine Ahnung wie gern Du auf englisch liest, aber wenn Du das im Prinzip machst, wuerde ich eher so versuchen als die Uebersetzung.

    Shadow of the Torturer von Gene Wolfe

    Der erste Band einer Tetralogie 'Book of the New Sun' - ich habe das in deutscher Uebersetzung mit 14 Jahren zum ersten Mal gelesen, und dass es mir gefallen hat spricht weniger fuer meine damalige Reife als Leser sondern mehr dafuer dass Wolfe wirklich ein genialer Autor ist wenn selbst damals was haengen geblieben ist. Inzwischen lese ich es das vierte Mal - mal sehen wie viel ich diesmal verstehe.

    Mit Wolfe gehts ans tiefe Ende der Literatur - die Texte sind reich an Details und Anspielungen, aber auch philosophisch, doppelboedig und von Symbolen durchsetzt. Shadow of the Torturer zum Beispiel beginnt und endet mit dem Bild eines Tores, das erste Kapitel des Buchs heisst 'Resurrection and Death' und das letzte Kapitel der Tetralogie heisst 'Resurrection' - da ist also schon mal formal einiges an Struktur drin.

    Die Geschichte wird vom Protagonisten Severian erzaehlt, lang nach den Geschehnissen, so dass der Text praktisch immer drei Ebenen hat - das was passiert, das was Severian damals darueber reflektiert hat und das was der heutige Severian als Erzaehler reflektiert. Erzaehlt wird nicht unbedingt chronlologisch - das erste Kapitel schildert die Geschehnisse nachdem Severian beinahe ertrunken waere, der Vorfall an sich wird aber im zweiten geschildert, es gibt immer wieder Geschichten in der Geschichte und Abwege - man muss sich den Text wirklich auch erarbeiten wenn man richtig verstehen will was passiert.

    Im ersten Buch geht's also um Severian. Er waechst bei der Gilde der Folterer auf die einen Turm in der Zitadelle bewohnen die ueber der Metropole Nessus um Fluss Gyoll thront. Die Gilde dient dem Autarchen, sie verhoert oder bestraft die Gefangenen die bei ihr angeliefert werden. Severian freundet sich mit der adeligen Thecla an die dort einsitzt, und als der Befehl eintrifft sie der Folter zu unterziehen, gibt er ihr aus Mitleid einen Dolch so dass sie Selbstmord begehen kann. Wegen dieses Vergehens wird er aus der Zitadelle ausgestossen, aber bekommt den Posten des Scharfrichters von Thrax am Oberlauf des Gyoll, wohin er sich dann auf den Weg macht, mit dem Richtschwert Terminus Est

    Die Stadt Nessus ist gross - Tagesreisen zu Fuss - und bald stellt sich heraus dass jemand sein Schwert in die Haende bekommen will - er wird zu einem Duell gefordert, aber bevor das stattfindet, bekommt er durch einen Zufall etwas nocht wertvolleres in die Haende, ein Relikt das sogar die Toten zum Leben befoerdern kann, die Klaue des Schlichters.

    Schon recht bald ahnt man, dass man, trotz einer ansonsten Renaissance-artigen Technologie, in einer Post-technologischen Welt ist - der Turm der Zitadelle in dem Severian aufwaechst ist ein Raumschiff das eingebaut worden ist, ein Gemaelde zeigt einen geruesteten Mann in einer grauen Wueste, sein Gesicht von einem goldenen Visier bedeckt, der eine seltsam steife Fahne neben sich hat mit der Urth hinter ihm an einem schwarzen Himmel (Neil Armstrong auf dem Mond), es gibt Ausserirdische cacogenes die am Hof wohnen und einige wenige haben auch stellare Technologie. Andere Hinweise deuten darauf, dass Nessus irgendwo in der Gegend von Buenos Aires sein muss, auch wenn das nie gesagt wird.

    Nichts in der Geschichte ist genauso wie es erst einmal scheint, die Menschen die Severian begegnen, sei es der Rebell Vodalus, oder der Gaukler Dr. Talos und sein Helfer Baldanders oder auch Agia die ihm hilft sich auf das Duell vorzubereiten (das, interessantes Detail, mit hochgiftigen Pflanzen als Waffe gefuehrt wird) - hinter jeder Begegnung lauert ein Geheimnis. Und zwischendrin bemerkt Severian dass er es fuer Moeglich haelt wahnsinnig zu sein - er zweifelt seine eigene Zuverlaessigkeit als Erzaehler an...

    Die Sprache erfordert mitunter ein Woerterbuch, ich glaube nicht jeder weiss auf Anhieb was ein carnifex ist, was pelagic bedeutet oder eine argosy ist.

    Wolfe liebt es die Erwartungen des Lesers zu hintertreiben. Zum Beispiel kommt in einer Diskussion ueber die Muenze des ersten Soldes die Maenner zu Soldaten macht die Betrachtung Ob sie sich dessen bewusst waren oder nicht spielte keine Rolle. Nur jemand der an Magie oder aehnlichem Aberglauben haengt ist der Ueberzeugung dass Wissen irgendwas damit zu tun hat - rationale Menschen wissen dass die Dinge entweder von alleine geschehen oder gar nicht. Man muss sowas dreimal lesen um die Provokation dahinter zu verstehen.

    Woanders geht es auf philosophische Exkurse, etwa an der Stelle wo beschrieben wird dass manche Leichenteile essen und unter einer Droge dann die Erinnerungen des Toten bekommen - Severian diskutiert da, wie es moeglich sein kann dass ein ganzes Leben in einem Finger enthalten sein kann, und der Text hebt dann auf Holographie ab ohne das explizit zu erwaehnen.

    Es ist - fuer einen Leser der sich einen Text wirklich erarbeiten will - absolut lesenswert und wahnsinnig reich an Ebenen die man entdecken kann und angedeuteten Plots die man sich erschliessen muss, nebenbei ein Feuerwerk an Ideen und Details - aber wirklich auch anstrengend zu lesen, Wolfe schenkt einem nichts, Infos muss man sich merken, raetselhafte Vorkommnisse werden spaeter aufgeklaert, aber man muss sich dran erinnern oder zuruecklesen.

    Nachdem mir Death so gut gefallen hatte, habe ich inzwischen mal in die Sandman Graphic Novels von Neil Gaiman (und ganz vielen verschiedenen Zeichnern...) reingeschaut - von denen ist Death ein Spinoff.

    Nach ganz vielen Kritiken ist Sandman ja ein Meilenstein der Comic-Geschichte, tiefsinnig, philosophisch... Mein Eindruck ist eher anders - es faellt mir schwer, da den gleichen Erzaehler zu sehen wie in 'The High Cost of Living'.

    Sandman dreht sich um den Traumlord - Morpheus - der zusammen mit seinen sechs Geschwistern (Destiny, Death, Delirium, Desire, Despair und Destruction) durch die Geschichte des Universums geistert, zu Anfang der (langen) Novel aber fuer 70 Jahre von einem Magierzirkel gefangen genommen wird, was ihn letztlich veraendert als er rauskommt.

    Die meisten Geschichten leiden drunter, dass das Erwartungsmanagement einfach miserabel ist.

    Ein gutes Beispiel ist der Story-Arc 'Season of Mists' - Dream realisiert dass er einen Fehler gemacht hat als er vor Jahrtausenden eine Geliebte die ihn zurueckgewiesen hat in die Hoelle verbannt hat - also will er sie wieder rausholen. Nur leider hat er bei seinem letzten Besuch Luzifer richtig gegen sich aufgebracht.

    Wir sehen also eine lange Vorbereitung - Dream verabschiedet sich noch von seinen Dienern und Freunden weil die Moeglichkeit besteht dass er nicht wiederkommen wird, sein Gesandter in die Hoelle kommt nur aus Luzifers Krallen (der ihn zu ewiger Folter verdammen will) weil dieser Gesandte Kain ist und eben von Gott mit einem Mal gezeichnet ist dass ihn keiner erschlagen moege, wir erwarten also einen epischen Kampf als Dream in die Hoelle kommt - und es passiert nichts.

    Die Hoelle ist leer, Luzifer hat das Geschaeft beendet, alle Seelen und Daemonen sind weg und er drueckt Dream die Schluessel in die Hand und geht.

    Der Leser staunt, aber vielleicht ist da eine subtilere Rache? Die Geschichte geht weiter denn die leere Hoelle findet andere Interessenten die sich zu einem Bieterwettstreit im Dream Castle einfinden - vielleicht ist das die subtile Rache Luzifers dass diese Situation entgleist? Aber nein, gerade als die Situation tatsaechlich zu entgleiten droht, befiehlt Gott zwei Engeln die Hoelle zu uebernehmen weil sie gebraucht wird, die Engel sind in einem Catch-22 gefangen (wenn sie den Befehl ausfuehren kommen sie in die Hoelle, wenn sie ihn verweigern sind sie gefallene Engel und kommen deswegen in die Hoelle) und uebernehmen die Sache - und alle anderen wollen sich nicht mit 'The Name' anlegen und gehen brav wieder in ihre eigenen Dimensionen - Ende.

    Keine subtile Rache Luzifers, kein ausgefeilter Plan - statt dessen wird viel Zeit und Muehe verwendet um beim Leser Erwartungen zu wecken die sich nie erfuellen und die Luft ist raus. Und das ist recht typisch fuer die meisten Geschichten - lange, schoen mysterioese Vorbereitung aus der am Ende nichts gemacht wird.

    Obwohl das Storytelling so... misslungen ist, macht es trotzdem ab und an Spass zu lesen weil wirklich nette Ideen drin sind - der Catch-22 fuer die Engel zum Beispiel, oder eine Geschichte in der Shakespeare den Sommernachtstraum vor einem Publikum aus Elfen auffuehrt - die sich teilweise in der Geschichte wiederfinden.

    Aber einen Meilenstein der Graphic Novel kann ich da eher nicht sehen, da kenne ich bessere Formate.

    Death - The High Cost of Living von Neil Gaiman

    Aus Neugier die Graphic Novel in der Bibliothek gegriffen und... voll von den Socken. Ich weiss nicht wann ich zum letzten Mal eine so schoene Geschichte gelesen habe...

    Wenn ich versuche die Story zu beschreiben klingt das total bloed, also erst mal die Vorrede dass es sich im Comic wirklich nahtlos zu einem Ganzen fuegt und nichts davon irgendwie daneben ist.

    Die Geschichte beginnt mit Sexton, einem ungluecklichen Teenager der sich umbringen will, und sein Versuch in den Tod zu springen endet damit dass er auf einer Muelldeponie halb unter einem Kuehlschrank eingeklemmt ist - wo ihn Didi findet, ein Gothic-Girl. Sie rettet ihn und flickt ihn erst mal wieder zusammen - nur dass sie behauptet, der Tod zu sein der einmal alle 100 Jahre fuer einen Tag in Gestalt eines Menschen auf die Welt kommt. Zusammen driften die beiden durch New York, wobei Didi merkwuerdigerweise alles umsonst bekommt - Textfahrt, Eintritt in einen Club, Hotdog,... Sexton glaubt ihre Geschichte trotzdem nicht, aber Mad Hettie, eine 250 Jahre alte Obdachlose und der Eremit verfolgen sie - aus unterschiedlichen Gruenden, aber beide ueberzeugt dass sie der Tod in menschlicher Gestalt ist und dass das Ankh-Amulett ein wichtiges magisches Artefakt ist - nur dass Didi sich, nachdem man ihr es abgenommen hat - bei einem Strassenhaendler einfach ein neues holt...

    Ueberraschende Wendungen die doch irgendwie ein Ganzes ergeben, tiefgruendige Dialoge und,... mit Didi eine einfach beruehrende Gestalt.

    Ich bin grade fast am Ende mit den Chroniken des Schwarzen Mondes - einer 14-baendigen Fantasy-Comicreihe.

    Im Prinzip finde ich den Plot cool - der Protagonist Wismerhill wird in dem Machtkampf um das Kaiserreich Lhynn gezogen, in dem der Kaiser Haghendorf gegen den Erzmagier und Halbgott Haazheel Thorn steht, flankiert von zwei Ritterorden - den korrupten Rittern des Lichts unter Fratus Sinister und den Rittern der Gerechtigkeit unter Prinz Parzival.

    Wismerhill schliesst sich Haazheel an weil er glaubt der Kaiser hat seinen Vater ermorden lassen - tatsaechlich hat ihm das der Erzmagier aber nur vorgegaukelt. Er steigt immer mehr in der Hierarchie auf und verliert graduell mehr und mehr seiner Menschlichkeit - um dann schliesslich Lhynn zu erobern. An diesem Punkt bringt Haazheel ihn dazu die goettlichen Gesetzestafeln die in einer Krypta unter dem Thronsaal ruhen zu zerschmettern, so dass er Erzmagier seinen wahren Plan verwirklichen kann - eine permanente Pforte zur Hoelle zu oeffnen und so nach der Goettlichkeit zu streben.

    In einem epischen Kampf stellt sich Wismerhill schliesslich gegen seinen Mentor, schliesst die Pforte und toetet den Erzmagier, stellt aber fest dass er dadurch die Welt zum Untergang verdammt hat, denn der schwarze Mond wird unaufhaltsam auf die Erde stuerzen - und nur wenige koennen sich in eine andere Ebene fluechten. Mit diesem Ende der Zeiten hoert die Serie auf.

    In der Praxis ist es oft Scheisse erzaehlt - viele der inneren Konflikte die da sein muessten werden ignoriert oder mit Klamauk abgefertigt. Die permanente Wiederbelebung durch Magie nimmt oft Dramatik raus (Wismerhill stirbt mindestens drei Mal, seine Gefaehrten teilweise bis zu fuenf Mal, in 14 Baenden verschwindet genau eine Figur permanent aus seiner Umgebung...) so dass man sich irgendwann beim Tod einer Figur schulterzuckend denkt dass er eh nach drei Seiten wieder da sein wird. Wismerhill gewinnt permanent an Macht und lernt alle moeglichen Arten von Magie, aber es ist nie irgendwie klar was das relative Level an Macht zwischen zwei Figuren eigentlich ist - warum der eine Daemon jetzt schwer fuer ihn ist, der andere aber nebenbei abgefertigt wird. Ganz raetselhaft ist Kaiser Haghendorf der ueber 9 Baende ein ganz normaler Mensch ist - guter Verwalter und Stratege - und seine Schlachten als General schlaegt und dann in Band 10 im Endkampf gegen Wismerhill ploetzlich nicht nur eine magische Kugel abfeuert die selbst den Erzmagier an seine Grenzen bringt, sondern mit seinen 60 oder 70 Jahren als Schwertkaempfer noch gegen den mit Magie uebersaettigten Wismerhill brilliert so dass er ihn tatsaehlich toetet (aber er wird ja wiederbelebt...).

    Trotz des Plots erinnert das alles an vielen Stellen eher an eine bloedelnde Rollenspielgruppe als an eine gut erzaehlte Geschichte - und das ist schade, denn auch die Zeichnungen sind ueber weite Strecken sehr stark.

    Haette man mehr draus machen koennen...:(

    Bei Lee bin ich ja etwas hin und her gerissen. Ich kenne einige exzellente Kurzgeschichten, aber auch Romane, die mir dann doch etwas zu grob gestrickt sind.

    Tanith Lee gehoert zu den Autoren wo die Ergebnisse des Schreibens sehr unterschiedlich sein koennen - einige Werke finde ich genial, andere meh - bin ich also ganz bei Dir.

    Bei der 'War of Vis' Trilogie bin ich immer noch am ueberlegen worueber sie eigentlich erzaehlen will - 'Storm Lord' gibt irgendwie eine religioese Befreiungsgeschichte her (so aehnlich wie Dune vielleicht), aber Anackire liest sich dann mehr wie ein Kommentar auf die Irrtuemer eines solchen Ansatzes... Habe ich alles beim ersten Mal Lesen ganz sicher nicht gerafft - steht also auch im Raum dass ich manche Texte von ihr einfach falsch beurteile...

    Anackire von Tanith Lee

    Jetzt also der Band zwischen Storm Lord und Aztira... Nach dem grossen Krieg der hellhaeutigen Tieflaender gegen die dunklen Visianer (den letztere verloren haben) herrscht jetzt die helle Rasse - aber sie nehmen einheimische Koeniginnen, und zur Zeit des zweiten Bands gibt es viele Mischlinge an den Hoefen.

    Wir folgen Kesarh, einem solchen Mischling, der sich durch Intrigen einen Thron erobert, und Rem, einem seiner Soeldner, der sich als einer der Soehne von Raldnor am Anackire - dem Helden des letzten Bandes herausstellt, Die naechste Generation tritt ihr Erbe an, aber waehrend Kesarh den Traditionen der Vis zuneigt findet sich Rem zwischen allen Fronten - und dann ist da Ashni, die Tochter von Kesarh und seiner Schwester - aber spirituell das Kind von Raldnor und seiner Koenigin, eigentlich 9 Jahre alt, aber irgendwie schon aelter, und mit der Magie der Tieflande begabt...

    Es geht also darum wie der erste Konflikt in Storm Lord zu weiteren fuehrt, und wie die Loesungen aber unterschiedlich werden - waehrend im ersten Band noch Gwalt das Thema war, kommt es jetzt ab und an zu Verstaendigung (bei Aztira ist 'Liebe' dann das Thema).

    Auch Anckire ist sehr... energetisch und fast explosiv geschrieben, aber reisst auch auf seine Art mit. Ich glaube trotzdem dass Aztira mein Lieblingsband ist, aber es ist auch interessant hier die Vorgeschichte zu lesen.

    Der Fokus der Erzählung liegt auch mehr auf dem Erleben und den Handlungen der verschiedenen POV-Charaktere als auf einem großen Gesamtbild der Welt/Story.

    Ah - nach 10 Baenden Malazan Book of the Fallen habe ich mich von der Idee verabschiedet. :)

    Meine Interpretation ist, dass wir es mit dem eher bemerkenswerten Beispiel einer Geschichte zu tun haben wo irgendwie Armeen Protagonisten sind (das Fallen wird durchaus woertlich zu nehmen sein, ich glaube ein Charakter der am Anfang schon da ist erlebt das Ende).

    Und man muss sich verdammt viel zusammenreimen damit sich die Story richtig erschliesst - in einem Wirbelsturm aus Ereignissen aus ganz verschiedenen geschichtlichen Perioden und einem Feuerwerk aus Perspektiven ist es manchmal nicht leicht, die relevanten Plots durch die verschiedenen Buecher zu verfolgen. Ich hab's erst beim zweiten Mal lesen geschafft.

    Irgendwie hat es aber Faszination - man muss sich nur drauf einlassen koennen dass es so ganz anders ist als viele andere Reihen.

    Der Wurm Ouroboros von E. R. Eddison

    Ein Klassiker - ein Buch wie ein guter alter Wein den man im Keller findet. In homerischem Stil mit langen, bildhaften Schilderungen wird hier die Auseinandersetzung zwischen Daemonenland und Hexenland (ja, die Namen sind Scheisse) erzaehlt, von episch schwieriger Magie die Gorice der Koenig der Hexen heraufbeschwoert, von einem Zug an die Grenzen der Welt, durch die Weiten der Morna Moruna zu den hoechsten Bergen den die Daemonen durchfuehren um einen der ihren wiederzufinden und von den heldenhaften Kriegstaten die beide im Kampf um Daemonenland vollbringen.

    Sternenfunkelnd und ambrosisch lag die Mitsommerrnacht ueber dem Meer... Achteraus termten sich maechtige Wolken vor den Toren des Tages auf und stroemten aufwaerts zu hohen Zacken aus weinrotem Dunst und brennenden Fahnen, die vom Sonnenaufgang kuendeten. - entweder man mag diese Art von Sprache, oder man legt das Buch zur Seite, aber ich hab's immer wieder gerne gelesen.