Beiträge von Thorsten im Thema „Was lest ihr gerade? (Fantasy)“

    Aber wenn mir die Elric-Saga gefällt, steige ich vielleicht auch bei seinen anderen Inkarnationen des Champions ein.

    Ich kenne einiges von Moorcock, nach meinem Gefuehl ist die Elric-Saga das Beste was er verfasst hat. In der Chronologie finde ich vor allem die mittleren Baende am staerksten, da ist echt einiges an Ideen, Stimmung und Weltenbau drin.

    Die Sache mit dem ewigen Helden und dem Multiversum haengt eher lose zusammen - tatsaechlich kommt eine Szene von Elric auch im Buch Corum vor und so, aber inhaltlich braucht man das nicht unbedingt - es passt zusammen, ergaenzt sich aber zum Verstaendnis eher nicht (teilweise steht es sogar im Weg, ich hatte das Gefuehl dass der Elric-Zyklus ein schoenes, rundes Ende hat - das dann aber durch Info aus anderen Buechern eher entwertet wird.

    Was mir auffaellt - die anderen Zyklen - Corum, Erekose oder Dorian Falkenmond - sind wirklich oft ganz anders - von der Stimmung, von Plots - Corum z.B. ist explizit sehr keltisch angehaucht, Falkenmond kaempft gegen einen Feind der einen industrialisierten Krieg fuehrt, Elric ist magisch aufgeladen,... kann also passieren dass man das eine ganz toll, das andere ganz mies findet.

    Vielleicht ueberraschen lassen...:)

    The Magic Goes Away von Larry Niven

    Eine Sammelausgabe von Novellen und Kurzgeschichten, teilweise auch von anderen Autoren in der gleichen Welt. Die Praemisse der Geschichte ist, dass Magie eine endliche Ressource ist - mana ist Teil des Landes und wenn es sich aufbraucht, werden Zauber erst schwaecher und hoeren dann auf. In alten Zeiten gab es noch Goetter, spaeter maechtige Magier - und jetzt gibt es noch Magier wie den Warlock, der (240 Jahre alt und durch Verjuengungsmagie frisch gehalten) die sich dran erinnern wie es mal war. Schwertkaempfer waren lange Zeit nutzlos - aber auf einmal kommt ihre Zeit. Gefischt haben die Nixen die teilweise von mana leben - aber jetzt muessen die Menschen das lernen. Eine ganze Zivilisation im Umbruch wird beschrieben.

    Zu meinen Highlights gehoert das Duell des Warlock mit dem Daemonenschwert Glirendree bei dem er nur gewinnt, indem er alles mana in der Gegend verschleudert - und damit ist das Wissen um die Endlichkeit der Magie in der Welt. Und 'Mana-spill', eine Geschichte mit humoristischem Touch wo das Gastgeschenk von wertvollen Steinen an einen etwas planlosen Koenig ploztlich dazu fuehrt dass die Magie seines - uebelwollenden - Scharlatan-Schamanen ploetzlich ungeahnt wirksam wird - wenn auch erratisch. So schuetzt der Schamane den Koenig versehentlich magisch bevor er ihn vergiftet - und ist dann bitter enttaeuscht dass das Gift nicht funktioniert.

    Insgesamt mag ich die Stimmung der Geschichte, das Gefuehl der Zivilisation im Umbruch, die Melancholie der magischen Protagonisten die mit jedem Tag sehen dass sie weniger und weniger tun koennen und sich ueberlegen dass sie vielleicht die letzten Menschen sind die auf einer Wolke stehen koennen,...

    The Burning God von Rebecca Kuang

    Im letzten Band der Trilogie wird - vielleicht nicht ueberraschend wenn man die ersten beiden gelesen hat - viel gestorben. Rin, die die Drachenrepublik verlassen hat kaempft erst mit dem Suedlichen Buendnis mit, wechselt dann aber die Seiten um mit der ehemaligen Kaiserin zu arbeiten den Drachenkaiser aus seinem Schlaf zu wecken, sobald das gemacht ist merkt sie aber dass das keine gute Idee ist und wechselt wieder Seiten und zieht selbst in den Krieg um die Herrschaft ueber das Reich zu bekommen,...

    In diesem Band gibt es einige Dinge die mir gefallen - wie Rin zum Beispiel wachsend grausam und unmenschlich wird - sie ueberwirft sich aus Misstrauen mit alten Freunden, sie ordnet selbst Massaker an, die bringt andere aus Machtstreben um - gefaellt mir im Prinzip schon gut mit dem Protagonisten so eine Reise in die Dunkelheit zu machen. Ist im Grossen und Ganzen auch plausibel geschildert - nur - was mich immer noch stoert ist dass Rin als Charakter eben in vielen anderen Dingen unmotiviert bleibt.

    Ihre vielen Seitenwechsel, ihre Hassliebe zu einigen anderen Figuren - da haette man irgendwie was draus machen koennen, aber statt dessen bin ich ein bisschen ratlos als sie die ehemalige Kaiserin wiedertrifft - die sie die ganze Zeit umbringen wollte - wie schnell sie zur Zusammenarbeit bereit ist.

    Ich glaube aber am meisten stoert mich, wie der Schamanismus in Teil 3 den aus Teil 1 entwertet - hier ist es wirrklich nur noch Staffage. Waehrend es im ersten Teil wirklich drum ging ein alternatives Konzept von Realitaet zu entwerfen wird es jetzt 'Instant-Magie' - in einer Woche werden eben mal neue Schamanen ausgebildet, und Rin toppt das noch indem sie - wie auch immer - in einer halben Stunde jemanden zum Pantheon der Goetter bringt - was sie selbst mehr als ein Jahr harte Arbeit und Meditation gekostet hat.

    Das Ende der Geschichte finde ich dann wieder grossartig getroffen und sehr stimmungsvoll.

    Insgesamt eine Reihe die mich mit etwas gemischten Gefuehlen zuruecklaesst - auf eine Weise cool, aber doch handwerklich unter den Moeglichkeiten geblieben - viele Leser scheinen sich nicht dran zu stoeren, aber ich haette mir weniger Blut und Gemetzel und mehr Kultur und Psychologie gewuenscht.

    The Dragon Republic von Rebecca Kuang

    Der zweite Band der Reihe knuepft leider eher an die Schwaechen des ersten an statt an die Staerken. Nach dem Sieg ueber die Mugen-Federation kommt es zu einem Buergerkrieg - der Sueden spaltet sich als die Dragon Republic aus dem Imperium ab. Rin, die sich von der Kaiserin verraten fuehlt, schliesst sich da dieser Rebellion an.

    Die Gruende dafuer erscheinen mir... hoeflich gesagt... nicht nachvollziehbar. Aber okay, das Buch geht darum wie sie erst versucht mit ihrer Spezialeinheit einen Mordanschlag auf Su Daji, die Kaiserin zu machen, das scheitert und Rin verliert erst mal ihre Magie, dann folgt sie dem Eroberungsfeldzug der Dragon Republic, als der in eine Falle laeuft dem letzten Abwehrkampf im Sueden - es geht viel um Krieg, Taktik und Politik.

    Gestorben wird reichlich, ich glaube ich kennen kein Buch mit einem annaeherend vergleichbaren Bodycount, am Ende von Band 1 sind schon ein paar Millionen tot, ganze Staedte sind entvoelkert, das Land ist von Massengraebern zugedeckt, Rin toetet ohne nachzudenken, mehr Bauern werden massakriert,...

    Vielleicht auf eine Weise realistisch, aber der Fokus auf Krieg und Taktik scheitert daran dass die Autorin davon keine rechte Ahnung zu haben scheint. Der Plan des Feldzugs nach Norden ist etwa mit einer grossen Flotte den Fluss hinauf zu fahren. Wir reden hier von Schiffen die Kanonen und Katapulte tragen, mehr als drei Decks haben und hunderte von Soldaten transportieren etc. - eher HMS Victory als Wikingerschiff. Nur stelle ich mir solche Schiffe auf einem Fluss eher hilflos vor - sie koennen sehr wenig maneuvrieren, man kann sie mit brennenden Booten die stromabwaerts treiben gefaehrden,... und sie bei Stromschnellen aus dem Wasser zu hieven und ueber Land zu ziehen halte ich bei der Groesse fuer ausgeschlossen.

    Es geht in dem Stil weiter - spaeter duelliert sich Rin mit einem Windgott - mit dem Twist dass sie fliegen kann weil ihr hochbegabter Freund Fluegel aus Bambus gebastelt hat und sie Feuer rufen kann um Auftrieb zu bekommen. Selbst wenn das funktionieren wuerde - die Fluegel sind orkanartigen Boeen ausgesetzt die eine ganze Flotte zu Kleinholz verarbeiten - wieso sollten leichte Bambusfluegel sowas aushalten?

    Auch die Demokratie - an sich interessantes Thema - wird eigentlich nur irgendwie behauptet und so lieblos in die Ecke geworfen dass wir sofort wieder zur naechsten Schilderung einer Massenschlaechterei uebergehen koennen.

    Das was das Buch interessant machen koennte - das Konzept der Magie das im Teil 1 angerissen wird, die Beziehungen der Personen zueinander, die Psychologie der Figuren, die gesellschaftlichen Umwaelzungen - will die Autorin nicht so recht. Das was sie will - Krieg, Taktik, Politik - kann sie dann aber nicht so recht.

    The Poppy War von Rebecca Kuang

    Eine Leseempfehlung meiner Tochter... chinesisch inspirierte Fantasy. Die Kriegsweise Rin nimmt an den landesweiten Pruefungen teil um einer arrangierten Ehe zu entgehen - und schafft es an die Kriegsakademie von Sinegard. Dort stellt sie fest dass die Soehne und Toecher der Warlords und andere maechtigen des Reiches wenig Lust haben ihr Prestige mit einem Maedchen vom Lande zu teilen - nur der exzentrische Meister Jiang scheint etwas in ihr zu sehen - und in einem Zeitalter wo Martial Arts eher zur Wissenschaft werden, redet er von Goettern und Schamanen...

    Im ersten Teil - Rin an der Akademie - haette ich gesagt - toll geschrieben. Man kennt irgendwie die Konstellation und die Personentypen - die anderen Schueler aus reichen Familien, Rin die sich beweisen muss, Rivalitaeten, Meister Jun der sehr auf die Abstammung schaut, Meister Jiang den keiner ernst nimmt, aber bei dem man ahnt dass er mehr drauf hat als die anderen annehmen,... das ist alles nicht so neu, aber wirklich gut geschrieben.

    Auch Rin's Pfad zum Schamanismus gefaellt mir ganz gut, die Zweifel an der Realitaet wie sie sie kennt, das allmaehliche Realisieren dass da mehr sein koennte,...

    Und dann kommt Teil 2 des Buchs. Obwohl sie vorher 25 Tage (!) am Stueck meditiert hat, ist Rin auf einmal wieder eine recht gewoehnliche Jungendliche. Die ganzen Veraenderungen ihrer Weltsicht aus Teil 1 sind... weg. Sie landet in einer Ninja-Artigen Spezialeinheit, den Cike, wo viele der anderen auch besondere Kraefte haben - und wir treffen einen Haufen weird kids auf Drogen die den ganzen Kram mit den Goettern nicht so ernst nehmen, aber trotzdem jeder halt eine spezielle Kraft hat die er anwenden kann. Und das entwertet den ganzen ersten Teil halt schon - es ging der Autorin offenbar nicht darum, konsistent eine Persoenlichkeit zu entwickeln die Beruehrung mit Mystik hat, sondern es war einfach nur Show um dann spaeter Action mit Superkraeften machen zu koennen...

    Schade...

    So muss epische Fantasy sein, meine Güte, wenn ich so schreiben könnte!

    Hey, das will ich dieses Jahr auch mal wieder lesen :)

    ***

    Ich gehe grade durch die Terry Pratchett Kollektion durch (alle? nein, nicht alle, aber vermutlich die meisten...)

    So im direkten Vergleich finde ich die Romane doch sehr unterschiedlich. Manchmal holt er mich ab - und manchmal so gar nicht.

    'The Color of Magic' und 'The Light Fantastic' ueberzeugen durch den schraegen Weltenbau - da wird viel von der Natur der Scheibenwelt verwendet, Rincewind faellt einmal ueber den Rand und auch Great A'Tuin die Schildkroete auf der die Scheibenwelt steht tritt als Akteur auf. Grosse Identifikation mit den Protagonisten bleibt dafuer aus - die meisten sind irgendwie als Parodien auf das eine oder andere Klischee entwickelt.

    In anderen Romanen ist diese Natur der Scheibenwelt dann wieder praktisch egal - die koennten irgendwo spielen. Viele von den Buechern ueber die Stadtwache von Ankh-Morpork etwa ueberzeugen durch die Protagonisten und ihr Zusammenspiel - grade die Geschichten um die Zwerge in 'The fifth Elephant' und 'Thud' finde ich sowohl vom Weltenbau als auch von den Thematiken (Rassissmus, Ausgrenzung, historische Lasten) sehr spannend und man kan meiner Meinung nach gut mit Sam Vimes mitfiebern.

    Auch einige der Hexen-Romane holen mich richtig ab - Granny Weatherwax verhandelt alte Weisheitsprobleme, Magrat Garlick und Agnes Nitt sind auf Identitaetssuche, und grade 'Lords and Ladies' und 'Carpe Jugulum' finde ich sehr stimmungsvoll und auch spannend - die bringen den Hexenzirkel jeweils an ihre Grenzen.

    Wieder andere Geschichten lassen mich kalt - ausser ein paar lau aufgekochten Klischees finde ich wenig an 'Pyramids', 'Sourcery' oder 'Witches Abroad' - irgendwie fehlt da das eindringliche und - *gasp* - ernsthafte das etwa 'Thud' oder 'Carpe Jugulum' auszeichnet - was es dann moeglich macht gut in die Geschichte reinzukommen.

    Generell faellt auch auf wenn man sehr viel hintereinander liest dass Terry Pratchett schon seine Standard-Techniken beim Schreiben hat - immer wieder so ein Zoom-Out 'was an einem ganz anderen Ort passiert ist aber spaeter relevant werden wird'. Oder das 'X ist nicht das Gegenteil von Y sondern nur die Abwesenheit davon - Z ist eigentlich das Gegenteil' (zum Beispiel ist 'sober' nicht das Gegenteil von 'drunk' - sondern 'knurd' - gleiches Thema kommt vier oder fuenfmal in anderer Verkleidung wieder).

    Insgesamt frage ich mich. ob Pratchett am Ende nicht ein bisschen ungluecklich mit seiner eher durchgeknallten Schoepfung war - und dann einfach ernsthafte Geschichten geschrieben hat die noch - vermutlich weil das erwartet wurde - einen gewissen Hang zum humoristischen behalten. Grade 'The Wee Free Men' und die ganze Tiffany Aching Serie finde ich eher in einem leicht fiktionalen England angesiedelt als auf einer ueberdrehten Scheibe die auf einer Schildkroete fliegt.

    Aber egal - im Prinzip kann er beides wirklich gut, Parodie und ernsthafte Geschichte. Nicht jedesmal, aber doch oefter als die meisten von uns gelingt ihm eine richtig gute Geschichte.

    Die Goldene Naginata von Jessica Amanda Salmonson

    Eine japanisch-inspirierte Fantasy Geschichte die ich vor Jahrzehnten mal aus einer Ramschkiste gekauft habe. Es geht um das Inselreich Naipon das eine sagenhafte Variante unseres Japan ist in der Oni, Kirin, die buddhistische Hoelle und all das Wirklichkeit sind. Tomoe Gozen, eine Samurai, bewegt sich in dieser Welt. Nachdem sie und ihr Gatte Kiso Yoshinake verfluchte Schwerter tragen und er sich (aus Prestigegruenden) weigert seines abzulegen nachdem es immerhin vom kaiserlichen Waffenschmied angefertigt wurde, beschliesst Tomoe den Abstieg in die Unterwelt zu wagen um den Waffenschmied dort selbst zu bitten, ihren Mann frei zu geben. Fuer diese gefaehrliche Reise braucht sie aber eine legendaere Waffe - die goldene Naginata.

    Auf eine Weise ueberraschend gut - lebendig geschilderte Panoramen von einsamen Tempeln, unheimlichen Friedhoefen und auch einer interessanten Unterwelt, kombiniert mit interessanten Ideen.

    Irgendwie... schafft es das Buch aber trotzdem nicht, mich zu faszinieren, denn Tomoe ist kein besonders glaubhafter Protagonist - sie ist mehr ein Abziehbild feministischer und japanischer Klischees. Wir sehen staendig dass sie alles tun kann was sie will - ihr Mann versucht in keiner Weise sie zu unterdruecken oder zu beherrschen, sie geht wohin sie will und tut was sie will - und beschwert sich dabei die ganze Zeit ueber ihr hartes Los als Frau in der Gesellschaft. Was sie fuer Charaktereigenschaften hat bleibt eher unsichtbar hinter den Schichten aus giri und bushido- offenbar hat sie kein Problem damit einem Freund den Kopf abzuschlagen wenn ihr Gatte das grade von ihr braucht - was sind kleine Koepfungen unter guten Kumpels? Und er hat ja auch Verstaendnis dafuer, wenn Yoshinake nunmal eine Verschwoerung plant und jeden Anschein davon vermeiden muss...

    Das ist schon satt Samurai-Klischee was da rumkommt - ich kenne aus 'Musashi' von Yoshikawa ein doch eher anderes Bild des Samurai-Daseins.

    Eine total verunglueckte Schluesselszene bringt es auf den Punkt - in der Hoelle betrachtet Tomoe an einer Stelle Geister die dort ewig um Gold oder Reichtuemer kaempfen - und geraet fast in Gefahr sich denen anzuschliessen. Motiviert ist das erzaehltechnisch null - wir sehen Tomoe nie vorher oder nachher an Reichtum interessiert und ihr Verhalten in dieser Szene ist einfach nur ad hoc behauptet.

    Schade - mit etwas Gespuer dafuer wie man einen glaubhaften Charakter schreibt waere das ein richtig gutes Buch geworden.

    Crooked Kingdom von Leigh Bardugo

    Der Nachfolgeband zu 'Six of Crows'. In der Kurzfassung - hat alle Schwaechen des Vorgaengers, aber keine der Staerken.

    Generell ist das Problem - in Band I wurde der ultimative, unmoegliche Heist geschafft, und die sechs Diebe sind wieder zu Hause in Ketterdam. Was soll jetzt dramaturgisch kommen, was toppt den ultimativen Heist?

    Nun ja, recht erwartbar werden sie um die Belohnung betrogen und ein ganzes Buch geht es darum, dass sie sich raechen und das Geld zurueckholen wollen - mit Zinsen. Der Plan ist so weit so gut - durch die Zerstoerung von gelagertem Zucker wollen sie den Markt manipulieren und so mit eigenem Investment das Geld machen waehrend ihr ehemaliger Auftraggeber als Besitzer der Silos als Betrueger dastehen soll indem sie auch in seinem Namen anlegen.

    Nun ist die Herausforderung in eine Hochsicherheitsfestung einzudringen irgendwie... groesser als in ein Industriegebiet wo Speichersilos stehen, und auch die Notwendigkeit eines Einbruchs in das Haus des Kaufmanns sieht da nicht so unmoeglich aus. Bardugo 'loest' das Problem - leider - durch komplett unmotivierte Entwicklungen - einmal taucht eine Super-Attentaeterin auf die Jagd auf Inej macht, dann verbuendet sich der Rat der Kaufleute mit der Unterwelt um die ganze Bande zu jagen und der Drang Kaz zu fangen geht so weit dass sie die ganze Stadt - einen grossen Handelshafen - komplett abriegeln. Also - die Kaufleute fahren Millionenverluste ein weil ihre Schiffe nicht auslaufen koennen, die Stadtwache macht mit kriminellen Gangs gemeinsame Sache - man sollte meinen das alles dient mindestens dazu einen riesigen Terroranschlag zu vereiteln, aber nee...

    Die Konsequenz dieses eher fragwuerdigen Plots ist dann, dass das Pacing (was in Band 1 richtig gut war) komplett vor die Hunde geht - denn der Plan laesst sich ja unspektakulaer an, der Leser wartet dass Spannung entsteht, aber bis zur Haelfte des Buchs passiert das einfach nicht weil die Probleme ja so gewoehnlich erscheinen, und dann gehen unvermittelt alle Dinge auf einmal schief. Dazu kommt dass Bardugo die Luecken immer wieder mit Rueckblenden zur Geschichte fuellt - aber die bringen eigentlich nichts neues mehr, wer aufmerksam liest konnte sich aus Band I schon erschliessen was in den Luecken passiert ist, insofern kommt auch da keine Spannung auf wenn man die Bestaetigung fuer Zeug was man eigentlich schon weiss liest.

    Konsequent setzt die Autorin dann auf die Interaktionen zwischen den Charakteren - aber auch da... der aufmerksame Leser ahnte schon wer sich wie finden wird, und oftmals sind die Charaktere einfach auch nicht subtil genug angelegt, in dem Mass wie Aufmerksamkeit drauf gelenkt wird, steht das halt auch im Raum.

    Es ist mir ein bisschen ein Raetsel wieso das Buch so geworden ist - hatte die Autorin keine Lust mehr? Hatte sich die Geschichte verbraucht?

    Ueberzeugt mich jedenfalls leider so gar nicht:(


    ***

    Ich lese momentan erneut "Name des Windes" von Patrick Rothfuss.

    Wenn Du irgendwie kannst wuerde ich das auf Englisch lesen - da sind einige Hinweise/Wortspiele drin von denen ich nicht annaehernd wuesste wie man sie sinnvoll uebersetzen sollte.

    'und ein schüchterner Liebhaber.' - haben die das Buch gelesen???

    Six of Crows von Leigh Bardugo

    Auch eine Literaturempfehlung meiner Tochter. Das Buch wird beworben mit 'Ocean's Eleven in einer Game-of_Thrones-esque world' - okay, zumindest das Ocean's Eleven wuerde ich unterschreiben.

    Es geht darum dass eine Verbrecherbande aus den Slums von Ketterdam den Auftrag an Land zieht, DEN Heist zu machen - einen wichtigen Gefangenen aus dem Hochsicherheitstrakt des 'Ice Court' in Fjerda zu bringen - einer Ringfoermigen Festung die neben Gefangenen auch das Hauptquartier der Hexenjaeger des Landes, die Botschaften und ganz in der Mitte aller Ringe den Herrschersitz und die heilige Esche beherbergt.

    Wir lernen die sechs Diebe kennen die dieses Unternehmen wagen - Kaz dem man jede dreckige Tat zutraut, Inej die 'Wraith' genannt wird weil sie ungesehen ueberall hinkommt, Jesper den Scharfschuetzen, Nina, eine Grisha (Hexe) die die Koerper von Menschen aus der Ferne beeinflussen kann, Mathias, einen Hexenjaeger der eine turbulente Vorgeschichte von Hassliebe mit Nina hat und Wylan - der als Sprengstoffexperte dabei ist - oder als Geisel, denn er ist der Sohn des Auftraggebers. Und natuerlich ist die Zusammenarbeit dieser Truppe nicht immer harmonisch...

    Es liest sich durchaus spannend und unterhaltsam, die Handlung wechselt zwischnen dem Heist und Rueckblenden die uns die Vorgeschichte der verschiedenen Protagonisten zeigen und so erklaeren warum eine Situation fuer sie ein Dilemma oder problematisch ist und die Geschichte hat einen guten Vorwaertsdrang.

    Allein - es ist ein bisschen wie Fast Food - geht gut runter so lange man dabei ist, man darf nur nicht anfangen nachzudenken.

    Zum Beispiel die Spannung - sie entsteht im Wesentlichen durch Tricks beim Schreiben. Der Leser kennt den Plan nie - was im Wesentlichen durch taktischen Perspektivenwechsel erzeilt wird, die Perspektive wechselt immer zu einer Person die grade ahnungslos ist (obwohl Kaz den Plan ja eigentlich komplett kennen sollte - und obwohl es daemlich ist die Mitstreiter da nicht einzuweihen). Eine Szene wo ich mich wirklich drauf gefreut hatte - die Truppe ist im Ice Court eingedrungen und hat es geschafft im Zellentrakt frei zu sein - eigentlich gefundenes Fressen fuer intensive Stimmung, Geraeusche, Angst vor Wachen die einen erwischen, die Aufregung hier durchzuschleichen - diese Stelle ist komplett kunstlos erzaehlt, von den Gefuehlen der Protagonisten kommt nix rueber.

    Zum Beispiel Charakterentwuerfe - wir erfahren etwa dass Kaz getrieben von Rachedurst ist - er will den Verbrecherboss Pekka Rollins niedermachen weil der ihn damals als er mit seinem Bruder nach Ketterdam gekommen ist um all sein Geld betrogen hat und sein Bruder dann gestorben ist. Nur - der Betrug war ein Con-Game bei dem keiner zu Schaden gekommen ist, der Bruder ist ein paar Tage spaeter an einer Krankheit gestorben - und wir sehen Kaz in der Geschichte mehrfach deutlich schlimmere Dinge tun als Kindern ohne Gewalt Geld aus der Tasche zu ziehen. Es wirkt irgendwie komisch dass jemand der ohne zu zoegern Leute umbringt, ihnen die Augen rausreisst, sie foltert etc. jahrelang nach Rache schreit weil man ihn mal um Geld betrogen hat...

    Zum Beispiel Entwicklung - die ganze Bande sind Kinder, der aelteste (Mathias) ist 18. Woher koennen die was sie koennen? Wir sehen Inej die mal eben mit dem Dolch ein Sumpfmonster erledigt und die auf Mathias der versucht sie zu Boden zu reissen laessig ausweicht mit 'Du bist ein Toelpel' reagiert - woher kann sie das? Angeblich ist sie mit 14 in die Stadt gekommen nachdem sie als Artistin ausgebildet ist und da erst mal im Bordell gewesen. Mehr als zwei Jahre kann sie nicht kaempfen gelernt haben - und Mathias ist ein seit der Kindheit ausgebildeter Krieger der das letzte Jahr vor der Szene in blutigen Arenakaempfen auf Leben und Tod war - wie soll sie jemals besser sein als so jemand?

    Zum Beispiel das Setting - der Ice Court wird als undurchdringliche Hochsicherheitsfestung wo ueberall Checkpoints und Wachen sind beschrieben - und die einzige Moeglichkeit fuer die Truppe aufs Dach zu kommen ist eine 6 Stockwerk Klettertour durch einen noch heissen Kamin. Wie repariert man da eigentlich Daecher wenn es keine Luken fuer die Wartungscrew gibt? Wie kommt das Essen fuer so viele Wachen rein? Feuerholz? Dienerschaft fuer die Parties am Koenigshof und bei den Botschaftern? In der Welt gibt es Grisha die das Aussehen von Mesnchen veraendern koennen (Nina kann das) - bei solchen Menschenmengen die da taeglich ein- und ausgehen muessen kann die Sache nicht so wahnsinnig sicher sein - das ist eben nicht wie bei Ocean's 11 wo nur eine Handvoll Leute ueberhaupt in den Safe duerfen. Und bizarrerweise - man testet zwar gelegentlich ob jemand Grisha ist der rein will - aber ein bisschen Paraffin auf dem Arm (ein Trick den in Ketterdam Kartenspieler kennen...) reicht schon um durch den Test zu kommen, man kann also spielend eine ganze Menge Magie da reinschmuggeln...

    Im direkten Vergleich mit 'The Lies of Locke Lamora' wo das Thema aehnlich ist - spektakulaere Heists und komplizierte Vorgeschichte der Truppe - gefaellt mir letzteres deutlich besser. Locke Lamora hat eine reich glitzernde Welt, und ist... irgendwie kunstvoller geschrieben so dass ich zwar die Tricks mit der kuenstlich verknappten Info und den Cliffhaengers erkenne, aber mich wie bei einer Zaubershow unterhalten fuehle. Leigh Bardugo versucht das gleiche zu machen, aber sie ist einfach ein paar Klassen schlechter so dass es fuer mich einfach nicht so funktioniert.

    Sensenbach das Video ist leider nicht mehr verfügbar :huh:

    Doch, ist es.

    Playback on other websites has been disabled by the video owner - Watch on YouTube bedeutet

    Abspielen auf anderen Webseiten (hier dem Forum) ist vom Rechteinhaber des Videos de-aktiviert - Auf YouTube anschauen

    Wenn man auf den Link klickt, dann kann man es auf YouTube anschauen...

    Der Ralph-Bakshi-Film war ein kommerzieller Erfolg, der fast 30,5 Mio. Dollar einspielte.

    ... was vermutlich der Grund war, dass der Film, obwohl er eigentlich nur bis Helms Klamm geht, nie eine Fortsetzung hatte weil die Studios nach diesem 'Erfolg' freiwillig darauf verzichtet haben.

    Come on - wenn es bei einem Film der offensichtlich eine Fortsetzung hat keine gibt, dann ist der Produzent unzufrieden mit dem Gewinn. Sonst klatscht man sogar an Filme bei denen es eher keinen Sinn macht ('Der weisse Hai') Fortsetzungen ran so lange es geht.

    Die dunkle Hand der Magie von Barbara Hambly

    Es ist schon eine gewisse Leistung ein drittes Werk in einer Reihe zu schreiben das schon wieder ganz anders von Stil und Thematik ist als die ersten beiden.

    Hier geht's nun darum dass Sonnenwolfs alte Soeldnertruppe ihn zurueck will - sie haben naemlich den Eindruck dass ein Zauberer einen Fluch auf die Truppe gelegt hat, und die Belagerung einer Stadt geht deshalb alles andere als gut. Sonnenwolf sucht eigentlich einen Magier als Lehrmeister, nicht als Gegner - aber es sind seine Freunde die da um Hilfe bitten...

    Vom Plot her fand ich das Buch nicht ganz so ueberzeugend wie den Vorgaenger, aber es liest sich gut und hat einige sehr schoene und stimmungsvolle Beschreibungen wie sich Magie anfuehlt wenn man sie einsetzt - war fuer mich damals beim ersten Lesen etwas was mich lange beschaeftigt hat und auch meine Art darueber zu schreiben sehr beeinflusst hat.

    ***

    Direkt auffallend sind die teils großen Unterschiede zwischen dem Buch und der Verfilmung, aber es wird einem schnell klar, weshalb die Bücher so lange als unverfilmbar galten.

    Galten sie ueberhaupt nicht - Tolkien hat z.B. schon zu Lebzeiten mit einem gewissen Herrn Zimmerman Briefe ausgetauscht in denen er dessen Entwurf eines Drehbuchs kritisiert (lustigerweise kann man das fast 1:1 auf die Jackson-Filme muenzen, die Kritikpunkte sind die gleichen, waehrend JRRT z.B. die Angst und das Gefuehl von Sinnlosigkeit des Widerstandes bei der Verteidigung von Minas Tirith wichtig sind macht Zimmernan eine spektakulaere Schlacht draus, waehrend Tolkien das Schicksal der Hobbits auf ihrem Treck durch Mordor wichtig sind kuerzt Zimmerman diesen Teil ab,...) Es gibt von LoTR auch - mindestens - einen aelteren Zeichentrickfilm - der sich als kommerzieller Flop rausstellte.

    Die Hexen von Wenshar von Barbara Hambly

    Eine Fortsetzung von 'Die Frauen von Mandrigin' - mit anderen Mitteln. Waehrend es im ersten Band irgendwie um das feministische Thema ging wie Frauen ihre traditionelle Rolle ablegen und Kriegerinnen werden koennen kommt hier was total anderes.

    Sonnenwolf hat gelernt dass er mit Magie begabt ist - aber dank Altiokis der seit Generationen alle Magier getoetet hat, hat er keinen Lehrmeister. Erst am Rand der Wueste, im Koenigreich Wenshar, findet er mit der Hexe Kaletha jemanden der ihn unterrichten koennte. Aber der Clash der beiden Persoenlichkeiten die sich schon auf den ersten Blick nicht leiden koennen ist noch sein geringstes Problem, denn irgendjemand laesst die alte daemonische Magie der Hexen von Wenshar, deren Stadt vor zwei Generationen zerstoert wurde, wieder aufleben - und Nacht fuer Nacht kommt jemand auf raetselhafte Weise zu Tode.

    Das Buch hat einen soliden Plot, aber vor allem lebt es von Stimmung - ganz oft die verlassenen Quartiere hinter der Festung Tandieras, dann auch die (an das reale Petra) erinnernde Felsenstadt Wenshar draussen in der Wueste mit den Daemonen die dort im Felsen hausen,... Geraeusche und Gerueche der naechtlichen Wueste, halb gefuehlte Spannungen - und dann die Todesfaelle - das ist schon alles sehr gekonnt geschrieben und macht beim nach langer Zeit mal wieder Lesen richtig Spass.

    Auch die Aufloesung der merkwuerdigen Faelle bringt einen ueberraschenden und sehr gelungenen Twist mit rein.

    Die Frauen von Mandrigin von Barbara Hambly

    Der Zaubererkoenig Altiokis dehnt seine Macht aus und hat die Stadt Mandrigin ueberfallen und besetzt. Die meisten Maenner der Stadt sind tot oder schuften in den Minen - die Frauen unter Fuehrung von Sheera Galernas haben den Plan, Soeldner anzuwerben um ihre Maenner zu befreien, aber kein vernuenftiger Soeldner will es mit Altiokis aufnehmen. Also machen sie dem Kommandeur Sonnenwolf ein Angebot das er nicht ablehnen kann - sie vergiften ihn und der Preis fuer das Gegengift ist, dass er eine Streitmacht von Frauen ausbildet die selbst die Befreiung durchfuehren koennen. Waehrenddessen sucht Sonnenwolfs Stellvertreterin Sternenfalke nach dem entfuehrten Kommandeur und kommt einem Geheimnis von Altiokis auf die Spur...

    Ein recht alter Roman ueber Identitaeten der die Themenkomplexe plausibel, aber ohne grosse Ueberraschungen abarbeitet. Es werden Fragen verhandelt wie - kann man gleichzeitig Frau und Krieger sein? Kann man gleichzeitig Frau und Soeldner sein? Welche Opfer muss man bringen um seinen Traum zu erfuellen?

    Hambly macht es sich nicht einfach oder platt - Kriegerinnen koennen sie werden, die Frauen von Mandrigin - aber in ihr vorheriges Leben koennen sie nicht zurueck. In der Geschichte stellen die Frauen genauso die Fieslinge, Feiglinge und Verraeter wie die Mutigen undtreuen Gefaehrten.

    Hat mir damals gefallen (als ich 17 war oder so) - gefaellt mir immer noch, die Story ist ueberzeugend, die Beschreibungen lebendig und ich kann ganz gut mit den Charakteren (am Besten finde ich irgendwie das Friseurinnenduo der Gueldenen Shorad und Wilarne V'Baum, zwei zierliche Frauen die am Ende die Hellebarde schwingen lernen und ihre Gatten schockieren indem sie vor ihren Augen Gefaengniswaechter niedermachen...)

    Ich wäre ohne Zögern bereit, Lobeshymnen auf die First Law Trilogie von Joe Abercrombie zu singen

    Nicht zuletzt aufgrund unserer Diskussion habe ich das mal wieder aus dem Regal genommen und bin jetzt fast am Ende angekommen.

    Es geht um die Irrungen und Wirrungen im Leben verschiedener Protagonisten waehrend zweier Kriege die die Union bedrohen - im Norden hat Bethod, Koenig der Nordmaenner, seine Barbaren gesammelt um in der noerdlichen Provinz Angland einzufallen, und im Sueden setzt der Herrscher des Imperiums vom Gurkhul seine Legionen in Bewegung um die Niederlage seines Vaters auszumerzen. Aber in Wahrheit zieht jemand ganz anderes die Faeden hinter diesen Konflikten.

    Logen Ninefingers und der Dogman sind zwei der Barbaren die schon am Anfang voneinander getrennt werden - Logen ist ein Berserker der im Kampf in Raserei verfallen kann - wenn er grade nicht in diesem Zustand ist allerdings ein eher nachdenklicher Mensch der aus dem Kreislauf von Blutrache und mehr Blutrache aussteigen will - wenn er denn kann. Der Dogman ist sein Freund, ein eher vorsichtiger Typ der dann aber auch Anfuehrer werden muss.

    Collem West und Jezal dan Luthar sind Offiziere in der Armee der Union die am liebsten Trinken und Karten spielen- das Schicksal hat aber anderes fuer sie vor, West muss eine wichtige Rolle in den Kriegen einnehmen, Luthar eine lange Reise zum Ende der Welt antreten.

    Ferro Maljinn liegt mit der ganzen Welt ueber Kreuz und versucht das Reich von Gurkhul auszuloeschen - einen Soldaten nach dem anderen. Aber Bayaz, der erste Magier, der am Ende der Welt etwas sucht braucht ihre Hilfe.

    Und ehemaliges Folteropfer und jetzt Inquisitor Sand dan Glokta arbeitet sich durch Folter und Drohungen ein Gestaendnis nach dem anderen zu der Verschwoerung vor die hinter den ganzen Geschehnissen steht - nur dass die ueber ihm nicht jede Frage weiterverfolgt sehen wollen...

    Vom Plot her erste Sahne, die verschiedenen Erzaehlstimmen sind deutlich unterschiedlich, es ist interessant die Kontraste wahrzunehmen und die unterschiedlichen Einschaetzungen der gleichen Situation durch einen anderen Erzaehler. Die Psychologie der Figuren ist gut getroffen und die Geschichte hat Tempo und ueberraschende Wendungen - wenig ist so, wie es auf den ersten Blick scheint.

    Generell alles sehr zynisch gehalten, grade die Abschnitte von Glokta sind schon eher bitter.

    Und doch...

    Was Abercrombie gar nicht schafft, ist Bilder in meinen Kopf zu bringen. Eine Fantasy-Welt die ich betreten moechte, die mir real vorkommt, wo ich Geraeusche und Gerueche wahrnehme - Fehlanzeige. Beschreibungen kommen vor, sind aber eher knapp und vor allem oft spaet im Text - wir lesen schon einiges an Text ueber Kaempfe mit Shanka bevor wir etwa erfahren wie die eigentlich aussehen.

    Generell habe ich das Gefuehl, es gibt kaum Abwege - was nicht direkt der Hauptstory dient wird nicht erzaehlt. Irgendwie das Gefuehl einen Ausschnitt aus einer groesseren Welt zu lesen - gar nicht.

    Der Weltenbau ist eher einfach gehalten und... nun ja, nicht unbedingt konsistent (die Union scheint eine Feudalgesellschaft mit Adel zu sein, auf der anderen Seite hat sie eine Armee die organisiert ist wie bei Friedrich dem Grossen). Von Gurkhul sehen wir sehr wenig, im Norden bei den Barbaren wird anscheinend hauptsaechlich gekaemft (wie die Heere versorgt werden erfahren wir eher nicht).

    Magie wirkt eher wie ein Nachgedanke - wir hoeren Bayaz sagen dass das Studium und Verstaendnis der Welt sehr wichtig ist - was wir dann von ihm sehen ist dass er ein paar Mal Leute explodieren laesst, ganz ohne Worte, Zauberformeln oder so - auf der anderen Seite werden dann hier und da 'wards' und Rituale erwaehnt... Generell von der Stimmung her eine Nullnummer. Auch Logen kann mit Geistern reden - wir sehen ihn das dreimal tun, einmal um es fuer den Leser zu etablieren und zweimal weil es fuer die Story relevant ist - ansonsten macht er es einfach nicht, es hat keinen groesseren Einfluss auf ihn. Sowas finde ich schade - es ist alles eigentlich nur Mittel zum Zweck, nur Plotdevice.

    Irgendwelche Ideen die mich nach dem Text noch beschaeftigen? Fehlanzeige - es ist unterhaltsam waehrend des Lesens, aber dass ich so wie bei Gene Wolfe noch Stunden drueber nachgrueble was eine Szene zu bedeuten hat, mich in den Text reinknien will und die verschiedenen Lesarten einer Szene vor mir ausbreiten will - nee.

    Und irgendwann wirkt auch der Zynismus ein bisschen wie eine Masche. Alle Ratsmitglieder die die Union steuern da der Koenig schon senil ist sind korrupt. Alle adeligen Offiziere haben ihren Rang nur gekauft und sind unfaehig. Jedesmal wenn Glokta irgend eine Spur von Mitleid erkennen laesst erweist es sich als Fehler. Hat man das Prinzip mal verstanden, dann folgt die Geschichte ihm schon ganz gut.

    Also - ich habe vor langer Zeit mal meine 3 (1/2) Kriterien fuer ein gutes Buch ausgebreitet - 1) spannende Plot und interessante Figuren, 2) starke Stimmung, eine Welt die sich fuer mich im Kopf real aufbaut 3) Weltenbau den ich interessant und herausfordernd finde und 4) Ideen die mich packen und beschaeftigen - es ist insofern ein ungewoehnliches Buch weil es 1) wirklich sehr gut macht und ich Bestnote gebe, aber bei allen anderen Kriterien wirklich sehr schlecht abschneidet.

    Wer primaer auf Plot schaut und lange Beschreibungen, raetselhafte Szenen und komplizierten Weltenbau nicht so mag ist damit aber schon gut bedient.

    Was ich gleich schreibe, grenzt also fast an Gotteslästerung, da ich den Roman nicht uneingeschränkt feiere.

    Du hast's aber auch mit Frontalangriffen auf die (wenigen) Fantasy-Buecher die ich richtig gut finde :)

    Ich gehe damit mit dass Lynch eine Vorliebe fuer Showmanship hat - Cliffhanger sind fast die Regel, Reuckblenden setzen immer da ein wo's grade spannend wird... das wirkt ein wenig bemueht...

    Aber... mein Eindruck z.B. der Rueckblenden war, dass sie eine zweite Geschichte erzaehlen, weniger dass sie die Gegenwart so erhellen sollen.

    Und... Locke Lamora zu schreiben klappt meines Erachtens oft obwohl der Typ (auch wieder) so clever ist dass man sich dran schneiden kann - fuer jeden Plottwist den Du erzaehlst wo das vielleicht fragwuerdig ist, fallen mir zwei ein wo es durchaus plausibel ist und gut funktioniert.

    Das Markenzeichen der Reihe ist schon ein bisschen das Ueberdrehte - Locke kommt in unmoegliche Situationen wo man sich als Leser wirklich keinen Ausweg denken kann - und kommt dann doch auf etwas. Klar, das ist auch mal uebertrieben und bemueht - aber oft auch sehr intelligent konstruiert.

    Ich hab' den Eindruck Dein Fokus ist schon primaer drauf wo das nicht so funktioniert - aber: Wer sonst kann so einen Plot schreiben und es auch nur halb so oft sinnvoll aufloesen? Lynch geht halt mit Praemissen und Plot stark ins Risiko und traut sich was - mir ist das irgendwie lieber als eine weniger gewagte Geschichte die keine Fehler macht.

    Claw of the Conciliator von Gene Wolfe

    Band 2 der Tetralogie - Severian erlebt zum ersten Mal in seinem Leben wie die Dinge ausserhalb der Metropole Nessus liegen - die Geschichte beginnt in einem Dorf weit ausserhalb der Mauern in dem Severian zwei Verbrecher hinreichten soll, was fuer ein spontanes Festival reicht.

    Interessant ist, dass die Gruppe der Reisenden in einem Tumult am Tor offenbar getrennt wurde, aber wie und warum wird nicht erzaehlt, auch spaeter gibt es nur spaerliche Hinweise. Jedenfalls ist Severian jetzt mit Jonas unterwegs der eine metallene Handprothese hat (jedenfalls glaubt man das) - und jemand ist hinter den beiden her und will ihnen ans Leben.

    Nach einigen Irrungen und Wirrungen kommen die beiden schliesslich zum Haus Absolut, dem Sitz des Autarchen, wo sie erst mal in einem Kerker einsitzen wo einige schon Gefangene in der 7. Generation sind (ihre Eltern aber auch schon...).

    Es geht viel um Geschichten in der Geschichte, und selbst als Severian und Jonas befreit werden und wieder die Schauspieltruppe um Dr. Talos und Baldanders treffen wird ein seltsames Stueck aufgefuehrt dessen Drehbuch fuer ein langes Kapitel zu lesen ist und auf das sich der Leser auch einen Reim machen darf.

    Grade die Geschichten in der Geschichte sind recht harte Nuesse zu verstehen - was soll ihre Rolle denn sein? Mindestens genauso seltsam sind die ganzen 'Zufaelle' die sich hier durchziehen.

    Was ich ueber Teil 1 geschrieben habe gilt genauso fuer Teil 2 - wenn man sorgfaeltig liest und ab und an vor- und zurueckliest, dann bekommt man die eine oder andere Unterstroemung mit.

    Generell wird immer klarer dass Severian sich irgendwie in einem Machtkampf zwischen zwei Parteien befindet - die ausserirdischen Meermonster Erebus und Abaia auf der einen Seite, und dem Autarchen und den Cacogens auf der anderen Seite - ohne dass Severian eine echte Chance haette die Sache zu verstehen.

    Von der Stimmung vielleicht nicht ganz so intensiv wie Band 1, aber von Ideen und Details immer noch sehr, sehr reichhaltig.

    Ich stelle grade fest, dass ich inzwischen schon sehr gerne auch komplexere Buecher lese...

    Nach deiner Einschätzung hier wäre es viel sinnvoll für mich, den ersten Durchlauf auf Deutsch zu wagen.

    Ich kann ehrlich nicht mehr sagen wie gut die deutsche Uebersetzung eigentlich ist - bei einem Buch dieser Art waere ich zumindest misstrauisch ob der Uebersetzer wirklich die relevanten Details erwischt hat oder nicht... ich hab' keine Ahnung wie gern Du auf englisch liest, aber wenn Du das im Prinzip machst, wuerde ich eher so versuchen als die Uebersetzung.