Beiträge von Sabrina im Thema „Return to the Roots - Rückkehr zu den Wurzeln“

    So meine Lieben! Ein Projekt ist beendet und ein neues beginnt! :rolleyes:
    Ich bedanke mich hiermit bei allen die diese Geschichte verfolgt, mit Robin und seinen Männern gelacht und gelitten haben.. :love:
    Ich hoffe diese Geschichte hat euch Freude bereitet. :D
    Mit dieser Geschichte, von der es auch keine Fortsetzung mehr geben wird, schließ ich das Kapitel Return of the Roots. :beer:
    Hiermit bedanke ich mich auch im besonderen bei den Leuten, die sich die Zeit genommen haben trotz eigener Projekte zu Kommentieren und Verbesserungsvorschläge zu machen. Ohne Euch wäre diese Geschichte nicht so geworden, wie sie jetzt ist. Danke :hail:

    Sabrina

    Nach der Hitze die ihn bei lebendigem Leibe verbrannte kam das Nichts. All umfassende Schwärze, Dunkelheit, die ihn einhüllte, ihn mit Angst erfüllte. Angst davor, dass sie ihn für immer gefangen nahm, ohne Hoffnung daraus wieder zu erwachen. Das Nichts umhüllte ihn nicht nur, wie wabernder schwarzer Nebel, nein es drang auch in ihn ein, löschte das Feuer und mit ihm wurde es kalt.
    Robert spürte wie seine Glieder langsam vor Kälte erstarrten, wie diese Starre in ihm hoch kroch. Stück um Stück von ihm eroberte, ohne das er sich dagegen wehren konnte. Seine Kraftreserven waren erschöpft, das Kampf gegen das alles verzehrende Feuer hatte ihn ausgedörrt und zu Tode erschöpft. Jetzt holte sich die Kälte den letzten Rest.
    Bisher hatte er sich an den einzigen Gedanken geklammert der ihm noch Kraft gab. Ihr fein geschnittenes Gesicht umrahmt von wilden roten Locken gab ihm Halt. Doch mit der Zeit entglitt ihm dieser Gedanke immer mehr. Das Bild wurde blasser, verlor an Farbe und Struktur, die Formen verschwammen, bis nichts mehr von ihr blieb. Seine Arme und Beine wurden taub, gefühllos, eingehüllt in Nichts und Schwärze…

    Und dann zerriss die Schwärze! Das Licht explodierte in seinem Geist. Riss ihn mit Gewalt an die Oberfläche zurück. Gleisende Helligkeit, seine ganze Welt schien wieder in Flammen zu stehen, nur das diese Flammen nicht weh taten. Sie heilten, fügten zusammen, gaben neue Kraft und dann… waren sie fort. Was zurück blieb war Müdigkeit, die er jetzt empfand. Robert war zu Tode erschöpft. Er hatte keine Kraft mehr dagegen anzukämpfen und er überließ sich der matten Schwärze.

    Wenn Robert zu Bewusstsein kam beschränkte sich seine Wahrnehmung auf die Geräusche von außen, die er hörte. Schweres Atmen, das kratzen von Holz auf Stein, leises Plätschern in der Ferne. Manchmal zischte es, so als würde jemand etwas ins Feuer werfen. Anschließend roch es angenehm nach Kräutern und er schlief wieder ein.
    Andere Male versuchte er sich bemerkbar zu machen, doch er war zu schwach, die Augenlider zu öffnen oder sich zu bewegen. Es war frustrierend, doch er gab die Hoffnung nicht auf. Er musste Geduld haben, sagte ihm seine innere Stimme. Längst hatte sein Verstand erkannt, wo er sich befand und was das an sich bedeutete. Hernes Höhle, man hatte ihn befreit und hierher gebracht. Und was auch immer ihn gerettet hatte, er war dankbar dafür. Er hatte eine zweite Chance erhalten und die würde er auch nutzen.
    Nicht im Sherwood, das hatte er mittlerweile erkannt. Durch seine Erinnerungen an seine Kindheit war es ihm klar geworden. Er konnte nicht länger leugnen, was ihm von Geburt an in die Wiege gelegt war, sein Erbe.
    Die Menschen in Huntington, für sie war Robert verantwortlich. Das hatte sein Vater versucht ihm bei zu bringen. Robert hatte es nun erkannt.
    Jetzt, da sein Halbbruder Guy Huntington für sich beanspruchte, war es im klar geworden. Die Menschen in der Grafschaft brauchten ihn.
    Er würde um sein Erbe kämpfen und wenn das bedeutete Guy of Gisburne, den Sheriff of Nottingham, die Stirn zu bieten, dann würde er es verdammt noch mal auch tun...
    Manche Dinge ändern sich eben nie…

    Langsam kam er wieder zu sich. Robins Wahrnehmung beschränkte sich auf den Untergrund auf dem er lag. Ja, er lag auf etwas weichem, duftendem. Heu, Gras? Bei dem Versuch den Kopf zur Seite zu drehen stöhnte er vor Schmerz auf. Bei dieser kleinen Bewegung hatte er das Gefühl sein Kopf würde in der Mitte gespalten. Keuchend holte er Luft und bereute es im nächsten Moment. Verdammt warum tat ihm alles weh?
    Erinnerungen setzten ein, erst langsam, dann immer schneller. Der Hinterhalt auf dem Weg… Sein Kampf mit den Soldaten… Gisburne, der Marion mit dem Schwert bedrohte... Wieder Gisburne bewusstlos am Boden… John und Will die auf ihn zu kamen… Dieser niedergeschlagene Blick von Tuck… Robert auf dem Altar… Herne, der das Kästchen in den Händen ihm entgegen streckte und dann… Er stöhnte erneut bei der Erinnerung an den Schmerz der danach folgte.
    Jemand berührte sein Gesicht. „Robin nicht! Du darfst dich nicht bewegen. Ich bin ja hier… Es ist alles gut!“ Man hörte Marions Stimme die Gefühle an, die sie gerade durchlebte. Das Verlangen sie mit eigenen Augen zu sehen wurde übermächtig. Er gab ihm nach und bereute es sofort. Als würde man ihm glühende Nadeln in die Augäpfel stechen, so fühlte es sich an. Instinktiv wollte er seine Augen mit den Händen schützen, doch dabei hatte er seine Verletzung an der Schulter vergessen. Ein heißer Schmerz schoss ihm von der Schulter angefangen zum Handgelenk hinunter. Jemand drückte seinen Arm nach unten auf das Lager zurück.

    „Junge, das ist keine gute Idee. Du fügst dir damit nur neue Schmerzen zu. Lass deinem Körper Zeit zu heilen. Der Kampf ist vorbei. Alle sind in Sicherheit.“ Hernes Stimme war in seinem Kopf erklungen. Seine Worte hatten etwas tröstliches, beruhigendes, andererseits… Robert bleiches Gesicht tauchte aus seiner Erinnerung auf.
    „Robert..?“ Sein heißeres Flüstern war kaum zu verstehen. Wieder drückten ihn sanfte Hände zurück auf Lager. Warmer Atem streifte sein Gesicht. „Robert geht es gut. Du hast ihn gerettet, Robin. Er lebt…“ Ihre Bewegtheit war deutlich aus Marions Worten herauszuhören. Eine Pause entstand, dann hörte Robin ein Rascheln neben sich. Jemand war im Begriff aufzustehen und ihn überflutete plötzlich Angst. Angst, dass Marion gehen könnte, er allein zurück bleiben würde, einsam, verlassen…
    „Marion...?“ „Ich bin hier!“ Seine suchende Hand fand Widerstand und verflocht sich mit ihren Fingern. „Robin, ich liebe dich. Mich wirst du nie wieder los.“ Ihre Worte wischten seine letzten Bedenken zur Seite und machten ungläubiger Freude Platz.
    Konnte er hoffen? Hoffen, nach all den Jahren die dazwischen lagen, dass jetzt alles gut werden würde? Ja, ein Teil von Ihm begann zu hoffen und der andere Teil…? Na ja, vielleicht konnte Marion den Rest auch noch überzeugen. Bei der Vorstellung verzogen sich seine Mundwinkel nach oben. Die Zeit würde es erweisen…


    Epilog Ende

    Der Untergrund bebte unter den schweren Hufen der Pferde. Robin duckte sich tiefer wobei er Marion mit in die Deckung zog. Durch das dichte Laubwerk erkannte er die Reiter auf der Kuppe kaum Hundert Yards von ihnen entfernt. „Söldner,“ zischte er leise Marion zu.
    Der vorderste von ihnen trug keinen Helm und Robin sah das dunkle lange Haar des Anführers. Sein Pferd tänzelte nervös, dann riss er die Zügel herum und verschwand mit seinen Begleitern in die entgegengesetzte Richtung. Langsam verklangen die Geräusche in der Ferne.
    Robin atmete einige Male ein und aus ehe er sich sicher war das keine Gefahr mehr drohte, erst dann richtete er sich auf. „Sie sind fort!“ Marions besorgter Blick begegnete ihm. „Wie lange wird es dauern, bis Sie den Karren finden?“ Robin wusste, dass er ihr darauf keine Antwort geben konnte. Niemand konnte das, deswegen nahm er sie in die Arme und beugte er sich zu ihr. Der lange zärtliche Kuss war ein Versprechen an Marion, dass ihr keine Gefahr drohte, wenigstens zum jetzigen Zeitpunkt.
    Nur wiederstrebend beendete Robin den Kuss. Ihre Augen halb geschlossen glitzerten und ihre Lippen glänzten feucht. „Bis Sie ihn finden sind wir schon weit weg von hier.“ „Oder auch nicht!“ Sagte eine vertraute dunkle Stimme. „John?“ Er sah in die Richtung. Ein dunkler bärtiger Riese löste sich aus dem Schatten eines Baumstamms. „Du wirst unvorsichtig Robin. Ich hätte…“ Die folgenden Wörter gingen in einem Keuchen unter, als eine Klinge sich blitzschnell an seine Kehle drückte. Johns Augen wurden groß und starr. „Was wolltest du sagen?“ Fragte Nasir mit rauer Stimme. John war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. „Nasir verdammt. Ich dachte mein letztes Stündlein hat geschlagen. Mach das nie wieder,“ presste er hervor. Der Sarazene bleckte die Zähne zu einem breiten Grinsen, dann ließ er die Klinge sinken.
    „Wo wir bei dem Thema Unvorsichtigkeit sind.“ Dieses Mal war es Will der hinter Nasir stand. Unverkennbar mit einem Messer in der Hand. Robin runzelte ärgerlich die Stirn. Diese Demonstration machte ihm deutlich wo ihre Defizite lagen und was er in nächster Zeit trainieren würde. Erleichtert nahm er war das weder John noch Will verletzt waren. John legte im Gegenzug die Stirn in Falten, als sein Blick an Robins Schulter hängengeblieben, die Marion verbunden hatte. „Wie schlimm ist es?“
    „Nur ein Kratzer!“ Er sah wie Marion die Augen verdrehte. „Männer...“ Will kam näher, aus seinem Gesichtsausdruck war schwer zu lesen. Etwas schien ihn zu bedrücken aber Robin war sich nicht sicher. „Will…?“ Als er den Kopf hob war sein Blick auf ihn gerichtet. „Herne schickt uns. Robert… Er brauch deine Hilfe.“ Robin wartete mit gerunzelter Stirn ab, das Will noch etwas sagte aber es kam nichts. Marion rang neben ihm die Hände, instinktiv fasste er nach ihrer Hand und drückte sie. Ihr gehetzter und zugleich verzweifelter Blick ging ihm unter die Haut.
    Will übernahm die Führung und das Tempo was er an den Tag legte zeigte deutlich wie eilig er es hatte. Sie erreichten den Black Will und das Seeufer. Der Ufer war dicht mit hohem Schilf bewachsen was den Höhleneingang zusätzlich tarnte. Dort im Schatten der Felsen saß Tuck. Robin empfand nichts anderes als große Erleichterung den Mönch unverletzt zu sehen. Dennoch lag etwas in seiner Haltung was ihn stutzig machte. Er erhob sich mühsam und kam mit ungläubigem Blick auf ihn zu. Seine Augen glänzten feucht. „Robin? Robin ich kann es nicht glauben… John hat es mir erzählt aber ich…, “ mit Tränen erstickter Stimme verstummte er. Robin wollte ihn gerade umarmen, als er Hernes Worte hörte. „Robin! Komm, die Zeit drängt.“ Es war wie ein Flüstern in seinem Kopf. Lange hatte er diese Stimme nicht gehört. „Entschuldige Tuck, ich muss…“ Das schiefe Lächeln von Tuck misslang als er seinen Satz beendete. „Zu Herne, nicht wahr? Geh zu ihm…“

    Er brauchte einen Moment, ehe sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Das leise Plätschern der Quelle war deutlich vom Eingang der Höhle zu hören. Ein vertrauter Geruch nach verbrannten Kräutern weckte alte Erinnerungen an diesen Ort. In der Vergangenheit war Herne mehr als eine Sagengestalt gewesen, die von den Dorfbewohnern verehrt wurde, für ihn war er im Laufe der Zeit zu einem Freund, einem Vater, einem Ratgeber geworden. Das war viele Jahre her. Was würde Herne jetzt für eine Rolle in seinem Leben einnehmen?
    Eine seltsame Spannung lag in der Luft, so wie das Atemholen vor einem entscheidenden Schlacht. Robin ging langsam weiter. Sein Blick viel auf den altarähnlichen Tisch vom Licht der Feuerschalen erhellt. Jemand lag darauf und Herne stand hinter dem Altar und beugte sich über ihn. Sein Fellumhang schimmerte im flackernden Licht in vielen Schattierungen.
    Robin war stehen geblieben. Er fühlte sich seltsam, so als würde er gerade etwas aus einem seiner Träume erleben. Diese Szene war ihm bis ins kleinste Detail vertraut. Die entzündeten Feuerschalen, der beleuchtete Altar, Herne in seinem Fellumhang, selbst der Geruch nach verbrannten Kräutern erinnerten ihn daran. Nur das der Mann auf dem Altar nicht er war, sondern Robert…
    Er sog scharf die Luft ein. Das Gefühl, das hier etwas verkehrt war, wurde von Minute zu Minute intensiver, bis er es nicht mehr aushielt.
    „Herne..?“ Seine Stimme, halb erstickt, ließ den Waldgott den Kopf heben. Über die Entfernung hinweg begegneten sich ihre Blicke. Kluge wissende Augen sahen tief auf seine Seele, so kam es Robin vor. Sein Atem ging stoßweise und der Puls raste in wildem Takt. Dann verschwamm für einen Moment die Umgebung ehe das Bild wieder klarer wurde.
    „Komm zu mir mein Sohn!“ Hernes Stimme so vertraut wie sie auch war hatte in diesem Gefühlschaos auch etwas beängstigendes, dennoch kam Robin näher. Herne hielt weiterhin den Blick auf ihn gerichtet, auch als Robin erkannte das Roberts Brust frei lag. Ein seltsam verschnörkeltes Zeichen war mit einer braunen Paste darauf gemalt. Die Flammen zeichneten ein zuckendes Muster darauf, als hätte das Zeichen ein Eigenleben.
    Atmete Robert? Ein Blick in sein kalkweißes Gesicht, die bläulich verfärbten Lippen und die geschlossenen Augenlider ließen Robin zweifeln. War er Tod? Wie würde Marion auf diese Nachricht reagieren? Sie hatte ihn gewarnt, dass nur wenig Zeit blieb um Roberts Leben zu retten. Hatte er versagt…? Ein würgender Kloss in seiner Kehle schnürte ihm bei dem Gedanken die Luft ab.
    Herne hatte sich von ihm abgewendet und war in den hinteren Teil der Höhle gegangen. Er hörte lediglich seine Schritte und das schleifen des Umhangs auf dem Boden. Wie von selbst streckte er die Hand aus. Seine Finger zitterten als er an Robert heran trat und seine blasse Haut berührte. Statt die erwartete Kälte war sie warm. Unendliche Erleichterung durchflutete ihn.
    „Robin!“ Herne war unbemerkt zu ihm getreten. In seinen Händen hielt er ein reich mit Einlegearbeiten verzierter Holzkasten. Robin wusste was darin lag. In roten Samt eingeschlagen ruhte der silberne Pfeil in diesem Kästchen. Robert de Renault, ehemaliger Sheriff von Nottingham, hatte diesen Kasten anfertigen lassen. Und dieser Pfeil war auch Simon de Belleme zum Verhängnis geworden. Er hatte den mächtigem Hexer den Tod gebracht. Sein Schicksal war an den Pfeil gebunden, dass fühlte Robin auch jetzt. Ein unwiderstehliches Gefühl das Kästchen zu öffnen und ihn in die Hand zu nehmen ließ ihn schaudern. Dieser Pfeil rief nach ihm er war sein Hütter.
    „Nimm ihn!“ Hernes Stimme war rau und leise, so als würde es ihm Mühe bereiten die Worte auszusprechen. Er hielt den Atem an als er dieser Anziehung nachgab und den Deckel nach hinten klappte. Im flackernden Schein der Flammen leuchtete das Silber auf Rot. Sein Herzschlag beschleunigte sich zu einem Tosen. Alles was hier geschah, kamihm vor als hätte er es schon einmal erlebt und das machte ihm Angst.
    „Du bist Robin of Sherwood, der Hütter dieses Pfeils. Geschmiedet in den Feuern des Lichts und der Dunkelheit. Gesegnet mit den Kräften von Licht und Schatten. Er hat auf dich gewartet.“ Diese unwiderstehliche Anziehungskraft machte es unmöglich sich dagegen zu wehren. Robin streckte die Hand aus und berührte den Pfeil. Wie von selbst schlossen sich seiner Finger um das Metall. Es war nicht kühl sondern warm, die Oberfläche war glatt bis auf die Rillen und dem Pfeil ähnliche Schaft.
    Seine Finger ertasteten die eingeprägten Schriftzeichen an der Unterseite. Mit dem Daumen fuhr er sie nach. Irgendwo her wusste er was diese Zeichen bedeuteten. Hernes Sohn ist mein Hütter. Er hielt den Pfeil in beiden Händen und schaute darauf herunter. Ein seltsames Summen erfüllte seinen Kopf, als wäre es der Pfeil der mit ihm redete. Ihm wurde bewusst das Herne auf eine Antwort wartete, als er wieder aufschaute.
    Der fragende Blick der auf ihn gerichtet war sagte es ihm, doch die Frage dazu war Robin entgangen. „Ja..?“ Herne deutete zum Altar und seine Lippen bewegten sich doch Robin hörte nur das anschwellende Summen in seinem Kopf. Es schmerzte da es weiter zunahm ihn ausfühlte und schließlich in seinem Kopf explodierte.

    Epilog

    Herne stand am Ufer des Sees. Sein mit Falten durchzogenes Gesicht wirkte blass in dem fahlen Licht was durch die Bäume schien. Das Schattenspiel machte den Ausdruck seiner Augen unkenntlich. Mit weit ausgebreiteten Armen, die den Umhang den er trug, auseinander klaffen ließ erwartete er sie.
    Tuck war müde. Müde, wie selten in seinem Leben. Er hatte versagt, nichts konnte es entschuldigen, nichts konnte es ungeschehen machen, so sehr er es auch wollte. Und die Schuld, die er sich daran gab, drückte ihn nieder. Er war es leid, all das Sterben, die Not der Menschen mit anzusehen.
    Robert war nur einer von vielen und dennoch war mit ihm ein Kämpfer für die Gerechtigkeit gestorben. Daran änderte auch nichts, dass Robin zurück war. Er, Tuck hatte etwas Wichtiges verloren, etwas was ihm keiner ersetzen konnte, denn Glauben an sich selber.
    Er schaute kaum hoch als Herne nähertrat und leise sprach. „Bringt ihn in die Höhle.“ Was sollte das noch bringen? Robert war Tod, leblos… Seine Arme baumelten im Takt von Wills Schritten hin und her, Tuck folgte. Jeder Schritt kostete ihn Überwindung. Johns schwere Atemzüge in seinem Rücken machten es nicht leichter.

    Herne drängte sich am Höhleneingang an ihm vorbei. Der vertraute Geruch nach getrockneten Kräutern und Moder machten die Luft schwer in der weitläufigen Höhle. An den feuchten Steinwänden wuchs Moos. Irgendwo im hinteren Teil der Höhle entsprang eine Quelle die sich ihren Weg bahnte. Tuck konnte sich nur an zwei Mal erinnern, dass er hier gewesen war. Beide Male war der Grund ein und derselbe gewesen, Tod. So wie auch jetzt..
    „Legt ihn dort hin.“ Hernes Stimme klang mit Widerhall zu ihm, als wäre die Höhle größer, als anfänglich gedacht. `Wie in einer Kirche.` Bei dem Vergleich mit einem Gotteshaus musste er schlucken. Nein, diese Höhle mit ihren Säulen und dem altarähnlichen Steintisch in ihrer Mitte, hatte eher etwas von einer heidnischen Opferstätte.
    Herne entzündete die Feuerschalen und mattes flackerndes Licht erhellte den Steinquader. Jetzt sah Tuck auch die Runen und alten Schriftzeichen die dort in den Stein gemeißelt waren. Will legte Robert vorsichtig auf dem Tisch ab. Es hatte etwas behutsames beinahe zärtliches wie der der sonst so harte Will es tat. „Und jetzt geht!“ Hernes Worte waren nicht länger ruhig, etwas Drängendes war in seiner Stimme was Tuck aufschauen ließ. Es klang beinahe wie ein Befehl?!
    Auch Will und John sahen den Waldgott fragend an. „Eure Fragen kann ich euch nicht beantworten.“ „Herne er ist tot!“ Tuck hatte es nicht länger ausgehalten und die Worte ausgestoßen.
    Die klugen dunklen Augen richteten sich auf ihn. „Mönch, ihr müsstet am allermeisten an euren Glauben festhalten. Mehr als jeder anderer hier in dieser Höhle, doch ich sehe nur Zweifel. Fast Mut! Es gibt Dinge auf Erden die nicht mit Worten zu greifen sind.“ Er holte tief Luft während Herne sich Will und John zuwandte.
    „Sucht Robin! Bringt ihn zu mir. Ich brauche seine Hilfe..“ Mit einem Seitenblick auf den Altar fügte er hinzu. „und macht schnell!“

    Marion..?! Robins Kopf ruckte zur Seite. Immer noch wurde sie von einem Soldaten festgehalten. Er packte das Schwert, das nicht weit von ihm im Laub lag. Aus den Augenwinkeln sah er Marions angstvoll aufgerissene Augen. Sie wusste was er vor hatte und trat den Mann mit aller Kraft gegen das Schienbein.
    Sein Griff lockerte sich und es gelang Marion sich aus seiner Umklammerung zu winden, weg von ihm, gleichzeitig stieß Robin mit dem Schwert zu. Mit einem röcheln brach der Soldat zusammen. Sie stolperte Rückwärts mit starrem Blick auf den Sterbenden, dann fing sie sich wieder.
    „Robin!" Der Schmerz als sie ihn umarmte, war nichts gegen die Erleichterung, dass ihr nichts geschehen war. „Robin deine Schulter..." Sie schaute ihm besorgt ins Gesicht. „Es ist nur ein Kratzer. Kaum der Rede wert." Funken stoben in ihren schönen blau grünen Augen. „Und wem willst du das erzählen?" Sein Blick wurde schlagartig wieder ernst. „Das hat Zeit. Es gibt wichtigeres.." Dabei sah er vielsagend zu Gisburne, der immer noch am Boden kniete.
    Wut und Hass überrollten ihn wie eine Woge und löschten alles andere aus. Eine Sache musste noch erledigt werden. Etwas, was er schon viel zu lange aufgeschoben hatte. Eine alte Rechnung… Robin gab Much mit einer Handbewegung zu verstehen sich um Marion zu kümmern und ließ sie stehen.
    Der Sheriff machte keinerlei Anstalten aufzustehen. Er kniete mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern auf dem Waldboden. Sein Schwert lag nicht weit von ihm entfernt in Griffnähe. Robin machte sich nichts vor, trotz seiner Haltung und der Verletzung war Gisburne ein Gegner den er nicht unterschätzen durfte. Oft genug hatte er es ihm in der Vergangenheit bewiesen.
    Die Erinnerungen zogen an seinem inneren Auge vorbei, während er ihn umrundete und vor ihm stehen blieb. Er hatte jeden Grund diesen Menschen zu hassen und ihm den Tod zu wünschen. Robin wechselte das Schwert von der rechten in die linke Hand.
    „Sheriff?“ Er würde Gisburne in einem fairen Kampf besiegen.
    „Jetzt bringen wir es zu Ende..." ,presste Robin hervor. „Na los, nehmt euer Schwert." Er zeigte keine Reaktion, noch nicht einmal den Kopf hob er. Das machte Robin nur noch wütender. „Seid ihr ein Feigling, Sheriff?" Robin wollte ihn herausfordern, ihn provozieren.
    Eine spannungsgeladene Pause entstand, in der Robin auf eine Antwort wartete. „Ihr könnt es nicht, hm? Nicht wahr, Hood? Mich einfach so töten? Das ist gegen euren Ehrenkodex? Wie vermessen ihr seid. Ihr und das ganze Bauernpack was ihr beschützt." Robin starrte den Sheriff mit zu Schlitzen verengten Augen an. Wie er diesen Mann hasste. Gisburne stand für all die Dinge gegen die er kämpfte und das schlimmste war er hatte mit seinen Worten Recht. So würde er ihn nicht töten, denn das würde ihn auf die gleiche Stufe mit dem Sheriff und jeden gemeinen Soldaten stellen. So tief würde er nicht sinken. Niemals!

    „Robin?" Nasirs drängender Ton in seiner Stimme ließ ihn tief durchatmen. Der Sarazene beugte sich zu ihm und raunte ihm die Worte zu. „Ein Reitertrupp ist auf dem Weg hierher, Robin. Sie werden bald hier sein..." er nickte Nasir zu.
    In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sein Hass auf Gisburne führte einen erbitterten Kampf gegen seinen Beschützer Instinkt Marion und seinen Leuten gegenüber. Seine Fingerknöchel traten weiß am Griff des Schwertes hervor, ehe sie sich wieder entspannten. Robin hatte seine Entscheidung getroffen.
    Er trat hinter den Sheriff und verpasste ihm einen Schlag mit dem Schwertknauf gegen die Schläfe, dieser sackte bewusstlos zur Seite. Schon immer hatte für ihn die Sicherheit der anderen mehr gezählt als seine eigenen Rachegefühle.
    „Marion, Much, Nasir was ist mit den anderen..?" Gehetzt schaute Robin zum Erdhügel, der ihm von hieraus die Sicht auf den Weg versperrte. Mit wenigen Schritten erklomm er den Hang. Der Weg lag vor ihm, der Kampf war vor rüber. Tode und Verletzte Soldaten lagen überall auf dem Weg verstreut.
    Denn Karren konnte er als dunklen Schatten ausmachen. Das Gitter stand offen, der schiefstehende Karren war leer, von John und Will fehlte jede Spur.
    „Robin wir müssen weg. Sie haben sich in Sicherheit gebracht. Die Reiter werden jeden Moment hier sein..." Robin gab ihm mit einem nicken zu verstehen, dass er ihm folgen würde.
    Neben dem Bewusstlosen blieb er ein letztes Mal stehen. Mit grimmiger Miene betrachtete er das Profil des Sheriffs. In ihm stritten Wut und Hass um die Oberhand. „Wir sehen uns wieder, Gisburne. Nichts ist vergessen. Nichts wird jemals vergessen!" Dann folgte er den Anderen.

    Ende

    John sah das sich die restlichen Soldaten zum Karren zurück gezogen hatten und dort einen Schutzwall bildeten. Mit ihren Schilden und Schwertern hielten sie den Dorfbewohnern stand, zumal diese kaum Kampferfahrung hatten. Es waren die jungen Burschen aus Wickham, kaum den Kinderschuhen entwachsen. Ab und an ging ein Pfeil auf die Soldaten nieder, abgeschossen aus den Baumkronen, doch diese trafen höchst selten ihr Ziel.
    „Macht Platz!“ Will und John schrien es gleichzeitig und die Burschen machten Platz. Mit erhobenem Schwert warf sich Will in den Kampf. John an seiner Seite ließ den Eibenstock durch die Luft wirbeln. Sie schlugen eine Schneise in die Formation der Soldaten und die Dorfbewohner rückten in ihrem Schatten nach. Innerhalb weniger Minuten war der Kampf um den Karren entschieden.
    John entriegelte kurz darauf das Schloss. Er musste den Kopf einziehen um den schief stehenden Karren zu betretenden. Tuck kniete mit gesenktem Kopf neben der liegenden Gestalt am Boden. Keiner von beiden rührte sich, auch als John näher kam.
    Roberts Gesicht lag auf der Seite, die Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet. Seine Haut war blass und Schweißglänzend an den Lippen und unter den Lidern bläulich verfärbt. Noch immer raste das Adrenalin des Kampfes durch seine Adern. Sie mussten hier weg! Warum zum Teufel regte sich niemand?
    „Beim heiligen St. Thomas, Tuck! Wir müssen hier weg. Reiter sind unterwegs…“ Langsam hob der Mönch den Kopf und damit seinen Blick. Dieser traurige Ausdruck in seinen haselnussbraunen Augen ließ John scharf die Luft einziehen. „Tuck..?“ Seine Stimme klang halb erstickt. Nein, er wollte es eigentlich gar nicht wissen. Alles nur das nicht, doch Tuck sprach es bereits aus. „Es ist zu spät.. Robert er ist…“ Statt es beim Namen zu nennen schlug er ein Kreuzzeichen.
    John fühlte dass er wankte, dass ihn ein Kloß in der Kehle würgte. Szenen aus der Vergangenheit liefen vor seinem inneren Auge ab. Alle standen mit Robert in Verbindung. Soviel hatten sie zusammen erlebt. Durch ihn hatte er wieder Hoffnung geschöpft in einer Zeit wo er an nichts mehr glaubte. So wie einst durch Robin. Und jetzt war er Tod?
    „Verdammt was ist nur los mit euch? Steht hier nicht rum. John hilf mir lieber. Komm hoch Tuck!“ Will drängte sich Wutschnaubend an ihm vorbei und kniete neben Robert nieder. Ohne lange zu zögern hob er ihn an. „Will nicht…“ Tuck rang verzweifelt die Hände. Er wollte damit Will von seinem Vorhaben abhalten.
    Auch John erwachte aus seiner Erstarrung, eiserne Entschlossenheit trat an die Stelle des Schmerzes.
    Sie würden Robert nicht an diesem Ort zurück lassen um keinen Preis der Welt. Entweder gingen sie alle oder keiner von Ihnen. Schon einmal hatten sie jemanden zurück gelassen und es hatte nur Leid und Schmerz nach sich gezogen. Ihre Gemeinschaft war beinahe daran zerbrochen, mit Vorwürfen und Schuld Zuweisungen hatten sie sich gegenseitig zerfleischt. Nicht noch einmal würde es soweit kommen.
    Mit entschlossenem Gesichtsausdruck fasste er mit an. Tuck wirkte dabei wie erstarrt. In seinem Mienenspiel erkannte man deutlich die Gefühle die ihn bewegten. Er gab sich die Schuld. „Tuck, du hast alles getan was du konntest. Wir müssen gehen..“ Noch immer klang Johns Stimme heißer wie nach einer durchgezechten Nacht mit zu viel Met. Er räusperte sich. Robert würde ihm fehlen. Tuck richtete sich mit einem ächzen auf und folgte ihnen aus dem Karren.
    Der Kampf war vorbei, der Weg ein Schlachtfeld. Die Soldaten auf der Flucht oder Tod. Die Burschen aus Wickham fort, auf dem Weg zu ihren Familien.
    Will übernahm mit Robert auf den Armen die Führung. Er hielt sich rechts des Weges, bis ein Wildpfad die Böschung hinauf führte. Black Will das war sein Ziel. Der Bachlauf war von hier aus noch nicht zu sehen. Er würde an dem See enden an dessen Ufer Hernes Höhle lag, zu ihm führte Wills Weg. Der einzige Ort an dem sie sicher waren und wo Nasir sie als erstes vermuten würde, bei Herne!

    John unterdrückte einen Fluch, während er Nasir hinterher sah. Aber er erlaubte es sich nur einen Augenblick lang, dann wandte er sich dem Kampfgeschehen zu. Nasir verließ sich auf ihn und er würde ihn nicht enttäuschen. Weder ihn noch Robin..
    Will zu finden war trotz des Kampfes nicht schwer. Die Spur der Verwüstung war deutlich zu sehen. Sie führte quer über den Kampfplatz und endete bei drei Soldaten die Will gleichzeitig bekämpften. Wie ein Berserker kämpfte Scarlet und die Soldaten hatte Mühe ihn in Schach zu halten.
    Seine wilden Flüche und Beschimpfungen schallten John entgegen. Er betitelte die Soldaten als Hurensöhne und Schlimmeres. Will war wie von Sinnen, doch trotz seines Blutrauschs beherrschte er seine Klinge meisterlich.
    `Kein Wunder bei seiner Vergangenheit`, schoss es John durch den Kopf. `Er war mal einer von Ihnen. Bevor diese Söldner ihm alles nahmen an dem ihm etwas lag. Das hat ihn zu dem gemacht der er jetzt ist.` „Will?“ John brüllte seinen Namen. Das Klirren der Schwerter und Wills Flüche waren Ohrenbetäubend. Er kannte Scarlet schon so lange und dennoch war es ihm ein Rätsel wie er gleichzeitig Fluchen und Kämpfen konnte.
    „Will verdammt!“ Er reagierte nicht auf ihn, also musste er anders Wills Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Mit dem Eibenstock rammte er einen der Soldaten in die Seite. Will konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn sich jemand in den Kampf einmischte. Sein Plan ging auf, Will fuhr zu ihm herum.
    „Du elender Hurensohn…“ „Vorsicht!“ John warnte Will gerade noch rechtzeitig. Scarlets handelte instinktiv. Er tauchte zur Seite ab, die Klinge des gegnerischen Schwertes zischte über ihn hinweg und Will stach im Fallen zu. Der Mann brach mit einem röchelnden Laut neben Will zusammen. Das alles war so schnell passiert, dass John keuchte. Mit der geschmeidigen Bewegung einer Katze, war Scarlet im nächsten Moment wieder auf den Beinen.
    „Will?“ „Nimm das du Schwein..“ John verlor nun endgültig die Geduld. Er war nicht hier um gegen Will zu kämpfen oder unnötige Zeit zu verschwenden, er musste ihn zu Sinnen bringen. Mit dem Eibenstock parierte er den Hieb und versetzte Will einen Schlag auf seine Schwerthand. Das Kurzschwert glitt ihm aus den gefühllosen Fingern, Scarlet fluchte. John nutzte die Gelegenheit und machte diesem Wahnsinn ein Ende. Mit grimmiger Minne sah er in Wills wütendes Gesicht, während er das Schwert auf dem Boden festnagelte. Benommen schüttelte Will den Kopf als er ihn erkannte. „John?!“ „Wer den sonst du elender Idiot! Komm wieder zu Sinnen. Du hättest mir beinahe den Wams aufgeschlitzt…“ Johns Augen funkelten während er ihm einen Stoß gegen die Brust verpasste.
    „Was?“ Noch immer trübten Schleier seine Sicht doch langsam schien ihm klar zu werden wem er gegenüber stand. Irritiert schüttelte Will den Kopf und sah sich um. „Scarlet, wir haben dafür keine Zeit, verdammt. Reiter sind im Anmarsch. Wir müssen uns um Robert und Tuck kümmern, bevor es zu spät ist.“ Die Worte drangen zu Will durch, denn er schaute nach oben zum Karren und mit neuer Entschlossenheit zu ihm. „Dann los. Weswegen zum Teufel stehen wir dann noch hier?“

    Der Kampf wogte hin und her. Robins ganze Konzentration war auf das Ausweichen und zustoßen gerichtet. Marions Aufschluchzen in seinem Rücken lenkte Robin nur einen Sekundenbruchteil ab, doch das reichte aus. Gisburnes Ausfall durchbrach seine Deckung.
    Ein heißer Schmerz schnitt tief in seine rechte Schulter. Mit einem heißeren Keuchen fühlte er wie Gisburne die Klinge mit einem Ruck aus der Wunde zog. Schwarze Schleier tanzten einen Augenblick lang vor seinen Augen und die Kampfgeräusche wurden dumpfer. Nein, er musste weiter kämpfen, durfte sich keine Schwäche erlauben sonst war alles vorbei.
    „Robin!“ Marion ruf warnte ihn in letzter Sekunde. Er zog das Schwert gerade noch rechtzeitig hoch um den Hieb des zweiten Gegners abzuwehren. Dabei explodierte ein reißender Schmerz in seiner verletzten Schulter. Er wechselte das Schwert in die andere Hand. Mit Links war er zwar nicht mehr so wendig aber es war besser als nichts. Gisburnes Grinsen verschwand als er es sah.
    Eine Bewegung von der Seite ließ Robin aufatmen. Ein roter Lockenschopf blitzte zwischen den Bäumen auf. Much übernahm seinen Gegner. Marion wehrte sich im Griff des Soldaten. „Robin? Robin deine Schulter..“ „Es ist nichts!“ Seiner Stimme gab er einen festen Klang um Marion zu beruhigen. Er wollte dass sie sich keine Sorgen machte.
    „Robin?“ Dieses Mal war es ein Schrei. Er wirbelte einmal um seine Achse. Marions schreckgeweiteten Augen in denen nichts als Angst und Panik stand, jagten ihm Eisesschauer über den Rücken. Gisburne hatte sie von hinten gepackt und er drückte ihr seine Klinge an den Hals. „Schluss jetzt! Fallen lassen!“ Der Sheriff meinte damit nicht nur Robin sondern auch Much, der neben ihm in der Bewegung erstarrt war. Ohne den Blick von Marion zu lösen ließ Robin sein Schwert fallen. Much tat es ihm gleich.
    „Robin nicht… Nein!“ Es war ein verzweifelter Aufschrei von ihr. Gisburne registrierte ihre Verzweiflung mit einem breiten Grinsen. Er überließ es den Soldaten sie auf die Beine zu zehren, er selbst ging auf Robin zu und verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht und in die Magengrube. Robins Beine gaben nach. Er schmeckte Blut im Mund und kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit.
    Langsam machte sich der Blutverlust bemerkbar. Die Wunde tat höllisch weh, sein rechter Arm wurde langsam taub. „ Oh Nein bitte..“ Keuchend rang er um Atem, während der Sheriff triumphierend über ihm stand. „Jetzt bringen wir es zu Ende, Hood! Ein für alle Mal. Mach dich bereit…“ "Gisburne!" Nasirs Stimme zerriss den Moment. Robin wendete den Kopf in seine Richtung und sah gerade noch das aufblitzen in den Händen des Sarazenen. Ein sirrendes Geräusch, ähnlich eines abgeschossenen Pfeil, durchschnitt die Luft.
    Der Sheriff hatte sich Nasir zugewandt, mit angehaltenem Atem wartete Robin ab. Es folgte das dumpfe auftreffen und ein tiefes aus der Kehle dringendes Stöhnen. Der Sheriff wankte, er machte noch einen schwankenden Schritt ehe seine Beine einknickten. Hart landete er auf seinen Knien, dabei sah Robin wohin Nasirs Dolch getroffen hatte.
    Mit beiden Händen umklammerte er den Schaft des Messers, das aus seinem rechten Oberschenkel ragte. Nasirs zweiter Dolch hatte den Sheriff nur um eine Handbreit verfehlt. Das Heft zitterte noch in einem Stamm steckend.
    Robin war sich sicher, hätte Nasir vorgehabt den Sheriff zu töten, dann wäre er es jetzt auch. Nasir war ein ebenso guter Schütze mit seinen Messern wie er mit Pfeil und Bogen. Sein Freund wollte lediglich gleiche Verhältnisse schaffen. Er wollte Robin nicht vorgreifen, es war sein Kampf. Jetzt hatten sie beide ein Handikap. Nasirs Gerechtigkeitssinn ließ Robin tief Aufseufzen. Wie oft hatten sie schon über seine Weltanschauung diskutiert.


    So melli ich hoffe deiner Neugier ist genüge getan. Morgen gibt es wieder was zu lesen! So lange musst du dich schon gedulden. :D:thumbup:

    Die Wut kam in Wellen, türmte sich auf in seinem Innern Mannshoch bis die Woge in sich zusammenbrach, nur um von neuem anzuwachsen. Soviel Hass und Wut hatten sich im Laufe der Zeit in Will aufgebaut und die Gefühle entluden sich jetzt in diesem Kampf Mann gegen Mann.
    Rote Schleier machten die Gesichter der Männer unkenntlich und damit zu denselben Gesichtslosen Monstern seiner Vergangenheit. Sie hatten ihm alles geraubt was er je besessen hatte, was ihm etwas bedeutet hatte.
    Der Gedanke an Elenas geschundenen Körper steigerte seinen Hass ins unermessliche. Diese Bastarde sollte dafür bezahlen, für alles was sie ihm und Elena angetan hatten, jeder einzelne von diesen Hurensöhnen!
    Nichts bekam er von seiner näheren Umgebung mit, alles andere war ausgeblendet, nicht länger von Bedeutung. Will hatte gerade einen Gegner besiegt und riss das Kurzschwert aus der Wunde. Das Ganze war verbunden mit einem euphorischen Gefühl des Triumphs. `Einer weniger von den Bastarden! Ich werde Sie alle in die Hölle schicken!` Das hatte er an Elenas Totenbett geschworen und diesen Schwur würde er halten solange er lebte.
    Ein Schatten viel auf ihn, der Gegner war größer als er, Mannshoch doch Größe bedeutete nicht, dass er auch gefährlicher war.
    „Bastard! Du Hurensohn…“ Will holte aus, bereit zum Stoß… „Vorsicht!“ Einem Instinkt folgend tauchte er zur Seite ab. Gerade noch rechtzeitig, eine Klinge zischte über ihn hinweg. Er drehte sich im fallen und stieß seitlich zu. Seine Klinge traf auf Wiederstand, durchdrang Leder, Kleider, Haut Sehnen und Fleisch. Erst als Will erneut Wiederstand merkte ließ er den Griff seiner Waffe los. Neben ihm brach der Mann leblos zusammen. Seine weit aufgerissenen Augen starrten ins Leere. `Einer weniger…`
    Mit einer geschmeidigen Bewegung kam er wieder hoch. Der Riese ragte vor ihm auf. „Nimm das du Schwein…“ Breitbeinig machte er den ersten Ausfall. Seine Schwerthand führte er von links oben nach rechts unten und traf auf harten Wiederstand.
    Mit dem Schwert wollte er nachsetzen doch da traf ihn mit voller Wucht am Handgelenk. Will keuchte, seine Finger wurden gefühllos, er versuchte noch nachzufassen und die Schwerthand zu wechseln aber es war zu spät. Ein mächtiger Fuß stellte sich auf die Klinge und ein bärtiges Gesicht sah ihn wütend an. „John?“

    Marion durchlebte die Hölle. Wegen ihr begab sich Robin in diesen ausweglosen Kampf, eine Übermacht, gegen die er kaum eine Chance hatte. Wegen ihrer Dummheit! Much konnte sie nicht ausmachen. Er war durch seinen Kampf weiter ins Waldstück zurück gedrängt worden, außer Sichtweite von ihr. Sie hörte allerdings die nahen Kampfgeräusche. Der Weg war ebenfalls nicht mehr einsehbar. Die Soldaten hatten sie weiter in den Schatten der Bäume gezehrt. Ein Hügel trennte sie jetzt von dem Kampfgeschehen am Weg.
    Sie waren allein, auf sich gestellt… Der Gedanke hatte etwas Beängstigendes… Wenn Robin jetzt etwas zustieß, war es allein ihre Schuld. Diese Last wog tonnenschwer auf ihren Schultern und drückte sie nieder. Marion schluchzte verzweifelt und bäumte sich im unerbittlichen Griff der Soldaten auf. Diese lachten nur leise über ihre vergeblichen Versuche. Die beiden Soldaten verständigten sich mit Blicken und einer packte sie alleine, während der zweite sein Schwert zog. Das was er vorhatte war Marion von Anfang an klar. Sie musste Robin warnen! Von hinten legte sich eine schwere Hand auf ihren Mund und erstickte ihren Schrei. Hilflos musste sie mit ansehen, wie Robin jetzt mit zwei Gegnern gleichzeitig fertig werden musste.
    „Was meinst du wie lange er dagegen standhalten wird, hm?“ , raunte ihr der Soldat ins Ohr, so dass sich ihre Nackenhaare aufrichteten. Sie biss mit aller Kraft zu und holte keuchend Luft. Gerade in diesem Moment durchbrach der Sheriff Robins Deckung. Tief drang das Schwert in Robins Schulter. „Robin…“ Sie sah ihn schwanken, welche Schmerzen es ihm bereitete, als Gisburne die Klinge zurück zog. Robin stand ihr zu gewand, sie konnte sein Gesicht sehen und sie litt mit ihm dieselben Höllenqualen.
    Sie sah auch den zweiten Gegner in Robins Rücken, der kampfbereit sein Schwert hob. „Robin!“ Sie warnte ihn gerade noch rechtzeitig, er konnte im rechten Moment den Schlag abwehren. Von der Seite sah sie etwas Rotes aufblitzen. Muchs tauchte zwischen den Bäumen auf und parierte den nächsten Schlag von Robins Gegner. „Robin? Robin deine Schulter..“ „Es ist nichts!“ Die Art, wie er es sagte, strafte seine Worte Lügen, das spürte Marion sehr genau.
    „Genug jetzt!“ zischte Gisburne. Bevor Marion wusste, was der Sheriff vor hatte, packte er sie, wirbelte sie herum. Vor ihm kam sie zum Stehen. Die Klinge war eiskalt und er drückte sie Marion an die Kehle. „Robin…?“ Dieses Mal war es ein Aufschrei, der ihre ganze Angst wiederspiegelte. Robins Kopf ruckte herum und sie sah in seinem Blick all seine Gefühle für sie wieder gespiegelt.
    „Schluss jetzt! Fallen lassen!“ Um es zu verdeutlichen, das er es erst meinte, drückte Gisburne fester zu. Ein kurzer brennender Schmerz als die Klinge ihre Haut ritzte, ließ sie wimmern. Marion hatte fest die Augen zu gepresst.
    Alles vorbei… Dieser Gedanke durchzuckte Marion mit solch einer Intensität, das es ihr für einen Moment die Luft zum atmen raubte. Nur zu gut wusste sie, dass Robin ihr Leben nicht aufs Spiel setzen würde, eher würde er sein eigenes Opfern. Schon einmal hatte er vor derselben Entscheidung gestanden und sich so entschieden, doch ein weiteres Mal würde sie es nicht zulassen. Sie öffnete die Augen und sah gerade noch wie Robin und anschließend Much sein Schwert fallen ließ. „Robin nicht… Nein...“ Der Sheriff lachte leise, ein widerlicher kleiner Laut der ihr Schauer über den Rücken jagte. Sie hatte Gisburne nie gemocht, doch jetzt in diesem Moment hasste sie ihn.
    Er stieß sie in Richtung des nächststehenden Soldaten. Er brauchte sie nicht länger, alles was er erreichen wollte hatte er erreicht. Robin war wehrlos, ihm ausgeliefert. Marion versuchte sich den zupackenden Händen des Soldaten zu entziehen, doch der Mann war schneller. Der eiserne Griff um ihre Handgelenke verurteilte sie zum hilflosen zu schauen, wie der Sheriff auf Robin zuging und ihn nieder schlug. „Oh Nein, bitte…“ Robin kniete am Boden, keuchend, um Luft ringend und Gisburne stand triumphierend über ihm. „Jetzt bringen wir es zu Ende, Hood! Ein für alle Mal! Mach dich bereit…“
    „Gisburne!“ Marions Kopf ruckte in die Richtung aus der der Schrei gekommen war. War das Nasir..?!

    Robin hatte es gerade noch geschafft sich in Sicherheit zu bringen, bevor das Chaos los brach. Sein Pferd ließ er mit einem Klaps laufen. Er hörte wie Gisburne den Befehl brüllte, kurz darauf ertönte der schrille Pfiff von Nasir. Er sah die angaloppierenden Reiter, Gisburne in ihrer Mitte. Seile spannten sich aus dem Nichts und hebelten die Männer aus ihren Sätteln. Die Pferde rannten ohne ihre Reiter weiter.
    Hinter ihm zerbarst mit Ohren betäubenden Krachen in diesem Moment, die Holzräder des Karrens. Die Vorderräder waren Drei Ellen tief abgesackt, dem hielt kein Holz stand. Noch immer standen die Wachen wie erstarrt, doch das würde sich schnell ändern. Jetzt musste er für die nötige Verwirrung sorgen, damit die Männer genug Zeit hatten um Tuck und Robert zu befreien. „Folgt mir!“ Er hatte das Schwert erhoben. Gleichzeitig hörte er Nasirs Stimme. „Angriff!“ Er sah wie der Sarazene mit wirbelnden Krummsäbeln gegen den ersten Gegner kämpfte und ihn besiegte.
    Der Aufschrei einer Frau ließ ihn herum wirbeln. Sein untrüglicher Instinkt sagte ihm, dass es Marion war die geschrien hatte. Ohne länger zu zögern, rannte er los, er hieb sich den Weg durch die Kämpfenden frei.
    Aus der Entfernung sah er Marion. Gisburne hatte sie mit seinen Männern eingekreist, er hielt sie gepackt am Arm. Wut und Hass stiegen ihn Robin hoch. `Lass deine Drecksfinger von ihr`, wollte er ihm am liebsten entgegen schreien. Doch das hätte denn Überraschungsmoment zunichte gemacht. Kalte Wut setzte zusätzlich Adrenalin frei, als Gisburne seine Hand in Marions Haar krallte und sie so in die Knie zwang.
    Robin stieß ein Wutheulen aus und mehrere Köpfe drehten sich in seine Richtung. Einer der Soldaten machte auf ihn aufmerksam. Gisburnes verärgerte Miene über die Störung veränderte sich als er den Grund erkannte. In seinen Augen leuchtete es auf, er ließ von Marion ab. Sie wurde gepackt und auf die Beine gezehrt.
    Für einen Moment begegneten sich ihre Blicke, ein Flehen stand darin und Angst.
    Der Sheriff erwartete ihn breitbeinig mit finsterer Miene. „Lincoln, was hat das alles hier zu bedeuten? Ich verlange eine Erklärung…?“ Weiter kam er nicht. Robin rammte ihm in vollem Lauf den Ellenbogen ins Gesicht und anschließend die Faust in den Magen. Er krümmte sich nach vorne und seine Beine gaben nach. „Was..?“ Keuchte er.
    „Mein Name ist nicht Lincoln, My Lord Sheriff.“ Robin stieß jedes einzelne Worte wie ein Schimpfwort aus. Gleichzeitig streifte er sich die Ledermaske vom Gesicht. Gisburne schaute hoch und stöhnte, kam schwankend auf die Füße, die Augen weit aufgerissen sah er Robin an. „Das kann nicht sein… Was ist das für eine Hexerei? Ihr seid tot!“ Robin erlaubte sich ein zynisches Grinsen. „Noch bin ich sehr lebendig, Gisburne. Danke der Nachfrage.“ Der Sheriff atmete tief durch.
    An seinem wütenden Blick erkannte Robin, dass er sich schneller fasste als gedacht. Gisburne war durch und durch Soldat und gewohnt mit schwierigen Situationen umzugehen und sich auch schnell darauf einzustellen. Mit verengten Lidern fixierte er jetzt jede seiner Bewegungen.
    „Ich hatte bei euch von Anfang an dieses Gefühl... Eure Arroganz, diese Selbstgefälligkeit, diese grünen Augen… Jetzt weiß ich an wenn ihr mich erinnert, kein Wunder!“ „Dann hättet ihr wohl auf euer Gefühl hören müssen, Sheriff.“ Während des Wortwechsels umkreisten sie einander, lauernd, auf eine Gelegenheit wartend den anderen anzugreifen.
    Mit einem Wutschrei griff der Sheriff an. Dem Ausfall konnte Robin gut parieren. Die Klingen kreuzten sich in der Mitte, jeder versuchte den Anderen zurück zu drängen. „Wir machen der Sache heute ein Ende. Das verspreche ich Euch..“ „Wir werden sehen, Sheriff“, zischte Robin ihm entgegen. Aus den Augenwinkeln sah er eine Bewegung. Etwas zischte auf ihn zu, er konnte sich gerade noch wegdrehen. Die Klinge wischte an seinem Gesicht vorbei. Für einen Moment hatte er geglaubt das Gisburne fair kämpfen wurde, doch das hatte er noch nie getan.

    Genau melli!!!!!!!!!!!!! :D

    Marions Puls raste im wilden Takt ihrer Schritte. Sie rannte und in ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
    Robin... Robert… Wenn einem von beiden etwas passierte? Sie sah Bilder aus der Vergangenheit und der Gegenwart vor sich. Die Szenen vermischten sich zu einem wilden Reigen. Robin, wie er sich von ihr auf der Anhöhe verabschiedete, vor so vielen Jahren. Robert, dem sie ihre Entscheidung mitteilte Nonne zu werden, in der kleinen Kapelle von Helstet. Robin, um Jahre gealtert von Narben entstellt. Roberts verzweifelter Blick, zutiefst verletzt, bevor er das Lager verließ. Sie wollte das alles ungeschehen machen, es ihm erklären. Und Robin? Nein, sie konnte ihn nicht ein zweites Mal verlieren, dass durfte einfach nicht geschehen!

    Sie stolperte über eine hoch stehende Wurzel fing sich wieder. Much rief ihr etwas nach, doch Marion hörte nicht.
    Alle Gedankengänge drehten sich nur um diese eine Sache. Robin, sie musste Robin finden ehe ihm etwas schreckliches passierte!
    Die Angst war so greifbar das Marion ein Schluchzen nicht unterdrücken konnte. Ihr Lauf wurde im nächsten Moment abrupt gestoppt, als sie die Böschung durchbrach und einem bewaffneten Soldaten gegenüber stand. Sie konnte ihren Aufschrei nicht unterdrücken.
    Sein Waffenrock, in den Farben Nottinghams war Blutbesudelt. Die Klinge seines Schwertes hatte er zum Schlag erhoben. Dunkel schimmerte die Klinge. Marion taumelte zwei Schritte zurück, verlor den Halt und fiel. Der Soldat führte den Hieb zu Ende und die Klinge zischte über Marion hinweg.
    "Marion?!" Muchs panischer Schrei spiegelte seine Angst um sie wieder. Er parierte den nächsten Schlag des Soldaten mit seinem eigenen Schwert. Sie rutschte weiter nach hinten, aus der unmittelbaren Nähe der Kämpfenden. Mit einem Baumstamm im Rücken richtete Marion sich auf.
    Um sie her tobte der Kampf. Soldaten des Sheriffs kämpften gegen Outlaws und Dorfbewohner, Mann gegen Mann. Tote und Verletzte lagen am Boden. Weiter hinten sah sie denn Karren, er war hart umkämpft.
    John überragte die meisten der Männer, fieberhaft suchte sie nach Robin. Wo war er?

    "Welches Vögelchen ist uns den hier ins Netz gegangen?" Die Stimme Gisburnes ließ Marion innerlich erstarren. "Wenn das mal nicht die keusche Nonne ist? In diesen Sachen hätte ich sie eher für einen Bauernburschen gehalten oder für einen Outlaw, nicht wahr?" Er hatte sich zu den drei Soldaten gedreht die ihm gefolgt waren.
    "Aber vieleicht lieg ich ja mit meiner Vermutung gar nicht so verkehrt?" Bei den letzten Worten war er näher gekommen und packte sie hart am Arm.
    Die andere Hand krallte er in ihr Haar und zwang damit ihren Kopf zurück.
    "Hexenweib! Verfluchtes Weib, Satansbrut! Niemand wird dir mehr beistehen und helfen." Er zwang sie mit dem Griff auf die Knie. Marion wimmerte, sie war ihm hilflos ausgeliefert.
    "My Lord Sheriff..?" Gisburnes Miene zeigte deutlich seinen Ärger über die Störung. Zu sehr genoss er seinen Triumph über sie. „Was ist, Mann?" Der Soldat zeigte mit offenem Mund in eine Richtung. Gisburne folgte der Blickrichtung und erstarrte. "Was zum Teufel...?" Er richtete sich auf, ließ Marion los. „Kümmert euch um Sie."
    Das Letzte was Marion sah, ehe die Wachen sie packten und zurück zehrten war Robin in den Farben Nottinghams, der mit gezogenem Schwert auf den Sheriff zustürmte.

    Wenige Zeit zuvor…

    Much atmete erleichtert auf, als die ersten Lehmhütten von Wickham in Sicht kamen. Er hätte es niemals zugegeben aber Marion legte ein Tempo an den Tag bei dem er Schwierigkeiten hatte mitzuhalten. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Langsam lichteten sich die Baumreihen ringsum. Nach dem Stand der Sonne zu urteilen, die hoch am Himmel stand, ging es auf Mittag zu, dafür sprach auch dass sein Magen lautstark knurrte.
    Die Hütten des kleinen Dorfes lagen ruhig vor ihnen. Eine trügerische Ruhe, auch Marion schien es zu bemerken. Mit der Hand gab sie ihm zu verstehen, dass er Deckung suchen sollte. Wer beschützte hier wenn? Diese Frage stellte sich Much unentwegt, schließlich war Marion eine Frau und er ein Mann, der sie noch dazu beschützen sollte. Hier war aber weder die Zeit noch die Gelegenheit darüber zu diskutieren.
    Eine Bewegung an seinem Blickfeldrand zog seine ganze Aufmerksamkeit auf sich. Ein huschender Schatten? Marions Stimme wirkte sehr laut in dieser gespenstischen Stille. „Edward?“
    Much konnte nicht sagen woran Marion ihre Vermutung fest machte aber sie behielt Recht. Edwards Stimme klang ungläubig. „Marion?“ Seine Gestalt tauchte aus dem Schatten im Innern der Lehmhütte auf, die ihnen am nächsten war.
    „Marion, Herne sei Dank. Wir dachten schon es wäre…“ „Weib!“ Alison, Edwards Frau rang die Hände, fügte sich aber. Mit gesenktem Kopf überließ sie das reden Edward.
    Much warf Marion einen Blick zu und erkannte, dass ihre Neugier geweckt war. „Seid unsere Gäste…“ „Gib dir keine Mühe, Edward. Was auch immer du vor hast, lass es sein. Wo finde ich Robin?“ Der Tonfall in dem Sie es sagte, ließ erahnen, dass sie nicht locker lassen würde.
    „Marion bitte, Robin würde sicher nicht wollen…“ „…dass ich mich in Gefahr begebe? Edward, ist es das was du mir gerade sagen wolltest? Hm?“ Sie hatte sich vor Edward ebenso aufgebaut wie noch einige Zeit zuvor vor ihm.
    Die Fäuste in die Hüften gestemmt, dass flammend rote Haar reichte ihr bis zu den Hüften. Es umrahmte ihr wütendes Gesicht und ihre Augen glitzerten vor Zorn. Much entging nicht der irritierte Blick von Edward, der von ihm zu Marion wechselte und wieder zurück. Mit einem Schulterzucken gab er dem Dorfältesten zu verstehen, dass es besser für ihn war Marion die Frage zu beantworten.
    Mit einem tiefen Seufzen gab sich Edward geschlagen. „Die Kreuzung von Black Will. Nasir und die andere stellen dem Sheriff eine Falle um Robert und Tuck zu befreien. Marion?“
    Einen Fluch unterdrückend rannte Much ihr nach. Im Kopf überschlugen sich dabei seine Gedanken. Nach Black Will war es keine halbe Meile. Marion nahm den bekannten Wildpfad, durchs hohe Farn Gras das zwischen den Kiefern und Eiben wuchs. Sie mit Worten aufzuhalten war Zeitverschwendung, also beschränkte sich Much lediglich darauf ihr zu folgen und sie so schnell wie möglich einzuholen.

    Nasir gab das Zeichen. Gebannt sah er zu, wie Gisburne seinem Pferd die Sporen gab, doch sie kamen nicht weit. Auf Nasirs Zeichen hatten die Männer die angezogenen Seilschlingen gelöst. Die Seilschlingen rutschten an den Baumstämmen, die beidseits des Weges standen, herunter. Auf Mannshöhe zogen sie die Seile wieder an.
    Der Sheriff und seine Reiter hatten keine Chance. Sie wurden von den gespannten Seilen aus ihren Sätteln gehoben und landeten auf dem Weg.
    Auch der restliche Zug hielt sich an den Befehl des Sheriffs. Die Männer die den Karren von hinten anschoben keuchten. Niemand achtete in der ausbrechenden Chaos auf den Weg. Mit einem Krachen gaben die Zweige und Äste nach. Die Vorderräder sackten ab und das unverwechselbare Splittern von Holz war zu hören. Die Soldaten standen starr in der Bewegung erstarrt und konnten es nicht fassen.
    „Jetzt!“ Brüllte Nasir und zog die beiden Krummschwerter aus ihrem Halfter das er am Rücken trug. Mit gekreuzten Klingen erwartete er seinen ersten Gegner. „Möge Allah und einen Sieg schenken,“ murmelte er leise. Mit einem Aufschrei stellte sich ihm der erste Gegner. Sein Wappenrock war bereits Blutbesudelt. Ob es sein eigenes war oder dass eines anderen Gegners war nicht zu erkennen. Nasir sah in das wutverzerrte Gesicht, als der Mann mit dem Schwert ausholte.
    Obwohl nur Sekundenbruchteile vergingen war die Zeit für Nasir endlos. Andere Bilder standen ihm vor Augen. Der Waffenrock des Mannes zeigte das rote Kreuz auf weißem Grund. Ein Kreuzritter... In seiner Hand ein blutiges Schwert... Er hinterließ hinter sich eine Blutspur im weißen Sand. Sein Grinsen voller Genugtuung verzerrte seine Züge. Nasir fühlte kalten Hass in sich aufsteigen. Damals war er ein hilfloses Kind gewesen, jetzt war er es nicht.
    Und das bekam sein Gegner zu spüren. Er wich dem Hieb von oben aus, tauchte mit einer Drehbewegung seitlich ab. Seine rechte Klinge schnitt dabei durch den Lederwams, Haut, Sehnen und Fleisch. Eine Blutfontäne zeigte, er hatte die richtige Stelle getroffen. Hinter dem Gegner kam er hoch. Mit einer weiteren Drehung beendete er das Leiden des Mannes.
    Ein Aufschrei ließ ihn herum wirbeln. Eindeutig hatte ihn eine Frau ausgestoßen. Marion? John kämpfte ganz in seiner Nähe. Er überragte alle Männer um Haupteslänge. Mit dem wirbelnden Eichenstock hielt er zwei Soldaten gleichzeitig in Schach. Nasir übernahm den einen, der ihm am nächsten stand.
    Der Mann hatte gegen seine Krummschwerter keine Chance. Mit zwei gezielten Drehungen hatte er ihn entwaffnet. Der Soldat war kaum Älter, als die jungen Burschen aus Wickham. In seinen Augen stand Panik und Angst. „Na los, verschwinde.“ Mit einer Kopfbewegung gab er es ihm zu verstehen. Das ließ sich der Junge nicht zwei Mal sagen. Er verschwand in dem Gebüsch.
    John pfiff durch die Zähne. „Bist du heut gnädig gestimmt?“ „Ich töte keine Kinder!“ „Irgendwann wird er zum Mann.“ „Wenn es Allahs Wille ist sehe ich ihn wieder.“
    Um sie herum tobte der Kampf. Nasir blickte in die Richtung aus der er den Schrei gehört hatte. „Wo ist Robin? Kannst du ihn sehen?“ Ein Soldat kam näher gestolpert, sah sie beide und machte kehrt. „Der hat es sich anders überlegt. Woran das wohl liegt?“ Johns Miene wurde wieder ernst als er sich umsah.
    Er stöhnte, seine Gesichtsfarbe wurde fahl. „Was ist?“ „In dieser Richtung, der Sheriff hat ihn und Marion mit seinen Männern umzingelt.“ Nasir wollte schon gehen als Johns mächtige Pranke ihn zurückhielt. „Und da sind Reiter im Anmarsch. Ich kann es fühlen.“ Tatsächlich, jetzt da John es sagte konnte er die Erschütterung des Bodens spüren und auch hören. Das stampfen und schnauben von Pferden, klirren von Eisenbeschlagenen Zaumzeug das aneinander schlug. „Wenn die hier sind haben wir keine Chance.“
    Nasir überlegte fieberhaft und traf eine Entscheidung. „Du kümmerst dich um Tuck und Robert. Suche Much und Will, wenn nötig bringe ihn zu Verstand. Ich kümmere mich um Robin, Marion. Geh!“ Mit Hieben bahnte sich Nasir einen Weg zur anderen Seite.
    Sie waren zu Viert. Der Sheriff stand mit dem Rücken zu ihm und sah ihn nicht kommen. Robin war zu Boden gegangen, er hockte mit gesenktem Kopf und keuchte. Seine Ledermaske hatte er abgestreift und er blutete stark aus einer Schulterwunde. Mehr Verletzungen konnte Nasir nicht erkennen. Marion schluchzte, sie wurde von zwei Soldaten zurück gehalten.
    „Jetzt bringen wir es Ende, Hood!“ Gisburnes Stimme klang so Hass erfüllt, dass Nasir keinen Zweifel daran hegte, dass er den Worten auch Taten folgen lassen wollte. Die Distanz war zu groß um ihn noch rechtzeitig zu erreichen, also ließ er die Schwerter fallen und zog stattdessen seine beiden Dolche.
    „Gisburne?“ Sein Schrei gelte über die Entfernung, Der Sheriff wirbelte herum und Nasir warf.

    Will fixierte die vorderen Reiter, die langsam in Sicht kamen. Seine Ungeduld war mit jeder Minute die verstrich gewachsen. Er hatte es satt zu warten und er war Johns Kommentare leid. Die Versuche ihn zurück zu halten würden scheitern, das wusste John genauso gut wie er. Also was sollten es bringen?
    Er warf John einen genervten Blick zu. Dieser erwiderte ihn mit störrischer Ruhe. „Sie kommen!“ „Ich weiß, und?“ „Du kostest mich den letzten Nerv. Wie kannst du nur so ruhig bleiben?“ Will schnaubte und drehte mit einem Kopfschütteln den Kopf.
    Die zwei Reiter an der Spitze waren schon so nahe, dass er ihre Gesichter erkennen konnte. Gisburne ritt an Robins Seite. „Verdammt, der Junge hat Mut. Und jetzt?“ John keuchte als er an Will vorbei die Situation erkannte. „Das ist nicht gut!“ „Diesen Kommentar kannst du dir sparen“, zischte Will und fasste den Messergriff fester.
    „Was hast du vor? Wir sollen auf Nasirs Zeichen warten.“ „Und damit Robins Leben riskieren? Bist du Wahnsinnig? Du kannst ja hier warten bis auf den jüngsten Tag aber ich nicht, verstanden?“
    John war jetzt ebenso wütend wie er. Seine Augen funkelten als er Will zu zischte. „Ich habe es kapiert!“ „Ach ja?“ „Ja, verdammt!“ „Und warum stehen wir dann noch hier?“ „Grrr.“
    Sie beide hörten in diesem Moment einen Aufschrei. Nasirs Pfeilschaft zitterte noch. Er war im Baumstamm steckengeblieben auf gleicher Höhe mit Gisburnes Pferd. Der schwarze Hengst rollte mit den Augen und stieg. Von Robin war nichts zu sehen. Sein Pferd tänzelte unruhig auf der Stelle. Gisburne hatte alle Mühe im Sattel zu bleiben.
    „Denn kauf ich mir!“ Sein Jagdinstinkt war geweckt. Seit Jahren wollte er dieses Schwein schon töten. Mehr als einmal hatte er es verdient. Jetzt bot sich ihm eine Möglichkeit und die würde er nutzen.
    „Warte Will.“ „Worauf verdammt?“ John zeigte an ihm vorbei auf den Weg. Eine dunkelhaarige Gestalt in den Farben Nottinghams schob sich an den nervös tänzelnden Pferden vorbei. „Da ist Robin…“
    Im selben Moment ertönte Gisburnes Befehl. „Eine Falle! Vorwärts Leute, reitet sie nieder!“ Er trieb sein Pferd an, das er jetzt wieder unter Kontrolle hatte. Die beiden anderen Reiter, die bisher denn Karren begleitet hatten, drängten nach vorne. Auf Höhe des Sheriffs trieben sie ihre Pferde an.
    Darauf hatte Nasir gewartet. Sein greller Pfiff gab das Zeichen zum Angriff. Mit einem Wutschrei stürzte sich Will auf den nächstbesten Soldaten. Mit dem Ellenbogen versetzte er dem Mann einen Schlag in Gesicht, ehe er mit dem Messer zustach. Er rammte es seinem Gegner bis zum Schaft in die Seite. Dieser keuchte und brach zusammen. Schreie waren um ihn zu hören, doch nichts war mehr von Bedeutung.
    Will überließ sich dem Hass und seinem Blutrausch.

    Robin zwang sich ruhig zu bleiben. In seinem Nacken richteten sich die Haare auf. Niemand sollte ihm die Nervosität anmerken. Zu groß war die Gefahr, für die Anderen. Dennoch überlief ihn ein Schauer und er fasste die Zügel fester. Der Ruf des Kuckucks war eine schlechte Imitation und niemanden war aufgefallen das die Antwort aus der entgegen gesetzten Richtung kam.
    Gisburne war noch immer noch damit beschäftigt die Soldaten anzutreiben. Der abschüssige Teil des Wegs lag hinter ihnen. Nach dieser Biegung gabelte sich der Pfad. Robin atmete tief durch. Sein Blick war auf den Karren gerichtet. Nicht mehr lange und er konnte Tuck und Robert befreien. Die Freunde waren in der Nähe und hatten sein Zeichen auf der Lichtung verstanden. Ein Gefühl der Erleichterung machte ihm das atmen leicht.
    Der Sheriff schloss wieder zu ihm auf. „Alles Narren und Einfallspinsel! Wie weit ist es noch bis zum Black Will, Lincoln?“ Als Robin schwieg warf ihm der Sheriff einen Blick zu. Die fragende Miene bekam einen hämischen Zug. „Ah ich vergaß. Diesen Teil vom Sherwood kennt ihr ja noch nicht, Lincoln. Wo wir gerade bei diesem Thema sind, habt ihr dieses Weibsstück bei ihnen gesehen. Ihr wisst wenn ich meine… Marion?“ Die Art wie Gisburne denn Namen aussprach, jagte Robin einen Eisschauer über das Rückgrat.
    „Verzeiht my Lord Sheriff. Nein, sie haben mir die Augen verbunden, ehe sie mich ins Lager brachten. Dort hat mich dieser Mönch versorgt. Manchmal kam dieser Wahnsinnige, dieser Scarlett. Sagt euch der Name etwas?“ Gisburnes Gesichtsfarbe war etwas blasser geworden als zuvor. Sicher erinnerte er sich an Scarlett, oft genug war Will nahe dran gewesen Gisburne zu töten. „Ja Lincoln… dunkel. Ah, da vorne ist ja die Wegbiegung. Vorwärts ihr müden Hunde! Bald sind wir am Ziel.“
    Just in diesen Moment hörte Robin dieses unverwechselbare Sirren eines Pfeils. Instinktiv glitt er vom Pferderücken und benutzte das Tier als lebendes Schutzschild. Dank seiner jahrelangen Ausbildung steckte ihm dieses Handeln im Blut. „Was zum Teufel…“ Der Sheriff warf ihm einen überraschten Blick zu, dann brach die Hölle los.

    „Es geht los! Sie kommen.“ „Na endlich. Ich dachte schon sie kommen nie.“ Wills gezischte Antwort zeigte deutlich seine aufgestaute Ungeduld. Für einen Moment sah Nasir das aufblitzen von Stahl, im gegenüberliegenden Gebüsch. Will zog sein Messer. Er hoffte inständig, dass John ihn zurückhalten konnte.
    Nasir hatte sich einen Platz ausgesucht wo er alles im Blick hatte. Sowohl die Kreuzung, wo der Weg sich gabelte und auch die Baumkronen in dessen Krone die jungen Männer saßen. Sie warteten auf ein Zeichen von ihm, dann würde die Falle zuschnappen.
    Zwei weitere Männer warteten beidseits der Mulde, versteckt im Gebüsch. Ihre Aufgabe war es sich um Tuck und Robert zu kümmern, wenn der Kampf los brach. Er selbst, Will und John würden sich den Soldaten entgegen stellen, aber erst wenn sie in der Falle saßen. Soweit musste es erst kommen.
    Das ausgemachte Ruf von Ellen bedeutete, dass sie den Hang oberhalb des Weges gerade passierten. Ein schwieriger Abschnitt, wenn man bedachte, dass der Sheriff den Karren mit sich führte. Wenn dieser Teil des Weges hinter ihnen lag würde der Zug in Sicht kommen. Nasir lauschte angestrengt, er hörte das Klirren von eisenbeschlagenem Zaumzeug und Rufe.
    In ihm breitete sich die alt vertraute Ruhe aus. Als Sarazene war ihm das töten von Menschen nicht fremd. In Allahs Namen hatte er viele Ungläubige getötet. Ihn schreckte nicht die Aussicht auf seinen Tod. In Allahs Namen sein Leben zu lassen, war ein Segen und eine große Ehre für die ganze Familie. Allah hätte sicher nie gewollt, dass er untätig zusah wie gute Menschen starben. Er hatte sich Robin angeschlossen, weil er für gute Ziele kämpfte, sich für Schwächere einsetzte und ihnen half. Und wenn das hieß, dass er heute den Tod finden würde, so war es Allahs Wille.
    Ein huschender Schatten zu seiner rechten ließ ihn leise fluchen. Er war nicht schnell genug um zu erkennen was es war. Es bewegte sich huschend von Stamm zu Stamm und war im nächsten Moment verschwunden.
    „Was in Allahs Namen…“ Seine Aufmerksamkeit wurde auf den Weg gelenkt. Das Schnauben eines Pferds war deutlich in der Stille zu hören und das Scharren von Hufen. Zwei Reiter kamen oberhalb des Weges in Sicht. Es dauerte nur wenige Minuten bis auch der restliche Zug die Stelle passiert hatte. Zum Schluss folgte der Karren mit seiner Nachhut.
    Nasir hielt die Luft an, als er in Sicht kam. Im Zwielicht des Waldes konnte er nur zwei Gestalten innerhalb des Karrens erkennen. Die eine liegend, wahrscheinlich Robert. Die andere kniete neben ihm. Tuck! Er zählte vier Reiter insgesamt, zwei vorne und zwei weitere ritten vor dem Karren.
    Die ersten Soldaten waren nur noch wenige Meter von der Mulde entfernt. Jetzt würde sich zeigen ob sie die Stelle gut genug getarnt hatte oder ob einer der Soldaten etwas bemerkte. Nasir zog lautlos den schwarz gefiederten Pfeil aus dem Köcher auf seinem Rücken. Er legte ihn auf die Sehne seines Bogens. Jeder würde das Zeichen verstehen, vor allem Robin.
    Nasir legte an, spannte die Sehne und visierte einen Punkt, dann atmete er tief aus und ließ los.

    Tuck Hand zitterte, als er nach Roberts Puls fühlte. Erleichtert atmete er aus, als er das leichte pulsieren unter der Haut ertastete. Jetzt lag Robert wieder regungslos. Seine bläulich verfärbten Lippen und die gelblich graue Hautfarbe machten Tuck klar, das es nicht mehr lange dauern würde… Nur zu oft hatte er die ersten Anzeichen des nahenden Todes gesehen.
    Er umfasste Roberts Hände und murmelte ein Gebet.
    Mehr konnte er für seinen Freund nicht tun. Dabei fielen ihm wieder die Robins Worte ein. „Geb die Hoffnung nicht auf, Tuck. Nichts ist vergessen. Nichts wird jemals vergessen. Solange wir leben und atmen werden wir kämpfen. Sie können uns ächten, jagen oder foltern aber niemals können sie uns den Glauben nehmen.“ Er hatte Recht. Die anderen würden kommen und sie befreien.
    Tuck betrachtete die Bäume beidseits des Weges. Kaum ein Lichtstrahl drang durch das dichte Blätterdach. Mächtige Eichen, weitverzweigte Erlen und Linden säumten den Weg. Junge Birken und andere Schösslinge sprossen dazwischen. Altes Laub bedeckte den Boden vereinzelt sah man umgestürzte Stamme von Moos Teppichen bedeckt.
    Der Weg führte an dieser Stelle bergab. Die Soldaten hatten Mühe den Karren zu halten. Die Gefahr war zu groß, dass eines der Holzräder in einer der Rillen steckenblieb und brach. Er konnte Gisburne und Lincoln sehen, die bereits an der nächsten Wegbiegung warteten. Das Pferd des Sheriffs tänzelte nervös. Das schwarze Pferd auf dem Lincoln saß rührte sich kaum, ebenso wie sein Reiter. Im Halbdunkel des Waldes und auf diese Entfernung war es Tuck nicht möglich noch mehr zu erkennen.

    Er zuckte zusammen, als eines der Holzräder absackte und ein Ruck durch den Karren ging. Ein lautes Knirschen war zu hören. Er hielt sich an den Stäben fest, Roberts Körper rutschte zur anderen abfallenden Seite.
    „Idioten! Bin ich den nur von Schwachsinnigen umgeben? Seid ihr zu dumm einen Karren zu steuern? Soll ich denn alles selber machen?“ Der Sheriff kam fluchend näher. Er würdigte Tuck nicht eines Blickes, sondern versetzte dem nächstbesten Soldaten einen Schlag mit der gepanzerten Faust. Dieser ging zu Boden.
    „Ich werde keine Verzögerung mehr tolerieren. Also strengt euch an das er heil nach unten kommt. Auf!“ Jetzt traf Tuck doch der lodernde Blick von Gisburne.

    „Und du Mönch sorgst dafür das dieser Abschaum noch lebt, wenn wir ankommen. Die Mühe soll nicht umsonst sein.“ Abschaum, Tuck konnte nicht verhindern, dass er Gisburne das schwarze Fieber an den Hals wünschte. Robert war sein Halbbruder.
    Tuck ahnte nicht, dass man diese Szene aus den Wipfeln der Baumkrone beobachtete. Derjenige legte die Hände aneinander und ahmte den Ruf eines Kuckucks nach. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.