Das Feuer der Liebe [Arbeitstitel]

Es gibt 227 Antworten in diesem Thema, welches 52.981 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (31. Januar 2015 um 07:29) ist von Jennagon.

  • Zitat

    Eigentlich zum zweiten Mal … sie dachte an den Moment, als sie ihren Retter gefunden hatte … beziehungsweise er sie gefunden hatte, und an die viel zu kurze Zeit danach. Aber nein, das war etwas anderes.


    lass das weg, dann doppelt sich das hatte nicht

    Zitat

    Die Tiere waren stark und schnell, doch als es Abend wurde kamen auch sie langsam an ihre Grenzen.
    Doch sie mussten noch durchhalten.


    wiederholung

    stimmt, du hast nie aufgelöst, wer der Retter war. Vielleicht sieht sie ihn ja wieder, wer weiß? ;) Ich denke, sie wird nicht für ewig aus ihrer Heimat verschwinden. Bin auf jeden Fall gespannt, wohin ihr weg sie nun führt :thumbup:

  • Den Ort, den sie zum Übernachten auswählten, hätte man mit bloßem Auge nie finden können. Schon gar nicht bei dieser Dunkelheit. Er war gut versteckt zwischen einigen größeren Gesteinsbrocken, Büschen, Gestrüpp und den tief hängenden Zweigen vereinzelter Fichten.
    Sie sattelten die Pferde nicht ab, da sie die Möglichkeit haben wollten so schnell wie möglich wieder fliehen zu können, sollten sie entdeckt werden. Stattdessen gaben sie ihnen etwas Wasser aus ihren Schläuchen und banden sie an einer erstaunlich großen, in die Luft ragenden Baumwurzel fest.
    Irgendwie schaffte Sanjo es, den herumliegenden Zweigen und dem Laub ein winziges Lagerfeuer abzuringen. Freya konnte sich in diesem Moment, umgeben von der nächtlichen Kälte und Schwärze, nichts Erlösenderes vorstellen, als die zarten Flammen, die plötzlich aus Sanjos Händen heranwuchsen, und die er dann auf das aufgeschichtete Brennmaterial übertrug.
    Inzwischen hatte Mina ein wenig Brot und getrocknetes Fleisch aus einer Tasche hervorgezaubert. Erst beim Anblick dieser unscheinbaren Köstlichkeiten bemerkte Freya, wie hungrig sie wirklich war.
    Sie setzten sich zu dritt um die knisternden Flammen und endlich wurde ihnen warm.
    Freya schlang das bisschen Fleisch so schnell herunter, dass sie es kaum glauben wollte, als sich dieses nicht mehr in ihren Händen befand. Das Brot rösteten sie derweil über dem Lagerfeuer, so dass es warm und knusprig wurde.
    Trotz der bedrohlichen Situation konnte sich die Prinzessin in diesem Augenblick nichts Schöneres vorstellen.
    Sie hatte sich oft erträumt wie es wohl sein mochte im Wald zu leben. Völlig auf sich gestellt, nur mit den Tieren als Begleiter und unter freiem Himmel … zugegebenermaßen, damals war sie noch jung und unbefangen gewesen, aber dennoch …
    Der letzte Krumen Brot für diesen Abend war schließlich verzehrt worden und aus dem gefräßigen Schweigen wurde eine erschöpfte Stille.
    Freya starrte in die Flammen. In den einzelnen Zünglein, rot, orange und golden, sah sie winzige Geister aus Licht … einmal glaubte sie sogar richtige Figuren in den tanzenden Schemen zu erkennen, doch dann war es wieder weg und es blieben die wilden Tänzer, die sich in endloser Zahl in die Höhe streckten um im Dunkeln zu verschwinden.
    „Sie hat mich gefunden … damals …“
    Erschrocken sah Freya auf. Mina stocherte mit einem Zweig in der schwelenden Glut herum. Das Feuer erleuchtete ihr Gesicht, was ihr einen wilden und doch warmen Ausdruck verlieh. Trotzdem wirkte sie, als wäre sie weit weg, während sie sprach und den beiden anderen ihre Geschichte erzählte.
    „Es war im Winter, damals, vor vielen Wintern. Meine Eltern hatten kein Geld, oder sie wollten mich einfach nicht oder vielleicht waren sie auch beide Tod und jemand anderes hat es getan … jedenfalls wurde ich als Baby vor Belrûn gefunden. An einem kleinen Seitentor, im Schnee. Maeg war es, die sich meiner annahm und sich um mich kümmerte ... die meine Mutter wurde.“
    „Moment“, unterbrach Sanjo sie. „Maeg ist …?“
    „Maeg ist die alte Frau, von der ich mich verabschieden wollte, ja. Wie gesagt, sie nahm mich auf, zog mich groß und brachte mir im Laufe der Jahre nahezu alles bei, was sie wusste. Was ich heute weiß.
    Maeg war Oberste Heilerin am Hof. Als ich alt genug war, nahm sie mich mit um ihr zu assistieren.“ Ein flüchtiges Lächeln stahl sich auf ihr hübsches Gesicht. „Ich war überall, wo sie auch war. Bei einfachen Brüchen, Vergiftungen … egal wie widerwärtig es auch war, alles was sie ertrug wollte ich auch ertragen. Und das war wirklich alles. Ich war auch bei Geburten dabei.“ Das Lächeln erlosch. „Und wenn die Leute gestorben sind.
    „Warte!“, unterbrach Freya sie dieses Mal. Mina verwirrte sie. „Du sagtest Maeg wäre Oberste Heilerin gewesen. Aber … aber das ist unmöglich! Frauen sind keine Heilerinnen, das sind nur Männer. Schon immer!“
    „Nein“ flüsterte Mina. „Erst seit deiner Geburt.“
    Nun war Freya vollends verwirrt.
    „Hat man dir jemals erzählt, was damals passiert ist?“, fragte Mina bestimmt und sah der Prinzessin direkt in die Augen. „Weißt du, was damals war?“
    „Meine Mutter ist gestorben, aber was …?“
    „Ja, Ariana starb …“ Mina starrte weiter in die Flammen. „Damals war ich sechs. Aber es ist, als wäre es gestern gewesen. Seit ich fünf war, nahm Maeg mich mit auf die Burg, wenn sie arbeitete. Damals gab es fast ausschließlich Heilerinnen, weißt du? Jedenfalls war ich noch nicht bei allzu vielen Geburten musst du wissen. Ich war damals ziemlich aufgeregt. Schließlich war es die Königen persönlich, die da ihr Kind bekam! Das ganze Königreich stand damals Kopf. Und Randon erst! Ich glaube, ich sah selten einen Vater, der aufgeregter gewesen wäre. Und das will was heißen!“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe sogar noch kurz mit ihm gesprochen. Als deine Mutter grade in den Wehen lag. Er wollte unbedingt zu ihr, doch das war damals nicht erlaubt. Also sagte ich ihm immer wieder, er solle sich gedulden … und warten. Er hat sie glaube ich sehr geliebt, deine Mutter.“
    Sie schaute Freya an, in einer Mischung aus mitfühlend und bedrückt und irgendwie auch herausfordernd. Und Freya … verstand überhaupt nichts mehr.
    „Wie ging es weiter?“
    „Du kamst schließlich zur Welt. Und Ariana starb. Ich denke, dass war der Anfang vom Ende. Maeg und ich konnten dank deiner Mutter fliehen. Der Rest brannte.“ Die junge Frau verstummte.
    „Sie brannten?“, wiederholte Freya ungläubig. „Was soll das heißen? Dass sie …“
    „Scheiterhaufen. Die Bestrafung für Mörderinnen und die, die einfach dabei waren. Auch wenn jede einzelne alles gegeben hätte um die Königin am Leben zu lassen! Alles! Der einzige Mörder an diesem Tag war …“
    „ … Mein Vater.“ Freyas Mund wurde trocken, wie ein altes Blatt Pergament. Plötzlich sah das Lagerfeuer nicht mehr so warm und einladend aus.
    „Wir zwei konnten also fliehen. Es war ein scheußlicher Sturm – dabei ist es im Endeffekt eigentlich egal, wie das Wetter in jener Nacht war. Es war einfach nur grässlich. In jeder Hinsicht. Wir versteckten uns lange Zeit im Wald, doch so richtig hat uns niemand gesucht.
    In der Hütte, die ihr gesehen habt, da lebte ich mit ihr. Und ihren Raben natürlich.
    Irgendwann beschloss Maeg, dass es sinnvoll wäre, wenn ich zurück in die Burg ginge. Jemand musste schließlich auf dich aufpassen! Also arbeitete ich dort als Küchenhilfe, als Magd und als Mädchen für alles. Doch auch, wenn ich später in den Bedienstetenkasernen der Burg unterkam, besuchte ich sie so oft es ging. Sie war schließlich irgendwie meine Mutter.“
    „Entschuldige“, platzte Freya heraus. „Aber bedeutet das, dass unsere Freundschaft all die Zeit lang nur dazu gut war um mich zu beobachten?!“
    „Aber nein! Ich sollte aus der Ferne auf dich aufpassen. Unsere Freundschaft hat damit nichts zu tun. Das war nicht geplant oder beabsichtigt. Das hat sich einfach ergeben. Und ich bin froh darüber.“ Sie schenkte Freya ein besänftigendes Lächeln. „Freya, du wirst immer meine beste Freundin bleiben. Das weißt du doch, oder?“
    Sie nickte unsicher.
    „Das war es auch eigentlich“, schloss Mina. „Wenn das hier vorbei ist werde ich zu ihr zurückkehren. Sie hat sonst keinen und sie ist nicht grade einfach in Gesellschaft.“
    Betretenes Schweigen. In Freyas Schädel brummte es wie in einem aufgeregten Bienenstock.
    „Halt!“ Sie presste die Finger an die Schläfen und kniff die Augen zusammen, doch auch das half nicht gegen diese unerträgliche Gewissheit, die sich langsam aber sicher in ihr ausbreitete.
    „Das bedeutet, dass all diese Menschen … die Heilerinnen … dass sie alle wegen mir gestorben sind! Wie … wie viele waren es? Wie viele?!“
    „Ich weiß es nicht, Freya, aber das ist auch unwichtig. Niemand ist wegen dir gestorben, du bist absolut unschuldig!“
    „Sag. Es. Mir!“
    „Ich weiß es wirklich nicht! Ich war damals doch erst sechs aber … es waren nicht wenige.“
    Freya verbarg das Gesicht in ihren Händen. Sie fühlte sich, als würde ihr gesamtes Leben in diesem Augenblick vor ihr in sich zusammenbrechen. Es war wie ein Spiegel, in dem Moment, in dem man ihn zerschlug und die Scherben durch die Luft segelten und versuchten einen mit scharfen Kanten und Spitzen zu zerfetzen.
    „Freya!“ Irmina rutschte von ihrer Seite des Feuers zu ihr hinüber und legte tröstend den Arm um ihre Schultern. „Du kannst doch nichts dafür. Niemand kann etwas dafür, geboren zu werden. Der einzige, der sich in dieser ganzen Geschichte verantworten muss, ist dein Vater.“
    „Mein Vater hat den Verstand verloren“, murmelte sie in ihre Handflächen hinein. „Das weißt du, das weiß ich und jeder andere vermutlich auch.“
    „Man sagt, es war die Liebe“, seufzte Mina.
    „Wenn das Liebe ist, will ich eher sterben als mich zu verlieben!“, schluchzte Freya.
    „Er hat deine Mutter so sehr geliebt, dass er es nicht ertragen konnte die Menschen um sich zu sehen, dass …“
    „Das ist keine Entschuldigung!“
    „Natürlich ist es das nicht, ich versuche es doch einfach nur zu verstehen, Freya!“
    „Wenn er es nicht ertragen konnte, die zusehen, die … dabei waren. Wenn er sie so gehasst hat. Warum lebe ich dann noch?“
    „Ich … ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob es dir schon einmal jemand gesagt hat, aber du siehst aus wie sie. Du hast Arianas Größe, ihre Figur, die Form ihres Gesichtes und ihre Augen. Nur dein Haar, das ist etwas dunkler. Ich selbst habe die Königin natürlich nicht so oft gesehen – und wenn, dann eigentlich nur schwanger – aber Maeg hat es schon bei deiner Geburt vorausgesagt. Und die Bediensteten sagen es noch heute. Vielleicht erinnerst du ihn einfach an sie?“
    „Ja … das muss es sein.“ Freya dachte nur ungern an jenen Tag, als sie ins Turmverlies verbannt wurde. Randon hatte sie damals für Ariana gehalten.
    Ihr wurde übel und warm ums Herz zugleich.
    Ihr Vater dachte sie wäre ihre Mutter.
    Sie sah aus, wie ihre Mutter.
    Für sie waren diese Erkenntnisse gleichzeitig schockierend und erleichternd. Es erklärte so viel!
    Sie schaute zu Mina auf, die sie besorgt musterte. Es war zu viel. Viel zu viel.
    „Ich werde nun ein wenig schlafen“, murmelte sie so gefasst wir möglich. „Bis morgen.“
    Damit rappelte Freya sich auf, suchte sich einen gemütlich aussehenden Platz ein wenig abseits der Feuers, wickelte sich in ihren Umhang und versuchte einzuschlafen.

    Spring - und lass dir auf dem Weg nach unten Flügel wachsen ~R.B

    Sometimes you have to be your own hero.

    Einmal editiert, zuletzt von Ondine (6. Januar 2015 um 17:50)

    • Offizieller Beitrag

    als würde ihr gesamtes leben

    Leben

    ;( Traurig schöner Teil. Gibt etwas Aufschluss darüber, was damals passiert war.
    Das sie ihrer Mutter ähnelt, dass bekommt man unterschwellig ja mit, aber Mina hat recht. Freya kann nichts dazu.
    Der Vater mag ja zuvor anscheinend ein liebevoller Mensch gewesen zu sein, zumindest lässt es einen vermuten, wenn man
    von dieser tiefen Liebe liest, aber ... stimmt. Dafür, was er getan hat, gibt es keine Entschuldigung ...
    Wenn er sie so geliebt hat, sollte er sich vielleicht überlegen, ob er ihr nicht folgt :sarcastic:
    Wäre doch ne super Sache ... Er und sie wieder vereint - im Tod und alle hätten was davon *räusper*

    :thumbsup::thumbsup:

    Ansonsten schön zu sehen, dass sie NICHT erwischt wurden!!

  • Zitat

    Freya konnte sich in diesem Moment, umgeben von der nächtlichen Kälte und Schwärze, nichts Schöneres vorstellen, als die zarten Flammen, die plötzlich aus Sanjos Händen heranwuchsen, und die er dann auf das aufgeschichtete Brennmaterial übertrug.
    Inzwischen hatte Mina ein wenig Brot und getrocknetes Fleisch aus einer Tasche hervorgezaubert. Erst beim Anblick dieser unscheinbaren Köstlichkeiten bemerkte Freya, wie hungrig sie wirklich war.
    Sie setzten sich zu dritt um die knisternden Flammen und endlich wurde ihnen warm.
    Freya schlang das bisschen Fleisch so schnell herunter, dass sie es kaum glauben wollte, als sich dieses nicht mehr in ihren Händen befand. Das Brot rösteten sie derweil über dem Lagerfeuer, so dass es warm und knusprig wurde.
    Trotz der bedrohlichen Situation konnte sich die Prinzessin in diesem Augenblick nichts Schöneres vorstellen.


    2x die gleiche Formulierung auf kurzen Abstand, das fällt auf und zählt als Wiederholung ^^

    Zitat

    „Das bedeutet, dass all diese Menschen … die Heilerinnen … dass sie alle wegen mir gestorben sind! Wie … wie viele waren es? Wie viele!“


    Ganz am Ende muss dem Ausrufezeichen ein Fragezeichen Gesellschaft leisten

    Zitat

    „Mein Vater hat den Verstand verloren“ murmelte sie in ihre Handflächen hinein.


    Komma hinter die wörtliche Rede

    Wow, dieser Part ist wahnsinnig gut geschrieben 8o Man merkt, dass du Fortschritte machst :thumbsup:
    Traurig und berührend geschrieben und stilistisch sicher :thumbsup:

  • Zitat

    Wenn er sie so geliebt hat, sollte er sich vielleicht überlegen, ob er ihr nicht folgt
    Wäre doch ne super Sache ... Er und sie wieder vereint - im Tod und alle hätten was davon *räusper*


    Joa ein Interessanter Ansatz :sarcastic: kann ich mir ja nochmal überlegen :P

    Zitat

    Wow, dieser Part ist wahnsinnig gut geschrieben Man merkt, dass du Fortschritte machst
    Traurig und berührend geschrieben und stilistisch sicher
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    Dankeschön :blush: das geht ja mal runter wie flüssige Schokolade :thumbsup:

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    Sometimes you have to be your own hero.

  • Die nächsten Tage verliefen einheitlich grau und feucht. Am zweiten Tag verließen sie den Wald, durchquerten einige Felder und mieden die dazugehörigen kleinen Dörfern, nur um dann erneut in die Tiefe aus grün und braun einzutauchen. Das schlimmste an den Wäldern war, Freyas Meinung nach, dass man zumeist den Himmel nicht sehen konnte. Sie war so lange eingesperrt gewesen, dass sie nun auch endlich die ewige Weite über ihrem Kopf spüren wollte. Dennoch empfand sie die Geräusche und Gerüche und diese eigenartige Waldluft als unglaublich erholsam und beruhigend.
    Manchmal hatte sie das Gefühl verfolgt zu werden oder bildete sich ein, Hundegebell und Stimmen zu hören – doch meist verschwanden diese Illusionen so schnell, wie sie gekommen waren.
    Am vierten Tag gingen ihre Vorräte zur Neige, am fünften waren sie vollkommen aufgebraucht. Sanjo bastelte sich kurzerhand einen Bogen und schoss daraufhin zwei Kaninchen, die Mina und Freya häuten und ausnehmen mussten und die sie abends über dem Feuer brieten. Für die Prinzessin war es das erste Mal, dass sie einem Tier eigenhändig die Gedärme herausnehmen musste. Ihr wurde übel, als sie das tote Tier berührte und das arme Kaninchen tat ihr leid, doch Mina zeigte ihr wie sie es richtig machen musste und schließlich schaffte sie es ohne sich zu übergeben, was sehr zu ihrer eigenen Überraschung war.
    Sie redeten nie viel mit einander, wenn sie ritten, meist schwiegen sie einfach und lauschten den Stimmen der Natur und den Geräuschen der Pferde. Nur abends am Lagerfeuer, bevor sie schliefen, erzählten sie sich allerhand Geschichten auch, wenn sie alle ganz offensichtlich ihre eigenen kleinen Geheimnisse hatten.
    Mina sprach zwar nicht mehr über Maeg, aber sie berichtete von ihrer Zeit im Schloss und ihren Freundinnen in der Küche und unten in der Stadt. Auch Sanjo gab Geschichten zum Besten, zum Beispiel wie er einmal als kleiner Junge mit einem Schausteller gezogen ist, als er von zu Hause ausriss. Er kehrte allerdings wieder zu seiner Mutter zurück, als der Kerl verlangte er solle ein waghalsiges Kunststück mit einem nicht ganz abgerichteten Tanzbären, einem Feuerring und drei Schwertern vollführen und dieser ein ‚nein’ nicht akzeptieren wollte. Ein, zweimal ließ sich der Bote sogar dazu überreden den beiden Frauen ein Lied vorzusingen. Sanjo konnte wirklich gut singen. Er hatte eine angenehme, volltönende Stimme und er konnte sowohl lustige als auch traurige Lieder wunderbar darstellen.
    Freya selbst schwieg meistens und lauschte. Sie hörte den Geschichten zu und lächelte fröhlich aber irgendetwas hielt sie davon ab selbst etwas von sich preis zu geben.
    Sie fühlte sich, als würde ihr etwas sehr, sehr Wichtiges genommen, wenn sie anfinge mehr aus ihrem Leben zu erzählen … außerdem hatte sie eh nicht sonderlich viel zu berichten, wie ihr schien.
    Am sechsten Tag kam es zum ersten größeren Streit. Sanjo, der die großen Wege mit noch größerer Sorgfalt mied und stets abseits der Straßen blieb, bekam sich mit Mina in die Haare, die der festen Überzeugung war, dass sie sich verlaufen hatten und auf die Straße wollte, um dort nach dem Weg zu fragen.
    „Wir sind hier!“ Sanjo stieß mit seinem Zeigefinger so fest auf die Karte, dass Freya Angst hatte, sie würde ein Loch bekommen. „Dort ist die verfallene Mühle, die wir vor ein paar Tagen gesehen haben und da der blaue Fluss.“ Er deutete auf Punkte auf der Karte, die Freya von ihrer Position aus, hinter ihm auf dem Rücken seines Pferdes, nicht sehen konnte.
    „Nein, wir sind hier“, stöhnte Mina entnervt und deutete auf einen Punkt der angeblich etwas weiter westlich war. „Denn die Mühle war nicht deine Mühle sondern irgendein altes Haus, das so kaputt war dass es auch ein Schloss gewesen sein könnte oder ein Schweinestall. Und siehst du dieses Ding da? Das ist die Felsformation, die ich dir vor zwei Tagen gezeigt habe, wo ich meinte, dass sie aussieht wie auf deiner komischen Karte und dass wir dann doch viel zu weit westlich seien!“
    „Mina bitte – ich bin schon unzählige Male diesen Weg geritten. Ich weiß wo wir sind.“
    „Ach ja? Auf Belrûn hieß es noch es sei erst drei Mal gewesen. Und davon warst du eine Strecke im Bauch deiner Mutter.“
    „Na und? Du bist noch nie hier gewesen!“ Sanjo rollte wütend die Karte zusammen und steckte sie in seinen Mantel. „Wir werden die Straße nicht benutzen. Und dabei bleibt es.“
    „Warum, bei den Göttern, seid ihr Männer immer so ignorant?!“, brauste Mina auf. „Es kann doch nicht schaden einmal nach dem Weg zu fragen!“
    „Natürlich wird es schaden! Was wenn uns der, den du fragst, direkt and an König verrät?“
    „Ihr müsst euch ja nicht zeigen“, schlug die junge Frau vor. „Ich frage während ihr euch versteckt. Hier ist im Moment vermutlich eh keiner – wir sind mitten im Nirgendwo – aber wenn wir die Gelegenheit bekommen sollten wir vielleicht sogar ein Gasthaus ansteuern. Dort könnte ich nach dem Weg fragen, und ein drittes Pferd für Freya besorgen. Das ist ja nun wirklich kein Zustand für das arme Tier.“ Sie weiß mit dem Kinn auf das Pferd, dass Sanjo und die Prinzessin trug. Mina hatte Recht, sie würden schneller vorankommen mit einem weiteren.
    Sanjo brummte etwas Unverständliches, woraus Freya bloß das Wort „Wahnsinn“ entnahm.
    „Dann ist es beschlossene Sache? Fein. Freya, du bist doch auch meiner Meinung, oder?“
    Um nicht antworten zu müssen täuschte sie einen plötzlichen Hustenanfall vor, der sich jedoch bald zu einem richtigen Husten entwickelte und sie beinahe aus dem Sattel warf. Sie wollte sich lieber nicht einmischen, wenn die beiden sich zankten.

    Mina verlangte die Karte von Sanjo und ritt voran. Tatsächlich stießen sie noch am selben Tag auf die Straße. Genau genommen war es einfach nur ein breiter Pfad, der quer durch das Land führte und von den schweren Karren der Bauern gezeichnet war.
    Zur Zeit war weit und breit keine Menschen Seele zu sehen, dennoch ritten sie nicht direkt die Straße entlang sondern in einiger Entfernung durch ein kleines Wäldchen. So konnten sie den Weg im Auge behalten aber keiner konnte sie sehen.
    Für die Nacht ritten sie tiefer in den Wald hinein, doch Sanjo war strikt dagegen ein Feuer zu entzünden. Er behauptete es sei zu gefährlich, womit er vermutlich auch Recht hatte, aber Freya hatte den starken Verdacht, dass es generell eher um einen Machtkampf zwischen ihm und Mina ging, die die Meinung vertrat, dass hier am Ende der Welt eh keiner das Feuer sehen würde und schon gar nicht so tief im Wald. Doch der Bote blieb hart und Freya wusste, dass er Recht hatte.
    Der Abend wurde stumm und kalt und der Morgen ebenso, doch schon wenige Stunden nachdem sie wieder im Sattel saßen entdeckte Sanjo ein Gasthaus an einem kleinen Bach. Es war der siebte Tag und es versprach ein grauer, nasser Tag zu werden.
    Sie beschlossen ihr Glück zu versuchen.

    Spring - und lass dir auf dem Weg nach unten Flügel wachsen ~R.B

    Sometimes you have to be your own hero.

    Einmal editiert, zuletzt von Ondine (6. Mai 2016 um 22:51)

  • Zitat

    Manchmal hatte sie das Gefühl verfolgt zu werden oder bildete sich ein _ Hundegebell und Stimmen zu hören – doch meist verschwanden diese Illusionen so schnell, wie sie gekommen waren.


    + Komma. Ansonsten könnte das "ein" als unbestimmter Artikel gelesen werden

    Zitat

    Sie fühlte sich, als würde ihr etwas sehr, sehr wichtiges genommen, wenn sie anfinge mehr aus ihrem Leben zu erzählen …


    groß

    Zitat

    Er deutete auf Punkte auf der Karte, die Freya von ihrer Position aus, hinter ihm auf dem rücken seines Pferdes, nicht sehen konnte.


    groß

    Zitat

    Sanjo brummte etwas unverständliches, woraus Freya bloß das Wort „Wahnsinn“ entnahm.


    groß

    Ja, die angespannten Nerven. Die Stimmung der Gruppe hast du gut eingefangen :thumbup: Was das Gasthaus angeht, befürchte ich, dass sie dort doch noch besser erkannt werden könnten, als von einem Passanten auf der Straße 8| Das sollten sie erst recht meiden.

    • Offizieller Beitrag

    Ja, man fiebert förmlich mit, dass sie immer weiter kommen und nicht doch noch entdeckt werden.
    Stimme Alo zu, du hast die Gefühle, Ängste und alles weitere super eingefangen.
    Ich bin gespannt wie ihre Reise weitergeht und bleibe dran ^^

    Wehe sie werden erwischt 8o
    Freya hat sich mal etwas Glück verdient, so wie auch alle anderen :S