Part 1:
Auf einer grauen Welt, in einem herunter gekommenen System des Gothic- Sektors, liegt die Stadt Vincunt. Sie ist die Heimat von Millionen Menschen, die versuchen ihr einfaches Leben zu leben. Unter den Schatten der riesigen Palastkomplexe aus Marmor und Messing, leben die meisten von ihnen im Prekariat, was das Schicksal vieler imperialer Bürger in diesen Zeiten ist. Die Tage auf Vincunt sind weder kalt noch warm, sie sind einfach. Sonnenschein ist ein seltenes Gut, das nur selten auf die kunstvollen Zinnen der gotischen Architekturen fällt und so ein wenig Glanz in die Öde der Stadt bringt. Sollte sie dennoch scheinen dringt sie nicht zu den tiefsten Winkeln der Stadt vor, die prachtvollen Mauern und Türme blockieren das Sonnenlicht wo es nur geht, diese Metropole ist trotz architektonischen sowie künstlerischen Leistungen ein düsterer Ort, an jeder Ecke und auf jedem hohen Turm prangen eingemeißelte Totenschädel. Prangen keine Totenschädel, tun es die imperialen Adler, von Inquisitoren und hohen Generälen als „ Aquila“ bezeichnet. Die Galaxis war kein Ort des Friedens und so auch nicht der Gothic- Sektor. In Vincunt wurde nie direkt Krieg geführt, doch so ziemlich jede militärische Operation im ganzen Sektor, ging von Vincunt aus, sie ist eine Stadt der Strategen und anderer wichtiger Diener des Imperiums.
In Vincunt existiert jedoch ein Ort, der es herausstechen lässt, etwas, dass den anderen imperialen Städten nicht gemein ist.
Lord Inquisitor Tesos lehnte am verzierten Geländer der Kaurusterrasse, dem höchsten Punkt in Vincunt, auf alles hinabsehend, wachend und mit stoischem Blick betrachtete er mit seinen blauen Augen die, ins abendrot getunkte Stadt. Die Panzerhandschuhe der Servorüstung, in die er gehüllt war, trommelten auf das Geländer. Auch seine Geduld kannte Grenzen. Sein Ordensbruder ließ ihn schon eine Standardstunde warten, was man als mächtigster Mann des Systems, nicht gewohnt war.
Über derlei Unannehmlichkeiten war er normalerweise erhaben und er ließ sich nichts anmerken, er nutzte die Zeit auch um seine Gedanken zu ordnen.
Beim Imperator. Etwas furchtbares ist geschehen. Die Saat des Verrats ist den heiligen Hallen der Inquisition vermutet worden. Er konnte es selbst nicht glauben und wollte sich auch nicht zu polemischen Anschuldigungen hinreißen lassen und versuchte pragmatisch zu bleiben. Dennoch, es war möglich und er als Lord Inquisitor musste der Sache auf den Grund gehen. Zähneknirschend zerbröckelte Lord Tesos das Marmor des Geländers unter seinen gepanzerten Fingern während er in die Ferne blickte. Dies war wahrlich eine Tragödie, sollten die Vorwürfe seines Ordensbruders stimmen. Die heilige Inquisition, der oberste Orden, ausgestattet mit allen Kompetenzen, mit der Macht alles und jeden zu kontrollieren und zu beaufsichtigen, wird beschuldigt einen Verräter in ihren eigenen Reihen zu haben. Niemand verdächtigt die Inquisition, ein Credo, das so alt ist wie der Orden selbst. Nun war zu prüfen ob einer seiner Brüder dem Wahnsinn anheim gefallen ist.
Der Verstand vom Immaterium vergiftet wurde. Oder verführt von den dunklen Mächten des Chaos.
Nach außen hin wirkte Tesos ruhig und entspannt, eine Festung von einem gigantischen Mann in Servorüstung und einem riesigen Wolfspelz, der ihm an als Umhang diente. Doch innerlich versuchte er seine konfusen Gedanken zu ordnen. Er atmete tief durch. Es war im Grunde genommen nicht schwer. Einer seiner vier Brüder und gleichzeitig treuesten Ergebenen, war ein Verräter oder aber die zentrale Kommunikationsstelle des Adeptus Mechanichus hatte keine sichere Übertragung. Ja das konnte eine Möglichkeit sein. Je länger Tesos darüber nachdachte, wusste er, dass dies schier unmöglich war. Er wird es prüfen lassen. Zur Sicherheit. Hüte dich vor Verrat im Inneren, dies waren die Worte eines verschollenen Großmeisters. Wie sollte er nun vorgehen. Warum hatte er nicht alle Brüder zu sich gerufen und den Delikt offen besprochen. Seine Brüder würden alle vermuten einen Verräter in den Reihen zu haben, anders konnte es nicht sein, es war zu offensichtlich, so schien es zumindest. Er wollte die Sache vorerst mit seinem engsten Vertrauten bereden. Krybtmann.
Wie auf Stichwort, ertönten schwere Schritte von der Windetreppe. Mit ernster Miene trat er aus dem Schatten. Seine massiven Schulterpanzerungen glänzten im roten Abendlicht.
´ Ich grüße dich Bruder.´ sprach Tesos, mit der Faust am Herz.
Krybtmann tat es ihm gleich, mit denselben ernsten und selbstsicheren Bewegungen die er sonst an den Tag lenkte.
´ Mein Lord.´
Die beiden sahen sich einen Augenblick lang schweigend in die Augen, der Wind brauste und ließ ihre Umhänge wedeln und fegte über ihre Glatzen.
´ Spät ist die Stunde, in der du meinem Ruf folgst.´ tadelte ihn Tesos.
Krybtmann sah ihn mit dem selben missbilligenden Blick an, den er immer aufsetzte, wenn sein Meister ihn tadelte.
´ Meister, ich war beten, ich hatte heute mehr Licht des Imperators notwendig als sonst.´
Tesos lächelte ´ In Tagen wie diesen haben wir die alle, Bruder. Komm, sieh dir die Stadt an, Perturabo hat sie vor zehntausend Jahren erbaut.´
´ Ich weiß, eine der wenigen Städte von ihm, die nicht zerstört wurden.´ wurde Krybtmann melancholisch und gesellte sich zu seinem Lord.
´ Aye.´
Tesos schloss seine Augen für eine Weile. Er war ein kaltherziger Inquisitor, er hatte schon zahlreiche Leben genommen, Menschen exekutiert, Schlachten gekämpft und einigen Planeten den Exterminatus, die totale Auslöschung, angeordnet. Kein Verräter, Xenos, Wesen aus dem Immaterium oder sonstiger Feind des Imperiums war vor ihm sicher. Er sorgte dafür, dass die Feinde des Imperiums den Zorn des Imperators kennenlernten. Individuell betrachtet, hatte er auch Gräueltaten vollbracht, doch sah man das große Ganze, war alles für die Menschheit. Er tat all dies mit seinen Brüdern, hinter der starren und selbstsicheren Fassade empfand auch der kalte Inquisitor Gefühle für sie. Die Vorstellung, dass einer seiner Brüder, mit denen er Schmerz und Leid, Sieg und Brüderlichkeit durchlebt hatte, Verrat begehen konnte, trieb ihn zur Weißglut.
´ Beim Throne, Krybtmann ich will alles wissen, sag mir alles was du weißt!´ sagte Tesos, mit der testosterongeschwängerten Stimme, mit der er immer sprach.
´ Alles was ich weiß, ist, dass ungefähr 500 Astartes tot im Weltraum schweben, neben tausenden Leichen der menschlichen Besatzung. Vom Feind von den Sternen geschossen . Der Feind wusste etwas, dass er nicht wissen konnte, nämlich, dass wir die Route über Itasch 4 nahmen und bereitete so einen Hinterhalt vor. Dies führt mich genau, wie Euch, Bruder Lord Tesos, zu beunruhigenden Gedanken. ´
Tesos lachte nie. Wirklich nie und das tat auch jetzt nicht, selbst bei dieser gerade zu lächerlichen, milden Wortwahl des Bruders.
´ Beunruhigende Gedanken ? Heiliger Imperator! Wenn die Techadepten jetzt nicht komplett durchdrehen und zu Steckdosen beten und wir undichte Leitungen haben,.. dann.. handelt es .. sich hier … um HÄRESIE!´
Die schon zuvor ernste Stimmung auf der Terrasse war nun erdrückend, kaum war das Wort Häresie ausgesprochen änderte sich die komplette Umgebung. Vögel flogen aufgescheucht davon, die Schatten schienen bedrohlich länger zu werden und eine allgemeine Beklommenheit machte sich breit.
Krybtmann schauderte es merklich und er spannte seine Kiefer an.
´ Ich überlege mir, dies an den Hohen Senat zu Terra weiterzuleiten. Für das Protokoll.´
Krybtmann legte seine Finger nachdenklich auf das Kinn, den Blick auf Tesos gerichtet.
Eine unkluge Wahl, dachte er, der Hohe Senat hatte kein Verständnis für Schwächen, schon gar nicht bei Häretikern. Im Falle, dass es hart auf hart kommt, würde der hohe Senat den ganzen Sektor einfach ausradieren, was ist schon ein Sektor, im Vergleich zum riesigen Imperium, dessen Grenzen er selbst nicht mal genau kannte.
´ Ihr seid der Befehlshaber, doch ich Ihr wisst gewiss, wie der hohe Senat zu, nun ja, Inkompetenz und derlei steht. Außerdem, könnte es Jahre dauern bis die Botschaft nach Terra kommt, vielleicht haben wir bis dahin ja den Verräter gestellt...´
´ Kryptmann... befürchtest du das Schlimmste?´
´ Mein Lord, Ihr denkt es ist ein ..´ er flüsterte die Wörter ´ Ein Ketzer ? Ein Hexer?´
Tesos nickte zustimmend und legte die Faust auf die Brust.
´ Der Imperator beschützt.´
´ Der Imperator beschützt.´