"Uralte" Texte schreiben

  • Gruß euch!

    @Phi hat einmal geäußert, ich könne gut die "komische" alte Sprache schreiben und ich dachte, ich beginne einmal eine Sammlung von Tipps, wie man so etwas am besten macht. In der Fantasy kann man das für alte Prophezeiungen, heilige Texte oder sonstige antike Schriften ja immer mal wieder brauchen. Ich werde immer wieder ergänzen, falls mir noch etwas einfällt und natürlich dürft auch ihr gern euren "Senf dazugeben". Als Vorbild dienen gerade biblische Texte, die ja ursprünglich auf Hebräisch, selten Aramäisch und Altgriechisch verfasst wurden - ersteres und letzteres habe ich im Zuge meines Studium erlernt.

    1. Parataxen statt Hypotaxen. Vermeidet Nebensätze, die tauchen gerade im Hebräischen nur sehr selten auf (und sind in deutscher Übersetzung auch bisweilen den Deutschen Sprachregeln geschuldet. Dort heißt es wörtlich nicht "Phi, die schöne Kurzgeschichten schreibt, ...", sondern "Phi von der gilt: Sie schreibt schöne Kurzgeschichten, ..." das ginge dann aber doch zu weit).
    2. Gliedere den Text stark mit "und" und "aber" - sowohl für das Altgriechische als auch das Hebräische ist es üblich, häufig diese Bindeglieder zu verwenden und in der Übersetzung kommen die heraus. Fast kein Satz kommt ohne aus.
    3. Parallelismus Membrorum. Das ist ein Stilmittel altorientalischer Poesie und ersetzt dort quasi "unseren" Reim, der wiederum nur sehr selten zu finden ist. Das Buch der Psalme bietet natürlich viele Beispiele. Dabei wird in zwei aufeinanderfolgenden Versen quasi das gleiche in anderen Worten gesagt. "Ihre Geschichten sind schön, ihre Erzählungen sind toll"
    4. Im Hebräischen befindet sich das Prädikat meistens am Anfang. Gerade ältere Übersetzungen versuchen das nachzuahmen, indem ein "Es" statt des Subjektes an den Satzanfang gestellt wird. "Es schreibt schön Phi". Das ist aber kein Muss. Gerade neuere Übersetzungen geben diese normale hebräische Syntax mit der normalen Deutschen wieder. Es kann aber helfen, die Fremdartigkeit zu unterstreichen.
    5. An besonders wichtigen Punkten füge ein "Siehe" als Aufmerksamkeitsmarker ein. Auch typisch Hebräisch.
    6. In den alten Sprachen gab es keine "Gänsefüßchen", stattdessen leitete man wörtliche Reden mit "und er sagte/sprach" ein, was bei der Übersetzung herauskommt. Auch wenn du schon ein Wort des sprechens verwendet hast, kannst du das noch einfügen. "Sie rief und sprach:..." In Dialogen taucht dieser Terminus, wie unsere Anführungszeichen, natürlich sehr häufig auf. Solche Wiederholungen sind ausdrücklich erwünscht.
    7. Gerade für "hebräisch" angehauchte Texte verwende wörtliche und nicht indirekte Rede (die durch AcI im Altgriechischen und Lateinischen aber sehr wohl vorkommen kann)
    8. Figura Etymologica. Hier wird etwas betont, indem es mit Hauptwort UND Verb ausgedrückt wird. Beispiel: "Er wird des Todes sterben" - gemeint ist "Er wird ganz sicher sterben"
    9. Vermeide nicht, wie sonst, Wiederholungen. Gerade wenn etwas in wörtlicher Rede (in der ersten Person oder als Befehl) angekündigt wird, kannst du es (in der dritten Person) fast wortwörtlich wiederholen, um die Ausführung zu bezeugen.
    10. Gerade nach wörtlichen Reden kannst du das Gesagte gleich für den Leser deuten. Solch alte Texte entstehen nicht über Nacht und Abschreiber haben früher ihre Kommentare mit in statt unter den text geschrieben, so dass es heute kaum noch möglich ist, sie als solche zu erkennen. Zudem wollte ja auch schon der erste Autor seinen Text "richtig" verstanden wissen.
    11. Lass die Leute "hinauf-" und "hinuntergehen" statt einfach nur gehen.