@Morgy danke für deine Mühe. Wenn du noch nicht genug gelesen hast: Hier kommt der nächste Teil.
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Wir eilten über die Wiese. Das hohe Gras gab uns zwar Deckung, dennoch beobachtete jeder von Zeit zu Zeit den Himmel. Der nächtliche Angriff des Flugsauriers saß uns allen noch in den Knochen.
Die Silhouette vom Portal wurde mit jedem Schritt größer. Inzwischen konnte ich Einzelheiten klar erkennen. Es war tatsächlich ein Bunker, aber ein extrem hässlicher. Als wenn sich irgendein verrückter Architekt ausgetobt hatte, der seine manische Vorliebe für Trapeze ausleben durfte. Zudem war der dunkelgraue Betonblock bestimmt fünf oder sechs Stockwerke hoch und wirkte so wuchtig, als wenn er seine Umgebung erschlagen wollte.
Irgendwann kreuzten Wagenspuren unseren Weg, die sich verbreiterten, bis sogar einige schwache Schlammwege erkennbar waren, die im gewundenen Lauf zum Portal führten. Also folgten wir ihnen einfach.
Langsam machte ich mir Sorgen, wie es im Inneren des Bunkers aussehen könnte. War es ein großes Laboratorium, wo wir uns durch dutzende Sicherheitsschleusen kämpfen und harmlose Wissenschaftler einschüchtern mussten? Oder war es eine große Lagerhalle, wo wir uns zwischen alten Panzern und Munitionskisten schleichen mussten? Ich bemerkte zum ersten Mal, wie schlecht geplant unsere Flucht eigentlich war.
Noch ganz in diesen Gedanken versunken, bemerkte ich eine Bewegung jenseits des Grases.
„Runter!“, zischte ich und warf mich sofort zu Boden. Es raschelte kurz und dann war Stille.
„Was ist?“, flüsterte Rick hinter mir.
„Wächter“, hauchte ich zurück. Ich lag in einer schlammigen Spurrille und langsam sickerte weitere Feuchtigkeit in meinen Stiefel. Vor mir ging die Wiese in einen gemähten Bereich über. Durch die Grashalme konnte ich eine kleine Gruppe Soldaten erspähen, die an der Ecke des Bunkers herumlungerten und rauchten.
„Sie müssen gewarnt worden sein“, gab Rick seine Einschätzung preis und robbte neben mich, um ebenfalls ein Blick auf die Grenzwache zu werfen.
Frustration machte sich in mir breit. Ich konnte ein kleines, trapezförmiges Tor in der Mitte des Bunkers sehen. Es war ein gutes Stück von den Soldaten entfernt, aber es war dennoch ausgeschlossen, dass wir es erreichten. Sobald uns die Wächter bemerkten, würde die Hölle ausbrechen.
Und dabei hatten wir noch Glück. Es musste eine Nebenpforte sein, denn sie war nicht groß genug damit die Jeeps durchpassten, die hier ja überall rumfuhren. Ganz zu schweigen von den Panzern. Wie dann erst die Hauptpforte bewacht wurde, wollte ich mir gar nicht ausmalen. Vermutlich wartete dort sogar der Leutnant auf uns.
Dann ließ ich meinen Blick wandern.
„Was ist das?“, fragte ich Rick und zeigte auf einige Ausbuchtungen im Beton, die aussahen, als wenn sie jemand nachträglich angebaut hätte.
Er folgte meinem Blick und antwortete: „Alte RX3-Geschütze. Mit Bewegungsmeldern der neusten Generation, denen Hitze und Kondenswasser nichts mehr ausmachen soll. Sobald die Testphase abgeschlossen ist, sollen wir auch welche bekommen.“
Dann schwieg er und beobachtete nachdenklich die kleine Gruppe. Ich hatte keine Ahnung an was er dachte. Die Männer waren bei seinem letzten Aufenthalt nicht hier gewesen, dass sah man ihm an, aber man sah ihm auch an, dass er fieberhaft an einer Lösung arbeitete. Dann drehte er sich zu mir um und lächelte.
„Wartet nicht zu lange“, raunte er und rollte sich seitlich in die Wiese.
„Nein, wo willst du hin?“, zischte Anna ihm hinterher, doch er war bereits verschwunden.
Ich hob meine Hand, ganz so wie Rick, und spähte zu der Gruppe Soldaten rüber. Was auch immer er vorhatte, ich hoffte, es würde klappen. Keiner von den Wächtern wirkte müde. Ihre Waffen hielten sie selbstsicher in den Händen und ihre aufrechte Haltung bewies mir, dass ich eine Gruppe altgedienter Veteranen vor mir hatte.
„Rick hat das alles von langer Hand geplant“, sagte ich zu Anna und Lisa: „Ich weiß nicht, ob es euch aufgefallen ist, aber er war schon mal hier. Was auch immer gleich passiert, wir sollten die Gelegenheit nutzen und zum Portal stürmen.“
Die beiden Frauen robbten neben mich und nickten.
Plötzlich ging alles ganz schnell. Eine Gestalt brach aus der Wiese hervor und rannte im spitzen Winkel zum Tor. In derselben Sekunde sprangen die Soldaten auseinander und stürmten auf ihn zu. Rick war schnell, doch die Wächter waren ausgeruht und schneller. Mit einem Hechtsprung brachte der erste von ihnen Rick zu Fall und drückte ihn zu Boden.
Doch Rick machte keine Anstalten sich zu ergeben. Der Wächter flog mit einem Knurren durch die Luft und landete hart auf der gemähten Wiese. Der zweite Wächter warf sich prompt auf Rick, doch kassierte dafür einen wüsten Kinnhaken.
Dann waren die anderen Soldaten heran und innerhalb von Sekunden bildeten sie ein wildes Knäul.
„Los!“, zischte ich den Frauen zu und sprang auf.
Ich wusste gar nicht, dass ich noch so viel Kraft hatte. Meine Stiefel knallten in einer rasenden Geschwindigkeit auf den Boden. Die Wiese flog geradezu an mir vorbei. Meine Lungen zogen zischend die Luft ein, während ich versuchte, meine Beine zu noch mehr Eile anzutreiben.
Dann war ich plötzlich durch das Tor.
Hinter mir trafen keuchend Anna und Lisa ein. Dem leisen Geknurre von der Wiese zur Folge, war dort immer noch eine wüste Schlägerei, aber es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass man uns verfolgte.
Das Portal
Mit gezückten Waffen schlichen wir tiefer in den Bunkerkomplex hinein. Die trapezartige Architektur ging auch in seinem Inneren weiter, nur war der Beton hier von einer bläulichen Farbe. In unregelmäßigen Abständen war zudem die Decke heruntergezogen und auch wenn der Gang nicht besonders lang war, wurde er damit sehr unübersichtlich. Das Zwielicht was hier herrschte, tat sein Übriges.
„Geschütze!“, zischte Lisa und zog mich zurück.
Ich fluchte unterdrückt. An einem höhergelegenden Teilstück der Decke, waren tatsächlich zwei alte RX3 zu erkennen, die auf die Gangmitte zeigten.
„Was nun?“, flüsterte ich. Wir mussten da durch. Es war eine Illusion zu glauben, dass die Wächter uns nicht gesehen hatten. Sobald Rick gebändigt war, könnten sie jederzeit auftauchen.
„Wir laufen auf der Seitenstufe weiter“, schlug Lisa vor und zeigte auf die Wände. Dort waren, der ungewöhnlichen Architektur geschuldet, links und rechts ein dreißig Zentmeter hoher Versatz, der eine Art Stufe bildete. Breit genug um darauf herumzulaufen. Und die MGs waren nur auf das Zentrum des Weges gerichtet.
„Gut“, hauchte ich zurück.
Schnell und lautlos huschten wir an den Geschützen vorbei, die tatsächlich ruhig blieben. Sie bewegten sich noch nicht einmal. Vielleicht waren sie inaktiv? Ich wusste es nicht und einen Moment später, als wir aus dem Gang heraustraten, verschwendete ich auch keinen Gedanken daran. Zu bizarr war der Anblick, der sich uns bot. Inmitten einer gewaltigen Lagerhalle, die vollgestellt mit alten Kisten und ausgedienten Militärgerät war, stand ein gewaltiger Bunker.
„Jetzt spinnen die hier komplett“, kommentierte Lisa das trocken.
„Sieht irgendwie so aus wie eine Miniversion des großen Bunkers“, meinte Anna nachdenklich.
„Miniversion ist gut. Das Teil ist gut und gerne drei Stockwerke hoch.“
„Was mich viel mehr interessiert“, unterbrach ich die Frauen. „Was ist das für ein merkwürdiges Licht?“
Ich deutete auf den Bunkereingang, aus dessen Inneren ein schwach pulsierendes Leuchten drang. Es war schon fast hypnotisch.
„Ist dort das Portal?“, fragte Anna.
„Ich hoffe es“, gab ich zurück. „Aber warum gibt es hier dann keine Soldaten?“
„Weshalb sollten die auch in diesem muffigen Lager rumlaufen? Hier stinkt es doch überall nach Altöl. Ekelhaft!“ meinte Lisa und zuckte mit den Achseln. „Sie waren draußen an der frischen Luft. Würde ich auch so machen. Hier drinnen gibt es doch überall Selbstschussanlagen. Das reicht denen wohl.“
Sie deutete auf die Bunkerdecke. In dessen Halbdunkel konnte ich mehrere RX3 ausmachen. Da keines auf uns reagiert hat, musste es wohl so sein, wie Rick gesagt hatte. Die Geschütze durften keine Gefahr für Menschen darstellen. Ich zweifelte aber keine Sekunde, dass die Dinger jeden Dinosaurier umnieten würden, der genauso ungeschützt hier rumstand wie wir.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Anna.
„Wir sollten uns zum Inneren schleichen“, schlug ich vor. „Wir wollten nicht vergessen, dass hinter uns immer noch die Wächter kommen könnten.“
Ohne weitere Worte näherten wir uns vorsichtig mit angelegten Waffen dem Licht. Die einzigen Geräusche die zu hören waren, waren das schwache Quietschen unserer Sohlen auf den Gummiboden. Kaum das wir angekommen waren, huschten wir lautlos hinein.
Dann blieben wir angewurzelt stehen.
Vor uns schwebte eine fast zwei Meter große, schwach schimmernde Lichtkugel. Obwohl sie einerseits sehr hell war, blendete sie nicht. Kleinere Lichtpunkte, wie von einer Diskokugel, zogen über die Wände.
Die Luft veränderte sich. Sie wurde kühler und es roch frischer, wie nach gemähter Weide. Geräusche, wie von Kirchturmglocken, drangen an mein Ohr. Irgendwo fuhr ein Auto vorbei. Ich meinte sogar eine Kettensäge zu hören, die weit weg am Arbeiten war.
Ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, ging ich immer weiter zum Portal. Je näher wir kamen, desto beruhigender und hypnotischer wurde das Licht. Langsam hob ich die Hand und griff hinein.