Excursionista senmortaj

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 5.537 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (21. August 2015 um 12:15) ist von Tom Stark.

  • Aya

    »Warum tust du mir das an?«
    Das Jammern der schwarzhaarigen Schönheit mit den Glutaugen war nur verständlich, angesichts ihrer aussichtlosen Lage.
    »Warum, warum? Weil du ein Miststück bist, was sogar eine wie mich auf die Seite der Guten wechseln lässt!«
    Die Rothaarige vor ihr lächelte einerseits grausam, andererseits verliebt, beides zugleich, wie nur sie es fertig brachte.
    Die Schwarzhaarige rüttelte wütend an den Ketten, an die gekettet, sie sich nach der Liebesnacht mit der Teufelin gefunden hatte. Es hatte nicht ihrer magischen Fähigkeiten bedurft, um herauszufinden, dass sie sich in der Festung ihrer schlimmsten Feinde befand. Nun vielleicht nicht ihrer schlimmsten Feinde, aber doch jener Feinde, die sie am ehesten fürchtete. Und sie hatte absolut keine Ahnung, wie sie hierhergekommen war.
    »Ich will ehrlich zu Dir sein, Süße. Hauptsächlich habe ich Dich ausgewählt, weil ich auf Dich stehe, also auf Deinen Körper. Deine Seele ist selbst für mich zu dunkel.«
    Selbst der neutralste Richter hätte der Teufelin hier recht geben müssen. Die schwarzhaarige Hexe war eine rassige Schönheit und auch ihre ausschweifendes Leben hatte bemerkenswert wenig Spuren hinterlassen, was natürlich auch an den zahlreichen Seelen lag, welche die bösartige Frau für ihr Aussehen und ihre Jugend dunklen Götzen geopfert hatte.
    Doch zugleich musste man lange suchen, sowohl in Raum, wie auch Zeit, um eine ähnlich ruchlose Seele zu finden, die auch nur annähernd viele Leben vorsätzlich, um nicht zu sagen genussvoll, zerstört hatte ganze Länder gegeneinander aufgebracht und schließlich in den Ruin gestürzt hatte.
    Die schwarze Shali Mar, hatte man sie genannt und ganze Reiche duckten sich und ließen sie gewähren, wenn sie bloß schnell weiterzog.
    Doch vor einigen Monden war es ruhig um die schöne Schwarzhexe geworden.
    Valerius, der alte Fuchs, der vielleicht listigste Magier seiner Zeit, hatte sie eingefangen, so hieß es.
    Die Teufelin hatte alles getan, um dieses Gerücht in Umlauf zu bringen und es durch sorgsam platzierte Tatsachen zu untermauern.
    In Wahrheit hatte die Rothaarige aus dem Kerkerreich die Hexe verführt, schön langsam, sorgsam geplant und mit viel Geduld.
    Ihr Meister, zumindest dachte der alte Magus, dass er das nach wie vor war, hatte sich schließlich doch dem Lauf der Zeit und der Last der Jahre beugen müssen. Seit beinahe zwei Sonnenläufen hatte er seinen Turm in der Elfenbeinstadt nur noch zu seltenen Anlässen verlassen und seiner Dienerin freie Hand gelassen, was ihre Freizeitgestaltung betraf.
    Aya, mit vollständigen Namen Fürstherzogin Mastrino Ayantalla, Meisterin der Feuergruben der Vergeltung, Halterin des Dreizacks des Zorn und Verwüsterin der mittleren Niederhölle, war das Ergebnis einer Dämonen-Beschwörung, die der zu jener Zeit noch sehr junge und sehr unerfahrene Valerius unterbrochen hatte. Natürlich war es einem Sterblichen wohl möglich einen Dämonen für eine Weile, aber unmöglich einen Teufel zu beschwören, aber die Teufelin hatte schon damals beschlossen, dass sie den jungen Mann mochte und beschlossen einstweilen seine Dienerin zu spielen, obwohl er vielmehr ihr Schützling war.
    Natürlich war der Magus älter und weiser geworden und hatte schließlich die Wahrheit herausgefunden. Sie hatten jedoch einvernehmlich beschlossen, es für alle anderen, bei dieser Version zu belassen. So war der große Valerius, und würde wohl auch immer sein, der Einzige, der je einen »Dämonen« erfolgreich dauerhaft beherrschen konnte.
    »Du hast mich getäuscht. Das hätte nie passieren dürfen.«
    Die Teufelin lächelte: »Das sind meine Pheromone, Süße. Wenn ich auf jemand stehe, dann hat der eigentlich keine Chance mir zu widerstehen.«
    »Unmöglich, kein Dämon hat Pheromone. Das liegt nicht in ihrer Natur!«
    »Stimmt, Süße. Du bist wirklich klug, aber was wäre, wenn ich gar kein Dämon bin?«

    Die Teufelin war ganz nahe an die Gefangene getreten und diese erschauerte, trotz ihrer Lage vor Begierde. Umso wütenderer rüttelte sie an ihren Ketten, aber selbst ihre Magie konnte dem Bann eines Teufels nicht so ohne weiteres etwas anhaben, und Aya hatte ihren Bann sehr sorgfältig gewebt. Anders als Dämonen, waren Teufel zu weit mehr fähig als nur ihren Trieben nachzugehen. Sie planten ihre Züge und Ayas Planungen reichten noch weiter, als die meisten ihrer Artgenossen.
    Liebkosend strich sie über die Wange ihrer Geliebten, wobei sie das nie wirklich gewesen war. Gespielin, vielleicht, amüsanter Zeitvertreib, ganz sicher, aber hauptsächlich war die schöne Hexe Mittel zum Zweck.
    Doch damit der Zweck auch erreicht würde, musste die Teufelin nun zu einer wichtigen Zwischenstufe ihrer Pläne kommen.
    Zärtlich strich sie der Hexe den Hals hinab, zeichnete die Wölbungen ihrer Brüste nach und ließ ihre Hände auf ihrer Brust verharren, genau dort, wo unter der samtweichen Haut das Herz aufgeregt schlug.
    »Was ... was ..?«
    Shali Mars traten die Augen beinahe aus den Höhlen.
    »Ich nehme deinem Körper ein paar Jahre. Nicht viele, Zehn oder Fünfzehn vielleicht. Ich mag meine Liebhaber etwas jünger, auch wenn an Dir nichts auszusetzen war.«
    Ihre Stimme war sanft wie Seide und zugleich hart wie Stahl.
    »Das kannst Du nicht machen. Solche Veränderungen ohne sein Seelenopfer kann ein Geist nicht verkraften. Er zerbricht wahrscheinlich daran!«
    »Wahrscheinlich«, war die kurze Bestätigung.
    Der Schrei der Hexe war lang, laut und beinahe hätte er die Steine erweicht, aber niemals das Herz der Teufelin.
    Als sie fertig war, war aus der Frau, die den umwerfend schönen Körper einer Vierzigjährigen gehabt hatte, eine junge Schönheit Mitte zwanzig geworden. Selbst die grauenhaften Schmerzen hatten das schöne Gesicht nicht entstellen können und die vollen Brüste hoben und senkten sich nun nicht mehr ganz so füllig, jedoch auf jugendliche Art fester.
    Die Teufelin lächelte zufrieden.
    »Noch ... lebe ... ich. So einfach ... bekommst Du mich ... nicht ...«, keuchte die Hexe.
    »Immer diese Eile. Ihr Menschen seid wirklich hektische Wesen. Ich bin doch noch gar nicht fertig.«
    Erneut sammelt sie ihre Geisteskraft und erneut schrie die Hexe auf, womöglich noch gequälter als zuvor, falls das überhaupt möglich war.
    »Achja, Unsterblichkeit. Kein sterblicher Geist verkraftet die Gabe. Wir sehen uns am Ende der Zeiten wieder, elendes Miststück ...«
    Sanft küsste sie die vollen Lippen der Toten.
    Dann eilte sie davon.
    Sie wusste um ihr enges Zeitfenster.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • Valerius

    Tja, nun war es also soweit.
    Ich würde abtreten, den Löffel abgeben, die große Fahrt antreten, die Segel streichen, den letzten Furz lassen ... oh, Pardon. Gerade im Zeitpunkt seines Todes, sollte man vermutlich auf seine Wortwahl achten.
    Mir fielen einige nette letzte Worte ein:
    »Abtreten um anzutreten.«
    »Zum Tot-sein ist später noch Zeit.«
    »Ich denke, ich behalte meinen Löffel noch etwas ...«
    Ja, ich weiß, ziemlich makaber für einen normalen Menschen.
    Magier sind aber keine normalen Menschen.
    Wir sind nicht wirklich unsterblich, zumindest nicht unsere Körper. Nicht, dass es an Versuchen gemangelt hätte, aber Zauberei bedeutet Stress und zwar für den Körper des Zauberers, wie auch den Körper des zu Verzaubernden.
    Die Natur wehrt sich ein bisschen dagegen, wenn Magie ihre sorgfältig geplante Ordnung durcheinander schubst. Gegen solche Unmöglichkeiten wie Unsterblichkeit, wehrt sie sich nicht nur ein bisschen, wenn Sie verstehen, was ich andeuten will. Tatsächlich bestraft der Realajo-Effekt solche Versuche eindrucksvoll mit sofortigem Seelenzeriss, keine schöne Sache, vertrauen Sie mir.
    Aber mit den Jahrhunderten ist die Magier... heit ... äh ... schaft ..., egal, jedenfalls sind wir darauf gekommen, unser Bewusstsein von einem sterbenden Körper in einen jungen, kräftigen Körper zu transferieren.
    Dazu benutzen wir natürlich ausgewählte Exemplare, alles zum Tode Verurteilte, wir sind ja keine Monster. Im Augenblick des Todes, eigentlich kurz danach, heilen wir den Körper von den tödlichen
    Verletzungen und schwubbs haben wir ein neues Gefäß.
    Klingt einfach, ist aber schweinekompliziert und geht in wenigstens einem Fünftel aller Fälle schief. Soweit also unsre Unsterblichkeit. Magie ist und bleibt Magie. Am Ende holt der Realajo-Effekt jeden, das ist so sicher wie die Steuer!
    Ich habe allerdings einen klitzekleinen, was rede ich da, unfassbar großen Vorteil. Meine Dienerin - ach wem mache ich etwas vor - meine Partnerin, ist eine Teufelin.
    Schon von der ersten Sekunde an, seit ich sie gesehen habe, stehe ich auf sie und da bin ich nicht alleine. Ich kannte keinen unter den Magi in der Elfenbeinstadt, alt wie jung, der sich nicht schon von ihr eine Abfuhr geholt hat. Obwohl alle wissen, bzw. glauben zu wissen, dass sie eine Dämonin ist, hat sie inzwischen beinahe den Status eines Ehren-Magus. Ihretwegen wurde sogar eigens das Gesetz im Umgang mit Dämonen um ein Addendum erweitert.
    Und weil ich Ayas Fähigkeiten inzwischen ganz gut kannte, vertraute ich darauf, dass sie den Seelentransfer reibungslos über die Bühne brachte.
    Natürlich würden das Lob die werten Kollegen einheimsen, welche das ganze Ritual abhielten und wofür sie im Voraus schon reichlich entlohnt wurden. Logischerweise wird bei einem so riskanten Zauber der Lohn vorher entrichtet, besonders weil es in einem Fünftel aller Fälle hinterher schwer möglich ist.
    Aber ich wusste, dass Aya das Ganze parallel durchziehen würde. Meine fleißigen Kollegen würden nicht einmal merken, wie sie ihnen die Fäden aus der Hand nimmt und ihnen stattdessen ein paar lose ungefährliche Enden in die Finger drückt.
    Tja, das ist Ayas Stil, und wenn ich ganz ehrlich bin, auch meiner.
    Ich war nun 94, aber seit dem 21. Lebensjahr hatte ich die Teufelin an meiner Seite, die zu meinem Glück und aus mir unerklärlichen Gründen einen Narren an mir gefressen hat. Vermutlich wären die anderen Magier entsetzt,wenn sie ahnten, wie weit ich mich von der Magierphilosophie entfernt und wie viel ich vom Rechtsempfinden der Kerkerreiche übernommen hatte.

    Oh, und gleich war es soweit. Eine gelassene Ruhe erfüllte mich.
    Falls alles schief ging, würde ich nichts bedauern, vielleicht außer einer Sache.
    »Hey, Aya. Wie sieht's aus? Ein Kuss, wenigstens einmal, nur für den Fall, dass es schiefgeht?«
    In einer Rauchwolke erschien meine Vertraute. Dankbarerer Weise, verzichtete sie auf den Schwefelgeruch, den sie sonst um des Effekts willen beimischte.
    »Hey, Vale. Nichts wird schiefgehen. Ich habe sogar eine Überraschung für Dich!«
    Besorgt richtete ich meinen sterbenden Blick auf ihr zeitlos schönes Gesicht.
    »Überraschung? Du weißt aber, dass Du mit meinem Leben spielst, ja?«
    Meine Stimme wurde immer schwächer.
    Da spürte ich ihre Lippen auf meinen.
    Na toll. 70 Jahre hatte ich gefleht, gebettelt, gebuhlt, aber mehr als ein schwesterlicher Kuss auf die Wange war nie herausgekommen. Musste man wirklich erst sterben um ...
    Den Gedanken sollte ich nie zu Ende denken.
    Wie unschwer zu erahnen, war ich soeben verstorben.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    3 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (21. August 2015 um 07:28)

  • Das Ritual der Seelenwanderung

    Die Halle der Rituale war abgedunkelt, schwere Vorhänge sperrten die Sonne aus, die sonst den großen ovalen Raum mit Licht durchflutet hätte.
    Valerius, der alte Fuchs, hatte seinen Todeszeitpunkt schlecht gewählt und tat mitten an einem Sommernachmittag seinen letzten Atemzug. Es wäre irgendwie nicht richtig gewesen, wenn er das in lachender Helle und nicht in flüsternder Dunkelheit getan hätte.
    Außerdem kamen so die flackernden Kerzen, die glühenden Runen und die leuchtenden Bannkreise auf dem Marmorboden besser zur Geltung.
    Magie hatte viel damit zu tun, die Wirklichkeit zu überzeugen, dass der Wille des Zaubernden wirklicher war als sie selbst. Einfacher ausgedrückt bedeutet das, dass je leichter es dem Magier fällt das zu glauben, je besser und vor allem gefahrloser gelingt ein Zauber. Daher sind Kerzen, Räucherstäbchen, Bannkreise usw. keineswegs nur schmückendes Beiwerk, sie dienen der Fokussierung des Willens, oder wenn man so will, es fällt auch gestandenen Magiern leichter an Wunder zu glauben, wenn die Umgebung zum Wundern einlädt.
    Natürlich gibt es noch ein paar andere Kleinigkeiten, sonst könnte es ja jeder.

    Die sieben Magier, alle hohe Mitglieder und Könner ihrer Zunft, hatten sich in ihre geheimnisvollsten Gewänder geworfen und ihre besten Zauberstäbe mitgebracht, immerhin ging es hier um einen, wenn nicht den verdientesten Magier des Zeitalters. Sogar im hohen Greisenalter hatte der alte Valerius die grausame Schwarz-Hexe Shali Mar gefangen nehmen können - dieser Fuchs!
    Wie er das angestellt hatte, dazu gab es viele Theorien, er selbst verlor darüber nicht viele Worte, tat sogar gerne so, als hätte er nicht allzu viel damit zu tun. Da Bescheidenheit nicht unbedingt ein Merkmal der Magier ist, war das um so bemerkenswerter.
    Der Sterbende lag auf einem Altar, der sicher fürchterlich unbequem war, aber ein paar Unannehmlichkeiten mussten für die Überwindung des Tods einfach in Kauf genommen werden.
    Der Altar lag auf der einen Seite des Raumes und war durch Bann- und Kerzenkreise mit dem anderen Altar verbunden, auf den das Gefäß, will heißen der neue Körper, gerade gelegt wurde.
    Traditionell war dieser neue Körper ganz in Tuch gehüllt und dadurch bis zur Unkenntlichkeit vermummt. Niemand sollte durch die Abscheu vor der Gestalt eines Mörders oder Schlimmeres abgelenkt werden, die Seele des Sterbenden auf ihn zu übertragen.
    Die Magi sahen, wie Aya, die vertraute Dämonin von Valerius ,ihm einen Kuss auf die sterbenden Lippen gab - dieser Fuchs - sogar im Sterben noch listig!
    Nicht wenige seufzten neidvoll, aber es war nun mal, wie es war. Die Schöne war nicht an Männern interessiert und weibliche Magier gab es keine, allein schon der Gedanke daran war lächerlich.
    Niemals hätte der lüsterne Geist einer Frau die Disziplin aufgebracht, die nötig war, um die Wirklichkeit zu belügen. Der lüsterne Geist eines Mannes war selbstredend wesentlich ... rationaler, daran konnte es gar keinen Zweifel geben.
    Natürlich gab es Hexen, Zauberinnen, Schamaninen und angeblich sollten selbst unter den Druiden schon die ersten Druidinnen gesehen worden sein.
    Aber Magier waren nun mal Magier und die hatten männlich zu sein. Drei Ausrufezeichen.

    Gemeinsam stimmten die Magier den Ritualgesang an, der schon seit Jahrhunderten auf die Silbe genau festgelegt war und sie gaben sich alle Mühe auch die Töne sauber zu treffen. Niemand wollte im Nachhinein Schuld an einem Fehlschlag sein, zumal man bei genügend Einsatz darauf hoffen durfte, dass einem selbst im Falle des Ablebens derselbe Gefallen erwiesen würde.
    Die Teufelin eilte vom Altar mit dem Greis zum Altar mit dem vermummten Körper.
    Niemand bemerkte, wie sich ihre Lippen bewegten und etwas zwischen ihren Handflächen flackerte, die sie parallel zueinander hielt, als würde sie etwas Unsichtbares tragen.
    Doch sie hielt sich nicht dort auf, sondern eilte eine Treppe hinab, die an der linken Seite der Halle, in einer Nische versteckt, in die Tiefe führte. Ein Stockwerk tiefer wandte sie sich zu einem Zimmer, welches kurz vor dem Eingang zum unterirdischen Zellentrakt lag. Das Zeichen über der Tür wies den Raum als Kerker-Lazarett aus. Der Raum war kaum genutzt, aber erst vor Kurzem zumindest oberflächlich gesäubert worden.
    Darin lag, mit Kissen und Decken bequem gebettet, eine nackte, wunderschöne, junge, aber tote Schwarzhaarige, gerade so, als sei sie soeben aus dem Leben verschieden.
    Aya hielt ihre Hände über der Brust der Toten und entließ das beinahe unsichtbare Flackern, was wie Tau auf die bloße Haut der Schönen fiel und dann hinein drang.
    Zufrieden sah die Teufelin, wie die Brust begann, sich wieder zu heben und zu senken.

    Im Stockwerk darüber wurde man sich langsam bewusst, dass etwas nicht war, wie es sein sollte.
    Bestürzt, weil es keinerlei Anzeichen für Komplikationen gegeben hatten, begannen die Magi zu diskutieren.
    »Vielleicht haben wir den Zeitpunkt verpasst?«
    »Womöglich war der Zielkörper zu schwach oder nicht vollkommen ausgeheilt?«
    »Wir hätten doch Kerzen aus Ochsenfett und nicht aus Schweinefett nehmen sollen ...«
    »Ich wusste, es war eine dumme Idee zu fasten. Ein hungriger Magen zaubert nicht gern!«
    Sie rieten und berieten sich und niemand fiel auf, wie sich zwei von ihnen nur zum Schein daran beteiligten und sich leise für sich unterhielten.

    »Gut, dass wir ihn los sind. Er wäre immer ein Bremsklotz gewesen, hätte niemals unseren Plänen zur Erneuerung der Magier-Verfassung zugestimmt.«
    »Valerius, der alte Köter, und seine räudige Dämonen-Buhle! Sie haben viel zu lange Einfluss auf den Thron des Erzmagus gehabt.«
    »Nicht so laut, die Dämonin könnte uns hören.«
    »Pah, ohne ihren Meister wird sie nicht mehr in dieser Ebene bleiben können. Wahrscheinlich ist sie bereits verbannt, oder siehst Du sie noch irgendwo?«
    Beide sahen sich um und ihr Lachen klang deutlich erleichtert, als sie die Gesuchte nirgends erblickten.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (21. August 2015 um 07:44)

  • Valerius oder Valeria

    Wie ein Ertrinkender, schnappte ich nach Luft. Man möge es mir verzeihen, aber es war mein erstes Mal, dass ich gestorben war und entgegen meiner positiven Äußerungen war ich doch ein wenig besorgt gewesen.
    Aya stand neben mir, ihre großen Augen aufmerksam auf mein Gesicht gerichtet. Als ich ihr Lächeln sah, wusste ich, dass alles in Ordnung war. Sie beugte sich zu mir und küsste mich erneut, diesmal länger und - du meine Güte - ich musste erneut nach Luft schnappen.
    Irgendwie schmeckte sie nun anders, intensiver. Das musste der neue Körper sein.
    Mit ihrer Hilfe setzt ich mich auf. Oh ja, ich fühlte mich jung und voller Elan, aber eher elegant als kraftvoll. Nicht, dass ich mich beklagen wollte, aber da ich mir einen kräftigen jungen Soldaten ausgesucht hatte, hatte ich mehr Power hinter meinen Aktionen erwartet. Aber vermutlich war ich zu streng mit mir.
    Ich schwang meine Beine über den Rand des Bettes und wunderte mich, wie schlank und beinahe dürr sie waren. Aber warum saß ich auf einem Bett in einem kleinen Raum und nicht auf dem Altar in der ovalen Halle?
    Dann sah ich auf meine Hände. Sie waren schlank, feingliedrig und überhaupt nicht die Hände eines Kriegers.
    Stirnrunzelnd sah ich zu meiner Vertrauten, die ein Leuchten in den Augen hatte, wie ich es immer erhofft, aber nie gesehen hatte.
    »Was ist lo ...?«
    Meine Stimme war ... eine Frauenstimme?
    Mir kam ein entsetzlicher Verdacht.
    Nein, nein, nein!
    Diese langen feingliedrigen Finger tasteten mein Gesicht ab, ein unerwartet zartes Gesicht.
    Ich sprang vom Bett und schaute an mir hinab.
    Dort wo ich sonst freien Blick auf meine Füße hatte, befanden sich zwei ... Hindernisse. Zitternd tastete ich danach und konnte nicht glauben, was ich ertastete: Eine Brust, oder besser gesagt zwei Brüste!
    Zum Glück hatte Aya nach mir gegriffen, denn in diesem Moment beschloss meine Welt, dass der Boden die Decke und die Decke der Fußboden sein wollte.
    Da brachen alle Dämme und ich begann zu stammeln. Nichts wollte sich in meinem Kopf zusammenfügen und ich glaubte, dass mein Schädel gleich platzen müsste.
    Sie half mir aufs Bett, saß neben mir, umarmte mich stumm und wartete, bis ich mich wieder soweit beisammen hatte, um nicht nur sinnloses Zeug zu plappern und am ganzen Körper zu zittern.
    Sie roch wundervoll nach Zimt, was mir irgendwie genau passend erschien.
    »Du hast wahrscheinlich eine Menge Fragen?«
    »Wahrscheinlich?! Meinst Du echt?«
    Nur war mir unklar, welche davon ich zuerst loswerden wollte. Ich beschloss mit dem Offensichtlichen anzufangen.
    »Ich habe Brüste!« Zugegeben, das war keine Frage, aber meine Zuhörerin verstand auch so.
    »Ja, und ich finde wirklich hübsche.«
    Ok, das war nicht die Antwort, die ich erhofft hatte, aber wenn ich ehrlich war, hatte ich gar keine Vorstellung davon, welche Antwort mir in dieser Lage recht gewesen wäre.
    »Und ein anderes Gesicht, ein Frauengesicht.«
    Sie lächelte wieder. »Ja, und auch das ist sehr hübsch.«
    Dieses hübsche Gesicht verlor gerade seine Farbe.
    Ich befreite mich aus der Umarmung und nicht wirklich davon beruhigt, dass ich wenigstens nicht hässlich sein würde, fühlte ich, rasch wieder panisch werdend, nach dem Ding unterhalb meines Bauchs. Da war nichts mehr!
    Natürlich war da schon etwas, nur nicht das, was ich gesucht hatte. Sogar ziemlich genau das Gegenteil davon!
    »Aya? Aya! Was bei allen Göttern hast du getan?«
    Als Magier war ich es gewohnt eine Situation blitzschnell zu analysieren. Konnte man das nicht, waren Zauber in Notsituationen nicht nur gefährlich, sogar selbstmörderisch.
    Weniger Muskelmasse, weniger Schnellkraft, Salat statt Burger, im Sitzen pinkeln, Beine rasieren, unerklärliche Stimmungsschwankungen ... ,schoss die immer länger werdende Liste an meinem inneren Auge vorüber. Ich wurde noch ein paar Grade bleicher und Schweiß trat mir auf die Stirn. Tatsächlich baute sich in meinem Magen ein dicker kalter Klos auf und er wurde schnell größer.
    Doch da umarmte sie mich wieder und seltsamerweise beruhigte mich das wie zuvor fast auf Anhieb. War ich mit dem Verlust meines besten aber eigentlich selten genutzten Stücks so anlehnungsbedürftig geworden?
    Ihr Lächeln wurde breiter und ich entdeckte da nicht nur einen Anflug von Anzüglichkeit! Typisch, da muss man zuerst sterben und im Körper einer Frau wiedergeboren werden bis sie einen wahrnimmt!
    »Natürlich hast Du zuerst nach Deinem Ding gesucht. Das hätte ich an Deiner Stelle vermutlich auch.«

    An meiner Stelle, ha!
    Bis jetzt war mir immer ziemlich klar gewesen, was an meiner Stelle gestanden hatte: Nämlich ich.
    Doch mein Ich musste sich aber im Augenblick erst einmal wieder kalibrieren.
    Ein weiterer nach Zimt duftender Kuss half mir da weiter, sogar sehr. Sogar der Klos löste sich auf und machte einem ganz anderen Gefühl Platz: Erregung!
    Ich konnte doch nicht wirklich jetzt an Sex denken?
    »Hey, immer langsam«, wehrte ich halbherzig ab.
    »Wie kommt es, dass Du auf einmal so auf Schmusekurs bist?«
    Sie lachte.
    »Du Dummkopf, ich stehe auf Menschen-Frauen, schon immer, sag nur, das hast Du nie bemerkt?«
    Mein Gesicht gewann deutlich an Farbe.
    »Ja schon, aber warum will ich Dir gerade am liebsten alle Kleider vom Leib reißen?«
    »Ach, komm, das ist nun wirklich nichts Neues!«
    »Zugegeben, aber ich muss mich gerade wirklich zusammenreißen!«
    Wieder lächelte sie. »Ich ebenso. Das sind meine Pheromone, die lassen Dich etwas ... zugänglicher werden.«
    Ich schnaubte. Daher also der betörende Zimtgeruch.
    Da hielt sie mir einen Handspiegel vor und ich erschrak erneut. Dieses Gesicht kannte ich doch? Vielleicht etwas älter und mit einer deutlichen Spur mehr Bosheit um die Augen, aber es war eindeutig.


    Sie wanderte mit dem Spiegel nach unten und was ich sah, war durchaus ansehnlich, um so mehr, wenn man sich das letzte halbe Jahrhundert mit zunehmenden Falten und dafür abnehmendem Haar abgefunden hat.
    Schließlich drückte ich den Spiegel zur Seite.
    »Scheiße, was hast Du Dir dabei gedacht? Jetzt werde ich sogar geil, wenn ich mich selbst im Spiegel ansehe. Schau, echt wahr!«
    Zum Beweis wollte ich ihr die Flüssigkeit zeigen, die an den Innenseiten meiner Schenkel hinab lief.
    »Mist, Aya, das ist Blut ... ich bin verletzt!«
    Sie gab mir ein Tuch in die Hand und drückte sie mir zwischen meine Beine.
    »Keine Sorge, Süße, das ist die Regel.«
    »Welche Regel?«
    »Die Regel!«
    »... ohhh ...DIE Regel ...«
    Sie reichte mir Kleidung, vieles davon aus Seide und Spitze. Ich betrachtete die Unterwäsche mit Todesverachtung, wagte mir gar nicht vorzustellen, wo der dünne, sparsame Stoff überall hineinrutschen würde, sobald ich mich etwas damit bewegen musste.
    »Aya ... das zahle ich Dir heim!«
    Ihr Grinsen war eine einzige Herausforderung:
    »Genau darauf zähle ich, Süße!«

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    Einmal editiert, zuletzt von Tom Stark (21. August 2015 um 08:01)

  • Die Illustrationen sind ja mal ziemlich gut. Ich hoffe, dass die Story ebenso gut ist :D
    Mal reinschauen, bei Zeit und Gelegenheit :)

  • ... mir war langweilig und zu meinem derzeitigen Projekt wollte mir nichts Brauchbares einfallen.
    Also habe ich mal drauf los geschrieben. Ist schon eine Weile her, dass ich nur auf eine Idee ohne Plotdiagramm ins Blaue geschrieben habe.

    Die Bilder sind aber nicht mein Werk. Ganz dreist verlinkt ...

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

  • Gefällt mir, was dabei heraus kommt, wenn mal so drauf los schreibtst. Macht Spaß zu lesen und Lust auf mehr und selbst wenn es "nur" dabei bleit ist es eine gute Kurzgeschichte :)

  • Aya

    Die Teufelin sah amüsiert zu, wie sich Valerie, oder um den in dieser Welt üblichen Gepflogenheiten der Namensgebung zu folgen, Valeria, in ihre Unterwäsche zwängte.
    Aya hatte sich einen kleinen Scherz erlaubt und wirklich ein sehr knappes Höschen und ein Hemdchen mit wenigstens einer, wenn nicht zwei Größen zu wenig besorgt.
    Selbstverständlich war sie nicht grausam, zumindest nicht sehr und half ihr schließlich dabei, nicht ohne wie zufällig an gewisse Stellen ihres Körpers zu kommen. Das Zucken und Erschauern zeigte der Teufelin, dass der neue Geist zwar nichts von dem Liebestraining wusste, welches sie der schönen Hexe die letzten Monate angedeihen ließ, aber der Körper sich sehr wohl daran erinnerte.
    Sie würde jeden Vorteil gegen ihrer Schützling brauchen, sobald der sich mit der neuen Situation arrangiert hatte. Gerade den aufgeschlossenen Geist und die Willensstärke, hatte sie von Beginn an bei ihm bewundert. Umso glücklicher war sie gewesen, als sie von diesem Seelentransfer erfahren hatte. Leider hatte er ihr dies erst vor fünf Jahren erzählt. Hätte sie es früher gewusst, sie hätte sich und ihm eine Menge Zeit erspart.
    Als Valerie endlich ihr bezauberndes Hinterteil mühsam im Höschen untergebracht hatte und auch das enge Hemdchen über die herrlichen Brüste gezogen hatte, war Aya fast soweit sie ihr wieder auszuziehen.
    Lachend über sich selbst schüttelte sie ihre eigene Erregung ab. Sie würde wirklich sehr aufpassen müssen, sonst würde nicht sie das Menschenkind, sondern das Menschenkind sie zähmen. Allerdings erfüllte sie dieser Gedanke mit weit weniger Unwillen, als es bei einer mächtigen Wesenheit der Kerkerdimensionen hätte sein müssen.
    »So, und jetzt soll ich in dieser billigen Entschuldigung von Unterwäsche vor meine Kollegen treten?«
    Vals Augen blitzten, sowohl immer noch verärgert, als auch amüsiert. Sie wussten beide, dass die meist notgedrungen zölibatär lebenden Magier nicht unbedingt ablehnend reagieren würden. Zumindest bis sie erfuhren, wer sie war.
    »Sei nicht dumm, Süße. Natürlich habe ich noch andere Kleider. Aber Du wirst auf keinen Fall die anderen Magier einweihen. Ich mache mir doch nicht die ganze Mühe Dich zu verstecken nur damit Du Dich gleich offenbarst!«
    Die Schwarzhaarige stemmte ihre Fäuste in die Hüfte und beugte sich streitlustig vor.
    Aya hätte sie am liebsten wieder geküsst, aber das würde warten müssen. Die Zeit wurde langsam knapp und ihr Schützling musste das begreifen.
    »Versteckt? Mich? Seit wann muss ich versteckt werden?! Ich bin Valerius der Listige, Magier im neunten Kreis! Man versteckt sich vielleicht vor mir, aber doch nicht ich vor anderen.«
    Die Teufelin kniff ihre Augen zusammen. Val war noch keine halbe Stunde in dem neuen Körper und schon füllte sie ihn mit ihrer Präsenz und Dominanz aus. Wenn das so weiterging ...
    »Hör mir zu, Süße. Der Feind hat die Stadt schon seit drei Jahren infiltriert und etliche Deiner Kollegen sind seine Agenten geworden. Sie haben nur nichts gegen Dich unternommen, da Du ohnehin Deinem Ende entgegen gingst.«
    Das wütende Blitzen in den Augen der Magierin ließ nach.
    »Warum hast Du mir nichts gesagt?«
    »Weil Du Dich ihnen gestellt hättest und dabei wahrscheinlich umgekommen wärst. Zudem musste ich doch erst ein geeignetes Gefäß für Deine Seele auftreiben.«
    Sie sah, wie die Schwarzhaarige an sich hinab blickte. »Na schön, fürs Erste will ich das mal so stehenlassen. Ich wette Du hast einen Plan, wie es weitergehen soll?«
    Die Teufelin legte den Kopf leicht auf die Seite und grinste schief: »Mal ehrlich, Val, wann hatte ich mal keinen Plan?«
    Seufzend ergab sich ihre Freundin. »Also gut, wie geht es weiter?«
    Aya trat hinter das Bett und hob ein Bündel Lederkleidung auf und reichte es Val hin. Es war ein kompletter Satz aus nachtblauem Wyrm-Leder, extrem schwer zu bekommen - besonders wenn der Wyrm noch lebte - , nur mit Magie überhaupt zu bearbeiten, dafür gegen viele Arten von Magie immun, robust wie ein Titankettenhemd, hitze- wie kälteabweisend und sogar noch mit der Schattenmagie des Wyrms behaftet. In einem Anfall von Gnade hatte sie die Kleidung nicht ganz so hauteng anfertigen lassen, wie sie es zuerst geplant hatte. Ihre Freundin sollte sich in ihrer Rüstung, und nichts anderes würde die magische Kleidung für sie sein, schließlich wohl fühlen.
    Zufrieden stellte sie fest, wie Val das Leder anzog und wie es passte.
    »Chic und teuer!«, lobte die Magierin die Teufelin. »Hast Du mein halbes Vermögen dafür ausgeben müssen um an Wyrm-Haut zu kommen.«
    Aya zwinkerte. »Nicht Dein Vermögen, Süße, Shali Mar hat es gesponsert. Und in ihrer Kleidertruhe gibt es noch einmal fast dasselbe in rot von einem Feuerdrachen, leider bedeckt dieser Anzug nicht den ganzen Körper. Die Hexe zeigte einfach viel zu gerne Haut. Außerdem finde ich, dass dunkel Dir besser steht.«
    Sie gab ihrer Freundin einen Klaps auf den Po, der sich deutlich unter dem weichen Leder abzeichnete. »Auf geht's. Verschwinden wir hier, bevor uns noch jemand durch Zufall aufstöbert.«
    Sie trat hinter ihre überraschte Freundin, schlang die Arme um ihre Hüften und zog sie dich an sich. Konzentriert ignorierte sie den würzigen Duft von Zedernholz, der von ihr ausging und brachte sie beide in den transdimensionalen Übergangszustand in dem man Punkt zu Punkt -Teleportationen durchführte.
    In einem Hauch von Schwefel, der Val die Tränen in die Augen trieb, materialisierten sie sich mitten in der Wildnis neben einem Zelt, was gut versteckt und windgeschützt inmitten einer Felsengruppe stand.
    »Ich wünschte, ich könnte das auch. Aber ich bin wirklich erstaunt, wie gut dieser Körper den Realajo-Effekt wegsteckt.« Die Magierin wischte sich die Tränen von der Wange und stellt sich in den Wind um frische Luft zu atmen.
    »Das kann ich Dir sagen. Ich habe ein paar Modifikationen vorgenommen, bevor Du hinein geschlüpft bist.«
    Val sah Aya fragend an. »Und wie hat die Hexe das überlebt? Der Stress für ihren Geist muss irre gewesen sein?«
    »Genau.«
    »Wie, genau? Was ist das für eine Antwort?«
    »Ihr Geist hat den Stress nicht überlebt.«
    Die Magierin fuhr sich entsetzt durch die Haare.
    »Du hast sie umgebracht?«
    Die Teufelin lachte spöttisch mit einer hochgezogenen Braue.
    »Bitte, sag' mir jetzt nicht, dass Du der Todes-Hexe nachtrauerst. Sie hat bekommen was sie verdient hat, nein, eigentlich war ihr Ende viel zu gnädig.«
    Val musterte ihre Freundin und rief sich in Erinnerung, was sie über die Jahre allzu gern vergessen hatte. Aya war eine Teufelin, nicht nur eine einfache, sondern eine hochrangige Oberteufelin, wenn man so wollte. Gnade durften jene nicht erwarten, die sie zu ihren Feinden erklärt hatte.
    »Ich bin wirklich froh, dass wir auf derselben Seite stehen, Aya. Wir stehen doch auf derselben Seite?«
    Die rothaarige Teufelin umarmte ihre Freundin in einer spontanen Aufwallung von Beschützerinstinkt.
    »Ich würde für Dich sofort die Seiten wechseln, damit wir auf derselben stehen. Tatsächlich kann man sagen, ist das bereits geschehen.«
    Sie sah sich wieder fragend gemustert.
    Nase an Nase standen sie und die saphirblauen Augen der Einen blickten tief in die rubinroten der Anderen.
    Aya seufzte. Sie liebte dieses Menschenkind, weit mehr, als es gesund war.
    Sie hatte es schon als jungen Mann geliebt und nun, in dieser neuen Verpackung war sie geradezu hingerissen.
    »Denk Dir nichts dabei. Schon lange vor Dir habe ich beschlossen meine eigene Seite zu sein. Wozu ist denn die ganze Macht und das ganze Wissen gut, wenn man dadurch nicht Meister seines eigenen Schicksals werden kann?«
    Bewusst tief atmete sie den Zedernholzgeruch ihrer Liebsten ein.
    Teufel verliebten sich nicht in Sterbliche, wies sie sich selbst zurecht.
    Allerdings hatte sie ihr so viel Unsterblichkeit gegeben, wie es unterhalb der Göttlichkeit möglich war. Dennoch war es ein Wagnis mit höchst ungewissem Ausgang. Noch konnte sie zurück.
    »Zum Teufel damit!«, fluchte sie leise, nicht ohne die Ironie dahinter zu würdigen.
    Langsam überwand ihr Mund die wenigen Zentimeter, die ihn von den kirschroten Lippen Vals trennte.

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet

    2 Mal editiert, zuletzt von Tom Stark (21. August 2015 um 12:32)

  • Valerie

    Wieder küsste sie mich und wieder machte mein Herz einen Sprung.
    Irgendwie wusste ich im Hinterkopf, dass sie mich manipulierte, aber etwas, was nichts mit meiner Ratio zu tun hatte, wusste ebenso, dass es nicht nur das war.
    Aya war wie ausgewechselt, oder war nur ich es, der, nein, die ausgewechselt war?
    Als sie sich wieder zurückzog, die Augen noch geschlossen, konnte ich für einen Wimpernschlag hinter ihre Fassade sehen.
    Hinter der kühlen, betont lässigen und kalt planenden Teufelin, war ein sensibles Wesen, heißblütig und mit dem Bedürfnis nach Geborgenheit sorgsam hinter einem Panzer aus Macht und Täuschung verborgen.
    Natürlich würde sie mir das nie sagen, vermutlich gestand sie es sich selbst nicht ein, und ich wäre gut beraten, sie nicht darauf anzusprechen. Wir hatten nie wirklich Streit; kleine Frotzeleien, zum Teil derbe Scherze, hitzige Diskussionen, ja, aber nie echten Zwist. Trotz all meines Vertrauens in sie und ihr zaghaftes Vertrauen in einen unzuverlässigen Menschen, waren wir gut damit gefahren, den anderen nie zu tief zu verletzen, nie zu sehr zu reizen. Es gab gewisse Hunde, die man besser schlafen ließ.

    »Ich habe Hunger. Auch wenn ich mich wohl fühle, hat dieser kurze Trip ein Loch in meinen Magen gegraben, als hätte ich tagelang nichts gegenessen.«
    Aya zuckte schuldbewusst ihre Schultern.
    »Sorry, meine Schuld. Hatte ganz vergessen, wie ungeübt Du noch bist. Außerdem habe ich die schwarze Hexe zwei Tage hungern lassen. Ihr Menschen seid hungrig so unkonzentriert, dass ich den Umstand nutzte, um ihr nicht zu harte Banne verpassen zu müssen. Ich wollte nicht, dass du gleich in einem Körper aufwachst, der sich anfühlt als hätte man ihn wochenlang gefoltert.«
    Da hatte sie meine ungeteilte Zustimmung. Ich erinnerte mich nur zu gut, wie hart die Bannzauber der Teufelin waren, immerhin hatte sie mir viele davon beigebracht und sie mich oft genug am eigenen Leib spüren lassen.
    »Hey, kein Ding. Aber Du hast doch an Essen gedacht, oder?«
    Sie lächelte und ich schaute schnell weg, bevor sich mein Blick wieder an ihren Lippen festsaugen konnte. Egal wie scharf ich auf sie war, das musste ich schnellstmöglich in den Griff bekommen. Ich kannte meine Teufelin. Im Moment ließ sie die Zügel locker, weil ich noch neu im Frauengeschäft war, aber nach einer gewissen Schonzeit würde sie mich gnadenlos an der langen Leine in der Manege herumführen, wenn ich das zuließ. Meine Aya mochte eine außergewöhnlich nette Teufelin sein, ich selbst hatte nie Grund etwas anderes anzunehmen, wiewohl so mancher unserer Feinde meine Meinung ganz gewiss nicht teilte. Aber sie war eine Teufelin und damit aus einer Welt, wo der Starke den Schwachen dominierte, aus und benutzte. Sie konnte da nur bedingt aus ihrer Haut. Wenn man sie in dieser beinahe menschlichen Form sah, vergaß man das aber sehr leicht.

    Während ich mich umschaute, rätselte, wo genau wir waren, kletterte sie ins Zelt und kam mit einigen Schinken-Käse-Sandwiches heraus. Die Verrückte hatte tatsächlich auch daran gedacht und selbst Essen zubereitet!
    Schnell stopfte ich mir das erste zur Hälfte in den Mund: »Du denkst eben an alles.«
    Sie grinste. »Ich versuche es. Trinken gibt's auch, aber hinter den Felsen fließt auch ein kleiner Bach. Unsere Tiere warten dort ebenfalls.«
    Neugierig schaute ich um die Ecke und sah den winzigen Bach, wohl eher ein Rinnsal und musste blinzeln, als ich unsere Reittiere sah.
    »Du hast Riesenpanter? Ich dachte, die Elfen hätten längst alle Exemplare wieder zurück gefordert?«
    Die riesenhaften Schattenparder hatten die typischen Sättel auf und natürlich kein Zaumzeug. Entweder man brachte die Katze dazu einen zu tragen, dann gehorchte sie auf Fersendruck, oder man kam gar nicht erst in den Sattel. Bei hungrigen Tieren endete man dann auch schon mal als Ausgleich für versäumte Fütterungen.
    »Was denkst Du, woher ich sie habe? Morgen früh, wenn Du Dich soweit an deinen Körper gewöhnt hast, machen wir uns auf den Weg nach Skywood. Dort erwartet uns unser erster Gefährte für unsere Reise.«
    Ich war inzwischen am dritten Sandwich und so langsam löste angenehme Müdigkeit den nagenden Hunger ab.
    »Gefährte? Reise?« Ich verstand kein Wort.
    »Bist Du fertig oder hast Du noch Hunger?«, fragte sie mich anstatt einer Antwort.
    »Nee, bin satt, danke. Bin nur etwas müde.«
    Sie lächelte wieder, schlang ihren rechten Arm um meine Hüfte und zog mich zum Zelt.
    »Das war zu erwarten. Dieser Körper musste in letzter Zeit viel mitmachen, aber keine Bange, das bekommen wir hin.«
    Ohne abzuwarten, ob ich fragen wollte, was sie nun genau damit meinte, schob sie mich ins Zelt, wobei ihre Hände weit länger an meinem Hintern blieben als nötig.
    Dicht hinter mir folgte sie und legte sich neben mich auf den weichen Teppich, den sie im Innern als Unterlage ausgebreitet hatte.
    »Du willst Doch nicht in den Kleidern schlafen?«, fragte sie mich schelmisch und schon begann sie meine Lederjacke zu öffnen.
    »Du verrückte Teufelin, ich weiß genau, was Du vor hast!«
    Vielleicht klang ich etwas verzweifelt, aber das eher deshalb, weil ich es nicht weniger wollte. Mein letztes Mal war ... achwas, ewig her und so, wie ich jetzt war ... Grundgütiger!
    »Keine Sorge, ich weiß ganz genau, was wir machen. Überlass' einfach alles mir«, säuselte sie mir ins Ohr, während sie mir die Hose viel zu langsam auszog.
    Ich schloss die Augen, konzentrierte mich aufs Atmen.
    Wie sie so schnell aus ihren Klamotten gekommen war, bekam ich überhaupt nicht mit. Sehr wohl fühlte ich aber, wie sie über meinen Körper strich und auch, dass es bestimmte Stellen gab, bei denen es mich wie nach einem kleinen Stromschlag durchzuckte. Als ihre Hand sich an meinem Bauchnabel befand und sich langsam aber unaufhaltsam tiefer bewegte, riss ich meine Augen auf griff nach ihren Fingern.
    »Warte. Bitte!«
    »Was?«, fragte sie zärtlich und verharrte geduldig.
    »Keine Ahnung ..., ich weiß nicht ob wir das wirklich sollten«, gab ich unsicher zu.
    »Vertrau mir, ich kenne diesen Körper sehr gut. In der nächsten halben Stunde werde ich Dich dazu bringen zu betteln, nur nicht damit aufzuhören, was ich gerade mit Dir mache.«
    Ich roch ihren Zimtgeruch, leckte ihn von meinen Lippen und sog ihn tief in meine Lungen ein.
    Sie streckte neckisch ihre Finger aus und zupfte die Haare meiner Scham.
    »Autsch!« Das weckte mich aus der wohligen Trance, die mich befallen hatte.
    »Ich betteln?! Das träumst Du. Eher friert die Hölle zu!«

    Was soll ich sagen?
    In dieser Nacht fror die Hölle zu.
    Fünfmal, mindestens!

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    Tom Stark
    zum Lesen geeignet