Aya
»Warum tust du mir das an?«
Das Jammern der schwarzhaarigen Schönheit mit den Glutaugen war nur verständlich, angesichts ihrer aussichtlosen Lage.
»Warum, warum? Weil du ein Miststück bist, was sogar eine wie mich auf die Seite der Guten wechseln lässt!«
Die Rothaarige vor ihr lächelte einerseits grausam, andererseits verliebt, beides zugleich, wie nur sie es fertig brachte.
Die Schwarzhaarige rüttelte wütend an den Ketten, an die gekettet, sie sich nach der Liebesnacht mit der Teufelin gefunden hatte. Es hatte nicht ihrer magischen Fähigkeiten bedurft, um herauszufinden, dass sie sich in der Festung ihrer schlimmsten Feinde befand. Nun vielleicht nicht ihrer schlimmsten Feinde, aber doch jener Feinde, die sie am ehesten fürchtete. Und sie hatte absolut keine Ahnung, wie sie hierhergekommen war.
»Ich will ehrlich zu Dir sein, Süße. Hauptsächlich habe ich Dich ausgewählt, weil ich auf Dich stehe, also auf Deinen Körper. Deine Seele ist selbst für mich zu dunkel.«
Selbst der neutralste Richter hätte der Teufelin hier recht geben müssen. Die schwarzhaarige Hexe war eine rassige Schönheit und auch ihre ausschweifendes Leben hatte bemerkenswert wenig Spuren hinterlassen, was natürlich auch an den zahlreichen Seelen lag, welche die bösartige Frau für ihr Aussehen und ihre Jugend dunklen Götzen geopfert hatte.
Doch zugleich musste man lange suchen, sowohl in Raum, wie auch Zeit, um eine ähnlich ruchlose Seele zu finden, die auch nur annähernd viele Leben vorsätzlich, um nicht zu sagen genussvoll, zerstört hatte ganze Länder gegeneinander aufgebracht und schließlich in den Ruin gestürzt hatte.
Die schwarze Shali Mar, hatte man sie genannt und ganze Reiche duckten sich und ließen sie gewähren, wenn sie bloß schnell weiterzog.
Doch vor einigen Monden war es ruhig um die schöne Schwarzhexe geworden.
Valerius, der alte Fuchs, der vielleicht listigste Magier seiner Zeit, hatte sie eingefangen, so hieß es.
Die Teufelin hatte alles getan, um dieses Gerücht in Umlauf zu bringen und es durch sorgsam platzierte Tatsachen zu untermauern.
In Wahrheit hatte die Rothaarige aus dem Kerkerreich die Hexe verführt, schön langsam, sorgsam geplant und mit viel Geduld.
Ihr Meister, zumindest dachte der alte Magus, dass er das nach wie vor war, hatte sich schließlich doch dem Lauf der Zeit und der Last der Jahre beugen müssen. Seit beinahe zwei Sonnenläufen hatte er seinen Turm in der Elfenbeinstadt nur noch zu seltenen Anlässen verlassen und seiner Dienerin freie Hand gelassen, was ihre Freizeitgestaltung betraf.
Aya, mit vollständigen Namen Fürstherzogin Mastrino Ayantalla, Meisterin der Feuergruben der Vergeltung, Halterin des Dreizacks des Zorn und Verwüsterin der mittleren Niederhölle, war das Ergebnis einer Dämonen-Beschwörung, die der zu jener Zeit noch sehr junge und sehr unerfahrene Valerius unterbrochen hatte. Natürlich war es einem Sterblichen wohl möglich einen Dämonen für eine Weile, aber unmöglich einen Teufel zu beschwören, aber die Teufelin hatte schon damals beschlossen, dass sie den jungen Mann mochte und beschlossen einstweilen seine Dienerin zu spielen, obwohl er vielmehr ihr Schützling war.
Natürlich war der Magus älter und weiser geworden und hatte schließlich die Wahrheit herausgefunden. Sie hatten jedoch einvernehmlich beschlossen, es für alle anderen, bei dieser Version zu belassen. So war der große Valerius, und würde wohl auch immer sein, der Einzige, der je einen »Dämonen« erfolgreich dauerhaft beherrschen konnte.
»Du hast mich getäuscht. Das hätte nie passieren dürfen.«
Die Teufelin lächelte: »Das sind meine Pheromone, Süße. Wenn ich auf jemand stehe, dann hat der eigentlich keine Chance mir zu widerstehen.«
»Unmöglich, kein Dämon hat Pheromone. Das liegt nicht in ihrer Natur!«
»Stimmt, Süße. Du bist wirklich klug, aber was wäre, wenn ich gar kein Dämon bin?«
Die Teufelin war ganz nahe an die Gefangene getreten und diese erschauerte, trotz ihrer Lage vor Begierde. Umso wütenderer rüttelte sie an ihren Ketten, aber selbst ihre Magie konnte dem Bann eines Teufels nicht so ohne weiteres etwas anhaben, und Aya hatte ihren Bann sehr sorgfältig gewebt. Anders als Dämonen, waren Teufel zu weit mehr fähig als nur ihren Trieben nachzugehen. Sie planten ihre Züge und Ayas Planungen reichten noch weiter, als die meisten ihrer Artgenossen.
Liebkosend strich sie über die Wange ihrer Geliebten, wobei sie das nie wirklich gewesen war. Gespielin, vielleicht, amüsanter Zeitvertreib, ganz sicher, aber hauptsächlich war die schöne Hexe Mittel zum Zweck.
Doch damit der Zweck auch erreicht würde, musste die Teufelin nun zu einer wichtigen Zwischenstufe ihrer Pläne kommen.
Zärtlich strich sie der Hexe den Hals hinab, zeichnete die Wölbungen ihrer Brüste nach und ließ ihre Hände auf ihrer Brust verharren, genau dort, wo unter der samtweichen Haut das Herz aufgeregt schlug.
»Was ... was ..?«
Shali Mars traten die Augen beinahe aus den Höhlen.
»Ich nehme deinem Körper ein paar Jahre. Nicht viele, Zehn oder Fünfzehn vielleicht. Ich mag meine Liebhaber etwas jünger, auch wenn an Dir nichts auszusetzen war.«
Ihre Stimme war sanft wie Seide und zugleich hart wie Stahl.
»Das kannst Du nicht machen. Solche Veränderungen ohne sein Seelenopfer kann ein Geist nicht verkraften. Er zerbricht wahrscheinlich daran!«
»Wahrscheinlich«, war die kurze Bestätigung.
Der Schrei der Hexe war lang, laut und beinahe hätte er die Steine erweicht, aber niemals das Herz der Teufelin.
Als sie fertig war, war aus der Frau, die den umwerfend schönen Körper einer Vierzigjährigen gehabt hatte, eine junge Schönheit Mitte zwanzig geworden. Selbst die grauenhaften Schmerzen hatten das schöne Gesicht nicht entstellen können und die vollen Brüste hoben und senkten sich nun nicht mehr ganz so füllig, jedoch auf jugendliche Art fester.
Die Teufelin lächelte zufrieden.
»Noch ... lebe ... ich. So einfach ... bekommst Du mich ... nicht ...«, keuchte die Hexe.
»Immer diese Eile. Ihr Menschen seid wirklich hektische Wesen. Ich bin doch noch gar nicht fertig.«
Erneut sammelt sie ihre Geisteskraft und erneut schrie die Hexe auf, womöglich noch gequälter als zuvor, falls das überhaupt möglich war.
»Achja, Unsterblichkeit. Kein sterblicher Geist verkraftet die Gabe. Wir sehen uns am Ende der Zeiten wieder, elendes Miststück ...«
Sanft küsste sie die vollen Lippen der Toten.
Dann eilte sie davon.
Sie wusste um ihr enges Zeitfenster.