Wortgefechte - Ein Schwert und sein Held

Es gibt 426 Antworten in diesem Thema, welches 108.791 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (21. August 2023 um 00:03) ist von bigbadwolf.

  • Da ich fast vermute, dass der Held sich einfach von hinten an den Magier/in heranschleichen wird und ihm flott die Friese stutzt,

    Eigentlich hatte ich das nicht beabsichtigt. Der Held geht wieder, weil es anscheinend keine Frau zum Retten gibt. Er glaubt dem Magier einfach und hat noch gar nicht gerafft, dass die Sache stinkt wie ein Ogerschlüpfer. Quasi eine aufschlussreiche Nullrunde, aber da war der Held ja auch noch jung und unerfahren. :D

  • 29

    „Hast du schon mal so viel Glas gesehen?“, fragte der Held beeindruckt und hob die Hand schützend vor die Augen.
    Nein, gab die Stimme angestrengt zu, aber die Hütte gefällt mir. Selbst das Schwert schien von der reflektierten Sonne geblendet zu werden. Ich frage mich eher, was das ganze Grünzeug da drin macht.
    Mit der Hand am Schwertknauf trat der Held vorsichtig aus dem lichten Unterholz heraus auf die versteckte Lichtung. Im Gegensatz zu seiner magischen Waffe war ihm ziemlich schnell klar, worum es sich hier handelte, denn in den luxuriösen Lustgärten adeliger Auftraggeber hatte er schon häufig kleine Gewächshäuschen gesehen; dieses Exemplar hier schien sich jedoch nicht mit einer Handvoll Erdbeeren begnügen zu wollen. Obwohl er die Tiefe des Glasbaus von seiner Position aus nicht gut einschätzen konnte, war er überzeugt, dass eine mittelgroße Handelskarawane bequem darin hätte rasten können.
    „Hast du denn noch nie ein Gewächshaus gesehen?“, wunderte sich der Held nun doch, während er sich mit zusammengekniffenen Augen langsam näherte.
    Doch, doch. Jetzt, wo du es sagst. Aber wer baut denn mitten in der Wildnis solch einen Gewächspalast?
    „Keine Ahnung… wobei, zumindest die grundsätzliche Lage ist gut“, überlegte der Held. Unweit der versteckten Lichtung perlte ein kleiner Bach dahin und bislang war er in diesem Wald lediglich einem desinteressierten jungen Schwarzbären begegnet. Darüber hinaus bemerkte er, dass die Lichtung zu ihrer Mitte hin leicht anstieg, sodass das Glashaus vermutlich keinen einzigen Sonnenstrahl verpasste.
    Plötzlich spürte der Held, wie Magie durch seine Haut sickerte und in seine Muskeln kroch.
    „Kein Feind!“, rief er rasch.
    Binnen Sekunden verließen ihn die Kräfte und er sackte wie eine Marionette in sich zusammen.
    „Ich habe keine bösen Absichten!“, versicherte er mit kühlem Gras im Gesicht.
    Der Boden verströmte einen eigenartig süßlichen, leicht benebelnden Geruch. Leise, fremdartige Worte drangen zu ihm durch, als eine weibliche Stimme einen weiteren Zaubergesang anstimmte. Ein Gefühl von strahlendem Licht, welches sein Innerstes erhellte, überkam den Helden. Es dauerte nur Sekunden, dann verlosch es zusammen mit der magischen Schwere. Um der offensichtlich äußerst fähigen Magierin keinen Grund für weitere Zauber zu liefern, stand er möglichst langsam auf.
    „Ah! Euch hab ich doch bei der Ausstellung gesehen, oder?“, fragte die Frau interessiert.
    Ehe der Held über die Frage nachdenken konnte, musste er zunächst die aktuelle optische Überforderung bewältigen. Die Frau war vermutlich eine Halbelfe, wobei ihr kleiner Körper auf Gnomen- oder gar Halblingsvorfahren hindeutete. Ihr Gesicht tendierte zu attraktiver Rundlichkeit, ihr mattgrüner Teint, die violetten Lippen und der brünette Zopf wurden von der Abendsonne erotisch angestrahlt. Mit dem opulenten, in den langen Zopf eingeflochtenen Blumenstrauß wirkte es, als würde ein Regenbogen aus ihrem Kopf wachsen. Diesen ästhetischen Anblick hätte der Held vielleicht ausblenden können, hätte die Magierin nur etwas mehr Wert auf Oberbekleidung gelegt. Streng genommen war sie nicht gänzlich barbusig, aber das interessierte die instinktive Fantasie des Helden nicht im Geringsten.
    Ihr scheint recht warm zu sein, kommentierte das Schwert.
    Mit schier übermännlicher Anstrengung widmete sich der Held dennoch der gestellten Frage und durchforstete sein Gedächtnis. „Ich… ich erinnere mich leider nicht an Euch“, gab er zu und freute sich, überhaupt einen unfallfreien Satz zustande gebracht zu haben.
    In Zukunft wirst du dich bestimmt an sie erinnern, versicherte die Stimme. Erneut wünschte sich der Held die Fähigkeit, die magische Waffe zu blockieren.
    „Hm, das ist schade“, entgegnete die Magierin und schwieg.
    „Allerdings“, sagte er und sah auf seine Stiefel. Als er nach einer Weile wieder zu ihr sah, reckte sie gerade träumerisch das Kinn in die Abendsonne, was der Stille das Unangenehme nahm. Der Held tat es ihr einfach gleich.
    Ähm… passiert jetzt noch irgendwas oder soll ich mich erstmal tot stellen?
    „Ich habe zufällig diese Lichtung und Euer Gewächshaus entdeckt“, setzte der Held schließlich das Gespräch fort. „Da bin ich neugierig geworden.“ Jetzt fiel ihm eines der Ausstellungspodeste in der Bibliothek wieder ein. „Ihr meintet vorhin die Magierin, welche das Blumenbeet magisch… ähm, gepflegt hat, ja?“
    „Genau“, antwortete sie schlicht.
    „Ihr beschäftigt Euch also auch mit Magie für die Gartenarbeit?“
    „Hm, nicht in dieser Form.“ Sie fuhr sich nachdenklich mit einer Hand über ein viel zu wenig bekleidetes Körperteil und schien über etwas nachzudenken. „Kommt mit, ich zeige es Euch.
    Mit unleugbarem Interesse folgte er der schönen Halbelfe in ihr riesiges, heißes Gewächshaus. Die Luft war schwer von Feuchtigkeit und der Held entledigte sich rasch seines Mantels und seiner robusten Stiefel. Bei näherem Betrachten der Pflanzen stutzte er jedoch und letztlich rieb er sich gar die Augen. Vor ihm stand ein junger Pflaumenbaum, der offenbar unter selektivem Größenwahn litt. Während der Baum an sich eher unauffällig war, hatten die Pflaumen in etwa die Größe seines Kopfes. Nicht minder ungewöhnlich waren die kürbisgroßen Äpfel und die Gurken, welche die Ausmaße von Ogerarmen hatten.
    „Ich verwende ganz speziellen Pseudodünger“, beantwortete die Halbelfe die unausgesprochene Frage und rückte eine Chrysantheme in ihrem prächtigen Blumenhaar zurecht. „Der Dünger gaukelt den Pflanzen vor, dass sie rasant immer weiter und weiter wachsen, bis sie riesengroß sind – und große Pflanzen haben große Früchte. Anfangs konnten die in Wirklichkeit kleinen Pflanzen ihre riesigen Früchte gar nicht tragen, aber inzwischen habe ich auch da den Dreh raus“, erklärte sie mit einem Anflug von Stolz.
    Sie hat wirklich riesige Früchte, hm?, fragte das Schwert unschuldig.
    „Warum grinst Ihr so?“, fragte die Halbelfe.
    „Äääh, ich… äh, bin nur überwältigt von Euren Früch… ähm, also von den riesigen Früchten…, die Ihr hier züchtet… ähm, habt Ihr den Dünger mit einem Zauberspruch belegt?“, versuchte er das Thema wieder aufzunehmen.
    „Nein, ich nicht. Aber die besondere Magie einer Dryade wird für den Dünger benötigt.“
    „Eine Dryade hat den Dünger verzaubert? Freiwillig?“, fragte der Held misstrauisch.
    „Nun, nein“, gab die Magierin zu. „Es mag Euch etwas bösartig vorkommen, aber ich brauche die Magie ihres Pflanzenrufes dringend. Das ist ein Gesang, der bedrohten Pflanzen schützende Magie verleiht. Nur etwa vier Meilen von hier lebt die Dryade Yok’Onó und dort habe ich ein kleines Feuer entfacht… ich habe es natürlich sofort wieder gelöscht, als sie ihren magischen Gesang begann!“, versicherte sie rasch, als der Held sie nun argwöhnisch musterte.
    „Aha“, sagte er bloß. „Noch mehr dubiose Zutaten?“, fragte er und bewunderte Bohnen, die so dick waren wie seine Beine. Die Ranken hingegen waren allenfalls so hoch wie er selbst.
    Vielleicht den Blick einer Medusa?, überlegte das Schwert mit unsicherem Lachen.
    „Ist Einhornurin dubios?“, fragte sie unschlüssig.
    „Ähm, ich denke schon.“
    „Dann Einhornurin. Aber mehr möchte ich Euch nicht verraten.“
    „Ist auch nicht nötig“, versicherte der Held mit einem etwas unwohlen Gefühl.
    „Eins sage ich Euch: es war gar nicht so leicht, das Zeug aus dem Bach zu extrahieren… wollt ihr es mal sehen?“, fragte sie begeistert und verschwand in den Tiefen des Glashauses, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um zu verschwinden?, schlug die Stimme vor.
    Eine Mischung aus Neugier und erotischem Nachwirken ließ den Helden auf die Magierin warten, die bereits mit einer Phiole in der Hand zurückkam. Der Einhornurin schien aus mehreren verschiedenfarbigen Flüssigkeiten zu bestehen und sah daher aus wie ein flüssiger Regenbogen. Allein der Anblick schien seinen Verstand zu benebeln und der Held konnte gut nachvollziehen, warum die Pflanzen von dem Pseudodünger so stark beeinflusst wurden.
    „Möchtet Ihr vielleicht einmal von meinen Früchten kosten?“, fragte die Halbelfe. Der Held starrte ihr angestrengt ins Gesicht, aber die Magierin schien nichts Verwerfliches an ihrer Frage zu finden.
    JETZT?, wiederholte das Schwert seinen Vorschlag nachdrücklich.
    „Es… ist… ich… also… ich hab keinen Hunger… und mir ist… ehrlich gesagt furchtbar heiß und... ich… muss weiter.“
    „Oh, schade. Dann nehmt zumindest die hier mit“, bot sie freundlich an und pflückte zwei Pflaumen, während der Held sich rasch die Stiefel anzog und seinen Mantel aufsammelte. „Die sind wirklich gut!“
    „Hat mich gefreut“, sagte er und nahm das Geschenk entgegen. „Habt Dank für Eure Pflaumen... ähm, ja… genau. Lebt wohl!“
    „Ja, lebt wohl!“, winkte sie zum Abschied, aber der Held war schon aus dem Gewächshaus geeilt.
    Weißt du was?, fragte das Schwert amüsiert, als er gerade die Lichtung verließ.
    „Was?“
    Ich glaube, die hat auch was von ihrem Dünger genascht.
    Der Held versuchte angestrengt, an etwas – irgendetwas – anderes zu denken.
    Denkst du jetzt den ganzen Abend an ihre Brüste?
    „Na vielen Dank auch!“, zischte der Held.

  • En sehr guter Teil, wo man dank deiner Anspielungen aus dem Grinsen nicht mehr heraus kommt. Auch die Beschreibungen sind sehr gelungen. Das Schwert hat nicht viel gesagt, aber das war auch nicht nötig. :D

    Einziger Verbesserungsvorschlag wäre, dass du strenger auf Absätze bei der wörtlichen Rede achtest. Das ist mir dieses mal nun doch aufgefallen. Beispielsweise bei "Kein Feind." :)

  • @Cory Thain, @Xarrot, @Schreibfeder: Auf diesem Wege einmal ein besonderer Dank für eure positiven Kommentare zu meinem Lexikon-Eintrag. Fühlt sich gut an, dass der gesamte Thread wertgeschätzt wird.

    Und nochmals an alle Freunde des Schwerts: :danke: für eure :help: , dass ihr hier immer fleißig :newspaper: , auch mal kritisch :grumble: , ein Gefühl von :friends: und :lol: vermittelt und generell für euren gesunden Hang zum :sarcasm: .

  • Huhu @bigbadwolf,
    ich bin gerade bei Szene 20 angekommen und muss sagen, ich bin begeistert! @Schreibfeder hatte mir zwar schon im Frühjahr empfohlen, mal in Wortgefechte reinzuschnuppern… keine Ahnung, warum ich damals nicht auf ihn gehört habe :D
    Insgesamt sehr unterhaltsam geschrieben und das vorlaute Schwert ist wirklich zum an die Wand oder eher ins Flussbett klatschen. Die meisten Szenen lesen sich locker flockig weg und es ist auch schon zu sehen, wie du verschiedene Anspielungen einbaust. Auch, dass die Szenen aufeinander Bezug nehmen, finde ich super. Manchmal hören die Abschnitte an gemeinen Stellen auf und als Leser möchte man gerne mehr erfahren.
    Sind eigentlich alle magischen Gegenstände so nervig wie Helene und Schnittchen? Jedenfalls würde es mich freuen, wenn Helene oder auch ein anderer magischer Gegenstand (wieder)auftauchen.
    Wortgefechte haben mir jedenfalls die letzten Abende versüßt und ein bisschen habe ich ja noch vor mir.

    Bücher sind Schokolade für die Seele. Sie machen nicht dick. Man muss sich nach dem Lesen nicht die Zähne putzen. Sie sind leise. Man kann sie überall mitnehmen, und das ohne Reisepass. Bücher haben aber auch einen Nachteil: Selbst das dickste Buch hat eine letzte Seite, und man braucht wieder ein neues.
    Richard Atwater

  • Die Jubiläumsfolge (so wegen 30 und so...)
    30

    Vorsichtig lugte der Held um die letzte Biegung.
    Was macht der denn hier?, dachte die Stimme seine Gedanken. Und wo ist unser Drache?
    „Hm… er sieht nicht wie ein Drachentöter aus, wenn du mich fragst“, rätselte der Held leise und betrachtete den schwarzhaarigen Elf im Zentrum der kathedralenhohen Höhle. Seine seltsam violette Hautfarbe wurde fast vollständig von einem riesigen Bärenfell verhüllt, doch allein sein Gesicht hatte etwas überaus Charismatisches. Seine Ausstrahlung wurde zusätzlich von dem mannshohen Goldhaufen hinter ihm verstärkt. Mit einem unterschwelligen Schaudern bemerkte der Held, dass er sich zu dem Elfen hingezogen fühlte und er hoffte, dass es dafür eine ganz natürliche magische Ursache gab.
    Und selbst wenn: Hat er ihn Schuppe für Schuppe aufgegessen?, erwog das Schwert.
    „Er hat etwas… Spezielles an sich.“
    Er steht mit einem halben Bären behangen in einer Drachenhöhle. Klar ist der speziell!
    Ich glaube, er hat mich bemerkt…, setzte der Held das Gespräch gedanklich fort. Er scheint nicht auf einen Kampf aus zu sein. Vielleicht weiß er ja, wo sich der Drache gerade aufhält.
    Los, greif ihn einfach an. Ich will zumindest gegen irgendwas kämpfen!, forderte das Schwert hitzig.
    „Du hattest vorgestern deinen Spaß mit dem Feuertroll. Gib dich zufrieden!“, entgegnete er nun wieder flüsternd. „Im Übrigen wäre dieser Kampf ohne den neuen Rubin in deinem Heft wesentlich unerfreulicher geworden“, genoss der Held das Rechthaben.
    Aber er ist schwer und bringt mich aus dem Gleichgewicht!, zeterte die magische Waffe.
    „Möchtest du lieber ein Kurzschwert werden?“, grinste der Held. „Oder soll ich dich zu einem schlanken Degen umarbeiten lassen?“
    Du könntest mir auch ein rosa Heft mit gerüschter Parierstange besorgen, da stehen die Frauen drauf…, schlug das Schwert bissig vor.
    Nachdem er die schauerliche Vorstellung abgeschüttelt hatte, sah der Held erneut um die Biegung. Der Elf hatte sich anscheinend nicht einmal bewegt.
    Sicher hat der Baumkuschler den Drachen mit einer Douglasie verwechselt.
    „Wie auch immer. Wir müssen das Heilmittel loswerden“, traf der Held eine Entscheidung. „Ich schleppe das Ding jedenfalls nicht den ganzen Weg zu dem Alchemisten zurück. Notfalls werfe ich es einfach auf den Schatz und gehe wieder“, überlegte er laut und ging mit der Hand auf dem Schwertheft in die Höhle.
    „Endlich!“, erklang die ungewöhnlich laute Stimme des Elfen. „Ich dachte schon, ihr wollt gar nicht zu mir kommen.“
    Der Held blieb kurz stehen, aber dann musste er lachen.
    Ach ja, stimmt, ging nun auch dem Schwert ein Licht auf.
    „Ihr Drachen seid ja auch Gestaltwandler“, sprach er es aus und ging weiter auf den scheinbaren Elfen zu. „Das hatte ich ganz vergessen… nun, ich habe hier ein Heilmittel für Euch“, sagte er und kramte bereits in seinem Tornister.
    „Zügele deine Gedanken!“, rief der Elf plötzlich mit einer Stimme, in welcher sämtliche Geheimnisse der Folterkunst mitklangen.
    Der Held wich vorsichtshalber zurück. „Verzeiht, aber ich habe nichts gedacht, was Euren Zorn erklärt“, wagte er sich laut zu wundern.
    „Ich meine dein Schwert, Abenteurer!“, grollte der Elf und ein ängstliches Beben erfüllte die Gedanken des Helden.
    Alles klar, ich bin still wie ein toter Zombie!, versicherte die Stimme hastig.
    Der Held konnte ein leichtes Grinsen nicht ganz unterdrücken, während er erleichtert das Heilmittel hervorholte. Das weiße Ding, welches ihm der Alchemist für den Drachen mitgegeben hatte, sah aus wie eine große flache Scheibe. Es schien aus einer gepressten, körnigen Substanz zu bestehen und hatte etwa den Durchmesser eines kleinen Fladenbrotes.
    „Das Ding ist ja winzig. Und dieser Krümel soll einen Drachen gesund machen?“, argwöhnte der Elf und legte den Kopf leicht schief. Diese Körperhaltung unterstrich sein ansprechendes Äußeres noch zusätzlich.
    „Der Alchemist behauptet das zumindest. Die Größe hat wohl was mit einer homo… ähm… pötho…, ich glaube, er… er nannte es homopöthische Dosis oder so…“, stammelte der Held und vermied es, den Elfen anzusehen. „Ähm, darf ich Euch eine Frage stellen?“, versuchte er die Situtation zu überspielen.
    „Ihr habt mir das Heilmittel gebracht. Fragt!“
    „Ich habe noch nie von violetten Drachen gehört, also… seid ihr ein Blauer mit Fieber oder ein Roter mit… ähm, Unterkühlung?“
    Das Starren des Drachen war unerträglich. „Du besitzt Augen, Mensch. Benutze sie!“
    Das Bärenfell stach dem Helden regelrecht ins Auge und er lächelte entschuldigend.
    „Nun gut“, nickte der verwandelte Drache. „Bislang haben Elerics Schlafmittel und… und sein Mohntrank immer die gewünschte Wirkung entfaltet.“ Eine anscheinend angenehme Erinnerung erhellte kurz seine Züge. „Diese weiße Scheibe wird vermutlich auch ihren Zweck erfüllen. Nehmt dies als Gegenleistung.“
    Urplötzlich erklang ein Knacken, als ob ein Gletscher entzweibrach und einen Moment später hielt der Elf wie aus dem Nichts eine enorme, fahlviolette Drachenschuppe in den Händen. „Die Schmiede eurer Rassen haben stets großes Interesse an meinen Schuppen“, erklärte der Drache missvergnügt, weil der Held wie paralysiert auf die Elfenhände starrte. Wenn die wahre Größe des Drachens im Verhältnis zur Lautstärke des Knackens stand, war die kurzzeitige Schockstarre durchaus angebracht. Vermutlich konnte er sich das Heilmittel problemlos durch eine Zahnlücke schieben.
    Mach endlich was!, versuchte das Schwert ihn aufzurütteln.
    „Äh, da-da-danke!“, stotterte der Held angestrengt und nahm die große violette Schuppe mit einer Verbeugung entgegen. „Ich… ich nehme an, Eleric hat seine… äh, Gegenleistung bereits erhalten?“, fragte er behutsam.
    „Da ich mich nicht entsinnen kann, wie Eleric schmeckt, erbringe ich nach wie vor seine Gegenleistung“, entgegnete der Drache mit einem Blick, welcher den Helden an Stilette, Feuergruben und Vierteilung erinnerte. „Ihr möchtet Euer Schwert nicht etwa gegen eine weitere meiner Schuppen eintauschen?“, bot der Drache unvermittelt an.
    Der Held stutzte und spürte ein stummes, aber intensives Flehen in seinen Gedanken. „Ähm… so leid es mir tut, aber sollte ich auf dem Rückweg auf weitere Feuertrolle treffen, werde ich eine Waffe brauchen…“, erklärte der Held seine missliche Lage.
    „Ich verstehe. Sagt Eleric, dass ich mehr von seinem Mohntrank brauche“, verlangte der Drache abschließend und wandte sich nach einem knappen Nicken ab.
    „Lebt wohl!“, verabschiedete sich der Held angemessen. Langsam und ohne sich umzudrehen wich er zurück.
    Bloß raus hier!, drängelte das Schwert einer Panik nahe.
    „Und damit du es weißt, Schwert“, fügte der Drache mit leise dröhnender Stimme hinzu, „es wäre eine Ehre, in meinem Drachenhort zu verweilen. Wenn mich mal wieder so ein Glücksritter bestehlen will, brauche ich einen Zahnstocher.“
    Laaaaauf!

  • @Schreibfeder Grundsätzlich halte ich mich an grün und blau. Das Violett kommt ja von der Drachenfarbe. Allerdings sind Elfen für mich der Inbegriff der Naturschöpfung inklusive aller Launen und Möglichkeiten. Gold, Braun, Mattrot,... könnte ich mir alles vorstellen, wobei ich so spezielle Hautfarben wie Blau und Grün am häufigsten verwende.
    Aber ich mag Drizzt Do'Urden, also ist Schwarz auch top. :D

  • Jetzt bin ich auch endlich wieder auf dem akutellen Stand :party: . Ich habe mich königlich amüsiert und geb jetzt mal alles zum Besten, was mir besonders gut gefallen hat:

    exponentiell ansteigende Absturzschmerzen

    "Exponentiell" ist wirklich ein vielseitig einsetzbares Wörtchen. In Fantasy-Literatur habe ich es bisher noch nicht gelesen, aber dein Schwert ist ja auch stochastisch gebildet :D . Gern mehr Mathematisches an unerwarteten Stellen.

    Den Seitenhieb auf Rapunzel habe ich verstanden. Auch davon gern mehr. Allerdings verstehe ich nicht, warum der/die Magier/in das Schwert anfassen will. Einfach nur, weil er das Metall mag? Dummerweise konnte ich mich noch recht gut an den Gürtel der Geschlechtsumwandlung aus Baldurs Gate erinnern, aber die Pointe hat trotzdem gezündet, weil das Schwert seine Erkenntnis zum Glück noch einige Höhenmeter für sich behalten hat.

    aktuelle optische Überforderung

    Die Kombination gefällt mir ausnehmende gut.

    unfallfreien Satz

    Auch sehr schön. Da merkt man richtig, wie das Testosteron jegliches vernünftiges Denken lahmlegt.

    selektivem Größenwahn

    Auch eine sehr schöne Wortwahl. Und das Einhornurin in den Regenbogenfarben erstrahlt...

    Yok’Onó

    Und die Dryade trifft sich hin und wieder mit ihrem Lebensgefährten, dem Waldgeist Jon'Lennó zum gemeinsamen "Baum-in"? :D

    eine ganz natürliche magische Ursache

    Ja klar. Ganz natürlich, dass das magisch ist.

    toter Zombie

    Dazu fällt mir was Mathematisches ein: Minus und Minus = ... Wetten der Drache würde seinen gesprächigen Zahnstocher nach einiger Zeit freiwillig aus dem Hort werfen? Obwohl, er kann die Klinge vermutlich mental blockieren. Aber ob er das dauerhaft schaffen würde? Wäre doch eine Überlegung bzw. eine Geschichte wert ;)

    Zusammenfassend also ein dickes Lob für Idee und Gestaltung. Und was die Frage nach dem Stil angeht: Deine Wortkombinationen sind auf jeden Fall ein prägendes Merkmal. Ansonsten fallen mir dazu die Wörter "Einfachheit" und "Leichtigkeit" ein. In positivem Sinne versteht sich. Es passt alles sehr gut zum Grundgedanken dieser Kurzgeschichten. Dass du je nach Inhalt der Geschichte auch anders schreiben kannst, ist beim Oger Magus oder Leland Oss gut zu erkennen.

  • Den Seitenhieb auf Rapunzel habe ich verstanden. Auch davon gern mehr. Allerdings verstehe ich nicht, warum der/die Magier/in das Schwert anfassen will. Einfach nur, weil er das Metall mag? Dummerweise konnte ich mich noch recht gut an den Gürtel der Geschlechtsumwandlung aus Baldurs Gate erinnern, aber die Pointe hat trotzdem gezündet, weil das Schwert seine Erkenntnis zum Glück noch einige Höhenmeter für sich behalten hat.

    Ja, er/sie hat einfach schon ewig kein Heptiron mehr gesehen. Das ist schon alles.
    Und ja, Baldur's Gate war hier die Inspiration.

    Und die Dryade trifft sich hin und wieder mit ihrem Lebensgefährten, dem Waldgeist Jon'Lennó zum gemeinsamen "Baum-in"?

    :rofl: Baum-in mag ich!

    Wetten der Drache würde seinen gesprächigen Zahnstocher nach einiger Zeit freiwillig aus dem Hort werfen? Obwohl, er kann die Klinge vermutlich mental blockieren. Aber ob er das dauerhaft schaffen würde? Wäre doch eine Überlegung bzw. eine Geschichte wert

    @Schreibfeder hatte auch schon die Idee geliefert, sprechende Tiere in die Geschichte zu integrieren. Mal sehen.

    Deine Wortkombinationen sind auf jeden Fall ein prägendes Merkmal. Ansonsten fallen mir dazu die Wörter "Einfachheit" und "Leichtigkeit" ein. In positivem Sinne versteht sich. Es passt alles sehr gut zum Grundgedanken dieser Kurzgeschichten. Dass du je nach Inhalt der Geschichte auch anders schreiben kannst, ist beim Oger Magus oder Leland Oss gut zu erkennen.

    Jup, das klingt nach mir. Gute Zusammenfassung. Leland Oss ist halt völlig anders, aber ich hab ja auch so nen kleinen Faible für Horrorgeschichten, vor allem jene, die mit Panik und Atmosphäre spielen. Ja, und der Oger (Ein neuer Teil ist da! :nummer1: ) ist einfach eine Art Parallelleben, wobei ich mich nicht entscheiden kann, welcher Prota ich bin. Wahrscheinlich alle zusammen. ^^

    Aktuell hab ich auch viel Spaß an Der Oberbösewicht mit Stil, wo ich mich mit @Tom Stark abwechsle, also könnte es hier auch mal etwas größere Abstände geben.

  • 31

    An die letzte Gerölllawine konnte sich der Held nur zu gut erinnern. Insofern sah das kleine Ochsengespann mit dem Planwagen zwischen den hochaufragenden, gezackten Felswänden recht gefährdet aus. Die beiden Zugtiere wirkten etwas unmotiviert, aber der bunt gekleidete, schlafende Wagenlenker schien damit kein Problem zu haben. Alles in allem harmonierten Mensch und Tiere in ihrem Phlegma.
    Sieht recht langweilig aus, meinte das magische Schwert und gähnte.
    „Kann schon sein, aber ich habe nichts gegen eine Mitfahrgelegenheit“, entgegnete der junge Held. „Meinst du, die sind gefährlich?“
    Oh ja! Sie nur, wie die Ochsen ihre Zähne fletschen!
    „Ich kann nichts erkennen… außerdem sind sie ja fest eingespannt“, grübelte der junge Held und das Schwert seufzte aus tiefster Seele. „Ich meine, Rinder fressen doch nur Pflanzen, oder?“
    Sarkasmus ist noch nicht so deins, hm?
    „Ach so… haha. Ich halte den Planwagen jetzt einfach an“, beschloss er kopfschüttelnd und trat entschlossen an den Wagen heran. „Guter Mann, auf ein Wort!“, rief er dem Schlafenden zu.
    Der bunte Stoffhaufen wäre fast vom Bock auf einen der Ochsenhintern gefallen und einen Moment später erschienen drei weitere, überraschte Gesichter in der vorderen Öffnung der Wagenplane.
    „Seid gegrüßt“, sagte eines der Gesichter, während es den jungen Helden studierte. „Was begehrt Ihr?“

    Glücklicherweise bot der Planwagen genügend Platz für einen weiteren Mitfahrer. Nach Stunden der Konversation war nun wieder Ruhe eingekehrt. Der Paradiesvogel und Schauspieler auf dem Kutschbock widmete sich einem weiteren Schläfchen, der untersetzte Lautenist übte leise auf seinem charismatischen Instrument. Der Flötist schrieb in etwas, das wie ein Tagebuch aussah, während der Puppenspieler an einem neuen Kostüm für eines seiner anderthalb Dutzend Bühnenegos nähte. Fast alle Handpuppen waren aus angemaltem Holz und Stoff gefertigt und starrten aus eigentümlich halblebendigen Augen. Nur eine Puppe bestand aus einem hautfarbenen, hart wirkenden Material, welches der junge Held nicht kannte. Das Gesicht wirkte derart real, dass er es konsequent vermied die Puppe anzusehen. Ihr Anblick jagte ihm eisige Schauer über den Rücken. Ein vermutlich bequemes Kissen an der Rückwand des Wagens wurde von einer eleganten, weißen Katze mit teilweise schwarzen Pfoten und Ohrenspitzen belagert. Durch halb geöffnete Augen hatte das Tier die neuen Mitreisenden abschätzig gemustert und sie schließlich mildtätig akzeptiert. Da es ihm auf Dauer unvermeidlich erschienen war, hatte der junge Held seine Gastgeber gleich zu Beginn über sein Schwert informiert und insofern wurden seine scheinbaren Selbstgespräche professionell ignoriert.
    Ist es wirklich so schlimm mit der Puppe?, fragte die Stimme plötzlich.
    Langsam begann es den jungen Helden zu stören, dass er ein offenes Buch für seine magische Waffe war. Die Dinger waren mir einfach schon immer unheimlich. Vor allem ihr Blick!, antwortete er mental, um den Puppenspieler nicht zu kränken.
    Echt? Aber die leben doch gar nicht! Was sollen sie denn schon mit dir anstellen?, fragte das Schwert verständnislos.
    „Das… das ist einfach ne Kopfsache, glaube ich…“, versuchte er es leise zu erklären. „In meinem Heimatdorf kannte ich jemanden, der konnte sich nicht in geschlossenen Räumen aufhalten, ohne Panik zu bekommen.“
    „Klaustrophobie“, warf der Flötist ein, ohne von seinem Tagebuch aufzusehen.
    Ach ja, mit dieser Phobien-Sache hatte ich auch schon zu tun. Deine Puppenphobie ist ja noch halbwegs nachvollziehbar, aber einer meiner Vorbesitzer hatte Angst vor Musikinstrumenten.
    „Vor Musikinstrumenten?!“
    Die zwei Musiker sahen zutiefst erschüttert auf, entschieden sich dann aber einvernehmlich gegen einen Kommentar.
    Ja, war ein komischer Kauz…, aber er konnte kämpfen, das muss man ihm lassen.
    „Tja, es gibt schon seltsame Leute“, schloss der junge Held und betrachtete die dösende Katze mit einem verschmitzten Lächeln. Die schwarzen Ohrenspitzen waren aufmerksam auf ihn gerichtet und er fragte sich unwillkürlich, ob ihre feinen Sinne sogar das Schwert wahrnahmen. Nun drehte die Katze ganz leicht den hübschen Kopf, streckte sich und erhob sich mit maximaler Anmut. Auf ihrem Kissen sitzend machte sie Anstalten, auf den Wagenboden zu springen, überlegte es sich dann aber doch anders und begann sich zu putzen. Langsam glitt ihre rosa Zunge über die Vordertatze, während ihre halb geschlossenen Augen eindeutig die Schwertscheide fixierten.
    Ksch!, machte die Stimme.
    „Hm?“
    Jetzt hör doch mal auf, das Viech anzugaffen!, forderte das Schwert angespannt.
    Ist mir aber wesentlich lieber als die Puppen, entgegnete der junge Held. Außerdem macht sie doch gar nichts.
    Gar nichts?! Sie beobachtet mich. Sie starrt mich schon die ganze Zeit an. Und im Gegensatz zu deinen harmlosen Puppen, starrt das Vieh wirklich!
    „Was ist denn plötzlich mit dir los?“, wollte er wissen.
    Ich…, setzte die magische Waffe mit gepresster Stimme an, ich… mag keine Katzen… guck jetzt endlich woanders hin!
    Der junge Held tat, wie ihm geheißen und beobachtete die geübten Finger des Lautenisten.
    „Die Katze?“, fragte er, entschied sich dann aber doch für eine lautlose Konversation. Was ist denn so schlimm an Katzen?
    Sie sind einfach so… undurchschaubar. Du hast es doch gerade gesehen: Erst will sie runterspringen, dann doch wieder nicht. So ein unlogisches Verhalten legen die Viecher andauernd an den Tag. Außerdem sind sie furchtbar eigensinnig, lassen sich rein gar nichts sagen.
    Also hast du eine Katzenphobie?, brachte es der junge Held auf den Punkt.
    Es heißt »Ailurophobie«. Das klingt etwas geheimnisvoller und, ähm… weniger lächerlich.
    Plötzlich sprang die Katze doch noch von ihrem Kissen herunter und schnupperte intensiv an der Schwertscheide.
    Iiiih! Nimm sie weg, nimm sie weg!
    Mit sanfter Gewalt schob der junge Held die Katze von der Scheide weg, was ihm einen anklagenden, zutiefst beleidigten Blick einbrachte. Anschließend setzte sie ihre Kombination aus Starren und Putzen auf dem Boden fort.
    Brrr…!, schüttelte es die magische Waffe beinahe physisch.
    „Mach dir nichts draus. Ist auch nicht seltsamer als diese »Klaustrophobie« oder meine Puppenphobie“, beschwichtigte er sein Schwert. Als er in die bestürzten Augen des Puppenspielers blickte, schlug er schuldbewusst die Hand vor den Mund.

  • Ein schöner gemütlicher Teil. Man konnte richtig im Wagen mitschunkeln. Eigentlich hatte ich jetzt halb erwartet, dass die Puppe plötzlich zum Leben erwacht oder der Puppenspieler den harmlosen reisenden Held ebenfalls in eine Puppe verwandeln wollte. So richtig übel horrorgeschichtenmäßig.
    Dann habe ich mir überlegt, ob die Katze gleich anfängt zu sprechen.

    Wäre ich der Held, würde ich mir jetzt eine ausgestopfte Katze kaufen und jedesmal wenn das Schwert nervig wird damit rausrücken. :D

  • „Mach dir nichts draus. Ist auch nicht seltsamer als diese »Klaustrophobie« oder meine Puppenphobie“, beschwichtigte er seine Schwert. Als er in die bestürzten Augen des Puppenspielers blickte, schlug er schuldbewusst die Hand vor den Mund.

    Kleiner Tippfehler: seine Schwert.

    Ansonsten ein netter, gemütlicher Teil. Und das der junge Held noch keine Erfahrung mit Sarkasmus hat, passt super und wirkt wirklich goldig.

  • 32

    Oh, sieh mal! Ein Baum!, rief die Stimme.
    „Und sieh mal, da steckt ein Schwert drin!“, antwortete der junge Held.
    Häh? Wo denn?
    „Tja, ich kann in die Zukunft sehen“, begann er geheimnisvoll, „und wenn du weiter nervst, wirst du dieses Schwert sein!“
    Maaan, krieg dich ein! Ich wollte dich nur aufheitern!, entrüstete sich das Schwert.
    „Genauso erfolglos wie die letzten fünf Male“, murrte der junge Held und setzte sich auf den Waldboden.
    Na schön, wenn du meinst… pf…
    In der sich anschließenden Stille versuchte der junge Held, irgendeinen Plan zu ersinnen. Seit vier Tagen irrte er nun schon in diesem vermaledeiten Wald umher, nachdem er eine kleine Gruppe wegelagernder Grotraks in die Flucht geschlagen hatte. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sie Hals über Kopf bis zu ihrem Lager zu verfolgen. Unglücklicherweise schienen die Tiere hier extrem scheu zu sein, wodurch sein Proviant inzwischen gänzlich erschöpft war.
    Ich packe meine Scheide und nehme mit: Eine –
    „Abgesehen davon, dass ich gerade wirklich nicht in Spiellaune bin: Du packst WAS?“
    Meine Scheide natürlich.
    Natürlich. Wozu hatte er auch gefragt?
    „Äh, also ich kenne das Spiel ehrlich gesagt mit einem Koffer“, erklärte der junge Held seine unangenehme Verwirrung.
    Und? Habe ich einen Koffer?, fragte die Stimme wie ein Oberlehrer.
    „Äh… nein, achso. Hm, aber ich kann mir gerade keine Ablenkung leisten!“
    Wieso? Was gedenkst du denn zu tun?
    „Ich muss aus diesem Wald herausfinden. Also muss ich… ich sollte…“
    Ja?
    „Ich hab keine Ahnung! Ich hab mich total verirrt und ich stehe so kurz davor, meinen Tornister zu essen! Wenn dir so dringend nach einem Spiel zumute ist, dann hilf mir vorher dabei, mich zu orientieren!“, fuhr er das Schwert lautstark an.
    Ich hab aber keinen blassen Schimmer von so – hast du das gehört?
    „Wenn du mich jetzt wieder –“
    Pscht! Horch doch mal!
    Der junge Held horchte. „Nein, ich höre nichts. Was sollte ich denn hören?“
    Klang wie… wie ein Meckern.
    „Ein Meckern?! Seit wann gibt es denn Ziegen im Wald?“, fragte er höchst skeptisch, aber das Schwert zuckte nur mit den metaphorischen Schultern.
    „Ich sehe hier keine Ziege. Ich sehe Bäume, Bäume und noch mehr Bäume“, konstatierte er niedergeschlagen. Erneut legte sich der natürliche Geräuschteppich über den dichten Wald, nur von gelegentlichem Magenknurren übertönt.
    Ich sehe was, was du nicht –
    „Halt die Klappe!“
    Aber –
    „Ich glaube, ich habe ein Rascheln gehört!“, wisperte der junge Held aufgeregt.
    Blätter vielleicht?
    Nun ertönte ganz in der Nähe ein verhaltenes Geräusch. Sofort sprang der junge Held auf und schlich in die entsprechende Richtung. Nach kurzer Zeit kam tatsächlich eine unglückliche Ziege in Sicht, welche sich in ein dichtes Brombeergewirr verirrt hatte. Als das Tier den Beobachter bemerkte, warf es ihm einen hilfesuchenden Blick zu. Der junge Held überlegte.
    „Hilfst du mir jetzt oder nicht?“, fragte die Ziege.
    Etwas überrumpelt schloss der junge Held die Augen, öffnete sie, schüttelte nachdrücklich den Kopf und zwickte sich schließlich selbst. Unterdessen lachte das Schwert ziemlich schadenfroh.
    „Also, meck?“, hakte das Tier ungeduldig nach, wobei ihm das Meckern etwas peinlich zu sein schien.
    „Bist du ein Magier?“, fragte der junge Held endlich.
    „So ähnlich, aber könnten wir das BITTE auf später verschieben? Mein Fell ist schon ganz blutig!“
    Mit glucksendem Kichern fuhr das magische Schwert durch die Brombeerranken und nach kurzer Zeit war die geschundene Ziege frei.
    „Vielen Dank, meck, Kumpel.“
    Jetzt bin ich gespannt!
    „So, dann erklär mal!“, forderte der junge Held möglichst freundlich.
    „Ich schätze, das bin ich dir wohl schuldig… mein Name ist Galina, meck, und wie du siehst, hat sich mein Leben kürzlich entscheid – meck – entscheidend verändert.“
    „Wer hat dich denn in eine Ziege verwandelt? Äh… und vor allem warum?“
    „Das, meck, ist mir ein bisschen peinlich“, antwortete sie kleinlaut.
    Darauf wette ich!
    „Na, ist ja auch egal“, wiegelte der junge Held ab.
    Hey, es ist NICHT egal!, wetterte die Stimme.
    „Kennst du vielleicht einen Weg aus diesem Wald heraus?“, fragte er stattdessen hoffnungsvoll.
    Die Ziege dachte angestrengt nach und leckte sich geistesabwesend über den haarigen Mund.
    „Ich kann dich zu einem nahen Druidenzirkel bringen, wenn du willst“, schlug sie stattdessen zerknirscht vor.
    Uh, sie ist bestimmt eine Anwärterin auf einen Druidenposten gewesen und hat Mist gebaut!, riet das Schwert.
    „Das wäre sehr nett!“, bedankte er sich und versuchte, die Stimme zu ignorieren. „Die Druiden können dir sicher ebenfalls helfen!“, versuchte er der Ziege Mut zu machen.
    „Meck, ähm, wir werden sehen. Ehrlich gesagt haben sie mich gestern erst verwandelt…“, gestand sie ein.
    Ha!
    „Oh… hm, aber… immerhin rettest du mich gerade. Das werden sie doch sicher berücksichtigen, oder?“
    „Das kann ich, meck, nur hoffen.“
    „Wir sollten sofort aufbrechen“, schlug der junge Held vor.
    „Keine Sorge, es ist nicht weit bis zum Druidenzirkel und es wird erst in ein paar Stunden dunkel.“
    Davon würde ich dir abraten, empfahl das Schwert plötzlich und der junge Held wusste sofort, dass die magische Waffe mal wieder in seinem Gehirn herumstocherte.
    „Das ist es nicht“, antwortete er der Ziege durch zusammengebissene Zähne. „Tut mir echt leid, aber du siehst mit jedem Augenblick schmackhafter aus…“

    Spoiler anzeigen

    Ein Dankeschön an @Schreibfeder für das Beisteuern einiger Ideen.

  • Ich packe meine Scheide und nehme mit: Eine –

    :rofl:

    „Also, meck?“, hakte das Tier ungeduldig nach, wobei ihm das Meckern etwas peinlich zu sein schien.

    hihi, kann's mir schon genau vorstellen

    „Das, meck, ist mir ein bisschen peinlich“, antwortete sie kleinlaut.
    Darauf wette ich!

    Das Schwert ist so ein Miststück! XD

    Ich hoffe, du schreibst jetzt noch weiter und lässt uns hier nicht auf dem trockenen sitzen und im nächsten Teil ist der Held schon wieder draußen aus dem Wald =O

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Ich hoffe, du schreibst jetzt noch weiter und lässt uns hier nicht auf dem trockenen sitzen und im nächsten Teil ist der Held schon wieder draußen aus dem Wald

    Ich habe noch überlegt, ob ich einen Teil 32 b schreibe. Hab dafür aber noch keinen Ansatz. Ich bin generell so langsam blank, was Ideen angeht. Ich war ja schon überrascht, dass ich 20 Teile hinbekommen habe und da ist das nach Teil 32 wohl kaum verwunderlich...

    Anscheinend sind erzielen die eingebauten Gemeinheiten die beabsichtigte Wirkung. :D

  • Ein netter Teil, auch wenn ich mir die Handlung schon gedacht habe. Liegt aber an den PNs, nicht an deiner Schreibkunst. ^^

    Dieses Mal habe ich aber durchaus Anmerkungen, wo Verbesserungspotenzial herrscht.

    fragte er höchst skeptisch, aber das Schwert zuckte nur mit den Schultern.

    Wie muss ich mir das vorstellen? Ein Schwert hat keine Schultern. Bis jetzt hast du das glaub ich mit "zuckte sprichwörtlich mit den Schultern" gelöst.

    Erneut legte sich Stille über den dichten Wald

    Ich kenne Wälder nur, das überall (auch bei relativer Windstille) die Blätter rauschen, die Stämme knarzen, das Laub raschelt, irgendwelche Vögel twitschern und bisweilen irgendwelche Insekten einen um die Ohren fliegen...Mäuse rascheln durchs Laub...ein Eichhörnchen rennte den Stamm hoch, ein kleinerer Ast segelt durch die Blätter und landet neben einem.
    So etwas halt.
    Einen wirklich leisen Wald habe ich noch nie erlebt.

    Nach kurzer Zeit kam tatsächlich eine unglückliche Ziege in Sicht, welche sich in ein dichtes Brombeergewirr verirrt hatte.

    Du verwendest "verirrt" hier zu oft. Besser (und auch von der Beschreibung sinnvoller) wäre "verfangen".

    „Hilfst du mir jetzt oder nicht?“, fragte die Ziege.

    Ich hätte hier (da es so überraschend kommt) eher "fragte die Ziege plötzlich." erwartet

  • Ein netter Teil, auch wenn ich mir die Handlung schon gedacht habe. Liegt aber an den PNs, nicht an deiner Schreibkunst.

    Tja, du hast halt Heimvorteil. :D

    Bis jetzt hast du das glaub ich mit "zuckte sprichwörtlich mit den Schultern" gelöst.

    Ich dachte, es wäre dennoch eindeutig. Ich mach mal.

    twitschern

    Hervorragender Schreibfehler! :D

    Einen wirklich leisen Wald habe ich noch nie erlebt.

    Stimmt eigentlich. Ich mach mal.

    Du verwendest "verirrt" hier zu oft. Besser (und auch von der Beschreibung sinnvoller) wäre "verfangen".

    Das lass ich so. Das bringt die beiden näher zusammen in ihrem Unglück.

    Ich hätte hier (da es so überraschend kommt) eher "fragte die Ziege plötzlich." erwartet

    Ehrlich gesagt finde ich, dass es ohne das "plötzlich" für den Leser viel plötzlicher wird. Je weniger Worte, desto direkter schlägt es beim Leser ein. :D Nur meine Meinung.

    Danke für die Anmerkungen.

  • Hervorragender Schreibfehler! :D

    Oh, ist mir gar nicht aufgefallen. xD
    @Morgy meinte gerade zu mir, das sei jetzt das neue deutsche Wort für "twittern". :D


    Ich bin mir nicht sicher, da du dem Leser ja die Situation beschreiben musst, es auch ohne "plötzlich" besser ist, aber es ist deine Geschichte. :)

    Auch denke ich, musst du die Situation mit der Ziege besser beschreiben. Bis zu dem Augenblick, wo du schriebst, dass das Fell der Ziege blutig ist, hatte ich keine Ahnung, dass sie sich tatsächlich dort verfangen hatte. Ich hatte eher eine Szene im Kopf, wo die Ziege wirr durch die Hecken stampfte und nicht mehr herausfand (ja, ich weiß, jetzt wo ich so drüber nachdenke, wäre es ja unlogisch wieso der Held die Ziege dann sehen würde).

  • Oh, sieh mal! Ein Baum!, rief die Stimme.
    „Und sieh mal, da steckt ein Schwert drin!“, antwortete der junge Held.
    Häh? Wo denn?
    „Tja, ich kann in die Zukunft sehen“, begann er geheimnisvoll, „und wenn du weiter nervst, wirst du dieses Schwert sein!“

    Das hat gezündet :rofl:

    Ansonsten hoffe ich auf einen Teil 32 b: Nerviges magisches Schwert + Druidenring = :lol:

    LG LLW