Ein potenzeller Prolog?

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 1.060 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (28. Dezember 2021 um 16:10) ist von Moog.

  • Ich habe versucht die Geschichte von Enkidu (Inmitten der Alptraum-Wüste) neu zu arrangieren und teilweise neu zu schreiben. Dabei bin ich irgendwann in eine Sackgasse geraten und habe deswegen eine neue Perspektive auf die Ereignisse eingenommen.
    Ich habe diesen Text einfach mal so runter geschrieben, um die Hintergründe der Welt zu erklären und auch als potenziellen Prolog für die Geschichte.

    Ich kann allerdings nicht wirklich beurteilen ob es in der jetztigen Form funktioniert. Wirkt es einigermaßen interessant, oder ist zu viel Exposition dabei?

    Aus den Erinnerungen von Undine Meadows

    An den Tag, als ich den Pakt mit den Teufeln schloss, kann ich mich kaum noch erinnern. Nur wenige Fetzten der Erinnerung sind mit verblieben und ich versuche nun die Stunde der Entscheidung zu rekonstruieren. Den Moment, als der kahlköpfige Mann mit seinem ausdruckslosem Gesicht und seiner monotonen Stimme, mich einweihte.

    „Miss Meadows“, begann er, „können Sie sich vorstellen, warum Sie hier sind?“

    Wir befanden uns in einem schlichten, geradezu lächerlich nichtssagendem Raum, der nur aus grauen Wänden zu bestehen schien. Der Mann saß mir gegenüber, unsere Stühle waren beide niedrig, grau und unbequem.

    „Die VASEA braucht einen Sündenbock und weil mein gesamtes Team während des Scheiterns des Experimentes umgekommen sind, bleibe nur noch ich übrig.“ Meine Stimme war tonlos und matt, denn ich war während der letzten Tage in Einsamkeit zu diesem Schluss gekommen und war bereit mein Schicksal zu akzeptieren. Umso erstaunter war ich, als ich die folgenden Worte des Mannes vernahm:

    „Keineswegs. Sie liegen in mehreren Punkten falsch. Weder war das Experiment ein Fehlschlag, noch will die Vereinigte allmenschliche Solar- und Erdadministration sie für irgendetwas verantwortlich machen.“

    „Aber sie sind gestorben! Ich habe nur überlebt, weil ich zufällig nicht im Labor war!“ Seine Worte hatten mich weniger erleichtert, sonder eher wütend gemacht.

    „Ihre Aufgabe, Miss Meadows, war es, eine Biowaffe zu entwickeln, um die fungoide Lebensform 3E-TH zu vernichten und es ist ihnen geglückt. Ihr Virus ist aktiv, es zersetzt die Zellen des Pilzes, ebenso wie die aller anderen Lebewesen. Was den bedauerlichen Tod ihrer Kollegen zur Folge hatte.“

    „Dann war das Projekt doch nicht erfolgreich, wenn das Virus alle Zellen angreift.“

    „Den Kalkulatoren war es nur wichtig, dass sie diese extraterrestrische Lebensform vernichten können, alles andere spielte dabei keine Rolle.“

    In diesem Moment begann mein Hirn zu arbeiten. Der 3E-TH war aus den tiefen des Alls gekommen und auf der Erde gelandet. Rasend schnell hatte er sich ausgebreitet und ganze Kontinente waren durch ihn entvölkert worden. Mein Projekt wurde von der VASEA unterstützt, wir hatten sogar ein ganzes Segment als Labor auf der orbitalen ringförmigen Raumstation Sham-Bala erhalten und soweit ich wusste befand ich mich noch auf der Station. Ein dunkler Verdacht drängte sich mir auf, doch ich wagte es noch nicht ihn zu formulieren. Die Kalkulatoren galten als gefühllos und entrückt. „Was haben sie vor? Was soll jetzt geschehen?“

    „Die Berechnungen unserer Kalkulatoren sind eindeutig. Die Erdadministration stellt sich quer und verweigert die Zustimmung zum Einsatz ihres Virus. Die Administration von Sham-Bala wird ihn dennoch einsetzten, zum Wohle der Erde als solche. Die Folge wird ein vernichtender Vergeltungsschlag sein. Die VASEA wird im atomaren Kataklysmus untergehen.“

    Mir entglitten sämtliche Gesichtszüge. Ich konnte nicht fassen, was dieser kalte, herzlose Bastard mir gerade mit seiner ausdruckslosen Miene erzählt hatte.

    „Sorgen Sie sich nicht, Miss Meadows, die Kalkulatoren haben einen Plan. Seit der Ankunft der 3E-TH auf der Erde, ging es nur darum die Menschheit als Ganzes zu retten und deren Zukunft sicherzustellen. Bereits jetzt in diesem Moment befinden sich millionen Flüchtlinge an Bord von Archen, ihr Ziel sind die Habitatsstationen im Sonnensystem und der künstliche Planet Meru. Das Projekt Noah befindet sich bereits in der Durchführung.“ Er machte eine kurze Pause, in der er mich musterte mit eisblauen, berechnenden Augen. Ich war wie gelähmt und konnte nichts anderes tun als zuzuhören.

    „Das führt uns zum Grund ihrer Anwesenheit, Miss Meadows. Projekt Noah beinhaltet auch einen geheimen Zusatz. Da die Kalkulatoren bezweifeln, dass es auf Meru zur Bildung einer Zivilisation ohne fremde Hilfe kommen kann und da die Habitatsstationen jetzt schon überfüllt sind und von zersetzenden Individuen beherrscht werden, müssen wir das Überdauern der Zivilisation auf andere Weise sicherstellen. Sie werden den Platz ihres Mentors Dr. Hazred einnehmen und zur Architektin einer neuen Welt werden.“

    Ich verschränkte die Arme ineinander und versuchte dadurch das Zittern meiner Hände zu verbergen. Sie zitterten nicht nur vor Angst, sondern auch aus Wut und vor Frustration. Ich beugte mich vor und begegnete dem kalten Blick meines Gegenübers.

    „Nur ein Kalkulator kann solch verqueren Gedankengängen folgen und einen derartig absurden Plan konstruieren. Ich habe schon immer gesagt, dass es eine beschissene Idee war, menschliche Hirne in Biocomputer umzufunktionieren.“

    „Miss Meadows, sie erhalten eine einmalige Gelegenheit. In einem Monat wird es keine VASEA mehr geben, keine menschliche Zivilisation, nur noch Anarchie unter den Überlebenden. Lasst die Menschheit sich in ihrer Barbarei einige Jahrhunderte austoben und dann werdet Ihr auf der Bildfläche erscheinen. Als lebendige Archive, als Quelle des alten Wissens werden die Barbaren euch verehren, als Messias könnt ihr eine neue Gesellschaft aufbauen, eine neue Welt erschaffen.“

    Ich konnte nicht anders, als mich von dieser Vorstellung verführen zu lassen, doch wenige Zweifel plagten mich noch: „Was, wenn wir zum falschen Zeitpunkt erwachen?“

    „Wenn die Zeiger der Uhr sich zurückdrehen und die Stunde 0 erfolgt ist, dann wird es dafür keinen falschen Zeitpunkt mehr geben.“

    „Wie stellen sich die Kalkulatoren das denn vor? Wenn ich erwache, was sollte ich dann tun. Ich bin Wissenschaftlerin, keine Göttin. Ich kann nichts aus dem Nichts erschaffen.“

    Neben Individuen wie ihnen, werden wir auch das Überleben der meisten Kalkulatoren sicherstellen und wir haben bereits mehrere verborgene Fabrikanlagen errichtet. Sie müssen nur einen der Kalkulatoren oder eine der Fabriken finden. Autorisierungscodes und Karten mit den entsprechenden Lagen werden wir ihnen natürlich mit auf die Reise geben.“

    Ich hatte die Wahl, entweder ich spielte bei diesem Schreckensspiel mit und hatte die Chance an einer Gründung einer neuen Welt mitzuwirken, oder ich ging in dem unausweichlichen, zerstörerischem Chaos unter. Wie hätte ich mich angesichts dessen anders entscheiden sollen?

  • Hallo Iskaral

    Für mich funktioniert das als Prolog auf alle Fälle. Vor allem weil es kein Infodump ist, sondern die Informationen durch die Form des Dialogs relativ "natürlich" und ungezwungen kommen.

    Gut fand ich auch, dass der Prolog zwar die Verhältnisse schafft, aber eigentlich noch alles offen lässt - du kannst in jede beliebige Richtung weitergehen. Von dem her find ich den Einstieg gut und stimmig gelöst :thumbsup:

    Woran man ggf. noch ein bisschen feilen könnte, ist Undine (der Namme gefällt mir als literarischer Bezugspunkt übrigens auch sehr gut). Sie legt in einigen Passagen eine Naivität an den Tage, die ich ihr nicht ganz abnehme. Immerhin ist sie Profi-Wissenschaftlerin und sich darum wohl bewusst, welche Auswirkungen ihre Forschung haben kann. Anders gesagt: Wer an einem neuen Sprengstoff tüftelt, wird sich wohl darüber im Klaren sein, dass der nicht nur im Bergbau eingesetzt werden könnte, ne? ;)

  • Hallo Iskaral,

    ich fand den Text spannend und durchaus als Prolog geeignet! Man könnte den Einstieg aber gern auch noch etwas schrecklicher, teuflischer gestalten, finde ich! Um klar zu machen, mit welcher emotionaler Last, Undine in diese Sache startet.

    Ich habe meine Anmerkungen hier mal reingepackt:

    Spoiler anzeigen

    Für mich persönlich könnte das Gespräch mehr gestreckt werden! Die Erkenntnis, dass die Bewohner der Erde alle getötet werden sollen, könnte schleichender kommen und dann entsetzlicher zuschlagen; mit Zahlen oder durch krassere Reaktionen oder Gedanken der Protagonistin. Zum Beispiel "Einhundertzweiundzwanzig Millionen Menschen würden innerhalb kürzester Zeit infiziert werden. Sie würden es an einem leichten Schüttelfrost bemerken, der sich innerhalb von Stunden zu Krämpfen verstärkte. Der Virus zersetzte zuerst die Gelenke und machte die Menschen zu bewegungslosen Hautsäcken, bevor er langsam die Organe auflöste, bis der infizierte Mensch erstickte. Wer Glück hatte, erlitt durch die Schmerzen einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt und starb schnell."

    Das ist jetzt nur ein Beispiel, um auszudrücken, was ich meine.

    Ist der Vorgesetzte ein Mensch? Wird er überleben? Vielleicht könnte ihm noch etwas mehr Gefühl mitgegeben werden. Wenn er eine Maschine ist, könnte er emotionslos Menschenleben gegeneinander abwägen. Wenn er ein Militär-Mensch ist, könnte man ihm die Folgen dieser (in seinen Augen notwendigen) Entscheidung ansehen (Augenringe, verbissener Blick, Schweißgeruch, oder auch besonders schicke Zeremonie-Uniform für den letzten Dienst-Tag :) ).


    Mir bleibt der Plan der Kalkulatoren auch nach dem zweiten Lesen noch etwas unklar. So wie ich das verstehe, wird Undine den Archen hinterhergeschickt. Tatsächlich soll sie aber erst später auf den Plan treten (wird sie solange eingefroren?). Die Fabriken und Kalkulatoren werden ebenfalls dort hin geschickt. Undine muss die dann aber suchen. Warum wird sie nicht an denselben Ort geschickt? Wenn die Menschen dort von Null auf anfangen müssen, ließen sich die Fabriken sicherlich mit modernster Technologie so lange wie nötig versteckt bzw. uneindringbar halten.

    Vielleicht könnte der Text hier auch von weniger wörtlicher Rede profitieren. Möglicherweise ließe sich manches erklären, ohne die wörtliche Rede zu nutzen. Etwa: Der Mann sprach von einem Neustart, von Generationen von Menschen, die von Grund auf eine Gesellschaft gründen mussten. Probleme würden auftreten, wie sie immer aufgetreten waren. Auseinandersetzungen, Kriege, Ideologien und Religionen würden den Fortschritt behindern. Daher bedurfte es eines auserwählten Menschen! Eines Menschen, der die neue Gesellschaft an die Hand nehmen und zu ihrer vorgesehenen Zukunft führte!

    Das ist auch wieder einfach nur ein Beispiel zur Erklärung, was ich meine!

    Dass Undine den Platz ihres Mentors einnehmen soll, erweckt bei mir den Eindruck, dass sie eigentlich von diesem Plan wissen sollte. Vielleicht wäre es hier verständlicher zu erklären: "Wir hatten eigentlich Dr. Hazred für diese Aufgabe vorgesehen. Aber der ist nach Ihrem Erfolg im Labor leider tot und fällt damit aus. Sie dürfen seinen Platz einnehmen. Herzlichen Glückwunsch!"

    Ich hoffe, meine Anmerkungen bringen dir etwas! Ansonsten ignoriere sie auch gern :)

    Liebe Grüße

    M.