Der Tag an dem alles begann

Es gibt 28 Antworten in diesem Thema, welches 9.538 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (27. November 2019 um 20:56) ist von Tariq.

  • Hay Leute! Nun ein ganz anderer Versuch und eine ganz andere Geschichte. Versprochen hier spuckt kein Robin Hood durch die Seiten! :D
    Die Idee zu der Story kam mir Gestern, als das Sturmtief draußen vor dem Fenster tobte. Weiß noch nicht wo mich Jessy hinführen wird, ich lass mich einfach überraschen! Viel Spass beim lesen und ich hoffe es gefällt! :D

    Der Tag an dem alles begann

    Der Regen prasselte unaufhörlich gegen das Glas der Fensterscheibe. Draußen sah man wie sich dunkle Wolkenberge auf türmten. Sie tauchten die Häuserlandschaft in ein graues Szenario. Irgendwie unwirklich, schließlich war es noch nicht einmal Kaffeezeit. Das Prasseln der Regentropfen wurde jedes Mal lauter wenn der Wind auffrischte. Große und kleine Tropfen trafen die Scheibe flossen zusammen und wurden zu kleinen Rinnsalen, die sich dank der Schwerkraft einen Weg über das Glas nach unten suchten. Jessy fuhr eine dieser glänzenden Rinnsale mit der Fingerkuppe nach. Das Wetter passte, zu diesem Tag und zu ihrer Stimmung. Sie saß an ihrem Lieblingsplatz, der mit Kissen ausgepolsterten Fensterbank und sah hinaus in das Grau in Grau vor ihrem Fenster. Der Wetterdienst hatte dies Mal Recht behalten. Sturmböen und Dauerregen, aber ihr war es egal.
    „Doofes Wetter!“ hatte ihre Mutter geflucht, als sie klatschnass und schlecht gelaunt, mit zwei Einkaufstüten bepackt die Wohnungstür aufschloss. „Du hättest ja auch mal tragen helfen können, Jessy!“ Natürlich wie denn? War sie Hellseher? Aber das war wieder klar. Sie bekam für alles was schief ging die Schuld. Für das Wetter, dem unfreundlichem Verkäufer an der Supermarktkasse und natürlich war auch sie dran Schuld, das ihre Mutter dank einer verpassten Straßenbahn erst jetzt zuhause war.

    Immer bin ich dran Schuld! Dabei war ihr Tag auch kein Zuckerschlecken gewesen. Aber danach fragte ja keiner. Herr Krüger ihr neuer Physiklehrer gehörte keineswegs in die Kategorie „Typ mit dem man Pferde stehlen kann“. Das hatte er ein für alle mal klar gestellt. In seiner zehn Minütigen Standpauke vor der Ganzen 10a hatte er allen klar gemacht, was er im nächsten Halbjahr von den Schülern erwartete. „Leistungssteigerung“, dass war sein Lieblingswort. So oft wie er es erwähnt hatte. Jessy schaute versonnen nach Draußen. Dabei hatte alles so toll mit ihm angefangen. In den ersten Wochen hatte er ganz und gar nicht so übermäßig streng gewirkt. Dazu kamen auch noch die Anmachsprüche von den „Blondies“, wie sie die Mädchenklicke, ihrer Klasse nannte. Der Name passte. Alle Mitglieder waren blond, langhaarig und Strohdoof. Außer vielleicht Petra die Wortführerin des Rudels. Sie schaffte es immer wieder Jessy aus der Reserve zu locken. Dabei hatte Jessy wirklich geglaubt, es würde in der neuen Schule besser werden. Nur aus diesem Grund, hatte sie dem Umzug in eine andere Stadt zugestimmt. Doch jetzt war beinahe alles so wie vorher. Beinah, mit einem entscheidenden Unterschied. Sie war mit ihrer Mutter alleine in die kleine drei Zimmerwohnung im Dachgeschoß eines Mehrfamilienhauses gezogen. Ihre Eltern hatten sich vor einem halben Jahr getrennt.

    Noch immer war es für Jessy schwer das zu akzeptieren. Ihre Eltern hatten es ihr damit erklärt „Wir haben uns auseinander gelebt!“ Was für ein Schwachsinn! Und was war mit ihr, dachte den keiner an sie, bei der Trennung? War sie nur ein Nebenprodukt dieser Beziehung? Sie erinnerte sich gut an ihre unsagbare Wut an diesem Abend im April. Vier Tage vor ihrem Fünfzehnten Geburtstag. Toller Geburtstag war das gewesen. Sie hatte ihrem Vater zugeschaut wie er die Koffer packte und anschließend ging.
    Unvergesslich, wie ein Geburtstag ja auch sein soll. Vielen Dank!

    Etwas Weiches drückte sich an ihre Seite und gab ein unverwechselbares schnurren von sich. Wie war dass, Tiere haben für die Stimmung ein Gespür? Bei Mischa traf diese Aussage eindeutig zu. Schon vom ersten Augenblick, als Jessy das Katzenjunges gesehen hatte, war der kleine Stubentiger ihr ein und alles. Sein Schwarzweißes Fell war weich. Er schmiegte sich an Jessys Seite und schnurrte genussvoll. „Wenigstens dein Tag war Klasse! Na, was hast du alles getrieben?“ Seine klugen grünen Augen sahen sie mit schräg gelegtem Kopf an. Sein leises „Mia Mhrrr“ war wie Musik in ihren Ohren. „Wenn ich dich nur verstehen könnte.“ Jessys Finger strichen durch sein Fell, kraulten die richtigen Stellen, denn fest drückte sich der Körper an ihre Fingerspitzen.

    Mehr aus meiner Feder: Gefangen im High Fantasy Bereich.

    Der Tag an dem alles begann findet ihr im Urban Fantasy Bereich auf fleißige Leser. ^^

    2 Mal editiert, zuletzt von Sabrina (31. Januar 2019 um 19:56) aus folgendem Grund: Titel Änderung

  • Interessanter Anfang, werde ich wohl weiterlesen. Schön geschrieben, vor allem am Anfang, und auch ihre Gedanken kommen gut rüber. Mir passiert nur zu wenig, das Ganze ist ja eher eine Art Monolog (wenn auch nicht wirklich), könnte man als Prolog nehmen. :thumbup:

    Sehr gut finde ich die Beschreibung der Regentropfen am Fenster und der vielen kleinen Details und tollen Beschreibungen am Anfang. hast du wahrscheinlich alles genau beobachtet, wie man aus dem Vorwort schließen kann. Gefällt mir.
    Ein paar Kommas fehlen, an einigen Stellen stellst du die Beziehungen beim Objekt falsch her, am Schluss ist einmal beim das(s) ein s zu viel. Sonst echt gut :thumbsup:

    LG
    Arathorn

  • Mischa gab ein leises Miauen von sich. „Na hast du Hunger, mein Guter?“ Mischas kluge Augen sahen sie unverwandt an. Seine Ohren stellten sich nach vorne. „Ich denke mal das heißt ja.“ Sie kraulte ihn noch einmal unter dem Kinn und er gab ein genießerisches Schnurren von sich. „Na komm, schauen wir nach ob sich die Sturmwolken verzogen haben.“ Wenigstens innerhalb der vier Wände, fügte Jessy hinzu. Draußen vor dem Fenster bogen sich die Baumwipfel, der anderen Straßenseite entgegen. Sie hörte den Wind um die Häuserecke Pfeilen. Er trieb die ersten gelben Blätter an die nasse Scheibe ihres Fensters. Anhand der Form und Maserung von einer Linde. Vielleicht die vor dem Haus? Wer konnte das sagen? Der Regen hatte mittlerweile nachgelassen. Wasserfontänen spritzten von der Straße auf. Jessy sah das im Scheinwerferlicht, der entgegenkommenden Autos.


    Mischas miauen vom Flur her, trieb sie nur Eile an. „Ich komm ja!“ Schon im Flur hörte sie die Lieblingsmusik ihrer Mutter. Das verbesserte ihre Chancen um ein vielfaches, das ihre Mutter bessere Laune hatte und ein gute Gelegenheit nach Mischas Katzenfutter zu fragen. Ihre Mutter stand mit dem Rücken zu ihr und verstaute die Einkäufe im Kühlschrank. „Wie wars in der Schule? Irgendwas Besonderes?“ Jessy überlegte kurz, wog die Antworten und ihre Konsequenzen ab. Sollte sie von dem neuen Physiklehrer erzählen, oder von den Sprüchen der „Blondies“? Oder noch schlimmer, über ihren ganzen Frust über die jetzige Situation? Das würde nur wieder zu hundert prozentiger Sicherheit im Streit enden. Oder, sie ließ das Thema einfach aus und hatte stattdessen ihre Ruhe. Jessy entschied sich für die zweite Möglichkeit.

    „So wie immer!“ Dabei gab sie ihrer Stimme einen gelangweilten Ton. „Und wie war dein Tag?“

    Die Frage war mehr oder minder rhetorisch gemeint. Jessy kannte bereits die Antwort. Es waren eigentlich immer die gleichen Fragen am Abend und dieselben Antworten, die man bekam. Während ihre Mutter von den Leuten im Büro erzählte, half Jessy ihr mit den restlichen Einkäufen. Den Inhalt einer vollen Plastiktüte stapelte sie auf die Arbeitsfläche. Unter anderem das heiß ersehnte Katzenfutter. Mischa strich schon die ganze Zeit um ihre Beine. Als letztes entnahm sie der Tüte, das neuste Werbeprospekt und den Kassenbon. Sie legte beides auf den Einkauf, und wollte gerade nach dem Katzenfutter greifen, als ihr Blick auf die Karte fiel.

    Sie ragte nur wenige Zentimeter aus dem Werbeprospekt heraus und dennoch veranlasste sie ein merkwürdiges Gefühl danach zu greifen. Ein kribbeln durchrieselte ihre Finger, kaum das sie die Karte berührte. Vor Schreck hätte Jessy die Karte beinahe fallen lassen, tat es aber nicht. Sie hatte die Größe einer Postkarte, war rotbraun, an den Rändern vergilbt. Es zeigte die Vorderfront eines Ladens. Über der Eingangstür erkannte man ein Schild. „Antiquitäten“ las Jessy dort in Blockschrift. Darunter stand in geschwungenen Lettern „Omas Stübchen“. Man hatte das Foto des Ladens auf alt getrimmt. Rechts und links der Eingangstür sah man große Schaufenster, in denen die Auslage dekoriert war. Quer über die ganze Postkarte war ein Banner geklebt. Ausverkauf! Alles zum halben Preis! Las Jessy, während das seltsame Gefühl die Karte näher zu betrachten, immer mehr zunahm. Etwas lenkte ihren Blick auf die Auslagen des Schaufensters und in diesen Moment blitzte es dort auf. Nur mit Mühe unterdrückte Jessy einen Aufschrei. Sie ließ die Karte fallen und diese segelte unter den Küchentisch wo sie liegen blieb.


    „Jessy, was ist los?“ Einen Moment konnte sie sich nicht rühren, geschweige den sprechen. Was war da eben gerade passiert?

    „Geht es dir gut?“ Der drängende Ton ihrer Mutter zwang sie sich umzudrehen. „Alles gut..“ Ihre Stimme etwas atemlos war nicht gerade überzeugend. „Mam, diese Karte..“ Jessy deutete mit dem Finger darauf. Ihre Mutter runzelte die Stirn, dann nickte sie lächelnd. „Ja, die hab ich fast vergessen. Ich hab gleich gedacht, dass ist etwas für dich. Schließlich kannst du nicht genug davon bekommen, in alten Läden zu stöbern. Er macht Räumungsverkauf und es ist nicht weit von hier. Zwei Straßen weiter, hat die Frau gesagt.“

    „Welche Frau?“ „Die mir die Karte mitgegeben hat!“ Ein mulmiges Gefühl lies Jessy zu der Karte schauen. Der Platz wo die Karte gelegen hatte, war leer!

    Mehr aus meiner Feder: Gefangen im High Fantasy Bereich.

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  • Mir gefällt die Geschichte auch! :thumbsup:

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Danke ihr Beiden. Ich weiß auch noch nicht wo es mich die Geschichte hinführt. Zur Zeit kommen meine Ideen zimlich wahrlos und ich nehm sie wie sie kommen.
    Was dann später draus wird werdet ihr lesen. Für den Hauptcharakter hat meine Tochter Pate gestanden. Ihre Ideen fließen mit ein. Schön das es euch geflällt das ich etwas ruhiger an die Sache heran gehe.
    Bleibt also am Ball! :thumbsup:

    Sa :D brina

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  • Für einen Moment glaubte Jessy, sie hätte die Karte an der falschen Stelle gesucht. Doch selbst nach eingehender Suche, auf allen vieren unter dem Küchentisch, fand sie die Karte nicht mehr. Sie war und blieb verschwunden.

    Nachdenklich saß Jessy wenig später am Küchentisch. Das Gesicht, in die Hände gelegt, sah sie ihrem Kater beim fressen zu. Mischa verschlang heißhungrig den Inhalt seines Napfs und leckte ihn anschließend akribisch sauber. Ihm hatte es geschmeckt. Jessy hingegen war der Hunger vergangen. Mit aufgerichteten Schwanz und die Barthaare sauber leckend kam Mischa zu ihr herüber geschlendert. Er strich um ihre Beine forderte ihre Aufmerksamkeit.

    Geistesabwesend strich sie ihm über das Fell. Wie konnte es sein, dass die Karte einfach so verschwand? Hatte sie sich das alles nur eingebildet? Diese Möglichkeit konnte sie ausschließen. Ihre Mutter hatte ihr ja bestätigt, dass diese Karte existierte. Schließlich hatte man sie ihr, in der Kaufhalle gegeben. Wenn also die Karte keine Einbildung war, warum fand sie die Karte jetzt nicht mehr? Zum zigsten Mal suchte sie mit den Augen den Küchenboden ab. Ihre Mutter hatte schon vorhin komisch geschaut, als sie die Tüte mit dem Altpapier durchwühlte.
    „Was suchst du denn, Jessy? Kann ich dir helfen?“ Etwas hielt sie davon ab ihrer Mutter die Wahrheit zu sagen. Ist ja kein Wunder, dachte sie im Stillen.

    „Mam, in der Karte hat irgendetwas aufgeblitzt. Ich hab es deutlich gesehen. Außerdem, hatte ich so ein komisches Gefühl und meine Finger haben gekribbelt. Wie bei einem Stromzaun den man anfasst. Nein Mam, ich brauche keinen Arzt! Mir ist nicht heiß, ich hab auch kein Fieber!“ Jessy konnte sich alles bildhaft vorstellen. Nein! Besser wars sie behielt das mit der Karte für sich.

    Wenig später, zurück in ihrem Zimmer, saß sie an ihrem Lieblingsplatz. Draußen waren die Straßenbeleuchtungen angesprungen und gab der nassen Straße einen glänzenden schwarz-silbernen Überzug. Der Berufsverkehr hatte nachgelassen und nur noch vereinzelt sah man ein Auto, das die mit Linden gesäumte Allee entlang fuhr. Sie lehnte ihre Stirn an die kühle Scheibe. Mit geschlossenen Augen dachte sie nach. Die Worte ihrer Mutter fielen ihr wieder ein. „Ich hab gleich gedacht, der Laden ist doch was für dich. Schließlich kannst du nicht genug davon bekommen, in alten Sachen zu stöbern.“ Damit hatte ihre Mutter nicht Unrecht. Schon immer hatten sie alte Sachen fasziniert. Sie liebte es, sich vorzustellen welche Geschichte dahinter steckte. Was der ehemalige Besitzer damit erlebt hatte. Stundenlang konnte sie durch so einen Laden schweifen. Manchmal wusste der Besitzer des Ladens auch über die Geschichte der Gegenstände Bescheid. In ihrem Kopf nahmen die Geschichten dann Gestalt an, wurden lebendig für sie real. Es gelang ihr dadurch für wenige kostbare Stunden der Wirklichkeit zu entfliehen. Seltsam das ihr bisher der Laden nicht aufgefallen war. Sie runzelte nachdenklich die Stirn. Besonders da Jsie die Nebenstraßen alle kannte. Ein Antiquitätenladen wäre ihr mit Sicherheit aufgefallen.

    Sie wurde aus den Gedanken gerissen, als etwas neben ihr in den Kissen landete. Der warmer weicher Katzenkörper drängte sich an ihren Oberschenkel. Erklomm ihren Schoß und rollte sich dort zu einer Fellkugel zusammen. "Mischa, ah möchtest du jetzt deine Schmuse Einheiten?"

    Mehr aus meiner Feder: Gefangen im High Fantasy Bereich.

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  • Fast eine Katzengeschichte, gefällt mir sehr gut und ist auch mal etwas anderes, wie gewöhnlich.

  • Ich danke dir Maitreya, dass sie dir gefällt.
    Mischa hat in der Geschichte auch eine besondere Rolle, dass wird man schon sehr bald herausfinden.
    Mir macht es viel Spass die Geschichte zu schreiben. Übrigends lieb ich Katzen! :D
    Sie haben ihren eigenen Kopf, leider hab ich seit meiner letzten Schwangerschaft ne Katzenhaar Allergie! Seufz ;(

    Sabrina

    Mehr aus meiner Feder: Gefangen im High Fantasy Bereich.

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  • Ein Geräusch riss sie aus dem Schlaf. Es klang wie ein fernes Donnergrollen. Erst Regen dann Sturm und jetzt noch ein Gewitter! Durch ihre geschlossenen Augenlider schimmerte Licht. Hatte sie vergessen die Lampe auszuschalten? Sie war sich ziemlich sicher, dass sie es vor dem schlafen gehen ausgeschaltet hatte. Ihre Hand tastete nach dem Lichtschalter und fand ihn nicht. Stattdessen ertasteten ihre Finger einen glatt polierten Untergrund auf dem sie bäuchlings lag. Was sie aus dem Bett gefallen?

    „Was..?“ Der Boden war hart und kalt, sie musste schon länger hier liegen. Jessy Füße waren ganz taub, als sie sich auf die Seite drehte. Etwas Weiches stieß gegen ihre Hand. Mischa, dachte sie erleichtert. Sie tastete nach seinem Fell aber es fühlte sich anders an, als sonst. Struppiger, einfach fester von der Haarstruktur nicht so weich wie sonst. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Sie blinzelte in das grelle Licht. Einstweilen gab sie ihre Suche nach dem Lichtschalter auf und beschattete stattdessen mit der Hand ihre Augen. Nach und nach gewöhnten sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse. Und mit jedem Detail, das sie in ihrer Umgebung mehr erkannte, wurde ihr klarer das dass nur ein Traum sein konnte. Die Landschaft auf die sie blickte, schien zu fantastisch um wahr zu sein. Und sie wusste augenblicklich wo sie sich befand.

    Ihr Rückzugsort, ihre geheime Welt! Sie hatte ihr den Namen Masur gegeben. Hierhin hatte sie sich als Kind geflüchtet, jedes Mal wenn die Stimmen ihrer streitenden Eltern zu laut wurden. Wenn sie das hänseln in der Schule nicht mehr ertragen konnte. Ihr Ort der Stille und des Friedens. Ein Ort, an dem alle in Frieden lebten, voller Eintracht. Die Stadt Terren lag eingebettet ins grüne Tal. Hinter ihr erhob sich die Bergkette des Fereeongebirges dessen Gipfel im zeitlosen Weiß schimmerten. Am Himmel sah sie die zwei Sonnen, die sich gegenseitig überschnitten. Jessy stand auf und ging die wenigen Schritte zum Bogendurchlass um besser sehen zu können. Sie selbst befand sich in einen der Wachtürme hoch über der Stadt. Von der Stadt aus das wusste Jessy, ähnelten sie mit ihrem Kuppel Dach und ihren geschwungenen Bogenfenstern einem Alkoven.


    Das alles war ein Traum, ihr Traum! Ein Körper, der sich an ihre Seite drückte, machte ihr klar, dass sie zu mindestens nicht allein diesen Traum durchlebte. „Zumindest du bist hier!“ Ihre Hand strich durch das Fell, erstarrte, ehe sie den Blick auf ihre Katze senkte. Mit einem Schreckenslaut zog Jessy ihre Hand zurück. Gelbgrüne Katzenaugen sahen sie beinahe straffend an. Nichts erinnerte mehr an ihren kleinen Hauskater. Sein Schwarzblaues Fell glänzte geschmeidig in der Sonne und sein Schwanz zuckte nervös. Sie wich mit langsamen Schritten vor dem schwarzen Panther zurück, der sie keinen Moment aus den Augen ließ. Sein anklagender Blick folgte ihr weiter, doch er machte keine Anstalten ihr zu folgen.

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  • Erst jetzt bemerkte Jessy die Kleidung, die sie an hatte. Ihre Finger strichen über den Brustpanzer mit den silbernen Insignien der Stadt Terren. Lederne Riemen verbanden die einzelnen Platten. Der Waffenrock bestand aus ledernen Streifen, die ihr von der Tallie bis zu den Knien reichte und mit silbernen Platten verstärkt waren. Mit der Kleidung darunter hätte sie locker und leicht in jedem Monumental Film mitmachen können. Die dunkelblaue Tunika erinnerte eher an ein römisches Gewand. Ihre Füße steckten in geschnürten Stiefeln, die ihr bis zu den Knien reichten. Jessy war alles vertraut und doch so fremd. Es war schon Jahre her, das sie an ihre Fantasiewelt gedacht hatte.

    Irgendwann war sie einfach zu alt dafür gewesen, noch an ferne Welten zu glauben, die ja nur in ihrer Fantasie existierten. Dennoch war hier alles, bis ins kleinste Detail genauso, wie sie es sich in ihrer kindlichen Fantasie erträumt hatte. Mit einem Unterschied und der stand genau an derselben Stelle wie zuvor. Seine grünen Katzenaugen ließen sie nicht aus dem Blick. Soweit sie es beurteilen konnte, hatte er sich nicht bewegt, mit Ausnahme des Schwanzes der leicht hin und her zuckte. Es war ein schönes Tier, dass musste Jessy zugeben. Sein blau-schwarzes Fell schimmerte im hellen Sonnenlicht. Die Ohren waren nach vorn gestellt. Sie konnte die etwas hellere Schattierung um seine Barthaare sehen. Ein schwarzer Panther! Sie konnte es immer noch nicht fassen. Schon immer war sie fasziniert von diesen Tieren gewesen. Doch es war ein Unterschied eine Tier Dokumentation im Fernsehen zu schauen oder einen in echt gegenüber zu stehen. Ohne Zaun oder Glasfront, wie vielleicht im Zoo. Der hier war real und Jessy hatte den Eindruck, dass er nicht gerade erfreut über sie war. Sein Schwanz zuckte, ehe er ein lautes Fauchen ausstieß. Dabei konnte man wunderbar das Raubtiergebiss mit den längeren Reißzähnen bewundern.

    Sie keuchte und beeilte sich noch mehr Distanz zwischen sich und dieses wunderbare Geschöpf zu bringen. Dabei stieß sie mit dem Rücken an etwas Hartes. Es war eine der acht Säulen die das Kuppel Dach des Wachturms trugen. Mit geschmeidigen Bewegungen näherte sich der Panther, ließ sie aber weiterhin nicht aus dem Blick.
    Hektisch schaute sich Jessy nach einer Fluchtmöglichkeit um, doch das einzige was sie fand, war eine kleine Luke im Boden und um dort hin zu gelangen, musste sie an dieser wunderschönen Miezekatze vorbei.

    Bingo, und jetzt? Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie dachte an alle Tierdokus über Großkatzen, die sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Aber ihr viel nur ein, was man über ihre Ernährung gesagt hatte. Viel frisches Fleisch!
    Ein Kloß würgte sie in der Kehle, während die Raubkatze Schritt für Schritt näher kam. Und sich in aller Seelenruhe, zwei Schritt von ihr entfernt, hinsetzte. Ihren Schwanz ließ sie dabei auf dem Boden hin und her zucken. Wäre es ein Hund gewesen, hätte man es als freudiges Schwanzwedeln bezeichnet aber ein Panther? Der Kopf legte sich leicht schief und dann passierte einfach etwas Unglaubliches. Er sprach zu ihr. „Du verhältst dich einfach lächerlich! Du hast doch nicht etwa Angst vor mir? Nein, dass glaub ich nicht… Jessy?“ Ihre Beine zitterten, vor Schreck war ihr alles Blut aus dem Kopf gewichen und der Wachturm drehte sich um sie. Das konnte nicht sein! Der Panther sprach und das mit einer menschlicher Stimme. Sie konnte ihn verstehen und seine Worte machten nicht den Eindruck, als wenn er Jessy als seine nächste Mahlzeit auserkoren hätte.

    „Was? Das ist doch jetzt nicht war! Ich träume das alles nur! Gleich wach ich auf. Du bist nicht real! Ich lieg zuhause in meinem Bett und du bist nicht echt…“ Das ungehaltene Fauchen was sie in ihrem Redefluss unterbrach, hatte nichts an sich was unecht klang. Der Panther was nur Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. „Für dein kindisches Verhalten haben wir keine Zeit! Das alles passiert hier nicht ohne Grund! Also reiß dich zusammen, Masur braucht deine Hilfe!“ Und genau in diesen Moment klingelte Jessys Wecker.

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  • Sry für den späten Kommi, ist mir irgendwo untergegangen. Mit gefällt es :thumbsup: .
    Bin gespannt, wie es weiter geht.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Jessy stöhnte. Das durfte doch jetzt einfach nicht war sein! Ihre Hand ertastete das Bord oberhalb ihres Bettes und drückte die Off Taste ihres Weckers. Das nervige Geräusch erstarb und Jessy atmete tief durch. Sie hörte neben sich ein vertrautes Schnurren. Weiches kuscheliges Fell schmiegte sich an ihre Seite. Mischa! Mit einem erneuten Seufzer öffnete sie die Augen. Sie lag bäuchlings auf ihrem Bett. Den einen Arm nach vorn gestreckt um an den Wecker zu gelangen. Mattes Licht viel durch die zugezogenen dunkelgrünen Vorhänge. Nur durch einen Spalt der in der Mitte klaffte viel helles Licht.

    Jessy sah feine Staubpartikel die in der Luft tanzten. Sie erinnerten an Schneeflocken nur winzig klein. Das Zifferblatt des Weckers zeigte Siebenuhr. Noch eine Stunde bis Unterrichtsbeginn. Der Gedanke an die Schule ließ Jessy aufstöhnend den Kopf in den Kissen vergraben. Mischa gab ein missmutiges miauen von sich. „Ist ja schon gut!“ Jessy gab sich geschlagen, drehte sich zu ihm hin. Der schwarzweiß gefleckte Kater war gerade dabei sich zu strecken. Kluge grüne Katzenaugen sahen sie abwartend an. Sie kraulte ihn unterhalb des Kinns. Mit geschlossenen Augen den Kopf nach oben gestreckt schnurrte er laut.

    „Du wirst nicht glauben von was ich geträumt habe!“ Sie wurde von einem nachdrücklichen Klopfen an der Türe unterbrochen. „Jessy? Bist du wach? Ich muss los auf Arbeit!“ „Ja, Mam! Wir sehen uns heut Abend.“ „Viel Spaß In der Schule.“ Sie lauschte auf die eiligen Schritte im Flur. Ihre Mutter hatte die neuen Stöckelschuhe an, sie hörte es an den Klick klack der Pfennigabsätze auf dem Linoleumfußboden. Es klimperte leise ein Schlüsselbund, dann viel die Wohnungstür ins Schloss. Mischa beobachtete sie dabei die ganze Zeit, als wollte er sagen: „Worauf wartest du denn?“ „Ist ja schon gut!“
    Wenig später saß sie am Küchentisch. Die Schale mit Cornflakes hatte Jessy kaum angerührt. Ihre Gedanken drehten sich um die verschwundene Postkarte, wie auch diesen seltsamen Traum. Sie sah auf den kleinen Zeitungsartikel hinunter, denn ihre Mutter farbig mit einem Textmarker umrandet hatte. „Omas Stübchen! Antiquitäten zum halben Preis! Nur noch heute! Lassen sie es sich nicht entgehen!“ Darunter war in schwarzen Druckbuchstaben die Adresse angegeben. Kein Foto nur eine kleine Anzeige, dennoch stach sie dank ihrer Mutter ins Augen. Der Textmarker war Orange Neonfarben. Mamas Lieblingsfarbe. Wenn sie sich nicht irrte leuchtete die Farbe selbst im Dunkeln. Ihre Mutter hatte ihr die Zeitungsseite der heutigen Tageszeitung unter die Cornflakes Schale auf dem Küchentisch gelegt. Welch ein Zufall! Nach Jessys Geschmack ein Zufall zu viel. Ihr war das gehörig auf den Magen geschlagen. Erst die Postkarte, dann der seltsame Traum und jetzt die Anzeige!

    Mischa schnurrte laut und strich um ihre Beine. Die Uhr zeigte Viertel vor Acht. Allerhöchste Eisenbahn, wenn sie nicht zu spät kommen wollte. Der Rucksack lehnte am Stuhlbein. Sie griff danach, dabei ruhte ihr Blick auf dem Zeitungsartikel. Das Orange der Umrandung leuchtete ihr entgegen. Mit einem Seufzer faltete sie die Seite auf dem Weg zur Wohnungstür zusammen und steckte sie ein.

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  • Gut geschrieben, hoffe, es geht bald weiter.

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    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Die Physikstunde zog sich für sie endlos dahin. Ob es an der monotonen Stimme von Herrn Stein lag, oder an dem „interessanten“ Thema des Impulserhaltungssatzes und seiner Bedeutung, wusste sie nicht. Vielleicht lag es auch an dem seltsamen Ereignissen vom gestrigen Tag, dass ihre Gedanken immer wieder vom Unterrichtsthema abschweiften. Sie dachte an Masur, an die Welt mit den zwei Sonnen… dem Ferreongebirge, die engen Gassen von Terren und an Aman...
    Seine dunklen haselnussbraunen Augen zwinkerten ihr aus der Erinnerung verschwörerisch zu. Er war ihr ständiger Begleiter gewesen, ihr treuer Freund, der sie des öfteren aus gefährlichen Situationen gerettet hatte.

    Ein Gassenjunge von etwa acht Jahren, den sie in den Straßen von Terren kennengelernt hatte.
    Sein dunkles schulterlanges Haar umrahmte das gebräunte Gesicht. Er trug in ihrer Erinnerung eine bestickte Weste und bunte Pluderhosen.
    Zwangsläufig drängte sich Jessy der Vergleich mit Märchen aus Tausend und einer Nacht auf. Als wäre er den Märchen entstiegen... Kein Wunder, Sindbad der Seefahren oder Aladin, waren damals ihre Lieblingsserien im Fernsehen gewesen. Sie stellte sich vor, was Aman zu dem Vergleich mit einer Zeichentrickfigur sagen würde.

    „Dürfte die Klasse und ich vielleicht erfahren, was sie gerade so erheiternd finden, Jessy?“ Die Stimme von Herrn Stein war direkt vor ihr erklungen. Sie zuckte zusammen und sah hoch. Der Blick aus blitzenden blauen Augen traf sie wie ein kalter Guss. Er hatte die Hände auf der Tischpult gestützt und sich ihr entgegen gebeugt. Ihr Physiklehrer sah keineswegs amüsiert aus, gerade im Gegenteil. Die dunkle Hornbrille ließ ihn noch strenger wirken.

    „Es würde sicher alle deine Mitschüler und mich brennend interessieren, was an unseren Unterrichtsthema so lustig ist?“ Zustimmendes Gemurmel war von der Klasse zu hören. Innerlich stöhnte Jessy auf. Sie hasste so im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen. Aber Herr Stein war noch lange nicht fertig mit ihr.
    Seine dunklen Augenbrauen zogen sich dichter zusammen. Oh, oh er war richtig sauer… „Oder finden sie meinen Unterricht so langweilig, Frau Kraft, dass sie sich mit anderen Dingen während meines Unterrichts befassen? Lassen sie uns daran teilhaben!" Der Kloß in Jessy Kehle nahm immense Dimensionen an. In ihrem Magen rumorte es Geräuschvoll.

    Oh nein! Jetzt saß sie ganz schön in der Patsche. Ihre Mitschüler in der vorderen Bank beugten sich zur Seite, um an ihrem Lehrer vorbei, einen Blick auf sie zu erhaschen. Sie sah aus dem Augenwinkel wie die "Blondies" kichernd die Köpfe zusammen steckten und immer wieder zu ihr sahen. Ihr Mund war staubtrocken, sie hatte Mühe ruhig zu atmen. Verdammt, dass hatte ihr gerade noch gefehlt. Mit ihrer Träumerei im Unterricht lieferte sie diesen Dumpfbacken auch noch Material um über sie herzuziehen.
    Herr Stein wartete immer noch auf eine Antwort von ihr, dabei ballte sich seine Stirn zu einer wahren Hügellandschaft zusammen. Je länger sie mit ihrer Antwort wartete, umso schlimmer wurde seine Laune.
    Jessy vermied es aus gutem Grund im Fokus des allgemeinen Interesses zu stehen, denn immer wenn das geschah, brachte sie kaum ein verständliches Wort heraus, geschweige denn einen Satz. Sie atmete tief durch. „Es tut mir leid… Herr Stein. Ich war…mit meinen Ge… Gedanken woanders…“ Sie hörte das leise Kichern der „Blondies“. Strohdoof, nichts im Hirn… nichts außer Stroh!

    Die zerfurchte Hügellandschaft, an die Herr Steins Stirn erinnerte, glättete sich nicht. Sie blieb zerfurcht und wurde von einer zusätzlichen Denkerfalte in der Mitte geteilt. „Das habe ich gesehen. Dennoch würde mich der Grund nach wie vor interessieren.“ Er sagte das auf eine so intensive Art und Weise, dass Jessy ein eisiger Schauer über den Rücken rollte. Zum ersten Mal war ihr Herr Stein unsympathisch und nicht nur das, sondern auch unheimlich. Er unterbrach den intensiven, forschenden Blick und Jessy atmete erleichtert auf.
    „Nun, wenn sie uns den Grund nicht mitteilen wollen, wie wäre es dann, wenn sie mit dem Thema der Stunde fortfahren?“ Er deutete mit der ausgestreckten Hand zur Tafel. Jessy hatte wirklich gedacht, es könnte nicht schlimmer kommen. Sie hatte sich geirrt!

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  • Gut geschrieben, Sabrina, ich entdecke die ersten längeren Sätze und es liest sich wirklich gleich angenehmer :thumbsup: .

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Gefällt mir sehr sehr gut. Schöne lange und kurze Sätze, gute Beschreibungen. Weiter so. :)
    Nur eins ist mir aufgefallen:

    „Dürfte die Klasse und ich vielleicht erfahren, was Sie gerade so erheiternd finden, Jessy?“
    -> Also groß wegen Anrede