Beiträge von Tariq

    Nix, zu meckern, Acala , in einem Rutsch runtergelesen und nichts gefunden, was ich anders schreiben würde. Ein wirklich interessantes Stück Text, kurzweilig und mit eindringlich beschriebenen Gefühlen bei Ethan und dem Fettsack, mit Kopfkino und Spannung. Hat mir gefallen! :thumbsup:

    Ich werde deswegen Tjelvar vermutlich während der Ritualszene mit Meyra mehr Ungeduld geben. Er will schließlich, dass das hier schnell von statten geht um schleunigst nach Frod sehen zu können. Vielleicht werde ich das auch noch ein bisschen in das Gespräch mit Joran reintragen. Im letzten Part braucht es dann aber vermutlich keine Erwähnung mehr.

    Da hab ich Probleme, das cool zu finden. Tjelvar hat in den letzten Teilen schon öfter ein bisschen paranoid auf mich gewirkt in seinem ständigen Drang, fortzurennen. Kann ja sein, dass ich seine Gedanken nicht wirklich nachvollziehen kann, aber ich hab mich da gefragt, warum er dort weg will? Sein Verschwinden würde aufgrund seiner wichtigen Aufgabe nicht unbemerkt bleiben und wer Zwei und Zwei zusammenzählen kann, wird sein Ziel schnell erraten haben. Wenn er bleibt, besteht die fifty-fifty-Chance, dass Durin gewinnt (und sein Versprechen hält). Ich halte das für ziemlich kurzsichtig.

    Für mich wären Gedanken wie:

    "Wenn Baleson gewinnt, muss ich schnell sein und eher bei Frod sein als er!"

    "Ich muss sehen, wie ich hier schnellstens wegkomme, wenn Durin verliert"

    "zum Glück sind die Gedanken von allen hier beim Enviki, so dass Frod im Augenblick wohl keine Gefahr droht"

    "Halt noch durch, mein Freund. Dauert nicht mehr lang. Entweder ich komme, um dich zu befreien, oder Durin kommt."


    Sein ständiges Bestreben, zu Frod zu rennen (wie will er überhaupt wegkommen von der Insel? Sind die Boote unbewacht?) erscheint mir irgendwie kurzsichtig, nicht bis zum Ende durchdacht.

    Gedanken an Frod? Ja! Die halte ich für wichtig! Aber Pläne, durch sein Verschwinden vor dem Enviki Durin und Baleson förmlich mit der Nase drauf zu stoßen, wohin er unterwegs ist? Eher irrational imho. Tut mir leid.

    Aber der Chef bist natürlich du und ich wollte dich nur kurz wissen lassen, was mir so durch den Kopf ging. Ich hab ja schon mehrfach über Tjelvar den Kopf geschüttelt. Da kommt es auf einmal mehr nicht an. :rofl: Oder ich hab irgendwie ein Denklücke. Oder ... whatever.

    Dem ist nix hinzuzufügen. :pflaster:

    Herzlichen Dank für eure Rückmeldung, Ichuebenoch und Alraniss ! Ich freu mich sehr, dass das Kapitel gefällt, denn ich war etwas besorgt, dass ihr es nur als Filler ansehen würdet. Ist es aber nicht. Von daher bin ich froh, dass ich Etienne etwas mehr Tiefe verleihen konnte, und dass ich Spannung aufbauen konnte, wie es mit Thilia und Tevor weitergeht. Danke fürs Dranbleiben!!

    Hab nach einem Thread gesucht, wo ich ein interessantes Zitat reinpacken kann, und bin hier gelandet. Ich hoffe, das ist richtig.


    Ich wollte euch ein Zitat zeigen, über das ich beim Lesen eben gestolpert bin. Und es hat mich kurz unterhalten lassen. Reen sagt es zu einer Vampirin, die mit dem hadert, was sie früher getan hat.


    Zitat von der Magierin Reen aus "Die Saat des weißen Drachen"

    "Die Vergangenheit ist ohne Bedeutung, denn du kannst sie nicht mehr verändern. Deine Zukunft hingegen ist lebendig wie ein junger Baum. Du entscheidest, wo es sich für ihn lohnt, zu wurzeln, und wie weit er seine Krone in den Himmel strecken soll."

    Hm, Kiwi verlangt bindend ein "Warum gefällt mir/beeindruckt mich das?"

    Ich möchte hier keine Diskussion lostreten, aber ich habe mich beim Lesen dieser beiden Sätze wiedermal gefragt, wie lange die Deutschen noch für das büßen (und zahlen) müssen, was ihr Volk den Menschen in Europa angetan hat.

    Aber bitte, nicht hier diskutieren, falls jemand was dazu zu sagen hat.


    Das Buch ist young-adult-fantasy und die Gesamtausgabe des eigentlich zweibändigen Werkes "Die Savanten" von Uwe Eckardt.


    So, nochmal prüfen ... jepp, alle bindenden Vorlagen erfüllt. :thumbup:

    Gefällt mir gut, der Teil. Hab ihn förmlich verschlungen.

    Herzlichen Dank, Thorsten :) Ist immer schön, zu hören, wenn ein Part gefällt.

    Auch den anderen ein :danke: fürs Weiterlesen und Liken!


    Hier wie versprochen der Rest vom Kapitel 39


    Zum vorigen Part: Kapitel 39/1


    Kapitel 39 (2/2)

    Ruhig, mahnte sie sich, niemand hat mich verhaftet, also ist es wohl nur eine Befragung. Oder sie brauchen meine Hilfe. Oder Auskünfte über BuyVis. Wenn es um die Sache mit Tevor ginge, wäre für den Sicherheitsdienst diese Geheimniskrämerei nicht nötig.
    Es gelang ihr, sich ein wenig zu entspannen. Jetzt warf er einen Blick zu ihr herüber und lächelte. Seine Augen waren freundlich, Miene und Haltung spiegelten eine ‚Du musst keine Angst haben‘-Versicherung wider.
    Der Servicer im roten Overall brachte den Sichtschutz und ein zweiter schob einen Summer zwischen ihre Liegen, doch erst als die beiden verschwunden waren, wandte der Othoni ihr das Gesicht zu.
    „Sie müssen vorsichtiger sein, Thilia“, meinte er freundlich. „Wir wissen von Tevor.“
    Sie sog erschrocken die Luft ein. Die Angst war wieder da. Sofort machte sich ihr Magen erneut bemerkbar. Doch gleichzeitig kam Trotz auf.
    „Warum soll ich vorsichtig sein? Ich habe die ‚Ordnung im Ring‘ nicht gefährdet.“
    Er lachte leise. „Bitte regen Sie sich nicht auf. Ich weiß, dass Sie nichts falsch gemacht haben. Ich wollte Sie nur warnen, damit es nicht erst dazu kommt.“
    „Das ist nicht ... danke.“ Ihr Verhalten kam ihr plötzlich kindisch vor. „Ich werde Tevor nicht in Gefahr bringen“, stieß sie hervor.
    „Ich glaube Ihnen, dass Sie das aufrichtig wollen. Aber ich glaube nicht, dass Ihnen das gelingt. Deshalb hoffe ich, dass Sie diese Treffen in Zukunft unterlassen. Suchen Sie sich einen anderen Tag, um im Park zu entspannen. Oder meiden Sie ihn ganz und verbringen Sie Ihre Freizeit hier oben.“
    Thilia verkrampfte die Hände im Schoß. Tevor nicht mehr begegnen? Sein freundliches Lächeln, das oft nur eine Sekunde andauerte, nicht mehr sehen? Sie schluckte.
    „Wie haben Sie sich denn die Zukunft vorgestellt? Sie wissen, wer Tevor ist!“ Sein Ton hatte etwas Väterliches, obwohl er wahrscheinlich jünger war als sie.
    „Ich weiß. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat. Er wirkt so ... so unschuldig. Fast wie ein Kind.“
    „Verstehen Sie etwas von Psychologie?“, fragte er stirnrunzelnd.
    „Nein.“ Beschämt senkte sie den Kopf. „Es ist mehr ein ... ein Gefühl. Ich denke, Tevor ist ein guter Mensch. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich stelle mir keine Zukunft vor. Ich genieße den Augenblick. Mein Vertrag läuft noch ein knappes Jahr.“
    „Und dann werden Sie den Ring verlassen?“
    „Ich weiß es noch nicht. Aber daran denke ich momentan auch noch nicht.“
    „Gut, dann will ich es anders formulieren, Thilia.“ Er schwang die Beine von der Liege und setzte sich auf, um ihr ins Gesicht sehen zu können. „Bedenken Sie, was Sie Tevor antun, wenn Sie weggehen und er hierbleiben muss. Sie werden ihm nicht erklären können, dass Ihr Vertrag endet. Stattdessen werden Sie eines Tages einfach nicht mehr kommen. Nun können Sie sagen: Das haben Sie mir doch eben selbst vorgeschlagen. Stimmt, das habe ich. Aber zwischen meinem Vorschlag und dem, was Sie planen, liegt ein knappes Jahr. Eine Zeit, in der etwas wachsen kann, was keine Zukunft hat. Eine Zeit, in der sowohl Sie als auch Tevor in puncto Vorsicht nachlässig werden und etwas Verhängnisvolles tun könnten. Kennen Sie das Loch?“
    Sie nickte unbehaglich. Einmal hatten zwei Klinik-Servicer am Nebentisch in der Cantina darüber gesprochen. Ein Schauer rann ihren Rücken hinab.
    „Möchten Sie, dass Tevor dort landet?“
    Tränen stiegen ihr in die Augen. Der Othoni war unbarmherzig und schonungslos, aber er hatte Recht. Ihr selbstsüchtiger Wunsch, Tevor zu sehen, gefährdete ihn.
    „Nein“, flüsterte sie kaum hörbar.
    „Dann befolgen Sie meinen Rat. Treffen Sie ihn nicht mehr im Park. Wir ermöglichen Ihnen dafür ein einziges, letztes Gespräch mit ihm in der Klinik.“
    Ihr Kopf ruckte hoch.
    „Was?“, stammelte sie, denn sie war sicher, dass sie sich verhört hatte.
    Er sah sie an. Natürlich musste er in ihrem Gesicht erkennen, dass sie seine Worte sehr gut verstanden hatte. Wahrscheinlich wiederholte er sie deshalb nicht.
    „Das war alles, was ich mit Ihnen besprechen wollte“, meinte er stattdessen und lächelte. „Vielen Dank, dass Sie mir ein paar Minuten Ihrer Freizeit geopfert haben.“ Er nickte freundlich und legte sich wieder zurück auf die Liege.
    Ein, zwei Sekunden starrte sie auf seinen Hinterkopf, dann kam sie auf die Füße.
    „Keine Ursache. Und – danke“, murmelte sie, dann drehte sie sich um und verließ die Dachterrasse.



    So, das Kapitel 39 ist zwar kurz, aber mit 1.300 Wörtern für meinen Geschmack zu lang für einen Post. Deshalb bring ich es in zwei kurzen Parts und heute schon mal den ersten. Der zweite folgt dann - wie gewohnt - am Sonntag. :)


    ~~~ Kapitel 39 ~~~


    Kapitel 39 (1/2)

    „Servicer Thilia Wells, melden Sie sich bitte in der Sicherheitszentrale!“
    Sie zuckte zusammen, als die Computerstimme die schläfrig machende Stille in ihrem kleinen Appartement zerstörte. Es war noch nie vorgekommen, dass sie in ihrer Wohnung vom System kontaktiert wurde. Entsprechend erschrocken starrte sie auf den Lautsprecher neben der Tür.
    Was wollte man von ihr? Konnte es sein, dass jemand von ihren Begegnungen mit Tevor TwoFive-O erfahren hatte? Ja, das musste es sein, denn sie sollte sich in der Sicherheitszentrale melden. Was sonst konnte den Grund dafür bilden.
    Ihr Herz klopfte zum Zerspringen, als sie die Beine von der breiten Ruheliege schwang und der Service-Einheit mit einem knappen Kommando befahl, die Medienanlage abzuschalten. Tevor war am Montag wie gewohnt im Park erschienen, überlegte sie, während sie hastig ihren bequemen Freizeitlook mit dem hellblauen Arbeits-Overall tauschte. Heute war Freitag. Was konnte in diesen Tagen vorgefallen sein? Und was war so wichtig, dass man sie an einem freien Tag sprechen wollte?
    Mit einem mulmigen Gefühl verließ sie ihr Appartement im ersten Obergeschoss. Sie hatte erst vor einer Stunde gefrühstückt und der Powerdrink aus der Service-Einheit rumorte plötzlich in ihrem Magen. Seltsam, dachte sie, während sie die Treppe zum zweiten Obergeschosse hinaufstieg, sonst gibt er mir Kraft für den Tag. Jetzt fühlt es sich an, als würde er sie mir nehmen.
    Vor der Sicherheitszentrale angekommen, presste sie für einen Moment den Handrücken gegen den Mund, denn die Übelkeit war so stark geworden, dass sie glaubte, sich hier vor der Tür übergeben zu müssen. Doch nach ein paar Mal durchatmen wurde es besser und sie schenkte dem diensthabenden Ypir im Gang, der sie gleichgültig musterte, ein Lächeln. Dann hielt sie die Hand an den Scanner.
    Sie wurde erwartet, deshalb öffnete sich die Tür, ohne dass der Computer sie anmelden musste. Zögernd trat sie ein.
    Die in dem Raum herrschende Dunkelheit ließ sie im ersten Moment nichts erkennen außer Bildschirmen in allen nur denkbaren Größen. Sie sah niemanden und sie hörte auch nichts.
    „Thilia Wells?“, fragte eine Stimme von rechts.
    Sie fuhr herum. „Ja“, stieß sie hervor, „ich werde erwartet.“
    „Das ist richtig. Vielen Dank, dass Sie so schnell gekommen sind.“ Ein Mann, von dem sie wegen des riesigen hellen Monitors hinter ihm nur die Silhouette sah, hatte seinen Stuhl zu ihr herumgedreht und war aufgestanden. „Lassen Sie uns an einen anderen Ort gehen.“ Er wies höflich zur Tür und ließ ihr den Vortritt.

    Wenige Minuten später standen sie auf der Dachterrasse. Noch immer ahnungslos, was man von ihr wollte, hörte Thilia, wie der Othoni einen Cafeteria-Servicer anwies, zwei Ruheliegen an das Geländer zu schieben und Sichtschutz und Summer zu bringen. Dann nahm der Mann auf einer der Liegen Platz, richtete die Rückenlehne auf und sah durch das transparente Geländer auf die grüne Weite hinaus. Noch immer hatte er mit keinem Wort erklärt, warum sie hier waren. Er deutete nicht auf die zweite Liege, sondern schien einfach zu erwarten, dass sie sich setzte.
    Während sie die unausgesprochene Aufforderung langsam befolgte, überlegte sie, wieso ihr der Mann bekannt vorkam, und eine Sekunde später wusste sie es: Erst in dieser Woche war sein Gesicht auf allen Bildschirmen im Ring zu sehen gewesen. Vor ihr saß nicht irgendein Othoni, sondern der neue Sicherheitschef persönlich! Fattu war sein Name oder zumindest so ähnlich.
    Unauffällig betrachtete sie ihn genauer. Sein Haar, das er wie die meisten Servicer stoppelkurz trug, hatte einen leicht rötlichen Touch, genau wie der sorgfältig gestutzte Dreitagebart.
    Wie hatte sie die vier Streifen auf dem Ärmel übersehen können! Der Chef höchstselbst wollte also etwas von ihr. Das wurde immer merkwürdiger.

    Hier eine Liste derer, die Eschachs Methode bevorzugen.

    Keine Ahnung, was das ist. Hab's mal gegoogelt:

    Bin so schlau wie vorher. Obwohl ... also bei Zucker bin ich nicht abgeneigt. Aber bitte intern anwenden. Am besten in Form von Gummibärchen.

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    EDIT: Mir wurde gerade gesagt, dass ich "Eschbachs Methode" googeln soll.

    Hab ich gemacht.

    Finde ich gut.

    Deshalb: Bitte streich mich bei den Harte-Kritik-Bevorzugern, Mad Bull , ich wechsle ins Team Eschbach.

    Gefällt mir!

    Hab zuerst gedacht, es ist irgendwie Magie im Spiel. Aber auch der Gedanke an einen Traum kam auf. Dazu passten ja die seltsamen Wahrnehmungen.

    Das Ende war dann so "traumtypisch", dass sich die Wahrnehmungen auf irgendetwas in der Realität zurückführen ließen, hier eben Hagelkörner und angebrannte Erbsensuppe. Doch das tut der kleinen Story keinen Abbruch. Geschrieben ist es gut, vor allem die Beschreibung der Wölfe gefällt mir.



    Heute kommt der letzte Teil zum Kapitel 38, bevor wir dann wieder die Perspektive wechseln. :) Der kurze graue Text ist noch nicht in Stein gemeißelt. Wenn dieser Programm-Test mit Tevor wegfällt, wird sich auch diese Unterhaltung etwas ändern.


    Zum vorigen Part: Kapitel 38/2


    Kapitel 38 (3/3)

    „Ja“, bestätigte er nach einer Weile. „So herzlos das klingt und scheinen mag, Sie haben Recht. Auch wenn wir immer noch nicht wissen, ob Tevor tatsächlich ein Verbrecher ist: Wir brauchen Ares dringender. Und zwar den, der er vorher war.“
    „Bei diesem Stichwort möchte ich etwas erwähnen“, schaltete sich Webster ein, der bisher geschwiegen hatte. „Wie Sie wissen, habe ich im Auftrag des Doktors im Netzwerk des Ringes nach Aufzeichnungen über seine Vergangenheit gesucht. So fand ich die Datei, die eine Kopie seines extrahierten Gedächtnisses enthält und die Kostas Soufis damals nach Beendigung von Phase eins des Programms E angelegt hat. Wahrscheinlich um eine Sicherheit zu haben, falls bei der allerersten Anwendung von Phase zwei des Programms etwas schiefgeht. Was Sie bisher nicht wissen: Ich habe nicht nur diese gefunden. Es gibt auch eine Kopie vom Gedächtnis von Ben Webster mit dem Vermerk, dass diese benutzt wurde, um mich zu erschaffen. Und somit kann ich auch endlich Ihre Frage beantworten, Monsieur Fatou-“
    „Etienne.“
    „Etienne“, fuhr die KI fort, „die Sie mir stellten, bevor diese Kette aus Ereignissen in Gang kam: Nein, ich bin kein Mensch. Ich bin eine künstliche Intelligenz, der Ben Webster sein eigenes Gedächtnis implantiert hat. Ich bin darauf programmiert, nach meiner ersten Aktivierung jegliche sich bietende Möglichkeit zu nutzen, um Mestor Daktyl und dem Ring zu schaden.“
    Nach dieser Offenbarung herrschte Stille am Tisch. Sie sahen einander nicht an.

    Irgendwann bestellte Julian an der Service-Einheit auf der Tischplatte ein neues Yolè. „Wir sollten uns weiter unterhalten“, meinte er und lächelte gezwungen, „denn wir sind gut zu sehen.“
    „Schaden?“, krächzte Etienne. „Wie soll ich mir das vorstellen? Welche Möglichkeiten kämen dafür in Frage?“ Er konnte nicht glauben, was er gehört hatte. „Auch ...“
    „In jeglicher Weise, die keinen Hinweis auf meine Existenz und Aktivität liefert und die nicht das physische Existieren von Mestor Daktyl bedroht.“
    „Physisches Dasein bedeutet Sie dürfen ihn also nicht umbringen oder seine Gesundheit beeinträchtigen?“, hakte Julian noch einmal nach.

    „Korrekt.“

    Das lässt trotzdem viel Spielraum, erkannte Etienne und er fror plötzlich, weil ihn eine Ahnung erfasste, wie mächtig die KI tatsächlich war. Und sie hatten sich ihr ausgeliefert, mit Haut und Haaren.
    „Ich habe nicht nur diese Kopien gefunden“, fuhr Webster fort. „Im Netzwerkprotokoll wurden weitere Anwendungen von Programm E vermerkt.“
    „Ich weiß“, bestätigte Julian. „Die beiden habe ich durchgeführt. Sie erfolgten auf Anweisung des Kyrios.“
    „Das stimmt. Aber es sind insgesamt vier. Anwendung drei und vier hat Mestor Daktyl persönlich durchgeführt, und zwar bei Frida Busch und Ares Daktyl.“
    Erneut herrschte Schweigen am Tisch. Etienne saß wie vom Donner gerührt. Er starrte Julian an und merkte an dessen verwirrter Miene, dass es dem Arzt schwerfiel, diese Information in ihrer Tragweite zu erfassen.
    Er hingegen hatte sofort begriffen. Obwohl sein Freund nichts sagte, konnte er das Entsetzen, das ihn mit dieser Offenbarung ergriffen haben musste, förmlich am eigenen Leibe spüren.
    Das Leben, wie Ares es kannte, war eine Lüge. Eine sorgsam frisierte Version, gebastelt von seinem eigenen Vater, der irgendetwas in der Vergangenheit seines Sohnes hatte auslöschen wollen.

    Was war es gewesen?
    Er schluckte hart. Was wusste er über Ares? Behütet aufgewachsen in der Villa auf Korfu, musste sein Freund mit knapp sechzehn erfahren, wie die Ignoranz und das Desinteresse seines Vaters die Mutter in die Arme eines anderen getrieben hatten. Drei Jahre später war Ares zur Marine gegangen und mit dreiundzwanzig für ein Jahr am ‚Sector‘ in Detroit stationiert worden. Dann hatte sein Vater sich bei ihm gemeldet und ihm einen Posten im ‚Ring‘, dem neu eröffneten Supergefängnis, angeboten. Knapp zwei Jahre später war sein Freund Axiom der Emerald-Garde geworden.
    Was davon war wahr, was nicht? Hatte Mestor das Programm hier im Ring bei seinem Sohn angewendet oder schon früher?
    „Ares“, flüsterte er tonlos, doch noch immer blieb sein Freund still.
    Etienne sah Julian an.
    Dem Arzt war es inzwischen gelungen, seine Mimik zu kontrollieren. Er lachte und boxte Etienne leicht gegen die Schulter. „Also haben wir noch jemanden unter uns, der nicht der ist, der er zu sein scheint“, meinte er und setzte dabei ein Grinsen auf, das fast echt wirkte.
    Etienne grinste zurück, auch wenn es ihm unsagbar schwerfiel. Er wollte nichts als weg hier. Nicht noch mehr hören. Nicht noch mehr Hiobsbotschaften verdauen und dazu lachen müssen. Ihm drückte ein dicker Kloß die Kehle zu.
    „Wir ... wir müssen uns überlegen, wie wir weiter vorgehen“, stieß er heiser hervor. „Aber nicht mehr heute. Ich für meinen Teil habe nämlich erstmal genug, über was ich nachdenken muss. Auf jeden Fall werde ich morgen einer gewissen Thilia mal auf den Zahn fühlen, wie sie sich ihre Zukunft vorstellt.“
    Julian nickte verstehend.
    „Seien Sie vorsichtig“, mahnte er. „Ich bin sicher, der Kyrios lässt Sie überwachen.“
    „Damit komme ich klar.“ Etienne lachte und es war nicht nur falsch, sondern auch zu laut. „Ich passe schon auf.“
    Er stand auf, nickte Julian zu und verließ die Cantina, wobei er demonstrativ gähnte. Ares hatte noch immer kein Wort gesagt. Als er ihn ansprach, verkündete Webster, dass Axiom Daktyl die Verbindung getrennt hatte.

    Vielen Dank für deine Anmerkungen, Thorsten.

    So, Sonntag, Zeit für den wöchentlichen Ring-Part. Heute wieder nur ein kurzer Part, der es aber (mMn) ganz schön in sich hat.


    Zum vorigen Teil: Kapitel 38/1


    Kapitel 38 (2/3)

    „Das ist nicht witzig“, murmelte Ares in dem Moment vorwurfsvoll. „Dir hat ja niemand im Hirn herumgepfuscht. Aber weil wir einmal dabei sind: Erklären Sie mir, wie Sie das hinbekommen haben, Doc. Die Anwendung dieses Programms wird im Computer erfasst, das Prozedere im Behandlungsraum Drei erfolgt vor laufender Kamera. Coholt war dabei. Und Mestor erwartete seine Datei. Wo also haben Sie getrickst?“
    „Ich gestehe, es war knifflig“, bestätigte Julian. „Der größte Teil des Lobes gebührt der KI, denn sie übernahm den Hauptanteil der Arbeit: das Erstellen einer Kopie-Datei Ihres Gedächtnisses und dann das Prüfen der vom Kyrios zurückgeschickten, bearbeiteten Datei. Der Rest lief ab wie bei den vorherigen Anwendungen des Programms. Nur dass ich Ihnen anstatt der bearbeiteten Datei das Original wieder implantierte und nicht die Version des Kyrios.“

    „Aber wie verwandelt man ein Gedächtnis in eine Datei?“, bohrte Ares weiter. „Wie funktioniert das mit dem Extrahieren und Abspeichern? Erinnerungen und Gedanken sind doch keine Bits und Bytes.“

    Julian runzelte die Stirn. „Die ausführliche oder die einfache Version?“

    Etienne hörte Ares leise lachen. „Die einfache natürlich. Ich bin Soldat, kein Wissenschaftler.“
    „Nun, Axiom Daktyl, ..."

    „Ares."

    „In Ordnung, Ares. Information werden mittels Neurotransmittern von den Sinneszellen ins Gehirn übertragen. Diese chemischen Botenstoffe überbrücken die Abstände zwischen den Nervenzellen und transportieren die Infos zu dem Ort, wo wir sie als ‚Erinnerung‘ abspeichern. Meist ist das das Großhirn. Vor dem Start von Programm E werden mittels einer Injektion synthetische, also künstliche Neurotransmitter in die Blutbahn gebracht. Ihre Aufgabe ist es, diesen Prozess des Abspeicherns rückgängig zu machen. Sie ‚lösen‘ die Erinnerungen wieder ab, und zwar alle. Der Körper macht etwas Ähnliches ebenfalls, allerdings nicht so umfassend. Er ruft immer nur einzelne Erinnerungen ab wie zum Beispiel ‚Hitze auf der nackten Haut löst Schmerz aus‘. Und diese werden dabei auch nicht vom Großhirn entfernt, sondern bleiben erhalten. Sie sind also mehrfach abrufbar.“ Er trank einen Schluck und stellte das Glas langsam wieder ab.
    „Aber wie genau geschieht das Speichern?“, forschte Ares ungeduldig.

    Julian hob beschwichtigend die Hand. „Ich war ja noch nicht fertig. Im Unterschied zur normalen ‚Erinnerungsabrufung‘ entfernen also die synthetischen Neurotransmitter die Erinnerungen aus dem Gedächtnis, indem sie diese dort wieder ablösen und zurück in ihre ... nun, sagen wir transporttaugliche Form als Information bringen. Da deren Übertragung durch elektrische Oszillation geschieht, also Schwingungen, können diese umgewandelt und in ein Bild übertragen werden. Speichert man sie, entsteht eine Datei, die eigentlich nichts als eine gigantische Videoaufzeichnung ist. Und damit ist der Kopf des Betreffenden faktisch leer. Unterbricht man das Programm an der Stelle, bleibt tatsächlich ein gedächtnisloser Mensch zurück.“
    „Ein Zombie“, murmelte Etienne.
    Julian ging nicht darauf ein. „Bei der Re-Implantierung kehrt man den ganze Prozess dann um“, fuhr er stattdessen fort. „Die in der Datei enthaltenen Informationen werden zurückgebracht und wieder im Gedächtnis verankert. Je nach Belieben des Datei-Bearbeiters fehlen ein paar oder es wurden neue wie das Wissen, dass man eine schwere Straftat begangen hat, hinzugefügt. Wie das Löschen aus dieser Datei oder das Einfügen von falschen Erinnerungen im Einzelnen funktioniert, das weiß ich nicht. Ich habe auch keine Ahnung, wie der Kyrios in so kurzer Zeit mehrere Jahre vom Leben unseres Axioms oder gar ein ganzes Leben wie bei mir durchforsten und gezielt einzelne Inhalte daraus entnehmen konnte. Wenn Sie dazu nähere Erläuterungen möchten, müssten Sie ihn schon selbst fragen.“
    „Ich glaube, das verkneifen wir uns lieber.“ Etienne verzog missmutig das Gesicht.
    „Um auf Ihre Schwachkopf-Bemerkung von vorhin zurückzukommen, Etienne: Ob die Anwendung des Programms Schäden am Gehirn hinterlässt, weiß ich leider genauso wenig, wie ich es vom Clearing weiß“, gestand Julian und hob kurz die Schultern. „Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich Tevor kein zweites Mal clearen musste, denn ich habe die Anweisung dafür selbst verschuldet. Ihre seltsamen Fragen, Ares, fielen mir auf. Damals, in der Besprechung, bei der wir über Tevors Tracking entschieden haben. Diese Fragen habe ich bedauerlicherweise Ihrem Vater gegenüber erwähnt. Und der hatte daraufhin wohl beschlossen, sich an diesem Tag aller tatsächlicher und eventueller Risiken mit einem Rundumschlag zu entledigen.“
    „Das sieht ihm ähnlich“, knurrte Ares. „Er ist ein Monster. Ein Glück, dass du davongekommen bist, Etienne.“
    „Das liegt wohl daran, dass ich beim Schildern meiner Beobachtung den Othoni mit keinem Wort erwähnte“, meinte Julian. „Der Kyrios hatte nichts gegen ihn in der Hand.“
    Etienne nickte. „Und ich kann mir zu meiner schauspielerischen Leistung gratulieren, sonst wäre es mir wohl wie Tevor ergangen.“
    „Servicer erhalten kein Clearing“, wandte Julian ein.
    „Tatsächlich?“ Etienne lachte bitter. „Bisher haben wir auch geglaubt, dass wir sind, wer wir sind, und dass unser Leben nicht frisiert wurde“, stieß er hervor.
    „Das ist wahr“, lenkte Julian ein. „Den Onta vor meinen Karren zu spannen, fiel mir schwer, weil es bisher – wie schon gesagt – keine wirklichen Erkenntnisse gibt, wie das menschliche Gehirn darauf reagiert. Aber rein logisch betrachtet hielt ich einen verurteilten Schwerverbrecher für eher entbehrlich als einen Axiom. Und ein fehlgeschlagenes Kopieren seines Gedächtnisses wäre leicht erklärbar gewesen mit dem Fakt, dass er das zweite Clearing nicht schadlos überstanden hat.“
    Etienne schwieg konsterniert. Er verstand, was Julian meinte. Trotzdem ...

    Die drei Teile, deren Zusammenhang sich erst in diesem Sahnehäubchen-Epilog offenbart, haben mir gut gefallen, Tom Stark . :thumbup:

    Zwei realistisch geschilderte Erlebniswelten (wohl als Beispiel für viele andere), die am Schluss durch das Bild im Farmhaus verknüpft wurden. Zwei erfüllte Träume, die mich glauben lassen, dass Sin wohl die geraubten Gespinste, Netze und Lichter irgendwie 'zurückgegeben' haben muss, zumindest Torben und Hanna. Schöner Gedanke. Gut gemacht, Sin, und danke für die Geschichte, Tom!

    Hallo Thorsten , vielen Dank für die Anmerkung. :thumbup:

    Ich habe es nochmal durchgelesen und gemerkt, dass diese Erklärung tatsächlich etwas zu kurz gekommen ist. Deshalb wurde im Teil 38/1 noch etwas eingefügt (blauer Text). Ich hoffe, so ist es besser ersichtlich.

    Ich habe noch ein fertiges Kapitel zum Posten, das ich in drei Teilen bringen werde. Das wären drei Wochen. Ich hoffe, dass ich bis zu deren Ablauf wieder schreiben kann. Momentan fabriziere ich nur Mist, den ich meist gleich wieder lösche. Ich denk mal, das gibt sich wieder. Irgendwann. Hoffe ich jedenfalls. Danke euch allen fürs Weiterlesen, ich freu mich total, dass ihr immer noch dabei seid. :)


    ~~~ Kapitel 38 ~~~


    Kapitel 38/1

    „Ich hatte so gehofft, dass ihm für dieses unbedeutende Detail nicht genug Zeit bleibt“, grollte Etienne missmutig. „Aber nein, daran hat er gedacht. Das macht es jetzt natürlich richtig schwer für uns, weil wir ab sofort nicht mehr zusammen gesehen werden dürfen. Alle, die von unserer Freundschaft wissen, werden denken, wir hätten uns verstritten. Krell, Benedict, meine Kollegen in der Zentrale ... Verdammt! Ich muss auf alle so wirken, als würde ich nicht begreifen, was plötzlich mit Ares los ist! Und wir beide müssen höllisch aufpassen, denn jeder unbedachte Gruß, jede Unterhaltung ohne Grund könnte bei Mestor Zweifel aufkommen lassen, dass Programm E bei Ares überhaupt angewendet wurde.“
    Etienne saß mit Julian wieder in der Servicer-Cantina und sie versuchten wie gestern, ihrem Zusammensein den Anschein einer zufälligen Begegnung zu geben. Aber diesmal war nicht nur Webster, sondern auch Ares zugeschaltet.
    Julian nippte an seinem Yolé und ließ es genüsslich über die Zunge rollen, während er die Brechung des orangefarbenen Lichtes im erhobenen Glas musterte.
    „Damit habe ich gerechnet“, gab er ungerührt zurück, „obwohl ich das für eine dumme Entscheidung des Kyrios halte. Eine von vielen. Die erste war, den Axiom in der Cantina zu verhaften. Es gibt wohl keinen Ort im Ring, an dem man mehr Publikum hätte vorfinden können. Und deshalb haben es viele gesehen. Die zweite war, den Axiom als offensichtlich Verhafteten in die Klinik bringen zu lassen. Auch das haben viele mitbekommen. Und der Verhaftete ist danach ein Mann, der bei diesem Aufenthalt in der Klinik offensichtlich einen Gedächtnisverlust erlitten hat, denn er erinnert sich nicht mehr daran, dass ihn mit einem Sicherheitsbeamten einmal eine enge Freundschaft verbunden hat. So wird es interpretiert werden, denn ich glaube nicht, dass jemand annimmt, ihr habt euch verstritten. Und man wird hinter vorgehaltener Hand flüstern, weil niemand außer Coholt weiß, wozu Ares Daktyl in die Klinik gebracht wurde und was dort mit ihm geschehen ist. Coholt geht von einem regulären Clearing aus. Nein, ich bleibe dabei: damit hat sich der Kyrios keinen Gefallen getan, auch wenn der Grund für uns beide nachvollziehbar ist. Indem er die Erinnerung an diese Freundschaft löschte, hat er sichergestellt, dass Ihre eventuelle Beteiligung an den Aktivitäten des Axioms nun gestoppt ist. Nur hat er in seinem Bestreben, all die gefährlichen Erinnerungen zu löschen, mit Kanonen auf Spatzen geschossen und somit das provoziert, was er eigentlich unterbinden wollte: Gerede!“ Er nahm einen neuen Schluck und nickte, als müsse er sich selbst seine Worte bestätigen. „Wir können froh sein, dass wir die Idee hatten, die vom Kyrios zurückgeschickte Datei von Webster sorgfältig prüfen zu lassen. So konnte er in Erfahrung bringen, was alles gelöscht wurde.“
    „Ja, er meinte, es sei eine ganze Menge und er würde eine Weile brauchen, um Ares das Ganze aufzulisten. Ich bin schon sehr gespannt, was außer unserer Freundschaft noch alles nicht mehr da sein wird in Ares‘ Kopf. Wir werden sehr vorsichtig sein müssen, um keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung zu erregen.“
    „Ich denke nicht, dass es solche Zweifel geben wird. Immerhin hat Axiom Coholt den Vorgang mit Argusaugen überwacht und die Maßnahme ist in der Krankenakte des Axioms ordnungsgemäß erfasst worden. Da ist kein Tricksen möglich.“
    „Trotzdem.“ Etienne hatte Mühe, seinen Unmut im Zaum zu halten. „Ich muss noch immer damit rechnen, dass ich beobachtet werde, also habe ich Ares aus dem Weg zu gehen. Wir können uns ja nicht mal in einem von unseren Quartieren treffen, weil es über die Chips offenbar würde!“ Er seufzte. „Ich werde unsere gemeinsamen Abende vermissen.“
    „Ich vermisse dich auch, mein Schatz“, drang die spöttische Stimme seines Freundes aus den In-Ears.
    Etienne lachte und schüttelte den Kopf. „Idiot“, gab er zurück.
    „Hör auf, dich zu beschweren.“ Der Ernst war in Ares‘ Stimme zurückgekehrt. „Es hätte viel schlimmer kommen können. Doktor Witt hat Recht: Wenn Webster nicht entdeckt hätte, dass in meiner von Mestor bearbeiteten Gedächtnis-Datei anstelle der Erinnerung an unsere Freundschaft nur noch ein ‚weißer Fleck‘ existiert, wüssten wir gar nichts von der Löschung und hätten damit irgendwann verraten, dass Programm E nicht so abgelaufen ist, wie mein Vater es erwartet.“
    Etienne nickte und verkniff sich ein Seufzen.

    Er traf sich erst zum zweiten Mal hier mit Julian und inzwischen fiel es ihnen nicht mehr schwer, ein seichtes Feierabendgespräch vorzuführen. Dass Ares zwar nicht anwesend, aber diesmal wenigstens dabei sein konnte, grenzte an ein Wunder. Etienne war Julian und auch der KI zutiefst dankbar, dass sie seinen Freund beschützt hatten. Dabei bedeutete das auch für den Arzt ein immenses Risiko, denn wenn herauskam, dass bei Ares in Wahrheit kein einziges Detail gelöscht worden war, dann würde Julians Leben genauso in Gefahr sein wie sein eigenes.
    Ares war vor zwei Stunden aus der Klinik entlassen worden. Julian hatte ihn mehrfach ermahnt, sofort Kontakt mit Webster aufzunehmen und sich von der KI informieren zu lassen, was in seinem Gedächtnis gelöscht worden war. Danach hatte Ares Webster eine Sprachnachricht für Etienne gesendet, damit ihm kein Kontakt zu seinem ‚ehemaligen‘ Freund nachgewiesen werden konnte.
    Jetzt war Etiennes erste Gelegenheit nach Ares‘ Klinikaufenthalt, mit ihm zu sprechen. Ares hatte erklärt, dass er fest entschlossen war, die Freundschaft zwischen ihnen für jeden sichtbar neu aufzubauen. Allerdings langsam und behutsam. So, dass Begegnungen in der Sicherheitszentrale den Anfang bildeten. Die würden sich begründen lassen und niemandem auffallen. Danach würde man weitersehen.
    Die Anspannung machte es Etienne schwer, unbeschwert zu wirken. Ständig mit dem Gedanken zu leben, dass man ausspioniert wurde, zerrte ungeheuer an seinen Nerven. Immer wieder ertappte er sich dabei, dass er sich umsah oder dass er sich fragte, ob der Servicer, der ihn eben im Vorbeigehen gegrüßt hatte, vielleicht einer der Spione war. Auch jetzt huschte sein Blick durch die Cantina. Wahrscheinlich wirst du getrackt von einem deiner eigenen Leute, machte er sich klar. Wie bizarr ...

    Beim nächsten Treffen musste er sich unbedingt mit dem Rücken zu den anderen Tischen setzen, sonst wurde er noch verrückt.
    „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass es gelungen ist“, hörte er Ares sagen und ließ seine Aufmerksamkeit an ihren Tisch zurückkehren. „Ich verdanke Ihnen, dass ich noch meinen Verstand habe, Julian.“
    Etienne runzelte die Stirn. „Na hör mal“, gab er vorwurfsvoll zurück. „Das Programm E macht doch keinen Schwachkopf aus den Leuten, bei denen es angewendet wird. Obwohl“, er musterte Julian betont kritisch, „wenn ich mir unseren Doc so ansehe ...“
    Es war nicht böse gemeint und sie lachten. Kein gezwungenes Lachen, weil es hier Kameras gab, sondern ein echtes, befreiendes. Vor allem der immer ein wenig kühl und reserviert wirkende Arzt schien das Geplänkel zu genießen.
    Befreit, dachte Etienne. Julian wirkt befreit. Diese Sache ist überstanden und die Angst, dass Mestor etwas merkt, war unbegründet. Ares geht es gut und Tevor auch. Dank ihm. Trotzdem hat er wenig Grund, zu lachen. Zu erfahren, dass man früher jemand anderes war und Familie hatte, muss furchtbar sein.


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    Für die, die es nochmal nachlesen möchten: Ich habe im letzten Part versucht, Ares' Innenleben während der Wartezeit ein bisschen deutlicher rüberzubringen. Bin nicht ganz sicher, ob es gelungen ist, aber für mich wäre es okay. Mal sehen, was ihr sagt.


    So, heute schauen wir mal, wie Ares Programm E verkraftet. Schon mal im Voraus danke für euer Interesse!


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    Kapitel 37 (2/2)

    „Na, hast du dich gut ausgeruht?“, fragte er.
    Ares wandte betont langsam den Kopf und betrachtete ihn. Was er sah, überraschte ihn nicht. Coholts ausdrucksloses Gesicht ließ den Hass, den er vermutlich dahinter verbergen wollte, durchschimmern und seine Haltung wirkte angespannt.
    „Vielen Dank“, gab Ares betont freundlich zurück.
    Coholts Miene veränderte sich jäh. Die Maske fiel.
    „Komm auf die Beine, es geht los!“, zischte er und riss die dünne Decke mit einem Ruck beiseite.
    Ares gehorchte. Es hatte keinen Sinn, den Axiom noch wütender zu machen. Der tote Onta in dem Lagerraum war noch sehr lebendig in seiner Erinnerung.
    Noch.
    Wenn nicht ein Wunder geschah, hatte er ihn morgen vergessen.
    Ohne Hast schlüpfte er in den bereitliegenden smaragdgrünen Overall. Sie verließen das Zimmer, er zwischen den beiden Gardisten, Coholt als Schlusslicht. Es war nicht weit und er fand sich in dem Korridor vor Raum Drei wieder.
    Dwayne marschierte an ihnen vorbei und öffnete die Tür.
    Julian Witt erwartete sie wie gestern, doch diesmal stand der Arzt mit dem Rücken zu ihnen.
    „Bitte legen Sie sich hin, Axiom Daktyl“, bat er, während er aus einer der unzähligen Schubladen einen Injektor entnahm. Erst jetzt wandte er sich um und lächelte verbindlich. Coholt würdigte er keines Blickes. „Ich sehe, Sie haben sich gut erholt von Ihrem Kollaps gestern. Das freut mich. Leider muss ich Ihnen auch heute wieder eine Injektion verabreichen, aber keine Sorge, ich habe ein anderes Medikament ausgewählt. Das dürften Sie ohne Probleme vertragen.“
    Ares spürte Coholts Griff am Oberarm, doch mit einem Ruck befreite er sich, trat in den Raum und setzte sich auf die Liege. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Wer oder was werde ich sein, wenn ich hier wieder aufstehe, schoss es ihm durch den Kopf, als er sich langsam zurücklegte. Und Etienne ... wird unsere Freundschaft neu entstehen können? Oder werde ich danach keine Notiz mehr von dir nehmen?
    Doktor Witt sandte einen auffordernden Blick an den Aufpasser. „Ich brauche Sie auch diesmal nicht, Axiom Coholt“, erklärte er.
    Doch Dwayne schüttelte den Kopf. „Oh nein, Doktor, heute bleibe ich. Wissen Sie, den Kyrios mögen Sie getäuscht haben gestern, aber ich glaube Ihrem Märchen vom Kreislaufkollaps kein Wort. Ich weiß nicht, warum Sie das Clearing hinausgeschoben haben, aber das herauszufinden ist nun nicht mehr nötig, denn heute werden Sie es durchführen. Und dafür sorge ich, indem ich hierbleibe und Ihnen auf die Finger schaue.“
    Verdammt, durchzuckte es Ares. Falls der Arzt und Etienne irgendetwas geplant haben, könnte Coholts Anwesenheit das verhindern! Nicht nur ‚könnte‘, es wird es verhindern!
    Sein Blick suchte den von Doktor Witt.
    Der zeigte keine Regung. Ein kurzes Heben der Schultern war die einzige Reaktion auf Coholts Beschuldigung.
    „Da durch Ihre Anwesenheit weder die ärztliche Schweigepflicht noch das Patientengeheimnis verletzt werden, kann ich Sie nicht daran hindern. Es geht los, Axiom Daktyl, entspannen Sie sich.“
    Er setzte den Injektor an Ares‘ Hals. Der Einstich war kaum zu spüren.
    Also gab es keinen Rettungsplan. Ares schloss kurz die Augen, als die Enttäuschung über ihm zusammenschlagen wollte wie eine Welle. Er hatte sich in Julian Witt getäuscht. Krampfhaft mühte er sich, ruhig weiterzuatmen, während er hörte, wie der Klinikleiter eine Mitteilung an den Kyrios schickte, dass er jetzt begann. Als er die Lider wieder öffnete, schwebte der Helm, von dem Arzt gehalten, über seinem Sichtfeld. Für eine Sekunde begegnete sein Blick dem von Doktor Witt: ausdruckslos, gleichgültig ... unbeteiligt.
    „Bitte heben Sie den Kopf etwas an“, hörte er den Arzt noch sagen, dann wurde ihm das Teil aufgesetzt und Stille senkte sich über ihn. Mit dem Schließen des Vorderteils gesellte sich nach dem Einrasten eine undurchdringliche Dunkelheit dazu. Für einen Moment krallte er die Finger um den Rand der Liegefläche. Er bekam weder Angstzustände, wenn er sich in einer beklemmenden Situation befand, noch fürchtete er sich vor der Dunkelheit, doch das völlige Fehlen von Geräuschen und visuellen Eindrücken gleichzeitig ließ für einen Augenblick Panik in ihm aufsteigen.
    Doch dann vernahm er sanfte, beruhigende Musik und merkte, wie die Anspannung langsam von ihm abfiel. Das Medikament wirkte. Er konnte nichts mehr tun, sein Schicksal lag in den Händen anderer. Er konnte nichts mehr ...
    „Haben Sie Vertrauen, Axiom Daktyl“, hörte er Ben Websters Stimme, so leise, dass er sich fragte, ob sie tatsächlich dagewesen war oder ob seine Hoffnung ihm einen Streich gespielt hatte ...

    Vielen Dank, Thorsten , das ist ein wertvoller Hinweis.

    Dass das Ganze wohl ein wenig unbeteiligt rüberkommt, liegt wahrscheinlich ein bisschen daran, dass Ares nicht mein Lieblingscharakter ist und ich Probleme habe, mich in ihn reinzufühlen. Aber ich werde nochmal drüberschauen, ob ich da noch ein bisschen an der Angst-Schraube drehen kann, obwohl ich ihn eigentlich zuversichtlich sein lassen wollte. Er hofft wirklich, dass Etienne und Julian einen Plan haben, und er versucht nicht daran zu denken, was passiert, wenn das nicht der Fall sein sollte. Aber wie gesagt - ich schau nochmal drüber.

    Hallo, Thorsten , wie immer herzlichen Dank für deine Gedanken! :)