Beiträge von Tariq

    Danke für dein Feedback, Kirisha, ich find es immer echt spannend, zu erfahren, was künftig an Handlung von euch erwartet wird.
    So, heute ein etwas längerer Part, aber es ist der Kapitelrest und zu wenig, um zwei Teile daraus zu machen.
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    Zum vorigen Part (Kapitel 58/1)

    Kapitel 58 (2/2)
    „Es hat nicht so funktioniert, wie ich es erhofft hatte“, brummte Julian, als er an Etiennes Tisch in der Cantina angekommen war, und schleuderte sein ComTab so auf die Tischplatte, dass es über den Rand rutschte.
    Der Sicherheitschef fing es rechtzeitig und legte es auf den Tisch zurück. Mit erhobenen Augenbrauen sah er auf.
    „Erklären Sie mir, von was Sie reden?“, fragte er ruhig.
    „Tevor! Es hat nicht funktioniert.“ Julian setzte sich, obwohl er so unruhig war, dass er lieber auf und ab marschiert wäre. „Eine Woche voller aufwändiger Tests und wir haben außer ein paar Bruchstücken nichts von seinem Gedächtnis reaktivieren können. Seine Vergangenheit bleibt weiter im Dunkel. Gestern Nachmittag hat Emma mir verkündet, dass sie mit ihren Testmöglichkeiten am Ende ist. Wir sind beide enttäuscht.“
    „Und Tevor?“, fragte Etienne.
    „Ich habe ihn aus der Klinik entlassen.“ Julian hob die Schultern. „Er wirkt traurig und zufrieden zugleich. Doch ich denke, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist. Da wird nach und nach noch mehr Licht in besagtes Dunkel in seinem Kopf kommen.“
    „Ich weiß nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll.“'
    „Geht mir genauso und das gefällt mir ganz und gar nicht!“, fuhr Julian auf und sah sich gleich darauf betreten um. Er wusste, dass die Anspannung der vergangenen Tage, ja Wochen ihn dünnhäutig gemacht hatte, aber die Servicer-Cantina war nicht der Ort, in dem man seinen Emotionen einfach so Luft machen sollte. Zu viele Ohren.
    „Aber uns drängt nichts“, beschwichtigte Etienne. „Wir haben Zeit.“
    Julian seufzte. „Ja, aber das ist auch nicht der Punkt. Ich will ihn vor sich selbst beschützen. Vor Momenten, die ihn derart überraschen oder erschrecken, dass er auffällt. Ich weiß nicht, in welchen Dosen die Erinnerungen ihn überfallen. Es kann durch Emmas Tests zu viel längeren und intensiveren ‚Erlebnissen‘ kommen.“ Er presste kurz die Lippen zusammen. „Ich hatte gehofft, dass wir Tevor helfen können, indem wir einen Weg finden, sein überschriebenes Gedächtnis wieder freizulegen. Um danach dasselbe bei den anderen Ontas zu tun.“
    „Dieses Thema hatten wir schon“, mahnte Etienne. „Vorerst ist das kein Punkt auf der Liste. Ja, bei Tevor ist es nun einmal nicht mehr zu ändern, aber wir können uns keine Ontas mit reaktivierten Gedächtnissen im Ring leisten! Das Risiko ist viel zu groß. Außerdem hatten wir uns darauf geeinigt, dass das – falls überhaupt – nur bei entführten Ontas in Frage käme und nicht für die tatsächlichen Schwerverbrecher. Und ich habe trotz intensiver Suche noch keine Möglichkeit gefunden, die Spreu vom Weizen zu trennen. Legen Sie Ihre Pläne also vorerst auf Eis, Doktor. Sie sind gefährlich.“ Er lehnte sich zurück und seine Miene zeigte Interesse. „Also“, fuhr er fort, „was waren das nun für Bruchstücke, an die der Onta sich erinnert hat?“
    „Wald. Der hat definitiv zu seinem Leben gehört. Diese Affinität hat nicht mal der Helm bei seiner Ankunft restlos auslöschen können. Er liebt den Wald, er wusste nur nicht, dass er sich an ihn erinnert. Tja, und dann ein Hund. Und Spaziergänge mit diesem. Als letztes wäre da noch der Name Sylvia. Aber nur der Name, an eine Ehefrau hat er keine Erinnerungen.“
    „Diese Sylvia könnte man vielleicht aufstöbern.“ Etienne starrte grübelnd auf die Tischplatte. „Ob er sie wiedererkennt, wenn er sie sieht? Aber falls ja – wie geht es dann weiter? Wird er zu ihr zurück­kehren wollen?“
    Julian schüttelte den Kopf. „Denke ich nicht. Tevor weiß nicht, dass er unschuldig ist, und geht davon aus, bis zum Lebensende hierbleiben zu müssen. Vielleicht ist sie ja gar nicht seine Frau. Und falls doch, kann sie ja nicht so toll gewesen sein, wenn anstatt ihrer der Hund einen Platz in Tevors Kopf ergattert hat“, meinte er trocken.
    Etienne lachte.
    „Wir haben nicht herausfinden können, ob der Stellenwert einer Erinnerung in irgendeiner Relation steht mit dem Erfolg, sie zu reaktivieren“, erklärte Julian weiter. „Ich dachte, dass starke Erinnerungen vielleicht zuerst wieder auftauchen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Waldspaziergänge einen derart hohen Stellenwert in einem Leben einnehmen. Naja“, er hob kurz die Schultern und seufzte, „ich habe ja auch nur Tevor als Testobjekt und ich weigere mich, ihn deswegen gleich als Maßstab zu sehen.“
    Er sah, wie der Sicherheitschef nickte. Eigentlich wollte er noch etwas besprechen, doch Etienne hatte ihm gerade noch einmal deutlich klargemacht, dass seine Pläne keinen Vorrang hatten. Und diese Sache betraf seine Pläne. Trotzdem – ein Versuch konnte nicht schaden. Er beugte er sich ein wenig vor und legte die Unterarme auf den Tisch. Seine Hände umfassten sein Yolé-Glas und begannen es langsam zu drehen.
    „Ich habe neulich einen Bericht gesehen“, begann er. „Eine wissenschaftliche Abhandlung über DNA-Analysen. Da kam mir der Gedanke, dass man auf diesem Weg vielleicht nach Familienmitgliedern der Ontas suchen könnte.“
    Etienne schüttelte den Kopf. „Keine Chance. Die Einträge in der weltweiten DNA-Datenbank sind streng gesichert. Da kommt keiner ran.“
    „Auch nicht Ihr junger Freund aus New York City?“
    „Nein.“
    Die Antwort war schnell gekommen, ohne vorheriges Nachdenken. Der Sicherheitschef erwog nicht einmal, diesen Computerfreak zu fragen. Julian verstand es, doch gleichzeitig war er verärgert.
    „Ich hätte vielleicht jemanden, der das für uns tun könnte“, bot er an.
    „Was tun?“
    „Ihm zugeschickte DNA-Proben mit denen in der Datenbank zu vergleichen und ... Verwandte zu finden.“
    Etienne runzelte die Stirn. „Julian, das wird ...“
    „Ich werde ihm natürlich nicht reinen Wein darüber einschenken, um was es hier geht“, versicherte Julian hastig, um den Einwand von vornherein zu entkräften. Er wollte, dass Etienne sich erst einmal anhörte, was er sich ausgedacht hatte, und dann entschied.
    Doch dessen Miene entspannte sich nicht. Sie zeigte nicht nur Sorge, sondern auch, dass der Sicherheitschef ungehalten war. „Welches Märchen wollen Sie dem Mann auftischen?“
    „Wir sind ein Sanatorium. Eine psychiatrische Klinik. Privatklinik. Sehr, sehr privat. Und unsere Patienten sind ... speziell. Darunter auch wichtige oder berühmte Personen, über deren Aufenthalt hier die Öffentlichkeit nichts erfahren darf. Es gibt deshalb auch keine Informationen über uns im Netz.“
    „Und das soll der Mann Ihnen abkaufen?“
    Julian hörte den Zweifel in der Frage. Sicher, die Idee war noch nicht bis ins Letzte durchdacht, aber sie gefiel ihm und er würde darum kämpfen, es versuchen zu dürfen.
    „Ja, ich denke, das tut er“, versetzte er fast trotzig, „denn es gibt solche Kliniken. Der Mann ist Genetiker, kein Arzt. Und zufällig ist er ein leidenschaftlicher Genealoge.“
    „Und das ist was?“
    „Ein Genealoge befasst sich – kurz gesagt – mit verwandtschaftlichen und familiären Zusammenhängen. Das sind leidenschaftliche Forscher, die Familienangehörige oder Verwandte suchen und dass mit der Hartnäckigkeit eines der Eurosafe-Spürhunde betreiben. Sie vergleichen Familiennamen, Gewohnheiten, haben Zugang zu bestimmten personenbezogenen Daten wie Geburtstag oder -ort und finden dann Ähnlichkeiten. Wenn einer dieser Pitbulls auch noch Zugang zur DNA-Datenbank hat, ist der Erfolg der Suche quasi garantiert.“
    Etienne nickte langsam. „Ich verstehe“, meinte er. „Und dieser ...“
    „Stax. Doktor Brian Stax. Ein Brite. Er arbeitet an der Universitätsklinik Glasgow und ist Gastdozent am Strathclyde Institute for Genealogical Studies in Glasgow.“
    Das musste den Sicherheitschef beeindrucken. Glasgow war seit Jahrhunderten eine renommierte Universitätsstadt in Britannien.
    „Ich würde ihn um Hilfe bitten, weil wir Patienten mit komplexer retrograder Amnesie haben. Manche kennen ihre Vergangenheit nicht und ich mache Stax klar, dass nur er mit seinem Wissen und seinen Möglichkeiten uns helfen kann, diese wieder aufzudecken, indem er über die DNA Verwandte findet.“
    „Das klingt so haarsträubend, dass es vielleicht sogar funktionieren könnte. Hängt von Ihrer Fähigkeit als Schauspieler ab, Julian. Und natürlich davon, was Ares von der ganzen Sache hält. Solange er nichts davon weiß und es nicht abnickt, wird deshalb nichts unternommen. Tut mir leid, aber da bleibe ich hart. Wir haben Infos über eine neue Chipart erhalten, für die Ontas als Versuchspersonen herhalten müssen. Wir wissen nicht, wo diese Versuche stattfinden und was an diesen Chips neu ist. Wir wissen auch nicht, inwieweit General Stresnikov drinhängt und ob wir der Marine auf Pitcairn überhaupt noch trauen können. Ares ist derzeit nur darauf fixiert, etwas über seine Vergangenheit zu erfahren und nicht so brennend wie ich daran interessiert, alles das herauszufinden. Ich versuche seit seiner Abreise, also seit Tagen, etwas über Pitt Island in Erfahrung zu bringen. Außerdem habe ich mir vorgenommen, einen anderen Weg in den Inneren Kreis der Fünf zu finden. Die Lifte in den einzelnen Onta-Kabinen der Vier können nicht der einzige sein. Deshalb bin nahezu ständig mit Webster verbunden, den ich für meine Nachforschungen eingespannt habe. Sie verstehen also hoffentlich, dass mir die Angehörigen unserer entführten Ontas im Moment nicht wichtig sind, zumal es uns zu diesem Zeitpunkt sowieso nicht bringen würde, darüber etwas herauszufinden.“
    Er holte tief Luft und ließ sie mit leisem Aufstöhnen entweichen.
    Julian hatte zugehört und sein Erstaunen war mit jedem Wort gewachsen.
    „All diese Sachen – woher wissen Sie das?“, fragte er verblüfft.
    „Webster“, antwortete Etienne knapp. „Er spioniert für uns beim Kyrios. Es ist einiges passiert vor Ares‘ Urlaub.“
    Julian zog überrascht eine Augenbraue hoch. Er war also nicht auf dem neuesten Stand der Dinge.
    „Ich bin ganz Ohr und ich habe Zeit“, meinte er und bestellte ein neues Yolé beim Servicepaneel auf der Tischplatte.
    Etienne schwieg und starrte stumm auf seine verschränkten Hände. Nach einer Weile hob er den Kopf und begann zu berichten.

    Nitram

    Hallo Nitram,

    Wenn ich ehrlich bin, gefällt mir keine deiner vorgeschlagenen Ende-Versionen. Aber du hast dir meiner Meinung nach mit den letzten Posts ein gutes Sprungbrett für einen furiosen Schluss gebastelt: Da die ermittelnden Herren nun schon ihre Nasen sehr tief in Villa und Leben der Familie gesteckt haben, wäre eine Möglichkeit, dass Anita Schwarz eine eingeschleuste Spionin, z.B MItarbeiterin der Steuerfahnung o.Ä., ist und die Blutvorräte findet und das schleunigst meldet.

    a) Daraufhin könnte die Familie überstürzt fliehen mit für den Leser unbekanntem Ziel (also weder Holland, Österreich noch zur Schweiz)

    b) Auch könnte sich ein wütender Mob zusammenraufen :ninja: und die Familie in ihrer eigenen Villa ermorden. :pardon:

    c) Die Familie könnte angesichts des nahenden Mobs einen kollektiven Selbstmord begehen. (Veilleicht auch aus Lebensüberdruss, nach all den Jahren :/)

    Sind aber alles nur Vorschläge.

    Ich verstehe nichts von Schwertkampf, aber Perrens Erklärung lässt mich stirnrunzelnd zurück. Als Tanred nach dem "wie" fragte, dachte ich, jetzt offenbart Perren, dass auch er ein Geheimnis hat und dass ein Kampf eins gegen vier normal nicht zu gewinnen ist. Aber nein, er sagt Tanred, dass er ganz profan vier Krieger der Schwarzen Garde allein fertiggemacht hat. Einen nach dem anderen. Weil sie dumm oder ungeschickt waren.
    Ich weiß nicht so recht, wie ich das finden soll ...

    Thorsten

    Ich dachte echt, dass du Perren in dem Kampf draufgehen lässt. Die Überzahl erschien mir einfach zu groß. Aber er hat's überlebt. :thumbup:

    Tanreds Kampf ist gut beschrieben. All die Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen, während er die eingeübten Bewegungen duchzuführen versucht.

    Es hätte mich auch nicht überrascht, wenn in dieser absoluten Notlage etwas von Tanreds Besonders-Sein durchgeblitzt wäre. Etwas, was - selbst von ihm völlig unerwartet - den Spieß in seinem Zweikampf umgedreht hätte. Keine Ahnung, was das sein könnte. Wollte nur, dass du weißt, was ich so gedacht habe beim Lesen. :)

    So, genug Griechenland - zurück in die Knast-Realität. :rofl: ______________________________________________________________________

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    ~~~ Kapitel 58 ~~~

    Kapitel 58 (1/x)

    Julian musterte den Onta aus leicht zusammengekniffenen Augen. Tevor wirkte nicht zuversichtlich, als er jetzt, nach einer Woche in der Klinik und unzähligen Tests, Emma und ihm erneut gegenübersaß.
    Das Gespräch mit Thilia, von dem er sich anscheinend viel erhofft hatte, war wohl anders verlaufen als erwartet, denn der Onta wirkte niedergeschlagen, als er kurz danach von dem Ypir in die Klinik gebracht wurde. Am nächsten Tag hatten sie mit den Tests begonnen, gestern Nachmittag war der letzte erfolgt. Jetzt brannte Julian darauf, zu erfahren, wie es gelaufen war. Vielleicht gelang es Tevor inzwischen, diese Bilder, die in seinen Kopf schossen, irgendetwas zuzuordnen.
    Während er wartete, bemerkte Julian, wie der Onta nervös seine Finger knetete. Das zu sehen, steigerte seine Hoffnung noch. Mit Sicherheit würde Tevor ihnen Interessantes erzählen können.
    Kurz sah Julian zur Ärztin hinüber. Emma schaute noch auf ihr ComTab hinab. Er hatte ihr die Auswertung überlassen, also würde sie auch zuerst sprechen. Jetzt hob sie den Kopf.
    „Ich möchte dir die Ergebnisse der Untersuchung erklären, Tevor TwoFive-O“, begann sie ohne Umschweife. „Wir hatten ja schon bei den Tests herausgefunden, dass dein Gedächtnis noch vorhanden ist, aber deine Erinnerungen in deinem Kopf eingesperrt wurden. Sie sind da, aber wie hinter einer Wand. Du kannst sie nicht abrufen. Durch irgendein Ereignis ist diese Wand bei dir beschädigt worden. Sie hat Löcher, die sich vergrößern. Und es werden ständig mehr, das haben uns die Untersuchungen gezeigt. Die Bilder, die du siehst, sind also tatsächlich Erinnerungen an dein Leben vor dem Ring.“
    „Konnten Sie diese Wand ... einreißen?“
    Julian hatte die Hoffnung in der Frage gehört und gleichzeitig überrollte ihn eine Welle der Enttäuschung. Wenn Emmas Tests erfolgreich gewesen wären, würde Tevor diese Frage nicht stellen. Er presste die Lippen zusammen, als er sah, wie Emma bedauernd den Kopf schüttelte.
    „Bisher wusste ich es nicht. Aber deine Frage zeigt mir, dass ich es nicht konnte. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass ich wenigstens den Zerfall dieser Wand beschleunigen konnte.“
    Tevor nickte zögernd. „Haben Sie etwas Bestimmtes sehen können von diesen Erinnerungen?“
    „Dein Gehirn ist kein Bilderbuch, das man betrachten kann, Tevor TwoFive-O. Wir kennen deine Erinnerungen nicht, nicht einmal Bruchstücke davon. Sag du uns, ob du dich an etwas erinnerst, was du vorher nicht wusstest.“
    „Ich hatte einen Hund.“
    „Einen ...“ Verblüfft riss Julian die Augen auf. „Du hattest einen Hund? Wie sah er aus?“
    „Braun, Schlappohren, und er war sehr folgsam. Ein Labrador.“
    Emma nickte zufrieden. „Noch mehr?“
    „Wald. Ich erinnere mich an Waldspaziergänge. Mit dem Hund.“
    „Also sind doch ein paar weitere Löcher dazugekommen. Sehr gut. Weiter!“
    „Ein Name. Sylvia. Aber ich weiß nicht, wo er in mein Leben passt.“
    „Das kommt vielleicht noch.“ Emma legte das ComTab auf den Tisch. „Es ist gut möglich, dass jetzt, nachdem ich diese Blockade in deinem Hirn offensichtlich etwas angeknackst habe, mehr und mehr Erinnerungen auftauchen. Sie tröpfeln sozusagen durch die sich vergrößernden Löcher.“
    „Wichtig ist nur: Bleib auf jeden Fall ruhig, wenn dich diese Bilder wieder überfallen“, ergänzte Julian. „Sie gehören zu dir, sind Teil deines Lebens. Egal, was du siehst – es ist nichts, was dir Angst machen muss. Du hast alles irgendwann schon einmal erlebt.“
    Tevor nickte.
    Julian ahnte, was in dem Onta vorging. Keine Angst mehr haben zu müssen, dürfte ein beruhigender Gedanke sein. Aber er sah auch Traurigkeit in dessen Augen. Verständlich. Der Schleier über Tevors Vergangenheit konnte nicht gelüftet werden.
    „Dieses Gedächtnislöschen“, hörte Julian ihn fragen, „das wird bei jedem Onta gemacht, wenn er hier ankommt, nicht wahr?“
    „Bei jedem.“ Julian nickte.
    „Gibt es noch mehr wie mich? Sind noch andere auffällig?“
    „Nein und das ist auch gut so. Es reicht, dass wir dich im Auge behalten müssen.“
    „Wie geht es jetzt weiter?“
    Julian hob die Schultern. „Wie gesagt, du bist momentan ein Einzelfall. Ich werde auf jeden Fall versuchen, herauszufinden, was da bei dir passiert ist. Was diese Löcher in der Wand verursacht hat, um mal bei diesem Vergleich zu bleiben. Wenn möglich, werde ich damit vielleicht verhindern können, dass es noch anderen so geht wie dir.“
    „Ich denke, dass die Gefahr, dass du auffällst, jetzt kleiner ist, weil du weißt, was mit dir passiert“, fügte Emma an, „und weil es dich nicht mehr erschrecken wird. Das war alles, Tevor TwoFive-O.“
    Sie sah Julian fragend an und er nickte.
    „Du kannst gehen, Tevor“, verkündete er. „Der Ypir wartet schon draußen. Für den heutigen Tag hast du noch Krankstatus.“
    Der Onta stand auf.
    „Vielen Dank, Doktor“, sagte er leise. „Ich weiß das wirklich zu schätzen, was Sie und Doktor Milström für mich getan haben.“

    Hier geht's weiter: Kapitel 58/2

    Hallo Octopoda

    ich habe mal in dein neues Projekt reingelesen und muss sagen - das gefällt mir richtig gut! Ich mag Octavian jetzt schon mit seinem Zynismus und seinen Erinnerungen und seiner Art, der Welt, in die er zurückgeschleudert wurde, den Kampf anzusagen. Und sei es nur mit dem Gehstock gegen die Stille anzugehen. Weil sie sonst seinen Verstand frisst. Uaaahhh ...X/ Gruselig.

    Das Setting fand ich sehr gut beschrieben. Ich hatte lebhaftes Kopfkino, obwohl an diesem Frühstück gar nicht Lebhaftes war. :rofl:

    Mir gefällt auch, wie du - ohne es direkt hinzuschreiben - dem Leser erklärst, dass Octavian der Einzige von den drei Brüdern ist, der aus Flandern zurückgekehrt ist. Und somit wohl nun der Erbe des Hauses. 8) Interessant fand ich auch die Andeutungen mit dem Verrücktwerden und dem verschärften Gehör bei Octavian. Deshalb dachte ich, dass ich diese Inhaltsangabe am Anfang gar nicht gebraucht hätte. Ja, das ist sicher das, was später mal auf dem Klappentext stehen wird und es soll Neugier wecken. Aber ich (persönlich) finde, du verrätst hier schon zu viel. :hmm:

    Vielen Dank für dein Feedback, Kirisha Deine Einschätzung passt perfekt zu meinem Elas. :rofl:

    Und vielen Dank auch für dein Feedback, Thorsten . Deine Einschätzung passt zu dem Elas, den auch meine Betaleser-Tochter im Kopf hat. Sie hat dieselben Probleme wie du:

    Das Treffen der beiden wirkt eher nicht wie das dramatische Gefuehlschaos das der zitierte Abschnitt nahelegt, sondern ruhig und vorsichtig, eher wie ein Treffen mit einem Sohn von dem Elas nie wusste und den er jetzt erst kennenlernt.

    Was mir hier wirklich fehlt ist, dass Elas ja die ganze Vorgeschichte und Erinnerungen hat und es irgendwie gefuehlsmaessig schaffen muss damit klar zu kommen dass Ares das alles nicht mehr hat, dass der Sohn den er schon beerdigt hat da auf einmal vor ihm steht...

    Deshalb werde ich mich da auf jeden Fall nochmal ransetzen. Ich denke aber, dass ich - damit es besser zusammenpasst - eher den Part mit der brodelnden Wut weglassen werde und Elas ruhig und gefasst rüberkommen lasse, also so, wie es jetzt schon geschrieben ist. Zumindest bei der Begegnung in der Cafeteria am Strand. Aber wir haben ihn dort nicht zum letzten Mal getroffen. :smoker:

    Uhh, das ist spannend! Ein magischer Tracker? Für eine Person als Verräter scheint mir das Ganze zu einfach. Ich denke, du hast uns da etwas mehr zu bieten. :hmm:

    Danke für dein Feedback, Thorsten :danke:

    Antwort

    Hast Du mit Elas noch mehr vor? Ich frage, weil wir hier eine neue Perspektive fuer einen personalen Erzaehler bekommen - recht spaet in der Geschichte - und ich das als unelegant empfinde, aber wenn Elas bleibt und noch eine Rolle hat, dann ist das wohj okay.

    Ich der alten Version gab es bereits ein Kapitel aus Elas' Perspektive, ziemlich früh schon, weil ich dachte, ich kann ihn nicht plötzlich präsentieren wie den Kasper aus der Kiste. Aber dann wurde mir klar: Doch, das kann ich sehr wohl. Ich muss ihn nicht vorher behutsam einführen, denn erstens wäre nach diesem ersten Vorstellungskapitel nichts mehr über ihn gekommen bis zu diesem Abend in Athen. Und ich hätte wohl Fragen damit ausgelöst: Wer ist das? Welche Rolle spielt der noch? Da ja auch der Name auf keinerlei Zusammenhang mit einer zu diesem Zeitpunkt aktuellen Person hindeutet, würde das bedeuten, dass man ihn im Verlauf der folgenden Kapitel wohl wieder vergessen würde. Um bei dem Athen-Abend zu fragen "Hä? Wer ist das denn auf einmal?"

    Und dann springt Elas zweitens ja auch wirklich wie Kasper aus der Kiste in die Story hinein. Er ist für alle unbekannt (außer für Mestor und der hat keine Perspektive). Von daher dachte ich: Lass dieses Vorstellungskapitel irgendwann vorher einfach weg und schmeiß den Typ dem Leser genauso vor die Füße wie du es bei Ares tust.

    Um deine Frage zu beantworten - ja, ich habe vor, Elas Teil der Story bleiben zu lassen. Und deshalb hat er auch eine eigene Perspektive bekommen. Ich hoffe, das geht so in Ordnung. :)

    Ich bring schon mal den nächsten Teil, ihr habt ja bereits alle den aktuellen gelesen.

    Zum vorigen Part: Kapitel 57/1

    Kapitel 57 (2/2)
    Ares nickte und wirkte gleichzeitig erleichtert. Er schien nicht zu wissen, was er sagen sollte.
    Elas betrachtete ihn mit schief gelegtem Kopf.
    „Warum bist du zur Ausstellung gekommen, Ares?“, fragte er leise. „Hast du in den vergangenen Jahren Interesse an der Kunst entwickelt und unsere Begegnung war nur ein Zufall?“
    „Ich wollte den Maler sehen. Im Netz gab es Bilder und ich hatte bemerkt, dass die abgebildete Person Mestor ähnelt. Deshalb kam ich nach Athen. Um herauszufinden, ob er, also Mestor, ob er dieser Maler ist. Er hat Bilder in seinem Quartier. Ölgemälde. Mediterrane Landschaften. Aber er meinte, er sei es nicht. Das habe ich ihm nicht geglaubt.“
    „Er hat solche Bilder bei sich hängen?“, vergewisserte Elas sich verdutzt. „Hätte ich nicht von ihm erwartet. Und du dachtest, er hat sie selbst gemalt. Warum hast du ihn nicht einfach gefragt? Nur eine kurze Nachricht an ihn und fertig.“
    „Wir ...“ Ares lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Seine Miene verschloss sich förmlich. „Wir verstehen uns nicht sonderlich gut“, vollendete er die Antwort zögernd.
    Langsam nickte Elas. Das war nicht schwer zu erkennen. „Ich habe es vermutet. Du nennst ihn nicht Vater und du sprichst von ihm wie von einem Fremden.“
    „Ich habe meine Gründe.“
    Elas merkte, dass sein Sohn kein weiteres Wort darüber verlieren würde. Er akzeptierte das. Sie kannten sich erst seit gestern Abend und dass Ares sein Sohn war, änderte nichts daran, dass sie füreinander noch Fremde waren. Doch er hoffte, dass sich das bald änderte und er wieder einen Platz im Leben von Ares bekommen würde, so wie es früher gewesen war. Natürlich ließen sich die drei Jahre nicht einfach auslöschen, in denen der Junge Mestor als seinen Vater gekannt hatte. Doch zwischen den beiden herrschte offensichtlich kein gutes Verhältnis. Das würde seine Chancen mit Sicherheit verbessern.
    „Erzähl mir doch ein bisschen von dir“, bat er. „Was machst du so? Bist du noch am Sector bei dieser Spezialeinheit?“
    Ares schüttelte den Kopf. „Meine Dienstzeit dort endete zwei Wochen nach der Revolte“, erklärte er. „Catys übrigens auch. Ich bin ...“
    „Caty?“
    Ares wies zum Strand hinunter, wo der rote Zweiteiler seiner Begleiterin im grellen Sonnenlicht leuchtete. Die junge Frau machte sich eben zum Schwimmen bereit. „Elena ist ebenfalls nicht ihr richtiger Name. Wir hatten uns eine falsche Identität für den gestrigen Abend zugelegt.“
    „Warum?“
    „Das ist ... kompliziert.“
    „Aber du sagtest, ihr seid nur hergekommen, um herauszufinden, ob Mestor der Maler ist. Warum dann als Armand und Elena?“
    „Caty ist nur mein Alibi. Eine Freundin, die mit mir am Sector stationiert war und jetzt mit mir im ... Sie ist meine Untergebene und weil wir uns schon lange kennen, hatte sie nichts dagegen, ein Wochenende in Athen mit mir zu verbringen und die Ausstellung eines Malers zu besuchen.“
    „Seid ihr ein Paar?“
    Abwehrend hob Ares die Hände. „Nein, nein, wir sind nur Freunde.“
    „Weiß sie von der ganzen Sache?“
    „Ich habe ihr nicht alles erzählt, nur dass ich etwas herausfinden muss über eine Person, die mich dabei aber nicht sehen darf.“
    „Also sollte Mestor dich keinesfalls entdecken. Deshalb dein Erschrecken, als ich dich angesprochen habe.“ Elas nahm einen neuen Schluck, wobei er Ares nachdenklich musterte. „Warum hast du Angst vor ihm?“, wollte er wissen.
    Es war nur eine Vermutung, aber Ares Reaktion verriet ihm, dass seine Frage ins Schwarze getroffen hatte. Eine Falte erschien zwischen Ares‘ Augenbrauen. Er kannte sie. Sie war das Zeichen, dass er der Wahrheit nahe war, Ares das aber nicht zugeben würde. Und richtig.
    „Ich werde dazu nichts Näheres sagen“, erklärte sein Sohn. „Es tut mir leid. Erzähl etwas von dir. Und von mir. Wie du dir sicher denken kannst, bin ich sehr an meiner Vergangenheit interessiert.“
    Elas lehnte sich zurück. „Ich weiß nicht, was Mestor dir nach deiner Gehirn-Operation alles erzählt hat. Da du offensichtlich an einer Amnesie leidest, war es ihm wohl ohne Weiteres möglich, sich als deinen Vater auszugeben.“ Langsam schüttelte er den Kopf. „Wir haben keinen Kontakt zueinander, aber ich werde ihn auf jeden Fall fragen, was seine Gründe dafür waren und warum er mir diese Nachricht geschickt hat. Die Ungeheuerlichkeit seines Vorgehens lässt mich ernsthaft drüber nachdenken, ihn anzuzeigen. Das, was er getan hat, ist eine Entführung und damit ein Verbrechen!“
    „Nein!“ Ares setzte sich ruckartig auf. „Das darfst du nicht. Kontaktiere ihn auf keinen Fall!“
    Elas hob verwundert die Augenbrauen. Ares Miene zeigte ein Entsetzen, das für ihn nicht nachvollziehbar war, und er wunderte sich. War es für Ares nicht auch wichtig, dass das, was Mestor ihm angetan hatte, nicht ungestraft blieb? So konnte man doch mit Menschen nicht umgehen.
    „Warum nicht? Er gehört bestraft!“
    „Nein. Du weißt nicht, was du damit in Bewegung setzt. Wenn er erfährt, dass wir uns begegnet sind ...“ Ares fuhr sich nervös über den Kopf. „Behalte das für dich. Sag niemandem etwas davon, hörst du? Niemandem! Es ist ... wichtig.“
    Elas erkannte, dass Ares mehr wusste, aber erneut nichts weiteres preisgab. Er hasste diese Heimlichtuerei. Doch er würde nicht gegen Ares‘ Bitte handeln. Vielleicht ergab sich später man eine Möglichkeit, mit Mestor abzurechnen. Schon an seinen Bruder zu denken, ließ die maßlose Wut in ihm erneut aufbrodeln. Das würde er ihm nie durchgehen lassen. Niemals.
    „In Ordnung“, stimmte er widerwillig zu. „Vorerst zumindest. Ich weiß, dass da Dinge sind, die du mir nicht erzählen magst, und ich hoffe, dass du das irgendwann einmal tun wirst. Es gefällt mir nicht, nur die Hälfte zu wissen, und ich möchte wieder Teil deines Lebens sein. Natürlich nur, wenn du das auch willst.“
    Er wartete auf eine Antwort, doch Ares schwieg und starrte wieder auf die Tischplatte. Offensichtlich dachte sein Sohn nach. Also wartete Elas geduldig.
    „Manchmal kann ich kaum glauben, dass wir Brüder sind“, meinte er nach einer Weile. „Er war introvertiert als Junge, still und folgsam, und er schwamm in genau dem Strom, den Vater für uns geplant hatte. Einen klugen Kopf hatten wir beide, doch ich war der Freigeist. Das passte unserem Erzeuger nicht ins Konzept, denn er besaß Firmen, die er in die Hände seiner Söhne legen wollte. Nicht nur eine, mehrere! Und er hatte sie alle selbst aufgebaut. ‚Greco Industries‘ war die größte. Aber das war nicht mein Lebensziel. Ich hatte andere Pläne.“
    „Leben meine Großeltern noch?“, fragte Ares.
    Er schüttelte den Kopf. „Sie sind tot, genau wie deine Tante Anastasia. Sie wohnte mit ihrem Mann auf Korfu in der Villa der Familie.“
    „Ich war dort, vor drei Tagen“, murmelte Ares, „und habe niemanden gesehen. Alles wirkt ziemlich verwahrlost.“
    Elas nickte. „Seit Anastasias Tod steht das Anwesen leer. Kinder – Fehlanzeige. Mestor hat offenbar kein Interesse daran und ich habe ein eigenes Haus. Scheint, als wärest du als der letzte Greco-Spross der Alleinerbe.“
    „Noch lebt ihr beide“, bremste Ares.
    „Und ginge es nach unserem Vater, würde nur einer erben: Mestor. Ich habe alle Bande zu meiner Familie gekappt und wurde deshalb von ihm enterbt. Doch nach seinem Tod war unsere Mutter die Alleinerbin und sie hat alle drei Kinder in ihrem Testament zu gleichen Teilen bedacht.“
    „Also bist du reich?“ Es klang nach einer Mischung aus Spott und Interesse.
    „Ja. Aber ich habe keine Goldeinheit von diesem Erbe angerührt. Ich lebe von meinen Gemälden.“
    Ares nickte. Er schien beeindruckt.
    „Du bist ein berühmter Mann und scheinst mit deinem Leben sehr zufrieden zu sein. Gefährde das nicht, indem du deinen Bruder zur Rede stellst.“ Sein Blick war ernst und eindringlich. Kurz warf er einen Blick auf sein ComPad. „Ich werde jetzt gehen. Gib mir deine Kontaktadresse, falls du mit mir Verbindung halten möchtest.“
    Bereitwillig nannte Elas den ID- und Kontaktcode.
    „Bekomme ich auch deine?“, fragte er.
    Ares schüttelte den Kopf. „Ich werde mich bei dir melden. Wundere dich nicht, es wird über einen gesicherten Kanal geschehen. Antworte nur auf den Absender, in Ordnung? Es ist wichtig!“
    Verwundert nickte Elas.
    „Willst du schon gehen?“, fragte er betroffen, als er sah, dass Ares sich erhob. „Wir hätten noch so viel zu bere...“
    „Wir sind schon zu lange am selben Ort“, unterbrach ihn sein Sohn und klopfte auf den Handrücken, unter dessen Haut sich sein Chip befand. „Denk daran: Wir haben uns nie getroffen. Niemals miteinander geredet. Ich habe keine Ahnung, wer du bist und wer ich bin. Und so muss es auch bleiben.“
    Ein kurzes Nicken, dann drehte er sich um und ging. Ohne eine Umarmung oder Bedauern im Blick. Auf dem Weg zum Strand ließ er beim Servicer den Betrag für den Proino Poto von ComPad abbuchen, dann setzte er sich neben Elenas ... Catys Handtuch in den Sand und winkte seiner Gefährtin zu, die im Meer schwamm.
    Elas sah noch eine Weile hinüber. Zu lange am selben Ort, hatte Ares gesagt.
    Glaubte er, dass man ihm nachspionierte? Ließ Mestor den Jungen überwachen?
    Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Vielleicht gab es auch Spione, die ihn selbst im Auge hatten. Vielleicht war ihr Treffen beobachtet worden? Ares hatte Angst vor Mestor, das war nicht zu übersehen gewesen. Was, wenn Mestor längst wusste, dass sie gemeinsam hier gesessen und geredet hatten.
    Er sprang auf. Mit einem Mal hatte er es sehr eilig, hier zu verschwinden. Mit großen Schritten marschierte er zum nächsten Mietgleiter-Platz und ließ sich zum Hotel zurückbringen.

    Hier geht's weiter: Kapitel 58

    Bämm! Raus aus dem inzwischen doch recht angenehmen und behaglichen Klosterleben und wieder zurück in die raue Wirklichkeit. Waffenrock an, Schwert in die Hand und los!

    Gefällt mir, dieser abrupte Cut in Tanreds Leben, der zwar erwartet war, aber trotzdem in dem Moment unerwartet kam, noch dazu unerwartet dramatisch in Anbetracht der Umstände, in denen Perren sich offenbar befindet. Bin gespannt auf den nächsten Part.

    Interessanter Gedanke, vielen Dank, und ja - natürlich hast du Recht. :D

    Im ursprünglichen Text hatte ich nach dem Satz noch die Erklärung drin:

    Zitat

    Athen war in den letzten hundert Jahren so multikulturell geworden, dass sich die einzelnen Nationalitäten in kleinen Vierteln ansiedelten, um dort ihre Kultur und Traditionen zu pflegen.

    Es erschien mir aber ein bisschen zu Erklärbär-mäßig. Elas denkt das ja nicht, er weiß es. Es wäre also nur für die Leser drin. Durch die Großschreibung des "Griechischen" habe ich rüberbringen wollen, dass es ein Eigenname ist und dass es noch andere Viertel gibt.
    Ich hab mir einen Vermerk ans Manuskript gemacht. Mal sehen, vielleicht nehme ich es ja doch wieder rein. :hmm:

    Und das an sich war erstaunlich, denn wie er selbst war Machandas als Leibeigener geboren, Harmenas war der Sohn eines Tuchmachers aus Terred und Grenas aus dem niederen Adel - aber nichts davon spielte unter der Robe eine Rolle, und was das Klosterleben anging hatte Machandas als Gehilfe des Bibliothekars viel mehr Verantwortung als Grenas der lediglich Novizen unterweis...

    Ich weiß, was du hier meinst und der Gedanke gefällt mir. Aber die Formulierung scheint mir etwas missglückt. Ich würde vielleicht "aber nichts davon spielte eine Rolle, wenn man die Robe trug" schreiben oder "was/wer (man) unter der Robe war, spielte keine Rolle". Ich denke, so kommt der Sinn des Satzes besser hervor. Ist aber nur ein Vorschlag. :)

    Vielen Dank, Kirisha :)

    Antwort

    Elena? Sie hieß doch Caty? (Oder komme ich hier durcheinander?)

    Sie heißt Caty, da hast du völlig Recht. Aber sie selbst hat sich und Ares im vorhergehenden Kapitel mit falschen Namen bei Elas vorgestellt.

    Caty neigte respektvoll den Kopf vor Greco. „Mein Name ist Elena Kroskajewna und dieser unbeholfene Kleiderschrank hier ist Armand Desponde. Wir sind beide große Bewunderer Ihrer Kunst und hergekommen, um Ihre neuen Werke zu sehen und vielleicht sogar eines zu erstehen. Ich hätte nicht damit gerechnet, Sie sogar persönlich kennenzulernen.“ Sie hob lächelnd ihr Glas und prostete dem Maler zu.

    Ares klärt Elas aber im nächsten Part darüber auf, dass Elena - genau wie Armand - nicht der richtige Name ist.

    Wegen des Namens "Daktyl". Das griechische δακτύλιος  klingt (laut Langenscheidt-Übersetzer, Google zeigt nur die Übersetzung für den Schmuck-Ring) schon ein bisschen anders als Daktyl. Mestors Namens-Kreation ist also wirklich nur angelehnt an das exakte Wort für 'Ring' und deshalb schien es mir verständlich, dass Ares den Zusammenhang wirklich nicht erkannt hat. Aber ich hab mir eine Notiz ans Manuskript gemacht. :thumbup: Da denk ich nochmal drüber nach.

    Zum vorigen Teil: Kapitel 56/4

    ~~~ Kapitel 75 ~~~

    Kapitel 57/1
    Elas gähnte verhalten. In der Nacht hatte er kaum geschlafen und jetzt, als er hier saß und auf Ares wartete, kam die Müdigkeit. Doch er war mit Absicht eine ganze Stunde vor dem vereinbarten Zeitpunkt hergekommen. Es gab zu viel, über das er nachdenken musste, und das tat er am besten bei einem starken Kaffee und frischer Luft. Er mochte die kleine, im Stil des zwanzigsten Jahrhunderts gehaltene Cafeteria. Schon oft hatte er hier gesessen, mitten im Griechischen Viertel der Stadt, in dieser Gasse mit ihren kleinen Läden, Kaffeestuben und Spielkasinos. Deshalb hatte er vorgeschlagen, sich um zehn hier zum Frühstück zu treffen.
    Von der Stunde, die er nutzen wollte, um sich auf das Gespräch mit Ares vorzubereiten, war bereits eine halbe vergangen. Er hatte den Frieden und die Gemütlichkeit des behaglichen Cafés nicht genießen können. Mit der Ruhe war es eh bald vorbei. In spätestens ein, zwei Stunden würden sich hier die Touristen drängen. Der von ihm gewählte Platz erlaubte ihm, die Menschen zu beobachten, ohne Teil von ihnen zu sein.
    Ein Treffen. Das war das Einzige, was der Junge von ihm erbeten hatte, nachdem er gestern Abend von seinem Ausflug an die frische Luft zurück in die Ausstellungsräume gekommen war. Dann hatte er seine Gefährtin am Arm genommen, sich mit einem stummen Nicken verabschiedet und die Vernissage mit dieser Elena verlassen. Er selbst hatte dagesessen wie vom Donner gerührt. Erst als Philo nach ihm suchte, war er wieder richtig zu sich gekommen, aber für den Rest des Abends nicht mehr bei der Sache gewesen. Mehr als einmal hatte er Philos besorgten Blick registriert und irgendwann war er gegangen. Er wusste, dass er sich auf seinen Agenten verlassen konnte.
    Ich bin dein Vater, Ares, wie kann es sein, dass du mich vergessen hast?
    Dieser Mann, dem er so unerwartet gegenübergestanden hatte, war sein Sohn. Er musste es einfach sein. Die Narbe bewies es. Aber wieso verleugnete sich der Junge? Oder erinnerte er sich wirklich an nichts?
    Das war die Frage, die ihn den Rest des gestrigen Abends beschäftigt und in der Nacht wachgehalten hatte. Die drängendste. Aber obwohl ihm außer dieser noch unzählige andere im Kopf herumschwirrten, fand er für keine eine Antwort. Er musste auf Ares warten. Alles würde sich aufklären.
    Vom Meer wehte eine leichte Brise herüber und Elas spürte, wie sie sacht über seine Stirn strich, als wollte sie die Gedanken dahinter beruhigen.
    Ein Servicer trat unter die blau-weiße Markise und führte Ares mit dieser Elena an den Tisch. Die Frau grüßte, setzte sich aber nicht, sondern verabschiedete sich. Sie trug eine große Badetasche und schlenderte zum Strand hinüber.
    Elas beobachtete, wie Ares ihr nachsah und erst an den Tisch kam, als sie außer Hörweite war. Der Servicer erschien erneut, brachte ihnen zwei Proino Poto.
    Elas mochte das derzeit unglaublich populäre Morgengetränk, obwohl es für seinen Geschmack eine Spur zu süß war und er in der Hitze eher kühle Getränke bevorzugte. Eine Weile sah er auf seinen Kelch hinab, bevor er ihn hob und einen vorsichtigen Schluck nahm. Er wollte, dass Ares das Gespräch begann. Oder Armand, wie er sich selbst nannte.
    Doch der winkte den Servicer erneut herbei.
    „Einen Summer, bitte“, orderte er und an seinem Schweigen nach dem Abgang des Bediensteten erkannte Elas, dass Ares kein Wort sagen würde, bevor nicht das kleine Gerät auf dem Tisch stand. Er runzelte verwundert die Stirn. Das Sprachengewirr auf der Gasse vor der Cafeteria würde eine Unterhaltung erschweren, aber nicht so sehr, dass sie den Summer benötigt hätten. Ares jedoch schien das wichtig zu sein.
    Nach wenigen Sekunden brachte der Mann das Gewünschte, schaltete es ein und verschwand wieder. Die Geräusche um ihren Tisch wurden zu einem unverständlichen, leisen Rauschen, ähnlich dem der Brandung in der Ferne und jetzt saßen sie wie auf einer Insel der Stille inmitten des geschäftigen Treibens.
    „Mein Name ist nicht Armand“, hörte Elas ihn in diesem Moment sagen. „Ich heiße wirklich Ares. Und das, seit ich mich erinnern kann. Und genauso lange ist Mestor mein Vater.“
    Elas hob den Kopf und begegnete dem Blick der grauen Augen, die er so gut kannte. Für einen Moment empfand er unglaubliche Wut auf seinen Bruder. Nein, wollte er brüllen, das ist er nicht! Doch stattdessen atmete er lediglich einmal tief durch.
    „Hat er dir das gesagt?“, fragte er dann scharf.
    „Nein, ich kenne es nicht anders. Aber ich hatte ... einen Eingriff am Gehirn. Und jetzt, da ich von Ihnen ... von dir erfahren habe, weiß ich nicht mehr, was wirklich real und was falsch ist.“
    Elas erschrak. Eine Gehirn-Operation! „Hattest du einen Unfall? Hat es mit deinem Einsatz am Sector zu tun? Wurdest du bei dieser Revolte verletzt?“
    „Ja, aber nicht am Kopf.“ Den Blick starr auf die Tischplatte gerichtet, pulte Ares an einem Fingernagel.
    Elas presste die Lippen zusammen. Die Antwort war knapp gewesen. Er hätte gern gewusst, was da passiert war. Ein Eingriff am Gehirn - so etwas deutete auf eine ernste Sache hin. Ein Tumor? Am liebsten hätte er seinen Sohn geschüttelt, um mehr zu erfahren. Doch Ares wollte offenbar nicht darüber reden.
    „Aber wenn du nur verletzt warst - wieso haben deine Vorgesetzten dich als tot bezeichnet? Ich weiß ja, dass du bei deinem Eintritt in die Spezialeinheit eine Klausel unterschrei...“
    „Es waren nicht meine Vorgesetzten.“ Ruckartig hob Ares den Kopf und seine Hand fuhr durch die Luft, als wollte sie alle weiteren Vermutungen im Keim ersticken. „Es war Mestor.“
    „Mestor?“ Verblüfft riss Elas die Augen auf. „Warum um alles in der Welt sollte er so etwas tun?“
    „Er will sein Vermächtnis in die Hände einer Person legen, der er vertraut.“ Ares wandte den Blick ab und Elas wurde das Gefühl nicht los, dass da noch mehr war, was er jedoch nicht erfahren sollte.
    „Sein Vermächtnis?“, fragte er verwirrt. „Ist er denn nicht mehr Gefängnisdirektor in der Südsee?“
    „Doch. Aber nicht nur. Er hat dieses Gefängnis, den ‚Ring‘, selbst nach seinen Plänen gebaut und jetzt herrscht er dort wie ein ... wie ein König.“
    Elas schüttelte den Kopf. „Wenn das unser Vater wüsste. Ein Greco - Gefängnisdirektor.“
    „Er heißt nicht Greco“, entgegnete sein Sohn. „Sein Nachname ist Daktyl.“
    Dafür hatte Elas nur ein spöttisches Schnauben übrig. „Daktyl nennt er sich? Wie überaus einfallsreich. Dachtylios ist das etwas abgewandelte griechische Wort für Ring. Naja, er war noch nie kreativ. Das war mein Part in der Familie.“
    „Ring?“, krächzte Ares und riss die Augen auf. „Daktyl heißt Ring?“
    Elas sah ihn besorgt an. „Hast du auch deine Muttersprache vergessen?“
    „Nein. Ich habe die Ähnlichkeit der Worte nicht bemerkt. Apropos – du und Mestor, ihr seid euch wirklich ähnlich.“
    „Nur äußerlich.“ Elas schüttelte erneut den Kopf und nahm einen Schluck aus seinem Kelch. „Aber weil wir schon bei abgewandelten Namen sind: Wenn du ein wenig in der griechischen Mythologie bewandert bist, weißt du, dass der Meeresgott Poseidon neben etlichen anderen Kindern Zwillingssöhne hatte: Mestor und Elasippos. Unsere Eltern fanden das anscheinend so faszinierend, dass sie uns die gleichen Namen verpassten. Ich war immer neidisch auf Mestor, denn wer möchte schon Elasippos heißen. Also: Wenn du mich nicht mit Vater anreden kannst, dann nenn mich Elas.“

    Hier geht's weiter: Kapitel 57 (2/2)

    So. Ich hab jetzt das gesamte Kapitel 56 überarbeitet und ausgetauscht hier im Forum. Die geänderten Stellen sind wie immer blau, aber damit keiner das gesamte Kapitel nochmal lesen muss, um zu verstehen, kommt hier die Kurzversion der neuen Fassung:

    Spoiler anzeigen
    • Ares hat früher nicht Dymas geheißen. Mestor hat den Vornamen nicht geändert.
    • Ares sieht Caty in Athen nicht zum ersten Mal seit der Zeit am Sector. Sie ist einer der beiden neuen Axiome, die Ares' und Coholts Einheiten übernehmen mussten. Sie kennt Mestor noch nicht persönlich (erst elf Tage im Dienst), aber sie ist Ares im Ring bereits begegnet und er hat sie eingeladen, das Wochenende mit ihm in Athen zu verbringen.

    Wenn noch jemandem Unstimmigkeiten auffallen, dann immer raus damit. :D

    Kirisha, ich bin dir noch eine Antwort schuldig auf deine Fragen:

    Mestor hat einen berühmten Zwillingsbruder ... das hat die KI nicht gewusst? Das konnte man im Netz nicht herausfinden? Ich würde als nächstes Greco nach seinem Bruder ausfragen. Vielleicht kommt dabei noch etwas Neues heraus? An was aus seiner Kindheit erinnert sich Ares? Sind da Lücken? Oder wurde in seinem Gedächtnis nur Greco gegen Mestor ausgetauscht?

    Webster ist eine KI, die nur innerhalb des Ringnetzes auf Daten Zugriff hat. Und sie hat außer dem, womit Webster sie vor seinem Tod "gefüttert" hat, zwar dazugelernt, aber nur Dinge, die den Ring betreffen oder ihr (in Gesprächen) mündlich mitgeteilt wurden. Von Greco weiß sie nichts.

    Aber auch hier: Wer einen Denkfehler oder Kurzschluss findet, bitte Bescheid sagen.

    Sollte ich noch mehr rausstellen dass Estaran wirklich sehr viel Respekt geniesst - und dass Tanred deswegen gar nicht auf die idee kommen wuerde, bei den Treffen seine eigene agenda zu setzen? Deswegen wendet er sich mit seinem Erlebnis an Grenas - was bei Estaran besprochen wird, wird von dem Alten bestimmt.

    Ich lese aus dem Text heraus, dass Tanred soch sehr viel Respekt vor Estaran hat. Aber du hast den Mönch (für mich) auch als väterlich und einfühlsam rüberkommen lassen, deshalb dachte ich, Tanred traut sich, ihn zu fragen. Ich vermutete, dass er Grenas für nicht kompetent genug hält, ihm den Vorfall beim Gebet zu erklären, und dass er es deshalb nur Estaran erzählt. Bei dem alten Mönch schätze ich auch das Risiko, herablassend behandelt, mitleidig belächelt oder gar ausgelacht zu werden, als nicht vorhanden ein.