Vielen Dank, Thorsten . Da bin ich erleichtert. Ich hab immer Sorge, dass in den Texten zu viel gedacht und geredet wird und dass die Action zu kurz kommt. Danke auch für eure Likes, Iskaral und Kirisha
So. Weil ich ab heute Abend für zwei Wochen im Urlaub bin, lass ich euch noch einen neuen Part da, damit die Wartezeit nicht zu lang wird.
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Kapitel 27/3
Ares erhielt einen Stoß in den Rücken. „Vorwärts“, knurrte Coholt. „Dein alter Herr wartet sicher schon ungeduldig auf seinen Liebling.“
Ohne auf die Provokation zu reagieren, folgte Ares der Anweisung und trat ein. Unzählige Male hatte er das bereits getan, doch diesmal war es anders. Dass er irgendwann einmal als Gefangener in die Zentrale gebracht wurde, hatte er nie erwartet.
Sein Vater hielt sich - entgegen Coholts Ankündigung – nicht im Raum auf. Stumm beobachtete Ares, wie Frida an die Serviceeinheit trat.
„Er ist jetzt hier, Kyrios“, hörte er sie sagen.
„Ich komme.“
Mestors Stimme hatte gepresst geklungen. War es mühsam zurückgehaltene Wut oder eher Enttäuschung?
Ares musste nicht lange warten, bis sich die Tür öffnete und sein Vater eintrat. Mestor ging langsam an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, lief bis an die Glasfront, die - wie der darüberliegende Konferenzraum drei - den Blick auf die Westküste der Insel freigab, und blieb mit verschränkten Armen stehen. Schweigend musterte er die Landschaft und ließ die Anwesenden warten.
Irgendwann drehte er sich um und heftete seinen Blick auf Ares.
„Hast du mir etwas zu sagen?“, fragte er leise.
Ares straffte sich. „Ich möchte erfahren, warum man mich arretiert hat!“, verlangte er statt einer Antwort zu wissen.
„Du bist dir keiner Schuld bewusst?“ In Mestors Blick war Bedauern erkennbar, Schmerz. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Immerhin hast du in der letzten Zeit einige Aktivitäten gezeigt, von denen ich nichts erfahren durfte, oder?“
„Aktivitäten?“ Ares verschränkte die Arme vor der Brust. Ein Glück hat Coholt mir die Handschellen nicht anlegen dürfen, dachte er grimmig. „Ich weiß nicht, was du meinst.“
„Du willst also nicht zugeben, dass du ...“ Mestor brach ab und schickte einen raschen Blick zu Frida hinüber. „Bitte lassen Sie uns allein“, verlangte er.
Unwillkürlich musste Ares lächeln. Offenbar hatte sein Vater der Commandantin bisher nichts von seinen Plänen bezüglich des Führungswechsels verraten.
Frida starrte ihn verdutzt an. „Kyrios, ich bin nicht sicher, ob -“
„Lassen Sie uns allein!“ Mestors Wiederholung war schärfer gewesen als die vorherige Bitte.
Frida tauschte einen Blick mit Coholt. „Wir warten draußen, Kyrios“, verkündete sie grimmig, dann gab sie den wartenden Ypirs einen Wink und marschierte hinaus. Coholt und die drei Gardisten folgten.
„Ich weiß, dass du Dinge tust, die den wirtschaftlichen Interessen des Ringes schaden. Damit bedrohst du seine Existenz. Ich will wissen, warum. Erklär mir, was du vorhast.“
Ares hatte die Veränderung in Mestors Stimme bemerkt. Sanfter hatte er gesprochen, wie ein Vater, der seinen Sohn rügt, weil der etwas ausgefressen hat.
„Ich habe keine Ahnung, woher du dieses angebliche Wissen hast, Vater“, gab er gelassen zurück. „Aber ich versichere dir, dass du keinen Grund hast, an meiner Loyalität zu zweifeln.“ Das war dick aufgetragen, doch er hoffte, dass Mestor genau das hören wollte.
Doch diesmal funktionierte es nicht. Sein Vater zog die Augenbrauen zusammen. „Du willst also nicht verraten, was du hinter meinem Rücken tust?“, fragte er und diesmal hatte deutliche Kälte in seinen Worten gelegen. „Was du mit dem Klinikhelm vorhast? Warum du dich für die Gedächtnislöschung interessierst und nach einer Möglichkeit suchst, sie rückgängig zu machen?“
Doktor Witt, schoss es Ares durch den Kopf und er verfluchte sich für seine Gedankenlosigkeit bei der Unterhaltung mit dem Arzt. Trotzdem hielt er an seiner gespielten Verwunderung fest.
„Hat der Klinikleiter dir nicht erklärt, woher mein Interesse an dem Helm rührt?“
„Nein. Es geht auch nicht vorrangig um dein Interesse an dem Helm, sondern um das, was du mit den Ontas vorhast. Also?“
Ares tat, als müsste er sich einen Ruck geben. „Ich möchte das Bestrafungssystem im Ring überholen. Und dazu würde ich gern das Loch abschaffen.“ Er hoffte, dass sein Vater das als Erklärung gelte ließ, obwohl es gar nichts mit den Anschuldigungen zu tun hatte.
Mestors Blick schien ihm förmlich in den Kopf zu schauen. Eine Weile blieb es still, dann sanken dessen gestraffte Schultern herab. „Ich glaube dir kein Wort“, erklärte er. „Und weil ich kein Risiko eingehen kann, muss ich zu drastischen Mitteln greifen. Was auch immer du planst und warum du mit voller Absicht die Existenz des Ringes damit bedrohst - ich werde dich aufhalten. Mehr habe ich dir nicht zu sagen.“
„Wie schade“, murmelte Ares und versuchte die Worte resigniert klingen zu lassen. „Dabei wollte ich dich für Donnerstag zum Abendessen zu mir einladen.“ Aufmerksam musterte er die Miene seines Vaters und sah Überraschung darin aufblitzen und gleich darauf Bedauern.
„Das kommt leider zu spät“, antwortete Mestor. Er ging zur Tür und legte die Hand auf das Scanfeld. Zischend glitt sie auf.
„Commandantin“, meinte er knapp.
Frida trat ein. Fragend sah sie den Kyrios an.
„Axiom Daktyl wird in die Klinik gebracht und dem Klinikleiter persönlich übergeben“, befahl Mestor und der väterliche Ton war aus seiner Stimme verschwunden. „Höchste Sicherheitsstufe. Mit Doktor Witt spreche ich selbst. Das wäre alles.“
Ares riss die Augen auf. Ihm wurde augenblicklich klar, was sein Vater vorhatte. Wenn er ihn jetzt bat, es nicht zu tun, gab er damit zu, dass er über Wissen verfügte, das er nicht haben durfte. Doch sollte er deshalb riskieren, das Schicksal der Spiegelschrift-Ontas zu teilen?
Der Klinikleiter hatte ihn also verpfiffen. Aber noch war nichts verloren. Vielleicht konnte er dem Arzt alles erklären, bevor der Mestors Befehl ausführte? Vielleicht konnte er ihn sogar davon abhalten? Doch selbst wenn ihm das gelang – würde Doktor Witt gegen die Anweisung des Kyrios handeln? Mit Sicherheit nicht.
Coholt kam herein und packte ihn grob am Arm. „Auf geht’s, Daktyl“, grollte er. „In der Klinik wartet was Schönes auf dich“, fügte er nur für Ares hörbar hinzu, während er ihn vor sich her zum Ausgang schob.
Kurz bevor er die Zentrale verließ, sah Ares seinen Vater noch einmal an. Mestor stand noch immer neben der Tür. Kein Zorn war in seinem Blick, nur Traurigkeit.
Und wieder ging es zum Frachtlift, zurück ins Erdgeschoss und auf direktem Weg in die Klinik. Noch immer vermieden die Ypirs, ihn anzusehen. Nur Coholt, der neben ihm lief, konnte es sich nicht verkneifen, ihm alle paar Schritte ein gehässiges Grinsen zu zeigen.
Frida war in der Kommandozentrale der Garde geblieben. Ob sie glaubte, ihren verehrten Kyrios trösten zu müssen?
Ares schnaubte abfällig, während er die Liftplattform verließ und sich – flankiert von seinen Bewachern – nach links wandte. Die Servicer, die ihnen entgegenkamen, starrten sie mit weit aufgerissenen Augen an. Ja, da staunt ihr, was?, höhnte er zynisch. Ein verhafteter Axiom, das begegnet einem nicht alle Tage, nicht wahr?
Kalte Ruhe hatte ihn erfasst. Nun gut, sie hatten es versucht, doch es war schiefgegangen. Das Risiko war ihnen bewusst gewesen. Ob Etienne allein weitermachte? Ob er sich für Coholts Bestrafung einsetzte? Die Erfolgschancen stünden nicht schlecht. Der Verdacht, dass seine Verhaftung vom General befohlen worden war, hatte sich ja nicht bestätigt, denn Mestor hatte Frida und Coholt in die Cantina geschickt. Also konnte seine gestrige Nachricht noch Wirkung zeigen.
Ich werde mich nicht mehr daran erinnern, dass ich sie geschrieben habe, realisierte er. Auch nicht an Tevor, an den totgeschlagenen Onta, an das Loch, das ich abschaffen wollte, an Etienne. Nicht einmal an mich selbst.