Beiträge von Tariq

    Vielen Dank, Thorsten . Da bin ich erleichtert. Ich hab immer Sorge, dass in den Texten zu viel gedacht und geredet wird und dass die Action zu kurz kommt. Danke auch für eure Likes, Iskaral und Kirisha :)

    So. Weil ich ab heute Abend für zwei Wochen im Urlaub bin, lass ich euch noch einen neuen Part da, damit die Wartezeit nicht zu lang wird.

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    Kapitel 27/3


    Ares erhielt einen Stoß in den Rücken. „Vorwärts“, knurrte Coholt. „Dein alter Herr wartet sicher schon ungeduldig auf seinen Liebling.“
    Ohne auf die Provokation zu reagieren, folgte Ares der Anweisung und trat ein. Unzählige Male hatte er das bereits getan, doch diesmal war es anders. Dass er irgendwann einmal als Gefangener in die Zentrale gebracht wurde, hatte er nie erwartet.
    Sein Vater hielt sich - entgegen Coholts Ankündigung – nicht im Raum auf. Stumm beobachtete Ares, wie Frida an die Serviceeinheit trat.
    „Er ist jetzt hier, Kyrios“, hörte er sie sagen.
    „Ich komme.“
    Mestors Stimme hatte gepresst geklungen. War es mühsam zurückgehaltene Wut oder eher Enttäuschung?
    Ares musste nicht lange warten, bis sich die Tür öffnete und sein Vater eintrat. Mestor ging langsam an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, lief bis an die Glasfront, die - wie der darüberliegende Konferenzraum drei - den Blick auf die Westküste der Insel freigab, und blieb mit verschränkten Armen stehen. Schweigend musterte er die Landschaft und ließ die Anwesenden warten.
    Irgendwann drehte er sich um und heftete seinen Blick auf Ares.
    „Hast du mir etwas zu sagen?“, fragte er leise.
    Ares straffte sich. „Ich möchte erfahren, warum man mich arretiert hat!“, verlangte er statt einer Antwort zu wissen.
    „Du bist dir keiner Schuld bewusst?“ In Mestors Blick war Bedauern erkennbar, Schmerz. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Immerhin hast du in der letzten Zeit einige Aktivitäten gezeigt, von denen ich nichts erfahren durfte, oder?“
    „Aktivitäten?“ Ares verschränkte die Arme vor der Brust. Ein Glück hat Coholt mir die Handschellen nicht anlegen dürfen, dachte er grimmig. „Ich weiß nicht, was du meinst.“
    „Du willst also nicht zugeben, dass du ...“ Mestor brach ab und schickte einen raschen Blick zu Frida hinüber. „Bitte lassen Sie uns allein“, verlangte er.
    Unwillkürlich musste Ares lächeln. Offenbar hatte sein Vater der Commandantin bisher nichts von seinen Plänen bezüglich des Führungswechsels verraten.
    Frida starrte ihn verdutzt an. „Kyrios, ich bin nicht sicher, ob -“
    „Lassen Sie uns allein!“ Mestors Wiederholung war schärfer gewesen als die vorherige Bitte.
    Frida tauschte einen Blick mit Coholt. „Wir warten draußen, Kyrios“, verkündete sie grimmig, dann gab sie den wartenden Ypirs einen Wink und marschierte hinaus. Coholt und die drei Gardisten folgten.
    „Ich weiß, dass du Dinge tust, die den wirtschaftlichen Interessen des Ringes schaden. Damit bedrohst du seine Existenz. Ich will wissen, warum. Erklär mir, was du vorhast.“
    Ares hatte die Veränderung in Mestors Stimme bemerkt. Sanfter hatte er gesprochen, wie ein Vater, der seinen Sohn rügt, weil der etwas ausgefressen hat.
    „Ich habe keine Ahnung, woher du dieses angebliche Wissen hast, Vater“, gab er gelassen zurück. „Aber ich versichere dir, dass du keinen Grund hast, an meiner Loyalität zu zweifeln.“ Das war dick aufgetragen, doch er hoffte, dass Mestor genau das hören wollte.
    Doch diesmal funktionierte es nicht. Sein Vater zog die Augenbrauen zusammen. „Du willst also nicht verraten, was du hinter meinem Rücken tust?“, fragte er und diesmal hatte deutliche Kälte in seinen Worten gelegen. „Was du mit dem Klinikhelm vorhast? Warum du dich für die Gedächtnislöschung interessierst und nach einer Möglichkeit suchst, sie rückgängig zu machen?“
    Doktor Witt, schoss es Ares durch den Kopf und er verfluchte sich für seine Gedankenlosigkeit bei der Unterhaltung mit dem Arzt. Trotzdem hielt er an seiner gespielten Verwunderung fest.
    „Hat der Klinikleiter dir nicht erklärt, woher mein Interesse an dem Helm rührt?“
    „Nein. Es geht auch nicht vorrangig um dein Interesse an dem Helm, sondern um das, was du mit den Ontas vorhast. Also?“
    Ares tat, als müsste er sich einen Ruck geben. „Ich möchte das Bestrafungssystem im Ring überholen. Und dazu würde ich gern das Loch abschaffen.“ Er hoffte, dass sein Vater das als Erklärung gelte ließ, obwohl es gar nichts mit den Anschuldigungen zu tun hatte.
    Mestors Blick schien ihm förmlich in den Kopf zu schauen. Eine Weile blieb es still, dann sanken dessen gestraffte Schultern herab. „Ich glaube dir kein Wort“, erklärte er. „Und weil ich kein Risiko eingehen kann, muss ich zu drastischen Mitteln greifen. Was auch immer du planst und warum du mit voller Absicht die Existenz des Ringes damit bedrohst - ich werde dich aufhalten. Mehr habe ich dir nicht zu sagen.“
    „Wie schade“, murmelte Ares und versuchte die Worte resigniert klingen zu lassen. „Dabei wollte ich dich für Donnerstag zum Abendessen zu mir einladen.“ Aufmerksam musterte er die Miene seines Vaters und sah Überraschung darin aufblitzen und gleich darauf Bedauern.
    „Das kommt leider zu spät“, antwortete Mestor. Er ging zur Tür und legte die Hand auf das Scanfeld. Zischend glitt sie auf.
    „Commandantin“, meinte er knapp.
    Frida trat ein. Fragend sah sie den Kyrios an.
    „Axiom Daktyl wird in die Klinik gebracht und dem Klinikleiter persönlich übergeben“, befahl Mestor und der väterliche Ton war aus seiner Stimme verschwunden. „Höchste Sicherheitsstufe. Mit Doktor Witt spreche ich selbst. Das wäre alles.“
    Ares riss die Augen auf. Ihm wurde augenblicklich klar, was sein Vater vorhatte. Wenn er ihn jetzt bat, es nicht zu tun, gab er damit zu, dass er über Wissen verfügte, das er nicht haben durfte. Doch sollte er deshalb riskieren, das Schicksal der Spiegelschrift-Ontas zu teilen?
    Der Klinikleiter hatte ihn also verpfiffen. Aber noch war nichts verloren. Vielleicht konnte er dem Arzt alles erklären, bevor der Mestors Befehl ausführte? Vielleicht konnte er ihn sogar davon abhalten? Doch selbst wenn ihm das gelang – würde Doktor Witt gegen die Anweisung des Kyrios handeln? Mit Sicherheit nicht.
    Coholt kam herein und packte ihn grob am Arm. „Auf geht’s, Daktyl“, grollte er. „In der Klinik wartet was Schönes auf dich“, fügte er nur für Ares hörbar hinzu, während er ihn vor sich her zum Ausgang schob.
    Kurz bevor er die Zentrale verließ, sah Ares seinen Vater noch einmal an. Mestor stand noch immer neben der Tür. Kein Zorn war in seinem Blick, nur Traurigkeit.

    Und wieder ging es zum Frachtlift, zurück ins Erdgeschoss und auf direktem Weg in die Klinik. Noch immer vermieden die Ypirs, ihn anzusehen. Nur Coholt, der neben ihm lief, konnte es sich nicht verkneifen, ihm alle paar Schritte ein gehässiges Grinsen zu zeigen.
    Frida war in der Kommandozentrale der Garde geblieben. Ob sie glaubte, ihren verehrten Kyrios trösten zu müssen?
    Ares schnaubte abfällig, während er die Liftplattform verließ und sich – flankiert von seinen Bewachern – nach links wandte. Die Servicer, die ihnen entgegenkamen, starrten sie mit weit aufgerissenen Augen an. Ja, da staunt ihr, was?, höhnte er zynisch. Ein verhafteter Axiom, das begegnet einem nicht alle Tage, nicht wahr?
    Kalte Ruhe hatte ihn erfasst. Nun gut, sie hatten es versucht, doch es war schiefgegangen. Das Risiko war ihnen bewusst gewesen. Ob Etienne allein weitermachte? Ob er sich für Coholts Bestrafung einsetzte? Die Erfolgschancen stünden nicht schlecht. Der Verdacht, dass seine Verhaftung vom General befohlen worden war, hatte sich ja nicht bestätigt, denn Mestor hatte Frida und Coholt in die Cantina geschickt. Also konnte seine gestrige Nachricht noch Wirkung zeigen.
    Ich werde mich nicht mehr daran erinnern, dass ich sie geschrieben habe, realisierte er. Auch nicht an Tevor, an den totgeschlagenen Onta, an das Loch, das ich abschaffen wollte, an Etienne. Nicht einmal an mich selbst.

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    Zum vorigen Teil


    Kapitel 27/2

    Während er auf die herabsinkende Plattform wartete, wandte er den Kopf nach rechts und sah direkt in die entsetzte Miene von Etienne, der eben von der kleinen Plattform des Westlifts stieg. Das Nichtbegreifen in seinem Blick war so deutlich erkennbar, dass Ares sofort wusste: Etienne hatte nichts mit der Verhaftung zu tun.
    Besorgt sah er, wie sein Freund jetzt die Stirn runzelte, einen Schritt auf Frida zutrat und den Mund öffnete. Rasch schüttelte er kaum merklich den Kopf. Geh!, befahl er ihm in Gedanken, geh vorbei, als würden wir uns nur flüchtig kennen, und verschwinde hier!
    Etienne stoppte zwar, doch er stand danach wie festgewachsen und starrte ihn an. In diesem Moment setzte glücklicherweise die Frachtplattform auf dem Boden auf. Ares riss den Blick von seinem Freund los und folgte den beiden Gardisten, die sie schon vor ihm betreten hatten. In der Mitte blieb er stehen und wandte sich um.
    Etienne war endlich weitergegangen. Ein letztes Mal schaute er kurz zurück. Ares konnte sehen, dass das Stirnrunzeln verschwunden und auf seiner Miene erneut nichts als Fassungslosigkeit zu sehen war. Dann entzog die aufsteigende Fracht-Plattform den Freund seinen Blicken.
    Ares war unendlich erleichtert, dass es Etienne gutging. Er war einfach nur zehn Minuten zu spät zum Essen gekommen. Und er hatte offensichtlich keine Ahnung, was hier vorging.
    Verstohlen musterte Ares die Commandantin, die mit gleichgültigem Blick neben ihm stand. Hoffentlich hatte sie die stumme Kommunikation zwischen ihm und Etienne nicht bemerkt. Wohl nicht, denn sie wirkte völlig unbeteiligt.

    Wohin, hatte sie gesagt, sollte er gebracht werden? In die Kommandozentrale der Garde. Ob ihn sein Vater dort erwartete? Aber wenn die Verhaftung gar nicht durch die eine Befragung von Etienne ausgelöst worden war, dann hatte Mestor ja keine Ahnung von ihren Geheimniskrämereien! Doch wer hatte Frida dann losgeschickt?
    Ares wusste nicht mehr, was er davon halten sollte. Doch der nächste Gedanke erschreckte ihn so, dass ihm der Atem stockte. Frida und Coholt waren Gardisten und unterstanden der Administration der Streitkräfte. Ihr Vorgesetzter war der General auf Pitcairn. Und der hatte gestern eine Nachricht erhalten, in der schwere Vorwürfe gegen Coholt erhoben wurden! Gegen den Mann, der jetzt gerade mit einer Waffe nur einen Schritt hinter ihm stand. Eine Nachricht, die er, Ares, geschrieben hatte. Was, wenn der General in Mestors Pläne eingeweiht war, vielleicht sogar davon profitierte und Coholt deshalb unter allen Umständen schützen würde?
    Es war zum Verrücktwerden! Beinahe hätte er sich die Haare getauft, aber die sichtlich angespannten Ypirs konnten die Bewegung missverstehen und als Gegenwehr werten. Außerdem wäre das ein Anzeichen von Schwäche gewesen, etwas, das er in Coholts Beisein nie zeigen würde. Nein, er würde ruhig bleiben. In wenigen Augenblicken wusste er, woran er war.
    Der Frachtlift brachte sie hinauf ins zweite Obergeschoss. Aus dem Augenwinkel beobachtete Ares die neben ihm stehenden Gardisten. Keiner von ihnen sah ihn an, obwohl es alles Coholts Männer waren, die ihn schon aus Prinzip nicht mochten. Ein geschickter Zug von Frida. Die Einheiten von Linus und Malcolm waren ihr demnach nicht als die sicherste Wahl erschienen, und seine eigenen Leute zu nehmen war noch viel weniger in Frage gekommen.
    Als er den Kopf wandte, begegnete er Coholts Blick. Der Axiom-Kollege sah ihn mit voller Absicht an und gab sich keine Mühe, seine Freude zu verbergen. Vielleicht war der General von Pitcairn herübergekommen und hatte dem Schläger bereits verkündet, dass er keine weitere Bestrafung zu erwarten hatte? Das wäre für Coholt wahrlich ein Grund, sich zu freuen.
    Ares presste angewidert die Lippen zusammen. Sein Vater wusste bislang nichts von dem erschlagenen Onta. Für ihn hatten Coholt und Frida blütenweiße Westen. Doch wenn das Thema zur Sprache kommen sollte – wem würde der Kyrios glauben: dem eigenen Sohn oder der Commandantin?
    Wenn er Frida glaubte, vielleicht bestimmte er dann einen anderen Kandidaten als Nachfolger. Bei dem Gedanken, dass Mestors Wahl auf Decker fallen könnte, wurde Ares schlecht. Damit wäre jede Chance vertan, die Entführungen und die Gedächtnislöschungen zu beenden. Nein, ihr Plan war nur durchführbar, solange der Kyrios an seinem Vorhaben festhielt, ihn, seinen Sohn, zum nächsten Direktor des Ringes zu machen.
    Doch unabhängig davon, was man ihm gleich vorwerfen würde: Dass er der Sprössling des Chefs war und dass sein Vater ihn schätzte, würde ihn nicht vor Strafe bewahren, falls er sich eines Vergehens schuldig gemacht hatte. Aber keiner würde sich an ihm vergreifen. Vielleicht ließ ihn der Kyrios als Axiom ablösen? Wenn ja, dann musste er den Ring verlassen, es sei denn, er würde auf seinen Offiziersrang bei der Marine verzichten und ein einfacher Ypir werden. Oder der General degradierte ihn. Auch dann wäre er seinen Posten als Axiom los.
    Sie stiegen von der Liftplattform. Nach wenigen Schritten erreichten sie die Kommandozentrale und die vorangehenden Gardisten stoppten. Ares hob den Kopf und sah in das Auge der Kamera direkt über der Doppeltür. Aus dem schwarzen Glas glotzte ihn ein verzerrtes Spiegelbild seiner selbst an.
    Frida trat an ihm vorbei und nachdem sie ihren Handrücken über den Scanner geführt hatte, öffnete sich die Tür mit dem bekannten sanften Zischen.
    Ares erhielt einen Stoß in den Rücken. „Vorwärts“, knurrte Coholt. „Dein alter Herr wartet sicher schon ungeduldig auf seinen Liebling.“
    Ohne auf die Provokation zu reagieren, folgte Ares der Anweisung. Dass er die Zentrale irgendwann einmal als Gefangener betrat, hatte er nie erwartet.

    Hallo ihr alle :)

    Zuerst wie immer ein großes Dankeschön. Ich freu mich über jede Rückmeldung und Vorschläge für Verbesserungen spornen mich mächtig an, das Schnitzmesser nochmal anzusetzen. So auch diesmal.


    Zum vorigen Teil: Kapitel 26/1


    Kapitel 26/2 und Kapitel 27/1

    Dem Sohn des Kyrios entglitten die Gesichtszüge. Aber nur kurz, dann fing er sich wieder.

    „Warum?“, fragte er eisig.
    Dwayne schob sich an ihr vorbei. „Das wirst du schon noch erfahren, Daktyl“, zischte er. „Jetzt steh auf und komm mit! Und solltest du Schwierigkeiten machen, wäre es mir eine Freude, dir Handschellen anlegen zu können!“
    Seine Linke klopfte kurz auf die Karbonfesseln, die griffbereit an seinem Gürtel hingen, während er die Rechte demonstrativ auf den Impulsor legte.
    „Das wird er nicht.“ Frida wollte vermeiden, dass Dwayne hier in der Cantina eine Szene provozierte. Ares Daktyl war beliebt, nicht nur in seiner Einheit. Und dass er zum Essen in die Servicer-Cantina ging, anstatt es wie alle Gardisten und Axiome in der Emerald-Cantina einzunehmen, bewies ihr, dass er alles tat, um sich einzuschleimen. Der Kerl war widerwärtig.
    Der Axiom erhob sich langsam und sein Blick huschte zur Tür. Wollte er fliehen? Verächtlich verzog sie den Mund. So dumm konnte er doch nicht sein!
    „Ihr ComPad bitte!“ Auffordernd streckte sie die Hand aus und steckte den kleinen Kommunikator ein, nachdem er ihn abgenommen und ihr übergeben hatte. „Sie kennen den Weg.“ Ihre Hand wies zum Ausgang und mit zusammengekniffenen Augen beobachtete sie, wie er sich in Bewegung setzte. Seine Miene spiegelte seine Fassungslosigkeit wider, doch er ging ohne Widerstand mit. Heimlich atmete sie auf und bemerkte im selben Moment, wie angespannt sie gewesen war. Erstens verhaftete man ja nicht jeden Tag den Sohn des Kyrios. Und zweitens hatte sie die ganze Zeit damit gerechnet, dass Dwayne sich nicht beherrschen würde. Doch ihre Befürchtungen waren unbegründet gewesen. Ruhig lief er hinter Daktyl, bereit jederzeit zuzupacken, falls der Arrestant eine falsche Bewegung machen sollte.



    ~~~ Kapitel 27 ~~~


    Mit steifen Schritten folgte Ares den beiden Ypir-Gardisten. Sie hatten an der Tür auf ihn gewartet und dann vor ihm die Cantina verlassen. Während er auf sie zuging, war an ihren erschrockenen Mienen für ihn unschwer zu erkennen gewesen, dass man sie vorher nicht informiert hatte, wen sie in Gewahrsam nehmen und in die Zentrale eskortieren würden.
    Hinter sich hörte er die Schritte der anderen. Drei weitere Gardisten, Coholt und die Commandantin. Was für ein Aufgebot! Wegen eines einzigen Mannes. Verächtlich verzog er den Mund. In diesem Moment war Fridas Triumph wahrscheinlich vollkommen, obwohl ihr Blick nicht preisgegeben hatte, was in ihr vorging. Und Coholt? Der musste diesen Augenblick genauso genießen, da war er sich sicher.
    Auf dem Weg zum Frachtlift versuchte er zu begreifen, was geschehen war. Wieso hatte man ihn verhaftet? Etienne war es doch, der sich beim Kyrios hatte einfinden ...
    Etienne!
    Hatte sein Freund ihn verraten? Gestern Abend war kein Anruf mehr gekommen, obwohl Ares lange gewartet hatte. Gleich heute Morgen hatte er Etienne kontaktieren wollen, doch der war ihm zuvorgekommen. In der kurzen Nachricht hatte er sich entschuldigt für das Nichtmelden am Vorabend und vorgeschlagen, sich zum Mittagessen in der Servicer-Cantina zu treffen. Dort würde er ausführlich berichten, was der Kyrios von ihm gewollt hatte. Doch er war nicht aufgetaucht. Zumindest bis jetzt nicht, dabei hatte er pünktlich zwölf Uhr da sein wollen. Und wieder keine Nachricht von ihm.
    Und wenn nun die vom Morgen gar nicht von Etienne gekommen, sondern von jemand anderem, der nur Etiennes ComPad benutzt hatte? Vielleicht war Mestor ja gar nicht auf Etiennes Aktivitäten aufmerksam geworden, sondern hatte ihn nur über den eigenen Sohn ausfragen wollen. Nein, das war nicht logisch. Der Kyrios wusste nichts von ihrer Freundschaft! Oder doch? Und vielleicht hatte sich Etienne bei der Befragung nicht kooperativ gezeigt und war deshalb Frida oder - noch schlimmer – Coholt übergeben worden ...
    Ohne dass er es verhindern konnte, schob sich der Anblick des verprügelten Ontas auf dem Behandlungstisch der Klinik in Ares‘ Erinnerung. Verdammt, Vater, brüllte er Mestor im Geiste an, was hast du mit Etienne gemacht?
    Wenn er den Gedanken weiterspann - mit Hilfe von Coholts ‚Überredungskünsten‘ war Frida vielleicht an Etiennes Passwort für das ComPad gekommen und hatte dann ihn, Ares, in die Servicer-Cantina bestellt! Doch wozu? Eine Verhaftung im Beisein vieler Menschen - wo lag der Sinn? Dafür hätte sich die Emerald-Cantina wesentlich besser geeignet oder die morgendliche Dienstbesprechung, denn dort wäre es der perfekte Moment für Frida gewesen.

    Er verstand es nicht. So sehr er sich auch mühte, er kam nicht dahinter, was sein Vater …
    Die beiden Gardisten vor ihm hielten an. Sie hatten den Frachtlift erreicht.

    Okay, Cory Thain , das musste ich zwei Mal lesen. Zumindest den Part nach der letzten Leerzeile.

    What??? Die kennen keinen Kaffee? Was is das denn für ne Zukunft! :kaffee:

    Nein, Spaß beiseite: Ich freu mich, dass sie Lennard als Betreuer behält. Ich habe so das Gefühl, dass die beiden sich schon ein bisschen aufeinander eingestellt haben. Mit Jenna müsste Chris von vorn beginnen.

    Und ich habe den Eindruck, dass Chris jetzt ein bisschen beherrschter rüberkommt und nicht mehr ganz so schnodderig. Liegt es daran, dass sie irgendwie Sicherheit gewinnt und nicht mehr um sich beißen muss wie ein in die Ecke getriebener Hund? Ich finde, es steht ihr ganz gut, normale Antworten zu geben, auch wenn sie einen wirklich erfrischenden Humor hat. :rofl:

    *kein Kaffee, nee, echt jetzt?*

    So, da es inzwischen so viele hilfreiche Anmerkungen gibt und ich auch schon Anpassungen im Text vorgenommen habe, will ich noch vor dem neuen Post darauf eingehen und kurz fragen, ob eben diese Anpassungen den Text verbessern konnten.

    Zuerst wie immer vielen Dank euch, Ichuebenoch , Thorsten und Alopex Lagopus , fürs Weiterlesen und Teilen eurer Gedanken dazu und auch an Iskaral fürs Weiterlesen (schön, dass du noch am Ball bist :) )


    Zum vorigen Teil Kapitel 25


    ~~~ Kapitel 26 ~~~


    Kapitel 26/1

    „Ich danke Ihnen, dass Sie mit Ihrer Beobachtung zur Commandantin gekommen sind. Sie haben sich als loyaler Mitarbeiter des Ringes erwiesen und ich schätze das außerordentlich.“
    Frida beobachtete, wie Mestor den Mann vor sich freundlich anlächelte. Doch sie sah auch, dass mühsam unterdrückte Wut im Kyrios brodelte.
    „Wir werden uns der Sache annehmen“, erklärte sie mit einem gönnerhaften Nicken. „Es ist gut, dass Sie uns so frühzeitig über Ihre Bedenken unterrichtet haben. So ist es möglich, die Sache gründlich zu untersuchen.“
    Der Mann, der sich zu ihr umgewandt hatte, erkannte wohl, dass das ein höflicher Rausschmiss war. „Vielleicht ist alles ganz harmlos“, meinte er, „aber ich dachte, dass Sie darüber Bescheid wissen sollten.“ Er nickte dem Kyrios noch einmal zu und verließ die Kommandozentrale der Garde.
    Frida wartete. Sie war gespannt, was der Chef des Ringes mit diesen Informationen anfing. Mestor Daktyl stand da wie versteinert. Den Blick starr aus dem großen Glasfenster gerichtet, schien er sie vergessen zu haben. Es störte sie nicht. Bis zu einem gewissen Grad hatte sie sogar Verständnis für dieses Verhalten. Dem Direktor war eben mitgeteilt worden, dass im Ring wahrscheinlich ein Umsturz vorbereitet wurde.
    „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, murmelte sie.
    „Am besten gar nichts“, kam es eisig zurück. „Schaffen Sie ihn her. Sofort.“
    „Wie Sie wünschen.“
    Sie trat an den Computer und orderte fünf gepanzerte Bereitschaftsgardisten aus Dwaynes Einheit in die Zentrale. Außerdem schickte sie Dwayne selbst eine Nachricht, dass er herkommen sollte, obwohl er nicht im Dienst war.
    Während sie beschäftigt war, konnte sie hören, wie der Kyrios den Raum verließ. Seine Schritte waren fast schleppend. Was wohl in dem Mann vorging? Das musste ein herber Schlag für ihn sein.

    Mestor Daktyl war noch keine zwei Minuten weg, als sich die Tür erneut öffnete und Dwayne eintrat. „Warum rufst du mich her?“, fragte er unmutig. „Ich habe frei.“

    „Ich weiß.“ Sie drehte sich samt Stuhl zu ihm um und konnte sich ein triumphierendes Lächeln kaum verkneifen. „Aber du wirst dich trotzdem auf der Stelle in deine Uniform werfen und die Panzerung anlegen.“

    „Was ...“

    „Zieh dich um! Wir treffen uns an der Sicherheitszentrale. Alles Weitere dort.“ Sie erhob sich und machte ihm damit klar, dass er im Moment keine weiteren Informationen erhalten würde.
    Nachdem Dwayne mit wütender Miene hinausgestampft war, wandte sich wieder zum Bildschirm u
    m und ließ sich anzeigen, wo sich der Träger des gesuchten Chips im Augenblick aufhielt. Binnen kurzem war er gefunden. Ein ungünstiger Ort, falls der Zugriff wirklich dort erfolgen musste. Zu viele Leute in der unmittelbaren Umgebung.

    Aber der Kyrios hatte ‘sofort’ gesagt. Sie atmete einmal tief durch, bevor sie aufstand und mit ihrer Hand kurz über den Impulsor strich, den sie und die Axiome immer an der Hüfte trugen. Kalte Ruhe erfüllte sie trotz des Auftrages, den sie zu erledigen hatte. Oder gerade wegen des Auftrages? Sie wusste es nicht.
    Die vor der Zentrale wartende Einheit von Gardisten schloss sich ihr nach einem knappen Nicken an. Es waren nur ein paar Schritte bis zur Sicherheitszentrale. Das leise Knarren der Carbonpanzerungen beim Laufen der Gardisten hörte sich in ihren Ohren an wie Musik.
    Zischend öffnete sich die Tür und sie trat ein. Rasch glitt ihr Blick über die drei anwesenden Othonis. Alle hatten den Kopf gehoben und starrten sie überrascht an. Auf dem Platz des Diensthabenden saß ein ihr unbekannter Mann.
    „Die Übertragung aller Kameras aus der Servicer-Cantina auf den großen Monitor“, befahl sie barsch. „Sofort!“
    Der Mann mit dem Silberstreifen am dunkelblauen Overall, der - seinem erschrockenen Blick nach – nun auch die an der Tür wartenden Ypirs bemerkt haben musste, beeilte sich, das Gewünschte aufzurufen.
    Sie trat näher und musterte jeden einzelnen Bildschirm, bis sie gefunden hatte, was sie suchte.
    „Commandantin?“, hörte sie Dwayne in dem Moment hinter sich fragen.
    Ohne Hast drehte sie sich um und legte die Hände auf den Rücken. „Sie werden mich mit Ihren Männern begleiten, Axiom Coholt. Es ist jemand in Gewahrsam zu nehmen und mit Widerstand zu rechnen.“
    „Wo?“
    „In der Servicer-Cantina.“
    Verwundert runzelte er die Stirn. „Wir verhaften einen Servicer?“
    Er hatte Recht, das geschah höchst selten und ein bisschen tat er ihr leid, weil er so ahnungslos war. Aber ihm hier vor seinen Untergebenen und den drei Othonis zu sagen, was sie vorhatten, wäre mehr als dumm gewesen. Sie wusste, dass er seine Emotionen nicht immer im Griff hatte. Deshalb freute sie sich auf sein Gesicht, wenn er es vor Ort erfuhr.
    Ohne ein weiteres Wort marschierte sie erneut vorneweg zum Frachtlift. Er lag am nächsten und - was von Vorteil war - mit ihm konnte das gesamte Einsatzteam auf einmal ins Erdgeschoss gelangen.
    Sekunden später standen sie vor der Servicer-Cantina. Auf dem kurzen Weg vom Lift bis dorthin waren sie von jedem angestarrt worden, der ihnen begegnete. Ontas hatten hier keinen Zutritt, aber der Anblick bewaffneter Gardisten mit Panzerung war für Servicer und Gardisten nicht alltäglich und man hatte ihnen Platz gemacht, war zurückgewichen bis zur Wand.
    Die Eingangstür der Cantina glitt zischend zurück. Frida blieb einen Augenblick stehen und betrachtete das Bild, das sich ihr bot. Durch die bodentiefen Fenster fiel der angenehm gedämpfte Schein der Mittagssonne. Mehr als die Hälfte der Vierertische war besetzt und der Lärm der miteinander plaudernden Servicer füllte den hellen, saalartigen Raum. Es roch nach Kohlsuppe und geräuchertem Speck.
    Angewidert zog sie die Nase kraus und nickte den ersten beiden Gardisten zu. Die zwei marschierten in den Saal und postierten sich rechts und links von der Tür. Erst dann trat sie selbst ein. Zufrieden beobachtete sie, dass sich wie auf Kommando alle Köpfe nach ihr umwandten. Es war ihr Moment des Triumphes und sie genoss ihn. Hinter sich hörte sie erneut das leise Knarrren der Panzerungen. Die restlichen Gardisten und der Axiom waren im Saal erschienen und damit erstarb auch das Stimmengemurmel. Totenstille kehrte ein.
    Frida ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. Wo war er? Die verschiedenfarbigen Overalls der Servicer erschwerten die Suche, doch dann entdeckte sie ihn.
    Während sie auf den Tisch in der Ecke zusteuerte, wusste sie, dass Dwayne und die drei Ypirs ihr folgten. Die beiden anderen würden an der Tür auf Posten bleiben.
    Direkt vor ihm hielt sie an.
    „Axiom Ares Daktyl, Sie werden in Gewahrsam genommen. Bitte folgen Sie uns in die Kommandozentrale der Garde.“

    Freut mich sehr, Ichuebenoch , herzlichen Dank fürs Weiterlesen! :thumbsup:

    So, nach Rücksprache mit Thorsten werde ich weiterposten. Aber nur das Kapitel 25 und dann wird eine kleine Pause gemacht. Das Kapitel 27 ist zwar schon im Entwurf fertig, aber da schnitze ich im Moment noch ziemlich dran herum. Dauert noch ein bisschen, bis das bereit ist, gepostet zu werden.

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    Zum vorigen Teil (Kapitel 24/2)


    ~~~ Kapitel 25 ~~~


    Sein ComPad vibrierte, als er gerade die Mail an den General beendet und abgeschickt hatte. Er warf einen kurzen Blick auf den kleinen Monitor. Es war Etienne.
    Was wollte sein Freund? Sie waren in zehn Minuten verabredet, um sich gemeinsam das Memo dieses Kostas Soufis anzuhören.
    Seufzend stellte er die Verbindung her.
    „Was ist los?“, fragte er.
    „Verdammt, Ares, ich muss zu deinem Vater!“
    „Was? Wieso das denn?“
    „Keine Ahnung!“ Etiennes Stimme hatte einen leicht hysterischen Unterton. „Keine Ahnung“, wiederholte er, „ich habe gerade die Nachricht erhalten, dass ich um fünf in seinem Quartier sein soll.“
    Ares war genauso ratlos. Hatte sein Vater doch herausgefunden, dass der X-Ordner von jemandem geöffnet worden war?
    „Bestimmt hat er Wind davon bekommen, dass ich mich in diesen verfluchten Ordner gehackt habe!“, hörte er Etienne sagen. „Ich hatte von Anfang an kein gutes Gef...“
    „Wie soll er das rausgefunden haben?“, fiel Ares ihm ins Wort, obwohl er merkte, dass Etienne denselben Gedanken gehabt hatte, wie er selbst eben. Trotzdem schüttelte Ares den Kopf. „Du bist der beste Hacker im Ring und Webster hat uns versichert, dass ...“
    „Oder wegen dieser Kamera, die ich ... die du unbedingt in seinem Quartier haben wolltest!“
    „Das habe ich doch nur zu dir gesagt“, wiegelte Ares ab. „Niemand hat das mitgehört.“
    „Das weißt du doch gar nicht! Vielleicht ist hier alles verwanzt. Die Sicherheitszentrale, dein Quartier, vielleicht enthalten sogar die Summer auf der Dachterrasse Mikrofone!“
    „Jetzt dreh nicht durch, Etienne! Komm mal wieder runter. Wenn du was ausgefressen hättest, würden dich Gardisten abholen und du hättest kein Treffen mit dem Kyrios in seinem Quartier.“
    „Aber irgendetwas muss er -“ Etienne brach ab und schwieg danach so beharrlich, dass Ares stutzig wurde.
    „Was hast du gemacht?“, forschte er besorgt. „Gibt es etwas, was ich nicht weiß?“
    „Ich war unten in der Fünf“, stieß Etienne hervor. „Ich habe zusammen mit Biks nach einem Eingang gesucht. Was, wenn dein Vater das durch irgendeine Kamera -“
    „Du hast was?!“ Ares glaubte sich verhört zu haben. Er hatte sich drauf verlassen, dass sein Freund keine Alleingänge in diesen Bereich unternahm. „Du warst ohne mich in der Fünf?“
    „Ich war nicht allein, sondern mit Servicer Mike Biks“, rechtfertigte sich Etienne. „Er gehört zur Logistik und ist ein Freund.“
    „Ah, ein Freund. Das ändert natürlich alles“, versetzte Ares bissig. „Und du hast ihm einfach so erzählt, dass wir einen Eingang zum Zentrum dieses Stockwerks suchen?!“
    „Ich habe eine defekte Kamera als Grund angegeben, die ...“
    „Bist du noch bei Trost?!“ Ares musste sich anstrengen, Etienne nicht anzubrüllen. „Kennst du diesen Servicer denn so gut, dass du ihm so etwas anvertraust?“
    „Also ich ... Ja. Wir sitzen ab und zu abends gemeinsam in der Bar auf ein, zwei Alkoholeinheiten, meist wenn du Spätschicht hast.“
    „Ihr trinkt Alkohol? Und dann erzählst du ihm sowas?“ Stöhnend strich er sich mit beiden Händen über die raspelkurz geschnittenen Haare. „Etienne, Mann, was ist, wenn er dich verpfiffen hat? Erinnerst du dich nicht, was Webster gesagt hat? Wir sollen niemandem vertrauen! Niemandem! Und du verrätst einer Barbekanntschaft, dass wir eine Geheimtür suchen?“
    „Hör auf, mich anbrüllen“, verteidigte sich Etienne. „Ich bin kein kleiner Junge! Ja, ich war vielleicht leichtsinnig, aber eine Geheimtür habe ich nie erwähnt. Biks macht einen vertrauenerweckenden Eindruck, er ist der Typ Kerl, mit dem man Rücken an Rücken kämpfen kann, wenn man auf der Straße ... Ich glaube nicht, dass er so etwas tun würde.“
    „Du glaubst nicht“, ächzte Ares. „Nun, in fünf Minuten wirst du wissen, ob du falschlagst mit deiner Menschenkenntnis. Ich hoffe, du meldest dich bei mir, wenn dich mein Vater wieder aus seinen Klauen gelassen hat. Und ich hoffe nicht, dass er dir kündigt oder Schlimmeres antut. Verdammt, Etienne. Halt die Ohren steif!“
    Ein paar Sekunden blieb es still.
    „Wenn ich mich nicht melde, dann schau nach, ob du mich irgendwo findest, ja?“, hörte er Etienne leise sagen. „Ich hoffe, dass er mich nicht Decker oder Coholt übergibt.“
    „Das kann er nicht.“ Ares hatte Mühe, seiner Stimme einen beruhigenden Ton zu verleihen, weil ein dicker Kloß in seinem Hals gewachsen war. „Du bist kein Onta. Er kann dich weder ins Loch sperren noch anderweitig bestrafen lassen.“
    „Ja, aber das konnte er mit den entführten Wissenschaftlern damals auch nicht und er hat einen Weg gefunden, sich ihrer zu entledigen. Ich muss jetzt los. Warte nicht auf mich, hör dir das Memo allein an.“
    Die Verbindung war längst getrennt, da starrte Ares immer noch die Wand an. Irgendwann riss er den Blick los und ging zum Computer, um den X-Ordner und die darin befindliche Memo-Datei des griechischen Arztes zu öffnen.
    „Mein Name ist Kostas Soufis“, verkündete eine angenehm klingende Stimme.
    Griechisch, dachte Ares verdrießlich, während er langsam zu der bequemen Sitzecke ging und sich niederließ. Etienne würde kein Wort verstehen.
    „Ich bin promovierter Neurochirurg, spezialisiert auf den Fachbereich Hirnchirurgie, und promovierter Neurologe“, fuhr der Mann fort. „Dieses Memo spreche ich aus freiem Willen und in dem Bestreben, mein Gewissen zu erleichtern und zu verhindern, dass ... Nun, dazu kommen wir noch. Im Auftrag von Mestor Daktyl, dem Eigentümer und Direktor der Haftanstalt ‚Ring‘ auf der Pazifik-Insel Henderson, entwickelte ich im Jahr zweitausendeinhundert ein Verfahren, mit dem man bestimmte Teile vom Gedächtnis eines Menschen extrahieren kann. Es wird angewendet, indem der Mensch einen speziell dafür entwickelten Helm aufsetzt, mit dem ... nun das würde zu weit führen. Jedenfalls wird es Dritten auf diese Weise möglich gemacht, seine im Gehirn gespeicherten Erinnerungen wie einen Film zu betrachten und sogar einzelne davon zu entnehmen. Der Betroffene leidet danach an einer dissoziativen Amnesie und kann sich an nichts erinnern, was seine eigene Person angeht. Angeeignetes Wissen, erlernte Fähigkeiten und Bewegungsmuster bleiben davon unberührt. Weiterhin ist es möglich, dem Betroffenen falsche Erinnerungen zu vermitteln, die dieser als seine eigenen betrachten wird. Diese beiden Verfahren sind seitdem Teil eines Computerprogrammes, das bei neu in Daktyls Haftanstalt aufgenommenen Gefangenen mittels dieses Helmes angewendet wird.
    Noch vor Inbetriebnahme des ‚Ringes‘ verlangte Daktyl eine Erweiterung dieses Verfahrens. Es ist ...“
    „Computer, Wiedergabe pausieren!“ Ares stand wieder auf und bestellte sich einen Gambrazzo über die Versorgungseinheit. Während er wartete, resümierte er, dass dieser Soufis nach so wenigen Worten schon die erste Bombe gezündet hatte: Die Gedächtnislöschung war eine Idee seines Vaters gewesen und wurde nicht – wie alle Beschäftigten im Ring glaubten – bei jedem Schwerverbrecher auf der Welt angewendet! Das ging ja gut los. Nachdem er das gekühlte Getränk aus dem Lieferschacht entnommen hatte, ließ er sich auf seine Couch fallen, griff sich sein ComTab und legte wie gewohnt die Füße auf den niedrigen Tisch. Es war sicher hilfreich, sich ein paar Notizen zu machen, während er zuhörte.
    „Computer, Wiedergabe fortsetzen“, murmelte er und nahm einen tiefen Schluck, als der Arzt wieder zu sprechen begann.


    Hier geht's weiter: Kapitel 26/1

    Der Wechsel in der Perspektive erschien mir genau am richtigen Platz, denn ich hatte mich eine Weile schon gefragt, wie es wohl in Tjelvar aussieht. Dass er sich nicht erklären kann, was mit Frod gerade abgeht, ist nachvollziehbar. Und die Gedanken an Elina und das, was Durin wohl von ihr als "Bezahlung" einfordern könnte, müssen auch an seinem Durchhaltevermögen zerren. Dazu die Hilflosigkeit, die Einsamkeit, Dunkelheit und Eintönigkeit in der Zelle. Ich dachte wirklich, er geht Jaron an den Kragen!

    Dieses Anwachsen von Kraft trotz des Nahrung- und Wasserentzuges habe ich dem unbekannten "Ding" zurgeschrieben, weil - da bin ich ganz bei Ichuebenoch - das Tjelvar aus eigener Kraft nicht möglich gewesen wäre.

    Die Atmung wurde schneller. Mit jedem bisschen Luft, die in seine Brust fuhr, empfand Tjelvar ein inneres Erwachen. Die Kraft kehrte zu ihm zurück. Wie eine Kerze, die kurz vor dem Erlöschen noch einmal aufloderte. Sinne schärften sich und er geriet in einen Zustand, den Frod einst als ‚Tunnel‘ beschrieb.

    Das ist die Stelle, die mich auf den Gedanken gebracht hat.

    Tja, die neue Wendung ist auch nicht schlecht. Nun bin ich mal gespannt, wie das Enviki ablaufen wird und ob Tjelvar seinen Job gut macht. Zumindest so gut, dass er Frod noch zur Freiheit verhelfen kann. Falls der es überhaupt noch mitkriegen sollte ... :/

    Ich bin noch da, Cory Thain :)

    Dass ich nix anmerke, liegt einfach nur daran, dass ich nix finde. Ich folge der Story mit Begeisterung. Manchmal finde ich Chris etwas ZU flapsig und "unernst", aber das ist wohl so, weil ich mir ständig vorzustellen versuche, wie ich in so einer Situ wohl reagieren würde. Und da finde ich nicht viel Gemeinsamkeiten zwischen ihr und mir. :rofl:

    Lennard in seiner Unbeholfenheit mag ich sehr und ich freu mich, dass du ihn nicht ablösen lässt. Das heißt , ich hoffe es ...?

    Hallo Der Wanderer

    DEIN Text hat mir sehr gut gefallen. Sehr eindringlich und ausdrucksstark geschrieben, mit gelungenen Bildern. Und der Inhalt? Muss eine echt beklemmende Erfahrung gewesen sein. Das sind die Träume, bei denen man sich wohl wünscht aufzuwachen ... X/

    Es ist die Zeit im Jahr wo der Schnee weg ist und ploetzlich der Garten gemacht werden muss, Waldarbeit beginnt, Brennholz gestapelt wird - irgendwie alles auf einmal... Ich bin daher ein bisschen hinterher, soll kein Desinieresse sein :)

    Das ist kein Problem, Thorsten , das hatte ich schon angenommen. Ich ignoriere ja auch das hartnäckige Schreien meines Gartens, der von Unkraut erobert wird, weil ich gerade einen Schreibflow beim Ring habe. Also kein Stress. Die bereits geposteten Teile laufen dir ja nicht weg. :)


    Danke fürs Weiterlesen trotz vieler Arbeit und für dein Lob ^^

    Der Teil, in dem Ares wegen des Helmes zu Julian geht, ist eigentlich ein Teaser für die Leser. Ich hoffe, er erfüllt seinen Job. :hmm:

    Hallo Alopex Lagopus und Ichuebenoch ,

    vielen Dank für eure Antworten! Beide haben mir sehr geholfen.


    Zum vorigen Teil


    Kapitel 24 (2/2)

    Im zweiten Obergeschoss angekommen, stieg er von der Plattform und schlug den Weg zur Zentrale ein, als er zwei Personen auf sich zukommen sah. Die smaragdgrünen Uniformen verrieten, dass es Axiome waren. Erst als sie näherkamen, bemerkte er das silberfarbene Oberteil eines der beiden. Es gab nur einen im Ring, der diese Uniform trug: der Commandant der Garde.
    Frida Busch war also zurück. Und wer beglei...
    Etienne riss die Augen auf, als er den Mann erkannte. Er hatte nicht erwartet, ihn wiederzusehen. Nicht nach dem, was gewesen war. Und nicht in der smaragdgrünen Uniform. Doch Coholt trug noch immer die silbernen Schulterstücke, das hieß, er war weiterhin Axiom und sogar im Dienst.
    Die beiden schenkten ihm ein knappes Nicken, dann waren sie vorbeigegangen und Etienne kämpfte gegen den Impuls an, sich umzudrehen und ihnen nachzustarren.
    In der Sicherheitszentrale angekommen, sandte er eine Kontaktanfrage an Ares.
    „Was gibt’s?“, hörte er ihn kurz darauf fragen.
    „Frida Busch ist zurück“, verkündete er düster. „Und sie hat deinen Freund wieder mitgebracht.“
    Das Schweigen im Ohrstöpsel verriet, dass Ares verblüfft war. „Coholt ist wieder da?“, fragte er zurück. „Dann kommt der General also her für die Verhandlung. Ungewöhnlich. Aber vielleicht behandelt man das als ringinterne Angelegenheit. Würde mich nicht wundern, wenn mein Vater da die ...“
    „Ares, Coholt trägt die Smaragduniform“, warf Etienne ein, um den Monolog seines Freundes zu unterbrechen. „Ich glaube nicht, dass er als Axiom im Dienst wäre, wenn da noch eine Disziplinarmaßnahme ansteht. Vielmehr denke ich, wir müssen uns damit abfinden, dass drei Wochen Urlaub alles sind, was er als Strafe für diesen Totschlag erhalten hat.“
    Wieder schwieg Ares ein paar Sekunden.
    „Mir egal, ob du dich damit abfinden willst, aber ich werde es nicht“, gab er zurück und es klang entschlossen. „Ich kontaktiere den General. Ich habe nämlich das dumpfe Gefühl, dass er noch keine Ahnung von Coholts seltsamen Vorlieben hat.“
    „Noch heute Vormittag?“
    „Selbstverständlich! Jede Minute, die dieser Schläger weiter im Dienst ist, ist eine zu viel. Noch dazu als Offizier!“
    Etienne nickte, obwohl er wusste, dass Ares es nicht sehen konnte. „Dann mach das. Und falls Frida die Video-Datei, die ich ihr geschickt habe, plötzlich nicht mehr finden kann, melde dich. Ich habe das Original und noch eine Sicherungskopie. Was hast du heute noch vor?“
    „Ich war gerade bei Doktor Witt“, verkündete Ares. „Vorher hatte ich mir von BuyVis den Helm geholt. Ich wollte die beiden vergleichen.“
    „Und?“
    Ares schnaubte. „Der Doc war nicht sehr kooperativ. Regelrecht zugeknöpft. Erst bezweifelt er, dass ich einen Unterschied feststellen kann, dann, als ich ihn gefragt habe, ob die Gedächtnislöschung rückgängig zu machen wäre, mustert er mich so kritisch, als hätte ich vor, morgen damit zu beginnen.“
    „Womit er im Grunde nicht ganz unrecht hat“, bemerkte Etienne trocken.
    „Wir werden nichts überstürzen. Mein Vater darf keinesfalls misstrauisch werden. Heute schreibe ich als Erstes dem General. Zwischen den Kontrollrunden werde ich mir dann die Ontas mal genauer anschauen, die damals nach der Spiegelschrift-Sache bestraft wurden. Der Doc hat die Namen herausgesucht und mir die Liste eben geschickt. Und nach Schichtende sollten wir uns zusammen dieses Memo anhören, von dem Webster gestern Abend gesprochen hat. Du weißt schon: das von dem Gehirnchirurgen.“
    „Soll ich zu dir kommen?“, erkundigte sich Etienne.
    „Ja. Falls mein Vater merken sollte, dass ich von einem anderen Computer auf den Kleito-Ordner zugreife, hätten wir schon den ersten Schritt in Richtung misstrauisch machen getan. Und der X-Ordner ist nun mal im Kleito-Ordner, also greife ich immer von meinem Computer auf diesen zu, auch wenn das Öffnen keinen Alarm mehr auslöst. Was machst du jetzt noch?“
    Etienne seufzte. „Es ist ruhig heute Vormittag, bis jetzt gab es noch nicht Aufregendes.“ Kurz erwog er, von dem kleinen Ausflug mit Biks zu erzählen, doch er entschied sich vorerst dagegen. Er hatte es Ares zwar nicht versprochen, dass er nicht allein da hinunterging, doch sie hatten in letzter Zeit etliche Punkte gehabt, an denen ihre Meinungen auseinandergegangen waren. Und er ahnte, dass Ares dies nicht gutheißen würde. „Ich werde die Ruhe nutzen und mir mal die Ontas anschauen, die ein Tracking hinter sich haben. Der Arzt hat da etwas gesagt, das mich beunruhigt hat“, meinte er stattdessen.
    „Beunruhigt?“, hakte Ares nach. „Inwiefern?“
    „Nun ja, es wäre schon mehrfach vorgekommen, dass getrackte Personen danach zu keiner der jährlichen Untersuchungen mehr aufgetaucht sind. Egal ob das Tracking etwas gebracht hat oder nicht.“
    „Er meint, sie wurden ...“
    „Ich weiß nicht, was genau er gemeint hat. Aber ich werde mich da mal dahinterklemmen und schauen, was ich herausfinden kann.“ Etienne fuhr sich nervös durch die Haare. Er durfte nicht vergessen, nach Beendigung seiner Suche seine Spuren auf dem Server zu verwischen. Die Recherche im Computer würde sich zurückverfolgen lassen, wenn jemand dahinterkam.
    „In Ordnung“, meinte Ares, „aber wenn du einmal dabei bist – würdest du vielleicht die Spiegelschrift-Ontas gleich mit überprüfen? Ich schick dir die Liste. Das ist hier in der Zentrale nämlich nicht so einfach, zumal Frida ja wieder da ist und jederzeit auftauchen kann.“
    „Kein Problem, schick her.“
    „Gut, danke. Dann sehen wir uns heute um fünf bei mir.“
    „Alles klar.“


    Hier geht's weiter: Kapitel 25

    Das gefällt mir gut, Tenger .

    Vielen Dank fürs Weiterlesen und deine Anmerkung, Alopex Lagopus :)

    Ich mach dann mal weiter.

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    ~~~ Kapitel 24 ~~~


    Kapitel 24/1

    „Ich hoffe, ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen“, fragte der Mann, als sich die Tür der Sicherheitszentrale hinter ihm geschlossen hatte. „Aber dann hätten mich wohl eher die grünen Männ... die Ypir-Gardisten abgeholt“, fügte er mit einem schiefen Grinsen hinzu.
    „Nein, keine Sorge, Biks.“ Etienne drehte sich um und musterte ihn. „Danke, dass du es so schnell einrichten konntest und ich hoffe, dass du mir helfen kannst.“
    Servicer Mike Biks lachte. „Du weißt doch: Wenn jemand den Ring und sein Innenleben kennt, dann ich. Ich bin von Anfang an hier. Um was geht es denn?“
    „Ich bekomme eine defekte Kamera angezeigt in einem Sektor, den es laut Grundriss gar nicht gibt.“ Etienne hoffte, dass Biks nicht näher nachfragte, wieso er als Othoni nicht wusste, wo sich welche Kameras befanden.
    „Ich gehöre aber zur Logistik und nicht zum technischen Bereich“, wandte der ein und wies zur Verdeutlichung auf seinen violetten Overall. „Kameras zu reparieren übersteigt meine Fähigkeiten.“
    „Das verlange ich auch gar nicht.“ Etienne grinste. „Ich möchte nur, dass Du mir zeigst, wo sie ist. Denn da, wo sie angezeigt wird, ist nichts.“
    „Vielleicht solltet ihr Sicherheitsleute mal eure Pläne überprüfen. Wo befindet sich dieses Nichts denn?“
    „Im Zentrum des fünften Untergeschosses.“
    Biks runzelte die Stirn. „Im Zentrum?“, vergewisserte er sich, dass er richtig gehört hatte.
    Etienne nickte.
    „Du musst dich irren“, erklärte Biks mit Nachdruck. „Die Fünf hat im Innenbereich keine Räume, nur außen.“
    „Das habe ich auch gedacht. Bis jetzt.“ Etienne stand auf. „Ich bin früher schon mal dort unten gewesen. Aber die Anzeige lügt nicht. Deshalb würde ich gern selber nachschauen, und zwar mit dir zusammen.“
    Biks hob die Schultern. „Ich komme gern mit, aber du wirst sehen: Da ist genau das, was du sagst, nämlich nichts.“


    Eine halbe Stunde später stand Etienne wieder am Lift. Sie hatten gemeinsam das gesamte fünfte Untergeschoss abgesucht und nichts gefunden. Es war, wie Webster gesagt hatte: In dem den Mittelbereich umlaufenden Korridor gab es in den oberen Geschossen zu beiden Seiten Türen. Aber hier auf der Fünf fanden sie sich lediglich auf der Außenseite. Keine führte ins Zentrum.
    Etienne ärgerte sich über den vergeblichen Versuch, diesen inneren Kreis zu finden. Doch indem er gemeinsam mit Biks eine komplette Runde im ganzen Stockwerk gedreht hatte, war ihm zum ersten Mal bewusst geworden, wie groß dieses Areal hinter der glatten grauen Wand war.
    Biks hatte ihm während ihrer Umrundung noch einmal klargemacht, dass er als einer der ersten Logistik-Servicer nach der Fertigstellung des Ringes absolut sicher war, dass man nicht hineinkam. Er wunderte sich, dass da drin angeblich Kameras sein sollten. Seine interessierte Frage, was sie denn filmen oder aufzeichnen sollten, hatte Etienne nicht beantwortet.
    „Also ... Brauchst du mich jetzt noch?“
    Biks’ Frage riss ihn aus seinen Grübeleien. Der Logistiker stand vor ihm und sah ihn abwartend an.
    „Nein, vielen Dank.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich werde wohl einen Servicer vom Technikbereich fragen.“ Der letzte Satz war gelogen, denn er würde keinen weiteren Versuch starten, ohne vorher noch einmal mit Webster zu sprechen.
    „Wenn Du irgendwann herausfinden solltest, dass es doch einen Zugang gibt, dann wäre ich gern dabei, wenn du reingehst.“ Biks setzte ein flegelhaftes Grinsen auf. „Der Gedanke, dass sich dort drin etwas befindet, von dem ich nichts weiß, ist sehr reizvoll und ich möchte wissen, was es ist. Sollte es gewisse ... hm, unorthodoxe Methoden erfordern, sich Zutritt zu verschaffen, dann zähl auf mich.“ Er zog vielsagend eine Augenbraue hoch und trat dann zurück.
    Etienne lachte. „Ich werde dran denken“, meinte er und stieg auf die Liftplattform. Kurz bevor er das nächste Stockwerk erreichte, sah er, wie der Servicer sich noch einmal umdrehte und die Hand zum Gruß hob. Dann verschwand er aus seinem Blickfeld.
    Bei unorthodoxen Methoden kannst du auf mich zählen. Das waren Biks‘ Worte gewesen. Etienne grübelte, ob sie es riskieren konnten, den Servicer einzuweihen. Einerseits war es gut, einen Insider vom Logistik-Bereich im Boot zu haben, andererseits bedeutete ein weiterer Mitwisser auch ein größeres Risiko. So gut kannten sie einander nicht. Ja, man trank ab und zu in der Bar einen zusammen, aber machte ihn das vertrauenswürdig? Biks war einer dieser Typen, die gerne mal strenge Regeln ignorierten, um etwas Spaß zu haben, und die trotzdem das Herz auf dem rechten Fleck hatten. Ein Kumpeltyp.
    Doch reichte das aus? Machte es den Mann automatisch zum geeigneten Kandidaten für einen Verbündeten?
    Etienne beschloss mit Ares zu sprechen und sich alles, was er über Biks finden konnte, vorher genau anzusehen.


    Hier geht's weiter: Kapitel 24/2

    Dass der Jarl in diesem Kapitel so fertig ausschaut könnte ein kleiner Kontinuitätsfehler sein. Denn im Frodkapitel zuvor, war davon nichts zu merken. Beides spielt aber am gleichen tag. das eine Morgens, das andere Abends. Jetzt ist die Frage. Entweder, ich baue es schon bei Frod ein :hmm:
    ODER
    Ich lasse Elinas Kapitel am Tag vor dem Enviki spielen. Also, dass da noch 2 Tage vergehen.
    Was fändet ihr besser? :hmm:

    Das muss kein Kontinuitätsfehler sein. Ich als Leser weiß nicht, was zwischen den Frodkapitel und diesem Besuch bei der Lyttra mit/bei Balesaon geschehen ist. Das macht es für mich spannend, eben weil seine beiden Auftritte nicht zusammenpassen. Im Augenblick scheint er durch den Wind zu sein. Und ich frage mich unwillkürlich: Hat er was erlebt in der Zwischenzeit? Ist ihm etwas/jemand begegnet? Hatte er einen Traum? Irgendetwas, was ihn veranlasst hat, die Lyttra zu verhaften. Denn das, was er ihr vorwirft, kommt mir doch sehr fadenscheinig vor, zumal Serija erklären kann, wie das Hören der Götter nicht immer gleich abläuft.

    Entschlossen greife ich mit der Linken nach der zweiten Sprosse meiner Galgenleiter. Ich muss mich ein wenig aufrichten dafür und meine Bauchmuskeln beklagen sich.
    „Selber schuld“, zische ich, während sich meine Finger um das geschliffene Holz schließen.
    Na wunderbar. Jetzt hänge ich zwischen Himmel und Erde. Zumindest mit dem Oberköper. Ich merke, wie meine Finger beginnen abzurutschen. Verflixte Schwäche! Ich will aber nicht loslassen. Verbissen packe ich fester zu und ziehe mich höher. Ich kann aus dem Fenster sehen! Grauer Himmel, war ja klar.
    Mein Arm fängt an zu zittern. Mir fehlt einfach die Kraft. Langsam lasse ich mich zurück sinken und löse den Griff. Mein Rücken fällt ins Kissen und ich könnte vor Wut auf irgendetwas einschlagen. Vielleicht, wenn ich etwas weiter oben liegen würde?
    Ich verschnaufe ein paar Sekunden. Dann schnappe ich mir die Holzsprosse erneut und winkle gleichzeitig das linke Bein an. Das Abstemmen von der Matratze gelingt nicht so wie erhofft, aber ein paar Zentimeter habe ich gewonnen. Ich merke es daran, dass ich Baumwipfel vor dem Fenster erkennen kann, bevor ich wieder zurückfalle.
    Noch immer kommt niemand zum Waschen. Um acht ist Frühstück und ich möchte gern im Speisesaal sein. Schon um zu wissen, ob Herr Fischer heute wieder da ist.
    Die Tür öffnet sich, ohne Klopfen. Also hat es jemand eilig. Und richtig: Schwester Isabell steckt den Kopf herein.
    „Dauert noch ein bisschen, Frau Benedikt, wir sind unterbesetzt heute“, verkündet sie knapp und ist sofort wieder verschwunden.
    In Ordnung. Das erklärt alles. Ich warte also geduldig. Irgendwann kommt schon jemand.
    Zehn Minuten später ist Isabell zurück. Sie richtet mich auf, zieht die Schuhe an und hebt mich geschickt auf den Toilettenstuhl, der neben meinem Bett steht. Gleich darauf stehe der – mit mir darin – im Bad vor dem Waschbecken.
    Isabell möchte Wasser einlassen, doch ich schiebe ihre Hand weg. „Nur Kleidung“, murmele ich und greife selbst nach dem Wasserhahn.
    Ihr Erstaunen währt nur einen Augenblick, dann verschwindet sie kurz und kehrt mit meinen Sachen über dem Arm zurück, die sie auf den Toilettendeckel legt.
    „Für unten rum komme ich dann wieder, in Ordnung?“
    Ich nicke lächelnd und scheuche sie mit einer wedelnden Handbewegung hinaus.
    Dann sitze ich vor dem gefüllten Waschbecken und starre mein Spiegelbild darüber an. Die Brille liegt auf dem Nachttisch, alles ist ein bisschen verschwommen.
    Auf geht’s, Hannche, fordere ich mich selber auf, jetzt zeig mal, aus welchem Holz du geschnitzt bist!
    Und es geht. Es geht tatsächlich. Ich kann mich oben herum allein waschen! Den Rücken lasse ich für Isabell. Oder nein, der kann heut mal ungewaschen bleiben.
    Als ich fertig bin, strahlt mich eine saubere, gekämmte Hannche mit eingesetzter Zahnprothese an. Sogar angezogen habe ich mich selbst. Es sitzt alles ein bisschen schief und der BH ist noch offen, aber – voila!
    Ungeduldig warte ich auf Isabell. Ich will ihr staunendes Gesicht sehen. Ich will die Erleichterung über die eingesparte Zeit darauf entdecken können.
    Als sie kommt, hämmert mein Herz vor Aufregung. Und ich genieße den Moment, höre ihr Lob und winke großzügig ab, als sie Beine und Füße waschen will. Jogginghose, Socken, Schuhe, das reicht heute. Bin ja nicht dreckig.

    Jetzt kommt ein kritischer Augenblick, denn bisher musste immer eine zweite Schwester helfen, damit ich aufstehen und mir der Po gewaschen werden konnte. Doch mein Experiment mit der Sprossenleiter hat mich mutig gemacht. Ich deute mit der Linken erst auf mich und dann auf die Haltstange neben der Toilette.
    Isabell begreift, was ich vorhabe, und zieht die Augenbrauen hoch. „Sie wollen allein aufstehen und sich festhalten?“
    Ich kann ihre Skepsis nachvollziehen, aber sie war an meinem sportlichen Morgen nicht dabei. Energisch nicke ich.
    Mit sorgenvollem Blick bugsiert sie den Toilettenstuhl zur Haltstange. Ich beuge mich vor, meine Linke packt zu. ‚Höher‘, befehle ich mir selbst, ‚du musst dich doch hochziehen!‘
    So weit oben wie möglich umklammere ich das dunkelgrün lackierte Metall, Isabell schiebt ihre Hände unter meine Achseln.
    „Uuund hoch!“, kommandiert sie.
    Ich ziehe und drücke gleichzeitig das linke Bein durch. Isabell hält mich und ich kann mit der Hand noch ein Stück höher rutschen.
    „Geht’s?“, fragt sie zögernd.
    Ich nicke. Los, Mädel, mach hin, ewig lange kann ich mich nicht halten.
    In Nullkommanichts bin ich unten herum gewaschen, die Einlage ist eingelegt, die Jogginghose hochgezogen. „Könnten Sie sich kurz auf die Toilette setzen?“, fragt Isabell. „Dann hole ich schnell den Rollstuhl und Sie kommen noch rechtzeitig in den Speiseraum.“
    Na wenn das keine lohnenden Aussichten sind! Ich nicke und sie hilft mir. Auf dem Thron hockend sehe ich zu, wie sie den Toilettenstuhl nach draußen bringt und mit meinem Mercedes zurückkehrt. Das Badezimmer ist eng, aber Frauen können einparken, auch wenn Männer oft das Gegenteil behaupten. Noch einmal muss ich aufstehen und mich ein bisschen drehen. Wie ein nasser Sack plumpse ich in den Rollstuhl, erschöpft und mit zitterndem Arm und Bein, aber glücklich. Ich habe es geschafft. Heute Morgen bin ich über mich hinausgewachsen.
    Jawohl, du jammernde und schwarzseherische Hannah, das lass dir mal gesagt sein: Hannche ist wieder da! Die alte Hannche. Die alles erreichen kann, wenn sie nur will.

    Durch eure Diskussion aufmerksam geworden, habe ich mir nun auch die betreffenden Textstellen mal durchgelesen. Und ich habe ein, zwei Dinge dazu zu sagen: