Es gibt 220 Antworten in diesem Thema, welches 68.750 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (7. Januar 2019 um 11:40) ist von 97dragonfly.

  • Diese Aussage steht vor jedem deiner Posts (gefühlt), und ich kann es nicht mehr lesen. Bald setze ich nur noch einen Daumen darunter, denn ich möchte manchmal nicht loben, wenn du dich vorher schlechtgeredet hast.

    Interessant, dass du das ansprichst, weil das wirklich nur deinem Gefühl entspringt. Die letzten Wochen hab ich nichts dergleichen erwähnt. Ich muss sogar betonen, dass der starke Output nur dem zu verdanken ist, dass ich sogar recht zufrieden war damit. Deswegen fällt (mir) das besonders auf, wenn es mal nicht so ist. ^^
    Aber wenn es den negativen Eindruck macht, dann halt ich die Finger still in naher Zukunft. Und nein, ich seh's nicht böse oder ähnliches. Ich wollt nur Bescheid geben, zumal sich das bei mir sogar ansatzweise gebessert hat.

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    Übrigens: Jemand, der ein Lied von singen kann, wie es ist, wenn ich mich richtig schlechtrede, ist übrigens @Yuki. Sie ist auf dem Ohr wahrscheinlich schon taub. D:

    Einmal editiert, zuletzt von Kitsune (27. August 2016 um 00:20)

  • Hey, ich habe die lezten Tage jeden Teil dieser Geschichte aufgesogen wie ein ausgetrockneter Schwamm xD
    Ich finde deinen Schreibstil sehr ansprechend, und die Geschichte ist von Anfang an packend und lässt mich spekulieren, wie am Ende alle Handlungsstränge zusammen finden.
    Ich freue mich bereits auf den nächsten Teil =)

    “Right, well, we've got to work out what we need. We've got to work out what we need, how we get it, and what we need to get to get what we need.”
    Derek Landy, Skullduggery Pleasant

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    Es lebt! So halb ...

    Es war das ausgebrochene Chaos rund um den Palast und auf den Straßen, das ihnen letztlich einen Vorsprung verschaffte. Die Menge stellte sich den Wachen in den Weg, schrie und pöbelte, machte den aufgebrachten Gemütern nach Tagen der Ungewissheit Luft, nun, da ihnen nicht das gegeben wurde, wonach sie verlangten.
    Mit einem schiefen Lächeln schlich Ranya aus den Stallungen, Harun und Fahid dicht hinter ihr. Sie hielten sich im Schatten der Palastmauer, stahlen sich zu den niedrigen Häusern auf der gegenüberliegenden Seite. Galibs Gebrüll hallte weit über den Platz, doch mit der Zeit ging seine kratzende Stimme im Geschrei der anderen unter.
    Wie Tagediebe hasteten sie halb geduckt weiter, stets auf der Hut vor den donnernden Schritten jener Männer, die ihnen trotz aller Vorsicht und Verwirrung dicht auf den Fersen schienen. Die von Ruß und Rauch geschwärzten Villen boten nur mäßigen Schutz. Noch immer trieben sich jene in ihrer Nähe herum, die ihre Finger nicht bei sich behalten konnten und die Toten nicht ruhen ließen. Ranya versuchte einen großen Bogen um sie zu machen.
    Doch auch sonst war dieses Viertel voller Tücken; die breiten, gepflasterten Wege zwischen den Häusern erlaubten nur wenige Unachtsamkeiten. Es war schwierig, sich unbemerkt von einer Seite zur anderen zu stehlen. Kaum eine Gasse schlängelte sich hinter den steinernen Gärten, Höfen und mannshohen Mauern entlang, allerdings waren es eben diese, die sie zu ihrem Vorteil nutzten. Sobald sie zu den unteren Abschnitten Alsahars gelangten, wo die Behausungen dicht an dicht standen, wäre es leichter, jenen auszuweichen, die sie nicht entdecken sollten. Ranya würde sich dort wesentlich wohler fühlen. Sie kannte die Stadt und ihre geheimen, verschlungenen Wege wie ihr eigenes Zuhause. Fahid war ihr in dieser Beziehung ebenbürtig; als Kind schien er ganze Land- und Stadtkarten in sich aufgesogen zu haben. Ohne groß nachzudenken, konnte er jede Strecke genau beschreiben und plante ganze Fluchtwege in seinem Kopf, bevor andere daran dachten, ein Schriftstück zurate zu ziehen.
    Der junge Gardist riss sie aus ihren Gedanken, als er sie fest an der Schulter packte und zurück hinter eine Häuserecke zog. Schweigend deutete er die Straße hinab, auf der ihnen eine Gruppe bewaffneter Wachen entgegenkam. Gemeinsam mit den beiden Männern drückte sie sich mit dem Rücken an die kühle Wand und wartete, bis die Gefahr vorüber war.
    Haruns Atem rasselte an ihrem Ohr. Er stand nah bei ihr, musterte den Weg vor ihnen mit gerunzelter Stirn. Schweißperlen rannen seine Schläfen hinab, während er seinen linken Arm an die Brust presste. Die dunkle Robe, in die Fahid ihm noch im Stall geholfen hatte, saß schlecht und war zu weit, aber sie war besser als das ärmellose Gewand eines Todgeweihten, das er noch immer darunter trug.
    Ranya biss sich auf die Zunge; Fahid winkte sie bereits weiter. Die Sorge um Harun musste warten. Im Moment war es wichtig, in Sicherheit zu gelangen.
    Die Unruhe vor dem Palast war noch nicht in die unteren Viertel vorgedrungen, dennoch nutzten sie jeden bekannten Schleichweg, bis sie schließlich dicht an den westlichen Teil der Stadtmauer herankamen. Vor einer Reihe eng aneinandergereihter Häuser blieben sie stehen. Die Gitter vor den spärlichen Fenstern der Vorderfront gewährten kaum einen Blick ins dunkle Innere.
    Sie gingen zu einer versteckten Seitentür in einer Gasse, die kaum breit genug für einen Mann war. Ranya klopfte gegen das solide Holz und wenig später öffnete sich die Tür einen Spaltbreit und dunkle Augen in einem schmächtigen Gesicht lugten hinaus, begutachteten die Neuankömmlinge kritisch. Als die Person hinter dem Eingang zufrieden schien, wurden sie eingelassen.
    Der Junge, der nun im düsteren Vorzimmer neben ihnen stand, war kaum halb so groß wie Ranya und sein Gesicht wirkte in den Schatten gespenstisch unbewegt. Er verzog keine Miene, während er vorausging und ihnen deutete, ihm hinter einen fleckigen Stoffvorhang zu folgen. Wie von Geisterhand zauberte er aus einer nahen Nische eine Öllampe hervor und verschwand hinab.
    »Passt auf Eure Schritte auf, Hauptmann«, raunte Fahid am Ende ihrer kleinen Gruppe. Leider wohl zu spät. Harun stieß unterdrückte Flüche aus und schimpfte über unmögliche Treppen. Er hatte nicht unrecht. Die Stufen waren uneben und mal höher, mal niedriger. Hier und da waren sie kaum halb so lang wie ein Fuß. Selbst Ranya musste sich an der Wand abstützen und vorsichtig einen Schritt nach dem anderen machen.
    Das Licht des Jungen hüpfte vor ihnen auf und ab, bis es vor einer neuerlichen Tür zum Stillstand kam. Stumm öffnete das Kind den Durchgang. Feuchtigkeit schlug ihnen entgegen, ebenso wie der muffige Geruch abgestandener, schaler Luft. Der Raum, der sich ihnen eröffnete, war nicht unbewohnt. Mehrere aufgehäufte Ziegenfelle dienten am Rand als Nachtlager; in der Mitte standen niedrige Hocker um einen ähnlich tiefen Tisch, auf dem sich Becher und Teller türmten. Überall lagen Kleider verstreut; die einzige Kleidertruhe am anderen Ende schien maßlos überfüllt, quoll vor einfarbigen Stoffen über.
    Ein bärtiges Gesicht wandte sich ihnen zu. Ein einzelner Mann musterte sie aus hellgrauen Augen im schummrigen Licht vereinzelt brennender Lampen.
    »Da seid ihr ja endlich«, brummte er, dabei bewegte sich die Haut um die lange, unebene Narbe, die sich von seiner Stirn bis hinab zu seinem Hals und seinem Brustbein zog. Sein rechter Arm ruhte reglos an seiner Seite. Steifbeinig setzte er sich auf einen der Hocker und winkte den Jungen zu sich, der fortan nicht mehr lange von ihm wich.
    »Seid Ihr das, Meister Resul?«, fragte Harun ungläubig und schob sich an Ranya vorbei.
    Der alte Mann hob eine buschige Braue und kniff die Augen leicht zusammen. »Ihr seid alt geworden, Hauptmann.«
    Harun lachte rau auf und trat noch einen Schritt an den Alten heran. »Im Palast glaubte man Euch tot.«
    Schnaubend wedelte Resul mit seiner linken Hand. »Setzt euch, ich kann es nicht sehen, wenn alle um mich herumstehen.«
    Fahid ließ Ranya den Vortritt. Die junge Frau warf ihm einen finsteren Blick zu, holte sich einen eigenen Hocker heran und sank darauf. Schulterzuckend setzte sich der junge Gardist auf die andere Seite. Resuls Junge schaffte einige der Felle heran und half Harun darauf nieder. Der einstige Hauptmann ließ die Prozedur brummend über sich ergehen. Er schien zu erschöpft, um sich wirklich zu beschweren.
    »Was macht Ihr hier? Was machen wir hier?«, verlangte er schließlich zu erfahren.
    Resuls Mundwinkel zuckten und sein ergrauter Bart schimmerte im Licht. »Ihr habt ihm nichts erzählt, Ranya?« Er lachte polternd. »Ihr seid Eurem Vater wirklich ähnlich, geheimniskrämerisch bis in die Haarspitzen.«
    Die Angesprochene strecke den Rücken durch, streifte die staubige und viel zu schwere Robe eines Henkers langsam von den Schultern. »Ich danke Euch für Eure Kleidung, Meister Resul.«
    »Das war ein Kompliment, Mädchen.« Sein Lächeln wirkte traurig, doch dann schüttelte er den Kopf und wandte sich zurück an Harun. »Der König war nicht der Einzige, der Vorsichtsmaßnahmen traf, sollte das Schlimmste eintreffen.«

    Einmal editiert, zuletzt von Kitsune (11. Oktober 2016 um 17:35)

    • Offizieller Beitrag
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    Sobald sie zu den unteren Abschnitten Alsahars gelangten, wo die Behausungen dicht an dich standen, wäre es leichter, jenen auszuweichen, die sie nicht entdecken sollten.

    dicht

    Ohne groß nachzudenken (Komma) konnte er jede Strecke genau beschreiben und plante ganze Fluchtwege in seinem Kopf, bevor andere daran dachten, ein Schriftstück zurate zu ziehen.

    Die Sorge um Harun musste warten. Im Moment war es wichtig, ich Sicherheit zu gelangen.

    in

    Es geht also weiter. ^^
    Ich muss zugeben, dass ich erst wieder ins Geschehen finden musste, aber nach den ersten Sätzen war das schnell geregelt und ich wusste wieder bescheid.
    Die Flucht wäre also vorerst geglückt. Jetzt bleibt zu hoffen, dass sie niemand beobachtet hat und sie in diesem Keller erst einmal sicher sind. Und es gibt einen neuen Charakter (denke ich mal, zumindest kann ich mich an keinen Rasul erinnern xD). Und der Alte hat also auch Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Immerhin scheinen in der Stadt doch nette und für den Ernstfall vorbereitete Menschen zu geben. ^^
    Ich bin ja gespannt, was jetzt folgt, und was Rasul zu erzählen hat.
    Jedenfalls ein sehr schöner Teil, der, wie ich finde, auch wieder super geschrieben war. Auf solche Sachen kann man auch mal etwas länger warten. :)

    LG, Kyelia

    • Offizieller Beitrag

    So, ich hab wieder aufgeholt. ^^
    Ich muss gestehen, wegen der langen Pausen, geriet der Text für mich etwas ins Stocken. Ich musste immer wieder einen Teil davor lesen, um dann wieder zu wissen, wo wir aufgehört hatten. Ging also ähnlich wie Kyelia, aber man hat es schnell wieder.

    Dein Schreibstil ist und bleibt einer der saubersten, die ich hier gelesen habe. Du benutzt immer passende Metaphern und schaffst es die Protas super mit Text zu beschreiben. Dafür meinen Respekt :hail:

    Ich hab nun mehrere Seiten gelesen, werd deshalb nur das Aufzählen, was mir so aufgefallen ist. :D
    Wie gesagt, eine tolle Bildsprache, aber manchmal versuche ich so viele Bilder aufzubauen im Kopfkino, dass die Aussage des Textes an mir vorbeisaust. Geht vielleicht nur mir so, daher nicht tragisch, aber ich hab manchmal Probleme die Dinge miteinander zu verknüpfen. Die Geheimnisse türmen sich vor mir auf, aber ich hab noch nichts gefunden, wo ich mich dran festhalten kann, um Vermutungen anzustellen.
    Diese Schatten/Rauchgestalt bei Salib, die Sternenkinder, der Geist bei Kasim, die wandernden Frauen mit Safir, die Phiole. Man bleibt gespannt, wie das alles zusammenläuft, aber ich wünschte mir an der Stelle irgendwie mehr Brotkrumen auf dem Weg. Durch die häufigen Szenenwechsel gleitet mir da einiges durch die Finger.

    Die Punkte haben mich im Verlauf etwas schmunzeln oder verdutzt dreinblicken lassen.

    Der Junge, der bei den Ställen und Kadirs Flucht den Prinzen erkennt. Zuerst wird geschildert, dass manche den Prinzen beinahe für tot halten, so versteckt wie er gehalten wird. War nie vor den Mauern (außer heimlich) meist nur in seinen Gemächern, selbst in der Stadt schien ihn niemand zu erkennen und zwischen all dem Chaos, was in der Stadt herrscht, erkennt ihn ein kleiner Junge sofort? Woran? Wie? Arbeitet der Junge auch im Schloss, sodass er Kadir tatsächlich kennt? Hielt ich in dem Moment nicht für unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich. Vielleicht da iwie nochmal einen Satz oder so dazu, der erklärt, wie es dazu kommt.

    Haruns Entkommen.
    Ranja hat sich also unter die Henker gemischt. :hmm: Da stockte etwas mein Kopfkino. Er bekommt die Schlinge umgelegt, aber so, dass sie recht locker sitzt und nur so zugezogen wird, dass sein Kopf rausschlupft?! Oo Also, ich weiß ja nicht WIE locker die saß, aber wenn er einfach durchrutscht, wäre das sofort aufgefallen, dass sie quasi wie eine lockere Halskette da rumbaumelt und wenn nicht, dann hätte er trotzdem drin hängenbleiben müssen, zumindest so, dass es ihm fast die Ohren abreißt, denn der Schemel unter ihm wurde ja weggetreten. Da ist die Situation etwas arg unklar und zu leicht gehandhabt. :/


    Das Chaos, das Feuer ect.
    Galib und Co. waren super beschrieben, gerade das in Ranjas Haus war wirklich fies. Aber so, wie das Chaos zu Anfang geschildert wird, dass überall das Wasser brennt und quasi entzündlich ist, fehlte mir das in den Texten von Kadir und Kasim. Da werden einige Personen niedergemetzelt, die Stadt fackelt und ich sah da Kadir, in Begleitung von einer Alleinunterhalterorgel/Fahrstuhlmusik, in seinem Zimmer sitzen und förmlich nur leises Geäusel hören. "Draußen Geschrei, Menschen verbrennen, es werden Leute abgeschlachtet, Kämpfe - Kadir sitzt wie in einem Wartezimmer beim Arzt" Ich weiß ja nicht, wie groß der Palast ist, aber er müsste viel mehr mitbekommen - m.M.n. Das war mir etwas zu ladida erzählt. Er merkt zwar, dass etwas nicht stimmt, macht sich Gedanken und hegt Ängste, aber normalerweise lassen sich Menschen schnell von Panik anstecken und ich hätte mir da etwas mehr Protest von seiner Seite gewünscht. Er ist immerhin der Prinz und die Wachen im Grunde seine Untergebenen. Ich hätte gebrüllt und geschrien mich über die Geschehnisse aufzuklären, er ist da etwas zu gelassen. Das passiert da ja nicht jeden Tag.

    So, das war es ansonsten erstmal ^^
    Ich hoffe, die drei Kritikpunkte nimmst du mit nicht üben, aber ich wollte es nicht ungesagt lassen :whistling:

    Dann schreib mal schön weiter ... ^^

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    Dieses Mal etwas schneller und etwas mehr Lesestoff. Ich könnte jetzt noch etwas dazu sagen, aber dann bekomme ich Ärger - von mehreren Seiten. D:
    Ich überlege noch, ob ich Zusammenfassungen schreibe, was zuletzt passiert ist, wenn ich wieder so lang brauchen sollte ...

    Man bleibt gespannt, wie das alles zusammenläuft, aber ich wünschte mir an der Stelle irgendwie mehr Brotkrumen auf dem Weg. Durch die häufigen Szenenwechsel gleitet mir da einiges durch die Finger.

    Gut, dass du das ansprichst, das ist nämlich seit jeher ein Problem von mir, dass meine Brotkrumen, die ich verstreue, so winzig sind, dass sie untergehen. xD' Nebenbei habe ich mir alle Punkte, die du angesprochen hast, notiert, das meiste war mir selbst ein Dorn im Auge, von daher alles gut. ^^
    Ich schau, dass die Brotkrumen größer/deutlicher werden. Mal sehen, ob der Anfang mit dem neuen Abschnitt geschafft wird.
    Zu den Szenenewechseln: Ja, die sind etwas zu häufig, das habe ich mir auch schon notiert. Ich schraube die Wechsel bereits runter.

    Der Junge, der bei den Ställen und Kadirs Flucht den Prinzen erkennt.

    Da muss ich wohl wirklich noch etwas deutlicher machen, dass der Junge nicht nur im Palast arbeitet. Besser gesagt: Jeder, der im Palast arbeitet und ein und aus geht, kennt Kadir. Sie tragen Gespräche über ihn nur nicht nach außen - das sollte ich vielleicht irgendwo noch reinquetschen.

    Haruns Entkommen.

    Das mit der Schlinge ist ein Punkt, wo ich selbst nicht zufrieden war. Ich schau da noch mal drüber und sollte vielleicht noch einige Dinge anfügen. Einwand definitiv berechtigt.

    Da werden einige Personen niedergemetzelt, die Stadt fackelt und ich sah da Kadir, in Begleitung von einer Alleinunterhalterorgel/Fahrstuhlmusik, in seinem Zimmer sitzen und förmlich nur leises Geäusel hören.

    Danke für das Bild. xD Seitdem läuft bei mir in der Szene die Melodie von Jeopardy im Hirn.
    Hast recht, Kadir ist hier auch etwas passiv, wobei das durchaus gewollt war, ich gehe da aber bei der richtigen Bearbeitung intensiver drüber. War auch so ein Punkt, wo ich noch nicht ganz glücklich mit war.


    »Ich verstehe nicht ganz; was hat das zu bedeuten?« Harun sah von dem Alten zu Ranya, die Stirn in leichte Falten gelegt. Sie hielt seinem Blick stand, sagte jedoch nichts, wusste, dass sie keine zufriedenstellende Antwort parat hatte. Im Grunde war alles eine Vorkehrung ihres Vaters. In ihrem Kopf schwirrten seine Worte, die er ihr von klein auf eingeprägt hatte: »Geschieht das Schlimmste, dann suche Meister Resul auf. Er weiß, was zu tun ist.« Nie hatte sie sich ausgemalt, was das »Schlimmste« sein könnte. Nun war sie auf sich allein gestellt, ohne Familie. Und ihr wichtigster Halt, ihr engster Freund, war verschwunden.
    Sie drängte den Gedanken beiseite, musterte stattdessen den alten Mann genauer. Viel wusste sie nicht über ihn, nur, dass er einst Lehrmeister in der Palastgarde gewesen war. Doch das schien lange Zeit vergangen. Vor einigen Jahren hatte Kadir ihr unter einem Haufen Decken verborgen zugeflüstert, dass Meister Resul eigentlich ein Kundschafter seines Vaters wäre. Insgeheim sollte er seine Nase wohl auch in Angelegenheiten gesteckt haben, die ihn nichts angingen.
    Ranya runzelte die Stirn. Einen Spion hatte sie sich immer unauffälliger vorgestellt. Zudem schien er seine rechte Körperseite nicht vollständig bewegen zu können. Auch seine rechte Gesichtshälfte wirkte bei näherer Betrachtung sonderbar reglos, obwohl sich dies kaum auf seine Stimme niederschlug.
    »Der Rat Alsahars hielt mehr als nur die Aufgabe inne, dem Königshaus mit allen Mitteln der Vernunft beiseite zu stehen«, durchbrach der Alte die Stille, die sich über sie gelegt hatte.
    »Also hat der Rat Vorkehrungen getroffen?«, hakte Harun nach.
    »Wie ich sagte, Hauptmann.«
    Verächtlich schnaubend rieb sich Harun über den angewinkelten Arm. »Spart Euch das. Dieser Rang gehört inzwischen einem anderen.«
    »Diesem Jungspund mit nassem Sand hinter den Löffeln?« Resul lachte auf. »Ein Kamel könnte ein besserer Befehlshaber sein. Ich erinnere mich noch an den kleinen Naseweis, der sich immer zu den Übungen der Garde schlich und schon damals die Klappe zu weit aufriss.«
    »In seinem Elternhaus scheint man ihm nur Unsinn in den Kopf geblasen zu haben.« Haruns Blick schweifte zu Fahid. »Nicht, dass ich bei Euch derselben Ansicht bin.«
    Der Gardist zuckte mit den Schultern und zerrte an seiner Henkersrobe. »Schon gut. Mein Bruder ist bekannt dafür, nicht der klügste zu sein und eher die Fäuste für sich sprechen zu lassen. Nachgedacht wird erst hinterher.« Sein Grinsen wirkte verlegen. »Wenn überhaupt. Ich halte ihn für genauso unfähig.« Stöhnend zog er sich die Robe über den Kopf und warf sie hinter sich. »Dass die Dinger so stinken müssen!«
    Ranya musterte den bloßen Oberkörper des jungen Mannes einen Moment zu lang. Jeder Muskel spannte in seiner Brust, während er die Arme in die Luft streckte. Ertappt senkte sie den Blick, als er aufstand, um zur Truhe zu schlendern.
    »Henker sind nicht gerade für eine gute Badestube bekannt«, bemerkte Resul. »Die Kleider sind noch nicht lang in meiner Obhut.«
    »Von einer Wäscherei scheinen sie auch nie etwas gehört zu haben«, seufzte Ranya und kratzte sich verstohlen die Brust. Am liebsten hätte sie es Fahid gleichgetan, die Robe ganz von sich geworfen, doch die Anwesenheit der Männer hielt sie davon ab. Nicht, weil es sich nicht schickte oder sie sich schämen würde. Ungewollt huschten ihre Augen zu Harun; ihr verräterisches Herz tat sein Übriges. Er sah nicht einmal in ihre Richtung. Innerlich fluchend konzentrierte sie sich auf ihre Füße, wackelte in den festen Stiefeln mit den Zehen.
    »Was sind das für Vorkehrungen des Rats?«, griff der einstige Hauptmann das eigentliche Thema wieder auf. »Und in welchem Falle?«
    »Im Falle, dass der Thron unbesetzt ist«, lautete die schlichte Antwort.
    Harun hob eine Braue. »Damit der Rat ihn unter sich aufteilen kann?«
    Nachdenklich beäugte Ranya ihn von der Seite, doch in seinem Gesicht lag keine Verärgerung, vielmehr glaubte sie, aufrichtige Neugier in seinen Zügen zu entdecken.
    Ein halbseitiges Lächeln stahl sich auf Resuls Lippen. »Der Rat unterstützt den Thron und jenen, der darauf sitzt. Es war nie ein Anliegen, etwas daran zu ändern.« Er seufzte. »Das Schicksal bestimmt den Wüstenherrn. Und der Rat respektierte das.«
    Fahid kehrte in einer grell bunten Pluderhose und einem halblangen Kaftan zurück. Das verschnörkelte Muster des Stoffes schmerzte in Ranyas Augen. Er wirkte wie ein fahrender Händler, der im Dunkeln blind in seine Reisetruhe gegriffen hatte. Unangenehm wehte ihr der Geruch von Pferd vermischt mit Tabakrauch entgegen, als der Gardist sich seufzend wieder auf den Hocker neben ihr fallenließ.
    »Schon besser«, seufzte er; seine kinnlangen Locken hüpften vor seinen Augen auf und ab. Was an der Kleidung besser war, erschloss sich ihr nicht. Mit gerümpfter Nase wandte sie sich wieder Resul zu, der allerdings nicht besser roch. Hinzu kam ihr aller Schweiß. Inzwischen sehnte sie sich nach einem Bad und allen rosigen Düften der Welt.
    »Das Schicksal scheint Nadim nicht für den rechten König gehalten zu haben«, murmelte Harun und zupfte am Ärmel seiner Robe.
    »Dann wäre er nie auf den Thron gekommen. Jedoch - Schicksalsstränge sind nicht so fest wie man glaubt.« Resul erhob sich ächzend und stapfte zu einer unscheinbaren Nische. Mit einer Holzkiste kam er zurück.
    »Nur eine Gottheit kann etwas am Schicksal ändern«, seufzte der Hauptmann.
    Der Alte schwieg, musterte ihn eingehend. Schließlich deutete er auf Haruns Arm. Widerwillig gab sein Gegenüber nach und versuchte, sich aus der Robe zu schälen, nur um zähneknirschend einzusehen, dass er sich erneut von Fahid helfen lassen musste. Er grunzte, als der Jüngere eine rostige Schere entgegennahm und den Ärmel kurzerhand bis zur Schulter zerschnitt.
    »Aadil, geh hinauf und hol das Leinen von meinem Arbeitstisch«, bat Resul unberührt. Ranya zuckte zusammen, hatte sie den Jungen, der nun an ihr vorbeieilte, doch vollkommen aus dem Sinn verloren. Er war dabei so leise, dass sie sich fragte, ob seine Füße den Boden überhaupt berührten. »Und schicke auch Zaara herunter, sie kann mir hier helfen«, rief der Alte ihm noch hinterher, kramte unterdes mit der Linken in der Kiste. In mit dunklem Samt ausgekleideten Kammern steckten unterschiedlich breite und große Phiolen. Er nahm ein unbeschriftetes Fläschchen heraus, entkorkte es einhändig und roch daran.
    »Was ist das?«, fragte Harun kleinlaut und rutschte auf den Fellen hin und her.
    »Beinwell«, war die knappe Erklärung.
    »Ich wusste nicht, dass Ihr Euch auf Heilkunde versteht.«
    »Auf langen Reisen ist es nützlich.«
    Stillschweigend betrat ein junges Mädchen den Raum, das Gesicht hinter einem pechschwarzen Wall aus Haar verborgen. Resul reichte ihm die Phiole und es machte sich daran, den Arm mit der trüben Flüssigkeit einzureiben. Der Hauptmann verzog kaum eine Miene, doch Ranya erkannte das Mahlen seiner Kiefer. Im Anschluss drückte das Mädchen sanft einige frisch gezupfte Blätter auf die Schwellung des Unterarms, nahm die Leinen zur Hand, die es mitgebracht hatte, und umwickelte alles sorgsam und fest mithilfe des Alten.
    »Der Schmerz sollte bald nachlassen«, bemerkte Resul schließlich.
    Harun nuschelte Unverständliches, zuckte zusammen, als das Mädchen aus einem größeren Stoffstück eine Schlinge drehte und sie ihm um den Hals knotete. Leise dankte er ihm, aber es senkte nur eilig den Kopf und machte einen unbeholfenen Knicks, bevor es verschwand.
    »Seht es ihr nach, sie ist mehr als schüchtern, das arme Ding.« Resul schüttelte schwach den Kopf; sein Blick Richtung Tür wirkte betrübt. Ranya fragte sich, in welcher Beziehung er zu den beiden Kindern stand, getraute sich jedoch nicht, nachzuhaken.
    »Ist es für Euch unvorstellbar, Harun, dass eine Gottheit Ismets Pfade verwischt?«, setzte der Alte unvermittelt das Gespräch fort und ließ sich umständlich wieder auf seinen Sitzplatz nieder. Er winkte ab, als Fahid aufsprang, um ihm zu helfen.
    »Ihr wisst genauso gut wie ich, dass die Götter uns verlassen haben«, brummte der einstige Hauptmann.
    »Ist dem so? Kennt Ihr nicht die Geschichten über Kinder der Sterne und wie die Seher zu ihren Kräften kamen? Ihr seid ein Kind der Wüste.«
    Ranya horchte auf. »Kind der Sterne« hatte ihr Vater Kadir früher oft genannt.
    »Natürlich habe ich in der Wüste von diesen Geschichten gehört.« Harun fuhr sich durch sein zerzaustes Haar und blieb in einigen Knoten hängen. »Ich weiß nur nicht, inwiefern das von Bedeutung ist.« Plötzlich fuhr er von den Fellen hoch. »Verflucht noch eins, wir verplempern hier unsere Zeit! Ich sollte längst auf der Suche nach dem Prinzen sein.«
    »Galib hat genug Männer ausgeschickt«, bemerkte der alte Meister etwas zu ruhig für Ranyas Geschmack.
    Harun verengte die Augen. »Heißt das, ich soll zulassen, dass er in seine Fänge gerät? In die eines Wahnsinnigen und Königsmörders? Ist es das, was der Rat für eine Vorkehrung traf?«
    »Ihr zieht voreilige Schlüsse. Setzt Euch wieder.« Resul wurde weder laut noch schenkte er dem jüngeren Mann einen abschätzigen Blick.
    Zögerlich gehorchte der Hauptmann, doch sein Bein wippte auf und ab. »Ich kann nicht zulassen, dass sie Kadir zurück in den Käfig zerren.«
    »Haltet Ihr den Prinzen für unfähig, König zu sein? Ist es das, was sein Vater wollte?«
    Ranya wechselte einen unsicheren Blick mit Fahid; der alte Mann begab sich auf dünnes Eis. Harun ließ kein graues Haar an Kadir.
    »Der Junge unterschätzt sich. Sein Vater hat mehr in seine Bildung investiert als er wahrgenommen hat. Er hegte sogar die Hoffnung, dass der Umgang mit Kasim ihm den Zugang zu einer neuen Sprache ermöglicht. Ich selbst habe es gehofft.« Harun wandte sich Ranya zu. »Und glaube nicht, dass er nicht wusste, dass du den Prinzen mit Büchern versorgst.«
    Ihre Wangen wurden heiß und hastig senkte sie das Kinn auf die Brust. »Und dennoch hat er wenig von den Entscheidungen erfahren, die sein Vater über das Königreich oder die Provinzen traf.«
    »Kadir hatte seine eigenen Augen und Ohren«, raunte Harun lediglich. »Soll ich Däumchen drehen und ihm dem Schicksal überlassen?«
    »Ihr glaubt an Ismet, nicht wahr? Natürlich tut Ihr das. Der Wüstenreiter in Euch wird nie verschwinden.« In den Augen des Alten blitzte etwas auf. Er hob die Hand, als sein Gegenüber zu einer Erwiderung ansetzen wollte. »Das Königshaus ist weitaus stärker mit Ismet als allen anderen Göttern verbunden. Wisst Ihr, warum?«
    »Königin Kayra hatte seherische Träume«, antwortete Harun und runzelte die Stirn.
    »Nicht nur die Königin war von Ismet berührt. Viele ihrer Vorfahren waren es. Elham ist, soweit ich weiß, sogar eine entfernte Verwandte.« Er schmunzelte ob des irritierten Ausdrucks in Haruns Augen. »Oh, Elham ist eine gute Freundin von mir. Der König trug mir das nicht nach.« Einen Moment schien er zu zögern, bevor er weitersprach. »Einige Ahnen des Königshauses verloren den Verstand, andere starben jung. Die Königin ereilte dasselbe Schicksal. War dies nicht auch der Grund, warum der König seinen Glauben verlor?«
    Harun kaute auf seiner Unterlippe. Mit gesenktem Blick sagte er leise: »Er misstraute Sakan, dem Leben, und verabscheute Almaw, den Tod. Er haderte mit Ismet, doch am Ende - am Ende wusste er immer, wo sein Platz war und was das Schicksal für ihn bereit hielt. Nadim war kein schlechter, gottloser Mensch.«
    Schweigen legte sich über sie. Schließlich war es Fahid, der sich räuspernd äußerte. »Jeder, der dem König nahestand, wusste, dass er Ismet nicht entsagt hat.« Ranya wusste, dass er nicht bloß daherredete, ohne eine Ahnung zu haben. Fahid war als Leibwache stets in der Nähe des Herrschers gewesen. Er hatte ihn bewundert, wie er ihr vor langer Zeit einmal auf einem der Palastgänge beichtete. Dass er an jenem Tag nicht bei ihm gewesen war, fraß jedoch noch immer an ihm, selbst wenn er nicht offen darüber sprach. Seine trüben Blicke und das verblasste Lächeln waren Aussage genug. »Allerdings wäre ich ebenfalls enttäuscht vom Schicksal, wenn es mich so früh meiner Geliebten beraubt.«
    Die Mundwinkel des Hauptmannes zuckten, dann lachte er leise auf und schüttelte den Kopf. »Was ändert das jetzt? Nadim ist tot und niemand weiß, wo Kadir ist. Ich hätte bei ihm bleiben sollen.«
    »Ihr habt ihm die Flucht ermöglicht.«
    »Um zu den Vorkehrungen zurückzukehren«, fuhr Resul bestimmt dazwischen. Ranya schwirrte der Kopf; ihre Gespräche sprangen hin und her. »Einige Männer, die dem Rat und dem Königshaus seit Generationen verbunden sind und die von den Feuern verschont blieben, weil sie im Dunkeln agieren, stehen bereit, in der Wüste nach dem Prinzen Ausschau zu halten.«
    »Worauf warten wir dann?« Harun wollte bereits aufspringen, doch der alte Meister gemahnte ihn zur Ruhe.
    »Ihr könnt mit Eurem Arm nicht reiten. Nein, Hauptmann, Ihr bleibt hier und helft mir, die Stadt- und Palastwache wieder zur Ordnung zu bringen. Die Leibgarde mag in der Hand des alten Kauzes und seines Schoßhundes sein, aber es gibt genug alte Familien in den Wachen. Außerdem können wir uns den Unmut der Stadt zunutze machen.«
    »Ich kann nicht hierbleiben! Ich bin einer der wenigen, der Kadirs Schritte nachvollziehen kann«, protestierte Harun.
    Resuls Blick huschte zu Ranya, die leise hüstelte. »Ich werde mit den Männern reiten. Kadir ist wie meine zweite Hälfte, ich werde ihn finden.« Sie klang zuversichtlicher als sie war. Harun hatte nicht Unrecht. In der Vergangenheit war er es gewesen, der die Verstecke des Prinzen ausfindig machte, als könnte er ihn riechen. Sie sah zu Fahid. »Und ich werde nicht allein sein.«
    »Das ist alles schon entschieden, nicht wahr?«, fragte Harun und wanderte mit seiner Aufmerksamkeit von einem zum anderen. Keiner sagte ein Wort. »Ich bin mir nur nicht sicher, ob es gut ist, Kadir hierher zurückzubringen.«
    »Es ist an der Zeit, dass er sich entscheidet«, meldete sich Resul wieder zu Wort. »Welchen Weg will er wählen? Den seiner Mutter - als Nachfahre der Wüstenherrscher - oder jenen seines Vaters - als Wanderer der Wüste sein Schicksal finden? Das ist es, was er dem Rat schuldig ist.«

    Einmal editiert, zuletzt von Kitsune (5. November 2016 um 18:10)

    • Offizieller Beitrag

    Also irgendwie habe ich mich bei diesem Teil bei den Dialogen sehr schwer getan. Ich glaube es liegt an den ganzen Namen, die du da erwähnst. Viele sind bisher nur wenige Male aufgetaucht und bei manchen habe ich das Gefühl, sie noch nie gehört zu haben, deshalb musste ich auch mehrmals lesen, um zu verstehen, was jetzt eigentlich besprochen wird. :hmm:
    Ansonsten wieder sehr bildlich geschrieben und es freut mich, dass sich Ranya nun auf den Weg machen will, den Prinzen zu finden. Nur frage ich mich, wie gut die Chancen stehen, wenn der Umsturz schon einige Tage her ist... :/

    LG, Kyelia

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    @Kyelia Ich habe eine Vermutung, woran es gelegen haben könnte. Die Gesprächsthemen springen ziemlich hin und her - ich habe zwei Gesprächsstränge bunt miteinander vermischt, als ich den Teil noch einmal überworfen habe. Ich schaue, ob ich da irgendwas noch dran drehen kann später.
    Nebenbei: Zwei Namen wurden vorher wirklich noch nie erwähnt - das waren die der beiden Kinder. Bei den anderen habe ich am Text bereits etwas herumgedoktort, vielleicht wird es jetzt klarer, wer wie wann wo gemeint ist. ^^'


    Gelächter hallte durch die leeren Flure. Galib folgte einem Scheppern, vorbei an den Durchgängen, die zu den Kammern der Wachen führten. Die Hitze stand in den fensterlosen Gängen. Sein Magen krampfte und seine Glieder schmerzten bei jedem Schritt.
    Seine Gedanken kreisten um die Ereignisse der letzten Tage – und all den Misserfolgen, die wie ein lauerndes Raubtier in ihrem Schatten lagen. Mit steifen Fingern rieb er über die schmerzenden Augen, versuchte erfolglos die Müdigkeit abzustreifen, die sich wie eine zweite Haut über ihn gelegt hatte. Grob rieb er seine steifen Arme, während er um die Ecke bog, hinein in die ausladende Halle, deren blanken Wände trostlos wirkten im Vergleich zum sonstigen goldenen Glanz im Palast.
    Tische und Stühle standen - und lagen - kreuz und quer, Becher rollten über den Marmor, Tonscherben knirschten unter seinen Sohlen. Abgestandenes Öl, ein Geruch nach Honig, Datteln und der herbe Duft vergorener Früchte lag wie eine dichte Schicht in der Luft. Auf dem Boden sitzend, spielten einige Männer Karten und schenkten ihm keine Beachtung.
    Am längsten Holztisch hielt er inne. Mit verbissener Miene musterte er das Chaos aus Essensresten, leeren Flaschen, umgeworfenen Krügen und Geschirr. Sein Blick fiel auf den neuen Hauptmann, der auf den Hinterbeinen seines Stuhls schaukelnd am schmalen Ende saß, die Füße auf der Platte ausgestreckt. Arins Arm lag um der Hüfte einer Dienerin, die versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Sie schlug ihm auf die wandernde Hand, doch er schien dadurch erst recht angestachelt zu werden.
    Der alte Diener atmete tief durch. Diese Männer hatten keineswegs einen Grund zu feiern. »Ist das Eure Ansicht davon, die ›Dinge zu richten‹?«
    »Galib, mein Freund! Setzt Euch, setzt Euch!« Arin wedelte mit der freien Hand zu einem der umgekippten Stühle, ohne Anstalten zu machen, ihn für seinen Besuch aufzustellen. Stattdessen widmete er sich wieder der jungen Frau.
    Stirnrunzelnd starrte Galib zu ihm hinab. »Erstens bin ich nicht Euer ›Freund‹ und zweitens habe ich Euch nicht geholfen, Hauptmann zu werden, damit Ihr Eure Zeit mit Nichtstun vergeudet und meine Dienstmädchen belästigt!«
    Das schiefe Grinsen seines Gegenübers entblößte einen frisch abgebrochenen Schneidezahn. Bei der Flucht seines Vorgängers war Arin unglücklich gestürzt, wie er lautstark jammernd bekunden musste. Galib vermutete, dass er über seine Füße gestolpert war. Für einen Mann, der akribisch auf sein Äußerstes achtete, bedeutete es einen kleinen Weltuntergang, aber er schien sich mittlerweile arrangiert zu haben. Im Palast munkelte man, dass er derweil von Heldentaten berichtete - die nicht existierten.
    Überhaupt war dieser Mann mehr ein Hindernis als eine verlässliche Hilfe. Wäre sein Einfluss auf die anderen Wachen nicht so groß, hätte Galib nie in Betracht gezogen, ihm seine Bedingungen zu erfüllen. Nun dirigierte Arin Befehle halbherzig weiter, verlegte Berichte, sofern er sie anfertigte, und hatte mehr Augen für die Frauen in seiner Umgebung statt der Arbeit direkt vor seiner Nase.
    »Ich verstehe Eure Aufregung nicht. Ihr und ich haben genug Männer ausgesandt. Zum einen in die Wüste und zum anderen, um die Straßen zu durchkämmen. Jedes Haus wird durchsucht.« Er kicherte leise. Ein stechender Geruch wehte mit seinem Atem in Galibs Richtung. »Was kann ich dafür, dass sie zu dumm sind, eine Spur zu verfolgen?« Arin schwang die Beine vom Tisch und zog die Dienerin mit einem Ruck auf seinen Schoß. Sie schimpfte, stemmte sich gegen seine Arme, er hingegen drückte sie enger an sich.
    »Vielleicht solltet Ihr dann ausreiten und ihnen zeigen, wie man es richtig macht«, sagte Galib ungerührt. Vielleicht wäre er dann zu etwas gut.
    »Ist es meine Schuld, dass der Prinz fort ist? Vielleicht sind wir ohne ihn und einem Herrscher sogar besser dran.« Arin griff nach einem Becher, sah hinein und warf ihn mit verzerrter Miene hinter sich. »Ich an seiner Stelle würde auch verschwinden. Das zarte Seelchen kann doch nicht einmal eine Streitmacht befehligen.«
    »Und Ihr seid besser dafür geeignet?« Der alte Diener warf einen skeptischen Blick durch die Halle. Dunkle Flecken besudelten den Marmor und das brüllende Lachen der anderen Männer schrillte in den Ohren. Hitze brannte sich durch seinen Magen. »Außerdem steht es Euch nicht zu, über Euren künftigen König zu richten.«
    »Ja, ja«, brummte Arin wenig überzeugend. »Sagt mir lieber, wo mein kleiner Bruder steckt.« Er vergrub das Gesicht an der Schulter der Dienerin.
    Galib zog die Brauen zusammen. »Ist es nicht Eure Aufgabe, zu wissen, wo Eure Männer sind?«
    Unvermittelt schubste der Hauptmann die Frau von seinen Beinen. Sie stolperte in die Arme des alten Dieners; hastig stammelte sie eine Entschuldigung, doch Galib lächelt zu ihr herab, schickte sie an, ihre Kleider zu ordnen und sich andernorts wieder ihrer Arbeit zu widmen. Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie hastig die Halle verließ.
    Arin lief vor seinem Stuhl auf und ab. »Ich bin doch nicht jedermanns Kindermädchen! Und schon gar nicht Fahids. Er hat hier zu sein, wenn ich nach ihm verlange und das ist er nicht!«
    Der Ältere legte den Kopf schief und atmete tief durch. Sein Gegenüber war berüchtigt für seine Wutausbrüche, auf die Galib keinen Wert legte, Rücksicht zu nehmen. »Seht zu, dass Ihr Eure Männer zusammenbekommt.«
    Plötzlich sprang Arin auf ihn zu; bevor er jedoch den Kragen seiner Robe zu fassen bekam, taumelte er mit weit aufgerissenen Augen zurück. Galib spürte die Kälte in seinem Rücken. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem krummen Lächeln, nur um im nächsten Moment zu erstarren.
    Das Antlitz des Hauptmannes verschwamm. An dessen Stelle trat eine grässlich entstellte Fratze: die Lippen fehlten, die Haut war eingefallen, an manchen Stellen regelrecht zerfetzt; Lappen klappten zurück und gaben den Blick auf Sehnen und Muskeln frei. Von dem beinahe kahlen Schädel hingen fettige Locken zerzaust bis zum Kinn herab, während ihm leere Augenhöhlen entgegenstarrten. Er prallte zurück, als sich eine klauenartige Hand nach ihm streckte. Ein Geruch nach Aas und fortgeschrittener Verwesung umspülte ihn wie eine Woge.
    Er wollte schreien, aber kein Ton drang aus seiner Kehle. Torkelnd riss er die Arme vor sich, keuchte und hatte Mühe, sich nicht zu übergeben.
    »Alter Mann, he!« Arins schneidende Stimme drang wie durch Wasser zu ihm. Schnaufend blinzelte Galib, bis sich der Alptraum vor ihm auflöste. Haften blieb der fürchterliche Gestank. Das kleine Glas in seinem Ärmel brannte heiß an seiner Haut. Nur zögerlich begriff er, dass er halb auf dem Boden lag und Arin sich mit den anderen Männern um ihn versammelt hatte. Eindringlich musterten sie ihn, raunten Unverständliches. Ihre Nähe war erdrückend. Der alte Diener blaffte - zumindest versuchte er es, denn seine Stimme war kaum mehr als ein Krächzen. Sein Magen rumorte, während sich die Übelkeit weiter durch seinen Körper fraß.
    Schwer schöpfte er Luft, wobei seine Brust bei jedem Atemzug schmerzte, brannte. Er zuckte zusammen, als Arin ihm aufhelfen wollte. Wirsch schlug er seine Hand beiseite.
    »Ihr seht aus, als hättet Ihr einen Geist gesehen«, sagte der Hauptmann. Er verstummte, als er den finsteren Blick seines Gegenübers aufschnappte.
    »Schickt euch! Habt ihr nichts Besseres zu tun?«, krakelte Galib an die anderen Wachen gewandt.
    »Lasst uns einen Moment allein«, raunte Arin ungewöhnlich ruhig. Die Männer gehorchten, wenn auch widerstrebend - nicht ohne einen letzten Blick auf den zusammengesunkenen Alten zu werfen. Einige von ihnen vollführten Schutzzeichen in die Luft.
    »Vielleicht solltet Ihr kürzer treten.« Arin richtete einen der Stühle mit dem Fuß auf und setzte sich wieder. Nachdenklich musterte er den Diener, der sich schwer atmend auf die Beine stemmte.
    »Kümmert Euch um Eure eigenen Angelegenheiten«, grollte Galib. Seine Knie zitterten. Verstohlen rieb er sich über die Brust, spürte den Schweiß, der ihm den Rücken hinablief. Und die Kälte, die ihn ergriff. Das alptraumhafte Bild fraß sich durch seinen Hinterkopf und vermischte sich unheimlich mit Arins Antlitz.
    »Ihr seid sicher nicht hier, um mir die Ohren langzuziehen«, sagte der Jüngere unvermittelt, während er ein weiteres Mal nach einem Becher vom Tisch griff. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen trank er einen kräftigen Schluck.
    »Gibt es Neuigkeiten über den Verbleib des Haupt-« Er hielt inne. Arin musterte ihn kalt. Einen Moment wirkten seine Augenhöhlen leer. »Von Harun?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Kurzatmig fragte sich Galib, warum der Mann vor ihm nicht höchstpersönlich durch die Straßen strich, um sich des Problems anzunehmen. Es war ein offenes Geheimnis, dass keine Zuneigung zwischen den beiden Männern herrschte. Andererseits vermutete er, dass seine Wut über das Entkommen seines Vorgängers so schwer wog, dass sie ihn lähmte - und vor allem dazu verleitete, eher zu tief ins Glas zu schauen als selbst tätig zu werden.
    »Habt Ihr wenigstens die Hintermänner ausmachen können?«, fragte er weiter und rieb sich erneut über die schmerzende Brust. Sein Herz hämmerte wild unter seiner Handfläche.
    »Diejenigen, die wir zu fassen bekamen, schweigen beharrlich.« Arin schnaubte verächtlich. »Vielleicht sollte ich mich ihrer mal annehmen.«
    »Worauf wartet Ihr dann?«
    Plötzlich flog der Becher in der Hand des Hauptmannes nur knapp an Galibs Kopf vorbei. Ein paar dunkle Tropfen trafen seine Wange und besprenkelten seine Robe.
    »Treibt meinen Bruder auf! Er ist der Kopf hier, nicht ich«, schrie Arin und wedelte zu den Männern, die sich im Eingang zur Halle tummelten - weit waren sie nicht gekommen. Einen Moment zögerten sie, zerstoben jedoch, als ihr neuer Hauptmann aufsprang, um einige Schritte voran zu stapfen. Mit hängenden Schultern kehrte er zum Tisch zurück, verharrte und starrte stumm vor sich hin. Schließlich fuhr er sich seufzend mit beiden Händen durch die Haare. »Ohne Fahid bin ich doch nichts«, murmelte er.
    Galib streckte den Rücken durch – bereute es allerdings im nächsten Moment, als das Stechen bis hinauf in seinen Nacken zog. »Hört auf in Selbstmitleid zu versinken und macht Euch endlich nützlich.« Damit drehte er sich um und ging, ohne noch einmal zu dem Häufchen Elend zu schauen.
    Der alte Diener nahm sich vor, den Bediensteten einzubläuen, Arin keinen tropfen Alkohol mehr zu geben, ganz gleich wie sehr er toben mochte.

    Einmal editiert, zuletzt von Kitsune (12. November 2016 um 11:12)

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    Das ist jetzt der gefühlt 124.567 Versuch, hier ein paar einleitende Worte zu schreiben, um mir was von der Seele zu reden. Jemand sagt, ich soll einfach mal das Denken sein lassen und einfach sagen, was mir wichtig ist. Aber dann fühle ich mich dumm, weil es nicht nur mir so ergeht. Und ehrlich gesagt ist das ein paar wenigen von euch unfair gegenüber. Vielleicht lass ich das jetzt auch endlich mal stehen, nur um es morgen wieder zu löschen.

    Ich spiele mit dem Gedanken, das hier abzubrechen. Ich habe das Gefühl, dass hier zwar auf der einen Seite kräftig gelesen, aber nicht kommentiert wird. Letzteres ist nicht einmal ein Gefühl. Ich bin es gewohnt, dass Kommentare mit der Zeit abnehmen. Ich bin lange genug in Foren unterwegs bzw. habe Sachen auf diese Weise von mir veröffentlicht, um nicht blauäugig und naiv zu sein.
    Es soll nicht heißen, dass ich ständig zwanzig Kommis erwarte. Nein, aber mehr Meinung, mehr Einsicht. Ich danke @Jennagon für ihren letzten Kommentar, für die Einsicht, wo handlungsmäßig noch Überarbeitung nötig ist, denn das ist es, was ich mir erhofft habe und es noch immer tue. Ich bin nicht perfekt, bei Gott, wer ist das schon und wie langweilig wäre das. Ich danke auch @Kyelia für fleißiges Kommentare schreiben. Selbst wenn keine große Überarbeitung nötig ist, bringen mich einfache Gedanken zur Handlung schon wahnsinnig weiter.


    Egal woran es liegt, ich will weder irgendwelches Mitleid oder sonstiges erregen, sondern eigentlich nur wissen, woran ich bin.

    Das neue Kapitel werde ich auf jeden Fall beenden. Und auch das Projekt selbst liegt mir viel zu sehr am Herzen, um es komplett aufzugeben. Vielleicht erwarte ich auch zu viel. Und klinge wie so eine eingebildete alte Schreiberschachtel, die selbst mal mehr kommentieren sollte, ehe sie fordert.

    Na ja, egal was daraus jetzt wird: Noch einmal Danke an jene, die etwas sagen, aber trotzdem auch an jene, die stumm lesen. Ich will niemanden zu etwas zwingen oder verpflichtet fühlen lassen.

    - 8 -


    Zitternd wickelte sich Kasim fester in seine Decke, während er dem Wind lauschte, der an ihrer Zeltplane rüttelte. Feiner Sand fand jede noch so kleine Lücke, legte sich wie eine zweite Schicht über seine Haut. Die Flamme der Öllampe auf dem Tischchen vor ihm flackerte, klammerte sich eisern am Leben fest.
    Seufzend schlang er die Arme um die Knie. Sie saßen fest. Statt wie vom Prinzen gefordert weiterzuziehen, waren sie gezwungen, vorerst in Elins Lager zu verweilen. Der Sturm war so unvermittelt aufgezogen, dass sie kaum Gelegenheit hatten, alles in Sicherheit zu bringen. Noch während die ersten Böen den Sand in ihre Gesichter wirbelten und sie sich in die Zelte retteten, hatte Elin den Himmel lange kritisch gemustert, als hielte sie ein Zwiegespräch.
    Nun teilten sie sich das Zelt mit Safir. Kasim warf einen Blick zur Seite, auf ebenjenen. Zusammengesunken saß er neben ihm, das Kinn beinahe auf der Brust, die Arme verschränkt. Leise schnarchend schien er sich von dem Tosen außerhalb ihrer bescheidenen Behausung nicht aufwühlen zu lassen. Diese Ruhe war beneidenswert.
    Vielleicht war es ein Wink des Schicksals. Ohne Sinn und Verstand durch die Wüste, nur mit der Hoffnung im Herzen, Harun entgegenzureiten, wie Kadir es sich insgeheim vorstellte, wäre wahrlich ihr sicherer Tod.
    Seine Aufmerksamkeit schweifte zu den aufgehäuften Fellen. Unter Decken vergraben, lugte Kadirs dunkler Schopf hervor. Kasim war erleichtert, dass sein Freund schlief, ohne dass ihn wirre Träume aufschreckten. Nur einmal war er erwacht und hatte mit weit aufgerissenen Augen seine Umgebung gemustert, bis sein Blick auf seinen Freund gefallen war.
    Lächelnd neigte Kasim den Kopf. Sein Schmunzeln erstarb. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, was er nun tun wollte. Nicht einmal der Prinz hatte sich bisher dazu geäußert. Elin hatte angeboten, dass sie etwas länger bei ihnen bleiben könnten, bis sie sich sicherer waren, doch Kadir wäre damit nicht einverstanden. Und allein lassen konnte und wollte er ihn nicht. Er fühlte sich – verantwortlich für ihn. Harun hatte sein Vertrauen in ihn gesteckt, mitsamt seiner Hoffnung.
    Seufzend schloss der junge Reiter die Augen, legte beide Hände auf die Phiole seines Großvaters, als hoffte er, sie würde ihm den Weg weisen. Ein dummer Gedanken, aber er half. Das pochende Innere beruhigte ihn; langsam hob er die Lider.
    Kasim erschrak. Etwas versperrte ihm mit einem Mal die direkte Sicht auf den Prinzen. Ein dunkler Schemen zeichnete sich mit jedem Blinzeln deutlicher ab, bis er sich zu der Gestalt eines Menschen verfestigte, die an den Rändern seltsam ausgefranst wirkte, wie ein alter, abgenutzter Teppich. Es schien, als strecke sich eine Hand nach dem Prinzen aus. Bevor sie ihn jedoch berührte, hielt sie inne. Als zögere sie.
    Dann wandte sich plötzlich ein Kopf herum – und Kasim sah sich einem vertrauten Antlitz gegenüber. Der stechende Blick aus den grauen Augen musterte ihn genauso durchdringen wie in jener Nacht, als diese Frau ihn aus seiner Kammer geholt und direkt in Haruns und somit auch Kadirs Arme getrieben hatte.
    Schwer stieß er den Atem aus, den er ungewollt anhielt. Es war so viel geschehen, dass er an diese Begegnung keinen Gedanken mehr verschwendet hatte. Überhaupt hatte er sich eingeredet, dass alles nur ein Hirngespinst seinerseits gewesen sein musste.
    Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinab. Seine Kehle war trocken, als er schluckte. »Ihr habt mir geholfen.«
    Auf den Lippen der schattenhaften Frau zeichnete sich ein Lächeln ab. Ihre dunkle Haut schimmerte wie zuvor golden, wo das Licht auf sie traf.
    »Was seid Ihr?« Sein Herz tanzte in seiner Brust. Er war so überrumpelt, dass er nicht einmal sofort begriff, wie er seine Muttersprache nutzte. Doch das schien ihr einerlei zu sein. Statt ihm zu antworten, drehte sie sich allerdings wieder zu Kadir herum.
    Kasim runzelte die Stirn. »Seid Ihr seine Mutter?« Der Gedanke war urplötzlich in seinem Kopf aufgetaucht und hatte sich direkt auf seine Zunge gelegt. Mit geweiteten Augen beobachtete er, wie sie erneut die Hand nach dem Prinzen ausstreckte. Sie berührte ihn nicht, stattdessen verharrte sie ein weiteres Mal. Schließlich zog sie den Arm an die Brust. Gleichzeitig schüttelte sie den Kopf.
    Kasim ließ die Schultern sinken. Enttäuschung fraß sich kribbelnd durch seinen Bauch. Warum? Was hatte er sich erhofft? Kadir sagen zu können, dass seine Mutter immer über ihn wachte? War es überhaupt eine Antwort auf seine Frage gewesen?
    Jäh riss sich ihn aus den Gedanken. Sie drehte sich zurück zu ihm, deutete mit einem langen, dürren Finger auf jene Stelle, wo die Phiole am Lederband baumelte. Zögernd sah er an sich hinab, nur um hochzuschrecken, weil sie die flache Hand genau auf die Wölbung legte.
    Kasim spürte das Tosen hinter dem Glas. Spürte die Wärme, die sich ausbreitete und unvermittelt seinen gesamten Körper ausfüllte.
    Sein Blick verfing sich in ihrem. Ihm schwindelte, als goldene Funken im Grau zu tanzen begannen.
    Dann war sie fort. Ebenso wie das Zelt. Unvermittelt stand er mitten in der Nacht auf weiter Flur, unter ihm saftiges Gras, das ihm bis zu den Knöcheln reichte und an seinen nackten Fußsohlen kitzelte. In der Ferne zeichneten sich schwach schneebedeckte Berge ab. Er blickte an sich hinab, musterte erstaunt die leichte Tunika, die er am Leib trug und deren Stoff sich vertraut weich an seinen Körper schmiegte.
    Langsam hob er den Kopf, als vor ihm ein Paar schlanker Beine auftauchte. Sie stand vor ihm, nahm seine Hand und zog ihn mit sich. Der klare Duft der Nacht umhüllte sie, doch es mischte sich auch etwas anderes mit hinein. Der frische, von Tau angereicherte Geruch eines neuen Tages.
    Irgendwann begann sie vor ihm zu tanzen; ihr dichtes Haar flog in alle Richtungen. Unentwegt ließ sie nicht einmal von ihm ab. Ihr helles Lachen erwärmte sein Herz, steckte ihn an, bis es auch aus ihm herausbrach. Beschwingt griff er nach ihrer anderen Hand, die so kühl war im Gegenzug zu seiner erhitzten Haut. Er drehte sie und sich und sie beide zusammen, ohne dass ihnen schummrig wurde.
    So tanzten sie barfuß über das Grün. Sie trieb die Dunkelheit vor sich her, während sich der Himmel hinter ihm erhellte und ihnen folgte.
    Es war ihr ewiger Tanz, der ihrer beiden Herzen füllte. Ewig wollte er ihre Finger mit seinen verschränken, nie loslassen, ihr Lachen für immer haschen, bis er sie in seine Arme wirbeln und außer Atem stürmisch ihre Lippen küssen würde …

    Blinzelnd kam Kasim wieder zu sich. Es dauerte etwas, bis er begriff, wo er war. Auf dem Rücken liegend starrte zum Zeltdach hinauf, welches der Sturm weiterhin vibrieren ließ. Safirs Schnarchen durchdrang die Stille zwischen den Böen.
    Ein Traum? War er selbst so übermüdet gewesen, dass er sich alles nur eingebildet hatte?
    Schwer atmend wandte er den Kopf herum. Kadir schlief friedlich auf den Fellen, das Gesicht nicht mehr vergraben. Seine Züge wirkten entspannt.
    Plötzlich beschlich Kasim ein beängstigender Gedanke. Hastig setzte er sich auf, drängte seinen Kopf dicht an den seines Freundes. Erleichtert atmete er auf, als er den Atem auf seiner Wange spürte. Während er Kadir so nah war, schoss ihm das Bild aus seinem Traum in den Kopf. Der Tanz, sein Verlangen, etwas, das ihm zwar nicht unbekannt, aber bei weitem nicht sonderlich vertraut war.
    Einen Moment zu lang haftete sein Blick auf den schmalen Lippen seines Gegenübers. Etwas in ihm schob, flüsterte. Schlussendlich setzte er sich zittrig zurück auf die Hacken.
    Ihm lief ein Schauer über den Rücken. Gerade, als er nach seiner Decke greifen wollte, die ihm von den Schultern gerutscht war, hielt er abrupt inne. Die dunkle Frau saß direkt hinter ihm. Es war, als schmiege sie sich an ihn, während kalte Hände sich auf das Glas der Phiole legten. Die Umarmung war unwirklich, als würde ihn kaum mehr als ein Lufthauch umgeben.
    »Was war das?«, raunte er. »Die Vergangenheit? Meine?« Nein, er wusste, dass daran etwas nicht stimmte. Es fühlte sich nicht richtig an. Genauso wie er begriff, dass sie nicht seine Mutter war. Nur, was dann?
    Er holte bereits Luft, um die Frage laut auszusprechen, doch im nächsten Moment schüttelte ihn ein weiteres Frösteln. Innerhalb eines Wimpernschlags schwebte sie plötzlich über Kadir. Sie warf Kasim – nein, vielmehr der Phiole – einen langen, nachdenklichen Blick zu. Mit einem Seufzen verschwand sie. Mit großen Augen beobachtete er, wie sie sich geradezu in der gleichen Position auflöste, in der Kadir lag, der nun die Stirn kraus zog. Wenig später öffnete er die Augen.
    Der junge Reiter zuckte zurück, als der Prinz ihn aus schwarzen Iriden anstarrte, in dem ein Sturm aus purem Gold wütete. Stück für Stück kämpfte sich das Grau zurück, bis es so wirkte, als sei nie etwas gewesen.

  • Okay also ich denke jetz auch nicht nach beim schreiben (bitte nicht falsch verstehen XD) Ich verstehe dein Empfinden und habe ein ähnliches Gefühl (wobei ich in meinem fall glaube dass es an mir liegt) und ich nehme mit hiermit vor alles was du bisher geschrieben hast zu lesen (*.* das könnte etwas dauern ^^' ) und auf jeden einzelnen neuen post zu antworten. Dann hast du zumindest eine, wenn nicht mehr personen dir regelmäßig antworten.
    Ich hoffe es ist dann oke, wenn ich noch etwas zu älteren posts schreibe ^^ . Ich freue mich schon aufs lesen!

    Bis dahin alles gute und Tschüß!

    Glimpsel

    • Offizieller Beitrag

    Egal woran es liegt, ich will weder irgendwelches Mitleid oder sonstiges erregen, sondern eigentlich nur wissen, woran ich bin.

    Du, ich hab jetzt noch nicht aufgeholt, wollte aber was dazu sagen. ^^ Mach dir mal keine Sorgen. Ich hatte zwischendrin auch nur mal einen Kommentar. Es liegt ja auch manchmal etwas an der Zeit und wenn du mal auf die Uhr schaust und siehst, wann ich dieses Kommi hier schreibe, lässt das nur eine Antwort zu. Kind ist wach gewesen und bin noch in Alarmmodus. :rofl: Bei dir ist es für mich so, dass ich ganz entspannt etwas abwarte. Du postest nicht jeden Tag und somit habe ich keine Hektik mal ein paar Posts auszuholen. Mir fällt es leichter, bei Geschichten wie deinen, die eben recht fehlerfrei sind und sehr gut geschrieben, in den Handlungen nachzuschauen, wo man eventuell was verbessern kann, wenn ich ein paar Teile am Stück lesen, als Post für Post. Sei aber sicher, dass ich weiter dran bin. ^^
    Es ist eben öfters mal so, dass welche das Lesen lassen, warum auch immer, zwecks Zeit, keine Lust allgemein auf Lesen, die Muse fehlt dranzubleiben. Kann immer mal was sein und ich bin hier auch niemanden böse, wenn er dann iwann mal kein Lust mehr hat direkt auszuholen. Der Text steht ja - läuft nicht weg. ^^ Aber wie man an @Alopex Lagopus und an @Dinteyra bei mir sieht, hört man mal eine ganze Weile nichts, aber die Leser bleiben dran und holen dann iwann auf, wenn es die Lust und Zeit erlaubt - danke an der Stelle an die beiden, ebenso wie @Orban, der immer dranbleibt. ^^ Ich hab euch im Auge :search: (So wie alle meine Leser, ob kommentierende oder eben die Offleser) @Kyelia ist eben ein Spitzenreiter, was Kommentare angeht und ich warte schon auf den Tag, wenn sie mich überholt :rofl: *Hab dich lieb*
    Und Leserinnen wie @Skyla beweisen mir z.B. dass sich im Off ganz viel tut, auch wenn diese sich eben nicht immer zu Wort melden. :D Und wenn eben die Kommentare ausbleiben, dann schreibe und mache ich für die Leser aus dem Off weiter, die sich dann iwann trauen was zu sagen - vielleicht. 8) Ist ja kein Muss. Klar ist es, und seien wir mal ehrlich, scheiße, wenn man das Gefühl hat, kein Schwein interessiert sich für einen. Bei dir hatte ich dahingehend nie das Gefühl. Und wie du an @Glimpsel siehst, ist es manchmal einfach eine Frage der Geduld und Zeit :whistling: Die ich im Übrigen auch nicht besitze, hab aber gehört, sowas solls geben ... :rofl: Vielleicht hilft auch etwas mehr Beteiligung von dir, dass gerade von den neuen Usern, welche zu deiner Geschichte finden, das wäre toll. Vielleicht etwas mehr in Chat, in der Taverne rumlungern, mal in die Shoutbox brüllen ^^ Denn der Vorteil an unserem Forum ist ja, dass wir direkt mit den Autoren der Geschichten quatschen können. Hat man ja sonst beim Buchkauf eher selten. 8o Wenn du manchmal in deinen Geschichten hängst, nicht weiter weißt, unentschlossen bist, würde ich dich gerne mal im Chat zum Brainstorming begrüßen, klar schließt das Spoiler meist nicht aus, aber man kann so super eine Bindung zum Schreiber aufbauen und ist sogar gewillt, wenn sich da so ne Art "Bindung" aufbaut, viel eher an einer Geschichte wirklich dranzubleiben, als von einem eher ruhigeren User, den man quasi nur beim Vorübergehen sieht - zumindest ist das mein Erfahrungswert. :D Wir betonen ja immer, dass das Forum auf Geben und Nehmen aufbaut. Abgesehen davon, ist das RL manchmal echt anstrengend und auch wenn man versucht immer am Ball zu bleiben, ist das nicht so einfach. Den Druck macht man sich meist selbst und die Leute, bei denen ich lese, wissen eigentlich, dass ich immer aufhole. Und wenn es 50 Threadseiten sind. Für mich sind eben Geschichten auch manchmal wie Serien. An einem Tag hab ich mehr Lust auf das eine, an manch anderen Tagen eher auf das andere ^^
    Mal Drama, mal Sci Fi, mal High Fantasy und den ganzen Rest. Ich habe auch stets die Geschichten der Neuen im Auge. Halte mich da nur zurück, weil ich abwarte, ob diese an ihren Projekten dranbleiben. Denn meist ist leider nach Threadseite 3-4 Ende und ich sitze wieder auf einem Haufen unbeendeter Threads und Abos. Wenn diese aber ihre Werke fortsetzen, aktive Mitglieder sind, hol ich selbst da auf. Ich fände es schade, wenn du dieses Projekt hier beendest, denn es ist eben so weit fortgefahren und man will ja als Leser wissen wie es ausgeht. Wenn ich es so sehe, bist du es uns fast schuldig dranzubleiben, denn selbst wenn es nur eine handvoll Leser sind, wollen wir nicht dumm sterben :rofl: :hmm: Leider hab ich schon dazu aufgerufen, zu versuchen an Geschichten dranzubleiben, die man zu Anfang fleißig kommentiert hat - ob mit Aufholverfahren oder regelmäßigen Posts. Leider kann ich niemanden am Kopf nehmen und in die Geschichten stoßen, sprich: "Du hast hier angefangen, also mach weiter!!!" Das würde mir auch nicht zustehen :rofl: Ich weiß ja selbst, wie es manchmal ist. Es ist ja alles freiwillig.

    Also daher. Abwarten und Teetrinken - wahlweise Kaffee ^^

    (Man, der Post ist wieder länger als beabsichtigt! :rofl: )

    Liebe Grüße

    Jennagon

    • Offizieller Beitrag

    Es tut mir echt leid, dass ich zum letzten Kapitel nichts geschrieben habe. Ich bin total verpeilt, seid ich arbeite und habe fast keine Zeit mehr. Da vergisst man viel. Aber lesen werde ich hier auf jeden Fall auch weiterhin, auch, wenn mal kein Kommentar kommt. :)

    Die Teile waren jedenfalls sehr interessant. Ich bin mir immer noch unschlüssig, was ich von Galib halten soll. Er scheint nicht unendlich böse zu sein, nur das richtige mit den falschen Methoden zu wollen. Ich mag solche Graustufen. :thumbsup:

    Den Teil mit Kasim und der Frau fand ich auch sehr geheimnisvoll. ^^ Irgendwie habe ich das Gefühl, die Frau ist wirklich Kadirs Mutter, projektiert aus Kadir selbst. :hmm:

    Klingt alles gut und schlüssig. Ich bin gespannt, wie es weiter geht und wie die ganzen Charaktere zusammenfinden. :)

    LG, Kyelia

  • OBACHT ICH FANGE JETZT AN
    zu lesen.
    Da du deine Texte sicherlich schon überarbeitet hast und ich nicht kapiere, wie das mit dem Spoiler funktioniert XD werde ich nicht auf Grammatikfehler achten, sondern einfach meine Gedanken live beim Mitlesen festhalten. Ich weiß nicht, ob es das ist, was du erwartest, aber mehr kann ich nicht XD.
    Also dann... fangen wir mit dem ersten Post an...

    Cooler Anfang: Man kapiert sofort wer die Hauptperson ist und was er macht.
    Sehr lyrische Beschreibung der Person. Hat nen gewissen Touch ^^
    Den Satz mit „Er durfte es sich nicht […] solch einen Schnitzer erlauben.“ (Ich weiß auch nicht wie Zitate funktionieren... ^^' ) ist komisch irgendwie...
    Klingt alles ein wenig orientalisch... ich hab sofort Szenen aus dem 2. Akt in Diablo III im Kopf...
    Uuuh! Da kommen mir gleich einige Fragen auf, die mir Lust auf mehr machen! Wieso ist Kasim weggezogen, um sich der Leibgarde anzuschließen, wenn ihm der Lebensstil so fremd ist? Wie sind diese Götter drauf und was können sie und so weiter und so heiter.
    Wir sind im Kopf der Hauptperson! Also bis jetzt hast du so viele Stilmittel so gut auf kleinem Raum verpackt da weiß ich gar nicht, wie der Rest aussehen soll! Also wenn das so weiter geht dann wird es nicht lange dauern, die zehn Seiten zu lesen.
    Oh Gott ich kann mir die Szene halt so gut vorstellen ich fühle ja jetzt schon mit Kasim mit und dabei guckt er nur nem Prinzen beim Essen zu. Bitte töte nicht seine Familie oder so, das verkrafte ich nicht *-* XD
    Also nach dem ersten Absatz denke ich, dass Kasim vielleicht eine Art Nomade oder Indianer oder so war, weil er die Sprache nicht versteht und ihm die Umgebung so fremd ist. Er erinnert mich ein wenig an diesen einen Diener aus Aldnoah:Zero... kennt vermutlich keiner ^^', das ist ein Typ, der getötet werden sollte, aber aus Mitleid stattdessen als Diener eingestellt wurde. Ich weiß zwar noch nicht, wie alt Kasim wirklich ist, aber er wirkt auf mich wie ein Jugendlicher, rein von den Informationen ausgehend, die man bis jetzt hat. Oh ja und das ganze wurde in meinem Kopfkino als Anime abgespielt, frag mich nicht wieso.

    Also ich hab den zweiten Absatz gelesen und wollte etwas dazu schreiben, aber ich konnte einfach nicht aufhören zu lesen XD
    Es war wirklich gut.
    Ach ja und nachdem ich mir jetzt ein Paar Kommentare durchgelesen hab, die andere zu diesem Teil geschrieben haben, komme ich mir doch nicht so blöd vor.
    Da hat der Schlingel von einem Prinzen dem armen Kasim doch gewisse Signale zugeschickt. Ich hab darüber halt bis jetzt die ganze Zeit im Hinterkopf nachgedacht...
    Naja sehr gelungen auf jeden Fall und ich frue mich auf die 10 Seiten ^^
    Das wärs zum ersten Post... hoffentlich nutzt dir das jetzt noch was *-*

    Bis denne!

    Glimpsel

    PS.: Ist es oke wenn ich die Teile jetzt noch kommentiere? Immerhin sind die Uploads schon... was weiß ich wie lange her ^^'

  • So, Nacht drüber geschlafen, mich gefreut, neuen Mut geschöpft.

    @Jennagon
    Die Zeit ist immer so ne Sache, das merke ich derzeit ja selbst auch. Von daher, alles gut.
    Wegen im Chat und Shoutbox muss ich gestehen, dass ich da einfach zu zurückhaltend bin. Ich nehme mir trotzdem vor, mich da mehr blicken zu lassen, einfach weils mir sicher auch guttun wird.
    Ansonsten danke für deinen Text, hat mich am Morgen schmunzeln lassen.

    @Kyelia
    Uh, mach du dir keinen Stress. Wenn du mal nichts sagst, mach ich mir erst einmal keine Sorgen. ^^'

    @Glimpsel
    So. Und jetzt machst du mich platt.
    Natürlich helfen mir Kommentare wie deine. Eindrücke und Gedanken helfen enorm. Manchmal vergisst man nämlich, betriebsblind wie man ist, dass der Leser einem nicht in den Kopf schauen kann, und merkt daran, wo man noch ausholen könnte, ohne das es direkt gesagt werden muss. Oder wo es passt. Von demher: Her mit deinen Gedanken, auch zu den ganz frühen Teilen. Ich bearbeite hier nämlich nur grob und behalte die größeren Baustellen für die zweite Runde vor, wenn alles steht.

  • Kadir erwachte mit einem Schaudern - und der wohligen Erinnerung an seinen letzten Traum, dessen nebelhafte Schwaden langsam verblassten. Er wusste noch, dass er unter dem Sternenhimmel getanzt hatte, während hinter den schneebedeckten Berggipfeln am Horizont das Violett eines neuen Tages schimmerte. In seinen Händen lagen die eines anderen Mannes; die goldene Haut bildete einen Kontrast zu seiner eigenen. Der sanfte Blick aus blauen Augen hielt ihn wie in einem Bann gefangen.
    Langsam blinzelte er die Schwere des Schlafes fort, bis er Kasim deutlich vor sich sah. Sein Gesicht wirkte fahl im Licht der Lampe. Kadirs Zunge klebte am Gaumen, als er den Namen seines Freundes raunte. Kaum merklich zuckte dieser zusammen, setzte dann ein leises Lächeln auf, das sein Gegenüber nach einigem Zöger erwiderte.
    Durstig und mit schweren Lidern setzte der Prinz sich auf. Statt der Brise aus seinem Traum umhüllte ihn die stickige Luft in der Enge des Zeltes, und statt eines tiefen Lachens drang Safirs Schnarchen zu ihm heran. Jeder war sich hier so nah; er müsste sich nur strecken, um Kasims Wange zu berühren.
    Er fühlte sich eingepfercht; Kadirs Brust wirkte wie in ein zu kleines Wams gezwängt. In seinem Hals schwoll ein Kloß heran, als ihn die Sehnsucht nach Zuhause, nach etwas Vertrautem ergriff. Hier war alles fremd, von den abgestandenen Gerüchen bis hin zu den Fellen, die unter seinen Fingern kratzten. Fahrig wickelte er sich in die Leinendecke, während Kälte in seine Glieder kroch.
    Unvermittelt begannen seine Gedanken einen Reigen zu tanzen. Er wusste, dass er vor einer Entscheidung nicht länger davonlaufen konnte. Zitternd strichen seine Finger über den Ring seiner Mutter, der am Lederband warm auf seiner Brust ruhte. Was würde sein Vater an seiner statt tun? Mit einem Seufzen vergrub er das Gesicht in den Händen, ließ einen Moment die Tränen zu, bevor er sie herunterschluckte und ihre feuchten Spuren wegwischte.
    Im Grunde seines Herzens wusste er die Antwort.
    Zwischen den Fingern hindurch blickte er zurück zu Kasim; sofort kehrten die Bilder seines Traumes wieder. Kadir senkte mit gerunzelter Stirn die Hände in seinen Schoß. Wenn er recht nachdachte, kam es ihm immer weniger wie sein eigener Traum vor. Seine Finger prickelten, wenn er versuchte, sich die warme Haut an seiner kalten ins Gedächtnis zu rufen.
    Er schreckte auf, als Safirs Schnarchen mit einem Grunzen erstarb. Gähnend hob der dritte Mann im Zelt den Kopf, rieb sich stöhnend den Nacken und streckte den Rücken durch. Schließlich drehte er sich lächelnd zu Kadir, der sich beim Starren ertappt wusste. Eilig wandte der Prinz ihm den Rücken zu; er mochte die wachen Augen des anderen nicht, die ihm bis zum Kern seines Selbst zu dringen schienen. Elins Blicke waren ebenso beunruhigend. Als wisse sie, was er war, als durchschaue sie jede kleinste Lüge, ohne darüber ein Wort verlieren zu müssen.
    »Der Sturm scheint nachzulassen.« Safir lauschte, ehe er sich mit knackenden Gelenken erhob. Bedacht öffnete er das Zelt, nur um mit einem Fluchen zurückzuspringen. Eine Böe riss ihm die Plane aus den Fingern. Wie eine Woge verteilte sich Sand über Teppich und seinen Schuhen. Schimpfend schnappte Safir nach dem Stoff.
    Als er nach draußen verschwunden war, atmete Kadir tief durch, doch die Stille, die folgte, stieß ihn zurück in seine Grübeleien. Kasim war keine Hilfe - mit gesenktem Haupt saß er schweigend vor ihm. Seit der letzten Auseinandersetzung herrschte diese Spannung zwischen ihnen, die der Prinz beinahe greifen, jedoch nicht zerreißen konnte.
    Lang beäugte er sein Gegenüber. Seine Aufmerksamkeit wanderte zu der Wölbung unter Kasims Kragen, dort, wo er die Phiole wusste. Blinzelnd zuckte Kadir zurück. Ein sanftes Leuchten schimmerte durch die Poren des Kaftans. Es pulsierte, beinahe wie ein - ja, wie ein Herzschlag.
    Es dauerte einige Schläge, bis er sich davon losreißen konnte. Kadir schluckte trocken, bevor er mit belegter Stimme verkündete: »Ich habe einen Entschluss gefasst.«
    Kasim hob den Blick. Der Prinz wich ihm aus, blickte stattdessen starr auf seine Finger, die er schmerzhaft zu kneten begann. »Ich will zurück nach Alsahar«, fuhr Kadir fort.
    Sein Freund schöpfte hörbar Luft, doch er ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Nicht sofort, doch ich muss zurück.« Kurz kaute er auf seiner Unterlippe. »Herumsitzen und darauf warten, dass mich jemand holt und mir sagt, was ich zu tun und zu lassen habe - das ist lächerlich, selbst für mich.« Ein Seufzen folgte. Er war der Prinz der Wüste und würde das Andenken seines Vaters, all die Bemühungen, seit sein Großvater gestorben war, nicht mit Füßen treten.
    »Zuerst muss ich in Erfahrung bringen, was vor sich geht.« Kadir nickte kaum merklich. »Etwas ist gewaltig schiefgelaufen und in der Wüste selbst geht etwas nicht mit rechten Dingen zu.« Je länger er sprach, desto mehr verkrampfte sein Magen. Es lag so viel vor ihm, dass er einen Moment in Zweifeln versank und nicht wusste, wo er anfangen sollte.
    Verlegen schaute er auf. Kasim musterte ihn still. »Ich kann das nicht allein.« Nicht nur, dass er ohne Hilfe nicht lange stehen, geschweige denn laufen konnte; an reiten wollte er erst gar nicht denken. Ihm war die Wüste so unvertraut wie einem Säugling das Sprechen. »Ich weiß, ich verlange wahrscheinlich viel von dir und ich weiß auch nicht, wie -«
    »Ja.«
    Kadir blinzelte, während sich die Mundwinkel seines Freundes zu einer Seite anhoben. »Was?«
    »Ich bleibe. Bei dir. Helfe dir.«
    Ungewollt lachte der Prinz auf, wobei er durch die Nase schnaubte. »Und jetzt?«
    »Vielleicht kann Elin helfen«, bemerkte Kasim und wandte den Kopf herum.
    Langsam folgte Kadir seinem Blick zum verschlossen Zeltausgang, kaute dabei auf seiner Unterlippe. »Ich habe nicht einmal eine Ahnung, was ich ihr sagen soll.« Er senkte die Lider. »Ich habe mit Sicherheit keinen guten Eindruck hinterlassen«, fügte er kleinlaut hinzu.
    »Sie lebt in Wüste. Sie vielleicht etwas weiß.«
    Er hatte recht. Zudem half all das Grübeln nicht weiter, solange er nicht direkt fragte. Dennoch würde er vorsichtig sein müssen. Aus irgendeinem Grund missfiel es ihm, preiszugeben, wer er war.
    Kadir stutzte. Seit wann zauderte er, Dinge einfach anzupacken? Er war ein junger Mann der Tat, doch seit einiger Zeit schien er immer andere für sich entscheiden zu lassen. Das musste endlich ein Ende haben. Flüchtig strich er erneut über den Ring seiner Mutter.
    »Hilf mir auf.«

    Einmal editiert, zuletzt von Kitsune (8. Januar 2017 um 19:53)

    • Offizieller Beitrag

    Kasim hob den Blick. Der Prinz wich ihm aus, blickte stattdessen blickte starr auf seine Finger, die er schmerzhaft zu kneten begann. »Ich will zurück nach Alsahar«, fuhr Kadir fort.


    Ah es geht auch hier weiter. Das freut mich, auch wenn ich mich erstmal wieder einlesen musste, damit ich weiß, worum es geht. xD
    Viel passiert nicht, aber wie immer sind die Gedanken sehr schön und es ist gut zu hören, dass Kadir eine Entscheidung getroffen hat. Es ist auch die richtige, wie ich finde. Immerhin hat er auch eine gewisse Pflicht, so als Prinz. Sich einfach verkrümeln ist da nicht. :D
    Mal sehen, wie es weiter geht. ^^

    LG, Kyelia

  • Liebe(?) Kitsune - entschuldige, ich kann mir das einfach nicht merken :(

    Die ersten drei Abschnitte habe ich nun gelesen - mehr schaffe ich heute nicht mehr - und ich muss sagen, dass sie mir sehr gut gefallen. Ich habe sofort eine Szenerie vor Augen, die Stimmung springt über und ich mag die Spannung zwischen Kasim und Kadir.
    Du hast einen wundervollen, flüssigen, sehr bildlichen Schreibstil, der sich sehr angenehm liest.

    Inhaltlich fällt mir - außer dass ich die Idee spannend finde - nur ein, dass ich das mit Kadirs Bein recht logisch finde. Ich würde das auch nicht gleich jedem auf die Nase binden, schon gar nicht als Prinz. Man weiß, dass da was ist und das reicht mir an dieser Stelle auch.
    Und ich mochte es, wie du den Staffelstab übergeben hast.
    Kasim spricht mit Kadir, dann spricht Kadir mit der alten Eule und dann geistert die alte Eule durch die Gänge. War vermutlich gar nicht beabsichtigt, aber ich mochte das :)

    Eine kleine Anmerkung habe ich:

    »Mein Vater?« Kadir hob die Brauen. »Kam er mit einem Sklavenhändler?«
    Galib entblößte einen Teil seiner oberen Zähne, als er schnalzte. »Nein. Vor einigen Wochen tauchte er vor den Toren der Stadt auf und verbreitete Unruhe, indem er keine Papiere vorweisen konnte und sich gegen eine Befragung zur Wehr setzte. Er hielt sich drei Wachen vom Leib, bis er überwältigt werden konnte und beeindruckte den Hauptmann. Allerdings versteht er unsere Sprache nur bedingt.«

    Hier habe ich mich gefragt, warum der Vater mit dem Sklavenhändler kommen sollte. Es wird nicht deutlich, dass der Junge gemeint ist und das verwirrt, bis man es dann durch den nächsten Satz versteht.
    Ich denke, dass ein einfacher Satz reichen würde. Vielleicht "Kadir hob die Brauen. Warum sollte sein Vater einen Unbekannten als seine Leibwache einsetzen?" Oder so...naja, ganz deutlich wird das dadurch auch nicht, aber es ist auch nicht so wichtig eigentlich.

    Wie gesagt, ansonsten mag ich deine Geschichte bis hierhin wirklich und werde sicher wieder vorbei schauen.
    lg Shaylee

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    @Shaylee
    Es freut mich, dass du hierher gefunden hast. Nimm dir einen Tee und ein Stück Kuchen. Mach es dir ruhig bequem. Ich nehme jede Kritik, die ich kriegen kann. (Nebenbei, liebe Kitsune ist schon richtig. ;D) Deine Anmerkung ist notiert, ich schau, dass ich da noch 'ne Randbemerkung mit einbaue.


    Weiter im eigentlichen Text:

    Ich tue mich derzeit so schwer, das Folgende fortzuführen. Da ich aber glaube, zur Zeit alles nur zu verschlimmbessern, werfe ich jetzt trotzdem mit dem nächsten Fragment um mich. Das Gespräch will nicht recht in die Richtung fließen, in die ich es haben möchte bzw. in der ich es brauche ... Danke, Rüdiger. -.-


    Kurz darauf verließ Kadir auf den Arm seines Freundes gestützt das Zelt. Der Wind blies ihm das zerzauste Haar aus dem Gesicht. Aufgewirbelter Sand tanzte in letzten Böen um seine Beine, während sich die Staubwolke am Horizont verflüchtigte, um der Sonne ihren angestammten Platz einzuräumen.
    Nicht weit von ihnen entdeckten sie Safir. Er sprach mit einigen Frauen, die sich daranmachten, die Sturmschäden zu begutachten. Andere schüttelten Teppiche und Felle vor ihren Behausungen aus oder kümmerten sich um die Kamele, die unter etlichen Satteldecken wie begraben wirkten. Selbst ihr Pferd wurde umsorgt. Mit dem Schweif wedelnd und einem umgebundenen Futterbeutel stand ihr Brauner mitten unter den Wüstentieren. Sandkörner glitzerten auf seinen Flanken und langen Wimpern.
    Kadir beobachtete Safir, wie er half, Risse in den Zeltbahnen genauer in Augenschein zu nehmen und dabei unverhohlen schäkerte. Er lachte, scherzte, warf seinen Gegenüber lange Blicke zu. Was den Prinzen daran erstaunte – die dunklen Schönheiten erwiderten es ohne Scheu. Wie Verdurstende suchten sie seine Nähe, berührten ihn sanft an Armen und am Rücken. Sie schien in keiner Weise zu enttäuschen, dass eine Erwiderung dessen ausblieb.
    Als Kasim neben ihm das Gewicht von einem Bein aufs andere verlagerte, zuckte Kadir zusammen. Hatte er gestarrt? Hastig senkte er die Lider und stammelte davon, endlich Elin aufzusuchen. Er wollte seine Gedanken auf das Wesentliche konzentrieren und nicht der Erkenntnis erliegen, dass Safir ansehnlich war. Etwas dürr, mit dieser großen Gestalt und den langen Gliedern, die manchmal wie unbeholfene Spinnenbeine anmuteten, während seine schwarzen Locken verfilzt, beinahe kraus waren; flüchtig fragte sich Kadirs Verstand, wie es sich wohl anfühlte, mit den Händen hindurchzufahren.
    Steif ließ sich der Prinz zu der kleinen Gruppe führen, die in ein Gespräch verwickelt war. Energische Gesten untermalten jedes Wort. Eine der Frauen deutete immer wieder auf den länglichen Riss in der Zeltplane vor ihnen. Sie streckte gerade schnaubend einen Finger hindurch, als Safir sich mit gehobenen Brauen zu ihnen umdrehte.
    Kadir sagte – nichts, stierte stattdessen auf die feinen Linien über den braunen Augen. Erst als Kasim seinen Griff um der Taille des Prinzen verstärkte, räusperte er sich.
    »Ich – wir – müssen mit Elin sprechen«, stotterte er und hätte sich am liebsten im Sand vergraben.
    Safir sah sich um. »Sie ist noch in ihrem Zelt.« Er wandte sich zu den Frauen, besprach sich kurz und winkte dann den zwei Freunden, ihm zu folgen.
    Elins Zelt thronte im Zentrum des halbrunden Lagers, wobei es weder größer war noch sich in sonstiger Hinsicht von den anderen in seinem Schatten abhob. Safir deutete ihnen, davor zu warten, und duckte sich ins Innere.
    Ungewollt stieß Kadir die angestaute Luft aus seinen Lungen. Er war froh über den Halt, den Kasim ihm spendete. Gern hätte er sich selbst geohrfeigt. Es war nicht so, dass er den fremden Mann plötzlich mochte oder ihn mit anderen Augen sah, nur weil er Safir das erste Mal wirklich betrachtet hatte. Kadir straffte die Schultern, als leises Raunen zu ihnen drang; kurz darauf hob Safir die Plane an, um sie hereinzulassen.
    War das Zelt des Reisenden einfach und nur mit dem Nötigsten eingerichtet, so war Elins eine Explosion aus Farben und Kleinigkeiten. Statt der Felle türmten sich bunte Kissen und Decken auf weichen Teppichen, deren Muster aus Tropfen, Blattranken und anderen Ornamenten sich in rot und orange abhoben. Dunkle Stickereien zierten die inneren Zeltbahnen. Von den tragenden Holzbalken hingen etliche mit Leder umwickelte Ringe, an denen Federn, Glöckchen und Silberschmuck baumelte; Anhänger aus Händen und Augen mit stechend blauen Perlen funkelten im Lampenlicht. Ein leises Klimpern hing in der Luft, gleichzeitig roch es nach altem Rauch und etwas, das an die süße Herbe von verbrannten Wüstenkräutern erinnerte.
    Die Wanderin selbst saß hinter einem niedrigen Tischchen auf einem Kissenhaufen. Sie hielt ihre Pfeife in der Rechten, eine junge Schwarzhaarige im Arm zu ihrer Linken. Ihre Roben verhüllten kaum ihre Blöße, dünne Bänder nur locker um ihre Hüften gebunden.
    Kasim streckte den Kopf in alle Richtungen, während Kadir seine Aufmerksamkeit nicht von dem Szenario vor sich abwenden konnte. Elins Anhängsel schmiegte sich enger an sie, jedoch nicht ohne den beiden jungen Männern ein Lächeln zuzuwerfen. Schwarze Flecken hoben sich wie eine Landkarte von ihrem ockerbraunen Gesicht ab.
    »Ich hoffe, ihr habt den Sturm gut überstanden und konntet euch etwas ausruhen«, sagte Elin, zog an ihrer Pfeife und stieß kunstvolle Kringel in die Luft.
    Kadir nickte. Abwartend musterte ihn die Wanderin, bis sie schließlich schweigend zu einem weiteren Haufen Kissen deutete, auf den er sich dankbar niederließ. Er bestand darauf, dass Kasim sich ebenfalls setzte, ohne ein Widerwort zuzulassen.
    »Nun?«, begann Elin erneut. Mit den Fingerspitzen strich sie über den bloßen Oberarm ihrer Gefährtin, die sichtlich erschauderte, als sie das Gesicht an Elins Schulter vergrub. »Safir meinte, ihr wolltet reden.«
    »Ah, wo bleiben deine Manieren, Elin?«, schalt die junge Frau und setzte sich auf, wobei der helle Leinenstoff von ihrer Schulter glitt. »Gästen bietet man Getränke an.«
    Gähnend winkte die Wanderin in keine bestimmte Richtung. »Gäste sollte es nicht abhalten, zu reden, während du sie bringst, Liebes.«
    Ihre Gefährtin warf ihr mit gespitzten Lippen einen Blick über die Schulter zu, erwiderte jedoch nichts, als sie sich erhob und schwungvoll zu einer kleinen Anrichte am Rande des Zeltes tippelte.
    Derweil drehten sich die Gedanken des Prinzen wild im Kreis; er wusste nicht, nach welchem er zuerst greifen sollte, um sie anzuhalten. Er hatte sich zuvor nur kurz mit Kasim beraten, was sie ihr offenbaren sollten und was nicht, doch all das schien ihm zu entgleiten. Ihm wurde schwindlig, was nicht zuletzt an dem Qualm lag, der in der Luft hing. Er fühlte sich, als lägen ihm die Worte nur auf der Zunge, ohne sich hervorzutrauen.
    Plötzlich spürte er Kasims Hand auf seiner. Sacht und unsichtbar, doch sie war da.
    »Wie sicher ist es, durch die Wüste zu reisen? Zur Zeit, meine ich.« Kadir schimpfte sich ob seiner zittrigen Stimme. Er setzte sich aufrechter, fühlte sich jedoch klein unter dem nachdenklichen Blick der älteren Frau.
    Elin brummte, während sie den Stamm ihrer Pfeife in den Mundwinkel schob. »Die Wüste ist ein launiges Biest wie eh und je. Es ist nie sicher, durch sie zu reisen.«
    »In den letzten Wochen gab es ungewöhnlich viele Sandstürme, nicht?«, bemerkte ihre Gefährtin ohne von den Bechern aufzusehen, in die sie aus einem dunkleren Krug eine milchig-weiße Flüssigkeit goss.
    »Sagte ich ja, ein unberechenbares Biest.« Elin hielt inne. »Entschuldigt, aber ich würde zu gern erfahren, was euch zwei in die Wüste treibt.« Unverwandt beäugte sie Kadir, dessen Schultern nach vorn sackten.
    »Handel. Wir sind Händler.« Es war das Erstbeste, was ihm einfiel. Selbst in seinen Ohren klang es leer. Kasim betrachtete ihn von der Seite und seufzte kaum hörbar. Er hatte vorgeschlagen, bei der Wahrheit zu bleiben, doch dazu war der Prinz nicht bereit. Nicht, bevor er wusste, was seine Herkunft unter den Wüstenbewohnern auslösen würde.
    Die Wanderin schob die Brauen in die Höhe. »Mit einem Pferd und keiner Ware? Mehr als einen halben Tag von der nächst größeren Siedlung entfernt?« Sie schnaubte. »Auch Ihr müsst zugeben, dass das ein schlechter Versuch war.« Mit geübten Handgriffen klopfte sie ihre Pfeife auf dem Schälchen vor ihr auf dem Tisch aus. Das verbrannte Kraut qualmte noch. »Ich würde sagen, Ihr lauft vor etwas davon.«
    »Elin, jetzt wirst du unhöflich«, schimpfte es von der Seite. Die Wanderin ignorierte den Zwischenruf, musterte stattdessen abwartend ihr Gegenüber.
    »Und wenn es so wäre?« Kadir zitterte, verschränkte seine Finger mit jenen von Kasim.
    »Ich gehe so weit, zu sagen, dass jemand euch sucht.« Als sie vergeblich auf eine Erwiderung wartete, seufzte Elin. »Gut, seien wir ehrlich. Im Grunde interessiert es mich nicht, wer ihr seid oder woher ihr kommt, mir ist nur wichtig, meine Mädchen nicht in Schwierigkeiten zu bringen, denn sonst müsste ich meine Gastfreundschaft auf der Stelle beenden.«
    Mit einem Tablett voll klappernder Becher kehrte ihre Gefährtin zurück an den Tisch und stellte es geräuschvoll darauf ab; sie warf der Wanderin einen scharfen Blick aus großen Augen zu.
    »Wir haben nicht vor, irgendjemandem Schwierigkeiten zu bereiten«, raunte Kadir. »Und Eure Gastfreundschaft wollen wir ohnehin nicht länger ausnutzen.«
    »Richtig, Ihr wolltet bereits vor einigen Stunden aufbrechen«, bemerkte Elin spitz, wofür sie sich einen Klaps auf den Oberarm einfing. Seufzend fiel ihre Gefährtin neben ihr zurück auf die Kissen und verteilte die Becher.
    »Ich habe gelogen«, fuhr Elin unbeirrt fort. »Es interessiert mich brennend, was ein verwöhntes, kleines Ding, wie Ihr es seid, in die Garstigkeit der Wüste treibt, ohne zu wissen, wie sicher oder unsicher eine Reise ist.«
    »Was fällt Euch ein ...« Kadir schnappte nach Luft. Er spürte die Hitze auf seinen Wangen, während Kasim seine Hand kräftig drückte.
    »Wie ich sehe, habe ich ins Schwarze getroffen.« Elin trank aus ihrem Becher und grunzte zufrieden. »Deine Kräutermischung in der Kamelmilch ist hervorragend, Liebes. Wieder von dem reisenden Händler wie letztes Mal?«
    Ihre Gefährtin verdrehte die Augen. »Lenke nicht vom Thema ab.«
    »Wenn ich denn wüsste, was das eigentliche Thema ist«, schnaubte Elin, die begann, ihre Pfeife erneut zu stopfen.
    Kadirs Herz war schwer wie ein Stein, der ihm langsam bis hinab zum Magen sank. Dieses Gespräch erschien ihm mehr und mehr wie ein schlechter Scherz. Diese Frau dort vor ihm nahm ihn nicht ernst. Das würde selbst Kasims innig geliebte Wahrheit nicht ändern. Wahrscheinlich wäre das Gegenteil der Fall, wie der Prinz befürchtete.
    »Ich glaube, wir vergeuden hier unsere Zeit«, entfuhr es ihm.
    »Und ich glaube, Ihr solltet die richtigen Fragen stellen«, konterte Elin. Dieses Mal schalt ihre Gefährtin sie nicht, sondern sah wachsam zu ihren Gästen herüber.

    • Offizieller Beitrag

    Kadir sollte zwar vorsichtig sein, aber so, wie er das anstellt, drehen sich die Gespräche nur im Kreis :rofl:
    Elin scheint ja schon alles zu wissen und will es anscheinend nur aus deren Mund hören. :hmm:
    Der kann man eben nichts vormachen.
    Abgesehen davon, sollten sie sich vielleicht man bewusst werden, dass sie vielleicht verfolgt werden. Viel Zeit bleibt ihnen vermutlich nicht Oo
    Hoffentlich kann sich Kadir zur Wahrheit durchringen und Elin ihnen helfen - wie immer diese Hilfe auch aussehen mag.

  • Liebe Kitsune

    Wieder bin ich ganz begeistert von deiner Art zu schreiben.
    Du hast so ein aufmerksames Auge für passende, liebevolle Details, dass man sich automatisch vor Ort fühlt. Auf den ersten Blick bringt es deine Geschichte nicht weiter - zumindest nicht inhaltlich - wenn du vom warmen, trockenen Wüstensand oder dem fröhlichen Gelächter auf dem Hof schreibst, aber ich werde dadurch so nachhaltig in die Geschichte gezogen, dass ich mich viel mehr darauf einlassen kann.
    Das ist ein ganz großes Talent, das du da hast.

    Inhaltlich muss ich sagen, dass es mir sehr gut gefällt, wie sich die beiden Männer annähern. Ich störe mich nicht daran, dass der Prinz Kasim ein wenig neckt. Ich glaube ich würde ähnliches tun, um jemanden aus der Reserve zu locken :D
    Ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht.

    lg Shaylee

    PS: Im Spoiler findest du wieder ein paar Anmerkungen, aber nichts allzu schlimmes ;)

    Spoiler anzeigen

    Zu gern würde er sie im Ohr haben, doch den Gefallen würde ihm hier niemand tun.

    Hier hast du eine Wortwiederholung - und das mit dem "im Ohr haben" das klingt irgendwie nach etwas Störendem. Ich denke aber, du willst eigentlich etwas Positives ausdrücken. Was hältst du davon?
    Zu gerne würde er den vertrauten Klang noch einmal hören, doch diesen Gefallen tat ihm hier sicher niemand.

    Sein sandfarbenes Haar und die hellere braune Haut stachen heraus wie ein buntgeschmücktes Kamel unter all den schwarzhaarigen Männern,

    Hier fehlt etwas - ein Vergleich, der Sinn macht. Warum sollte man ein Kamel mit schwarzhaarigen Männern vergleichen? Ich weiß, was du meinst, aber es ist leicht falsch zu verstehen.
    Du hast zwei Möglichkeiten:
    1. Mit seinem sandfarbenen Haar und der helleren braunen Haut stach er unter all den schwarzhaarigen Männern heraus wie ein buntgeschmücktes Kamel.
    2. Sein sandfarbenes Haar und die hellere braune Haut stachen unter all den schwarzhaarigen Männern heraus, wie ein buntgeschmücktes Kamel in einer Nomadenfamilie (oder ähnliches).

    Nicht einmal das hatte die junge Leibwache.

    Da du dich - nehme ich an - auf den Bart beziehst, müsste es heißen "Nicht einmal den hatte..."

    Seufzend humpelte Kadir durch die offenen Gänge des Palastes, genoss den kühlen Marmor unter seinen Fußsohlen.

    Warmer, trockener Wind wehte durch die Fenster herein.

    Ich liebe deine Texte für solche Details - glaubwürdig, Athmosphäre schaffend. Man spürt den Wind, der den Sand in sich trägt und die Erleichterung des kühlenden Boden förmlich.

    Wobei - eine Ausnahme hätte er gemacht. Kadir hegte die Hoffnung, dass die junge Garde wieder unter seine Augen trat.

    Eine Garde ist immer ein Verband von Männern/Frauen. Es müsste Gardist heißen.

    Er hörte das Plätschern eines der kleineren Brunnen, durchmischt mit dem trägen Gesang einiger Zikaden; jemand rief einer Wache etwas zu und kurz darauf hallte Gelächter über die Höfe zu ihnen.

    Ein unheimlich toller Satz. Gefällt mir wahnsinnig gut.

    Das ist alles, was du brauchst, mein Sternenkind.«

    Hier bitte vorsichtig sein. Ich weiß nicht wo du hinwillst und ob dir das bewusst ist., aber mit Sternenkind werden Fehlgeburten bezeichnet - das ist also die Assoziation, die sich da bei jedem, der schonmal ein Kind verloren hat, einstellt. Wenn du da nicht hin willst, dann solltest du die Bezeichnung überdenken.

    sehr zum Leidwesen der Konversationen mit den Wachen, die sehr eintönig erschienen.

    Leidwesen der Konversationen - ich glaube nicht das diese Formulierung möglich ist. Besser wäre:

    Sehr zum Leidwesen des Prinzen, dem die Konversationen mit den anderen Wachen sehr eintönig erschienen.
    Sehr zum Nachteil der Koversationen mit den Wachen, die sehr eintönig erschienen.