Hallo @Kyelia
Schön, dass du dir wieder mein Geschreibsel zu Gemüte geführt hast xD
Es freut mich vor allem, dass dir dieser Teil gefällt.
Ich wollte nur sagen, dass ich den Teil jetzt verbessert habe und den nächsten einfach mal reinstelle. Da ich nämlich nächsten Montag auf Klassenfahrt bin und da einfach nicht posten kann, wird's dann diese Woche wohl mehr von mir zu hören geben. xD
Wir saßen einen Augenblick erstarrt dar, dann drehten wir synchron die Köpfe zu Tamurs Nachtlager und sahen zu Hibiscuse.
„Ich kann die Blutung nicht stoppen, ich habe kein Verbandszeug mehr.“ Hibiscuses Stimme war beinahe hysterisch und sie legte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf die Wunde. Da ertönte ein weiteres Geräusch, ein unangenehmes Reißen von Stoff. Der Fremde hatte kurz entschlossen sein Hemd in großzügige Streifen geteilt und drückte sie Hibiscuse in die Hand.
„Wenn sie stirbt, ist es meine Schuld.“
Gebannt und verzweifelt darüber, dass wir nichts für Faye tun konnten, starrten wir Hibiscuse an. Ein weiteres Aufbäumen ihres Körpers, dann senkte er sich erneut. Fassungslos warteten wir auf ein neues Heben der Brust, auf ein Zeichen des Lebens.
„Nein!“, rief Kotori entsetzt und Tränen flossen strömend über ihre Banken, bevor sie ihre Hände vor das Gesicht schlug. Amorya erhob sich, schwebte rasend schnell zu der Toten. Bei diesem Wort zuckte ich zusammen und dachte zurück an das Fest der Nixen, an dem Faye und ihre Freunde für die Menge gesungen hatten. Ich hörte ihre klare, schöne Stimme in meinem Kopf, ihr Kichern fühlte sich wie ein Dolchstoß direkt ins Herz an. Amorya legte währenddessen ihre gespreizte Hand auf Fayes Hals und schloss die Augen. Seltsame blaue Blitze sprühten an der Kontaktstelle hervor und Fayes Körper begann zu zucken. Abrupt ließ Amorya von ihr ab und legte ihr fürsorglich die Hand auf die Stirn.
Mit ihrer rauchigen, festen Stimme flüsterte sie leise: „Aufwachen!“ Wie eine Mutter ihrem Kind strich sie sanft über Fayes Wange. Ein heftiges Einziehen von Luft, das Aufschlagen der Lider und das ungläubige Schnaufen von Faye. Mit ihr stießen wir alle wieder Luft aus und lösten uns langsam aus der Erstarrung.
„Mach das nie wieder.“ Hibiscuses Vorwurf spiegelte nur allzu deutlich ihre Erleichterung wider. Fayes Arm schnellte hinauf und drückte sie fest an sich. Dann sah sie Tamur und schreckte zusammen, doch Hibiscuse nuschelte ihr eine Unmenge an Wörtern ins Ohr und erhob sich dann.
„Tamur, würdet Ihr so freundlich sein und uns den Weg zu Eurem Namensvettern zeigen?“ Ein Lächeln breitete sich auf ihrem angenehmen, zarten Gesicht aus. Tamur, der ehemalige Feind und neuer Freund, deutete entschieden in eine bestimmte Richtung.
„Wir sind vorhin einmal um Tamur herum geflogen. Wenn es dunkel ist, kann man seine Lichter von hier aus sehen.“
„Könnt Ihr uns vielleicht auch etwas über die Stadt berichten?“ Hibiscuse konzentrierte sich wie immer nach der Aufregung wieder auf die wichtigen Punkte unseres Auftrags.
„Wie ihr möglicherweise wisst, ist Tamur die Stadt der Magier und Magierinnen bezeichnen. Tamur ähnelt sehr einer Menschensiedlung. Es gibt dort Arme und Reiche, Junge und Alte, Gesunde und Kranke. Sie üben verschiedenste Berufe aus, von Händlern über einfache Holzarbeiter bis hin zu fürstlichen Beratern. Wie in so vielen Reichen bestimmen nicht die Fähigkeiten über den Werdegang der Bewohner, sondern ihre Abstammung oder ihr Vermögen. Erst vor kurzem hat der momentane Fürst, Fürst Gaillos der Erste, eine Verordnung erlassen, die es begüterten Nicht-Adligen erlaubt, Titel zu erwerben. Vermutlich will er damit seine Geldkasse auffüllen. Ihr müsst verstehen, Tamur ist keine arme Stadt, ihr Handel mit Gold und Silber, das sie aus ihren Minen schürfen, ist bis über alle Grenzen bekannt, doch seit Jahrhunderten führt die Magierstadt einen Kampf gegen die Stadt der Hexen, Monar.“ Tamur hielt in seinem Bericht an und sah uns an.
„Auch wenn diese Stadt als blühend und reich beschrieben wird, so ist sie doch nicht frei. Jedes Jahr werden Festspiele abgehalten, aus denen die besten Schüler herausgehen. Nur sie können sich in ihren magischen Fähigkeiten besonders ausbilden lassen, die anderen müssen selbst damit zurechtkommen. Ihr versteht wohl, dass Tamur das Risiko nicht eingehen will, einen schlechten Zauberer zu haben. Schlechte Zauberer heißen auch schlechte Zauber und diese bedeuten nicht selten einen größeren Brand. Die Eltern zwingen ihre Kinder von klein auf, der Rolle des Helden gerecht zu werden und quälen sie bis ins Unbeschreibliche, damit sie ja diese Festspiele gewinnen.“
Aglirië sah ihn überrascht an.
„Was wollt Ihr damit sagen? Die Eltern geben den Kindern vor, wie sie ihr Leben zu verbringen haben?“ Sie sah ihn schockiert an, weder bei den Elfen, noch bei den Feen, Nixen, Satyren und Kitsune gab es solche Regelungen. Bei letzteren war es sogar oftmals der Fall, dass die Jüngeren die Älteren vertrieben oder gar töteten, um die Sippe nicht zu schwächen. Amorya hatte noch nicht viel über die Kultur der Pihocas erzählt, doch es schien ein freies, wildes Volk zu sein, dass sich von nichts und niemandem zähmen ließ.
„Von den ältesten Söhnen wird erwartet, dass sie den Beruf des Vaters weiterführen. Die Töchter werden vielversprechend verheiratet ohne sie nach ihren Wünschen zu fragen. Allerdings ist dies nicht der Punkt, der mich so abstößt. Ich bin der Ansicht, dass man immer für die Freiheit kämpfen sollte und sich niemandem unterwerfen muss. Doch diese Geschöpfe fügen sich bereitwillig ihrem Schicksal, faseln etwas, dass die Göttin Tam diesen Weg für sie bestimmt hat und sie sich ihm fügen müssen. Ich glaube, ihre Eltern müssen sie gefügig gezogen haben.“
Wir sahen uns an, aber richtig überzeugt waren wir noch nicht. Fremde Kulturen konnte man meist erst verstehen, wenn man sie selbst erlebt hatte und erkannte, dass das meiste wahr war, was über sie erzählt wurde. Schweigend standen wir auf und gingen hinaus um uns nach den von Tamur berichteten Lichtern umzusehen. Von Tamur hatte ich zuvor noch nie gehört, doch das war nicht weiter verwunderlich, der Tiefenwald war kein sozialer Brennpunkt um die unterschiedlichsten Kulturen zu treffen. Ab und an verirrten sich unvorsichtige Wesen dort hin, doch dies blieben Ausnahmen. Die Bewohner dort benötigten weder die Waren von Händlern, noch zogen sie die Gesellschaft Fremder vor. Gaukler, Artisten oder andere Bühnenakrobaten waren meist wenig erfolgreich, besaßen die Waldleute doch selbst kaum Goldmünzen, sondern waren reine Selbstversorger.