Gruß euch! Hier Fragmente aus einer untergehenden Welt habe ich ja schon eine Welt vorgestellt, für die mir nun eine erste Geschichte eingefallen ist. Aber Vorsicht! Das ist wohl eher nichts für schwache Nerven. Ich habe euch gewarnt.
Die Aufhebung
„Dann sind wir uns also einig“, stellte Lastor fest.
„In der Tat. Es ist immer eine Freude, mit Euch und Eurem Haus Geschäfte zu machen“, stimmte Quastos zu.
Der Vampir erhob sich.
„Nun, Lastor mein Freund, ich habe noch eine kleine Aufmerksamkeit für Euch. Ich weiß, dass ihr Aswange euch selten etwas gönnt.“, sagte er und nickte seinem Leibwächter zu, ein hünenhafter Wendigo. Er war unbewaffnet, aber würde er die Gestalt der humanoider Katze annehmen, da machte sich Lastor keine Illusionen, könnte er ihn zerfetzen, würden seine Werwölfe nicht rechtzeitig decken. Leider waren gute Söldner verdammt teuer…
Der Wendigo öffnete die Tür zu dem Raum mit der langen Tafel. Eine Frau trat ein. Ihr Gewandt spannte sich um den gewölbten Bauch, ein Anblick, der Lastor sogleich das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ.
„Sie wurde mir wärmstens empfohlen“, meinte der Vampir lächelnd, „Sie weiß genau, wie man die Speise richtig aromatisiert und saftig werden lässt“
Dann verließ er, gefolgt von seinem Leibwächter, den Raum.
Die Frau trat zum Tisch und knöpfte ihre Kleider auf, bis der Bauch frei lag. Dann legte sie sich hin.
Der Aswang nahm direkt vor ihr auf einem Stuhl Platz. Er spürte, wie seine Zunge sich wandelte. Es war wie die Erektion eines Menschenmannes – der richtige Reiz genügte und man konnte es nur schwer verhindern. Doch hier bestand ja auch kein Grund.
Die Zunge schoss aus seinem Mund, dünn und hohl wie der Schnabel eines Kolibris und spitz wie eine Nadel. Leicht durchdrang sie die Bauchdecke. Er war vorsichtig, wenn er die Frau umbrachte oder unfruchtbar machte, würde der Besitzer Schadensersatz fordern. Und das würde teuer werden, wenn sie war, wie er vermutete.
Und das war sie! Und wie!
Genießerisch und langsam begann er zu saugen. Sie gab keinen Mucks von sich und zuckte nicht einmal. Gut abgerichtet! Zwar spürte sie keinen Schmerz, bestimmte Stoffe im Speichel des Aswangs verhinderten das, aber die meisten trächtigen Menschweibchen wurden emotional in diesem Augenblick. Darum wurden sie üblicherweise betäubt oder, von Aswangen, die den Nervenkitzel liebten, im Schlaf überfallen.
Das Fruchtwasser hatte Aromen von Früchten wie Ananas und Äpfel, die er herausschmecken konnte und… War das ein Hauch zcutscher Whiskey? Ja, tatsächlich! Den musste sie kurz bevor sie herkam getrunken haben, als sie für den Auftrag heute angeworben wurde! Alkohol war schädlich für den Fötus, ruinierte ihn allzu leicht. Aber kurz vor der Lieferung konsumiert fehlte ihm die Zeit. Nur ein leichter Rausch und ein feines Aroma für den Kunden war die Folge.
Dann der Fötus selbst. Das Blut und die Säfte waren rein, absolut vollkommen! Nur eine strenge und kostspielige Diät, saubere Luft und körperliche Übungen während der Schwangerschaft führten zu solcher Perfektion. Und was war das? Konnte das sein… Tatsächlich! Ein Zwilling! Fast wurde ihm schwindlig. Wie teuer musste das hier gewesen sein! Nun schuldete er seinem Geschäftspartner einen Gefallen.
Doch warum den Augenblick von solcher Trübsal ruinieren lassen. Langsam, Schlückchen für Schlückchen genoss er sein Mahl.
Die Frau musste kurz vor der Niederkunft gewesen sein. Schließlich sah sie aus, als hätte sie gerade entbunden.
Lastor aber war gesättigt und würde es für sicher zwei Wochen sein.
Seine Zunge verließ den Bauch, zog sich in den Mund zurück und formte sich wieder in ihre ursprüngliche Form.
„Mein Name ist Lyssa Ur“, sagte die Frau, „Wenn Ihr zufrieden wart, empfehlt mich Euren Freunden“
„Zufrieden bin ich in der Tat“, sagte der Aswang und genoss den leichten Rausch, „Wer ist dein Besitzer? Ich sehe weder Brandzeichen noch Halsring. Das ist gefährlich. Es soll doch jeder wissen, mit wem er sich anlegt, wenn er eine Lieferung stielt“
„Ich bin nicht zugeteilt“, antwortete Lyssa, „Ich arbeite auf eigene Rechnung. Die meine Ware als Geschenk für private und Geschäftsfreunde anwerben haben ein Auge auf mich. Wissen, was sie an mir haben, trotz meiner Preise“
Sie setzte sich auf und presste ein sauberes Tuch auf den kleinen Einstich, aus dem ein Tropfen Blut sickerte. Sein Speichel würde die Wunde rasch verschließen.
„Du machst das gänzlich freiwillig? Nicht viele Menschen wären dazu bereit. Sicher, jedes trächtige Weibchen kann einem Aswang als Nahrung dienen, aber sie reden sich für gewöhnlich ein, dass es eine andere treffen würde und geben sich heimlich Mühe, dass es übel schmeckt“
Angewidert dachte er an seine letzte Mahlzeit. Eine üble Diät aus Spargel, Knoblauch und rohen Zwiebeln hatte sie unerfreulich werden lassen. Aber so war es eben, wenn man kostenlose Nahrung aus der eigenen Herde bezog und nicht für Besseres zahlen wollte.
Lyssa lächelte. „Ich will nicht immer Vieh bleiben, wisst Ihr? Die meisten bleiben es ihr elendes, kurzes Leben lang, bis sie den Ghulen als Fraß dienen. Ich aber will aufgehoben werden, eines Tages. Dafür spare ich. Dafür tue ich, was ich am besten kann.“
Anerkennend sah er sie an.
„Und es stört dich nicht, dass deine Jungen, die du so lange, über Monate, in dir getragen hast, sterben, ehe sie geboren werden?“
„Alles hat seinen Preis“, sie sagte es ohne Wehmut.
Er spürte ein Ziehen in seinem Inneren. Nicht wie die Erregung vor dem Mahl. Es war der Aufhebungsdrang. Diese Frau verkaufte ihre Brut in ihrer Gier kaltblütig! Was für ein vollkommener Aswang sie sein könnte.
„Was hältst du von von den Entwicklungen auf dem Menschenmarkt gerade?“, fragte er beiläufig.
„Für mich? Recht gut! Die Wendigowak haben Kindsfleisch für sich entdeckt, vor allem Milchkinder, also solche, die noch keine feste Nahrung zu sich genommen haben. Und ihre vampirischen Herren geben es ihnen gern hin und wieder, um sie bei der Stange zu halten. Die Aswange sind natürlich zu sparsam. Aber im Moment ist es oft lohnender, das Kind auszutragen und etwas zu mästen, als es ungeboren Euresgleichen zu servieren. Vampire zahlen besser. Diese Konkurrenz der Käufer treibt den Preis nach oben. Angebot und Nachfrage, Ihr versteht. Ich verdiene besser denn je“
Sie verstand etwas von Wirtschaft! Darauf könnte man aufbauen. Müsste weniger investieren, um sie auszubilden. Gierige Menschen gab es viele, aber solche, die schon etwas Verstand mitbrachten…
„Kindsfleisch, eine Vergeudung!“, stellte er fest, „Diese Werwölfe und Wendigos können ebenso Erwachsene, ja arbeitsunfähige Greise fressen und sich damit besser den Magen füllen.“
„Erwachsene muss man aber erst aufzüchten. In der Kindheit ist der Wert eines Menschen einfach nicht hoch. Wisst Ihr, die Menschen lieben den Akt und leben ihn nicht zur mit Succubae und Incuben aus. Es gibt sehr viele Kinder, wenn auch nur wenige von hoher Qualität. Wusstet Ihr, dass eines von vier Kindern stirbt, ehe es zehn wird, ohne gefressen zu werden wohlgemerkt? Dann taugt es nur noch für die Ghule“
„Tatsächlich?“, Lastor war fasziniert. So hatte er das noch nie betrachtet. Vielleicht sollte er seinen Werwölfen und Wendigowak auch hin und wieder junges Fleisch geben.
„Wie viel Geld hast du schon gespart?“, fragte er.
Der Aufhebungsdrang war mittlerweile gewaltig. Diese Frau war von der Ausbeuterin berührt!
„450 Häupter“, sagte sie.
Er unterdrückte ein Pusten. Der Gegenwert von 450 gesunden, erwachsenen Menschen!
„Ich habe auch schon ein Angebot bei 500 Häuptern bei Haus Synd-Uruni. Ich will nicht von irgendjemandem aufgehoben werden und eine gesicherte Zukunft als Aufgehobene haben, wisst Ihr?“
Er dachte nach. Was sie sagte war mehr als glaubwürdig. Es war ein realistischer Preis für eine Aufhebung durch die Uruni, den Aswang-Zweig des Hauses. Und sie wäre zweifellos ein Gewinn für sie.
„Ich mache dir ein Gegenangebot. 450 Häupter und du wirst durch mich aufgehoben. Und Mitglied im Haus Nazur“
Sie sah ihn an.
„Ich muss gestehen, ich hatte gehofft, dass Ihr dieses Angebot machen würdet“
„Dann schlage ich vor, dass du umgehend das Geld holst. Ich gebe dir ein paar Söldner mit. Die Synd-Urunis werden kaum begeistert sein und haben vielleicht ein Auge auf dich“
Sie nickte.
Der unterirdische Saal war mit zahlreichen, rußenden Kerzen beleuchtet. Fünf Aswange und einige andere Aufgehobene und ausgesuchte Menschen standen vor dem Altar, hinter dem sich die Statue einer reich geschmückten Frau erhob. Die Ausbeuterin, Göttin der Aswange, des Handels, der Gier und vieler anderer Dinge.
Lyssa legte sich auf den Altar.
Lastor grinste in sich hinein bei dem Gedanken, dass er dem anderen Haus dieses Prachtstück abgeluchst hatte. Und dass er seine Söldner mitgeschickt hatte, die sie getötet hätten, hätte sie noch ein besseres Angebot bei der Konkurrenz einzuholen versucht.
Er hob die Arme und das Getuschel endete.
„Wir sind heute hier versammelt, weil wir ein neues Familienmitglied geboren wird aus unser aller Mutter, der Ausbeuterin! Ein Mensch wird sterben, doch der Tod wird keine Macht haben über ihn. Denn sein Vergehen macht dem wahren Leben Platz. Lasst die Worte erschallen!“
Die Gemeinschaft rief aus: „Ausbeuterin, unsere Herrin! Hebe diesen Menschen auf, wie eine Strafe oder ein Verbot aufgehoben wird. Vernichte, was an ihr unvvollkommen, vergänglich und deiner unwürdig ist! Ausbeuterin, unsere Herrin! Hebe diesen Menschen auf, wie ein Vorrat aufgehoben wird! Erhalte alles Gefällige an ihr bis in alle Ewigkeit! Ausbeuterin, unsere Herrin! Hebe diesen Menschen auf, wie man eine Münze aufhebt vom Dreck des Bodens, sie poliert und in seinen samtenen Geldbeutel legt! Mache sie zu deiner Auserwählten und erhöhe sie über alle Sterblichen!“
Lastor wandte sich direkt an Lyssa, aber so laut, dass alle es hören konnten: „Hast du verstanden, was die Aufhebung bedeutet?“
„Ja“, sagte sie.
„Willst du dem Hause Nazur dienen und seinen Reichtum mehren, indem du den deinen mehrst? Willst du ihm zur Durchsetzung gegen alle Konkurrenten verhelfen und ihm loyal sein, bis es alle Monopole auf sich vereint? Willst du der Ausbeuterin zum Gefallen existieren und ihr stets Ehre machen? So antworte ja, das begehre ich!“
„Ja, das begehre ich!“
„So empfange den Segen deiner Herrin!“
Ein dunkler Gesang setzte ein, als seine Zunge zum zweiten Mal an diesem Tag ihre Bauchdecke durchbohrte. Lastor bebete vor Aufhebungsdrang. Statt zu saugen ließ er seine dunklen Säfte fließen. Heißkalt drangen sie in Lyssas Leib, die zu zucken begann.
Er zog sich zurück. Betrachtete sie. Wie sie in Krämpfen ihren Mund aufriss und die Zunge herausstreckte, die sich wandelte. Zu einer dünnen Röhre wurde, ähnlich dem Schnabel eines Kolibris. Ein wunderschöner Anblick. Dann war es vorbei. Sie lag still.
„Der Mensch, der Ihr wart, ist tot. Fortan soll Euch der Plural zukommen, denn nun seit Ihr mehr als ein Mensch!“, verkündete Lastor zärtlich, „Eurer Name soll fortan Gandra sein. Die Fruchtbare. Denn fruchtbares Kapital sollt Ihr für dieses Haus sein. Und nun empfangt eine Gabe der Familie, in die Ihr gerade geboren wurdet!“
Zwei Werwölfe führten eine von Drogen benommene Schwangere zum Altar.