Kapitel 2.2
Lea musste nachdenken, und das konnte sie am besten beim Trainieren, also war sie in den Trainingsraum ihres Vaters gegangen. Die Generalshalle, war eine natürliche Höhle im Norden des Schlossparkes, und war einfach riesig, an die hundert schritt lang und breit, mit hohen Felswänden an denen allerlei Waffen und Rüstungen hingen, in der Mitte befand sich eine zwanzig mal zwanzig schritt messende Kampffläche. Das besondere war dass jedes erdenkliche Terrain in den Boden eingelassen war von Sand über Gras bis sogar sumpf, so konnte man sich auf jede erdenkliche Weise das Training erschweren. Ansonsten stand der raum voll mit Gewichten, Strohpuppen und einem haufen anderer vor sich hin alternder Gerätschaften. Doch Lea hatte etwas anderes im Blick, im hintersten Teil der Halle befand sich ein trainingspacours, auf den ersten Blick sah er ziemlich einfach aus, war er auch wenn man ihn ohne die, wie sie es nannte „Kleine Herausforderung“ machte, diese Herausforderung hing in form von schweren Holzknüppeln, Sandsäcken jeder Größe und einem Haufen Zielscheiben aus Holz, an der Decke. Die einzelnen Geräte waren an einem Metallgestell befestigt und mit Seilen untereinander verbunden. Die Enden dieser Seile verschwanden irgendwo in der Wand, Lea kannte keinen der wusste wohin die Taue führten, aber das war ihr auch egal. Sie trat an die Wand und zog den ersten von drei dort angebrachten Hebeln, sofort senkten sich die Hindernisse von der Decke bis Lea den Hebel wieder umlegte, dann griff sie zum nächsten und Vorfreude durchströmte sie, jetzt kam der Teil der ihr bis heute den Atem raubte. Als sie den zweiten Hebel vorsichtig nach unten drückte, fingen sich die Seile an zu bewegen, dadurch schaukelten die Metallgestelle und die daran befestigten Trainingsgeräte schwenkten unvorhersehbar über den Pakours. In einer Runde kam ein Sandsack von hinten angerauscht in der nächsten musste man an der gleichen Stelle eine Zielscheibe treffen. Lea trainierte schon seit sie klein war auf diese Weise und noch kein einziges mal hatte sie die Bewegungen der Anlage vorhersehen können. Manche sagten es sei Magie, andere wiederum wiesen auf die Seile hin die in der Wand verschwanden und behaupteten dahinter befände sich eine zwergische Anlage, die das ermöglichte. Lea war sich da nicht so sicher aber der Gedanke einen Magischen Hindernislauf zu durchlaufen gefiel ihr immer noch am besten. Sie stellte sich an den Startpunkt und atmete tief durch dann sprintete sie los. Die erste Hürde bestand aus dicht beieinanderstehenden Holzstangen, an denen kleine und große Zielscheiben angebracht waren, die man im Vorbeilaufen treffen musste. Lea schlug und stach mit präzisen Bewegungen ohne dabei an Geschwindigkeit zu verlieren, diesen Teil kannte sie auswendig da er nie verändert wurde und die Ziele an der selben Stelle hingen. Als sie die letzte Scheibe mit zwei schnellen Hieben ihrer Dolche getroffen hatte hörte sie das Rauschen eines Sandsackes von der Seite, schnell brachte sie sich mit einer Flugrolle nach vorne in Sicherheit und spürte den Luftzug hinter sich vorbeiziehen, den Schwung nutzend kam sie wieder auf die Beine und stach gleichzeitig in eine an ihr vorbeigleitende Zielscheibe. Dann rannte sie weiter auf die nächste Herausforderung zu, einem querliegenden Baumstamm über den man balancieren musste, Lea sprang auf den Stamm und wäre fast zur Seite weggerutscht, doch sie konnte sich mit wild rudernden Armen doch noch halten, also drosselte sie ihr tempo doch ein wenig und achtete darauf wo sie ihre Schritte hinsetzte, zumindest bis zu dem Augenblick bis sie ein hölzerner Knüppel in den Rücken traf, sie fluchte als sie der Aufprall stolpern ließ. Ein weiteres Holzstück kam auf sie zugerauscht und Lea blieb nichts anderes übrig als sich auf den Stamm fallen zu lassen um der Waffe auszuweichen, sie Schlang ihre Beine um das abgewetzte Holz und robbte Schritt für Schritt vorwärts. Als sie am Ende des Balkens angekommen war rappelte sie sich hoch und fluchte laut. Sie war so sehr auf ihre Schritte fokussiert gewesen, sodass sie das verräterische Pfeifen, dass die heranrauschenden Gegenstände von sich gaben, überhört hatte. „Fokussier dich nicht zu sehr auf eine Sache“ hörte sie die Mahnende Stimme ihres Vaters in Gedanken sagen „Du wirst nie nur einen Gegner haben, wenn du kämpfst ist die Umgebung dein Feind, es sei denn du kennst und verstehst sie, dann und erst dann, kann sie in der Schlacht dein Freund sein!“ Nach diesen Worten hatte sie Ihr Vater das erste mal mit in diese Halle genommen und ihr den Kampfbereich in der Mitte gezeigt, erst als sie auf jedem in dem Boden eingelassenen Terrain ohne Mühe Kämpfen konnte und sogar anfing den Untergrund zu nutzen um sich strategische Vorteile zu sichern, hatte der General seiner Tochter den Parcours gezeigt. Seit diesem Tag trainierte sie hier auf ihre Umgebung zu achten und gleichzeitig zu Kämpfen. Lea seufzte und ließ sich an der Stelle wo sie Stand zu Boden sinken und starrte an die Decke, mit einem Schlag hatte sie alle Energie zum trainieren verloren. Ihr Verstand realisierte erst jetzt die gesamte Tragweite der Ratsversammlung und des Gespräches mit ihrem Vater. Krieg. Das war es was ihr Angst machte. Ereons Armeen waren längst aufgelöst und das Volk glaubte nicht mehr an die Gefahr aus den Grauen Inseln, der König und sein Rat würden lange brauchen um neue Heere auszuheben und die Soldaten speziell auszubilden, damit sie gegen die Monster bestehen konnten. Außerdem mussten die Verteidigungsanlagen und Festungen erneuert und bemannt werden all das würde Zeit brauchen, Zeit die ihnen nicht zur Verfügung stand, also war der Kontinent bis dahin fast Schutzlos. Fast Schutzlos, eine Hoffnung gab es noch: Die verbliebene Wächterin Ryah Wolfsheart, die sich irgendwo auf Ereon verbarg. Sie musste gefunden werden und bei Blars hässlicher Fraze sie würde nicht versagen so wie die anderen. Lea durchfuhr neue Energie, sie sprang auf und fixierte den nächsten Abschnitt des Parcours. „Also dann, zeig mir was du drauf hast.“ rief sie herausfordernd in die Trainingshalle, dann rannte sie los. Sie bemerkte nicht dass Ihre Augen heller leuchteten als sonst oder dass ihre Bewegungen unmenschlich schnell wurden, sie bemerkte es nicht dass die Anlage sich veränderte sich ihrem Trainingsstil anpasste und neue Hindernisse schuf. Doch die Gestalt in der roten Plattenrüstung und dem Zweihänder auf dem Rücken die in der Halle aufgetaucht war sah es. Dem General rollte eine Träne über das alte wettergegerbte Gesicht, er richtete sein Haubt gen Himmel und murmelte „Es ist vollbracht, Lydia, ihr Erbe ist erwacht.“