Bitte nimm' es nicht persoenlich wenn ich mich hier eher skeptisch zeige - es ist professionelle Skepsis. Ich versuche seit ich mit Schwetkampf angefangen habe zu verstehen was der historische Kontext ist, was in den Manuskripten eigentlich gesagt wird, was deren Annahmen fuer das Vorwissen der Leser eigentlich sind und was moegliche Unterschiede zwischen dem was wir lernen und der Fechtkunst im Mittelalter ist.
Die Quellenlage ist... schwierig. Angaben auf vielen Seiten widersprechen sich. Ein Typ aus Helsinki dessen YouTube Videos eigentlich ziemlich fundiert und plausibel erscheinen beruft sich trotzdem hier und da auf physikalische Unmoeglichkeiten. Wenn man zur Wikingerzeit zurueckgeht werden Angaben von irgendjemandem abgeschrieben - aber wenn ich in ein archaeologisches Paper ueber die relevante Ausgrabung schaue, dann steht da wieder was ganz anderes. Ich hab' deswegen viel versucht die Grundlagen zu verstehen und Physik, Metallurgie, die Manuskripte, Biomechanik etc. angeschaut (statt von den Anwendern zu lesen).
Ich versuche einfach - nicht zuletzt weil ich drueber schreibe - zu verstehen wie Schwertkampf funktioniert.
Bei deinen Angaben hier
Federn sind halt eben extrem auf Geschwindigkeit getrimmt. Sie sind leicht, haben einen viel längeren Griff etc. Mit schwertförmigen Trainingsschwertern ändert sich auch die Art des Freikampfes. Da geht es nicht mehr nur um Geschwindigkeit sondern auch mehr um Kontrolle, Bindung Impuls etc.
Ich glaub auch nicht das es mit Trainingsschwertern wirklich viel gefährlich ist:
habe ich eben bei Recherchen in (englischsprachigen) Foren schon das komplette Gegenteil gehoert. Also - Stand meiner Recherche zu den Unterschieden zwischen scharfem Schwert, stumpfem Schwert und Feder ist folgener:
Ein scharfes Schwert handhabt sich besser als ein stumpfes
Der Grund der dafuer angegeben wird ist dass beim Schleifen Material weggenommen wird. Ich hab's nie mit einem Schwert probiert, aber ich habe den Wikingerschild den wir bauen auf ein historisch belegtes Profil geschliffen statt ihn ueberall auf der gleichen Dicke zu lassen - da gingen gut 10% vom Gewicht weg, und weil das primaer aussen weggenommen wurde, geht das Traegheitsmoment runter - der Schild laesst sich schneller drehen.
Bei einem Schwert wuerde man Material von oberhalb des Schwerpunkts entfernen - der Schwerpunkt wuerde tendenziell naeher zur rechten Hand wandern und das Traegheitsmoment fuer Hiebe wuerde sinken weil Material eher weit vom Schwerpunkt entfernt wird - qualitativ stimmt das also, ein geschliffnes Schwert wird schneller. Wie gross der Effekt quantitiativ ist weiss ich nicht, aber ich halte die These fuer plausibel.
Ein stumpfes Schwert ist beim Sparring gefaehrlicher als eine Feder
Hier hatte ich mehrere Leute gefunden die sich - nach einschlaegigen Verletzungen - aus Sicherheitsgruenden einfach weigern mit jemandem zu sparren der keine Feder verwenden will.
Die Physik gibt mir hier zwei Aspekte in die Hand: Einmal die Biegesteifigkeit entlang der Schnittebene. Die ist bei Schwert und Feder viel hoeher als quer dazu (wo sich die Klinge normalerweise biegt), aber (aufgrund der groesseren Breite der Klinge) beim stumpfen Schwert nochmal ein gutes Stueck hoeher als bei der Feder.
Bei einem Einschlag auf ein hartes Target skaliert die hoechste wirkende Kraft mit der Biegesteifigkeit - wenn die beim Schwert einen Faktor 10 hoeher ist (und das praktisch gar nicht nachgibt) als bei der Feder (die vielleicht ein bisschen nachgibt) dann ist auch die Kraftspitze die wirkt 10x hoeher.
Bei einem Treffer auf ein Gambeson bildet die Dicke des Gambeson die Knautschzone und wie sehr das Schwert nachgibt ist irrelevant, aber bei einem Treffer auf Maske oder Hartplastik (Handschuh...) halte ich es fuer ziemlich sicher dass ein stumpfes Schwert mehr Zerstoerungspotential hat. Der Effekt wird verschlimmert dadurch dass die Kraft beim stumpfen Schwert auf eine kleinere Flaeche wirkt (die stumpfe Schneide ist immer noch schmaeler als die 'Schneide' der Feder). Das Risiko eine Maske oder einen Handschuh einfach durchzuhauen schaetze ich deswegen mit einem Schwert deutlich hoeher ein.
Die zweite Frage ist die Biegesteifigkeit bei einem Stich (also quer zur Schnittebene). Die ist in beiden Faellen geringer, auf Anhieb kann ich nicht sagen was da steifer (und damit gefaehrlicher) ist - ich wuerde grob sagen dass das eine metallurgische Frage ist - welcher Stahl wurde da verwendet? Fuer ein Schwert das echt verletzen und auch durch eine Ruestung durchgestossen werden soll soll wuerde ich einen steiferen Stahl verwenden als fuer eine Uebungswaffe. Generell sind da die Federn die wir haben auch nicht identisch - meine eigene ist eher auf der steifen Seite, was der Verein fuers Turnier austeilt deutlich leichter und biegsamer.
Eine Feder ist gemacht um die Charakteristik eines scharfen Schwerts abzubilden
Ich hab' das Statement auf mehreren Webseiten gefunden, generell ist die Frage - welches Schwert, welche Feder? Wir haben - wie oben erwaehnt - ja eine gewisse Bandbreite bei Gewicht, Biegsamkeit und sogar Laenge und aehnlich ist das wohl bei Schwertern auch, die waren kaum standardisiert.
Generell halte ich es fuer moeglich eine Feder zu bauen die um die Achse die fuer einen Hieb benutzt wird das gleiche Traegheitsmoment hat wie ein scharfes Schwert. Diese Feder waere dann - siehe These #1 - auch in gewissem Massschneller als ein stumpfes Schwert.
Verglichen mit den Waffen die ich in Hämeenlinna auf dem Mittelaltermarkt in der Hand hatte wirken die Federn sehr durchdacht und gut geplant was Lage des Schwerpunkts oder Rotationsverhalten angeht. Ich halte die These daher fuer plausibel, aber schwer zu beweisen.
Scharfe Schwerter beissen bei Kontakt ineinander, Federn nicht
Und das aendert das Bindungsverhalten und macht Fuehlen bei Schwertern einfacher. Das konnte ich praktisch ueberall hoeren und lesen und wird nicht bestritten, die Frage ist - in welchem Mass?
Offensichtlich muss es davon abhaengen wie scharf genau ein Schwert geschliffen ist. Zumindest bei meinem Abstecher zu stumpfen Einhandschwertern konnte ich keinen dramatischen Unterschied zur Feder feststellen, eher graduell. Die Frage ist dann - ist der Unterschied in der Praxis eher klein, oder waren die Schwerter nicht scharf genug?
Man kann mit einer Feder definitiv Aktionen nach Lehrbuch aus der Bindung fechten - ich hatte gestern Gelegenheit Minna und Saara beim Sparring zu beobachten, und die haben das sehr viel gemacht. Aber mir fehlt der Vergleich, da wuerde ich wirklich gerne mal testen wie sich der Unterschied anfuehlt.
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Soweit zu meinen Recherchen - hier ist meine Feder, einmal Gesamtbild, einmal Profil: