Zweites Kapitel
Schon von der obersten Stufe hörte Simon das derbe Lachen. Seine Gesichtszüge verhärteten sich und er ging schneller. Im spärlichen Licht der Fackeln an der Wand, sah er seine Männer. Sie standen im Halbkreis inmitten des Ganges. Der Größte von ihnen, „Sicks“ beugte sich gerade vor und gab dem Gegenstand, der vor ihm auf dem Boden lag, einen Schubs. Ihn beschlich eine Ahnung was dort vorging und seine Wut nahm zu. Beim näherkommen erkannte Simon den sich windenden Sack. Seine Wut steigerte sich in Hass und rief eine Flut an Bildern hervor und damit verbundene Emotionen. Ihm gelang es dagegen anzukämpfen. Von je her, verabscheut er es, wenn Soldaten Gefangene quälten. Und dies war noch nicht einmal ein Mann, sondern eine Frau! Noch dazu eine Nonne! „Was geht hier vor?“ Die Männer zuckten zusammen und nahmen Haltung an. Drei von Ihnen machten Platz, so dass er den sich windenden Sack auf der Erde sehen konnte. Wimmernde Laute waren zu hören.
Mit ausgestrecktem Finger deutete Simon darauf. „Ist das eure Art Befehle auszuführen?“ Er war so wütend, am liebsten hätte er sein Schwert gezogen und ihnen eine Lektion verpasst. Doch er rief sich in Erinnerung, dass er erst seit zwei Tagen das Amt des Hauptmanns Inne hatte. Die Männer konnten nichts dafür, dass der letzte Hauptmann unfähig gewesen war, sie in ihre Schranken zu weisen. Früh genug würden seine Männer erkennen, dass er sich durchsetzten konnte. Er sah einen nach dem anderen finster an. Er hielt mit ihnen den Blickkontakt, bis sie den Kopf senkten. Am Schluss der Reihe stand „Sicks“. Bei Ihm dauerte es am längsten, doch auch er senkte zum Schluss den Blick. „Wenn ich noch einmal erleben sollte, dass einer von Euch meinen Befehlen zuwider handelt oder nicht ausführt, der wird mit Zehn Rutenschlägen bestraft. Und die Strafe werde ich selbst ausführen. Habt Ihr verstanden?“ Es war so still in dem Gang, das man das Zischen der Fackeln hören konnte. Die Männer nickten. „Und jetzt....“ Simon deutete auf den ruhig daliegenden Sack. „Bringt Sie in die hinterste Zelle. Auf Anordnung des Sheriffs. Ein Jedem ist es unter Strafe verboten mit Ihr zu sprechen oder Hand an Sie zu legen. Ihr lasst Niemanden zu Ihr, bis ihr andere Befehle erhaltet. Niemanden!“ Zwei seiner Männer näherten sich dem Sack. Augenblicklich begann sich die Frau zu winden. Simon sah einige Minuten zu wie die Männer vergeblich versuchten die Frau zu bändigen, dann reichte es ihm. Simon knurrte ungeduldig. Er umfasste den Sack in der Mitte und warf sich die Frau über die Schulter. „Aufmachen!“ Brüllte er seine Männer an. Sie beeilten sich ihm voraus zu laufen und die hinterste Zellentür des fackelerhellten Gangs zu öffnen. Simon legte den sich windenden Sack behutsam auf die Strohschütte in der Zellenecke und lockerte die Stricke. Ihre Kutte war bis zu den Knien hoch gerutscht und Simon konnte ihre wohlgeformten Waden sehen. „Still, oder ich werde euch verletzten!“ Sagte er laut. Ihre Gegenwehr erlahmte.Mit dem Dolch zerschnitt er die Stricke, die ihre Fußgelenke gefesselt hielten. Er streifte ihr den Sack weiter nach oben. Dann steckte er den Dolch in den Gurt und stand auf. Mit schnellen Schritten ging Simon zur Tür. Er hörte in seinem Rücken, wie sich die Frau selbst von Sack und Knebel befreite. Ohne noch einmal zurück zu schauen, schloss er die Zellentür. Mit einem scharrenden Geräusch wurde der Riegel vorgeschoben. Das Geräusch erzeugte bei ihm, wie jedes Mal wenn er es hörte, eine Gänsehaut.