- Offizieller Beitrag
Onyx lehnte es vehement ab, die Zeilen zu wiederholen. Er kam sich albern vor und außerdem konnte er sie Lola auch aufschreiben. Doch niemand ließ ihn so davonkommen. Sie alle bettelten, flehten, rutschten auf ihren Knien vor ihm her – naja, das machte nur Daig, der die Zeilen für Lola unbedingt wissen wollte. Diese drängte sich dann neugierig an Daig vorbei und setzte sich kniend vor Onyx. Mit ihren tiefblauen Augen sah sie ihn flehend an.
„Ich bitte dich, sag sie mir“, flüsterte sie. Onyx dunkle Augen sahen zwischen ihren hin und her. Er haderte mit sich, während die anderen lautstark mit ihm diskutierten wollten, aber ihre Stimmen wurden immer leiser für ihn, während Lolas Blick lauter wurde.
„Versuchst du mich zu hypnotisieren?“
„Nein, ich versuche ehrlich darum zu bitten. Etwas anderes würde ich nie tun“, flüsterte sie zurück.
Außerdem hätte es keinen Sinn. Der Mann, an den ich gebunden bin, ist immun gegen meine Magie. Ihre Stimme im Kopf beendete den Satz, aber ob sie mit Ehrlichkeit bei ihm weiterkam, wusste sie nicht.
„Na schön“, gab er nach und raffte sich auf. „Aber wehe einer lacht!“
Alle schüttelten schweigend mit dem Kopf. Noch einmal musste Onyx sich räuspern, ehe er versuchte ebenfalls demütig zu klingen, wie es Lola vor ihm tat. Doch im Sprechen war er bekanntlich nicht der Beste. Allerdings, und das konnte kaum jemand verstehen, war es bei diesen Versen anders.
„Blute für dich, ich blute für dich, Sterben für dich, ich werde sterben für dich, Unser Ende naht.“
mein Schwert kämpft nicht für mich,
ich blute nur für dich.
doch auch der Tod trennt uns nicht,
ich sterbe nur für dich.
Cloud drehte sich weg und wischte sich mit seinem Ärmel über sein Gesicht.
„Du heulst doch nicht, oder?“, wimmerte Ferda.
„Nein, mir ist Glut in mein Auge geflogen“, erwiderte er.
Onyx hatte zwischen den Zeilen nicht gemerkt, wie sein Blick zu Lola geschweift war und bei ihr haften blieb. Beide sahen sich schweigend an, während Daig sehr wohl die seltsame Stimmung bemerkte. Unbemerkt von den beiden, stand er auf und schlich sich zu Cloud und Ferda. Mit seinem Fuß stieß er sie an, während die beiden drohten den Moment zu zerstören.
„Du heulst ja doch, du Mädchen.“
„Ja und? Du doch auch!“, erwiderte Cloud.
„Ja, aber ich bin ein Mädchen.“
Daig kniete sich hin und wandte deren Köpfe zu Onyx und Lola.
„Lasst uns lieber mal schlafen gehen. Wir müssen ganz früh wieder raus!“, befahl Daig.
Ferda sah ihren Bruder an und verstand was ihr Cousin damit sagen wollte.
„Ja, ich bin auch schrecklich müde“, stimmte sie leise zu.
„Also ich nicht“, widersprach Cloud und wollte gerade Onyx etwas zurufen, als Daig ihm den Mund zuhielt und Ferda geistesgegenwärtig die restlichen Pilze ergriff.
In Windeseile stopften sie Cloud diese in den Rachen und zwangen ihn zum Schlucken. Lange brauchten sie auf die Wirkung nicht zu warten. Dank der Dosis verdrehte er, wie Daig zuvor, die Augen und schlief ein.
Ferda nahm seine Füße und Daig seine Hände. Zusammen trugen sie ihn vom Lagerfeuer weg, als Onyx sie dabei im Augenwinkel erspähte.
„Moment mal, wartet. Was wird das denn?“, rief er ihnen hinterher.
„Cloud hat schon wieder Pilze gefressen, wir legen ihn hin und gehen selbst schlafen. Gute Nacht und schlaft schön“, rief Ferda und sie verschwanden in der Dunkelheit.
Onyx sah sich um und merkte erst jetzt, dass er mit Lola allein am Feuer saß. Jetzt einfach aufzustehen und fortzulaufen wäre unhöflich gewesen, eigentlich genau seine Art, aber er blieb sitzen. Vielleicht stand Lola auf, aber auch sie tat nichts dergleichen, so dass sich wieder ein Schweigen über sie legte. Onyx streckte sich und betrachtete sie von der Seite, während sie schüchtern weg sah.
„So ...“, setzte er unsicher an. „Dein Vater ist also Schmied?“
Lola fuhr mit ihrem Kopf herum und lächelte.
„Eh … ja, ist er“, antwortete sie.