Wie tief ist eine Konzeption?

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 2.489 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (30. November 2017 um 16:12) ist von bigbadwolf.

  • Hallo Leute!

    Ich wollte mal fragen, wie "tief" eure Konzeptionen reichen oder wie ein Konzept von euch aussieht.

    Ich selbst habe viele Ideen im Kopf, teilweise auch niedergeschrieben, jedoch tu ich mir etwas schwer bei einer gezielteren Ausarbeitung.
    Über die Persönlichkeiten meiner Charaktere bin ich mir schon bewusst - auch über mögliche Plotpoints und Settings - jedoch fällt es mir beim schreiben ziemlich schwer zu entscheiden "wann" eine Szene abgeschlossen ist und wie ich meine Charaktere nun in die nächste Szene leiten soll.

    Arbeitet ihr sowas auch in euren Konzepten aus?
    Wäre es möglich, ein Konzept von euch mal anzuschauen?

    LG

    Eaven

  • Gutes Thema.
    Also ich arbeite zunächst die gesamte Handlung stichpunktartig aus, auch die Charaktere, Orte und sonstigen Zusammenhänge. Es hilft auch, zu versuchen, das gesamte Buch in einen Satz zu packen. Das ist bereits ziemlich schwierig. Danach kann man selbiges mit Einzelkapiteln machen, damit man sich genau durchdenkt, was Haupt- und was eher Nebenhandlung ist.
    Neben dem Aussehen von Charakteren (insbesondere Protagonisten) ist es hilfreich, eine Art psychologisches Profil zu erstellen: Was will der Charakter erreichen und wie, warum handelt/denkt er so und nicht anders? Wodurch ist er geprägt?
    Alles Genannte kann sich dann beim Ausformulieren (aus 1 Stichpunkt können mal 2 Sätze, aber auch mal 3 Seiten werden) noch tausend Mal ändern, ABER immerhin hat man dann schon was, woran man sich orientieren kann.

  • Hallo, @eavenflow.

    Ich denke, das einige hier im Forum quasi ohne ausgearbeitetes Konzept mal losschreiben und dann schauen, was so passiert. Eine Geschichte hab ich so mal angefangen (hier: Ins kalte Wasser). Dabei muss ich aber auch sagen, dass es mir nicht so wichtig war, ob die Handlung oder der Charakter irgendwie / irgendwo "weiterlebt".
    Mein Konzept umfasste dabei eigentlich nur ein paar Schlagworte bzw. Sprichworte, etwa, dass man manchmal einfach den Sprung ins kalte Wasser wagen muss. Oder die Reflexion, dass ich (als Autor) machmal Dinge nicht zuende denke, d.h. einfach drauflos schreibe. Und die Frage, was schon passieren konnte, wenn man einfach mal etwas wagte.
    Das ist vielleicht ein Beispiel für ein sehr dünnes Konzept. Wobei das Berglöwenvolk etwas mehr ausgearbeitet ist.

    Bei Kurzgeschichten sieht das meiner Erfahrung nach anders aus als bei längeren Geschichten (Novellen, Romane). Für mich geht eine Kurzgeschichte immer auf einen bestimmten Effekt zu, den ich erzielen will. Dazu plane ich natürlich anders, weil im Idealfall jeder Satz etwas zum Funktionieren dieses Effekts beitragen soll, z.B. dass der Leser eine völlig andere Erwartung über das Geschehen hat als tatsächlich der Fall ist. Um so etwas zu ermöglichen muss natürlich auch die Erzählperspektive passen, d.h. die Information, die man dem Leser gibt, muss entsprechend gefiltert sein.

    Bei einem Roman wäre es sehr mühselig, jedes Detail auf einen Effekt hin zu optimieren. Hier kann man auch breiter erzählen, eine Stadt oder Landschaft beschreiben etc. Dafür muss man aber schauen, dass man den Überblick behält (über Orte, Personen, Plots, Sub-Plots, Plot-Twists,...). Manche verwenden dafür Excel-Listen. Ich habe das mal angefangen, aber da ich eh zu selten schreibe und wenn dann eher Kurzgeschichten, ist das wieder etwas untergegangen.

    Als Tipp würde ich dir raten: Setze dir ein realistisches Ziel, mit dem du evtl. Probleme hast, und probiere aus. Gerade wenn du Probleme damit hast zu entscheiden, wann eine Szene zu Ende ist, dann könntest du dir vornehmen, eine kleine Begebenheit zu erzählen. Überleg dir, welche Bausteine in der Handlung vorkommen müssen und arbeite sie - erst einmal - minimal aus. Meine Vermutung ist, dass sich jeder Baustein in einem Satz zusammenfassen lässt :hmm:
    Nehmen wir als Thema mal das des Wettbewerbs Okt/Nov 2017: Rache (notwendig lassen wir mal weg).
    Für einen Racheplot braucht es:
    a) jemanden der sich rächt (Rächer)
    b) das, was der Rächer rächt (Unrecht?)
    c) jemanden oder etwas, an dem sich der Rächer rächt
    d) die Art und Weise, auf die die Rache vollzogen wird (Rachehandlung)

    Das ist jetzt im Grunde schon ein erster Schritt zu einem Konzept (vielleicht ist es auch schon eines, ich hab keine Ahnung ^^ ). Das kann man jetzt auf eine Milliarde Arten ausgestalten, z.B. kann sich Helga an Uma dafür rächen, dass diese am Sonntag vor ihr die Kirche verlassen hat (was ihr standesgemäß nicht zugestanden hätte), indem sie die Blüten der Blumen an Umas Fenstern abschneidet.

    Je nachdem wie viele Zutaten man hier noch reinmischt, wird die Story länger, komplexer, spannender,... und ggf. erfordert sie weitere Plot-Überlegungen. Für eine Kurzgeschichte könnte man sich überlegen, ob es einen Überraschungsmoment geben soll oder ob die Rache besonders kreativ / witzig ausgeführt werden soll etc.
    Man kann sich auch überlegen, wie man a) bis d) dem Leser vermittelt. Z.B. könnte der Rächer selbst erzählen (Ich-Perspektive) oder es könnte aus Sicht des Rächers in der 3. Person (sie / er) dargestellt werden (dann kennen wir die Gefühle des Rächers, wissen vielleicht aus seiner Erinnerung von b)). Man könnte alles chronologisch erzählen, z.B. in drei Szenen: Unrecht - Planung der Rache - Ausführen des Racheplans, oder irgendwo auf dem Weg zur Ausführung starten und mit Rückblenden und Erinnerungen arbeiten. Wichtig ist aber, dass die Leser alle Infos von a) bis d) bekommen. Wobei es vielleicht auch spannend ist, etwas davon auszulassen :hmm: Wird dann etwas experimenteller, vielleicht sogar kafkaesk ^^ Naja, bleiben wir mal beim "Einfachen", weil auch das ist ja schon schwer genug. ^^

    So, jezt ist mal genug. Wenn du weitere Fragen hast, nur zu.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Ich stimme Asni da sehr zu.
    Selbst habe ich meine Geschichte ohne große Vorarbeit begonnen und wollte sehen, wo sie mich hinbringt. Ich hatte natürlich die ein oder andere Idee, die ich dann für den Anfang aufgegriffen habe und hatte einige Themen im Sinn, die mir wichtig waren, aber Welt, Charaktere, Beweggründe usw. sind alle später entstanden. Quasi als es nötig war.

    Das birgt natürlich die Gefahr, dass man sich in einer Sackgasse verrennt, aber hey. Dann wird es eben umgeschrieben. :rofl:

    Häupter auf meine Asche!

  • Ich Stimme da bigbadwolf zu

    Gutes Thema.
    Also ich arbeite zunächst die gesamte Handlung stichpunktartig aus, auch die Charaktere, Orte und sonstigen Zusammenhänge. Es hilft auch, zu versuchen, das gesamte Buch in einen Satz zu packen. Das ist bereits ziemlich schwierig. Danach kann man selbiges mit Einzelkapiteln machen, damit man sich genau durchdenkt, was Haupt- und was eher Nebenhandlung ist.
    Neben dem Aussehen von Charakteren (insbesondere Protagonisten) ist es hilfreich, eine Art psychologisches Profil zu erstellen: Was will der Charakter erreichen und wie, warum handelt/denkt er so und nicht anders? Wodurch ist er geprägt?
    Alles Genannte kann sich dann beim Ausformulieren (aus 1 Stichpunkt können mal 2 Sätze, aber auch mal 3 Seiten werden) noch tausend Mal ändern, ABER immerhin hat man dann schon was, woran man sich orientieren kann.

    so gehe ich mittlerweile ebenfalls vor, Anfangs wollte ich mich nie festlegen, was aber bei mir nie Funktioniert hat, am Ende hatte ich mich dann immer in meiner eigenen Geschichte verirrt ^^

    Das oben genannte Vorgehen hat den entscheidenden Vorteil das es Schreibblockaden vorgebeugt (zumindest bei mir...)

    "Beurteile die Bücher nie nach dem, mit was sie im Anfang einleiten, sondern wozu sie am Ende hinleiten."

    Ignatius von Loyola