Es gibt 323 Antworten in diesem Thema, welches 76.318 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (31. Oktober 2018 um 10:36) ist von Tariq.

  • Kapitel 9 - Teil 3

    »Halt!!«, rief die Gestalt alarmierend. Es war Tempestas, der Jiyuus Klinge gerade noch ausweichen konnte, indem er mit Skoryy, Yarkiys Zugtier, im letzten Moment die Richtung änderte.
    »Tempestas?!«, rief May verwundert.
    Dieser hielt an, stieg ab und lächelte erleichtert. »Ach herrje, das war ja ganz schön knapp. Mit Jiyuu sollte ich mich wohl besser nicht anlegen«, meinte er beeindruckt.
    »A-Aber was machst du hier?«, fragte dieser verwirrt. »Wir dachten, du …«
    »Ich erkläre euch alles unterwegs«, unterbrach Tempestas ihn. Seine Miene wurde ernst. »Wir müssen uns beeilen.«
    »Was ist denn los?«. Fragte May verunsichert.
    Tempestas schritt allen voran und führte das Tier neben sich her. »Ich bin auch nicht ganz im Bilde, doch ich befürchte, dass sich Yarkiy in Schwierigkeiten befindet, weil sie mir geholfen hat.«
    »Wie – in Schwierigkeiten? Was ist passiert?«, fragte Jiyuu.
    »Einige Okhrana sind an der Stelle aufgetaucht, wo wir zurückgeblieben sind, und haben sie mitgenommen. Sie hat sich zunächst geweigert, doch die anderen hatten anscheinend überzeugende Argumente«, erzählte Tempestas.
    »Sie haben sie also gegen ihren Willen mitgenommen? Aber warum?«, wollte May wissen.
    »Ich kann nur mutmaßen. Ich verstehe die Sprache der Okhrana nicht besonders gut. Das hat man davon, wenn jahrzehntelang nicht übt und einem die Praxis fehlt. Sie schienen jedenfalls sehr erzürnt darüber zu sein, dass sie in meiner Gesellschaft war. Zunächst wollten sie sie einfach wegschleppen, wogegen sie sich gewehrt hat. Sie haben sich über irgendetwas gestritten, aber dann hat einer von ihnen etwas gesagt, woraufhin Yarkiy sie dann schließlich begleitet hat. Skoryy hat sie zurück­gelassen, deswegen habe ich auch so schnell hierher gelangen können. Blizostas sind sehr flink und haben einen guten Orientierungssinn.« Tempestas kraulte das Tier am Nacken.
    »Aber solltest du dich nicht noch schonen?«, fragte May besorgt und musterte ihn genau.
    »Wie ihr aufgebrochen seid, ist mir wirklich noch etwas schwummrig zumute, aber seit gut zwei Stunden bin ich wieder ganz bei Kräften«, versicherte Tempestas ihr.
    »Konntest du denn gar nichts unternehmen, um sie daran zu hindern, Yarkiy mitzunehmen?«, fragte Zack verwundert.
    Tempestas lächelte unbeholfen. »Wollte ich zunächst, aber du hättest Yarkiys Blick sehen sollen, als ich aufgestanden bin. Wenn Blicke töten könnten …«
    »Kann ich mir bildhaft vorstellen«, brummte Zack nachdenklich. »Und was sollen wir jetzt tun? Hast du irgendeine Idee?«
    »Ich glaube nicht, dass Yarkiy auf unsere Hilfe hofft. Ich denke eher, sie will nicht, dass wir uns hier einmischen …« Tempestas blieb stehen und warf den anderen einen erwartungsvollen Blick zu. »Doch ich würde behaupten, das sind wir ihr schuldig. Das bin ich ihr schuldig.«
    Die anderen drei nickten zustimmend, woraufhin sie ihren Weg fortsetzten.

    »Ach ja, wir haben den Armreif gefunden!«, unterrichtete May Tempestas schließlich über ihren Erfolg.
    »Das habe ich mir schon gedacht. Ich bin eigentlich den Impulsen meines Amuletts gefolgt, das die Präsenz des Armreifs wahrgenommen hat. Ich bin mir aber nicht sicher gewesen, ob es sich nicht doch um eure Amulette handelt, die ich gespürt habe.« Tempestas blickte die drei abwechselnd an. »Hat ihn jemand von euch schon angelegt?«, fragte er interessiert.
    »Nein, noch nicht. Wir wollten zunächst zu dir zurück«, erklärte Jiyuu.
    »Wir sollten uns seine Kraft zunutze machen. Da dies hier ein Gebiet mit vulkanischen Aktivitäten ist, würde ich vermuten, dass die Macht des Feuers in ihm schlummert. Ich denke, May sollte ihn anlegen, was meint ihr?«, fragte Tempestas die beiden anderen.
    »Das ist eine gute Idee!«, meinte Jiyuu. »Feuer in Kombination mit ihren Pfeilen könnte eine effektive Waffe sein«, überlegte er.
    »Ja, stimmt – nimm du ihn, May. Dann bist du nicht mehr so hilf… ähm, ich meine schutzlos«, ermutigte sie Zack.
    »Danke.« Sie warf ihm einen pikierten Blick zu und holte den Armreif behutsam aus der Tasche. Sein rötliches Schimmern spiegelte sich in Mays Augen und bei seinem Anblick fühlte sie sich wie hypnotisiert. Langsam führte sie ihre rechte Hand durch den Reif, der sich sogleich über ihrem Handgelenk zusammen­zog und sich dessen Form genau anpasste.
    »Unglaublich!«, staunte sie.
    »Ja, ich war damals genauso fasziniert.« Tempestas lächelte.
    »Hey, probier’ ihn mal aus«, meinte Zack ungeduldig.
    »Dazu ist doch später noch Zeit. Wir sollten uns jetzt lieber beeilen, oder nicht?«, entgegnete May. »Ich mach mir Sorgen um Yarkiy. Tempestas, weißt du denn überhaupt, wo sie sie hingebracht haben?«
    Dieser schüttelte unwissend seinen Kopf. »Ich nicht – aber Skoryy vielleicht.«
    »Irgendwie find’ ich das jetzt nicht sehr beruhigend, dass wir uns auf einen fuchsschwänzigen Ziegenhirsch verlassen sollen«, seufzte Zack.
    »Du hast aber auch keinen besseren Vorschlag, oder?«, entgegnete Jiyuu.
    »Du doch auch nicht!«, erwiderte Zack und ging weiter.
    Nachdem sie den Fluss wieder erreicht hatten, machten sie kurz Rast und teilten etwas Brot untereinander auf. Sie stillten ihren Durst und Tempestas tränkte den Blizosta am Flussufer.
    May näherte sich dem Tier und streichelte es sanft auf seiner Stirn. »Dein Name ist Skoryy, nicht wahr? Weißt du, wo Yarkiy jetzt ist? Kannst du uns vielleicht zu ihr führen?«, fragte sie liebevoll.
    »Ja, natürlich kann ich das. Ich bin schließlich ein Ziegenhirsch«, sprach Zack mit verstellter Stimme, während er sich hinter dem Blizosta versteckte.
    »Du …« May erblickte ihn und schüttelte lachend ihren Kopf. »Du bist so ein Vollidiot.« Sie kam auf ihn zu und deutete an, ihn schlagen zu wollen.
    »Aber fast hättest du’s mir abgekauft!«, lachte er und ging in Deckung.
    »Zack ist manchmal ein richtiger Spaßvogel«, meinte Tempestas, kicherte und stellte sich vor Skoryy. Er berührte mit seiner Stirn sanft die des Tiers. »Bitte, führe uns zu Yarkiy«, flüsterte er, worauf der Blizosta ein paar Schritte zurück machte und sich dann in Bewegung setzte.
    Die vier folgten ihm in nördliche Richtung den Weg zurück über die Brücke, auf die andere Seite des Flusses, durch den Wald, bis sie an den Fuß eines Berges im südöstlichen Teil des Nubs Gebirges kamen.

    Skoryy hielt vor einer riesigen Felswand und blickte hinauf.
    »Da oben?«, fragte Jiyuu. »Na gut, dann lasst uns einen Weg nach oben suchen!«, meinte er entschlossen.
    »Warte einen Moment.« Tempestas nahm die Felswand etwas genauer in Augenschein. »Dort! Dort oben!« Er zeigte auf etwas glänzendes, dass zwischen zwei hervorstehenden Felsen angebracht war. Bei genauerer Betrachtung sah es wie ein kleines silbernes Rundschild aus.
    »May, kannst du das von hier aus treffen?«, fragte Tempestas sie.
    »Mit dem Bogen? Ich kann’s versuchen.« Sie nahm ihren Bogen zur Hand, holte einen Pfeil aus dem Köcher und spannte ihn ein. Sie konzentrierte sich auf das Ziel und schoss.
    »Das war wohl nix!«, rief Zack, nachdem der Pfeil daneben ging.
    »Versuchs nochmal«, meinte Jiyuu zuversichtlich.
    Sie nickte und spannte einen weiteren Pfeil ein. Wieder fokussierte sie die runde glänzende Scheibe und ließ den Pfeil los, doch auch dieses Mal traf sie nicht.
    »Das war nur knapp daneben – beim nächsten Mal triffst du!«, rief Zack begeistert.
    »Gut, ich versuch’s noch einmal.« Sie spannte erneut den Bogen und richtete die Pfeilspitze ihrem Ziel entgegen.
    »Atme tief durch und denk nicht zu viel darüber nach, zu treffen. Lass den Pfeil sich sein Ziel suchen«, meinte Tempestas mit ruhiger Stimme.
    May versuchte, seine Worte umzusetzen und atmete tief ein und wieder aus. Sie schloss kurz ihre Augen und lausche einen Moment lang den Geräuschen des Waldes. Schließlich ließ sie los und die Sehne zischte an ihrer Wange vorbei und dieses Mal landete sie einen Treffer, was einen hellen Klang erzeugte.
    »Gut gemacht«, lobte Tempestas sie und richtete seinen Blick auf die riesige Felswand, die nun kaum merklich zu pulsieren begann.
    Plötzlich formte sich eine Treppe ins Gestein, die in Schlangenlinie verlaufend weit nach oben führte.
    »Das – das ist einfach unfassbar!«, staunte Zack. »Hab’ ich hier Hallus oder seht ihr das auch?« Er ging zu der Treppe und tastete die erste Stufe ab. »Was ist das für komisches Gestein? Anfühlen tut es sich ganz normal. Ha! Das würde den irren Geologie-Professor auf meiner Uni komplett aus der Bahn werfen«, meinte er völlig euphorisch.
    »Beeindruckend, nicht wahr?« Tempestas lächelte. »Ich habe schon vieles über die raffinierten Höhlensysteme der Okhrana und ihre Fähigkeit, Gestein zu verformen, gehört, aber das übertrifft alle Erwartungen. Dieser Anblick erinnert mich ein wenig an meine Heimat.« Er betrat die erste Stufe und deutete den anderen, dass sie ihm folgen sollten.
    »Kommst du mit Skoryy, oder wartest du hier?«, fragte May das Tier, bevor sie die Treppe betrat.
    Der Blizosta ging einige Schritte zurück und machte ihnen klar, dass er zurück­bleiben würde.
    May nickte ihm verständnisvoll zu und folgte den anderen drei nach oben.

    In einer Höhe von ungefähr dreißig Metern erblickten sie den Eingang einer Höhle. Er war sehr schmal und führte in einen dunklen Gang.
    »Yarkiy ist also irgendwo hier drinnen«, meinte Jiyuu mit besorgtem Blick.
    »Die Okhrana sind ein sehr friedliebendes Volk. Mach dir keine Sorgen«, erklärte Tempestas.
    »Wenn du das sagst …« Jiyuu sorgte sich weniger um die Okhrana, als darum, die dunkle Höhle zu betreten, die ihn ein wenig an die Minen der Kemai erinnerte.
    Schließlich schritten sie durch den Höhleneingang, der zweifelsohne nicht auf natürliche Weise entstanden war, und gelangten so ins Innere.
    »Sind eigentlich alle Okhrana so heiß wie Yarkiy?«, fragte Zack.
    »Wie genau meinst du das?«, fragte Tempestas ihn verwirrt.
    Zack grinste und sah zu May, die ihm einen verachtenden Blick zuwarf, was er trotz des spärlichen Lichtes hier drinnen vernahm. »Ähm … nicht so wichtig«, meinte er daraufhin kleinlaut.
    Sie tasteten sich den Gang entlang, dessen Wände total glatt waren und sich ungewöhnlich warm anfühlten. Da sie nun kaum noch etwas vom Vordermann erkennen konnten, mussten sie sich an den Wänden orientieren.
    Am Ende des Gangs wurde es heller und nachdem sie ihn verlassen hatten, befanden sie sich unmittelbar vor zwei riesigen Rundbögen, die aus dem gleichen Gestein geformt waren.
    Zack lief unter dem rechten der beiden Bögen hindurch, unter dem eine große metallene Glocke an einem Seil hing, und gelangte so auf eine Art Aussichts­plattform.
    »Wahnsinn! Seht euch das an!« Er winkte die anderen zu sich.
    Sie befanden sich inmitten einer gigantischen Höhlenhalle im Inneren des Berges. In den Felsformationen waren überall kleinere Höhlen, die wie Behausungen aussahen und durch unzählige Wege verbunden waren, doch niemand war zu sehen. Durch mehrere Öffnungen in der Decke der riesigen Halle drang vereinzelt schwaches Licht und die Wege und Treppen waren mit Fackeln erhellt.
    »Das ist …« May blickte fasziniert hinab. »… Fantastisch …«
    »Keine Bewegung!«, ertönte eine laute, verärgerte Stimme in einer unverständlichen Sprache.

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    Next Part

  • Hey @kijkou

    Spoiler anzeigen

    Das war ein guter Teil. Der perfekte Zeitpunkt, dass Tempi wieder voll da ist. ^^
    Aber irgendwie kaufe ich ihm das noch nicht ganz ab.

    Hier entführst du uns also in ein anderes Umfeld. Ich bin echt gespannt, was du für uns dort bereit hälst.

    »Sind eigentlich alle Okhrana so heiß wie Yarkiy?«, fragte Zack.

    Schäm dich Zack! Der hat echt keine Kinderstube genossen!

    »Eniek Gnugeweb!«, ertönte eine laute, verärgerte Stimme.

    Wie bitte? Da wirst du uns wohl noch aufklären müssen ^^

    Zur Fehlersuche hatte ich keine Lust ;)

    LG ^^

  • Zitat von kijkou

    Da steckt ein ganz einfacher Trick dahinter Schade dass es hier keine Spiegelschrift-Font gibt, sonst wäre es noch cooler

    AHHHHH...... :D:D:D

    Ich hab's herausgefunden. Du bist ja ein ganz schlauer Fuchs. Coole Idee :thumbup:

  • Ave! oder auch ein kurzes Hallo ;)
    Ich habe zwar erst den Prolog gelesen aber die Geschichte wirkt auf mich sehr spannend!
    Ich freue mich schon deine Geschichte weiter zu lesen! :newspaper:

    LG Engel :saint:

  • Kapitel 9 - Teil 4

    Auf einmal waren sie von einigen Okhrana umzingelt. Alle hatten genau wie Yarkiy grünes Haar, einen langen Schwanz mit buschigem Ende und Hörner auf ihren Köpfen, wobei die Männer größere hatten als die weiblichen Okhrana. Sie alle waren nur mäßig bekleidet und trugen teilweise exorbitanten Schmuck, der aus Federn und farbigen Steinen angefertigt war.
    Die scheinbar wütenden Dorfbewohner hielten Waffen, welche May und Zack noch nie zuvor gesehen hatten, auf die vier gerichtet. Es schien sich um Schusswaffen zu handeln, die aus einem glänzenden Material gefertigt und wie ein Ypsilon geformt waren.
    »Friedliebendes Volk, hm?«, meinte Zack leicht ironisch an Tempestas gewandt.
    »Wir haben keine bösen Absichten«, sprach dieser mit ruhiger Stimme und verneigte sich respektvoll. »Wir wollten uns nur bei Yarkiy bedanken, das ist alles«, erklärte er.
    »Es ist Menschen nicht gestattet, in unser Dorf einzudringen! Yarkiy macht uns nur Schwierigkeiten!«, schrie einer der Okhrana zornig und stellte sich warnend vor Tempestas, der nicht wusste, wie er reagieren sollte.
    »Du!!« Ein anderer Okhrana, der eine Kette aus den Federn verschiedenster Vogelarten um den Hals trug, zeigte wütend auf Jiyuu. »Du bist mit deinen kameraden hier eingedrungen, um uns zu töten! Diese Waffe bringt den Tod!!«, brüllte der Okhrana-Mann aufgebracht und sah ihn streng an.
    »Was?« Jiyuu schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht – Tempestas, was sagen sie?«, fragte er nervös.
    Der Okhrana schritt auf ihn zu und gab ihm einen Stoß, sodass er rücklings stürzte.
    »Jiyuu, leg dein Schwert ab – ihr auch. Legt eure Waffen ab. Ich vermute, dass sie glauben, wir sind mit feindlichen Absichten gekommen«, wies Tempestas die anderen an.
    Jiyuu, nahm seinen Zweihänder mit einer langsamen Bewegung vom Rücken und hielt ihn dem Okhrana, der die auffallende Federkette trug, mit dem Griff voran entgegen. Dieser riss es ihm aus der Hand und gab es einem anderen hinter sich.
    »Wie habt ihr unser Dorf gefunden?!« Ein weiterer Okhrana, dessen Brust eine riesige Narbe zierte, richtete sich an May. »Sprich schon! Hat Yarkiy euch hierhergeführt?! Jetzt mach den Mund auf und sprich!«
    »Yarkiy?«, fragte May verwirrt.
    Wütend stieß sie der Okhrana ebenfalls zu Boden.
    »Spinnt ihr?!«, rief Zack und schritt tobend auf das große Wesen zu, doch dieses richtete seine Y-förmige Waffe auf ihn und feuerte ohne zu zögern einen Schuss ab.
    Eine Art Energie, vergleichbar mit Elektrizität, strömte durch Zacks gesamten Körper, woraufhin er zusammenbrach und regungslos auf dem Boden liegen blieb.
    »Zack!!«, schrie May entsetzt. »Was habt ihr getan?!«
    Die anderen Okhrana richteten nur ihre Waffen auf sie.
    »Hört auf!«, rief Jiyuu aufgebracht und stand wieder auf.
    Tempestas deutete ihm mit einer Handbewegung, er solle Ruhe bewahren. »Zack ist nur bewusstlos. Es ist alles gut, bitte bleibt ruhig.« Er richtete sich an die Okhrana. »Gibt es hier jemanden, der unsere Sprache spricht?« Er blickte sich erwartungsvoll um, dann überlegte er kurz. »Wir – Frieden. Mit Okhrana kein Streit«, versuchte er mit gebrochenem Okhrana zu erklären. »Es tut mir leid, ich bin eurer Sprache leider nicht mächtig. Gibt es jemanden, der uns verstehen kann?«, fragte er abermals.

    »Warum ihr gekommen seid?«, ertönte eine Stimme von weiter hinten.
    Die anderen Okhrana wichen zurück, als die Person sich Tempestas und den anderen näherte.
    »Verehrter Mudrost!«, rief die Menge ehrfürchtig.
    Ein alter Okhrana blieb vor May und den anderen stehen. Er stand leicht gebückt auf einen Stab gestützt da und atmete schwer. Seine Hörner waren groß und wie die eines Widders gekrümmt. Wiederholt strich er mit seiner linken Hand über seinen langen weißen Bart. Sein Haar war ebenfalls schneeweiß. Auf einem Auge, dessen Iris unter einem grauen Schleier lag, schien er blind zu sein.
    »Bitte verzeiht unser unerwünschtes Erscheinen. Wir möchten …«
    »Die Höflichkeiten ihr euch sparen könnt!«, unterbrach der Alte Tempestas und stampfte mit dem Stab, an dem ein Büschel Federn befestigt war, auf den Boden. »Menschen hier nichts zu suchen haben! Doch Ihr …« Er hielt inne, musterte Tempestas genau mit seinem gesunden Auge und blinzelte. »Ihr ein ShinNoTori seid, nicht wahr? Mir zu Ohren gekommen ist, dass Euer Volk ist ausgestorben. Das wohl nicht der Wahrheit entspricht.« Er deutete Tempestas, dass dieser sich zu ihm herunterbeugen sollte, was er auch tat. Der alte Okhrana packte ihn mit seiner linken Hand im Nacken, zog ihn zu sich heran und starrte ihm tief in die Augen. »Ja, ich sehe – Ihr ein ShinNoTori seid.« Der Alte lächelte und legte seine Hand auf Tempestas’ Brust. »Euch Euer Herz nicht entrissen worden ist«, sprach er erfreut.
    »Mein Herz? Entrissen?« Tempestas sah den weisen Okhrana mit erwartungs­vollem Blick an. »Wisst Ihr etwa, was mit meinem Volk geschehen ist? Ich bitte Euch, sagt es mir!« Sein Blick wurde ernst und seine Augen funkelten wissbegierig.
    Der Alte schüttelte den Kopf. »Mir nicht viel bekannt ist. Nach dem Vorfall in Eurer Heimat einige ShinNoTori in unseren Wald gekommen sind. Sie von einer Macht gesprochen haben, die ihnen ihre Herzen will entreißen.«
    »Was haben sie noch gesagt? Oder haben sie irgendetwas über diese Macht erwähnt? Was ist mit ihnen geschehen?«, stellte ihm Tempestas eine Frage nach der anderen.
    »Sie nur von einem mächtigen Wesen gesprochen haben. In ihren Augen große Furcht man gesehen hat. Sie nicht hier verweilen haben wollen. Sie uns Gefahr nicht bringen haben wollen. Dann sie nach Süden weitergezogen sind. An diesem Tag wir das letzte Mal Angehörige Eures Volkes gesehen haben«, seufzte der Okhrana.
    »Wie furchtbar«, meinte May bestürzt und kniete sich zu Zack hinunter, der immer noch bewusstlos war, um nach ihm zu sehen.
    Tempestas schloss seine Augen und atmete tief durch. Dann blickte er zu May und lächelte. »Es ist mir scheinbar nicht bestimmt, es je zu erfahren. Das muss ich wohl akzeptieren. Vielleicht ist es ja auch besser so«, meinte er nüchtern.
    »Was wollen die Fremden hier? Weiser Mudrost, dieser hier war mit Yarkiy zusammen. Sie hat unser Dorf erneut verraten!«, rief einer der jüngeren Okhrana.
    »Yarkiy wird die Konsequenzen ihrer Handlungen tragen, sei dir dessen sicher. Was diese Menschen und den ShinNoTori betrifft, besteht kein Grund zur Sorge«, sprach der weise Alte streng.
    »Was ist nun? Wo ist Yarkiy?«, wollte Jiyuu wissen.
    »Yarkiy unter Arrest steht. Sie zu niemandem sprechen darf, bis beginnt die Verhandlung«, sprach Mudrost, der alte Okhrana.
    »Verhandlung? Was wird ihr denn vorgehalten?«, fragte Tempestas sachlich. »Wenn es etwas mit uns zu tun hat …«
    »Das euch nicht zu kümmern hat. Ihre Schuld bereits weit in der Vergangenheit liegt. Die Begegnung mit euch nur alten Ärger hat aufkommen lassen«, unterbrach ihn der Weise.
    »Und wann findet diese Verhandlung statt?«, fragte Jiyuu.
    »Die zeitig im Morgengauen beginnen wird. Wenn ihr wollt, ihr hier übernachten könnt. Dann morgen nach der Verhandlung ihr kurz mit Yarkiy sprechen könnt, bevor sie entgegennimmt ihre Strafe«, meinte der Alte.
    »Strafe?«, fragte Jiyuu verwundert. »Ich dachte, bei der Verhandlung wird entschieden, ob sie …«
    »Ihre Schuld bereits feststeht! Bei der Verhandlung nur die Art ihrer Bestrafung entschieden wird.« Mudrosts Stimme war ernst und entschlossen. »Ihr euch morgen von ihr verabschieden könnt.«
    »Aber …« May wollte gerade nach den Hintergründen fragen, doch Tempestas fiel ihr ins Wort.
    »Wir danken Euch, dass wir diese Nacht hier willkommen sind.« Er verneigte sich vor dem alten Okhrana.
    Dieser nickte akzeptierend und zog sich langsamen Schrittes zurück.
    »Morgen erfahren wir bestimmt mehr. Lasst es gut sein für heute«, meinte Tempestas nun zu den anderen. »Was ist mit Zack?«, fragte er dann.
    »Der schläft tief und fest«, entgegnete Jiyuu und stieß ihn mehrmals leicht an der Wange an.

    »Ich soll euch in euer Nachtlager bringen!«, ertönte eine weibliche Stimme aus der Menge der Okhrana, die sie zuvor eingekreist hatte und sich nun langsam wieder auflöste.
    »Verzeiht – ik eure Sprake nikt gut kann«, sprach die Okhrana, die sich ihnen nun näherte. »Ik euk zu eurem Naktlager fjuhren soll.« Die Frau erschien jung, trug ihr langes grünes Haar zu einem Zopf geflochten und hatte wunderschöne violette Augen.
    »Wir danken dir!«, meinte Tempestas erfreut. Danach beugte er sich über Zack, nahm seinen Wasserbeutel zur Hand und träufelte etwas Wasser in dessen Gesicht.
    »Uhh…« Zack zuckte, rümpfte seine Nase und öffnete schließlich benommen seine Augen. »Was zum Teufel – was ist passiert?«, fragte er und fuhr hoch.
    »Das erklären wir dir später – sie wartet.« May deutete auf die junge Okhrana, die sich die ganze Zeit über nervös umblickte.
    Zack rappelte sich auf und sah sich um. Die Okhrana hatten sich beinahe alle zurückgezogen. Er zeigte auf die Frau, die auf sie wartete, und musterte ihre halbdurchsichtige Kleidung, die bläulich schwarz schimmerte. »Und wer ist sie?«
    »Verzeiht– ik mik nok nikt vorstellt habe. Mein Name Pokoy ist. Bitte mir folgt.«

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    Auf geht's!

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    Hm.
    Also was soll ich sagen, @kijkou ...
    Der Part liegt mir nicht so. Trotzdem ist es spannend geschrieben. Dass Tempestas etwas über die Vergangenheit seines Volkes erfahren will, ist verständlich. Schade, dass man ihm nicht wirklich helfen konnte. Ich hätte es ihm gewünscht.
    Dass Zack wieder den starken Mann raushängen lässt, wurde gebührend gewürdigt. Für den Rest der unterhaltung muss er die Klappe halten, unfreiwillig natürlich. :rofl:
    Und auch dass Yarkiy eine Strafe erhalten soll für etwas, was schon länger zurückliegt, lässt deinen Leser grübelnd zurück. Was da wohl vorgefallen ist. :hmm:

    Die Idee mit der Sprache in Spiegelschrift ist ganz nett, aber ich muss zugeben, dass ich mir nach dem dritten Satz nicht mehr die Mühe gemacht habe, das zu entziffern. Besonders wenn dann gar zwei oder drei Sätze aufeinander folgten. Der Sinn des Gesagten ließ sich ja auch aus dem darauffolgenden Text entnehmen.
    Trotzdem - vielleicht kannst du ein paar der Sätze streichen und evtl durch indirekte Dialoge ersetzen. Irgendwie anders halt. Damit man nicht anfängt, den Text zu überfliegen. Das wäre schade.

    Tut mir leid ... ;(

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Hi @Tariq ^^

    Ja, das ist ziemlich mühsam so, leider :(
    In meinem Dokument hab ich eine Spiegelschrift-Font, wo man mit Spiegel gut lesen kann :D
    Aber ja, irgendwas muss ich mir überlegen. Ich wollte halt nicht immer schreiben "sagte der oder die in einer anderen Sprache"... Also man soll es schon verstehen können :hmm:
    Indirekte Dialoge? Wie meinst du das? zB?

    Danke dir ^^

    Liebe Grüße :)

  • Spoiler anzeigen

    Zum Beispiel, dass du nur schreibst, dass sie beobachten, wie die Okhrana miteinander reden/streiten/usw. und einer die Sprache flüsternd übersetzt für die Neuankömmlinge? Einer, der richtig spricht, denn auch das Yoda-Deutsch ist anstrengend zu lesen.
    Kannst ja auch mal warten, was die Lady meint. Vielleicht bin ich es, die schwierig ist. :rofl:

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

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    Zum Beispiel, dass du nur schreibst, dass sie beobachten, wie die Okhrana miteinander reden/streiten/usw. und einer die Sprache flüsternd übersetzt für die Neuankömmlinge? Einer, der richtig spricht, denn auch das Yoda-Deutsch ist anstrengend zu lesen.
    Kannst ja auch mal warten, was die Lady meint. Vielleicht bin ich es, die schwierig ist. :rofl:

    Ein Übersetzer ist deswegen schwierig, weil keiner die Sprache wirklich gut kann :rofl:
    Ich lehne mich mal zurück und sinniere über die Problematik :tee:

  • So, ich bin dann auch endlich dazu gekommen, das zu lesen. :)

    Spoiler anzeigen

    Puh. Ich muss gestehen, dass dieser Part auch nicht ganz mein Geschmack war. Ich fand es alles wieder super beschrieben und man konnte dem ganzen gut folgen ^^

    Die Idee mit der Spiegelschrift finde ich ganz cool, allerdings war es in dem Part auch für mich zu viel. Sodass auch ich irgendwann aufgehört habe, das zu lesen. :/

    Was mich auch verwundert hat, ist, warum gerade der Älteste die Sprache - wenigstens so halb - beherrscht und nicht einer der jüngeren. Den du dann wiederum als Dolmetscher hättest einsetzten können :huh:

    Momentan sehe ich den Part noch als eine Art Lückenfüller, der deiner Geschichte noch nicht viel bringt. Mal sehen, was noch kommt.

    Ich bin gespannt ^^

    LG :)

  • Huhu ^^

    LG ^^

  • So, ich habe jetzt alles in "Okhrana" kursiv formatiert. Jetzt lässt sich alles Lesen und ich hoffe es bleibt das "Feeling", dass es sich dabei um eine andere Sprache handelt, erhalten :hmm:
    Den Yoda-Deutsch muss bleiben, ich weiß nämlich nicht, wie sich diejenigen, die gebrochenes Englisch sprechen, von denen, die keines oder gutes sprechen, sonst unterscheiden sollen ;(

    Kapitel 9 - Teil 5

    Pokoy wirkte sehr angespannt. Stets beobachtete sie konzentriert die Umgebung, als wäre sie dabei, etwas Verbotenes zu tun.
    »Alles in Ordnung?«, fragte May verwundert.
    Pokoy schüttelte den Kopf. »Ihr nikt willkommen seid. Mein Volk euk fjurktet. Wir uns beeilen. Kommt!« Sie führte sie durch einen kurzen Gang und eine Treppe hinunter. Alles bestand aus diesem merkwürdigen Gestein und die Treppen waren direkt aus diesem geformt worden. Die Okhrana durchquerte mit ihnen beinahe das ganze Dorf. Auf der anderen Seite gelangten sie über eine weitere Treppe nach oben zu einer leer­stehenden Höhle.
    Pokoy bat sie, einzutreten und folgte ihnen ins Innere, wo sich nicht sehr viel befand. In einer Ecke war eine Art Schlafstätte, die aus aufgehäuften Federn und Stofftüchern bestand. Ein Hocker und ein Tisch aus Holz standen unter einem Loch in der Wand, das eine Fensteröffnung zu sein schien.
    »Das einst Yarkiys Haus war. Ihr juber Nakt hier bleiben kjonnt«, sagte sie und sah die vier abwechselnd an. »Ihr sie kennt, ihr gesagt habt?«
    »Sie hat uns geholfen«, antwortete Jiyuu.
    »Ohne Yarkiys Hilfe hätte ich den heutigen Tag wohl nicht mehr erlebt«, fügte Tempestas hinzu.
    »Dann sie euk gar nikt in den Wald gefjuhrt hat? Sie nikt unser Dorf verraten hat?«, fragte Pokoy.
    »Nein, nichts dergleichen«, meinte Tempestas.
    »Wir sind ihr zufällig im Wald begegnet«, bestätigte May.
    »Ich hab es gewusst! Meine Schwester hat uns nicht verraten! Das ihr unbedingt bei der Verhandlung morgen sagen mjusst! Ik euk darum bitte!«, rief Pokoy aufgeregt.
    Tempestas nickte zustimmend. »Was ist denn in der Vergangenheit vorgefallen, weshalb Yarkiy nun zur Verantwortung gezogen werden soll?«, fragte er vorsichtig.
    »Das …« Dieses Thema schien ihr unangenehm zu sein. »Das kompliziert ist. Es einen Vorfall mit einem Menschen gegeben hat. Viele Gefjuhle involviert waren. Yarkiy euk das besser erzjehlen kann – verzeiht
    »Hmm…« Jiyuu lehnte sich gegen eine Wand. »Was habt ihr denn eigentlich gegen uns Menschen?«
    »Nak dem großen Krieg zwischen den Großmjekten Aniveûs und Memoria die Gier der Menschen gewaksen ist. Sie immer nak mehr Makt gestrebt haben. Sie begonnen haben, abzubauen Cibusgestein aus unseren Bergen, um zu gewinnen Energie fjur ihre Stjedte und Waffen. Sie uns innerhalb unserer eigenen Heimat immer weiter zurjuckgedrjengt haben. Zum Gljuck sik solke Energie­quellen juber Jahre halten. Die Menschen kaum nok in dieses Gebiet kommen.«
    »Gibt es abgesehen von Kalatos und diesem Gebirge sonst keine Gebiete in denen man Cibusgestein abbauen kann?«, fragte Jiyuu.
    Tempestas schüttelte den Kopf. »Auf dem Festland nicht. Auf einer kleineren Insel im Norden soll es noch Vorkommen geben, jedoch wäre der Transport über das Meer zu aufwändig«, erklärte er.

    »Die Menschen lieber unsere Wjelder und Berge ausbeuten, als das Gebiet der Kemai, da wir sind ein friedlikes Volk. In gewisser Weise die Kemai schlau sind, wenn sie sik maken Menschen unterwjurfig. Die Menschen selber schuld sind, djurfen eben nikt eindringen in Heimat von anderen. Haben nikts anderes verdient, als fjur ihre Gier zu bezahlen mit Versklavung.« Nachdem der Klang von Pokoys Worten verstummt war, verließ Jiyuu den Blick nach unten gerichtet wortlos das Haus.
    »Er nikt nak draußen gehen sollte …«, meinte sie und sah die anderen abwechselnd an, die sich ebenfalls bedrückte Blicke zuwarfen. »Ik etwas falsches gesagt habe? Verzeiht bitte – das ik euk gegenjuber nikt bjose gemeint habe.«
    »Es ist nur …« Zack blickte nach draußen, wo sich Jiyuu auf einer der Treppen vor dem Haus niedergelassen hatte. »Der da war einer von denen«, flüsterte er und zeigte zur Tür hinaus.
    Pokoy sah Zack verwirrt an.
    »Jiyuu war in ihrem Lager«, erklärte May. »In dem der Kemai.«
    »Das wusste ich nicht - ich hätte sonst nie …«, schoss es aus Pokoy heraus. »Ik mik bei ihm entschuldigen muss.«
    »Lass es gut sein«, meinte Tempestas milde. »Er ist deswegen bestimmt nicht nachtragend. Wir sollten das Thema jedoch meiden.«
    »Einverstanden. Draußen es schon dunkel ist. Ik vorschlagen wjurde, ihr euk bald zur Ruhe begebt. Morgen ihr zeitig aufstehen mjusst.« Pokoy verließ das Haus und schritt an Jiyuu vorbei. Sie drehte sich noch einmal zu ihm um. »Wenn ihr braukt nok etwas, bitte mir Bescheid sagt, ja?« Sie deutete auf ein Haus nicht weit von hier, schenkte ihm ein unbeholfenes Lächeln und lief dann weiter.
    »Ein atemberaubendes Dorf, findest du nicht?«, fragte Tempestas, der nun hinter Jiyuu stand und sich streckte.
    »Ja, ist schon erstaunlich«, sagte Jiyuu emotionslos.
    »Komm dann bitte bald rein – wir sollten langsam schlafen«, bat er ihn.
    »Ist gut, ich komme sofort«, meinte dieser, woraufhin sich Tempestas wieder ins Innere der Höhlenbehausung zurückzog.
    Jiyuu blieb noch kurz auf der Treppe sitzen und starrte nachdenklich in das Licht einer der Fackeln, die die Wege des Dorfes erleuchteten.

    In einer höhergelegenen Behausung, die sich auf der anderen Seite des Dorfes der Okhrana befand, suchten einige Dorfbewohner den Ältesten auf.
    Der weise Mudrost saß in der Mitte eines Raumes, dessen Wände komplett mit Federn tapeziert waren, auf dem Boden und rauchte seine Pfeife.
    »Warum hast du den Menschen gestattet, hier zu bleiben?«, fragte einer von ihnen aufgebracht.
    »Ich bin mir sicher, dass diese drei gute Menschen sind. Sie sind immerhin in seiner Begleitung. Ihr habt ihn doch gesehen - ein ShinNoTori – der letzte seiner Art. Unsere Völker waren seit Jahrhunderten befreundet. Wir vertrauten ihnen und sie vertrauten uns. Es gebietet uns unsere Ehre, dass wir ihn nicht abweisen«, sprach Mudrost und nahm einen tiefen Zug von seiner Pfeife.
    »Bist du dir sicher, dass sie den Ort unseres Dorfes nicht an andere preisgeben werden? Und warum war Yarkiy eigentlich mit diesem ShinNoTori zusammen?«, fragte ein anderer Okhrana.
    »Ich bin mir sicher, dass wir das morgen erfahren werden. Ich werde mich jetzt zur Ruhe begeben. Bitte weckt mich morgen zeitgerecht«, bat Mudrost die anderen.
    »Natürlich. Du brauchst deine Kräfte«, meinten diese verständnisvoll.
    Die Okhrana verließen das Haus des Ältesten und begaben sich alle nach Hause.


    Über dem Berg, in dem sich das Dorf der Okhrana befand, kreisten zwei der Ferremetu am nächtlichen Himmel. Diese Nacht war klar und das Licht der Sterne und des beinahe vollen Mondes warf unheimliche Schatten.
    ›Mir passt es ganz und gar nicht, dass wir sie nicht im Auge haben!‹ Inrigat schien nervös zu sein. ›Was, wenn sie aufgehalten werden? Wir müssen uns im Verborgenen halten und dürfen nicht noch einmal eingreifen, sonst schöpfen sie Verdacht.‹
    ›Mach dir keine Sorgen. Die Okhrana machen keine Gefangenen. Wenn es zum Streit kommen sollte, werden sie sie schlimmstenfalls aus dem Wald jagen‹, wollte Silva sie beruhigen.
    Nun kam auch Eremus hinzu, der sich unten umgesehen hatte. ›Völlig imprakti­kabel! Ich sehe keine Option, in die Höhle zu gelangen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Wir werden hier ausharren müssen, bis sie sich wieder nach draußen begeben‹, meinte er.
    ›Nun gut, dann hoffe ich inständig, dass sie dies bald tun werden. Schließlich haben sie mit Tagesanbruch nur noch fünf Tage, um pünktlich in Memoria einzutreffen.‹ Inrigat segelte nach unten und ließ sich auf einem Baum nieder. ›Hier herumsitzen und abwarten – welch Zeitverschwendung! Jetzt ist mir ganz klar, warum Mons Corit zurückbleiben wollte.‹


    In den frühen Morgenstunden, als noch nicht einmal die Sonne aufgegangen war, hallte das Läuten einer gigantischen Glocke durch das ganze Dorf.
    Tempestas, der an die Wand gelehnt geschlafen hatte, wachte gähnend auf und blickte hinüber zu May.
    Diese schlief mit Curaris noch in dem Bett, das lediglich aus einem Holzrahmen bestand, der mit den Federn und Tüchern ausgefüllt war und Zack lag ausgestreckt auf dem Boden und schnarchte.
    Er bemerkte nun, dass Jiyuu nicht hier war, stand langsam auf und blickte sich nochmals um. Als er ihn nirgendwo ausmachen konnte, ging nach draußen, wo er ihn schließlich neben dem Eingang sitzend antraf. »Guten Morgen!«, meinte er fröhlich, während er sich streckte. »Alles in Ordnung?«, fragte er dann.
    »Ich …« Jiyuu blickte auf. »Ich hab’ nicht mehr schlafen können, weiter nichts.«
    »Du hast schon länger nicht mehr gut geschlafen, nicht wahr?«, entgegnete Tempestas und blickte durch den Eingang der Höhlenbehausung zurück zu den anderen, die immer noch nicht aufgewacht waren, obwohl das Glockengeläut erneut ertönte.
    »Ich habe immer wieder diese seltsamen Träume«, seufzte Jiyuu, stand auf und lehnte sich an die Wand.
    »Träume? Welcher Art?«, fragte Tempestas ihn.
    »Ich weiß auch nicht so genau. Da ist immer diese Stimme seit einiger Zeit. Dieses Mädchen – sie will mir irgendetwas sagen.« Er kratzte sich zerstreut am Kopf und zuckte mit den Achseln.
    »Ein Mädchen ...«, wiederholte sein großer Freund. »Ich habe schon lange nicht mehr von Mädchen geträumt.«
    »Aber vermutlich hat es nichts zu bedeuten. Bestimmt träume ich nur so wirres Zeug, weil Zack immer so laut schnarcht«, meinte Jiyuu dann gähnend.
    »Waaas?«, ertönte es vom Inneren der Höhlenbehausung. Zack war gerade aufgewacht. »Was ist mit mir?«, fragte er verschlafen.
    »Gut, dass du munter bist. Wecke doch bitte May auf, es geht bestimmt bald los«, bat Tempestas ihn, als er sich mit Jiyuu wieder hineinbegab.
    »Ja, klar – mach ich«, meinte dieser.
    »Musst du nicht, ich bin wach.« May setzte sich auf und streckte sich. »Was – was ist?«, fragte sie, als sie bemerkt hatte, dass die anderen sie anstarrten und sich ein Schmunzeln kaum verkneifen konnten. »Was ist denn?!«
    »Guck doch mal in den Spiegel.« Zack sah sich um. »Hmm, gibt keinen. Tja …«
    »Du hast ein paar Federn in deinem Haar«, meinte Jiyuu lächelnd.
    Sie fuhr sich mit den Fingern durch ihre Haare und versuchte, die sie herauszuschütteln. »Sind alle weg?«, fragte sie dann.
    »Beinahe.« Tempestas näherte sich May und befreite sie von einer noch übrigen Feder. »So, das war die letzte«, meinte er schmunzelnd.
    »Danke«, sagte sie erleichtert und kroch aus dem Bett. »Was machen wir jetzt? Ich meine, wo müssen wir hin? Wisst ihr schon etwas?«

    »Ik euk in die Halle der Gerekten bringe.« Wie gerufen stand Pokoy im Eingang und deutete ihnen, ihr zu folgen.
    »Halle der Gerechten? Findet dort die Verhandlung statt?«, fragte May und nahm das kleine Murmur hoch, das noch immer schlief.
    »Ja, genau«, meinte Pokoy und begab sich nach draußen.
    Sie führte sie einen Weg entlang, dem auch andere Okhrana folgten, über eine lange Treppe nach oben. Dort befand sich ein Gebäude, das wie ein altertümlicher Tempel aussah und dessen Eingang ein gigantischer Rundbogen war.
    Im Inneren hatten sich schon einige Okhrana versammelt, die den Beginn der Verhandlung abwarteten.
    An den Wänden waren Fackeln angebracht und in der Mitte der Halle befand sich eine Feuerstelle, die eine angenehme Wärme ausstrahlte. Über dieser war eine Art Abzug konstruiert worden, der den Qualm des Feuers ableitete.
    Im hinteren Teil des riesigen Raums wartete schon der alte Mudrost und winkte sie freundlich zu sich.

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  • Hallo,

    kann es sein, dass Du auch auf einem anderen Forum die Geschichte hochgeladen hast?
    Mir ist aufgefallen, dass Du leider nicht mehr weitergeschrieben hast und mir gedacht, dass du dich entschlossen hast, sie abzubrechen.

    Bist Du hier schon weiter, als auf FF.de?

    Gruß
    A.

  • Hallo,

    kann es sein, dass Du auch auf einem anderen Forum die Geschichte hochgeladen hast?
    Mir ist aufgefallen, dass Du leider nicht mehr weitergeschrieben hast und mir gedacht, dass du dich entschlossen hast, sie abzubrechen.

    Bist Du hier schon weiter, als auf FF.de?

    Gruß
    A.

    Jup, das stimmt ^^
    Das ist eine gute Frage :hmm:
    Bin eher selten auf FF.de und hab von dieser Geschichte schon ewig nichts mehr hochgeladen, aber ich glaube, es müsste in etwa gleich sein. Dieses Forum hier ist mir wesentlich lieber :love:

    Liebe Grüße :)

  • Hi @kijkou

    Spoiler anzeigen


    Ich bin richtig erleichtert. So liest es sich viel besser. Kursiv geht für mich okay. Und die seltsame Aussprache von Porky ist irgendwie sogar zum Schmunzeln. Würde ich gern mal in life hören. ^^

    Ja, das ist schon eine spannende Sache, die ausstehende Verhandlung. Sie haben keine Zeit, müssten eigentlich los, um rechtzeitig in Memoria einzutreffen. Aber sie wollen Yarkiy (verständlicherweise) nicht ihrem unverdienten Schicksal überlassen und zumindest die Sache mit dem Verrat richtigsstellen, zumal ihre Schwester sie extra darum gebeten hat. Ob sie wohl Gelegenheit bekommen werden, sie zu verteidigen?

    Fix, schreib weiter. :stick:

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Hi @Tariq ^^

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    Ich bin richtig erleichtert. So liest es sich viel besser. Kursiv geht für mich okay. Und die seltsame Aussprache von Porky ist irgendwie sogar zum Schmunzeln. Würde ich gern mal in life hören.

    Da bin ich auch sehr erleichtert ^^

    Aber sie wollen Yarkiy (verständlicherweise) nicht ihrem unverdienten Schicksal überlassen und zumindest die Sache mit dem Verrat richtigsstellen, zumal ihre Schwester sie extra darum gebeten hat.

    Ja, nachdem sie ja auch ihnen geholfen hat, wäre das ziemlich fies, wenn sie einfach die Fliege machen würden :D

    Danke dir <3
    und liebe Grüße ^^

  • @kijkou

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    Ein angenehm ruhiger Part. Mehr lässt sich dazu irgendwie nicht sagen, zumindest von meiner Seite her.
    Ich stimme @Tariq zu. Das Kursive lässt sich viel besser lesen :)

    Ich bin echt gespannt, wie diese Verhandlung aussehen wird. Vielleicht begleitet Yarkiy die vier ja dann, sollte sie freigesprochen werden :whistling: ich mag sie nämlich sehr gerne :D

    LG

  • MyLady! ^^

    Vielen Dank *verneigt sich und küsst der Lady die Hand*