Thema 12. Haustiere
Vynarian
Von Kriegen und treuen Gefährten
Die Abendsonne tauchte das Zimmer leicht in violettes Licht, während die beiden älteren Herren gemeinsam an einem Tisch saßen und plauderten. Zarulon nippte an seinem Tee und sprach zu seinem Gegenüber: "Am zweiten großen Magierkrieg ist nur Kommandant Erwinius schuld." Er strich über die blauen Rückenschuppen seines Drachenwolfs, machte eine kurze Pause und fuhr fort: "Er hätte seine Einheit niemals bei den Wäldern von Donnerfels positionieren dürfen. Jeder weiß doch das dieses Territorium seit jeher umstritten ist. Angeblich liegt noch der Fluch der alten Hexe darauf, wen wundert es da also, dass der Kommandant seither eine schlechte Entscheidung nach der anderen traf."
Nadakar, der ihm gegenüber saß, sah ihn nachdenklich an und erhob sich anschließend. Seine Schritte führten ihn zu der riesigen Landkarte, die als Teppich an der Wand hing. Er nahm ein kleines Messer in die Hand und ohne sich zu seinem Kollegen von der Magiervereinigung umzudrehen sprach er:"Warum haben wir den bloß Kommandant der siebten Einheit werden lassen? Er hätte sie besser hier positioniert, am Fluss Grünquell. Dann würde uns im Falle eines Angriffs von Westen einiges erspart bleiben." Er stach das Messer an der Stelle in den Wandteppich, die er zuvor genannt hatte. Zarulon wollte gerade etwas erwidern, da erschien auf Nadakars Schulter ein schwarz-blauer Runenrabe und verkündete mit seiner mechanischen Stimme: "Lord Fauntleroy hat den Grünquell am nördlichsten Punkt überquert." Der blau-schuppige Drachenwolf erhob sich und tapste gemächlich zum Fenster, während ihn der Runenrabe auf Nadakars Schulter eingehend musterte. Kurz trafen sich ihre Blicke und man konnte förmlich spüren, wie eine gewisse Feindseligkeit zwischen den beiden knisterte.
"Wie ich sagte, Erwinius hat eindeutig die Schuld an dieser misslichen Lage. Dieser Möchtegern-Kommandant ist wirklich zu nichts zu gebrauchen.", sagte Zarulon, während er aufstand, einige Schritte auf die Karte zu ging und sie eingehend studierte. "Stelle dich auf einen langen Abend ein, mein hochgeschätzter Freund. Wir haben einige Fehlentscheidungen zu berichtigen.", erwiderte Nadakar mit einem Hauch von Spott in der Stimme, während er mit den Fingern arkane Zeichen in der Luft formte, die sich in das schwarze Gefieder des Runenraben einbrannten. Dieser leuchtete auf und verschwand, nachdem er die neuen Anweisungen erhalten hatte. Der Drachenwolf war sichtlich erleichtert, konnte er Runenraben und speziell diesen absolut nicht leiden. Nun konnte er entspannt vor dem Kaminfeuer liegen und seine Gedanken drifteten ab, als er begann sich vorzustellen wie ein Runenrabe wohl geräuchert schmeckt.
"Immer wieder erzählen mir die großartigen Magier der Vereinigung ich wäre kein guter Kommandant und würde ständig nur Fehler machen. Als wenn die etwas von Strategie verstehen würden." sagte Erwinius spöttisch in Richtung seines Spiegels, während drei der anderen Kommandanten hinter ihm an einem Tisch saßen und Karten spielten. "Was meint ihr, können wir diesen Krieg noch gewinnen?", stellte einer der Kommandanten seine Frage in die Runde. Während die beiden anderen Kommandanten leise lachten, drehte sich Erwinius mit einem verächtlichen Blick um und erwiderte:"Die eigentliche Frage müsste lauten, wie wir ihn gewinnen werden, denn dass wir ihn gewinnen ist selbstverständlich." Seine Silberhaar-Katze schnurrte, während sie sich an seinem Bein rieb. Das tat sie immer wenn sie spürte, dass ihr Herr wütend wurde, denn irgendjemand musste ihn beruhigen.
Erwinius nahm sie auf den Arm, strich über ihr weiches Fell, das im Laternenlicht schimmerte, und wandte sich an die anderen Kommandanten:"Ich muss nun über die Strategie nachdenken. Geht mir aus den Augen! Ich will euch und eure negative Einstellung eine Weile nicht in meiner Nähe haben." Die drei Männer gehorchten widerwillig, schnappten sich ihre Spielkarten und verließen das Arbeitszimmer. Erwinius setzte sich, mit der Katze auf seinem Arm, in den großen Ledersessel hinter seinem Schreibtisch. Während er seine Katze streichelte und "Brave kleine Chiara" vor sich hin murmelte, betrachtete er die große Karte an seiner Wand, die das Königreich und die nähere Umgebung zeigte. "Sicherlich regen sich die Spinner von der Vereinigung gerade wieder über eine meiner Entscheidungen auf. Wie ich diese ahnungslosen Arschgeigen hasse. Wenn du irgendwann mal die Größe deiner Vorfahren erreichen solltest, dann reite ich auf dir zu diesen hochnäsigen Magiern und mach sie ordentlich fertig, stimmts Chiara?", flüsterte er seiner kleinen unschuldigen Katze ins Ohr. Schon seit vielen Jahren haben Silberhaar-Katzen nicht mehr dieselbe Größe erreicht wie zur Zeit von Dahamáraz und das wusste Erwinius auch, doch er fantasierte gerne darüber.
Zarulon goß sich noch ein Glas Wein ein und reichte auch seinem Gesprächspartner eines rüber. "Über Strategie zu beraten ist nun wirklich nicht das, was ich gerade gerne machen würde, aber irgendjemand Kompetentes muss es ja tun.", wandte er seine Worte an Nadakar und überprüfte seine Notizen zur aktuellen Situation des Krieges. "Wenn wir keine Lösung finden sollten, werden wir wohl oder übel dem König den Vorschlag unterbreiten müssen, Kommandant Erwinius zu entlassen.", erwiderte Nadakar und man konnte Zarulon ansehen wie verlockend es ihm erschien, absichtlich keine Lösung zu finden. Einige Stunden später, Zarulons Drachenwolf war mittlerweile aus seinem Nickerchen erwacht, erschien erneut der Runenrabe auf Nadakars Schulter. Die selbe mechanische Stimme wie zuvor war zu vernehmen:"Kommandant Erwinius ging siegreich aus der Schlacht am Donnerfels hervor." Die beiden Magier blickten einander überaus erstaunt an, während der Drachenwolf im Hintergrund leise knurrte. "Sei ruhig, Valerion.", rief Zarulon seinem treuen Tier beiläufig zu, während er zur Feder griff, um den Plan zu überarbeiten. Nadakar trank aus seinem Weinglas und kommentierte diese Situation beunruhigt mit den Worten:"Normalerweise ist Valerion doch viel ruhiger. Könnte es sein, dass etwas nicht in Ordnung ist?" Während der Drachenwolf weiter knurrte, vernahm man plötzlich seltsame Geräusche vor dem Fenster. Zarulon dreht sich um und fragte erschrocken:"Was war denn das?" Etwas schien auf dem Fensterbrett zu sitzen, doch war es eine finstere Gestalt, im Dunkeln der Nacht kaum zu erkennen.