Edmund setzte einen Fuß auf den steinernen Steg der Grafschaft von Silberberg und genoss das Gefühl wieder Boden unter den Füßen zu haben, der beim Laufen nicht schwankte. Wie er diese Schiffsreisen hasste! Und seinen Vater, der ihn dazu gezwungen hatte! Und seine Mutter, die es zugelassen hatte! Und das Wetter, weil es für die Jahreszeit viel zu heiß war!
Vom Essen, das nebenbei bemerkt schmeckte, als hätte der Koch versucht, eine Planke mit seinen Socken zu würzen, einmal abgesehen, war auch die Besatzung höchst unwillig ihre Aufgaben gewissenhaft zu erledigen. Immer wieder hatte er sie auf offensichtliche Fehler hinweisen müssen. Der Kapitän hatte seine Lizenzen wahrscheinlich auch nur beim Glücksspiel gewonnen ...
Edmund hoffte, dass die Besatzung ihm auf der Weiterfahrt mehr Beachtung schenken würde. Faules Pack!
Einige andere Reisende betraten nach ihm das Festland, sahen ihn kurz an und hatten es dann erstaunlich eilig, den Steg und den Hafen zu verlassen. Vermutlich strebten sie den Markt an. Und Edmund konnte sie verstehen, auch ihn hielt nichts am Hafen. Es stank fürchterlich nach Fisch … und er glaubte immer noch das Essen des Kochs in der Nase zu haben.
Etwas Vernünftiges zu Essen stand also ganz oben auf der Liste. Das Geschäft – und der Geschäftspartner seines Vaters - konnte warten.
Hinter ihm ertönte ein Ächzen.
Edmund wandte sich um. Einer der Matrosen - der Name war ihm entfallen (irgendwas, das er sich unmöglich merken konnte) - hievte die Truhe von Bord und über das Pflaster hinter ihm her zum Ende des Stegs. Gemeinsam mit vier anderen, war ihm der Mann von seinem Vater vor der Abreise als Teil der Mannschaft zugewiesen worden. Sie sollten ihn und seiner Reise begleiten und ihm unter die Arme greifen. Seltsamerweise murrte und fluchte der Kerl aber die ganze Zeit darüber, dass ihm die ehrbare Aufgabe zugefallen war, Edmund auf seiner Tour über den Markt zu begleiten.
Immerhin hatten die Matrosen extra Streichhölzer gezogen, wer von ihnen Edmund begleiten durfte und dieser Mann hatte gewonnen. Warum er sich nun so anstellte, wollte ihm nicht begreiflich werden.
„Geht das nicht etwas schneller? Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“ Er wippte ungeduldig mit dem Fuß und sah sich im Hafen um. Bei der Gelegenheit konnte er sicher auch schauen, ob er einen vernünftigen Koch fand.
Der Blick, den sein Begleiter ihm zuwarf, hätte tödlich sein können, hätte Edmund dem Mann weiterhin Beachtung geschenkt.
„Natürlich, Herr. Ich könnte die Kiste auch zum Anwesen Eures Geschäftspartners werfen, aber dann würde ich die Ware vermutlich beschädigen. Und da ich Eure zarten Hände nicht beanspruchen will, zerre ich sie vorsichtshalber lieber ganz vorsichtig und allein über das Pflaster.“
Edmund hob die Augenbrauen. Der Mann wirkte in seinen Augen nicht wie jemand, der eine Kiste mit Waffen werfen konnte.
„Dann macht das, ...“
„Stiev! Mein Name ist Stiev!“, stieß der Mann zornig aus.
Edmund nickte gnädig. Stiev war der Name. Unmerkbar!
Er zuckte die Schultern.
Ohne weitere Worte abzugeben, verließ er den Steg und folgte den anderen Reisenden, die es nun immer eiliger hatten – ein Paar mittleren Alters sah er sogar rennen. Vermutlich hatten sie auch Hunger.
Er glaubte die Worte „er verfolgt uns“ zu vernehmen. Aber das musste er sich einbilden.