Simulationstool fuer historische Schlachten

Es gibt 25 Antworten in diesem Thema, welches 2.987 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (2. August 2023 um 11:54) ist von Thorsten.

  • Was natürlich auch ein kalorischer Effekt des höheren Terrains ist, ist der Vorteil, im Nahkampf von oben nach unten kämpfen zu können, statt von unten hoch. Das ist anstrengender. Außerdem büßt man von unten auch an Reichweite ein.

    Jein.

    Mit einem Kurzschwert jemanden zu treffen der deutlich tiefer ist koennte komplizierter sein als mit einem Speer oder einer Hellebarde nach oben zu stochern... Das waere also eher sehr detailliert...

    Was am Hang sicher leichter ist, ist die anderen hangabwaerts zurueckzudraengen - der Angreifer hat die Schwerkraft auf seiner Seite, der Verteidiger kann sich schlechter in den Boden stemmen. Zumindest das habe ich naeherungsweise drin.

    Ob das tatsaechliche Kaempfen (ohne Raumgewinn) anstrengender ist? Ich bin skeptisch, verglichen mit dem (enormen) Kalorienaufwand den Nahkampf kostet ist eine Hanglage auf der man noch stehen kann und sich langsam bewegt ein geringer Einfluss. Sowohl Angreifer und Verteidiger muessen ja die Waffe gleich oft fuer jeden Schlag nach oben und nach unten bringen wenn sie auf der Stelle stehen und ohne Raumgewinn kaempfen.

    Man muss da glaub ich schon vergleichbarer Ausrüstung ausgehen. Klar, stehe ich mit der Hellebarde lieber unten als mit dem Buttermesser oben. Aber die Auswirkung zeigt sich ja nur dann, wenn die anderen Faktoren vergleichbar sind.
    Im Nahkampf seh ich das eigentlich als viel größeren Faktor an, als du. Einerseits weil ich bei - vergleichbarer Bewaffung - von oben die höhere Chance haben, einen kritischen Treffer zu landen. Ich bin einfach näher an Kopf und Torso dran bin.

    Auch der Winkel erscheint mir günstiger, etwa wann Schilde eingesetzt werden.

    Bleibt natürlich die Gegenfrage, ob der Gegner dann nicht leichtes Spiel mit meinen Beinen hätte? Wenn man sich das durchdenkt oder die expirimental-Videos ansieht, ist die Antwort zumindest bei ebenem Gelände ein realtiv eindeutiges nein. Ein Angriff auf die Beine des Gegners führt zwangsläufig dazu, dass ich meinen Kopf und Oberkörper senke, was sie leichter treffbar macht. Jetzt ist die Frage, inwieweit ein Geländerunterschied das relativiert.Ich glaube nur unwesentlich. Wenn man sich die Reichweite zweier Kämpfer als zwei Kreise mit einem Radius von jeweils ca. 1,5 Meter denkt, sieht man ja, wo der eine und wo der andere treffbar ist, wenn man sie zueinander in der Höhe verschiebt.

    Noch bedeutsamer erscheint es mir aber hinsichtlich Kraftverbrauch. Letztlich geht es darum, die Schwerkraft auf seiner Seite oder gegen sich zu haben. Wenn man es rein technisch sieht: Die Waffe braucht eine gewisse Energie um wirken zu können. Ich bewege aber nicht nur das Gewicht der Waffe, sondern der ganzen Ausrüstung, die auf die dafür nötigen Muskeln wirken. Man kann ja mal den Selbstversuch mit einer Hantel machen und sie zwanzig Mal im 45 Grad Winkel nach oben und alternativ zwanzig mal im 45 Grad Winkel nach unten bewegen. Nahkampf macht dich immer fertig, die Frage ist, wie sehr.

  • . Einerseits weil ich bei - vergleichbarer Bewaffung - von oben die höhere Chance haben, einen kritischen Treffer zu landen. Ich bin einfach näher an Kopf und Torso dran bin.

    Schon, aber genau deswegen panzert man diese Koerperteile ja als erstes und am besten. Einen Helm setzt man auf (wenn man nicht grad im Hollywood-Film ist) selbst wenn man sonst halb nackt ist - insofern hast Du- anders gesagt - hoehere Chancen die beste Ruestung zu treffen.

    Auch der Winkel erscheint mir günstiger, etwa wann Schilde eingesetzt werden.

    Also - wir sprechen von einer Situation wo Bewaffnete noch in Formation anruecken koennen - auf Nahkampfabstand sind das Hoehenunterschiede von 30-40 cm. Es faellt mir schwer da einen dramatisch guenstigeren Winkel zu sehen (aka ich weiss nicht was Du mit dem Satz sagen willst ?( )


    Die Waffe braucht eine gewisse Energie um wirken zu können.

    Ein Schwert kann bei vollem Koerpereinsatz 140 J kinetische Energie haben. Ein (recht wuchtiges) Schwert um einen halben Meter hochheben sind 7 J an potentieller Energie. Das sind ein paar Prozent.

    Man kann ja mal den Selbstversuch mit einer Hantel machen und sie zwanzig Mal im 45 Grad Winkel nach oben und alternativ zwanzig mal im 45 Grad Winkel nach unten bewegen.

    Naja, natuerlich ist es anstrengender sie nach oben zu schieben - nur, wenn sie da ist, dann kannst Du sie mit der Schwerkraft fallen lassen. Wenn Du sie nach unten geschoben hast hast Du mit der Schwerkraft gearbeitet - aber musst sie dann gegen die Schwerkraft wieder in Ausgangsposition schieben. Gibt sich nichts.

    Wenn zwei Soldaten eine Minute am Hang kaempfen ohne dass einer zurueckgetrieben wird, dann hat sich ihre potentielle Energie nicht veraendert (aka es wurde keine Arbeit gegen die Schwerkraft geleistet).

  • Ein Schwert kann bei vollem Koerpereinsatz 140 J kinetische Energie haben. Ein (recht wuchtiges) Schwert um einen halben Meter hochheben sind 7 J an potentieller Energie. Das sind ein paar Prozent.

    Also ich weiß nicht, ob ich jetzt einen groben Denkfehler habe, aber aus meiner Sicht fehlt da das wesentliche Element: der Schlag. Sagen wir mal tatsächlich, ein Hieb hat 140 Joule. Wenn ich einen 140-Joule-Hieb von oben nach unten ausführen will, arbeite ich in Richtung der Schwerkraft (ja ich weiß, wir müssten das eigentlich über Drehpunkte rechnen, aber das wäre jetzt ein bisschen kompliziert, also gehen wir bitte mal von vertikalem Wirken der Kräfte aus). Ein Schwert mit 1,3 Kilogramm müsste ich also auf ca. 15 m/s beschleunigen. Die Schwerkraft schenkt mir aber ein bissl was dafür (überschlagsmäßig 10,5 Joule). Ich brauche also "nur" 130 Joule, denn die letzten 10 kommen von der Erdbeschleunigung.

    Der umgekehrte Fall tritt von unten ein: Mit meinem 140-Joule-Hieb arbeite ich entgegen der Schwerkraft. Ich muss die 10 Joule also zusätzlich mit Muskelkraft aufbringen, muss also 150 Joule ansetzen, damit 140 ankommen. Da haben wir jetzt ein Delta von 20 Joule.

    Anderes würde bedeuten, dass es keinen Unterschied machen würde, einen Nagel überkopf in die Decke zu schlagen oder ihn unter dir (von oben) in ein Brett zu hämmern. Wer das Erste mal hatte, wird das Vergnügen nicht so schnell vergessen :)

    Naja, natuerlich ist es anstrengender sie nach oben zu schieben - nur, wenn sie da ist, dann kannst Du sie mit der Schwerkraft fallen lassen. Wenn Du sie nach unten geschoben hast hast Du mit der Schwerkraft gearbeitet - aber musst sie dann gegen die Schwerkraft wieder in Ausgangsposition schieben. Gibt sich nichts.


    Natürlich muss nach dem Schlag, wie du völlig richtig sagst, das Schwert wieder in Ausgangsposition gebracht werden, was nach unten leichter ist, als nach oben. Aber: Das sind keine Hiebe und die erfolgen ohne gravierende Beschleunigungmomente. Wenn ich jetzt deine 7 Joule nehme, bleibt ein Defizit von 13 Joule übrig, pro Schlag. Das erscheint mir geradezu eklatant. Sagen wir, es gibt 10 solcher Aktionen pro Minute, dann baut der Untenstehehnde ein Energiedefizit von 130 Joule auf. Rein auf das Schwert gerechnet, falls sein Arm und seine Hand gerüstet sind, ist es dementsprechend mehr. Pro Kopf und Nase und Minute.

    Wenn zwei Soldaten eine Minute am Hang kaempfen ohne dass einer zurueckgetrieben wird, dann hat sich ihre potentielle Energie nicht veraendert (aka es wurde keine Arbeit gegen die Schwerkraft geleistet).

    Wenn man rein ihre Lage als Körper im Raum betrachtet, natürlich nicht, aber es geht ja um die Aktionen des Kampfes?

    Also - wir sprechen von einer Situation wo Bewaffnete noch in Formation anruecken koennen - auf Nahkampfabstand sind das Hoehenunterschiede von 30-40 cm. Es faellt mir schwer da einen dramatisch guenstigeren Winkel zu sehen (aka ich weiss nicht was Du mit dem Satz sagen willst ?( )

    Der Effekt mit dem Winkel tritt denk ich vor allem ein, wenn Schilde verwendet werden. Ich weiß nicht, ob du spielerisch selbst mal sowas ausprobieren konntest, aber nach oben dengeln ist ätzend <X Allein schon, dass man den Schild nicht wie gewohnt am Bewegungsapparat abstützen kann, sondern höher halten und neigen muss, damit die Schulter gestützt ist, kostet echt Schmalz. Desto höher dein Gegner steht, desto mehr sieht er von deinem Kopf und deinen Schultern - auch über deinen Schildrand hinweg.
    Von unten siehst du dementsprechend weniger. Wenn ich mir jetzt ein Normannenschild vorstelle, sehe ich über dem Schildrand wahrscheinlich nur mehr Augen und die Helmglocke. Sein Standbein ist hinter dem Langspitz des Schildes verborgen.

    Abschließend kann ich nur noch sagen: Ich glaube es geht nicht um "dramatisch günstiger" oder um die "paar Joule" im Einzelnen. Mir erschien nur relevant anzumerken, dass die paar Joule und die paar Grad Winkel ja immer wieder wirksam werden und für jeden einzelnen Kämpfer ein begleitendes Moment sind. Dadurch treten sie eben massenhaft auf und genau das macht Positionen am Schlachtfeld ja stärker oder schwächer. Jedenfalls noch viel Erfolg beim entwickeln deines Tools, ich werd auf jeden Fall weiter mitlesen ;) , lg

  • Also ich weiß nicht, ob ich jetzt einen groben Denkfehler habe

    Aus meiner Sicht ja - Du scheint konsequent nur eine Haelfte der Bewegung in der Energiebilanz zu beruecksichtigen. :)

    Der umgekehrte Fall tritt von unten ein: Mit meinem 140-Joule-Hieb arbeite ich entgegen der Schwerkraft.

    Nein, auch der untere hebt ja erst das Schwert und schlaegt dann von oben nach unten zu. Es ist ziemlich daemlich wenn man eh schon unten steht zu versuchen einen Schlag aufwaerts zu fuehren... Beim Nagel bleibt Dir keine Wahl, aber mit einer Klingenwaffe schlaegt man in der Regel von oben nach unten oder von der Seite - von unten nach oben ist eher exotisch als Technik.

    Wenn man rein ihre Lage als Körper im Raum betrachtet, natürlich nicht, aber es geht ja um die Aktionen des Kampfes?

    Der Physik zumindest ist es egal ob Du erst ein Gewicht von unten nach oben hebst und dann runterlaesst oder ob Du das eine schnell machst und das andere langsam - die geleistete Arbeit haengt nur von der Hoehendifferenz ab.

    Wenn beide am Ende an der gleichen Stelle stehen, dann haben sie auch in ihren Aktionen genausoviel gehoben wie nach unten mit der Schwerkraft bewegt (sonst wuerden sie nicht an der gleichen Stelle stehen) und daher haben beide die gleiche Arbeit verrichtet.

    Es ist moeglich (bis zu einem gewissen Grad sogar wahrscheinlich) dass es physiologische Effekte gibt - die Biomechanik des Koerpers unterstuetzt manche Bewegungen besser als andere - aber da kommt's jetzt sehr drauf an was genau die Bewaffnung und Ausruestung ist - ich kann mir hier auch gut Situationen vorstellen wo der unten stehende den Vorteil hat (oben Kurzschwert, unten Hellebarde zum Beispiel - der obere hat hier deutliche Probleme seine Beine zu verteidigen)..

    Nur - das finde ich zu unuebersichtlich um es zu simulieren.

  • Ich finde deine Idee sehr interessant, da ich mich auch schon kurz mit so einem ähnlichen Thema beschäftigt habe. Auf der Arbeit war uns langweilig und wir haben ein kurzes Python Script geschrieben das eine Schlacht mit O = Armee 1 P = Armee 2 X = gefallen simuliert. hier mal den Code falls es dich interessiert.

  • So, das Projekt ist durchaus noch am Leben und wird bald als Version 0.3 veroeffentlicht - hier ist eine Alternative zur realen Schlacht von Crecy - konnten die Franzosen gewinnen?

    Statt Armbrustschuetzen zu verheizen und Ritter in Welle um Welle gegen die englischen Bogenschuetzen zu schicken haetten sie alle sammeln koennen, und dann einen massiven Angriff durch die Armbrustschuetzen hindurch machen koennen (Englische Linien oben, hier ist die Skizze

    und hier die Eroeffnung der gesammelten Reiterei:

    Das opfert die ersten Raenge, aber gibt den nachfolgenden genug Deckung dass sie die englischen Linien erreichen koennen - und die Armbrustschuetzen koennen dann vorstuermen und zusaetzlich Feuerschutz geben.

    Hier ist der Zusammenbruch der englischen Flanke zu sehen - die ersten Ritter greifen das Zentrum von hinten an, Armbrustschuetzen ruecken ueber die rechte Flanke vor:

    Meine erste 'alternative' Geschichtssimulation... unter schweren Verlusten (typischerweise 2/3 aller Truppen) haette Frankreich gewinnen koennen.