Operation Beowolf

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 891 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (13. Juni 2025 um 15:15) ist von Kyelia.

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend Community,

    Kyelia und ich wollen seit langem wieder aktiver werden, was das Schreiben und Lesen hier im Forum angeht. Deswegen haben wir eine alte Geschichte von uns aus der Sockenschublade gezogen, an der wir seit Jahren dran sind. Also, mit dem Planen. Jetzt kamen wir zum Schluss, dass wir ohne ein bisschen Zugzwang nicht weiterkommen. Deswegen haben wir beschlossen, mit dem Posten anzufangen.

    Ähnlich wie von mir gewohnt - Wiederkehr der Götter - HUST ... ist auch diese Geschichte eine Kooperation. Für mich und Kyelia heißt das aber auch, dass wir uns die Arbeit ein bisschen aufteilen können und vom Alltag nicht zu sehr "gehetzt" werden. Es ist für uns ein schöner Weg, wieder ins Schreiben reinzukommen.

    Unsere Geschichte ist trotz JAHRELANGER Planung noch eine reine Rohfassung, obwohl wir den Anfang mal gepostet hatten. (Also habt Erbarmen) Allerdings haben wir ihn verändert. Rohfassung auch deshalb - und weil wir mal eine Woche geplant haben, dann wieder ein halbes Jahr nicht. Wir denken aber, dass wir jetzt einen guten Weg gefunden haben, um loszulegen.

    Unsere Geschichte ist einzuordnen in den Subgenren: Abenteuer, Horror und Humor!

    Wenn ihr kommentiert, ist bei uns alles gerne gesehen. Rechtschreibung, Grammatik, Logik, Inhalt und Charakterentwicklung. Aber auch Positives wie Negatives. Wir würden euch bitten, die Geschichte ein Stück weit zu "genießen" und nicht nur auf Fehlerjagd zu gehen. Wir wollen auch unterhalten. ^^

    Das Vorwort ist auch reine Rohfassung, da wir dieses bearbeiten werden, wenn wir unsere Geschichte fast fertig haben. Erst dann erschließt sich manchmal so ein Vorwort erst richtig. Daher, ihr könnt es verbessern, aber, ob es am Ende überhaupt so stehenbleibt, ist eine andere Frage. :rofl: Er soll erstmal beim Reinkommen helfen. :D

    Dann erstmal das Vorwort!



    Vorwort


    Wer glaubt, dass Vampire immer in Amerika leben, dort dicke Autos fahren und aussehen wie durchsichtige Laufstegmodels, der irrt sich. Es gibt sie weltweit und sie haben ihre Finger überall im Spiel. Sie versuchen nicht, sich salonfähig zu machen oder aus der Finsternis zu treten, indem sie haufenweise Bücher, Filme und Serien auf den Markt werfen, in welchen sie wie edle Ritter daherkommen und Mauerblümchen umgarnen, die man ansonsten nicht einmal mit der Kneifzange anrühren würde. Sie sind längst da, das kümmert nur niemanden.
    Blut trinken ist keine reine Showsache und sie schlürfen dies nicht in Form von eisgekühlten Martinis, welche die Wirkung von LSD oder Crystal Meth haben. Genau, verherrlichen wir Drogen, wir haben sonst keine anderen Probleme, und die Jugend ist noch nicht verkorkst genug.
    Die Wahrheit sieht anders aus. Auch Werwölfe nehmen keine Jungfrauen gefangen und sind dabei unwiderstehliche Gentlemen, die Frau nur beschützen wollen ... Diese Wesen, die nachts um die Häuser schleichen, Schatten in die Schlafzimmer Unwissender werfen, sind nicht immer schön und ihr Blut trinkt man auch nicht – zumindest nicht, wenn man noch alle Latten am Zaun hat. Schon klar, kein Steak auf dem Grill, aber Blut eines Fremden trinken ... Wer ist denn so bescheuert?!
    Manche von ihnen sehen weniger befremdlich aus als andere, aber Monster, Kreaturen der Nacht, bleiben sie trotzdem. Lässt man sie dursten, dann erinnern sie einen schnell an Trockenobst – das würde kein Mädchen als Freund haben wollen ... außer militante Veganerinnen vielleicht.
    Aber nicht nur Vampire oder Werwölfe leben unter uns, sondern es gibt weitaus mehr, als das normale Auge sieht. Dabei handelt es sich nicht immer um Wesen aus der Hölle oder verfluchte Seelen, nein, sie existieren wie Tiere oder Pflanzen neben dem Menschen. Es sind unzählige Rassen, deren Aktivitäten von einer einzigen Behörde weltweit beobachtet wird; dem „Sfatul Batranilor“ – der Rat der Ältesten – kurz SB.
    Und einer, der für sie arbeitet, ist auf der ganzen Welt bekannt, denn sein Name ist Legende vieler Geschichten. Er ist einer der Urenkel des großen Helsing.

    Er ist Horst, Horst van Helsing!

  • Das klingt doch mal nach einem interessanten Einsteig in eure Geschichte. Ich bin mal gespannt was da kommen mag.... und wie du Jennagon meine heißgeliebten Vampire verunstaltest oder eben auch nicht ;) Ich bleibe am Ball und finde, dass ihr mit diesem Einstieg auch schon ein recht gutes Statement abgegeben habt, was ihr von dem Mainstream haltet, was die Kultur der Vampire betrifft. Mal sehen, wie Ihr es verpackt :stick:

    • Offizieller Beitrag

    Kapitel 1


    Irgendwo in Deutschland, 9:25 Uhr morgens:

    Der Morgen in dem kleinbürgerlichen Dorf begann eigentlich wie jeder andere. Die Sonne war aufgegangen, Vögel zwitscherten und so langsam begann der Ort, wach zu werden. Menschen begaben sich zu ihren Arbeitsstellen, grüßten ihre Nachbarn und die Kinder saßen bereits in der Schule. Diese Idylle ... Inmitten dieser Idylle schlich ein Mann mittleren Alters um ein altes Bauernhaus. Bei diesem Mann handelte es sich um Klaus. Der Mittvierziger mit Halbglatze, schwarzem Anzug, Hornbrille und kabellosem Mikrofon fungierte bei der SB als Archivar. Er beobachtet für den Rat die Geschehnisse und dies machte er bereits seit Jahrhunderten. Mehr oder minder erfolgreich. Bei Klaus handelte es sich nämlich um einen Unsterblichen. Das sind Menschen, die auf natürliche Weise nur sehr langsam altern. Allerdings werden Unsterbliche nicht als solche geboren. Bei ihnen handelt es sich um verfluchte Seelen. Klaus wurde dadurch unsterblich, weil er einer Hexenverbrennung beigewohnt und diese für die SB dokumentiert hatte. Das fand die Hexe auf dem Scheiterhaufen aber nur bedingt amüsant, sodass sie ihn mit ihren letzten Atemzügen verwünschte. Deshalb stolperte der unsterbliche Klaus in diesem Jahrhundert etwas ungelenk durch ein Blumenbeet, um einer der besten Jäger zu beobachten. Aus einer sicheren Quelle hatte Klaus erfahren, dass Horst van Helsing einen neuen Auftrag bekommen sollte. Das wollte sich auch der knapp vierhundertfünfzig Jahre alte Archivar nicht entgehen lassen. Um an das Schlafzimmerfenster zu gelangen, musste Klaus um ein paar Blumen herumtänzeln und einen Rosenbusch beiseite drängen. Gerade, als er sich ein paar Notizen machen wollte, ertönte eine kratzige Stimme über ihm. „Was wird denn das, wenn es fertig ist?“, schrie es aus dem oberen Fenster des Hauses, was Klaus erstarren ließ.
    „Na warten Sie. Sie werden nicht durch meine preisgekrönten Petunien latschen!“
    Das Gezeter stammte von Frau Forstmeier, Horsts Vermieterin. Alt, uralt, aber schneller, als man es ihr zutrauen würde. Geschwind hatte sie ihren Besen zur Hand und rannte aus dem Haus, um Klaus aus ihrem Beet zu jagen.
    „Ich glaube, ich sollte verschwinden“, nuschelte Klaus. Er musste sich beeilen, denn die alte Hexe war bereits die Stufen von ihrer Eingangstreppe hinuntergeeilt.
    Und schon nahm Klaus buchstäblich seine Beine in die Hand und rannte Richtung Straße, wo ihm, als er um die Hausecke bog, der Besenstiel ins Gesicht gepfeffert wurde. Blut schoss umgehend aus seiner Nase, während er mit einem großen Satz über den kniehohen Gartenzaun sprang, wobei sich sein Hosenbein an einer der Plastiksprossen verfing und er sich noch einmal sehr ungalant auf die Fresse legte. Nur, weil er unsterblich war, hieß das nicht, dass er sich nicht verletzen konnte. „Sie Spanner, Sie. Ich rufe die Polizei!“, brüllte Frau Forstmeier ihm nach und verfolgte ihn weiter die Straße hinunter. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der humpelnde Klaus und die alte Zimtzicke. Na ja, damit hatte sich Klaus‘ Bericht erst einmal erledigt.

  • Morgen Jennagon und Kyelia

    Ich finde den Einstieg klasse 😂!

    Die bildhafte Flucht haben mir einige Lacher entlockt. Ich bin ein großer Fan von so,...ich nenne es jetzt mal schrulligen Details und konnte sofort mit Klaus mitfühlen. Jetzt bin ich natürlich gespannt, wie Archivar Klaus doch noch zu seinem Bericht kommt. 😁

    Ein paar kleine Anregung, bzw. Fragen die ich mir gestellt habe:

    - hat sich Klaus verletzt, als er über den Gartenzaun gesprungen ist? Das Humpeln war mir nicht ganz verständlich. Oder kommt das durch sein Alter?

    - Und was würde Klaus davon abhalten Horst nach seinem Auftrag zu fragen? Warum muss Klaus wie ein Paparazzi durch das Fenster spähen?


    Ich bin schon gespannt wie es weiter geht! 🙌

  • Sehr gemacht! :thumbsup: ein guter Einstieg ins Kapitel. Man muss direkt schmunzeln vor allem bei den Blumen.... Das wäre in so einer Situation auch total ich 😅

    Ich bin Mal gespannt wie es weiter geht :stick:

    Ne kleine Anmerkung habe ich aber:

    „Na warten Sie. Sie werden nicht durch meine preisgekrönten Petunien latschen!

    Ich würde "trammeln" nehmen statt "latschen"

    • Offizieller Beitrag

    Ein paar kleine Anregung, bzw. Fragen die ich mir gestellt habe:

    - hat sich Klaus verletzt, als er über den Gartenzaun gesprungen ist? Das Humpeln war mir nicht ganz verständlich. Oder kommt das durch sein Alter?

    - Und was würde Klaus davon abhalten Horst nach seinem Auftrag zu fragen? Warum muss Klaus wie ein Paparazzi durch das Fenster spähen?

    - Beim Hängenbleiben am Gartenzaun und auf die Fresse legen, kann Mann sich schon mal verletzen ;) Nehme ich aber für den nächsten Part noch mal auf - und kläre auf.

    - DAS kommt definitiv im nächsten Teil, warum das so ist. xD

    Vielen Dank für deinen Kommentar. :D

    Ne kleine Anmerkung habe ich aber:

    Ich würde "trammeln" nehmen statt "latschen"

    Meinst du "trampeln"? Ja, das ginge auch, aber tatsächlich verbinde ich Trampeln auch mit Lärm, der hier nicht gegeben wäre. ^^
    Wie bei "Die Kinder trampeln oben herum", das hört man auch ... "Latschen" war da im Dialog einfach der erste Gedanke. :nummer1:

    Man muss direkt schmunzeln vor allem bei den Blumen.... Das wäre in so einer Situation auch total ich 😅

    Von Seiten Klaus' oder der Frau Forstmeier? Also, ich bin mittlerweile total Frau Forstmeier mit dem Garten. :rofl: Wehe, die Kinder kommen meinen Lilien zu nahe. :pardon:

  • Meinst du "trampeln"? Ja, das ginge auch, aber tatsächlich verbinde ich Trampeln auch mit Lärm, der hier nicht gegeben wäre. ^^
    Wie bei "Die Kinder trampeln oben herum", das hört man auch ... "Latschen" war da im Dialog einfach der erste Gedanke. :nummer1:

    Ja, ich meinte "trampeln"....blöde Autokorrektur :patsch:

    War meinerseits nur ein 'Vorschlag. Könnt ihr natürlich machen wie ihr wollt :)

    Von Seiten Klaus' oder der Frau Forstmeier? Also, ich bin mittlerweile total Frau Forstmeier mit dem Garten. :rofl: Wehe, die Kinder kommen meinen Lilien zu nahe. :pardon:

    Sowohl als auch. Wobei ich sagen muss das ich Frau Forstmeier nacvh dem kurzen Auftritt schon genial finde :D

    • Offizieller Beitrag

    Als Horst indes von seinem Radiowecker geweckt wurde, der noch aus den Achtzigern stammte, war es wieder einer der Tage, an denen er dachte: „Warum bist du nicht Bäcker wie dein Cousin geworden?“
    Mühselig musste er sich dennoch aus dem Bett quälen, um sich dann den rechten Fuß an den leeren Bierflaschen anzuhauen und auf der Suche nach der rettenden Wand ins Leere zu greifen. Nur, um dann festzustellen, dass die Kippen leer waren und die Wurst im Kühlschrank ihre Wiedergeburt als undefinierbares Tier feierte. Zu allem Übel stand auch noch der kalte Zigarettenrauch im kleinen Zimmer und beim Versuch, das Fenster zu öffnen, riss Horst den Griff ab. Bruchbude, aber mehr war bei seinem Leben nicht drin.
    Was er eigentlich beruflich machte? Nun, er war ein Jäger! Aber leider nicht die Sorte, die stundenlang auf einem Hochsitz hocken und in die Nebel bedeckte Landschaft starren durfte. Horst jagte andere Dinge. Fabelwesen, Monster, die andere lediglich aus Gruselmärchen und Filmen kannten. Abtrünnige Vampire waren sein Hauptgeschäft. Für jede eingesperrte oder getötete Kreatur gab es Provisionen. Die brauchte Horst meist dringend, denn neben drei Exfrauen, hatte er auch zwei Kinder. Und obwohl Horst nicht der verträglichste Mensch der Welt war, konnte er seiner Familie nichts abschlagen. Deswegen blieb für ihn am Ende am wenigsten übrig ... Wie man sich bei seiner Behausung bereits denken konnte.
    Hätte er gewusst, was ihn an diesem Tag erwartete, dann hätte er sich selbst in den Kopf geschossen, aber das ist ja das Gemeine am Leben – er weiß es nicht!

    Nachdem er das Aufstehen einigermaßen überlebt hatte, stellte er sich in seinem weißen Feinrippunterhemd - das vermutlich auch noch aus den Achtzigern stammte – vor den verschmierten Badspiegel. Müde fuhr er sich über die stoppelige Haut in seinem Gesicht und gähnte ausgiebig.
    War er das im Spiegel? Wirklich? Als er sich das letzte Mal so genau angesehen hatte, schien er dreißig gewesen zu sein und nun starrte ein alter Mann zurück. Noch zwei Monate, dann sollte er sechzig werden. Sechzig, da freuten sich seine Altersgenossen langsam auf die Rente. Nur er nicht. Er hätte auch nie damit gerechnet, in seinem Job überhaupt so alt zu werden.
    Ein Jäger zu sein, hieß, es bis zum Ende zu bleiben. Horst sah sich schon mit einem Rollator den finsteren Kreaturen nachjagen, bewaffnet mit einer Harpune und einer Trillerpfeife. Allerdings sollte das bei Horst noch etwas dauern, aber das kommt später.
    Mit etwas Wasser aus dem verschmutzten Waschbecken versuchte er, sich zu erfrischen, als plötzlich das Handy auf dem Küchentisch klingelte.
    Nicht einmal morgens ließ man ihn in Ruhe.
    Er fischte sich kurzerhand seine Unterhose aus der Poritze und begab sich dann zum Tisch. Unter unzähligen Zeitungen bimmelte es und Horst orientierte sich einfach am düsteren Klingelton, worunter es sich genau befand. Anhand der Melodie wusste er schon, um wen es sich handelte. „The Man With The Harmonica“, das hieß, die Gerichtsmedizin meldete sich bei ihm.
    „Ja?“, nuschelte er, nachdem er abgenommen hatte. Ein Stöhnen erklang am anderen Ende, was Horst eine Körperhaltung verlieh, als verwandelte er sich in Pudding.
    „Frankie?“, hakte er nach.
    Wieder kam ein Stöhnen als Antwort.
    „Gib mir Elena! Wenn ich mit dir telefoniere, hab ich das Gefühl, ich bekomme obszöne Anrufe.“
    Kurz raschelte es auf Seiten der Rechtsmedizin und eine kauende Frauenstimme war zu hören.
    „Horst? Kommst du mal vorbei?“ Die Dame schluckte allen Anscheins ihr Frühstück hinunter. „Ich habe hier was für dich liegen.“
    „Ist es tot?“, fragte Horst.
    „Zur Zeit?“ Es folgte eine obligatorische Pause. „NATÜRLICH IST ES TOT, WENN ICH DICH ANRUFE!“, krakelte es aus dem Hörer, sodass Horst das Handy weghielt und die Augen schmerzverzerrt zukniff.
    „Tot ist in unserer Branche ein dehnbarer Begriff.“
    Die Gerichtsmedizinerin seufzte.
    „Es ist tot-TOT!“
    „Dann muss ich mich ja nicht beeilen.“
    Horst legte auf und machte sich fertig. „Ich hasse meinen Job. Ich hasse mich! Ich hasse alles und jeden!“
    Anziehen tat er sich nebenbei auch.
    Was nie fehlen durfte, war dabei seine schusssichere Weste, die bei ihm wie eine Korsage wirkte. Sie hielt dezent seinen Waschbärbauch zurück. Die Hose vom Vortag war noch in Ordnung, und nachdem es den Geruchstest bestanden hatte, auch sein Hemd. Seine Sicherheitsstiefel waren voller Friedhofserde, aber die sollte er bis in die Stadt losgeworden sein. Am Eingang wartete bereits sein lederner Mantel mit Stehkragen auf ihn und war ein Erbstück seines Urgroßvaters. Das Einzige in der Wohnung, das einen festen und einigermaßen sauberen Platz besaß, nämlich den Kleiderständer neben der Wohnungstür.
    Noch einmal kontrollierte Horst, ob er alles hatte. Handy, Schlüssel, Heckler & Koch P30 V2, Phiolen voll Weihwasser, zwei volle Magazine und seinen Geldbeutel. Es war alles da!
    Mürrisch stapfte er die Stufen des Kellers hinauf und stieg dann in seinen alten Leichenwagen mit den blutroten, verstaubten Vorhängen. Beim Anlassen dieses Fahrzeugs hatte man das Gefühl, ein alter Panzer rollte über die Straße, aber Horst hatte Jahre gebraucht, um ihn sich so zuzurichten … herzurichten. Und obwohl er wegen seiner einsneunzig mit den Knien unter dem Kinn losfuhr, mochte er den alten Mercedes. Er war nicht schön, aber selten – wie Horst.

    Horst war gerade ein paar Meter gefahren, da fiel ihm auf, dass Frau Forstmeier völlig außer Puste auf einem Besen lehnte. Das Letzte, was er gebrauchen konnte, war, dass die Alte ihm wegstarb. Nicht umsonst vertrieb er häufig die Banshees vor ihrem Haus. „Alles in Ordung?“, fragte er, und Frau Forstmeier nickte.
    „Ich habe wieder einen dieser nervigen Staubsaugervertreter verscheucht, die durch mein Blumenbeet sind.“
    „Schaffen Sie es zurück?“, wollte Horst wissen.
    „Ja, ja, junger Mann. Fahren Sie mal zur Arbeit.“
    Junger Mann ... das konnte auch nur eine Frau über neunzig über ihn sagen.
    Horst kurbelte das Fenster wieder hoch und fuhr weiter, nur, um zirka zweihundert Meter weiter, besagten Staubsaugervertreter zu erspähen. „Klaus ...“, nuschelte Horst in seinen Dreitagebart und hielt erneut an. „Willst du mitfahren?“, fragte er.
    Klaus hustete und schien völlig fertig zu sein. Schweiß stand auf seiner Stirn, während er kaum ein vernünftiges Wort herausbrachte. „Danke, zu nett“, erklang es in Tonlage einer Fistelstimme. „Das wäre gut.“
    Unter Anwendung roher Gewalt öffnete Klaus die Autotür und stieg ein.
    Horst nickte bestätigend, während er den Wagen anrollen ließ. Und erstaunlicherweise löcherte Klaus ihn nicht direkt mir irgendwelchen Fragen. Klaus zog offensichtlich Nebenluft, so wie er atmete.
    „Allzu fit bist du ja nicht, wenn eine alte Frau dich dermaßen fertigmacht“, bemerkte Horst, nachdem er sich allmählich Gedanken darüber machte, ob Klaus das überleben würde.
    Nach ein paar weiteren tiefen Atmenzügen ging es dann wieder. „Wenn ich bemerken darf ...“, sprach Klaus, „als ich unsterblich wurde, war ich bereits am Zenit meines Lebens angekommen.“
    Horst verstand. Frühere Zeiten, Mitte vierzig ... „Aber eigentlich war niemand mit Mitte vierzig wirklich alt, das Durchschnittsalter hing auch etwas an der Kinder – und Frauensterb...“
    „Ich war ... bin alt!“, unterbrach ihn Klaus lautstark. „Ich hatte mir sogar schon meinen Platz auf dem Friedhof ausgesucht. Unter einer Weide am Rand der Mauer ... und wer lag dann da? Bartholomäus Schnuck! Dieser inzüchtige Schankwirt aus der Hölle!“
    „Empfindliches Thema, was?!“
    Klaus nickte.
    „Und warum stapfst du durch Frau Forstmeiers Beet? Reg diese alte Dame nicht auf. Ich will mir nicht noch eine neue Wohnung suchen müssen“, stellte Horst klar.
    Klaus seufzte und rieb sich den Nasenrücken. „Wenn du freiwillig mit mir reden würdest, müsste ich nicht heimlich recherchieren.“
    „Ich habe keine Zeit für Interviews. Ich muss arbeiten ...“
    „Ja, aber ...“
    „Bleib dran, dann hast du deinen Bericht! Ich habe keine Lust auf diesen Papierkram! Für deine körperliche Unfitness kann ich nichts.“
    „Ich bin unsterblich, aber nicht unverwundbar. Mir tun Stürze und Kugeln auch weh ... Wenn der Kopf weg ist ... hab ich nicht einmal mehr einen Friedhofsplatz. Und bei mir verheilen Wunden nicht so schnell wie bei einem Helsing.“
    „Wir können gerne ... nein, lieber nicht ... vergiss es.“
    Horst war zwar nicht unsterblich, aber seiner Blutreihe hatte er zu verdanken, dass sein körperlicher Zerfall etwas langsamer voranschritt. Auch Verletzungen heilten schnell. In seinem jetzigen Alter nicht mehr so schnell wie noch mit Mitte zwanzig, aber doch besser als bei Altergenossen.

    Bis zur Gerichtsmedizin schwiegen beide. Das lag auch daran, dass Horst keine Auskunft zu seinem Auftrag gab. Vor allem, weil er selbst noch keinen Schimmer besaß, was dort auf ihn wartete.

  • Ganz köstlich! Ich liebe deinen Humor und deine Ideen. Es ist alles so total anders als man es beim Thema "Vampirjäger" erwarten sollte. Bitte weiter so und mehr davon.

    • Offizieller Beitrag

    Ganz köstlich! Ich liebe deinen Humor und deine Ideen. Es ist alles so total anders als man es beim Thema "Vampirjäger" erwarten sollte. Bitte weiter so und mehr davon.

    Meine Inspirationen dabei sind: Mel Brooks, Jerry Lewis und "Bully". Alles, was in der Kindheit so um einen herum war. :rofl: Situationskomik eben ... ^^

  • Dann mache ich mal weiter. :)


    Kapitel 2

    Irgendwo in Deutschland, Stadtrand, 9:00 Uhr morgens:

    Während sich Horst noch mit den Tücken des Morgens abmühte, seinen Bierbauch in die Kleidung quetschte und Klaus vor einer wütenden Rentnerin floh, war unsere zweite Protagonistin bereits ein wenig produktiver. Wenn auch nur ein wenig.

    Viktoria warf Repetiergewehr und Schaufel in den Kofferraum des Wagens und schlug die Heckklappe zu. Der Verschluss reagierte nicht und der Kofferraum ploppte wieder auf. Die Klappe wurde noch zwei weitere Male fachmännisch zugestoßen. Das letzte Mal mit genug Wums, um den ganzen Wagen zum Schwanken zu bringen; die ganze Stadt hätte davon wach werden können. In jedem Fall verklangen Knall und Fluch nur langsam.
    Viktoria öffnete die Beifahrertür, schlüpfte aus den schweren Arbeitsstiefeln. Zwischen dem Dreck war das Leder kaum noch als solches zu erkennen. Es sah es eher so aus, als würde sie Felder an den Füßen tragen. Womit sie bei den ganzen hippen Öko-Fritzen wahrscheinlich auch noch cool gewesen wäre.
    Ökologisch abbaubare Schuhe hin oder her, in ihren Wagen kam der Dreck jedenfalls nicht. Abgesehen von dem Umstand, dass es mit diesen Stiefeln nur Vollgas oder Vollbremsung gab.
    Mit Turnschuhen fühlte sie sich deutlich wohler und nach einer ausgiebigen Dusche würde die restliche Nacht auch von ihr abfallen. Alles an ihr war voll Schlamm und ... fangen wir das Thema nicht noch einmal an. Ihre Jacke war zerrissen und ihre Frisur zerstört. Alles in allem hatte sie schon weniger aufregende Nachtschichten hinter sich. Wobei sie lieber fünf Stunden durch Wald und Strebergärten kroch, als mit einem Kobold auch nur 5 Minuten darüber zu diskutieren, wem das Geld in der Kasse des Supermarktes gehörte. (Immer dem Kobold)
    Sie stellte die Stiefel auf die Folie im Fußraum des Wagens und fischte dann eine Phiole aus ihrer Jackentasche. Sie öffnete den Verschluss und lehnte sich an den Wagen. Es gab nichts Besseres als ein Frühstück nach getaner Arbeit.
    Um sie herum war alles ruhig. Ein Kerl in Uniform versuchte ein Feuer mit einer Jacke auszuschlagen. Der Feuerlöscher musste ihm wohl leer geworden sein.
    Das Entsorgungsteam würde einiges zu tun haben. Aber das war zum Glück nicht ihre Abteilung. Sie entsorgte die Ursache. Und alles, was dabei zu Bruch ging, entsorgten andere.
    Die Jacke des Typen fing Feuer.
    »Hey, Tepes, nimmst du ihn mit?« Eine Frau in Uniform kam auf sie zu und führte dabei einen stark behaarten Mann neben sich her. Und wenn von einem stark behaarten Mann die Rede war, dann ist auch stark behaart gemeint. Nicht diese Milchgesichter, die bei drei Barthaaren schon von einem Vollbart schwärmen. Dieser Mann sah aus, als wollte er einem Grizzlybären Konkurrenz machen. Und jeder Bär wäre vor Neid geplatzt. Kurzum: Der Kerl war eine beeindruckende und bedrohliche Gestalt. Ein Werwolf kurz nach seiner Rückverwandlung.
    Viktoria rümpfte die Nase. Der Mann roch nach nassem Hund. Es würde ewig dauern, den Geruch aus ihrem Auto herauszubekommen. Und die Haare erst!
    »Sehe ich aus wie ein Taxiunternehmen? Ich wollte auf dem direkten Weg nach Hause.«
    Beatrice, die Frau im Anzug, blies genervt die Luft aus. Ihr Kollege schlug hinter ihr die lichterloh brennende Jacke auf den Boden. Ein Rosenbusch entzündete sich durch die Funken. »Wir brauchen hier noch eine Weile«, ihr Blick wurde streng, »weil ein gewisses Bleichgesicht ja die halbe Gartenanlage durchsieben musste.«
    Viktoria leerte die Phiole in einem Zug und leckte sich die rote Flüssigkeit von den Lippen. »Es waren nur zwei Gärten, und hätte er stillgehalten, hätte ich auch nicht danebengeschossen. Aber sie müssen ja immer wegrennen.«
    Der Garten sah aus, als hätte der Besitzer eine Horde Wildschweine als Gärtner beauftragt. Beete waren über die komplette Rasenfläche verteilt, die Rosenbüsche zertrampelt, einer davon brannte, der Rest war in alle Winde verstreut. Oder abgebrannt. Die Gartenlaube war ein Schweizer Käse, mehr Loch als Laube.
    Der Typ trat nun mit den Füßen Jacke und Rosenbusch aus.
    Viktoria hatte schon schlimmere Tatorte gesehen.
    »Nebenbei bemerkt; nicht cool«, meinte der haarige Mann. Seine Fistelstimme passte so gar nicht zu seiner bedrohlichen Gestalt. Eine Figur aus einem Horrorfilm, die einen durch den Wald jagte und durch seine Albträume - und jeden Dirigenten aus seinem Chor.
    »Es war Betäubungsmonition«, murrte Viktoria und klappte den Beifahrersitz vor. »Was kann ich dafür, dass du in den Holzstapel rennst.«
    »Betäubungsmonition?! Du hattest ein Schrotgewehr!« Der Mann hatte einen Verband am Arm, den anderen am Bein.
    »Und? Ich will auch meinen Spaß. Steig ein!«
    »Spaß?!« Die Stimme des Mannes wurde einige Oktaven höher. Viktoria sah zu ihrem Auto. Hatte sie sich das eingebildet, oder hatten die Scheiben gewackelt?
    »Jetzt steig ein, oder ich reiß dir den Arsch auf! Ich will ins Bett!«
    »Hinten?« Der Mann wirkte wenig begeistert.
    »Ja, ich will deinen Maggie-Geruch nicht in meiner Nase haben.«
    Der Mann wollte noch etwas sagen, aber hielt den Mund, als sie ihre Eckzähne fletschte. Viktoria hielt die Tür auf, während sich der riesige, breite Kerl ins Hintere des winzigen Ford Fiesta quetsche.
    »Und liefere ihn diesmal auch wirklich ab.« Beatrice fixierte sie mit einem dieser Blicke, die man normalerweise einem störrischen Kind zuwarf, das gerade den Fußball durch das Fenster der unbeliebten Nachbarin geschossen hatte.
    »Das war nur einmal.« Sie klappte den Sitz zurück, was den Mann wie einen behaarten Dosenfisch aussehen ließ.
    Beatrice rümpfte die Nase. »Es waren drei Male.«
    »Wenn du mir nicht vertraust, fahr ihn doch selbst.« Viktoria öffnete die Tür wieder, doch Beatrice kehrte bereits auf dem Absatz um und zurück zu ihrem Partner, der schweißgebadet seine geschmolzenen Schuhe betrachtete. »Sieh zu, dass du bis Mittag daheim bist, es soll aufklaren.«
    Ein Blick in den Himmel verriet, dass es noch stark bewölkt war.
    »Blöde Kuh«, knurrte Viktoria und klemmte sich hinter das Steuer ihres alten Ford. Der Kleinwagen von 1980 schnurrte wie ein alterskranker Tiger, aber ihn zu entsorgen kam nicht in Frage. Sie hatte den Wagen im gleichen Jahr gekauft, in dem ihr jüngster Sohn geboren wurde. Würde sie das Auto entsorgen, würde sie auch einen Teil ihres Sohnes entsorgen.



    Wenn es ein Buch gibt, das du wirklich lesen willst, aber das noch nicht geschrieben wurde, dann musst du es selbst schreiben.
    - Toni Morrison -

  • »An deinem Auto klappert etwas.«
    Viktoria warf einen Blick in den Rückspiegel zum Dosenfisch, der in zerrissener Kleidung dort hockte, die Pupillen geweitet, die Haare wirr in alle Richtungen, Schlamm klebte an ihm. Eine wilde Nacht lag hinter ihnen. Und nicht die gute Art.
    »Hier klappert gar nichts.« Vor einiger Zeit hatte sie mal geglaubt, etwas an dem Wagen würde klappern, aber das war nun auch schon wieder einige Monate her und der Ford fuhr immer noch und sie vernahm auch kein Klappern mehr. »Und wehe du machst dort hinten etwas dreckig.«
    »Doch ganz eindeutig, irgendwo rechts, metallisch.« Er ignorierte sie.
    Sie sah den Mann mit einem lieblichen Lächeln an. »Ich bin dir die halbe Nacht durch den Wald nachgerannt, meine Kleidung ist kaputt und ich musste mir für den Förster eine Ausrede aus dem A*** ziehen, warum ein nackter Mann ein Reh durch den Wald jagt und den Garten von irgendeinem Spießer umgräbt. Also Wolfi, bist du dir immer noch sicher, dass hier etwas klappert?« Sie funkelte ihn an, ihre Eckzähne gefletscht.
    Der Mann kräuselte die Nase.
    »Wolfgang nicht Wolfi.«
    Auffordernd blieb ihr Blick auf den Werwolf gerichtet. Der Mann sagte nichts mehr, was sie als Erfolg verbuchte.
    Sie bog ab. Hinten rechts klapperte es.
    »Klingt nach einer gebrochenen Feder.«
    Viktoria trat auf die Bremse, sodass Wolfi heftig nicken musste.
    »Ich habe doch gesagt, hier klappert nichts.« Sie machte die Musik lauter.
    »Ich bin KFZ-Mechatroniker, ich könnte ... «
    Sie machte die Musik wieder leiser.
    »Versuchst du mich gerade zu bestechen?«
    »Neeeeeeein, würde ich niemals!« Der Mann gestikulierte wild und unschuldig. »Aber wenn dem so wäre, würde es denn klappen?«
    »Hier klappert nichts! Und ich lasse mich nicht bestechen.«
    Es klapperte bei einem Schlagloch. Langes Schweigen entstand im Auto, während sie durch die Stadt fuhr. Auf dem Bürgersteig jagte eine Frau mit Besen einem hinkenden Mann nach. Moment war das nicht Klaus? Viktoria sah dem Archivar im Seitenspiegel nach. Was war das für eine neue Joggingmethode? Der alte Sack ging offenbar mehr mit der Zeit, als sie selbst.
    Etwas klapperte.
    »Wie viel?«, fragte sie genervt.
    »Kostenlos.«
    »Gut.« Sie grinste in den Rückspiegel. »Ich nehme dich beim Wort.«
    Der Werwolf nickte sichtlich zufrieden.
    »Wir fahren dennoch erst zur Organisation.« Sie bog in Richtung Innenstadt ab. »Und danach kannst du mein Auto gleich unter die Lupe nehmen.«
    »Aber wir haben doch gerade...«
    »Ich habe dir gesagt, dass ich mich nicht bestechen lasse. Du hast es dennoch kostenlos angeboten. Das ist ja nicht mein Problem.« Sie lächelte zufrieden.
    »Aber warum denn zur Organisation? Ich habe nichts falsch gemacht.«
    Viktoria verzichtete darauf, etwas zu sagen, stattdessen sah sie in den Rückspiegel. Und hob eine ihrer Augenbrauen.
    »Jetzt guck nicht so. Wegen mir wisst ihr nun dass dieser Typ seit Jahren Leichen in seinem lächerlichen Garten vergraben hat.«
    Viktoria nickte. Hunde und ihre Knochen.
    »Mag sein, aber das ist nicht unsere Abteilung. Oder willst du der Polizei erklären, warum du nackt bei dem Typen gegraben hast?« Wobei das für die Polizei wohl heutzutage auch nicht mehr überraschend war. Dafür gab es zu viele Drogen und zu viele Bekloppte. Und zu viele Bekloppte mit Drogen. Aber das würde sie ihm sicherlich nicht auf die Nase binden.
    »Halbnackt«, korrigierte sie der Werwolf.
    Viktoria ging nicht darauf ein. Zum einen weil sie sich auf die Zunge beißen musste, um den Mann nicht zu beleidigen. Zum anderen klingelte ihr Handy. Diese grandiose Erfindung, mit der man sich mit Leuten überall auf der Welt verknüpfen konnte. Diese Erfindung, mit der ihr Leute von überall auf der Welt auf die Nerven gehen konnten. Und sie selbst diesen Leuten auch auf die Nerven gehen konnte. Wenn sie nur wüsste, wohin sie dieses Ding getan hatte.
    Viktoria fischte beim Fahren unter dem Sitz herum.
    Ein Aufschrei von hinten links mischte sich mit dem Klappern von rechts.
    »Übertreib nicht so!«
    »Du hast gut reden, ich bin nicht unsterblich!«
    »Bin ich auch nicht«, meinte sie ruhig. Auch wenn das oft argumentiert wurde. Ein guter alter Holzpflock tötete einen Vampir aber ebenso wie ... jedes andere Wesen. Mal ehrlich? Wer starb nicht bei einem Pflock ins Herz? Tatsächlich musste es nicht einmal Holz sein. Irgendwas Spitzes ins Herz und ein Vampir war tot-tot. Und Menschen auch. Vampire waren nur einfach widerstandsfähiger und langlebiger als normale Menschen. Fluch und Segen zugleich. Denn manchmal wünschte sie sich, ihr alter Herr würde endlich das Zeitliche segnen. Oder wenigstens in Rente gehen.
    Viktoria seufzte, als sie das Handy fand und auf das Display schielte.
    »Ja?«, murrte sie beim Abheben. Sie machte den Lautsprecher an und warf das Gerät in die Mittelkonsole.
    »Du musst dringend in mein Büro kommen!«
    »Also eigentlich habe ich Feierabend ...« Sie hielt an einer Kreuzung.
    »Jetzt.«
    Das Gespräch war beendet. Viktoria kniff sich in die Nasenwurzel. Warum rief dieser alte Sack sie deshalb an und schrieb ihr nicht einfach wie jeder andere halbwegs normale Mensch? Fehlte nur noch, dass der alte Vampir die Sprachnachrichten entdeckte.
    Wolfi streckte neugierig den Kopf nach vorn.
    »Ärger mit Papa?«, witzelte er.
    Viktoria ging nicht darauf ein. Sie stellte die Musik lauter und pfiff fröhlich Spillways von Ghost mit. Der alte Mann konnte sicherlich noch ein wenig warten. Erstmal brauchte sie einen Kaffee und sie wusste schon, wo sie diesen bekam.



    Wenn es ein Buch gibt, das du wirklich lesen willst, aber das noch nicht geschrieben wurde, dann musst du es selbst schreiben.
    - Toni Morrison -