Die eisigen Kinder [Arbeitstitel]

Es gibt 107 Antworten in diesem Thema, welches 27.147 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (22. September 2018 um 15:21) ist von Kelamith.

  • Ich muss ja wenigstens so tun, als würde ich was schreiben :)

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    Martin sah auf seine klägliche Ausbeute hinab.
    Es war zu früh im Jahr und die meisten Pflanzen besaßen noch keine essbaren Früchte oder Samen.
    Immerhin hatte er zwei Handvoll saftiger weißer Merula-Beeren aufstöbern können.
    Die unscheinbaren Früchte schmeckten anfangs sehr sauer, entwickelten jedoch einen süßlichen Nachgeschmack, den er sehr mochte.
    Den Inhalt seiner einen Hand ließ Martin in eine der vielen Taschen seiner Robe gleiten. Schließlich musste sein Meister dringend etwas essen. Dann wollte er sich über seinen eigenen Anteil hermachen.
    Hinter dem Jungen ertönte ein leises Fiepen. Erstaunt drehte er sich um und blickte in große dunkle Augen, die zu ihm aufsahen. Ein erneutes Fiepen erklang und Martin ging in die Hocke.
    „Du schon wieder?“, fragte er grinsend.
    Die Fuchsaugen gaben seine eigenen frei und wanderten zu Martins Hand, die noch immer die Merula-Beeren hielt.
    Das kleine Tier winselte und stupste mit der weichen Nase dagegen. Martin wusste er würde es bereuen, doch er streckte die Finger und gab die Beeren frei.
    „Ich kann dir einfach nichts abschlagen, du Wollknäuel“, meinte er mit einem Lächeln auf den Lippen und streckte seine andere Hand aus. Der Fuchs ließ es wider Erwarten zu, dass Martin seinen Kopf streichelte. Das Tier hatte wunderbar weiches Fell, das dem Jungen dichter und flauschiger schien, als er es erwartet hatte.
    In Windeseile hatte das kleine Tier die Beeren verdrückt. Doch statt wie bei ihrer ersten Begegnung fortzulaufen, schlabberte es mit der winzigen rauen Zunge an Martins Fingern.
    „Hey, das kitzelt“, beschwerte der sich. „Wo ist denn eigentlich deine Mutter, Kleiner?“
    Natürlich gab das Tier keine Antwort, doch es blickte zu ihm auf, ehe es sich wieder genüsslich seiner Hand zuwandte.
    „Ich muss jetzt gehen“, setzte Martin sanft hinzu, „mein Meister wartet vermutlich schon auf mich. Er ist ein brummiger alter Bär, aber fast wie ein zweiter Vater für mich.“
    Er strich noch einmal mit der Hand über den Kopf des Fuchses und erhob sich dann langsam.
    Beim Gehen warf er noch einmal einen kurzen Blick über die Schulter. Die Augen des Tieres folgten seinen Schritten und der Kopf zuckte nervös. Eilig blickte Martin wieder nach vorne. Er wollte sich den Abschied nicht unnötig schwer machen. Schon immer hatte er zu Tieren ein besseres Verhältnis gehabt, als zu Menschen.
    Er hastete durch den Wald und achtete nicht sonderlich auf den Untergrund, über den ihn seine Füße trugen.
    Er machte sich Vorwürfe. Sein Weg hatte ihn tief in das grüne Meer getragen, wo die Bäume sich dicht an dicht drängten. Er hatte Tiu viel zu lange allein gelassen. Was wenn dieser inzwischen aufgewacht war und sich wunderte, wohin sein Schüler verschwunden war. Oder schlimmer, was wenn ihn ihre Verfolger, die es sicherlich geben würde, gefunden hatten? Nein, er hätte ihn nicht alleine lassen dürfen.
    Vor lauter Sorge übersah Martin eine aus dem Boden ragende Wurzel. Sein Fuß verfing sich und mit einem entsetzten Aufschrei kippte er nach vorne. Gerade noch rechtzeitig schaffte er es, seine Hände unter den Körper zu ziehen und vermied es so, mit dem Kopf voraus auf den erdigen Untergrund zu fallen.
    Verärgert rappelte sich Martin wieder auf. Wieso passierte so etwas immer ihm? Er sah an seiner eisblauen Stoffrobe herab und stellte entsetzt fest, dass sie teilweise zerrissen und mit Erde verschmutzt war.
    „Mit so etwas kann ich doch nicht herumlaufen“, grummelte er. Man würde sich überall an ihn erinnern, den Bettel-Priester-Schüler würde man ihn nennen, und was noch schlimmer war, er würde seinem Meister Schande machen. Doch erkannte er, dass er im Moment nichts daran ändern konnte. Also rieb er sich die schmerzenden Handflächen und setzte seinen Rückweg, stets auf den Untergrund achtend, fort.
    So entging ihm die kleine Gestalt, die ihm unter den schattenspendenden Bäumen folgte.

  • Es scheint, als sollte das Füchslein eine größere Rolle in der Geschichte bekommen. Martin bekommt hier etwas mehr Tiefe, er scheint ein wenig naiv zu sein - so, wie er sich in der Situ um seinen Mantel sorgt. :thumbsup:

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Yey, Martin bekommt einen tierischen Begleiter :thumbsup: Super geschreiben!

    >^..^<

  • Sehr schön :)
    Die Story gefällt mir gut, den Fuchs finde ich süß *-*
    Ich mag deinen Stil, die Art wie du dich ausdrückst.
    Weiter so, ich möchte bald mehr lesen ^^

    Keen to the scent, the hunt is my muse
    A means to an end this path that I choose
    Lost and aloof are the loves of my past

    WAKE THE WHITE WOLF, remembrance at last

    Chaos hat gesagt, dass ich "süß und flauschig" bin :love:

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    Mit gemischten Gefühlen setzte Hagen die, für seinen Geschmack unnötig pompöse, Adlerfeder ab. Auf der einen Seite war er froh, endlich zu einem Entschluss gekommen zu sein, wie die Probleme angegangen werden sollten, andererseits machte er sich große Sorgen darum, dass Gerüchte entstanden. Richtig gestreut konnten Gerüchte wahre Wunder bewirken. Das wusste er aus eigener Erfahrung. Doch wild wuchernde Gerüchte waren oftmals bedrohlich. Sie fassten überall Fuß und säten unkontrolliert Misstrauen und Unsicherheit, Zorn oder Liebe.
    „Hauptmann Wagel!“, rief er den vor der Tür wartenden Soldaten.
    Prompt öffnete diese sich und der Angesprochene blickte in das Zimmer.
    „Ja, Lord Großinquisitor?“, fragte er.
    „Sucht mir Kyrios und bringt ihn her“, befahl Hagen.
    Der Hauptmann salutierte zackig und entfernte sich mit polternden Schritten. Noch einmal las der Großinquisitor den Brief, den er soeben verfasst hatte. Ja, so würde es gehen.
    Er trat an das einzige Fenster und öffnete es weit. Mit geübter Handbewegung förderte er ein metallisches Rohr aus seinem Mantel hervor und hob es an den Mund. Ein kurzer gellender Laut ertönte und als Antwort erklang ein langgezogenes Kreischen von einem der hohen Turmdächer herab.
    Braun gescheckte Schwingen trugen den stolzen Falken hinab auf die Brüstung der Wohngemächer, wo er mit vor und zurück ruckendem Kopf zu seinem Herrn aufsah.
    Hagen strich kurz mit den Fingern über die weichen Halsfedern des Vogels, woraufhin dieser den linken Fuß hob. Daran band er den gerollten Brief mit etwas Garn fest.
    Mit einem weiteren durchdringenden Kreischen erhob sich der Falke abermals in die Luft.
    Wenigstens ein Gefährte, auf den stets Verlass war, dachte Hagen und wandte sich befriedigt der Tür zu als just zu diesem Zeitpunkt ein Klopfen ertönte.
    „Ja?“, verlangte er mit herrischer Stimme.
    Sein ehemaliger Schüler trat ein und ging mit einem Knie auf den Boden, während der Gardist wieder draußen Aufstellung nahm.
    „Mein Lord, ihr habt nach mir verlangt?“, fragte Kyrios unterwürfig.
    „Steh auf und lass dieses verdammte Getue“, kommentierte Hagen, „wir wissen beide, dass du es nicht ernst meinst.“
    Ohne zu widersprechen erhob sich sein Gegenüber.
    „Du wirst die Suche nach dem Priester übernehmen. Und du wirst die Konsequenzen tragen, sollte sie scheitern“, fuhr der Großinquisitor fort.
    „Ich bin sehr zuversichtlich, dass die fünfundzwanzig fähigen Soldaten, die ihr bereits entsandt habt, durchaus in der Lage sein sollten, den Verräter zu ergreifen. Nach diesem Kampf muss er sehr geschwächt sein.“
    „Umso besser für dich“, erwiderte Hagen ironisch und wandte sich wieder ab „Vielleicht solltest du dann hierbleiben und ein wenig deine wohlverdiente Ruhe genießen.“
    Es war nicht zum auszuhalten mit dem Nachwuchs. Selbstüberschätzung und das Fehlen echter Herausforderungen machten sie nachlässig und angreifbar. Nun ja, dieser Feind würde eine Herausforderung sein. Selbst in diesem Zustand. Hagen erinnerte sich noch an den Schrecken, den alleine Tius Name unter ihren Feinden gesät hatte. Damals war er selbst nicht mehr als ein einfacher Hauptmann gewesen. Doch die Zeiten hatten sich geändert.
    Der wahren Bedrohung allerdings würde er sich nun selbst widmen müssen. Er würde Hrímnirs Rätsel folgen und den unbekannten Mörder jagen.
    Mit kräftigen Schritten verließ Hagen das Zimmer, vorbei an dem jungen Inquisitor, der noch immer nicht wusste was er antworten sollte, und dem Hauptmann, der ihm pflichtbewusst folgte. Im Hof verlangte er energisch nach seinem Ross und ohne ein weiteres Wort galoppierte Hagen aus dem noch immer halb geöffneten Burgtor. Hauptmann Wagel und zehn berittene Gardisten folgten.

    Einmal editiert, zuletzt von Kelamith (25. Juli 2014 um 13:37)

  • Braun gecheckte Schwingen trugen den stolzen Falken hinab auf die Brüstung der Wohngemächer, wo er mit vor und zurück ruckendem Kopf zu seinem Herrn aufsah.


    gescheckte

    Hört sich so an, als hätten Tiu und Hagen mal auf der gleichen Seite gekämpft? Ich bin gespannt, wie es weitergeht. :thumbsup:

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

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    Martin gelangte an die Stelle, an der er Tiu zurück gelassen hatte. Er erkannte sie an der uralten Eiche, die von zwei jungen Sprösslingen eingerahmt wurde. Hier hatte sich sein Meister angelehnt und war eingedöst.
    Allerdings konnte er ihn nun nirgends entdecken.
    Panisch blickte er sich um. Hatte Tiu sich auf die Suche nach ihm begeben? Oder hatten ihn die Häscher entdeckt während er geschlafen hatte?
    In der Nähe raschelte das Blattwerk und Martin drehte sich um. Erleichtert atmete er auf.
    „Ach da seid ihr, Meister“, lächelte er. „Ich dachte schon ihr wäret fort.“
    „Das wäre sinnlos“, antwortete der. „Wo hätte ich dich denn suchen sollen? Aber ich wusste, dass du wieder zurückkommen würdest.“
    „Hier Meister, ich habe euch etwas zu Essen besorgt“, strahlte Martin und fummelte die von seinem Sturz halb zerdrückten Beeren aus der Tasche.
    „Iss du sie, du hast es nötiger als ich“, brummte Tiu. „Wir müssen bald weiter. Soldaten folgen unserer Spur“, sagte er und deutete mit dem Daumen durch die Büsche und in Richtung Stadt.
    Martin näherte sich vorsichtig der Waldbegrenzung und spähte nach draußen. Tatsächlich konnte er mehr als zwei Dutzend Soldaten sehen, die eilig den Schnee entlangliefen, der noch immer gut zu erkennen war.
    „Es hätte schlimmer kommen können“, meinte Tiu missmutig. „Sie sind nicht beritten und wir können es schaffen, ihnen zu entkommen.“
    Seine Augen wanderten durch den Wald, ehe sie im Schatten eines Baumes hängen blieben.
    Mit ungeahnter Schnelligkeit packte er Martin und zerrte ihn beschützend hinter sich. Auch der starrte nun in den dunklen Schatten, konnte jedoch nichts entdecken. Langsam ließ er seinen Blick tiefer wandern. Was er sah versetzte ihn zwar in Erstaunen, jedoch verstand er die Aufregung seines Meisters nicht. Zwei freundliche dunkle Augen blickten zu ihnen auf. Derweil hatte Tiu kampfbereit die Hände gehoben.
    „Aber dort ist doch nur ein Fuchs“, meinte Martin fragend.
    „Das ist kein Fuchs“, knurrte der Frostvater, „also es ist schon ein Fuchs, aber kein gewöhnlicher. Das ist ein Alo.“

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    Sry Alopex Lagopus: mir ist nichts besseres eingefallen :)


    „Ein Alo?“ Martin verstand gar nichts mehr. Eben noch hatte er dem kleinen Tier zu fressen gegeben und es gestreichelt und nun sollte es so gefährlich sein, dass er sich hinter seinem Meister verstecken musste?
    „Meister, das Tier ist ganz sicher nicht gefährlich. Ich habe es eben noch gefüttert.“
    „Du hast was?“, polterte Tiu los. „Sag mir, dass das nicht wahr ist. Nein, dann ist es nicht gefährlich. Dann ist es eine Last. Herzlichen Glückwunsch Junge, die bist soeben Mutter geworden.“
    Perplex sah Martin den Priester an „Ich … äh … was?“, stotterte er.
    „Ich erkläre es dir später“, erwiderte Tiu scheinbar erbost und packte Martin am Arm. „Jetzt müssen wir erst einmal fliehen. Und nimm dein neues Anhängsel mit.“
    Obwohl er noch immer nicht verstand, winkte der Junge dem kleinen Fuchs, der erstaunlicherweise folgsam herüber getrottet kam und zuließ, dass Martin ihn auf den Arm nahm. Von Tiu am Arm gezerrt, stolperte der Junge wieder tiefer in den Wald.
    Inzwischen war bereits das klirrende Geräusch der Rüstungen und das Stampfen schwerer Stiefel zu vernehmen. Nur Augenblicke nachdem sich die beiden Flüchtenden außer Sichtweise ihres alten Aufenthaltsortes begeben hatten, brachen die Soldaten durch das Gebüsch. Martin hörte Befehle erschallen und bemühte sich, mit den langen Schritten seines Meisters mitzuhalten, während der kleine Fuchs auf seinem Arm vergnügt quiekte. Er war vermutlich der einzige, dem diese Flucht gefiel, dachte der Junge.
    Ein trockener Ast knackte unter den Schritten und hallte in Martins Ohren wie Donnerhall.
    „Verdammt!“, zischte Tiu und änderte abrupt die Richtung.
    Immer weniger Licht fiel durch das Blätterdach, als die Bäume näher zueinander rückten.
    Unter die steten Schritte hatte sich ein irritierendes Geräusch gemischt und Martin benötigte einige Augenblicke um zu erkennen, dass der alte Priester heftig keuchte.
    Er ist immer noch sehr geschwächt, überkam ihn die Erkenntnis, er wird nicht viel länger durchhalten.
    Anscheinend war auch Tiu zu dieser Einsicht gelangt, denn zwischen zwei Atemzügen stieß er hervor: „Lauf weiter, Junge … ins Herz des Waldes … ich … komme nach.“
    Mit diesen Worten stieß er Martin weiter in die Laufrichtung, während er selbst sich mit schnell hebender Brust an eine mächtige Buche lehnte.
    Stolpernd kam der Junge zum Stehen.
    „Ich lasse Euch nicht zurück, Meister“, meinte er verzweifelt.
    „Lauf du Narr!“, flüsterte Tiu mit blitzenden Augen.
    Doch Martin weigerte sich. Er wollte, nein er konnte seinen Meister nicht zurücklassen. Die Soldaten würden ihn niedermetzeln.
    Ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Daumen und ein kurzer Aufschrei entfuhr ihm, ehe er ihn unterdrücken konnte.
    Der Fuchs, nein Alo, hatte die kleinen aber messerscharfen Zähne in dem Finger versenkt und zog.
    Ich habe nun selbst Verantwortung, erkannte Martin. Ich muss für das Tier sorgen. Mit einem letzten Blick auf den heftig atmenden Priester wandte er sich ab und rannte weiter.

    Einmal editiert, zuletzt von Kelamith (27. Juli 2014 um 20:11)

  • Sehr schöne Geschichte :)
    Es werden viele Fragen aufgeworfen.
    Ich frage mich wie die Vergangenheit von Hagen und Tiu zusammenhängt und natürlich was jetzt aus Tiu wird.
    Oder wie die beiden Handlungstränge (der von Martin und das mit den Morden) zusammenfinden.
    Und natürlich was jetzt aus der frisch gebackenen Mama Martin wird :)

    Ich bin sehr gespannt. :)

  • Zitat

    „Hier Meister, ich habe euch etwas zu Essen besorgt“, strahlte Martin und fummelte die von seinem Sturz halb zerdrückten Beeren aus der Tasche.


    Euch

    Irgendwie erheitert mich das sehr, wie ich anscheinend ganz passiv Auswirkungen auf deine Geschichte habe ^^ Ein Alo :rofl: Solange ihr mich jetzt im Forum nicht als Anhängsel bezeichnet, ist alles okay :rofl:
    Spaß beiseite. Schön, dass mein komplizierter Nutzername und mein Profilbild dich anscheinend zu einer spontanen Idee für deine Geschichte gebracht haben, aus Erfahrung weiß ich, dass diese Ideen immer die tollsten sind (Jedenfalls empfinde ich selbst das beim Schreiben so :) )
    Weiterhin gut geschrieben. Tiu kommt mir etwas vor wie Gandalf in Moria mit "flieht, Ihr Narren!" Kommt vermutlich daher, dass du dasselbe Wort verwendet und mit ihm einer sehr epische und eindrucksvolle Figur geschaffen hast. Hut ab :hi1:

  • In den nächsten 5 Wochen wird hier leider vermutlich nicht so viel kommen, aber ich werde mich bemühen, wenigtens ab und an mal nen Teil reinzustellen.


    ;(

    Okay, Pause muss immer mal sein. Dann werde ich jeden Part freudig erwarten :D

  • So einen Teil habe ich noch fertig bekommen. :)

    Spoiler anzeigen

    Zweige zerkratzen sein Gesicht, als er rücksichtslos durch das wild wuchernde Grün brach.
    Auf seinem Arm hatte das kleine rötliche Geschöpf wieder angefangen, vergnügt zu quieken, doch Martin hörte es nicht. Das Blut, das in seinen Ohren pulsierte und der Atem, der seinen Hals zerkratzte, übertönten alle anderen Geräusche.
    Er wollte nur fort, fort von den grausamen Menschen, die ihn verfolgten und fort von dem Wahnsinn. Zu viel war in den letzten Stunden geschehen. Eben noch war er ein einfacher Priester-Schüler in einem ruhigen und beschaulichen Ort fernab jeglicher Gefahr gewesen und jetzt war er auf der Flucht vor der königlichen Inquisition, sein Meister vermutlich tot und das einzige, das ihm blieb ein kleines lebendiges Fellbündel.
    Martin spürte, wie ihm heiße Tränen über die Wangen rollten, doch er weigerte sich, innezuhalten. Den Wald, der ihn umgab, nahm er durch feuchte Augen nur als verschwommene Mischung grüner Farbtöne war, doch jähe Helligkeit ließ ihn stolpernd innehalten.
    Verwundert wischte sich Martin mit dem Ärmel seiner zerrissenen Robe die Augen und sah in die, nach dem langen Zwielicht des Waldes, grellen Sonnenstrahlen.
    War das das Herz des Waldes?
    So weit war er noch nie in das grüne Meer vorgedrungen. Eine kleine Lichtung erstreckte sich vor Martin. Bis auf einen einzigen, inmitten eines Graßmeeres thronenden Baum, war die Region frei von Vegetation. Der Rand der Lichtung allerdings war gesäumt von farbenprächtigen und exotischen Blumen, Bäumen und Sträuchern. Doch dieses bunte Schauspiel entging Martin, denn sein Blick lag gebannt auf dem König der Lichtung.
    Weder war der Baum besonders groß, noch trug er auffallende Früchte oder Blüten, doch durch die gesamte dunkle Rinde zogen sich silberne Muster und je länger Martin sie besah, desto sicherer war er sich, dass sich die Schnörkel und Symbole langsam aber stetig änderten, verschoben und wandelten.
    „Was ist das? Es ist wunderschön.“, flüsterte er zu sich selbst und tat unwillkürlich einen Schritt auf die Lichtung, in Richtung des Baumes.
    Ein weiterer zögerlicher Schritt folgte und dann noch einer. Der Alo in seinem Arm reckte neugierig den Kopf und starrte ebenfalls auf den seltsamen Baum. Je näher sie dem Baum kamen, desto zappeliger wurde das Tier und Martin hatte Mühe, es festzuhalten.
    Als sich zu den unaufhörlichen Bewegungen schließlich auch noch ein Kratzen und Beißen gesellte, ließ er den Alo mit einem erschrockenen Aufschrei los. Abrupt stürzte dieser in die Tiefe, wo er elegant auf allen vier Füßen landete. Ohne innezuhalten, überbrückte er die restliche Distanz zum gezeichneten Baum und Martin lief eilig hintendrein.
    „Warte!“, rief er. „Du kannst doch nicht einfach so davon laufen. Wie soll ich denn so auf dich aufpassen?“
    Er streckte die Hand nach dem weichen Fell aus doch streifte es lediglich mit den Fingerspitzen.
    Mit seiner spitzen Nase stupste der Alo neugierig gegen die Rinde des Baumes. Martin schien es, als leuchtete kurz ein sanftes silbernes Licht auf, wo Tier und Pflanze einander berührten, doch sicher war er sich nicht.
    Vorsichtig und ebenfalls neugierig näherte er sich den beiden Lebewesen. Neben seinem neuen Begleiter ging der Junge in die Knie und legte eine Hand auf das Fell des nun ganz ruhig dastehenden Alos. Die andere Hand legte er flach mit gespreizten Fingern an die dunkle Rinde.
    Die silbernen Zeichen in der Nähe seiner Haut schienen sich hektischer zu bewegen. Immer schneller veränderte sich das Muster, so dass Martin sich des Wandels nun sicher war. Glatte Linien krümmten sich und unbekannte Runen wanden sich wie in Qualen. Ein leichtes Kribbeln fuhr durch Martins Hand doch schien der es gar nicht zu bemerken, so gebannt war er von dem Schauspiel, das sich ihm bot.
    Ein frischer Wind wehte durch die Baumkronen der umgebenden Pflanzen und brachte die Blätter zum singen.
    „Es ist fast, als wollten sie mich warnen. Mir sagen, dass ich unerwünscht bin“, flüsterte Martin mehr zu sich selbst als zu dem Alo an seiner Seite.
    Was für ein Unsinn, versuchte er sich einzureden. Bäume haben keine Gefühle. Der Wind in den Blättern klingt immer gleich. Das ist sicher nur Einbildung, durch die Erlebnisse der letzten Stunden. Ein trockenes Schnauben erklang hinter dem Jungen, der noch immer die Hand an der Rinde des Baumes hielt. Inzwischen bewegten sich die Zeichen so schnell, dass es aussah, als sei der Baum von einer Horde silberner Schlangen befallen. Heiße Luft fuhr Martin durch die Haare und langsam drehte er sich um, die Hand von der Rinde lösend. Er spürte, wie sich auch das Fuchswesen unter seiner anderen Hand bewegte. Ein ängstliches Fiepen ertönte und kurz darauf keuchte auch Martin vor Überraschung auf. Zwei Augen starrten ihm zornig entgegen. Eines leuchtend gelb während das andere in seiner Farbe waberndem Nebel glich. Doch beide hatten sie geschlitzte Pupillen. Hastig versuchte Martin vor dem halbblinden Wolf zurückzuweichen, stieß jedoch mit dem Rücken gegen den einsamen Baum inmitten der Lichtung. Ein Dämon!, fuhr es ihm durch den Kopf. Obwohl ihm das Alter deutlich anzusehen war, wirkte das Tier kraftvoller und wilder als jeder andere Wolf, den Martin jemals gesehen hatte. Noch überraschender jedoch war die Größe. Hätte Martin gestanden, so hätte sein Gegenüber ihm sicherlich bis an den Bauchnabel gereicht. Als hätte er nie aufgehört zu wachsen. Der Wolf zog die Lefzen zurück und entblößte von Speichel bedeckte und im Sonnenlicht schimmernde Reißzähne, während sich die starken Beine zum Sprung spannten.

  • Zitat

    „Was ist das? Es ist wunderschön.“, flüsterte er zu sich selbst und tat unwillkürlich einen Schritt auf die Lichtung, in Richtung des Baumes.


    den Punkt aus der wörtlichen Rede raus. Sonst habe ich nichts gefunden.

    Ich werd mich an den Alo wohl gewöhnen müssen, irgendwie fühl ich mich ständig angesprochen :rofl:
    Aber der kleine scheint ja ein gewiefter Brusche zu sein, er hat Martin bestimmt nicht umsonst zu dem Baum geführt :thumbsup:

  • Eben noch war er ein einfacher Priester-Schüler in einem ruhigen und beschaulichen Ort fernab jeglicher Gefahr gewesen und jetzt war er auf der Flucht vor der königlichen Inquisition, sein Meister vermutlich tot und das einzige, das ihm blieb ein kleines lebendiges Fellbündel.


    ...das Einzige, das ihm blieb, ein....

    Bis auf einen einzigen, inmitten eines Graßmeeres thronenden Baum, war die Region frei von Vegetation.


    Grasmeeres

    Weiterhin eine tolle Geschichte. :thumbsup: Was hat es mit dem Baum und dem Wolf auf sich? Ich will das JETZT wissen... schreib zu :D .

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker