Mmh. All diese Fehler habe ich praktisch im letzten Korrekturgang eingebaut.
Was Karim und Jinna angeht: Ich weiß, dass sie oft zu kurz kommen. Sie wurden eher zu Nebencharakteren degradiert. Ich binde sie immer wieder mit ein, aber zur Haupthandlung tragen sie einfach nicht so viel bei und ich habe jetzt auch so viele andere Charaktere. Muss schon Listen führen. Ich überlege gerade, ob ich vielleicht ganz am Anfang nachträglich noch ein Kapitel einfügen sollte, in dem die beiden eine größere Rolle spielen.
So, noch ein wenig was zum Kampftraining. Für diesen Teil habe ich lange gebraucht.
Edit: Jetzt habe ich dafür noch länger gebraucht
Die Sache mit dem Kämpfen
Am nächsten Tag musste Maja zum ersten Mal alleine zum Speisesaal gehen, was gleich zu Komplikationen führte. Alle, mit denen sie bisher dort gegessen hatte, waren im Hauptquartier so bekannt gewesen, dass niemand Fragen gestellt hatte. Doch jetzt, da Maja alleine kam, sollte sie auf einmal einen Ausweis vorzeigen, der bestätigte, dass sie hier essen durfte.
Maja war vollkommen verwirrt, denn niemand hatte ihr einen solchen Ausweis gegeben oder etwas Derartiges auch nur erwähnt. Sie war kurz davor, vor die Tür gesetzt zu werden, als ihr der Gedanke kam, das Amulett vorzuzeigen und ihren Namen zu nennen. Daraufhin begegnete man ihr geradezu übertrieben freundlich; nur eine Frau war sauer und meinte, Maja hätte ja ruhig mal früher sagen können, dass sie eine Kamiraen war. Das Mädchen verdrängte diese Tatsache allerdings gerne mal und war ohnehin nicht erpicht darauf, sie jedem unter die Nase zu reiben.
Nach dem Frühstück wusste sie nicht, was sie tun sollte und ging schließlich zurück zu ihrem Zimmer. Sie bereute es sofort, als sie Tabea vor der Tür stehen sah.
„Du bist spät“, sagte diese zur Begrüßung.
„Ich wusste nicht, dass wir verabredet waren“, antwortete Maja.
„Jetzt weißt du es. Wir werden von nun an jeden Tag um neun Uhr trainieren.“
„Es ist schon fast Mittag“, sagte Maja. Sie konnte es einfach nicht lassen, Tabea zu widersprechen. „Auf jeden Fall lange nach neun.“ Genau wusste sie die Uhrzeit nicht. Woher kannte Tabea sie nur? Besaß sie etwa eine Uhr?
„Heute ist eine Ausnahme. Ich dachte mir, dass du noch ein wenig Schlaf gebrauchen kannst.“
Seufzend ergab Maja sich in ihr Schicksal und folgte Tabea.
Sie war mit viel Anstrengung dabei und stellte sich auch dieses Mal nicht ganz ungeschickt an, merkte aber bald, dass ihr der Umgang mit dem Schwert nicht wirklich Spaß machte. Es waren nur Übungen und es waren nur Holzschwerter, mit denen sie kämpften, aber Maja konnte dabei nicht vergessen, dass sie für den Ernstfall übten – dass sie das Ganze vielleicht einmal in einem richtigen Kampf würde anwenden müssen. Und Tabeas Erklärungen dabei machten es noch schlimmer. Ständig sprach sie davon, dem Gegner das Schwert in den Körper zu rammen oder ihm irgendwelche Gliedmaßen abzuhacken. Schließlich wurde es dem Mädchen zu bunt. Sie schmiss das Schwert auf den Boden und setzte sich frustriert auf eine Bank.
„Was ist jetzt los?“, fragte Tabea. Man merkte, dass sie versuchte sich zu beherrschen; trotzdem schwang Ärger in ihrer Stimme mit.
„Ich kann das nicht“, rief Maja. „Was stellst du dir vor? Dass ich vor einem Gegner stehe und ihn absteche? Das bin ich nicht! Ich bin doch erst dreizehn. Und selbst wenn ich älter wäre … so will ich niemals sein.“
„Du bist keine gewöhnliche Dreizehnjährige“, erklärte Tabea. „Du hast Todfeinde. Was willst du machen, wenn dich wirklich jemand umbringen will? Willst du es mit ihm ausdiskutieren?“
„Warum nicht?“, sagte Maja trotzig.
Tabea lachte. „Gerade du? Besonnen über etwas zu reden ist nicht unbedingt deine Stärke.“
Wut kochte in Maja hoch, doch sie wusste, wenn sie sie rausließ, würde sie Tabeas Worte nur bestätigen. Deshalb lehnte sie den Kopf an die Wand hinter ihr und atmete tief ein und aus. „Ich wusste, du würdest es nicht verstehen“, sagte sie schließlich. „Du hast bestimmt schon zig Leute getötet. Ich habe doch gesehen, wie du kämpfst. Aber ich habe nicht vor einen Einzigen zu töten – nicht mal zu verletzen.“
Tabea sah sie missmutig an. „So nobel diese Einstellung auch ist, ich glaube nicht, dass du es dir leisten kannst, so zu denken. Wenn dich jemand angreift, musst du dich verteidigen. Sonst stirbst du.“
„Ich will das nicht“, sagte Maja.
„Ich dachte, du hättest langsam verstanden, dass das Leben nicht immer so läuft, wie du es gerne hättest“, erwiderte Tabea verärgert. „Glaubst du wirklich, du kannst daran etwas ändern, indem du den Kopf in den Sand steckst? Oder indem du so stur bleibst wie bisher? Früher oder später wird die Realität dich einholen und so wie du dich jetzt benimmst, wird sie dich zerreißen.“
Maja starrte sie nur wütend an. Sie hatte Tabeas letzte Worte zwar gehört, doch in ihrem Gehirn waren sie nicht angekommen. Maja hatte auf Durchzug geschaltet. Es war ihr egal was Tabea zu sagen hatte. Was wusste diese schon von ihrem Leben?
„Ich habe wirklich das Gefühl, ich würde gegen eine Wand anreden“, sagte Tabea. Dann setzte sie sich seufzend auf die Bank neben Maja. Das Mädchen rückte unwillkürlich ein Stück zur Seite. „Du hast doch schon gekämpft“, sagte Tabea.
Maja schnaubte. „Gegen Bäume. Ich weiß, sie konnten sprechen und denken, aber als ich gegen sie gekämpft habe, waren sie für mich Monster. Und ich war in Lebensgefahr. Und außerdem habe ich es am Ende noch bereut. Ich habe mich so schlecht gefühlt, als Gnark diese Vergiftung von dem Schwert hatte. Aber du weißt ja nicht einmal, wovon ich rede.“
Tabea konnte nicht wissen, was Maja erlebt hatte, während sie sich quer durch die Welt ohne Namen geschlagen hatte. Es sei denn Kandrajimo hatte es ihr erzählt.
Plötzlich schien Maja zu vergessen, dass es Tabea war, die hier neben ihr saß. Die Worte sprudelten einfach so aus ihr heraus: „Als Kandrajimo gegen den Ritter gekämpft hat, habe ich auch nur zugesehen. Ich könnte das einfach nicht. Oder vielleicht könnte ich es in absoluter Lebensgefahr. Ich weiß es nicht.“ Sie hob hilflos die Arme. „Aber es hier zu üben kommt mir falsch vor. Erst recht so wie du darüber redest ... Karim hat mir gestern erzählt, dass er früher mit Stöcken gegen die anderen Kinder aus seinem Dorf gekämpft hat. Sowas habe ich auch schon gemacht. Aber das war ein Spiel, oder? Das hier jedoch – das ist echt.“ Sie sah Tabea verzweifelt an.
Diese raufte sich ein wenig genervt das Haar. Dann seufzte sie. „Ich glaube ich verstehe was du meinst“, sagte sie. „Aber trotzdem rate ich dir, den Unterricht nicht abzubrechen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie du damals mit dem Besenstiel auf den Mann von der schwarzen Garde losgegangen bist. Ich würde dir einfach verbieten, so etwas noch einmal zu tun, aber seien wir ehrlich: du würdest es trotzdem tun. Also möchte ich wenigstens dafür sorgen, dass du über die nötigen Fähigkeiten verfügst.“ Sie blickte auf das Schwert in ihrer Hand. „Vielleicht ...“ Sie zögerte. „Vielleicht musst du das hier niemals anwenden. Aber wenn du in eine solche Situation kommst, wirst du froh sein, es gelernt zu haben.“ Sie legte ihr Schwert auf die Bank. „Du machst es uns wirklich nicht leicht, dich zu beschützen, deshalb wollte ich dafür sorgen, dass du dich selbst verteidigen kannst. Aber vielleicht habe ich es falsch angegangen ... Weißt du, es ist das erste Mal, dass ich jemandem beibringe, mit dem Schwert umzugehen.“
„Tatsächlich?“, fragte Maja überrascht. Es war nicht nur diese Information, die sie verwunderte, sondern auch der Tonfall, in dem sie diese kurze Ansprache gehalten hatte. Die weißhaarige Frau sah sie nicht an, weshalb Maja ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte, aber sie klang weder spöttisch noch verärgert. Maja war neugierig und so entschied sie, ebenfalls ihren Ärger über Tabea erst mal beiseite zu schieben. „Dabei bist du so gut“, sagte sie. „Wer hat es dir beigebracht?“
Tabea starrte ins Leere und plötzlich lag ein wehmütiger Ausdruck in ihren Augen. „Das ist lange her. Damals zählte ich mein Alter noch und zwar auf vierzehn Jahre.“
„Tabea, wie alt bist du?“, stellte Maja endlich die Frage, die sie schon lange beschäftigte.
„Ich habe doch gerade gesagt, ich zähle mein Alter nicht.“
„Aber so ungefähr musst du es doch wissen.“
Tabea neigte den Kopf und rieb sich müde die Augen. „Ich bin über zweitausend Jahre alt.“
Maja klappte der Mund auf. „Zweitausend?“, fragte sie ungläubig. „Wie kann man so alt werden?“
Die weißhaarige Frau zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich war schon immer anders als alle anderen.“ Dann schüttelte sie den Kopf und strich sich das Haar nach hinten. „Du wolltest wissen, wer mich kämpfen lehrte: Sein Name war Kifo und er lebte in der Stadt Kô, die heute nur noch eine Ansammlung von Ruinen im Dschungel von Jortha ist.“
Maja starrte sie fasziniert an und fragte sich, was für ein Gefühl es sein musste, eine Stadt zu überleben.
„Ich hatte damals die Menschen verloren, die mir am nächsten standen“, fuhr Tabea fort, „und ich hatte nur ein Ziel: sie zu rächen und dafür zu sorgen, dass mir so etwas nie wieder passiert. Mein Lehrer war hart und erbarmungslos, aber mir war egal, was ich tun musste, um das Kämpfen zu erlernen.“
„Und? Hast du es geschafft?“, fragte Maja nervös. „Hast du dein Ziel erreicht?“
Tabea machte eine wirsche Bewegung mit dem Kopf. „Ich habe sie gerächt. Aber natürlich konnte ich nicht verhindern, dass es noch einmal passierte. Dafür war mein Leben zu lang. Dafür bewege ich mich auf zu gefährlichen Gebieten, genau wie jene, die mir am Herzen liegen. Ich habe in meinem Leben viele Menschen verloren.“
„Das klingt schrecklich“, sagte Maja.
„Das ist es nicht“, antwortete Tabea. „Es ist, wie es ist, man nennt es Leben.“
Maja starrte sie entsetzt an und fragte sich, ob man diese Einstellung gewann, wenn man so alt wurde wie Tabea.
„Ich weiß, was dich stört“, sagte diese plötzlich und kam somit wieder auf das ursprüngliche Thema ihres Gespräches zurück. „Dich stört, wenn ich sage, duck dich, sonst ist dein Kopf weg. Dir ist das Ganze zu real. Im Spiel macht es dir Spaß, aber die Realität macht dir Angst. Aber das ist gut so, dann wirst du wenigstens nicht übermütig. Denk immer daran: was ist das erste, was du machst, wenn dich jemand angreift?“
Maja zuckte verwirrt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ihn nicht aus den Augen lassen?“
„Falsch. Weglaufen. Lass uns weitermachen. Ich verspreche, ich werde versuchen, nicht mehr so viel zu reden. Das Wichtigste ist schließlich erst einmal, dass du lernst, dich effektiv zu bewegen. Und du solltest aufhören, so viel zu denken.“ Sie stand auf und stellte sich in die Mitte des Raumes. „Komm schon, stell dich nicht so an.“
Maja griff nach dem Schwert und schlurfte in Tabeas Richtung. Einen Moment lang hatte sie gedacht, Tabea würde sie verstehen, doch nun wurde ihr klar, dass diese nicht begriffen hatte, worum es ging. Aber warum hatte sie auch versucht, ausgerechnet mit Tabea darüber zu reden.